Die Herren von Drakhon - Werner K. Giesa - E-Book

Die Herren von Drakhon E-Book

Werner K. Giesa

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Beschreibung

Es gibt nur noch wenig Hoffnung für die von einer kosmischen Kollision bedrohte Milchstraße. Um das Unmögliche doch noch im letzten Augenblick möglich zu machen, fliegt Ren Dhark in die Galaxis Drakhon. Aber dort wird sein Raumschiff POINT OF von den aggressiven Nomaden in eine Wurmlochfalle gelockt und verschwindet spurlos.

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Ren Dhark

Drakhon-Zyklus

 

 

Band 4

Die Herren von Drakhon

 

 

von

Werner K. Giesa

Uwe Helmut Grave

Conrad Shepherd

Manfred Weinland

 

nach einem Exposé von

Hajo F. Breuer

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

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Impressum

Prolog

Die galaktische Katastrophe, die Ende des Jahres 2057 die Milchstraße heimsuchte, hat sämtliche technischen Errungenschaften der Mysterious, die nicht von einem Intervallfeld geschützt waren, in nutzlosen Schrott verwandelt. Darüber hinaus hatten die Völker der Milchstraße alle unter den Folgen der Energiefront aus dem Hyperraum zu leiden, ob sie nun Mysterious-Technik benutzten oder nicht. Bewußtlosigkeit, Kurzschlüsse und Unfälle forderten allen technisch entwickelten Zivilisationen einen hohen Blutzoll ab. Allein auf der Erde fanden mehr als 50 Millionen Menschen den Tod.

Ren Dhark vermutet einen Zusammenhang zwischen dieser Katastrophe, den verheerenden Strahlenstürmen in der Galaxis und der unerklärlichen Entdeckung der Galaxis Drakhon, die mit der Milchstraße zu kollidieren droht. Weil offenbar auch die Grakos, jene geheimnisvollen Schattenwesen, die so unerbittliche Feinde aller anderen intelligenten Lebensformen zu sein scheinen, unter den Folgen der kosmischen Katastrophe leiden und ihre Angriffe eingestellt haben, bricht Ren Dhark mit seinen Getreuen zu einer Expedition nach Drakhon auf. Da die Erde nach dem Ausfall ihrer meisten S-Kreuzer auf kein Raumschiff verzichten kann, steht für die Expedition nur ein einziges Schiff zur Verfügung: die POINT OF.

Ausgerüstet mit von den Nogk konstruierten Parafeldabschirmern steuert das terranische Flaggschiff noch einmal den Planeten Salteria an, auf dem die letzten Salter Zuflucht bei den paramental enorm starken Shirs gefunden hatten. Diesen gewaltigen Kolossen war es offenbar gelungen, die Erinnerungen und Sinneseindrücke der Terraner beim ersten Aufenthalt auf ihrer Welt fast nach Belieben zu manipulieren.

Beim Einflug nach Drakhon macht die Funk-Z der POINT OF eine erstaunliche Entdeckung: In der fremden Galaxis, die beim ersten Besuch funktechnisch »tot« war, wimmelt es nun von Kommunikationssignalen im Hyperraum. Offenbar hatte auch in dieser Sterneninsel ein kosmischer Blitz zugeschlagen, der die hier lebenden Völker aber früher außer Gefecht gesetzt haben muß als die Bewohner der Milchstraße…

Diesmal gelingt es Ren Dhark, einen offeneren Kontakt mit den Shirs herzustellen als bei seinem ersten Besuch. Doch während er es langsam schafft, das Vertrauen der Para-Riesen zu erringen, wird ihr Planet von kreuzförmigen Raumschiffen angegriffen. Unter Dan Rikers Kommando stellt sich die POINT OF den Aggressoren entgegen. Offenbar ist der Ringraumer den Angreifern hoch überlegen. Doch dann gelingt es ihnen, das Schiff in eine Falle zu locken: Die POINT OF wird in ein Wurmloch gerissen und verschwindet spurlos.

Ren Dhark und die Shirs sind den Nomaden ausgeliefert…

1.

Sechs Kreuzraumer der Nomaden waren auf Salteria, der Welt der Shirs, gelandet!

Über das große Holobild wurde Ren Dhark Zeuge des Geschehens. Dieses Holographiefeld, an einer der Wände des riesigen Wohnraums entstanden, zeigte ihm und dem Ratsherrn, was die Ortungssysteme der Shirs feststellten. Es war keine echte Bildübertragung, sondern eine Computersimulation, die in Falschfarbendarstellung mit leuchtenden Objekten den Planeten und seine Umgebung zeigte und taktische Daten einblendete.

So hatte Dhark verfolgen können, wie die POINT OF versuchte, die Kreuzraumer an ihrem Angriff auf Salteria zu hindern, aber seine Warnung vor einer tückischen Falle hatte sein Raumschiff zu spät erreicht.

Die POINT OF war von einem blitzschnell aufgebauten künstlichen Wurmloch verschluckt worden!

Sie existierte nicht mehr im Doppelsonnensystem der Shirs. Existierte sie überhaupt noch? War sie von unfaßbaren Hyperenergien im Bereich des Wurmlochs vernichtet worden – oder nur an einen anderen Ort im Universum geschleudert? Oder vielleicht sogar in ein anderes Raum-Zeit-Kontinuum?

Das Verschwinden der POINT OF hatte Ren wie ein Fausthieb mitten ins Gesicht getroffen. All die vertrauten Freunde und Kameraden an Bord… was war mit ihnen geschehen? Lebten sie noch, oder waren Arc Doorn, Manu Tschobe, Dro Cimc und die beiden Cyborgs die einzigen Humanoiden, die von der Drakhon-Expedition noch übriggeblieben waren?

Damit nicht genug: Es gab für Salteria jetzt keine brauchbare Verteidigung mehr. Die Energiebomben, welche die Shirs den ursprünglich vierzehn angreifenden Raumern entgegengejagt hatten, ließen sich in Planetennähe nicht mehr einsetzen.

Ren wandte den Kopf und sah den Ratsherrn der Shirs an. Die Frage Was nun? blieb unausgesprochen.

Vermutlich wußte auch der Shir keine Antwort, dieses riesige Geschöpf mit den erstaunlichen Parafähigkeiten, wie sie für seine Spezies normal waren. Der dicke, lange Körper des Shir, sehr viel größer als der eines Elefanten, war von grünem und gelbem Fell bedeckt, das gemustert war wie bei einem Zebra. Er besaß sechs dicke Stempelbeine, mit denen er sich völlig lautlos bewegen konnte. Der Kopf, an dem man vergeblich den Mund suchte, war schauderhaft flach und sah aus wie das kantige Blatt eines Spatens. An der oberen Kante des Spatenblatt-Kopfes saßen drei Ohren, die jeweils über einen halben Meter groß waren und deren Ränder gelb leuchteten. Fünf tellergroße Augen reihten von Kante zu Kante des Kopfes.

Untereinander verständigten sich die Shirs telepathisch. Aber sie hatten die Sprache der Terraner gelernt und benötigten für die Unterhaltung mit Ren Dhark und den anderen keinen Translator. Da der Tel Dro Cimc schon bei seinem ersten Aufenthalt in der POINT OF in einem hypnotischen Lernverfahren das Angloter gelernt hatte, gab es auch für ihn keine Kommunikationsprobleme.

Das ratekische Gerät, das Dhark vorsichtshalber mitgenommen hatte, als er noch davon ausgehen mußte, nur er selbst sei in der Lage, sich mit den Shirs zu unterhalten, weil niemand außer ihm die Sprache der Mysterious beherrschte, wurde nicht benötigt und erwies sich nun als nutzloser Ballast auf der Transport-A-Gravplatte.

Nach dem anfänglich recht abweisendem Verhalten der Shirs war die aus fünf Terranern, einem Tel und vier Robotern bestehende Delegation gebeten worden, den Shirs in ihre unterirdische Welt zu folgen. Die kegelförmigen Kampfroboter aus der Fertigung von Wallis Industries schwebten auf ihren Prallfeldern. Jeder der Menschen, auch die Cyborgs Lati Oshuta und Bram Sass, trugen die nogkschen Stirnreifen, die einen halbwegs wirksamen Schutz gegen die enormen Hypnokräfte der Shirs darstellten. Zusätzlich hatten die Cyborgs von Anfang an auf ihr Zweites System geschaltet.

Durch einen imposanten Tunnel von mehr als fünfzig Metern Durchmesser waren sie abwärts in einen Berg hineingeführt worden. Der Cyborg Bram Sass hatte die Schritte mitgezählt und ausgerechnet, daß sie sich etwa fünfzig Meter unter dem Boden der Schlucht und gut drei Kilometer tief im Inneren des Berges befanden. Allerdings hatte die Feinortung der POINT OF etwas später einen völlig anderen Wert ergeben.

Hatte Ren Dhark beim Betreten der unterirdischen Anlage damit gerechnet, von blauem Licht empfangen zu werden, wie es für die Mysterious typisch war, umgab sie statt dessen eine geheimnisvoll golden schimmernde Helligkeit. Auch die Wände des Tunnels waren nicht blauviolett wie Unitall, sondern eher grüngrau.

In der unterirdischen Anlage reihten sich Häuser aneinander und säumten breite Straßen, in denen sich nur wenige Shirs bewegten. Dabei war deutlich zu unterscheiden, was Wohn- und Industrieanlagen waren.

Die Menschen hatten mit dem »Rat der Shirs« gesprochen, der ihnen vorwarf, Krieg gegen die Galaxis Drakhon zu führen. Dieses Mißverständnis hatte erst ausgeräumt werden können, als Ren Dhark gegen den Rat seiner Gefährten das Risiko einging, den nogkschen Stirnreif abzulegen und den Shirs Einblick in seine Gedankenwelt zu gewähren.

Danach war zumindest diese Angelegenheit geklärt, nur half das den Besuchern aus der Milchstraße nicht sehr viel weiter, weil immer noch zu viele Fragen unbeantwortet blieben.

Die Shirs wiesen ihren Gästen Unterkünfte zu, die sie in aller Eile mit ihren Parakräften für die Bedürfnisse der Terraner eingerichtet hatten. Einer der Ratsherren begleitete Dhark und machte es sich bei diesem gleich gemütlich.

Sein Name bestand aus einer Lautfolge, die von menschlichen Stimmorganen praktisch nicht nachzuvollziehen war. Der Shir erklärte dazu, daß sein Volk an sich überhaupt keine Namen nach menschlichem Verständnis verwendete – außer beim Kontakt mit Nicht-Shirs. »Aber wenn du auf die Fellzeichnung achtest, die bei jedem von uns anders ist«, hatte der Ratsherr erläutert, »wirst du die Unterschiede erkennen. Unsere Namen, die ihr nicht aussprechen könnt, basieren zum Teil auf den Farbmustern.«

Deshalb trugen die Shirs auch keine Kleidung. Die hätte ihnen die gegenseitige Identifizierung nur unnötig erschwert.

Allerdings fragte sich Dhark, weshalb die Shirs sich mit ihren unglaublichen paranormalen Fähigkeiten nicht gleich auch telepathische Begriffe als Namen gaben…

Aber das war jetzt nicht sein Problem.

Sondern der Angriff der Nomaden auf Salteria!

Mit der vorher zur Schau gestellten Gemütlichkeit des Ratsherrn war es jetzt vorbei. Erregt war der Shir von seiner Liege aufgesprungen und starrte wie Ren Dhark auf den großen Holo-Schirm, der die landenden Raumer zeigte.

Sie waren kreuzförmig konstruiert. Die Balkenlänge betrug jeweils etwa 200 Meter, der quadratische Querschnitt dieser Arme rund 30 Meter. An den Enden der Kreuzbalken befanden sich die Waffensysteme – energetische Impulsgeschütze, die den Intervallfeldern der POINT OF kaum gefährlich werden konnten, und Werfer für Torpedos mit enorm hoher Sprengkraft und automatischen Zielsuchköpfen. Diese Torpedos erreichten nach einer gut zehnminütigen Beschleunigungsphase ihre Endgeschwindigkeit von 0,8 Licht und waren damit relativ leicht auszumanövrieren. Die POINT OF, von der Ren diese Daten zugefunkt bekommen hatte, war ohne größere Probleme mit ihnen fertiggeworden.

Nur nicht mit der verdammten Wurmlochfalle, die die Kreuzraumer ihr gestellt hatten…

Hing diese mit det »anderen Antriebsart« zusammen, die Dan Riker, in Rens Abwesenheit Kommandant des Ringraumers, vermutet hatte? Offenbar waren die Kreuzraumer in der Lage, künstliche Wurmlöcher zu erzeugen und sie zur überlichtschnellen Fortbewegung zu benutzen…

Dharks Vipho sprach an.

»Drakhons verspätetes Weihnachtsgeschenk an uns und die Shirs«, kommentierte der Arzt und Funkspezialist Manu Tschobe spöttisch. »Was machen wir jetzt? Spielen wir Verstecken, wie diese Superelefanten es vor Monaten mit uns gemacht haben?«

Ren warf einen Blick auf die Bildwiedergabe des Viphos. Er sah, daß Arc Doorn, Dro Cimc und die Cyborgs sich um Tschobe versammelt hatten. Offenbar konnten sie das Geschehen per Holo-Schirm ebenso verfolgen wie Dhark und der Shir-Ratsherr.

Den sah der Commander jetzt fragend an. »Shir, warum setzt ihr jetzt nicht eure Parakräfte ein, um die Nomaden zum Verlassen des Planeten zu zwingen? Warum gaukelt ihr ihnen nicht vor, daß es hier für sie nichts zu holen gibt, so wie ihr uns bei unserem ersten Besuch in die Irre geführt habt?«

Sie hatten den Menschen sogar vorgetäuscht, die aussterbenden Salter seien tatsächlich die Mysterious! Und auf irgendeine rätselhafte Weise hatten sie mit ihrem phänomenalen Para-Können sogar mitbekommen, was auf Terra geschah, und dabei Kontakt mit Ren Dhark gehabt, den dieser immerhin hatte wahrnehmen können!

»Terranischer Gast, der fremd in unseren Sternenräumen ist«, begann der Shir weitschweifig, »laß dir sagen, daß nicht nur wir über Parakräfte verfügen, sondern alle uns bekannten Völker dieser Galaxis. Bei jedem zeigen sie sich in anderer Form, und die Parafähigkeit der Nomaden besteht darin, immun gegen die Manipulationskräfte meines und anderer Völker zu sein! Das hilft ihnen zwar nicht gegen alle anderen, aber…«

»Gegen wen nicht?« hakte Dhark rasch nach.

Aber der Shir ging nicht darauf ein.

»Dhark…« meldete Tschobe sich wieder. »Sie schleusen Bodentruppen aus!«

Ren konnte es auf dem Holo-Schirm sehen. Plötzlich veränderte sich dessen Wiedergabe. Statt der taktischen Simulation gab es jetzt ein »echtes« Bild. Es zeigte die Stelle, an der die Kreuzraumer gelandet waren – unmittelbar am Anfang der Schlucht, durch die die Terraner und der Tel zum in den Berg führenden Tor geleitet worden waren.

Die Szene wurde herangezoomt.

Vor und unter den Raumschiffen wimmelte es innerhalb kurzer Zeit wie in einem Ameisenhaufen. Fahrzeuge wurden ausgeschleust, und angesichts der Truppen konnte Dhark sich eines erheblichen Unbehagens nicht erwehren.

Waren die Giants mit ihren furchterregenden Raubtierköpfen, von denen keiner dem anderen glich, schon unheimlich gewesen, zeigten die Nomaden ein geradezu erschreckendes Aussehen!

Hatte der Shir-Ratsherr Rens Erschrecken bemerkt? Zoomte er deshalb die Fremden noch näher, noch deutlicher heran?

Lebensgroß sah Ren jetzt einige von ihnen in der Holographie vor sich.

Die Nomaden waren etwa menschengroß und sahen entfernt aus wie nackte, aufrechtgehende Hunde. Ihre Haut schimmerte schwarz. Die Köpfe zeigten individuell unterscheidbare Merkmale, aber allen gemein waren das extrem kräftig ausgeprägte Gebiß und der bösartig-tückisch wirkende Ausdruck von flacher Stirnpartie, spitz aufragenden Ohren und blutrot unterlaufenen Augen. Daß hier menschliches Empfinden von Schönheit oder Häßlichkeit schon beim Betrachten für Vorurteile sorgte, konnte Rens Unbehagen nicht mindern. Sein Unterbewußtsein rebellierte und signalisierte ihm: Feind!

Das Fehlen von Fell und das ständige Sabbern der Nomaden verstärkten diesen Eindruck zusätzlich.

Aus den Ärmeln ihrer Kampfanzüge ragten vierfingrige Gliedmaßen hervor. Was die weit geschnittenen Kampfanzüge kaschierten, verrieten diese Hände, die eigentlich Pranken waren: Die Nomaden mußten über eine enorme Körperkraft verfügen.

Der Shir hatte wohl Dharks Gedanken wahrgenommen, und unwillkürlich griff der Commander nach seinem Stirnreif, um festzustellen, daß der verrutscht war. Rasch korrigierte er das wieder. Zugleich vernahm er die Worte des Ratsherrn:

»Dein Eindruck ist richtig, Terraner Ren Dhark. Diese Wesen sind böse und aggressiv. Gewalt ist ihr Alltag, und der Einsatz körperlicher Kraft ist für sie der höchste aller Werte. Sie sind sehr stark, weil sie eine Normschwerkraft von 1,3 g eurer Rechnung gewohnt sind. Sie leben um zu kämpfen, zu töten und zu plündern.«

Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: »Aber vielleicht haben wir Glück, und sie überfallen nur unsere Stadt, verschonen die anderen. Daß sie alle hier gelandet sind, deutet darauf hin – möglicherweise haben sie die anderen nicht geortet.«

Tschobe, der über Vipho mitgehört hatte, warf ein: »Nicht, daß uns das viel helfen würde, Dhark – gerade hat mir der Shir, der bei uns ist, mitgeteilt, daß die Nomaden keinen von uns am Leben lassen werden. Sie kommen, töten, plündern und verschwinden wieder mit ihrer Beute.«

Welchen Sinn hat das? fragte sich Dhark. Es konnte doch nicht der Lebensinhalt eines ganzen Volkes sein, destruktiv zu agieren!

Gaukelten ihnen die Shirs wieder einmal etwas vor?

Diesmal mit Worten, weil die Terraner sich gegen die Parakräfte erfolgreich abschirmten?

Ren sah, wie einige Rudel – einige Gruppen! korrigierte er sich sofort, weil er sich trotz des bösartigen Aussehens der Nomaden nicht dazu erniedrigen wollte, sie mit einem solchen Begriff als Tiere abzuqualifizieren – die Bodenfahrzeuge bestiegen. Nur Sekunden später nahmen diese Fahrt auf.

Der Strom von Kämpfern und Material aus den Raumern schien kein Ende finden zu wollen.

Immer mehr Hundeköpfige bevölkerten das Areal vor den Kreuzschiffen. Ren war nicht mehr in der Lage, ihre Anzahl abzuschätzen.

»Rund sechshundert«, teilte Lati Oshuta mit, als der Strom endlich versiegte. Sein Cyborg-Programmgehirn hatte eine Hochrechnung vorgenommen und war zu diesem erschreckenden Ergebnis gekommen.

Sechshundert Nomaden – eine übermächtige, unbesiegbare Armee gegenüber einer Handvoll Menschen und gegenüber den Shirs, die sich friedliebend gaben und sich von Kampfhandlungen bisher distanziert hatten. (Nur konnte Ren andererseits nicht vergessen, wie viele Bombensonden sie den Nomaden entgegengeschickt hatten, um ihre Schiffe aus dem Weltraum zu fegen.)

Aber war Selbstverteidigung nicht auch für friedliebende Wesen legitim? Sollten sie sich etwa abschlachten lassen, nur weil sie selbst den Kampf verabscheuten?

Und diese Abscheu glaubte Ren Dhark plötzlich zu erkennen, als er »seinen« Ratsherrn ansah. Der zeigte eine solche innere Unruhe, daß Dhark sie fast körperlich spürte. Er brauchte kein Xenopsychologe zu sein, um die Angst des riesenhaften Wesens wahrzunehmen.

Die Energiebomben, welche die Shirs den Nomaden entgegengeschickt hatten, waren etwas anderes als ein direkter Nahkampf!

Dhark kannte diesen Effekt. Es ist einfacher, in einem geschützten Bunker auf den Feuerknopf für die Raketen zu drücken, als dem Gegner Auge in Auge gegenüberzustehen. Ihn unmittelbar vor sich sterben zu sehen. Am Bildschirm kann der Tod etwas Pervers-Ästhetisches haben, sieht auf jeden Fall harmloser aus.

Er hob die Brauen und verzog das Gesicht.

»Ich schätze, wir stecken ziemlich tief in dieser Sache drin und kommen so schnell nicht wieder ’raus, schon gar nicht ohne die POINT OF. Also werden wir die Nomaden höflich bitten, auf ihren Angriff zu verzichten.«

*

»Sie sind wirklich immer für einen kleinen Scherz zu haben, nicht?« fragte Wer Dro Cimc gespielt heiter. »Sicher werden die Hundsköpfe nicht weniger höflich erwidern, daß die Shirs bitte freundlicherweise auf ihre Gegenwehr verzichten sollten.«

Er lachte gekünstelt.

»Nicht nur die Shirs, Wer«, gab Dhark zurück. »Wir auch. Wir sind mitgegangen, also werden wir auch mitgefangen und mitgehangen – wie ein altes terranisches Sprichwort sagt.«

»Viele alte terranische Sprichwörter sind so deprimierend«, klagte der Tel. »Sie meinen es also ernst, Commander? Wir sollen gegen die Hundsköpfe kämpfen?«

»Ich werde jedenfalls nicht zusehen, wie dieses Kriegervolk hereinstürmt und uns alle, Terraner, Tel und Shirs, massakriert.«

»Die POINT OF haben sie ja schon erledigt«, vermerkte Arc Doorn, der sich kurz in den Bereich der Bilderfassung beugte. »Zahlen wir es ihnen heim!«

»Sie vergessen zwei Dinge, Doorn«, knurrte Tschobe. »Zum einen hat jeder von uns ein eigenes Vipho, warum zur Hölle glaubt also jeder, mein Gerät für diese Unterhaltung benutzen zu müssen? Schon mal was von Konferenzschaltung gehört? Zweitens sind wir für diesen Kampf ja absolut in der Übermacht. Es ist diesen Nomaden gegenüber geradezu unfair, daß wir unsagbar zahlreichen krieg- und siegerprobten terranischen Helden mit unseren gefährlichen leichten Handstrahlern über nur sechshundert fast hilflose Opfer… äh, Gegner mit lausigen schweren Waffen und mobilen Geschützen herfallen und sie lässig im Vorbeigehen massakrieren.«

»Spinnt der jetzt?« brummte Doorn im Hintergrund, in den er sich wieder zurückgezogen hatte.

Ren ahnte, was in dem Afrikaner vorging. Der stets besonnene Tschobe stand unter erhöhtem Streß. Die POINT OF, ihre einzige Möglichkeit zur Heimkehr, war nicht mehr verfügbar und vielleicht vernichtet worden. Die Shirs besaßen angeblich Raumschiffe, nur waren die garantiert seit Jahrhunderten oder länger nicht mehr benutzt worden und funktionierten vielleicht längst nicht mehr. Abgesehen davon war es fraglich, ob sie den langen Weg zurück in terranische Gefilde schafften. Die POINT OF war ein technisches Wunderwerk und allein durch den Sternensog jedem Transitionsantrieb überlegen – zumindest hier in Drakhon, wo die maximale Sprungweite von Transitionsraumern nur ein paar Lichtstunden betrug.

Sie waren also abgeschnitten und auf sich allein gestellt – wieder einmal. Erinnerungen an Hope wurden wach, an die Deportation durch den Diktator Rocco in die Wildnis eines lebensfeindlichen Dschungelkontinents, dabei immer wieder gejagt von den Schergen Roccos, dem plötzlich klargeworden war, daß Leute wie Dhark, Riker, Doorn, Tschobe und andere sich nicht so einfach unterkriegen ließen. Dann das Höhlensystem der Mysterious, der Angriff von Roccos Truppen, die verzweifelte Flucht, die mörderischen Kämpfe ums nackte Überleben…

Das alles mochte in Manu Tschobe jetzt wieder erwacht sein, so wie auch Ren Dhark unwillkürlich daran denken mußte.

Aber damals, in den Höhlen der Mysterious, waren sie ein paar Dutzend Leute gewesen, die Seite an Seite kämpften. Hier waren sie nur eine Handvoll.

Die Shirs zählten nicht! Die schlotterten doch vor Angst, wie nicht nur Ren an »seinem« Ratsherrn sah!

Und den knüpfte der Commander sich jetzt vor. Er deutete auf den Holo-Schirm.

»Lageplan«, forderte er kühl. »Wir müssen wissen, wie wir diese Anlage am besten verteidigen können. Wo können wir die Nomaden am einfachsten stoppen? Wie gehen sie für gewöhnlich vor? Wie schnell können…«

Im nächsten Moment wurde ihm klar, daß der Ratsherr seine Fragen gar nicht richtig mitbekommen hatte. Er schien für einen Moment in mentalem Kontakt mit seinen Artgenossen gestanden zu haben.

»Drei von uns sind tot«, berichtete er.

*

Es stimmte.

Schneller als erwartet waren die ersten Nomaden am Zugang zur unterirdischen Welt eingetroffen und waren mit der Tarnung des Tores blitzschnell fertiggeworden.

Ren vermutete, daß diese Tarnung zum Teil auf Para-Ebene bestand, die auf die Nomaden natürlich nicht wirkte, wenn er den Worten des Ratsherrn glauben durfte. Deshalb hatten sie das Tor mühelos orten oder sogar sehen können.

Und jetzt waren sie bereits im Tunnel!

Drei Shirs, die ihnen eher zufällig über den Weg liefen, hatten sie gleich niedergeschossen, und jetzt stießen sie weiter vor. Und es kamen immer mehr Nomaden, die in den schräg abwärts führenden Schacht vordrangen. Einige ihrer gepanzerten Bodenfahrzeuge nahmen sie gleich mit hinein. Die größeren Kampfmaschinen blieben draußen zurück.

Darin sah Dhark plötzlich eine Chance!

»Gibt es eine Möglichkeit, das Tor über einen anderen Weg zu erreichen?« wollte er vom Ratsherrn wissen.

»Was hast du vor, Terraner?« fragte dieser matt zurück. Der Tod seiner Artgenossen machte ihm zu schaffen. Diese Shirs waren dem Commander ein Phänomen. Auf der einen Seite schossen sie mit erbarmungslosen Vernichtungswaffen auf Angreifer, solange diese sich im Weltraum befanden, auf der anderen Seite ertrugen sie den Tod ihrer Artgenossen nicht. Fremder Tod ist leichter Tod, dachte Ren etwas bestürzt.

»Gibt es einen anderen Weg zum Tor?« drängte er und bedauerte, daß der Shir so riesig vor ihm aufragte. Einen Menschen hätte er packen und durchrütteln oder sogar ohrfeigen können, um ihn aus seinem trübsinnigen Zustand zu reißen. Aber was sollte er mit diesem Giganten anfangen? Ihm mit dem Blaster in den Huf eines seiner sechs Beine schießen?

»Ja«, bequemte sich der Ratsherr endlich zu einer Antwort. »Ein Versorgungsschacht. Er verläuft parallel zum Gang. In ihm befinden sich Energieanlagen, die für die Beleuchtung, die Sauerstoffzufuhr und die Schwerkraftregelung zuständig sind.«

»Schwerkraftregelung?« staunte Dhark, der sich immerhin noch vorstellen konnte, daß ein dermaßen weit in die Tiefe führender Korridor künstlich belüftet werden mußte. Aber Schwerkraftregelung? Davon hatte er, als sie den Tunnel durchschritten, herzlich wenig gespürt. In ihm herrschte die gleiche Schwerkraft wie an jedem anderen Punkt des Planeten.

»Schau mich an«, verlangte der Ratsherr, und es klang irgendwie spöttisch. »Was siehst du, Terraner?«

»Einen Shir.«

»Du siehst eine beachtliche Körpermasse, die bewegt werden will. Der Tunnel führt von hier aus bergauf. Warum sollen wir uns mehr Mühe machen als nötig?«

Unwillkürlich grinste der Commander. Die Vorstellung, einen angestrengt schnaufenden und keuchenden Shir aufwärts stapfen zu sehen, entbehrte tatsächlich nicht einer gewissen Komik. Er selbst hatte sich schon auf dem Weg nach unten seine Gedanken dazu gemacht und überlegt, auf dem Rückweg die A-Gravplatte des Translators zusätzlich mit dem Gewicht der Menschen zu belasten, statt mit eigener Muskelkraft nach oben zu marschieren…

Rasch wurde er wieder ernst.

»Wie groß ist dieser Versorgungsschacht?«

Der Shir hatte begriffen!

»Groß genug für Terraner…«

»Und für Roboter?«

»Groß genug für Roboter…«

»Okay!« entschied der Commander. Er sprach wieder in sein Vipho. »Sass, Oshuta! Haben Sie mitgehört?«

»Aye, Commander«, bestätigte Bram Sass.

»Lassen Sie sich von Ihrem Shir einweisen. Stoßen Sie mit den Robotern bis zum Tor vor. Schnellstens! Wenn Sie vorgestern gegen Mittag eintreffen, ist das effektiver als in zehn Minuten. Versuchen Sie, die vor dem Tor parkenden größeren Bodenfahrzeuge zu vernichten. Oder noch besser ein in den Tunnel eindringendes Gerät. Der Zugang muß auf diese Weise verschlossen werden, egal wie Sie das schaffen! Je weniger Nomaden eindringen können, um so besser ist es!«

»Verstanden«, sagte Sass. »Wir machen Ladenschluß. Und wenn wir den Höhleneingang zum Einsturz bringen müssen.«

Der Ratsherr neben Ren Dhark machte sich bemerkbar.

»Es wird nicht funktionieren«, behauptete er.

Dhark winkte heftig ab.

»Ich liebe deinen Optimismus, Ratsherr«, sagte er.

2.

Sein glatter Körper glänzte wie ein eingeölter Babypopo. Ganz langsam drehte er ihn ein Stück nach rechts und betrachtete sich dabei ausgiebig im Spiegel. Anschließend bewegte er seinen rotbraunen Leib zwecks weiterer Begutachtung linksherum.

»Unheimlich, nicht wahr?« flüsterte Han Hanson, der als Ingenieur bei Wallis Industries angestellt war, seinem sechzigjährigen Freund George zu. »In jeder großen Arbeitspause zieht er sich in den Waschraum zurück und bewundert seinen Körper.«

»Bewundert seinen Körper?« wiederholte der kanadische Wissenschaftler George Lautrec mit leicht spöttischem Unterton. »Das kann unmöglich dein Ernst sein, Han.«

Der fünfzigjährige Ingenieur seufzte. »Ich weiß, ich weiß, diese Formulierung hört sich ziemlich lächerlich an, aber eine bessere fällt mir nicht ein. Selbst wenn es völlig unmöglich erscheint, bin ich überzeugt, daß Narziß eitel ist.«

»Narziß?«

»Den Spitznamen haben meine Jungs ihm verpaßt. In der griechischen Mythologie war Narziß ein schöner Jüngling, der die Liebe der Nymphe Echo verschmähte und dafür von der Liebesgöttin Aphrodite hart bestraft wurde. Sie zwang ihn, sich in sein eigenes Spiegelbild zu verlieben.«

»Ja, ja, ich kenne die Geschichte«, unterbrach George seinen Freund. »Weil das Spiegelbild für den Jüngling unerreichbar war, verzehrte er sich vor Sehnsucht, bis er sich schließlich in die nach ihm benannte Narzisse verwandelte. Aber die Legende handelt von einem Menschen, Han, nicht von einer Konservenbüchse.«

Während er das Wort »Konservenbüchse« aussprach, deutete er auf die kegelförmige glänzende Maschine vor dem Spiegel. Abrupt hörte der Arbeitsroboter auf, sich zu drehen. Die kleinen blinkenden Leuchten am oberen Teil seines Metallkörpers, die ein Teil seines Wahrnehmungssystems waren, verloschen schlagartig, als hätte sie ein plötzlicher Windzug ausgepustet.

»Jetzt hast du ihn gekränkt«, meinte Han Hanson.

»Gekränkt?« George Lautrec schnappte nach Luft wie ein Karpfen, der am Silvestertag aus der Badewanne gefischt wurde. »Man kann eine Maschine nicht beleidigen. Roboter haben keine Gefühle, sie sind weder beleidigt noch eitel, kapiert?«

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