Die Hölle von Coldwell - Frank Wells - E-Book

Die Hölle von Coldwell E-Book

Frank Wells

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Marshal Ben Saddler hatte die Stadt ausgemistet. Und heute sollte er sterben. An seinem 28. Geburtstag. Jesse Bat hatte es gesagt. Er würde mit seiner wilden Horde in die Stadt einbrechen. Und keine Hand würde für Ben Saddler kämpfen. Die Straße war leer. Kein Kind, das im Staub der Gosse spielte. Kein Pferd an den Haltestangen vor den Bars. Totenstille über der ganzen Stadt. Aber hinter den Fenstern hingen die Gesichter wie angeklebt. Durch die Scheiben starrten Augen, die nichts von dem Drama verpassen wollten. Der Mann, um den es ging, saß auf dem Schreibtisch in seinem Büro und schnitzte mit einem Bowie-Messer an einem Stück Holz. Er war groß, schlank, beinahe hager – doch dieser Eindruck täuschte. Er trug zur Feier des Tages seinen besten Anzug. Oder vielmehr seinen einzigen Anzug außer der normalen Lederkleidung des Reiters. Am Fenster stand ein krummbeiniger kleiner Graukopf. Auch er trug einen Stern auf der speckigen Jacke. Er war schon Sheriff in Wild Fall gewesen, ehe Ben Saddler die wilde Stadt gezähmt hatte.

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Seitenzahl: 148

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die großen Western – 408 –Die Hölle von Coldwell

Frank Wells

Marshal Ben Saddler hatte die Stadt ausgemistet. Und heute sollte er sterben. An seinem 28. Geburtstag. Jesse Bat hatte es gesagt. Er würde mit seiner wilden Horde in die Stadt einbrechen.

Und keine Hand würde für Ben Saddler kämpfen.

Die Straße war leer. Kein Kind, das im Staub der Gosse spielte. Kein Pferd an den Haltestangen vor den Bars. Totenstille über der ganzen Stadt. Aber hinter den Fenstern hingen die Gesichter wie angeklebt. Durch die Scheiben starrten Augen, die nichts von dem Drama verpassen wollten. In jeder Sekunde konnte es losgehen …

Der Mann, um den es ging, saß auf dem Schreibtisch in seinem Büro und schnitzte mit einem Bowie-Messer an einem Stück Holz. Er war groß, schlank, beinahe hager – doch dieser Eindruck täuschte. Er trug zur Feier des Tages seinen besten Anzug. Oder vielmehr seinen einzigen Anzug außer der normalen Lederkleidung des Reiters.

Am Fenster stand ein krummbeiniger kleiner Graukopf. Auch er trug einen Stern auf der speckigen Jacke. Er war schon Sheriff in Wild Fall gewesen, ehe Ben Saddler die wilde Stadt gezähmt hatte.

Sheriff Racky machte kehrt und blinzelte Ben aus listigen Augen an. »Es gibt Besuch.«

»Wer?«

»Die oberen Zehntausend. Der Bürgermeister, der Richter und Link Brennan. Wetten, dass die dir nicht zum Geburtstag gratulieren wollen?«

Ben Saddler hielt sein Schnitzwerk gegen das Licht. Es sollte ein Segelschiff werden, das man in eine Flasche stecken konnte. Er hatte mal eins in Kalifornien gesehen bei einem alten Kapitän.

Die Besucher traten ein. Der dicke Bürgermeister von Wild Fall keuchte. Der grauhaarige Richter murmelte einen Gruß, und der bullige Link Brennan sagte: »Hallo, Marshal. Ich hörte, Sie haben Geburtstag heute! Herzlichen Glückwunsch!«

»Danke, Link«, nickte Ben. »Nehmen Sie Platz. Was führt Sie her?«

Link Brennan sagte es: »Ben, Sie wissen, dass Bat über Sie herfallen will. Wir haben bis jetzt beraten, was zu tun wäre. Ohne Sie wäre Wild Fall nicht, was es heute ist. Tatsächlich gibt es nur noch Bat mit seinem Haufen, der uns Sorgen machen könnte. Aber wir glauben, dass Bat für die Stadt keine Gefahr bedeutet.«

»Wirklich nicht?«, unterbrach Ben kühl. »Ich muss Sie berichtigen. Bat wird in drei Staaten gesucht. Auf seinem Konto stehen Raub, Mord und Bandenverbrechen.«

»Ich sprach von uns, Marshal! Hier in der Stadt hat Bat höchstens mal eine Scheibe zerschlagen. Darum sind wir zu dem Schluss gekommen, wir sollten mit ihm Frieden schließen. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass Bat daran interessiert ist, in unserem County nicht verfolgt zu werden.«

»Sicher!«, nickte Ben. »Er möchte das, was er anderswo zusammengeraubt hat, irgendwo in Ruhe genießen können. Aber Raub bleibt Raub, ob das hundert Meilen entfernt oder hier in Wild Fall geschieht. Und Mord, Mr. Brennan, bleibt immer Mord! Ich habe die Haftbefehle mit des Richters Unterschrift hier in meinem Schreibtisch.«

Der Richter räusperte sich. »Da Sie von den Haftbefehlen sprechen, Marshal – ich möchte sie widerrufen. Wir können von hier aus nicht übersehen, inwieweit sich Bat woanders gegen das Gesetz vergangen hat.«

»Aber ich, Judge! Erinnern Sie sich an den Banküberfall in Princeville vor einem Jahr? Drei Männer wurden getötet. Und eine Frau, die zufällig aus dem Fenster schaute. Das soll ich vergessen? Nein, Judge! Heute soll ich ermordet werden …«

Link Brennan sprang erregt auf. »Das ist es ja, wovor wir Sie bewahren wollen, Ben! Die Stadt ist bereit, Ihnen eine Abfindung von fünfhundert Dollar zu gewähren. Dann können Sie in dieser Minute noch den Stern ablegen.«

Ben Saddler traute seinen Ohren nicht. »Ist das Ihr Ernst, Brennan? Ich soll mich davonschleichen und einem Mörder das Feld überlassen?«

»Wir wollen kein Blutvergießen mehr, verstehen Sie!«

»Vor einem Jahr klang das anders! Aber ich weiß, was in Ihrem Kopf vorgeht, Brennan. Sie und die Geschäftsleute dieser Stadt haben es nie gern gesehen, wenn ich einen Betrunkenen ins Jail sperrte. Ihre Kassen sind in diesem Jahr nicht voller geworden – das ist es, nicht wahr? Sie möchten das Geld kassieren, das Bats wildes Rudel irgendwo zusammenraubt.«

»Marshall«, fauchte Brennan wild. »Ich verbitte mir diese Tonart! Ich bin ein ehrenwerter Mann!«

»Natürlich. Sie begehen ja keinen Mord, Link.«

Der Richter bewegte unbehaglich die Schultern. »Ben, wir wollen das Problem in Ruhe lösen. Niemand weiß, wie stark Bats Bande ist. Es können zehn Mann sein – ebenso gut auch fünfzig. Wollen Sie etwa ein Aufgebot zusammenstellen? Sie würden niemanden finden.«

»Nein, ich würde niemanden finden. Ich habe vor einem Jahr allein gestanden und stehe jetzt allein.«

»Wirklich?«, höhnte Link Brennan. »Und wohin haben Sie Hank Bord geschickt?«

»Wenn Hank unterwegs ist, dann nicht auf meinen Wunsch oder Befehl hin! Der Junge tut manches, wovon ich nichts weiß. Gentlemen, für Ihre Gesundheit ist es besser, wenn Sie nach Hause trailen.«

Die Herren gingen. An der Tür sagte Brennan: »Ich soll Ihnen einen Gruß von meiner Schwester bestellen. Sie möchte Sie sprechen. Sofort, wenn es geht!«

Ben Saddler entgegnete: »Ich habe gehofft, Bessie hätte heute den Weg hierher gefunden, Link. Sie will mir doch auch ins Gewissen reden?«

»Ben, können Sie nicht verstehen, dass eine Frau Angst hat? Angst um den Mann, den sie – verdammt, ich habe in diesem letzten Jahr oft genug Bessies Tränen trocknen müssen.«

»Danke, Link. Sagen Sie Bessie, ich käme. Wann, weiß ich nicht.«

Link Brennan traten die Adern an seinem breiten Schädel hervor, als er fauchte: »Dafür hasse ich Sie, Saddler! Dafür, dass Sie meiner Schwester das antun – dass Sie sie wieder mit ihrer entsetzlichen Angst allein lassen! Sie – Bluthund!«

Die Tür schmetterte hinter ihm ins Schloss.

Bluthund! Ein böses Wort. Sheriff Racky spie braunen Tabaksaft in den Napf neben dem Schreibtisch und knurrte: »Warum schluckst du das, he? Warum schlägst du es ihm nicht Buchstabe für Buchstabe in seinen ehrenwerten Hals zurück?«

»Schon gut, Oldtimer«, murmelte Ben.

Er begann wieder zu schnitzen.

Racky sah es und knurrte: »Ich wüsste verdammt was Besseres, als an diesem Stück Eichenholz zu schnippeln. Wie wollen wir Jesse Bat empfangen?«

»Wir? Ich bin in dieser Stadt Marshal! Du hältst dich raus!«

»Hölle! Hast du Selbstmordabsichten?«

»Ich werde mein Fell teuer verkaufen. Vielleicht kommt Jesse Bat allein. Vielleicht sind es auch nur die drei Brüder – Jesse, Willy und Kid.«

»Die Bats geben dir nicht die geringsten Chancen. Ich wette, sie kommen mit der ganzen Horde.«

Ein Reiter kam in stiebendem Galopp die Straße herauf. Ein junger Bursche in zu klein gewordenem Overall, mit wehender blonder Mähne.

»Hank Bord!«, rief Racky. »Sieht aus, als hätte er Hummeln unterm Sattel.«

»Hat Hank immer. Das ist das Vorrecht der Jugend.«

Der Junge kam wie ein Geschoss ins Büro. Er war sechzehn, hatte keine Eltern mehr und betätigte sich als Pferdeboy im Mietstall. Meist trieb er sich allerdings in Ben Saddlers Nähe herum.

»Sie kommen!«, platzte er heraus.

»So?«, brummte Ben. »Und wer hat dir gesagt, dass du deine Nase in den heißen Kochtopf stecken sollst?«

»Ja, aber – ich dachte, ich könnte Ihnen helfen, Ben!«

»Hm. Wie viele kommen?«

»Fünf. Aber von den Bats ist keiner dabei.«

»Das weißt du genau? Wer sonst?«

»Drei habe ich erkannt: Matlock, Vail und Hinkle.«

Ben steckte das Messer ein, betrachtete das Schiff und setzte es auf den Schreibtisch. Er prüfte den Colt, trat zum Gewehrschrank und nahm die Winchester. Er füllte das Röhrenmagazin. Aus der Schreibtischschublade zog er einen zweiten Revolver, einen abgegriffenen Whiteneyville-Walker-Revolver.

Er steckte die Waffe in die linke Rocktasche.

Hank Bord schaute ihn kerzengerade an. »Ich möchte mitmachen, Ben! Ich bin nicht so feige wie alle anderen in der Stadt.«

Ben schüttelte den Kopf. »Dein Leben fängt erst an, soll es heute schon enden? Soll ich dafür die Verantwortung übernehmen? Du sollst nicht auf Menschen schießen, Hank. Hoffentlich nie!«

Der Marshal trat auf den Gang und durch die Haustür auf den Treppenabsatz. Er blinzelte gegen die schräg stehende Sonne. Der Hufschlag der Reiter war in der tiefen Stille überlaut. Aber es waren nicht fünf Reiter, sondern vier …

*

Ben Saddler schaute an den Häusern entlang und sah die Gesichter hinter den Scheiben. Frauen, Männer, Kinder, angstvolle und grinsende, neugierige und mitfühlende.

Vier Reiter mit harten, verschlossenen Gesichtern. Links Rube Matlock, der Bucklige, das Fuchsgesicht. Es hieß, dass er für die Bande die Gelegenheiten ausspionierte.

Daneben Cole Vail. Engstehende Augen, hart wie Flintsteine. Gefährlich wie eine Natter. Er trug keine sichtbare Waffe. Sie alle trugen keine Waffen, nicht offen.

Ive Hinkle saß riesig wie ein Bär im Sattel. Er starrte als einziger zu Ben hinüber, mit sturer Unverschämtheit. Den vierten Mann hatte Ben noch nie gesehen. Er sah unscheinbar aus, klein wie eine Maus mit staubiggrauem Gesicht.

Wo steckte der fünfte Mann? Weshalb schickte Bat diese Vorhut? Es musste ein Ablenkungsmanöver sein.

Die vier ritten dicht nebeneinander, als suchte der eine beim anderen Schutz. Sie schwenkten zum Hotel ein, saßen ab, banden die Pferde fest und gingen in die Hotelbar.

Ich soll ins Hotel gelockt werden, dachte Ben. Das hat aber nur Sinn, wenn mich dort nicht nur diese vier erwarten, sondern noch mehr. Also der fünfte Mann? Nein! Bat sitzt dort und erwartet mich. Er und seine beiden Brüder.

Das Erscheinen der vier Banditen ergab keinen Sinn, wenn nicht die Falle schon gestellt war. Bat sagte sich, dass der Marshal von Wild Fall keine vier Gegner in seinem Rücken dulden würde. Auch das Verschwinden des fünften Mannes passte dazu.

Vielleicht sind die Bats schon in der Nacht in die Stadt gekommen, überlegte Ben weiter. Sie können in diesem Augenblick von hinten ins Hotel geschlüpft sein.

Der Marshal schaute mit gleichgültiger Miene die Straße hinauf und hinunter. Er sicherte das Gewehr und ging ins Stadthaus zurück. Für jeden Beobachter sah es so aus, als hätte er vergeblich auf die Bats gewartet.

Drinnen reichte er Racky das Gewehr. »Ich brauche es nicht. Lass das Fenster geschlossen, Oldtimer, und schau nur zum Hotel. Lass auch die Gardinen halb offen. Wenn du gleich schießen musst, dann von der linken Fensterseite.«

Racky fuhr hoch. »Bedeutet das, dass es losgeht?«

»Ich weiß nicht mehr als du. Aber ich werde den Burschen im Hotel auf den Zahn fühlen. Dabei könnt ihr mir helfen.«

Ben holte ein zweites Gewehr aus dem Schrank, lud es durch und reichte es Hank Bord. Er sagte: »Du gehst an die andere Fensterscheibe. Aber halt dein Gesicht nicht zum Fenster raus! Ihr beide legt nur Sperrfeuer.«

»Yeah!«, rief Hank eifrig. Racky und er bezogen Stellung. Ben drehte eine Zigarette, zündete sie an und ging zur Tür. Er sagte: »Sobald ich die Veranda betreten habe, beginnt ihr zu schießen. Du auf die Tür, Racky, und zwar in das obere Drittel. Du auf die beiden Barfenster, Hank.«

Mit der Zigarette im Mundwinkel trat Ben aus dem Haus und ging quer über die Straße auf das Hotel zu.

Er ging die vier Stufen zur Veranda hinauf – und da begannen die Gewehre zu krachen.

Ben fluchte laut und machte einen Hechtsprung neben die Tür. Er kroch schnell an der Wand entlang zur Verandabrüstung und schwang sich hinüber in den Gang neben dem Hotel. Er hörte Stimmen, und ihm war, als hätte er Bessie Brennan schreien hören. Racky und Hank schossen weiter.

Ben Saddler zog den Colt und rannte zum Hof. An der Ecke hielt er kurz und sah den Mann, der aus dem Stall kam und jäh stehen blieb.

Der fünfte Mann. Ben hatte ihn einige Male mit den Bats zusammen gesehen. Er riss das Gewehr hoch und ließ sein Blei fliegen. Die Kugel schrammte neben Ben in die Mauer.

Ben traf den Banditen hoch in der Schulter. Der Mann gab auf und kroch in den Stall.

Racky und Hank schossen immer noch. Aber nicht sie allein. Auch mehrere Colts bellten.

Ben sprang zur Hintertür des Hotels, stieß sie auf und ließ sich fallen. Nichts geschah. Er lief den Gang neben der Küche entlang, öffnete die Tür zur Bar und prallte zurück. Fast gleichzeitig mit ihm hatte ein anderer die Klinke drinnen niedergedrückt. Dieser andere war der stärkste und wohl auch brutalste der drei Brüder – Willy.

Er hielt in jeder Hand einen Revolver. Als er Ben erkannte, kniff er die Augen zusammen. »Du hast es also gerochen …«

Sie waren zwei Schritte voneinander entfernt. Ben befahl: »Lass sie fallen! Gib auf!«

Der Bandit zog die Revolver hoch, und Ben flog auf ihn zu. Als Bats beide Colts aufbrüllten, traf er nur Bens Hand.

Vielleicht hätte Ben selbst jetzt nicht geschossen, aber er sah hinter Willy Bat an der Ecke der Theke Kid Bat stehen, den jüngsten der drei Brüder. Es gab keine andere Wahl. Er schoss.

Mit der Linken stieß er Willy Bat weg. Dann sah er nur noch Kid. Er war noch ein Junge, achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Aufgewachsen wie eine Wildkatze, ohne die sorgende Hand einer Mutter, unter einem Vater, der nur den Whisky kannte und seinen Colt. Neben zwei Brüdern, die verdorben waren bis ins Mark.

»Schnall ab!«, fauchte der Marshal.

Aber Kid Bat lachte. Er zog beide Colts. Da flog Ben Saddler schon in ihn hinein und warf ihn um. Er schlug hart zu.

Geduckt rannte er hinter der Theke entlang und tauchte erst an ihrem anderen Ende wieder empor. Mit einem Blick überschaute er die Lage. Die vier Männer, die vorhin gemeinsam in die Stadt gekommen waren, hatten sich bei den Fenstern verteilt. Drei schossen pausenlos. Sie schienen nicht gemerkt zu haben, was sich hinter ihnen abspielte.

Der vierte Mann – Matlock, der Bucklige – hielt seinen Revolver auf Bessie Brennan gerichtet. Sie starrte mit bleichem, gefasstem Gesicht geradeaus, als er auf die Theke sprang und seinen Colt auf Matlocks Kopf sausen ließ.

Jesse Bat kam aus der Halle in die Bar gestürzt und brüllte: »Hört mit der Knallerei auf! Ich muss wissen, wo Saddler steckt!«

Ben schob Bessie Brennan hinter die Theke und trat auf Jesse Bat zu. »Hier bin ich, Jesse! Schnall ab! Oder willst du sterben wie dein Bruder?«

Und mit einem schnellen Blick auf die anderen drei Banditen: »Werft die Waffen weg – oder Jesse ist tot!«

Sie gehorchten. Ben Saddler trat neben Jesse Bat und griff nach dessen Gürtelschnalle. In den Augen des Banditen schwelte es. Er flüsterte heiser: »Du hast meinen Bruder umgebracht? Willy oder Kid?« Und er riss die Fäuste hoch.

Aber an diesem Tag war das Glück gegen die Brüder Bat. Ben Saddler schlug Jesse von den Füßen.

*

Als der Marshal die anderen entwaffnete, kamen Racky und Hank über die Straße.

Dann erschien Link Brennan in der Tür. Mit zerrissener Jacke, geschwollenem Gesicht und voller Zorn. »Sie haben es also überlebt, Saddler!«, schrie er aufgebracht. »Aber um ein Haar hätten Sie mit Ihren verfluchten Methoden meine Schwester ins Grab gebracht!«

»Tut mir leid, Link«, sagte Ben leise. »Aber es war nicht meine Methode, die euch in Schwierigkeiten gebracht hat, sondern die der Bats, mit denen Sie einen Kontrakt schließen wollten.«

»Ich wollte kein Blutvergießen!«, schrie Brennan.

Ben hielt eine Antwort für sinnlos. Er wandte sich an die drei Banditen. »Verschwindet aus dem County! Für immer!«

Sie hatten es sehr eilig, dem Befehl Folge zu leisten. Der riesige Hinkle lud sich den bewusstlosen Matlock auf die Schulter. Sekunden später galoppierten sie schon die Straße hinab.

Ben schickte Racky auf den Hof zu dem verwundeten Banditen und fesselte Jesse Bat.

Bis jetzt hatte Brennans Schwester Bessie noch kein Wort gesagt. Immer noch stand sie versteinert hinter der Theke. Es war ein fürchterlicher Schock für sie gewesen, von den Banditen als Geisel behandelt zu werden.

Ben Saddler ging an ihr vorüber. Willy Bat war tot. Kid regte sich schon wieder, und als Ben ihn auf einen Stuhl setzte, schluckte er krampfhaft. Er starrte Ben wild an. »Saddler! Sie verfl …«

»Ruhig, Kid. Seien Sie froh, dass ich nicht geschossen habe. Sonst lägen Sie jetzt neben Ihrem Bruder!«

»Willy?«, fuhr Kid hoch. »Haben Sie ihn …?«

»Er wollte töten und wurde getötet! Wie alt sind Sie, Kid?«

»Alt genug, um Ihnen beim nächsten Mal den Skalp zu nehmen!«

»Sie Narr! Sie halten sich für einen tollen Kerl, wenn Sie in der Gegend herumschießen! In Wahrheit sind Sie nur ein kleiner Gernegroß. Sie stehen an der Wende Ihres Lebens. Versuchen Sie, mit ehrlicher Arbeit Ihr Brot zu verdienen.«

Kid Bat lachte böse auf. »Ich werde hinter Ihnen herjagen, bis Sie tot vor mir liegen!«

Sheriff Racky spie aus. »Spar dir die Worte bei dieser Kröte! Steck ihn mit seinem Bruder in die Zelle. Wenn die Jury kein Stroh im Kopf hat, dann werden sie beide an einem Tag aufgehängt.«

»Nein«, sagte Ben. »Es liegt nichts gegen Kid Bat vor – keine Mordanklage. Ich gebe Ihnen eine Chance, Kid. Wenn Sie sie nicht nutzen – aber das liegt nicht in meiner Macht. Sie können reiten. Sie können auch Ihren toten Bruder mitnehmen und bestatten. Nur Ihre Waffen bleiben hier.«

Im Gesicht des Jungen zuckte es. Er starrte auf das tote Gesicht des Bruders. Lange stand er reglos. Plötzlich schluchzte er trocken. Sein Körper zuckte, und er rannte zur Tür hinaus.

*

Die Arbeit war getan. Jesse Bat saß hinter Gittern. Jetzt war wieder Leben auf der Straße.

Der Marshal ging in sauberem Hemd, mit frisch gewaschenen Händen zum Hotel. Hinauf zu Bessie Brennans Zimmer.

Als er an der Tür klopfte, hörte er unterdrücktes Schluchzen. Aber das konnte auch eine Täuschung sein, denn Bessies Stimme klang fest und klar: »Wer ist da?«

»Ben Saddler. Störe ich?«

Es raschelte hinter der Tür, Glas klirrte, etwas fiel zu Boden. Sie öffnete. An ihr vorüber trat Ben ein, den Hut in der Hand.

»Bessie«, begann er stockend. »Ihr Bruder sagte mir vorhin, Sie wollten mich sprechen. Ich bin nicht gekommen, weil …«

»Sparen Sie die Worte, Marshal!«, rief Bessie kalt. »Ich habe feststellen dürfen, dass Sie die Gefühle einer Frau mit Füßen treten. Dass Ihnen Blutvergießen wichtiger ist. Ich will nicht mehr darüber sprechen!«

»Doch, Bessie. Ich will alles klargestellt wissen.«

»Es ist Blut geflossen in diesem Haus, von Ihrer Hand vergossen! Auch wenn er kein guter Mensch war – er war ein Mensch wie Sie und ich!«