Fluchtpunkt M 53 - Werner K. Giesa - E-Book

Fluchtpunkt M 53 E-Book

Werner K. Giesa

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Beschreibung

Drakhon und die Milchstraße drohen zu kollidieren. Nichts scheint die Katastrophe noch aufhalten zu können. Deshalb wird ein Erkundungsteam losgeschickt, um einen sicheren Ort zum Überleben zu finden – im Kugelsternhaufen M 53. Doch nur wenige Menschen können darauf hoffen, in dieses Exil zu gelangen.

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Ren Dhark

Drakhon-Zyklus

 

 

Band 10

Fluchtpunkt M 53

 

 

von

 

Werner K. Giesa

Uwe Helmut Grave

Achim Mehnert

Conrad Shepherd

 

nach einem Exposé von

Hajo F. Breuer

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

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Impressum

Prolog

Im Archiv der Salter hat Ren Dhark die Erklärung für das Phänomen gefunden, das die Existenz der heimatlichen Milchstraße ebenso bedroht wie jene der Galaxis Drakhon, die offenbar aus einem anderen Universum stammt: Vor etwa tausend Jahren führten die Mysterious einen mörderischen Abwehrkampf gegen das Insektenvolk der Grakos. Die hatten sich einer großen Zahl von Ringraumern der Geheimnisvollen bemächtigt und setzten sie damit enorm unter Druck.

Doch die Mysterious nahmen den Kampf an, der ihnen aufgedrängt worden war, und warfen die Grakos zurück. Tatkräftig unterstützt wurden sie dabei von den Saltern. Diese Menschen stammten von der Erde und waren das Ergebnis gezielter biologischer Manipulationen der Mysterious.

Angesichts ihrer drohenden Niederlage verlegten sich die Grakos auf biologische Kriegführung und entwickelten eine Seuche, welche die »Hohen« – so wurden die Mysterious von den Saltern genannt – fast ausgerottet hätte.

Als es den Mysterious endlich gelungen war, die Seuche zu besiegen, kannten die Überlebenden kein Pardon mehr. Sie führten einen gewaltigen Vernichtungsfeldzug gegen die Grakos, dem diese sich nur noch durch kollektive Flucht in eine Hyperraumblase entziehen konnten. Von dieser unangreifbaren Festung aus bombardierten sie die Milchstraße mit harter Strahlung, um die Mysterious und ihre Hilfsvölker doch noch zu vernichten.

Die Mysterious reagierten mit der Manipulation des gigantischen Schwarzen Loches im Zentrum der Milchstraße. Sie erhöhten seine Masse und machten es damit so stark, daß es die Strahlung der Grakos aufsaugte und ihre letzte Bastion zurück aus dem Hyperraum ins Normaluniversum riß. Die nun folgende Niederlage der Grakos war verheerend, die letzten Insektenkrieger flohen in die Tiefen des Alls.

Aber die Mysterious hatten zu spät erkannt, daß die Manipulation des Super Black Hole (SBH) nicht mehr rückgängig zu machen war und weitreichende Folgen hatte. Die gigantischen Gravitationskräfte überwanden die Schranken zwischen den Dimensionen und rissen eine komplette Galaxis aus einem anderen Universum in das unsere: Drakhon.

Als den Mysterious bewußt wurde, daß die Milchstraße zum Untergang verurteilt war, verließen sie diese Sterneninsel fluchtartig – wohin ist nicht bekannt. Ihre Geschöpfe, die Salter, ließen sie schmählich im Stich.

Sie hinterließen ihnen jedoch den Peilstrahl, mit dem sie Expeditionen an den vermutlichen Eintrittsort der fremden Galaxis in unser Universum durchführen konnten. Drakhon schwang noch eine lange Zeit zwischen seinem und unserem Universum hin und her, tauchte sozusagen in Schüben auf. Erst im Jahr 1805 irdischer Zeitrechnung manifestierte sich die Galaxis engültig in unserer Dimension.

Doch das war nur die erste Stufe der Katastrophe. Das künstlich veränderte SBH lädt die galaktischen Spannungsfelder von Milchstraße und Drakhon gegensätzlich auf. Als Folge davon hat Drakhon mehrere kürzere Transitionen in Richtung auf die Milchstraße zu gemacht. Die letzte davon verursachte die galaktische Katastrophe – den Energieschlag aus dem Hyperraum, der so viel Leid und Unheil über die Völker der Milchstraße brachte.

Und selbst sie war nur ein Vorspiel. Denn alles deutet darauf hin, daß Drakhon mit der nächsten Transition mitten in die Milchstraße hineinspringen wird. Der Untergang zweier Galaxien steht unmittelbar bevor…

1.

Erschüttert betrachtete Ren Dhark die kleine Alien-Frau.

Wer war sie? fragte er sich. Welchem Volk gehörte sie an? Erst einmal war er in der Galaxis Drakhon auf eine andere Vertreterin ihrer Spezies gestoßen. Auf Rah im Ruh-System. In der Pseudodunkelwolke Kurnuk, der selbstgewählten Enklave der Rahim. Es war in Golas Schloß gewesen, und die sterbende Frau war das Opfer eines Sexualverbrechens geworden, wie Manu Tschobe, der afrikanische Arzt und Hyperfunkspezialist, rasch herausgefunden hatte.

Gola. Oder Golaschonn Annkromb ugemplik Rannahaar, wie der Rahim mit vollem Namen hieß. Gemeinsam mit Kalnek(seldon Haritrantor fordenben Isakamoff) war er einer von zwei Rahim, die die Menschen empfangen hatten.

»Was ist geschehen?« fragte Ren die kleine Frau.

Sie war in Tränen aufgelöst und schluchzte unaufhörlich. Sie schien seine Anwesenheit überhaupt nicht zu registrieren. Es war offensichtlich, daß er von ihr keine Antwort erwarten konnte.

Er mußte die Rahim verständigen, überlegte er, als sein Blick sich von ihr löste und zu der Leiche wanderte. Der Leiche eines Rahim, über die gebeugt er die Frau vorgefunden hatte. Sein erster spontaner Gedanke war: Sie hat ihn getötet!

Jetzt war er sich dessen nicht mehr so sicher. Sie weinte nur und machte keine Anstalten zu fliehen. Er konnte auch keine Waffe sehen. Die Frau war höchstens sechzig Zentimeter groß, verfügte über große Augen und einen im Vergleich zum Körper überproportional großen Kopf. Es war unmöglich, daß ein solch kleines, schmächtiges Wesen einen der 2,20 Meter großen, dunkelhäutigen Kolosse mit bloßen Händen getötet hatte.

Aber vielleicht mittels einer angeborenen Paragabe, über die in der einen oder anderen Form ausnahmslos alle Völker in Drakhon verfügten. Wer wußte schon, welche Fähigkeit die kleinwüchsige Frau besaß?

Ren trat an den Körper des toten Rahim heran.

Und erstarrte.

Für Sekunden glaubte er, einer Sinnestäuschung zu erliegen, aber er irrte sich nicht.

Was dort vor ihm am Boden lag war nicht, was es schien.

Denn der tote Rahim war – eine leere Hülle.

Eine Art Exoskelett, wie er rasch herausfand.

»Können Sie mir sagen, was geschehen ist?« fragte er noch einmal.

»Knur« sagte sie weinend. Dabei wagte sie nicht, ihn anzusehen.

»Knur? Ist er das?« Seine eigene Frage kam Dhark töricht vor. Am Boden lag kein Rahim. Überhaupt kein Lebewesen. Sondern lediglich eine Konstruktion mit unbekanntem Zweck.

»Ich bin Knur«, schluchzte die Frau unter Weinkrämpfen. »Das da ist mein… mein Exoskelett. Ich bin ihm entstiegen. Endlich!«

Ren entging die unendliche Erleichterung in ihrer Stimme nicht.

»Sie sind eine Rahim?«

»Ja«, erwiderte sie. »Ich bin Knur.«

Ren schüttelte verwirrt das Kopf. Das änderte alles.

Auch wenn er die Zusammenhänge noch nicht verstand. Bevor er die Frau den Rahim auslieferte, wollte er wissen, was genau hier vor sich ging. Zu intensiv hatte sich das Bild der vergewaltigten, sterbenden kleinen Frau auf Rah in seinem Gedächtnis eingebrannt.

»Kommen Sie«, forderte er sie auf. »Sie müssen hier weg. Ich werde Sie in mein Quartier bringen.«

Dann rief er Manu Tschobe.

*

Auch Joan Gipsy war da.

Dharks Freundin kümmerte sich um Knur, während Tschobe sie untersuchte. Der afrikanische Bordarzt der POINT OF schüttelte erleichtert den Kopf.

»Ihr fehlt nichts, jedenfalls nicht körperlich. Aber sie steht unter einer Art Schock. Das Beste für sie wäre Ruhe.«

Dhark nickte nachdenklich. Er hatte sich geirrt. Er war nicht zufällig Zeuge eines Verbrechens geworden, sondern hatte einen wichtigen Hinweis erhalten. Von Anfang an hatten die Rahim versucht, ihre Besucher hinters Licht zu führen. Schon beim ersten Anflug auf Kurnuk hatten die Paragiganten die Besatzungen von POINT OF, MAYHEM und H’LAYV mit Suggestionen überflutet, um sie fernzuhalten. Auch wenn sie sich danach als gastfreundlicher erwiesen hatten, hatten sie niemals die ganze Wahrheit gesagt.

»Jeder Ihres Volkes sieht so aus wie Sie?« wandte er sich behutsam an die kleine Frau.

Sie weinte noch immer, aber eine Riesenlast schien ihr von der Seele gefallen. Sie brachte es sogar fertig, ihm in die Augen zu schauen und seinem Blick standzuhalten.

»Das ist nicht Ihr Ernst, Dhark«, warf Manu Tschobe überrascht ein. »Wir haben doch mehr als einen Rahim erlebt.«

»Und was ist mit der Toten, die Sie untersucht haben? Schade, daß Sie dieses Ding nicht gesehen haben, Manu. Diese Hülle. Die Rahim haben uns etwas vorgemacht. Ich hätte schon viel früher drauf kommen müssen.«

Die kleine Frau hatte sich erhoben. Wie ein Kind, das Schutz suchte, klammerte sie sich an Joan.

»Es stimmt«, erklärte sie. »Wir alle leben in diesen Exoskeletten. Aus Scham, aus Feigheit.«

»Aber wieso?« fragte Joan, während sie der Rahim tröstend über den Kopf strich.

»Weil alle anderen Völker unserer Galaxis größer und kräftiger sind als wir. Selbst die Galoaner. Deshalb entwickelten unsere Vorfahren mechanisch-biologische Hüllen, die unsere eigenen körperlichen Unzulänglichkeiten wettmachen.«

Tschobe gab ein Stöhnen von sich. »Ein kollektiver Minderwertigkeitskomplex, der ein ganzes Volk befallen hat? Knur, bei uns Menschen spielt die körperliche Größe eine untergeordnete Rolle. Niemand ist mehr wert, weil er größer ist als andere. Oder weniger, weil er kleiner ist.«

»Die Rahim sehen das offensichtlich anders«, überlegte Dhark. »So ist vielleicht auch ihre arrogante Haltung anderen Völkern gegenüber zu erklären. Möglich auch, daß sie deshalb diesen hochstehenden technischen Stand erreicht haben.«

»Überkompensation? Ja, durchaus möglich. Da sie sich von der Natur benachteiligt fühlten, setzten sie alles daran, zumindest im wissenschaftlich-technischen Bereich eine Vormachtstellung in Drakhon zu erlangen, die sie auch weit über den Standard Terras oder Galoas hinaushebt. Was ihnen bekanntlich gelungen ist, und sogar so sehr, daß sie beinahe mit den Mysterious konkurrieren können. Deshalb halten sie sich auch Sklaven, die sich aus allen anderen Völkern Drakhons rekrutieren. Damit haben sie über Jahrhunderte ihr eigenes Selbstwertgefühl gesteigert.« Tschobe stutzte. »In dem Zusammenhang fällt mir noch etwas anderes auf. Die Rahim, mit denen wir zunächst zu tun hatten, stellten sich mit ihren für unsere Begriffe endlos langen Namen vor. Sie taten das nicht, Knur.«

»Weil ich nur so heiße. Einfach Knur.« Ein neuerlicher Weinkrampf schüttelte sie. »Alle Rahim-Frauen verfügen über einen kurzen, einsilbigen Namen. Damit machen uns die Männer unseren geringen Wert bewußt.«

»Was?« Joan Gipsy schrie empört auf. »Wie meinen Sie das? Heißt das, daß bei Ihnen die Frauen nichts zählen?«

Knur schien mit sich zu kämpfen. Sie schwieg eine Weile, dann gab sie sich einen Ruck. »Bei uns haben nur die Männer Parakräfte, daher spielen wir Frauen keine Rolle in der Gesellschaft. Wir sind lediglich…«

»Lustobjekte?« vermutete der Mediziner. »Langsam wird mir einiges klar.«

Knur bejahte. Dann sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus, als wollte sie sich alles von der Seele reden, was sie bedrückte.

Sie berichtete über die zutiefst patriarchalische Sozialstruktur der Rahim, die bei den Menschen nur Ablehnung hervorrief. Der Individualismus und die Arroganz der Rahim – allerdings nur der männlichen Rahim – anderen Völkern gegenüber war noch viel stärker ausgeprägt als angenommen. Lediglich den Shirs brachten sie Respekt entgegen. So waren die Shirs auch das einzige Volk in Drakhon, aus dessen Reihen keine parapsychisch beeinflußten Sklaven Frondienste für die Rahim leisteten.

Ihre Exoskelette verließen die Rahim fast nur für Sex, ansonsten fühlten sie sich ohne die biologisch-mechanischen Hüllen nackt und hilflos. Ihr Geschlechtsleben war für sie lediglich mit Lust verbunden, nicht mit Fortpflanzung. Da paßte ins Bild, daß kaum ein Rahim im Laufe seines 300 Jahre dauernden Lebens Kinder zeugte. Denn die wurden, bis auf wenige Ausnahmen, nur noch in staatlichen Genlabors produziert. Je nachdem, wann gerade mal wieder Bedarf für Nachwuchs bestand. Die wenigsten Rahim hatten noch Lust, sich mit einer Familie oder gar Kindererziehung zu beschäftigen. Was bei der Art, wie sie ihre Frauen behandelten, auch gar nicht möglich gewesen wäre.

Als Knur ihren Bericht beendet hatte, herrschte betretenes Schweigen. Dhark und Tschobe waren wie vor den Kopf geschlagen.

Besonders Joan Gipsy war außer sich. Sie war es auch, die schließlich als erste wieder das Wort ergriff.

»Lüstlinge!« stieß sie zornbebend aus. »Diese kleinen Drecksäcke!«

»Joan, bitte« versuchte Ren sie zu beruhigen.

»Was, Joan, bitte? Du willst sie doch wohl nicht verteidigen? In meinen Augen sind die Rahim-Männer arrogant, pervers und abscheulich. Sie schrecken ja nicht mal davor zurück, eine ihrer Frauen zu töten, wenn es ihnen in ihrem sexuellen Wahn gefällt. Wir haben es selbst erlebt.«

»Natürlich, und ich gebe dir völlig recht. Mir gefallen sie auch nicht. Nur fürchte ich, daß wir nicht umhin kommen, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Ob uns das nun paßt oder nicht.«

Joan winkte verächtlich ab. »Der Zweck heiligt die Mittel, wie? Ich frage mich langsam, ob nicht alle Männer etwas falsch machen.« Sie warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, dann wandte sie sich brüsk ab und Knur zu: »Aber warum wehren die Rahim-Frauen sich nicht gegen die Unterdrückung durch die Männer?«

»Es ist nicht möglich. Mit ihren Parakräften manipulieren die Männer uns so, wie sie uns haben wollen. Wir tragen auch die Exoskelette nur, weil sie es wollen. Sie haben selbst erfahren, über welche Parafähigkeiten unsere Männer verfügen. Wie sollen wir uns dagegen wehren?«

»Aber Ihnen ist es gelungen«, hielt Joan ihr entgegen. »Was Sie können, können Ihre Geschlechtsgenossinnen doch ebenfalls.«

Knur ließ matt den Kopf hängen.

»Ich habe das getan!«

Die Stimme ließ Dhark, Gipsy, Tschobe und Knur herumfahren.

Niemand hatte gehört, wie sich die Tür geöffnet hatte.

Ein Shir stand im Eingang, der wie alles auf dieser Welt den gigantischen Abmessungen ihrer Bewohner entsprach.

Verblüfft schauten sie ihn an.

»Was haben Sie getan?« fragte Manu Tschobe. »Wer sind Sie überhaupt?«

»Verzeihen Sie bitte mein Eindringen. Und meine Intervention. Aber ich sah einfach keine andere Möglichkeit.«

Ren winkte ab, eine Geste, die das riesenhafte Wesen nicht verstehen konnte.

Er mußte zu dem Shir aufsehen. Dessen dicker, langer Körper, der noch sehr viel größer war als der eines Elefanten, war von grünem und gelbem Fell bedeckt. Auf seinen sechs säulenartigen Stempelbeinen wirkte er bedrohlich, aber Dhark wußte, daß es sich bei den Shirs um friedliebende Wesen handelte. Der Kopf des Giganten, an dem man vergeblich das Gegenstück zu einem Mund suchte, war beinahe so flach wie das kantige Blatt eines Spatens. Drei Ohren saßen an der Oberkante, jedes über einen halben Meter groß und gelb leuchtend. Fünf tellergroße Augen reichten von Kante zu Kante des Kopfes.

»Ich habe Knur befreit«, erklärte er, und seine Stimme klang zornig. »Ich kann nicht ertragen, wie die Rahim ihre Frauen behandeln. So entwürdigend und herablassend wie alle anderen Völker, denen sie begegnen. Ihre Art, alle anderen zu benutzen, ist abstoßend und verabscheuungswürdig.«

Dhark und Tschobe warfen sich einen kurzen Blick zu.

»Diese Herrenmentalität gefällt uns auch nicht. Aber wir können die Rahim nicht umerziehen. Erstens haben wir die Möglichkeit nicht, und zweitens steht es uns nicht zu.«

»Das kann ich auch nicht. Aber zumindest in diesem Fall konnte ich helfen. Ich habe Knur durch einen mentalen Kraftschub aus ihrer Paraversklavung befreit, und ich werde es wieder tun, wenn sich mir die Gelegenheit bietet.«

Bevor Ren darauf etwas erwidern konnte, tauchte der nächste unangemeldete Gast in seinem Quartier auf. Ein Rahim. Ren fühlte sich wie in einem Taubenschlag, besonders da der Rahim achtlos an ihm vorüberging und sich drohend vor Knur aufbaute.

»Du wirst unverzüglich mitkommen!« forderte er.

»Das wird sie nicht!« konterte der Shir mit donnernder Stimme. »Ich habe sie aus ihrer Abhängigkeit befreit, sie wird Ihnen nie wieder gehören.«

»Dann muß ich mich wohl zunächst mit Ihnen beschäftigen! Wenn Sie es so wollen… Aber Sie werden es bereuen, sich gegen einen Rahim zu stellen.«

Dhark hatte endgültig genug. Seine braunen Augen, die so gar nicht zu seinen weißblonden Haaren passen wollten, blitzten. »Jetzt reicht es! Meine Herren, Sie befinden sich in meinem Quartier, also benehmen Sie sich entsprechend! Unter Gastfreundschaft verstehe ich etwas anderes.« Er deutete auf den Rahim, sich unwillkürlich vorstellend, daß unter seinem Äußeren, das, wie sie nun wußten, nichts weiter war als ein künstlich geschaffenes Exoskelett, ebenfalls solch ein körperlich kleines Kerlchen steckte wie Knur. »Wer sind Sie überhaupt?«

»Ich bin Targobakkt Lupifranek okliporsen Sirrigant, und Knur ist meine Frau. Ich will sie zurückhaben, und ich werde sie mitnehmen.«

»Das werden Sie nicht«, wiederholte der Shir. »Außer Sie versuchen es mit Gewalt. Gegen mich.«

Ren war verwundert. Diese Aussage paßte überhaupt nicht zu einem Shir, der Gewalt strikt ablehnte. Andererseits hatte dieses Volk eine starke Abneigung gegen jegliche Unterdrückung. Es huldigte der Harmonie und dem Miteinander wie wenige andere Sternenvölker, auf die der Commander getroffen war.

Auch wenn dieser Einstellung widersprach, überlegte er, daß die Shirs sich in einem ganz speziellen Fall nicht anders verhalten hatten als die Rahim – als sie mittels ihrer eigenen Parafähigkeiten die letzten Salter hatten abstumpfen lassen, um ihnen einen friedlichen Lebensabend zu bescheiden. Daß sie dabei positive Grundabsichten hatten, änderte nichts an der Verwerflichkeit ihrer Handlungsweise.

»Ich bin nicht bereit, mich mit Ihren kleinlichen Streitigkeiten aufzuhalten«, sagte Ren Dhark entschlossen. »Wir haben eine gemeinsame Mission. Eine Mission, ohne die unsere beiden Galaxien untergehen werden. Sie ist zu wichtig, als daß sie scheitern darf, Targo. Denn wenn das geschieht, brauchen Sie sich um Knur keine Gedanken mehr zu machen. Um niemanden. Denn es wird niemand mehr am Leben sein.«

»Aber ich lasse mir von einem Shir nicht einfach meine Frau wegnehmen.«

»Sie war niemals Ihre Frau«, verteidigte sich der sechsbeinige Hüne. »Sie war lediglich Ihre Sklavin.«

»Das ist im Augenblick völlig gleichgültig«, fuhr Ren fort. Natürlich war es das nicht, tatsächlich jedoch zweitrangig. So lange zumindest, bis das für ihrer aller Überleben elementare Problem gelöst war. »Targo, Sie werden Knur nicht mitnehmen. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt. Statt dessen verlassen Sie auf der Stelle mein Quartier. Wir sind aufeinander angewiesen, verstehen Sie das endlich. Alles andere ist im Augenblick unwichtig. Wenn Sie das nicht einsehen, muß ich mit Gola oder Kalnek reden.«

»Na und? Kein Rahim hat dem anderen etwas zu sagen.«

»Dennoch bitte ich Sie inständig. Beenden Sie diesen Streit. Auch in Ihrem eigenen Interesse, wenn Ihnen am Fortbestand Ihrer Galaxis etwas liegt.«

Targo sagte nichts. Er schien nachzudenken. Schließlich drehte sich das kraftstrotzende Exoskelett um. »Wissen Sie was? Knur ist den Ärger nicht wert«, meinte er herablassend. »Soll sie doch bei den Shirs vergammeln. Sie wird es schon bald bedauern, aber dann will ich sie nicht mehr. Für mich gibt es genug andere Frauen.«

Bevor er aus Ren Dharks Quartier stürmte, drehte er sich noch einmal um.

»Aber die Shirs sollen sich nie wieder in die Angelegenheiten der Rahim einmischen. Nie wieder! Ansonsten gibt es keine Koalition mehr, gleichgültig welche Folgen das haben wird. Nächstes Mal werden wir die Shirs bombardieren. Sie sollen sich vorsehen, oder wir werden sie und ihre Welt zerstören, noch bevor die Kollision unserer beiden Galaxien das erledigen könnte.«

»Jetzt gehen Sie entschieden zu weit! Glauben Sie nicht, daß wir Shirs wehrlos wären. Wenn es sein muß, wissen wir uns schon zu verteidigen.«

»Lächerlich!«

»Genug jetzt! Das gilt für Sie beide! Auch die Shirs werden sich zurückhalten. Sie alle sollten endlich vernünftig werden, wenn Sie überleben wollen. Ansonsten sind Sie in Kürze tot!«

Der Shir schwieg, betreten, wie Ren glaubte.

Auch Targo sagte nichts mehr. Stumm verließ er sein Quartier.

Erleichtert atmete der Commander der Planeten auf.

*

Kurz darauf machten sich die S-Kreuzer zum Aufbruch von Salteria bereit.

Im Archiv der Salter wurden die letzten Untersuchungen abgeschlossen.

Ren Dhark und seine Gefährten verabschiedeten sich von Knur und den Shirs, die auf Salteria zurückblieben. Ren gab seiner Hoffnung Ausdruck, es möge zu einem Wiedersehen unter erfreulicheren Umständen kommen. Irgendwann in der Zukunft, wenn die große Gefahr für zwei Galaxien, zahlreiche Völker und unzählige Lebewesen abgewendet war.

Die Shirs wünschten ihm das Beste. Sie würden in die bevorstehenden Ereignisse nicht eingreifen können. Daher blieb ihnen einzig die Hoffnung, daß der Mann von Terra in seinen Bemühungen erfolgreich sein würde.

Fünf Raumschiffe der Rahim würden die Menschen dabei unterstützen.

Ren ließ ihnen die Koordinaten für einen Treffpunkt am Rand der Milchstraße überspielen.

Dhark richtete sich auf einen dreitägigen Rückflug ein, aber die Rahim würden viel länger brauchen, um am Rendezvouspunkt anzukommen.

Ein wenig Wehmut erfüllte ihn, als Salteria in der Schwärze des Alls zurückblieb.

*

Aus großer Entfernung hätte ein Betrachter den Eindruck haben können, es bei der kühnen Konstruktion, die das Weltall durcheilte, mit einem hantelförmigen Raumgiganten zu tun zu haben. Doch der Schein trog. Tatsächlich handelte es sich bei dem Gebilde, das mit hoher Geschwindigkeit von der so unerwartet aufgetauchten zweiten Galaxis Drakhon her der Milchstraße entgegenjagte, um einen kleinen Raumschiffsverband. Wie die hilflose Beute im Spinnennetz hing der galoanische Zylinderraumer im Intervallschlepp zwischen den beiden Ringraumern der Terranischen Flotte und überwand so den Leerraum zwischen den beiden Galaxien.

Doch auch das stimmte nicht ganz.

Denn längst hatten sich die ersten Sonnensysteme von Milchstraße und Drakhon ineinander geschoben und waren in Glutöfen vernichtet worden, die in Astronomischen Einheiten zählten. Das gewaltige Vernichtungspotential konnten am besten die Astrophysiker erklären. Aber auch jedem anderen an Bord der drei Schiffe war klar, was geschehen würde, wenn Drakhon den nächsten Sprung durchmachte und deckungsgleich mit der Milchstraße aus der Transition herauskam.

Völliger Untergang apokalyptischen Ausmaßes.

An Bord von POINT OF, MAYHEM und H’LAYV herrschte hektische Betriebsamkeit. Unablässig wurden die unterschiedlichsten Messungen angestellt. Besonders die astronomischen und astrophysikalischen Abteilungen hatten alle Hände voll zu tun.

Per Bildkonferenz waren sämtliche Koryphäen zusammengeschaltet, die unablässig versuchten, neue Erkenntnisse zu gewinnen oder aus den bereits gewonnenen hilfreiche Schlußfolgerungen zu ziehen.

»Die Strahlungswerte haben ein Niveau erreicht, das meine schlimmsten Befürchtungen übertrifft«, erklärte Monty Bell aus der Astrophysik der POINT OF. »Dabei sieht es nicht danach aus, als ob bereits das Endstadium erreicht sei. Sie steigen kontinuierlich weiter an, ohne daß wir eine Prognose wagen, wie weit noch.«

»Das ist mir zu vage. Kann ich das etwas genauer haben?«

Ren Dharks Gesicht wirkte wie versteinert. Regungslos hockte er in einem Sessel, nur hin und wieder warf er kurze Blicke zur Bildkugel, die in rascher Folge die umliegenden Raumsektoren zeigte.

Er spürte deutlich, wie alle Augen auf ihn gerichtet waren. Nicht wenige seiner Begleiter hatten derzeit wohl den Eindruck, daß er von ihnen abrückte. Der Commander der Planeten, der gemeinhin als unverbesserlicher Optimist galt, der gern lachte und positiv in die Zukunft schaute. Doch diese Rolle konnte er momentan nicht ausfüllen. Zu viel war in den letzten Tagen und Wochen auf ihn eingestürzt. Erkenntnisse, die kaum noch Zweifel am bevorstehenden Untergang der Menschheit ließen, wenn nicht noch ein Wunder geschah. Doch woher sollte es kommen? fragte er sich zum wiederholten Mal. Der sportliche, 179 Zentimeter große Endzwanziger spürte die Last der Verantwortung auf seine breiten Schultern drücken.

Die Aussiedlerprogramme der Regierung gingen ihm durch den Sinn. Millionen von Menschen mußten die Erde verlassen, um der Menschheit ein Überleben zu sichern, sollte es zu der befürchteten Großoffensive der Grakos kommen, jener unheimlichen schwarzen Schattenwesen, denen kein Leben etwas zu bedeuten schien. Doch da hatte noch niemand damit rechnen können, daß man gar nicht weit genug fliehen konnte. Eine Kollision zweier Galaxien würde kein einziges unter Millionen Sternsystemen unbeschadet überstehen.

Voller Fatalismus fragte sich Dhark, was ihm die Mühen der vergangenen Jahre eingebracht hatten. Wieso waren sie immer weitergegangen und hatten all diese Auseinandersetzungen auf sich nehmen müssen? Besonders die Giant-Herrschaft, die in manchen Teilen der Erde keinen Stein auf dem anderen gelassen hatte. Warum hatten sie sich dagegengestemmt, wenn nun doch alles Makulatur sein sollte?

Weil es unsere Natur ist! Weil wir immer noch einen Schritt weitergehen, wenn wir irgendwo angekommen sind!

Ren Dhark war sich dieser Tatsache in seltsamer Klarheit bewußt.

Und seine privaten Probleme taten ein Übriges. Denn der Commander der Planeten wurde Vater.

Joan Gipsy, die Frau, die er liebte, hatte ihn hintergangen. Trotz ihrer Versicherung, selbstverständlich zu verhüten, hatte sie das nicht getan. Aus Kalkül, aus eiskalter Berechnung. Sie hatte ihm vor wenigen Stunden gestanden, daß sie schwanger war. Weil sie hoffte, ihn damit enger an sich binden zu können, hatte sie ihm eröffnet. Weil sie wollte, daß er bei ihr auf Terra blieb, statt ständig im All unterwegs zu sein.

Doch ein Ren Dhark war kein Mann, der sich die Pistole auf die Brust setzen ließ, und schon gar nicht ließ er sich erpressen.

Ren Dhark liebte Kinder. Er war nicht grundsätzlich gegen eine eigene Familie. Doch er war ein Mann, der seine Entscheidungen selbst traf. Er hatte sich auf Joans Zusicherung verlassen, denn schließlich hatte er sie geliebt. Und sie hatte ihn zum Dank dafür schamlos hintergangen.

Möglich, daß er Joan immer noch liebte. In diesem Moment hatte er sich selbst gegenüber nicht mal eine ehrliche Antwort parat. Aber etwas in ihm war erkaltet, und das bemerkte nicht nur er selbst. Sogar sein ältester Freund Dan Riker warf ihm gelegentlich besorgte Blicke zu.

»Tut mir leid«, riß ihn Monty Bell aus seinen Gedanken, der auf der Raumfahrtakademie dereinst sein und Rikers Dozent gewesen war. Sein Freund aus Jugendtagen, den er extra für die Drakhon-Expedition angeheuert hatte. »Wir arbeiten hier mit wissenschaftlichen Fakten, und ich lasse mich nicht auf Spekulationen ein.«

»Natürlich nicht.« Ren schob das ausgeprägte Kinn nach vorn und brachte ein schwaches Lächeln zustande.

»Immerhin ist klar, daß die Intensität der Strahlenschauer so hoch ist, daß sie jedes Leben auf einem ungeschützten Planeten binnen kürzester Zeit unmöglich machen wird. Hier draußen im Leerraum an der Grenze der galaktischen Spannungsfelder ist das gleichgültig, aber jeder kann sich selbst ausrechnen, wann die Strahlung die nächsten bewohnten Planeten erreicht.«

»Dem kann ich nur zustimmen«, bestätigte Shodonn, der galoanische Chefwissenschaftler von Bord der H’LAYV aus. »Wer über keine entsprechenden Schutzschirme verfügt, wird zwangsläufig vernichtet werden. Bei uns ist kaum jemand damit ausgestattet.«

»Bei uns ebenfalls die wenigsten Welten«, überlegte Monty Bell. »Ich will gar nicht wissen, wie viele bewohnte Planeten, die wir nicht kennen, im näheren Umkreis existieren, für die es bereits keine Rettung mehr gibt.«

»Wir können uns nicht um jeden einzelnen kümmern.« Dhark hatte einen Kloß im Hals, als er die Worte aussprach. Sie klangen hart, aber sie entsprachen der Realität. Wie es aussah, war es ihnen ja nicht einmal gegeben, der Erde helfen zu können. Sie mußten eine umfassende Lösung für dieses Problem finden, von der sämtliche Völker in beiden ansonsten dem Untergang geweihten Galaxien profitieren würden.

Er hatte seine melancholische Anwandlung besiegt.

Er würde weiterkämpfen, so lange es möglich war. Solange sie noch eine Option hatten. Erst wenn gar nichts mehr ging…

Er wagte den Gedanken nicht zu Ende zu denken.

»Das Problem der Strahlung ist zweitrangig. Zunächst jedenfalls«, sprach Chris Shanton aus, was auch Ren dachte. »Vordringlich ist dafür zu sorgen, daß Drakhon eben nicht in unsere Milchstraße springt. Ansonsten brauchen wir uns um die Strahlung sowieso keine Sorgen mehr zu machen.«

»Gestatten, daß wir uns trotzdem weiter damit befassen?«

Shanton starrte Bells holographische Abbildung an. Der riesige Zweizentnermann mit den breiten Schultern und einem Bauch, den jede Schubkarre zu befördern sich geweigert hätte, wühlte mit einer Hand kopfschüttelnd in seinem dichten, verfilzten Backenbart, während sein zweiter, behaarter, keulenartiger Arm Anstalten machte, nach dem Holo zu schnappen.

»Sie können Ihre Zeit ebenso gut damit vertrödeln wie mit zynischen Bemerkungen. Wenn mir hier doch nur mal einer zuhören würde. Wir müssen das Übel an der Wurzel angehen.«

»Dann machen Sie doch einen produktiven Vorschlag!«

Shanton mußte passen. Hätte er eine Idee gehabt, wäre er längst damit an die Öffentlichkeit getreten. Er knetete seine Hände von Topfdeckelgröße ineinander und zuckte hilflos mit den Schultern.

»Schon gut, Monty«, mischte sich Ren Dhark ein, dem deutlich vor Augen geführt wurde, daß nicht nur ihn die scheinbar hoffnungslose Lage zermürbte. »Wir haben alle das gleiche Ziel, Chris. Entspannen Sie sich.«

»Wuff«, machte Jimmy, der Robothund, der seinem Herrn und Meister Shanton wie meistens nicht von der Seite wich, zustimmend. Was äußerlich wie ein vorwitziger, kleiner Scotchterrier wirkte, war in Wahrheit eine robotische Meisterleistung mit einer Vielzahl technischer Details, die der schwergewichtige Ingenieur ebenso entworfen und erbaut hatte wie – gemeinsam mit Arc Doorn – die 370 Ast-Stationen.

»Wenden wir uns also wieder den Fakten zu.« Der Astrophysiker wirkte in Gedanken versunken, während er den Kopf nach vorne neigte. Er schien einige Folien zu studieren. »Womit wir auch gleich bei Ihrem Hauptproblem wären, Shanton.«

»Sage ich doch«, brummte der ehemalige Chefmechaniker der Cattaner Kraftwerke mürrisch. »Immer muß ich die Leute mit der Nase auf das Wesentliche stoßen.«

Dan Riker konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. So genial Chris Shanton war, wenn es um technische Basteleien ging, so wenig Einfühlungsvermögen bewies der scherzhaft häufig als »Traum jeder Schwiegermutter« bezeichnete, grobschlächtige Kerl, wenn es darum ging, sich mal vornehm im Hintergrund zu halten statt mit der Tür ins Haus zu fallen.

»Shanton, nun lassen Sie unseren guten Monty doch endlich mal ausreden.«

Das ließ sich Bell nicht zweimal sagen. »Die Suprasensoren haben uns mit weiteren besorgniserregenden Meßergebnissen versorgt«, sprudelte er hervor. »Der Hyperraum um unsere Milchstraße lädt sich permanent mit Energie auf, der um Drakhon ebenfalls, allerdings mit gegensätzlich wirkender.«

»Mit gegensätzlich wirkender?« fragte Dan Riker. Der Chef der Terranischen Flotte hatte nie einen Hehl daraus gemacht, eine Aversion gegen die kryptischen Aussagen der Wissenschaftler zu haben. Wenn sie ihm etwas zu sagen hatten, dann bitteschön so, daß er es verstand, ohne die kleine Astrofibel bemühen zu müssen. »Geht es etwas allgemeinverständlicher?«

»Der Raum um Drakhon wird übersättigt mit ›negativer‹ 5-D-Energie, der um die Milchstraße mit ›positiver‹. Wir vermuten, daß das mit den Kraftfeldlinien der beiden Galaxien zu tun hat«, blieb ihm Monty Bell nichts schuldig. »Ein gigantisches Spannungsgefälle wird zwischen ihnen aufgebaut, das unmöglich auf Dauer stabil bleiben kann.«

»Heißt das, es besteht die Gefahr einer gegenseitigen Auslöschung wie bei Materie und Antimaterie?«

»Nein, nein, zu einer Explosion wird es nicht kommen. Die beiden Energien reagieren ja nicht miteinander, im Gegenteil, sie werden sich ergänzen.«

»Das bedeutet, daß das Spannungsgefälle einen Ausgleich erfahren wird«, griff Shodonn an Bord der H’LAYV den Faden auf. »Der wird zwangsläufig wie bei einem Über- und einem Unterdruck vonstatten gehen. Schlagartig. Wir sind zu den gleichen Resultaten gekommen.«

Der Commander der Planeten hatte die Unterhaltung schweigend über sich ergehen lassen. Als er begriff, was die Wissenschaftler verklausulierten, brachte er es auf den Punkt: »Wir sprechen von der Transition beider Galaxien in einen deckungsgleichen Raum.«

»Exakt.«

»Wann?«

»In nächster Zukunft.« Bell hob ratlos die Schultern. »Ich wiederhole mich, ich will nicht spekulieren. Aber viel Zeit bleibt uns nicht mehr.«

»Womit wir das Pferd von hinten aufgezäumt hätten«, nuschelte Chris Shanton. »Wir wußten bereits vorher, daß das geschehen wird. Zumindest waren wir ziemlich sicher. Die Frage bleibt aber die gleiche. Was unternehmen wir dagegen?«

Womit der Ingenieur die Eine-Million-Dollar-Frage gestellt hatte.

Ren Dhark brannte die Zeit unter den Nägeln, dennoch konnte er nicht den direkten Weg zur Erde wählen. Zunächst mußte er am Rand der Milchstraße auf die fünf Schiffe der verbündeten Rahim warten. Er war sicher, daß sie sich noch als wertvolle Helfer erweisen würden.

Ihm fiel eine Zentnerlast vom Herzen, als die Sensoren den Aufbau eines Wurmlochs meldeten, aus dem wenig später die bizarren Hammerschiffe der Rahim auftauchten.

Da war bereits mehr als eine Woche seit ihrem Aufbruch von Salteria vergangen.

*

Nach einer kurzen Orientierungsphase meldete sich Kalnek. Bei den Rahim war alles in Ordnung. Und mehr als das.

»Unsere Transitionstriebwerke sind wieder funktionsfähig«, meldete er überrascht und erfreut zugleich. »Wie gut, daß wir sie nicht demontiert haben, nachdem sie in unserer Galaxis nicht mehr funktionierten. Das bedeutet, daß wir in Ihrer Milchstraße nicht von künstlich erschaffenen Wurmlöchern abhängig sind, Dhark.«

Ren Dhark versuchte den Kontakt kurz zu halten. Er wollte unter allen Umständen so schnell wie möglich zur Erde. Mit Beziehen der Warteposition hatten sie bereits viel zu viel Zeit verschwendet.

»Wir werden trotzdem lange vor Ihnen Terra erreichen«, erwiderte er.

»Das wissen wir. Aber Sie werden uns erwarten. Darf ich um die Koordinaten bitten?«

Das war sie wieder, diese unterschwellige Arroganz, die Ren sauer aufstieß. Er konnte den Shirs ihre Aversion gegen die Rahim nicht verdenken. Denn die taten alles dafür, sich unbeliebt zu machen.

»Leon, eine Phase zur Funk-Z«, wandte sich Dhark an Leon Bebir, seinen Zweiten Offizier. »Glenn Morris soll die Sternenkarten aus dem Checkmaster zu den Rahim überspielen.«

»Vielen Dank«, sagte Kalnek tonlos. Ren vermochte nicht zu sagen, ob er wirklich dankbar war oder ob es für ihn eine Selbstverständlichkeit darstellte, daß der in ihren Augen niedere Bündnispartner seinen Wünschen so anstandslos nachkam. Es war ihm gleichgültig! Auch die Rahim würden früher oder später von ihrem hohen Roß steigen. Wenn Milchstraße und Drakhon untergingen, wäre es auch ihr Untergang. Andernfalls hätten sie sich wahrscheinlich gar nicht zu diesem Zweckbündnis durchgerungen.

Die Verabschiedung fiel kurz und wenig herzlich aus. Nur von Shodonn an Bord der H’LAYV mußte man sich nicht verabschieden. Der galoanische Chefwissenschaftler, der in den zurückliegenden Wochen zu einem verläßlichen Partner und Freund geworden war, würde den Flug im bewährten Intervallschlepp mitmachen.

»Und jetzt auf dem schnellsten Weg nach Hause!« ordnete Dhark den Aufbruch an.

Der Checkmaster übernahm die Intervallsteuerung, die den Flug von POINT OF und MAYHEM ohne die geringste Abweichung bis ins Ziel koordinierte. Nach kurzer Anlaufphase schaltete er auf Sternensog und brachte den Dreierverbund, stetig beschleunigend, auf vielfache Lichtgeschwindigkeit. Dabei bediente er sich der inzwischen bewährten Technik, die beiden Schiffe »oberhalb« der Milchstraße zu manövrieren. Da die Raumer in relativer Nähe zur »Oberfläche« der Milchstraße flogen, bekamen sie es auch nicht mit den negativen Auswirkungen des Exspects zu tun. Erst als sie ungefähr über der gedachten Verlängerung der irdischen Polachse standen, wurde der Sternensog abgeschaltet, und der kleine Schiffsverband erreichte sein Ziel mit einer einzigen Transition.

Zweiundsiebzig Stunden später hatte die Erde die beiden Ringraumer wieder.

2.

Deluge, mit einer Fläche von rund 25 200 Quadratkilometern kleinster der 31 Inselkontinente des Planeten Hope im Col-System, machte seinem Namen wieder einmal Ehre und lag unter einer schweren Regenfront, die von Osten über den Ozean herangetrieben war, nur bekam niemand in dem Höhlensystem, das sich im Inneren des bis zu 4 000 Metern hohen Gebirges befand, etwas davon mit. Auch wer die Höhlen durch den normalen Ausgang oder über den Doppelantigravschacht auf der anderen Seite des die tropische Dschungelinsel dominierenden Bergmassivs verließ, mußte nicht befürchten, innerhalb weniger Augenblicke total durchnäßt zu werden, weil sich über diesen Bereich ein kontinentales Intervallfeld spannte, das nicht nur dank der Kombination mit einem leichten Prallfeld die warme Regensintflut fernhielt, sondern auch die in den letzten Tagen wieder sprunghaft angestiegene Strahlung des galaktischen Magnetfelds.

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