Die Hyperion-Gesänge - Dan Simmons - E-Book
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Die Hyperion-Gesänge E-Book

Dan Simmons

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Beschreibung

Auf den Spuren der Zeit

In den Weiten des Alls hat sich die Menschheit über unzählige Sonnensysteme ausgebreitet. Während technischer Fortschritt und Dekadenz Unmögliches wahr machen, suchen sechs Menschen Antwort auf die größte aller Fragen: Was ist das Leben, was ist der Tod?
Dazu begeben sie sich auf eine Pilgerfahrt nach Hyperion, wo das Shrike herrscht, ein rätselhaftes, halb organisches, halb mechanisches Wesen, der Inbegriff von Schmerz und Qual. Es bewacht die Zeitgräber, und genau dort erfüllt sich das Schicksal der Pilger - und der Menschheit in der Zukunft.

Das Buch enthält die beiden Romane "Hyperion" und "Der Sturz von Hyperion".

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Seitenzahl: 1818

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DAS BUCH

Auf dem Planeten Hyperion herrscht das Shrike, ein rätselhaftes Wesen, halb organisch, halb mechanisch, zugleich Inbegriff des Schmerzes und der Qual. Um ihm zu entgehen, verlassen unzählige Menschen den Planeten und suchen Schutz auf anderen Welten im besiedelten Teil der Galaxis. Doch eine kleine Gruppe von Pilgern reist in genau die entgegengesetzte Richtung, nach Hyperion, in das Tal der Zeitgräber, wo die Zeit rückwärts verläuft und die Pilger auf das Shrike treffen. Und wo sich die Zukunft der menschlichen Zivilisation entscheidet...

Mit »Hyperion« und »Der Sturz von Hyperion« – die gemeinsam »Die Hyperion-Gesänge« bilden – hat Dan Simmons eine so außergewöhnliche wie brillante Zukunftssaga geschaffen, die man nur mit Frank Herberts Wüstenplanet-Zyklus vergleichen kann. Diese mehrfach preisgekrönten Weltbestseller sind nicht nur ein großartiges Leseerlebnis, sondern stellen auch eindrucksvoll unter Beweis, dass in der modernen Literatur durchaus noch mythenschöpfendes Potential vorhanden ist.

DER AUTOR

Dan Simmons wurde 1948 in Illinois geboren. Nach dem Studium arbeitete er einige Jahre als Englischlehrer, bevor er sich 1987 als Schriftsteller selbstständig machte. Sein großes Science-Fiction-Epos »Die Hyperion-Gesänge« sowie der historische Roman »Terror« über John Franklins Suche nach der Nordwestpassage waren internationale Bestseller. Zuletzt ist bei Heyne sein Roman »Flashback« erschienen. Dan Simmons lebt mit seiner Familie in Colorado, am Rande der Rocky Mountains.

Inhaltsverzeichnis

DAS BUCHDER AUTORHyperion
PROLOGERSTER TEIL
Die Geschichte des Priesters: »Der Mann, der zu Gott flehte«Aus dem Tagebuch von Pater Paul Duré
ZWEITER TEIL
Die Geschichte des Soldaten: Die Liebenden im Krieg
DRITTER TEIL
Die Geschichte des Dichters: »Hyperionische Gesänge«
VIERTER TEIL
Die Geschichte des Gelehrten: Der Fluss Lethe schmeckt bitter
FÜNFTER TEIL
Die Geschichte der Detektivin: Der lange Abschied
SECHSTER TEIL
Die Geschichte des Konsuls: Erinnerungen an Siri
EPILOG
Der Sturz von Hyperion
ERSTER TEIL
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ZWEITER TEIL
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DRITTER TEIL
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EPILOG
NACHWORTCopyright

Hyperion

PROLOG

Der Hegemoniekonsul saß auf dem Balkon seines Ebenholzraumschiffs und spielte Rachmaninows Prélude in cis-Moll auf einem uralten, aber gut erhaltenen Steinway, während sich große grüne Saurierwesen unten in den Sümpfen drängten und heulten. Im Norden braute sich ein Gewitter zusammen. Die Umrisse eines Waldes gigantischer Gymnospermen zeichneten sich vor blutergussschwarzen Wolken ab, Stratokumuli türmten sich neun Kilometer hoch in den aufgewühlten Himmel. Blitze zuckten am Horizont. Näher beim Schiff selbst stapften reptilienhafte Gestalten in das Sperrfeld, schrien auf und trotteten zurück in den indigofarbenen Nebel. Der Konsul konzentrierte sich auf einen schwierigen Teil des Préludes und schenkte weder dem Gewitter noch dem Einbruch der Nacht seine Aufmerksamkeit.

Der Fatline-Empfänger läutete.

Der Konsul hielt inne, verweilte mit den Fingern über der Tastatur und lauschte. Donner grollte durch die dichte Luft. Aus der Richtung des Gymnospermenwaldes ertönte der Klageruf einer Meute von Aasbrütern. Irgendwo in der Dunkelheit unten trompetete ein unvernünftiges Tier eine herausfordernde Antwort und verstummte. Das Sperrfeld bürdete der plötzlichen Stille seine Ultraschallschwingungen auf. Die Fatline läutete erneut.

»Verdammt«, sagte der Konsul und antwortete.

Der Computer brauchte ein paar Sekunden, den Schwall verfallender Tachyonen zu konvertieren und zu decodieren, also schenkte sich der Konsul ein Glas Scotch ein. Er nahm auf den Kissen der Projektionsnische Platz, als der Diskey gerade grün blinkte. »Abspielen«, sagte er.

»Sie sind auserwählt worden, nach Hyperion zurückzukehren« , sagte eine heisere Frauenstimme. Das Bild war noch nicht zur Gänze entwickelt; die Luft blieb frei, abgesehen vom Pulsieren des Übertragungscodes, der dem Konsul verriet, dass diese Fatline-Sendung ihren Ursprung auf der Regierungswelt Tau Ceti Center der Hegemonie hatte. Doch der Konsul brauchte die Übertragungskoordinaten nicht, um das zu wissen. Die gealterte, aber immer noch wunderbare Stimme von Meina Gladstone war unverwechselbar. »Sie sind auserwählt worden als Mitglied der Pilgergruppe zum Shrike«, fuhr die Stimme fort.

Was du nicht sagst, dachte der Konsul und stand auf, um die Nische zu verlassen.

»Sie und sechs andere wurden von der Kirche des Shrike ausgewählt und vom All-Wesen bestätigt«, sagte Meina Gladstone. »Es liegt im Interesse der Hegemonie, dass Sie akzeptieren.«

Der Konsul stand reglos in der Nische und hatte dem flackernden Übertragungscode den Rücken gekehrt. Nun hob er, ohne sich umzudrehen, das Glas und trank den Rest Scotch.

»Die Situation ist überaus verworren«, sagte Meina Gladstone. Ihre Stimme klang müde. »Das Konsulat und der Heimat-Regierungsrat haben uns vor drei Wochen Standardzeit über Fatline die Nachricht geschickt, dass die Zeitgräber den Anschein erwecken, als würden sie sich öffnen. Die Anti-Entropiefelder um sie herum dehnen sich rapide aus, und das Shrike wandert mittlerweile bis zum Bridle Range im Süden.«

Der Konsul drehte sich um und ließ sich wieder auf die Kissen fallen. Ein Holo von Meina Gladstones uraltem Gesicht hatte sich gebildet. Ihre Augen sahen so müde aus, wie sich ihre Stimme angehört hatte.

»Eine Einsatztruppe von FORCE:Weltraum wurde unverzüglich von Parvati losgeschickt, um die Bürger der Hegemonie auf Hyperion zu evakuieren, bevor sich die Zeitgräber öffnen. Ihre Zeitschuld beträgt etwas mehr als drei Hyperionjahre.« Meina Gladstone machte eine Pause; der Konsul dachte, dass er die Senatspräsidentin noch nie so grimmig gesehen hatte. »Wir wissen nicht, ob die Evakuierungsflotte rechtzeitig eintreffen wird«, sagte sie dann, »aber die Situation ist noch komplizierter. Ein Wanderschwarm der Ousters, bestehend aus mindestens viertausend … Einheiten … ist im Anflug auf das Hyperion-System. Unsere Evakuierungsflotte dürfte nur knapp vor den Ousters dort eintreffen.«

Der Konsul verstand Gladstones Zögern. Ein Wanderschwarm der Ousters konnte aus Schiffen bestehen, deren Größe von Einpersonenaufklärern bis hin zu Städtekuppeln und Kometenforts reichte, die Zehntausende dieser interstellaren Barbaren beheimateten.

»Die FORCE-Befehlshaber glauben, dass es sich um den großen Schlag der Ousters handelt«, sagte Meina Gladstone. Der Schiffscomputer hatte das Holo jetzt so positioniert, dass die traurigen braunen Augen der Frau den Konsul direkt anzusehen schienen. »Ob sie nur Hyperion wegen der Zeitgräber erobern wollen, oder ob dies ein umfassender Großangriff gegen das Weltennetz ist, bleibt abzuwarten. Vorläufig wurde eine vollständige Kampfflotte von FORCE:Weltraum zusammen mit einem Farcaster-Baubataillon aus dem Camn-System abgezogen, um zur Evakuierungsflotte zu stoßen, doch diese Truppe könnte wieder zurückgezogen werden, was ganz von der weiteren Entwicklung abhängt.«

Der Konsul nickte und hob geistesabwesend den Scotch zum Mund. Er sah das leere Glas stirnrunzelnd an und ließ es auf den dicken Teppichboden der Holonische fallen. Auch ohne militärische Ausbildung begriff er die schwierige taktische Entscheidung, vor der Gladstone und die Oberbefehlshaber standen. Wenn nicht schnellstens ein militärischer Farcaster im Hyperion-System installiert wurde – mit ungeheuren Kosten –, konnten sie der Invasion der Ousters keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen. Die möglichen Geheimnisse, die die Zeitgräber enthielten, würden dem Feind der Hegemonie in die Hände fallen. Wenn es der Flotte aber rechtzeitig gelang, einen Farcaster zu bauen und die Hegemonie sämtliche Reserven von FORCE darauf konzentrierte, die ferne Kolonialwelt Hyperion zu verteidigen, ging das Weltennetz die schreckliche Gefahr eines Angriffs der Ousters anderswo entlang der Grenze ein oder – ein Szenario, das vom Schlimmsten ausging – das Risiko, dass den Barbaren ein Farcaster in die Hände fiel und sie ins Netz selbst eindrangen. Der Konsul versuchte sich vorzustellen, wie die bewaffneten Truppen der Ousters durch Farcaster-Tore auf hunderten von Welten in schutzlose Städte einfielen.

Er schritt durch das Holo von Meina Gladstone, hob das Glas auf und schenkte sich noch einen Scotch ein.

»Sie sind auserwählt worden, an der Pilgerfahrt zum Shrike teilzunehmen«, sagte das Ebenbild der alten Präsidentin, die die Presse gerne mit Lincoln oder Churchill oder Alvarez-Temp oder jedweder Prä-Hegira-Legende verglich, die zur Zeit historisch en vogue war. »Die Tempelritter entsenden ihr Baumschiff Yggdrasil, und der Befehlshaber der Evakuierungsflotte hat Befehl, es passieren zu lassen. Mit einer Zeitschuld von drei Wochen können Sie zur Yggdrasil gelangen, bevor diese vom Parvati-System aus den Sprung macht. Die sechs anderen Pilger, die von der Kirche des Shrike auserwählt wurden, werden an Bord des Baumschiffes sein. Unsere Geheimdienstberichte sprechen dafür, dass mindestens einer der sieben Pilger ein Agent der Ousters ist. Wir wissen – zum derzeitigen Zeitpunkt  – noch nicht, wer es ist.«

Der Konsul musste lächeln. Unter sämtlichen Risiken, die Gladstone einging, musste die alte Frau auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er der Spion war und sie einem Agenten der Ousters wichtige Informationen über Fatline zukommen ließ. Aber hatte sie ihm irgendwelche wichtigen Informationen gegeben? Flottenbewegungen waren feststellbar, sobald die Schiffe den Hawking-Antrieb benützten, und wenn der Konsul der Spion gewesen wäre, hätte ihn die Eröffnung der Sprecherin womöglich abgeschreckt. Das Lächeln des Konsuls verschwand; er trank seinen Scotch.

»Sol Weintraub und Fedmahn Kassad gehören zu den sieben auserwählten Pilgern«, sagte Gladstone.

Der Konsul runzelte die Stirn. Er betrachtete die Wolke von Ziffern, die wie Staubkörnchen um das Bild der alten Frau herum flimmerten. Fünfzehn Sekunden Fatline-Übertragungszeit blieben.

»Wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Meina Gladstone. »Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Geheimnisse der Zeitgräber und des Shrikes gelüftet werden. Diese Pilgerfahrt könnte unsere letzte Chance sein. Wenn die Ousters Hyperion erobern, müssen ihr Agent eliminiert und die Zeitgräber um jeden Preis versiegelt werden. Das Schicksal der Hegemonie könnte davon abhängen.«

Die Übertragung war zu Ende, abgesehen vom Flimmern der Rendezvouskoordinaten. »Antwort?«, fragte der Schiffscomputer. Trotz der gewaltigen Energien, die aufgewendet werden mussten, war das Raumschiff imstande, einen kurzen codierten Impuls in das unverständliche Brabbeln der FTL-Sendungen zu schicken, die die von Menschen bewohnten Teile der Galaxis miteinander verbanden.

»Nein«, sagte der Konsul, ging hinaus und lehnte sich über das Balkongeländer. Die Nacht hatte sich niedergesenkt, die Wolken hingen tief. Sterne waren keine zu sehen; ohne das gelegentliche Aufleuchten eines Blitzes im Norden oder die sanfte Phosphoreszenz über den Sümpfen wäre es völlig dunkel gewesen. Plötzlich war sich der Konsul überdeutlich bewusst, dass er momentan das einzige vernunftbegabte Wesen auf einer namenlosen Welt war. Er lauschte den urzeitlichen nächtlichen Geräuschen, die vom Sumpf emporstiegen, und dachte an morgen, an den Ausflug mit dem Vikken-EMV bei Tagesanbruch, an einen ganzen Tag im Sonnenschein, an Großwildjagd in den Farnwäldern im Süden, an die Rückkehr zum Schiff, ein gutes Steak und ein kaltes Bier. Er dachte an das ausgeprägte Vergnügen der Jagd und den ebenso ausgeprägten Trost der Einsamkeit: Einsamkeit, die er sich durch die Schmerzen und den Alptraum verdient hatte, die er schon einmal auf Hyperion erdulden musste.

Hyperion.

Der Konsul ging wieder hinein, zog den Balkon ein und versiegelte das Schiff, als die ersten schweren Regentropfen herunterprasselten. Dann ging er die Wendeltreppe zu seinem Schlafraum im Bug des Schiffes hinauf. Der kreisrunde Raum war dunkel, abgesehen von den stummen Explosionen der Blitze, die die Ströme von Regenwasser deutlich machten, die über das Oberlicht flossen. Der Konsul zog sich aus, legte sich auf die feste Matratze und schaltete Stereoanlage und Außenmikrofone ein. Er lauschte, wie sich die Wut des Gewitters mit dem Tosen von Wagners »Ritt der Walküren« vereinte. Orkanartige Windböen beutelten das Schiff. Das Bersten des Donners erfüllte den Raum, immer wenn das Oberlicht weiß aufblitzte und Phantombilder auf den Netzhäuten des Konsuls gleißten.

Wagner ist nur gut bei Gewittern, dachte er. Er machte die Augen zu, konnte die Blitze aber durch die geschlossenen Lider wahrnehmen. Er erinnerte sich an das Glitzern von Eiskristallen, die durch die verfallenen Ruinen auf den flachen Hügeln bei den Zeitgräbern wehten, und das noch kältere Funkeln von Stahl auf dem unmöglichen Baum aus Metalldornen des Shrike. Er erinnerte sich an Schreie in der Nacht und den hundertfacettigen rubin-und-blutroten Blick des Shrike selbst.

Hyperion.

Der Konsul befahl dem Computer lautlos, sämtliche Lautsprecher auszuschalten, und bedeckte die Augen mit dem Unterarm. In der plötzlichen Stille dachte er daran, was für ein Wahnsinn es wäre, wieder nach Hyperion zurückzukehren. In den elf Jahren, die er als Konsul auf dieser fernen, rätselhaften Welt verbracht hatte, hatte die geheimnisvolle Kirche des Shrike ein Dutzend Barken mit Pilgern von anderen Welten zu den windumtosten Ödländern um die Zeitgräber nördlich der Berge reisen lassen. Niemand war zurückgekehrt. Und das war in normalen Zeiten gewesen, als das Shrike Gefangener der Gezeiten der Zeit und von Kräften, die niemand verstand, gewesen war, und die Anti-Entropiefelder sich auf wenige Meter rings um die Zeitgräber herum beschränkt hatten. Und die Gefahr einer Invasion der Ousters nicht bestanden hatte.

Der Konsul dachte an das Shrike, das nun überall frei auf Hyperion herumwandern konnte, und an die Millionen Eingeborenen und die Bürger der Hegemonie, die dem Wesen, das den physikalischen Gesetzen trotzte und ausschließlich durch den Tod kommunizierte, hilflos ausgeliefert waren, und er erschauerte, obwohl es in der Kabine warm war.

Hyperion.

Nacht und Gewitter gingen vorüber, doch eine weitere Gewitterfront raste der aufziehenden Dämmerung voraus. Zweihundert Meter hohe Gymnospermen bogen und wiegten sich vor den brausenden Luftmassen. Kurz vor Tagesanbruch erhob sich das Ebenholzraumschiff des Konsuls auf einer Säule blauen Plasmas, stieß durch Wolken, die sich zusammenballten, und strebte dem Weltraum und dem Rendezvouspunkt entgegen.

ERSTER TEIL

Der Konsul erwachte mit den eigentümlichen Kopfschmerzen, dem trockenen Hals und dem Gefühl, als habe er tausend Träume vergessen, das allein Zeiten in kryonischer Fuge mit sich brachten. Er blinzelte, setzte sich auf dem flachen Diwan aufrecht und entfernte benommen die letzten Sensorbänder, die an seinem Körper klebten. Zwei sehr kleine Mannschaftsklone und ein großer Tempelritter mit Kapuze befanden sich bei ihm in dem fensterlosen ovalen Raum. Einer der Klone bot dem Konsul das nach dem Auftauen traditionelle Glas Orangensaft an. Er nahm es und trank gierig.

»Der Baum ist zwei Lichtminuten und fünf Flugstunden von Hyperion entfernt«, sagte der Tempelritter, und dem Konsul wurde bewusst, dass er von Het Masteen, Kapitän des Baumschiffs der Tempelritter und Wahre Stimme des Baums, angesprochen wurde. Dem Konsul ging vage durch den Kopf, dass es eine außerordentliche Ehre war, vom Kapitän persönlich geweckt zu werden, aber er war zu benommen und desorientiert vom Kälteschlaf – der Fuge –, um es richtig zu würdigen.

»Die anderen sind schon seit einigen Stunden wach«, sagte Het Masteen und bedeutete den Klonen, sie allein zu lassen. »Sie haben sich auf der vordersten Speiseplattform versammelt.«

»Hhrghn«, sagte der Konsul und trank einen Schluck. Er räusperte sich und versuchte es noch einmal. »Danke, Het Masteen«, brachte er heraus. Er sah sich in dem eiförmigen Raum mit dem Teppich aus dunklem Gras, den durchscheinenden Wänden und den Stützstreben aus fortlaufendem gekrümmtem Wehrholz um und dachte, dass er sich in einer der kleineren Umweltknospen befinden musste. Er machte die Augen zu und versuchte, die Erinnerung an das Rendez-vous  – bevor das Schiff der Tempelritter in Quantenflug gegangen war – heraufzubeschwören.

Der Konsul erinnerte sich an den ersten Blick auf das kilometerlange Baumschiff, als er das Rendezvousmanöver begann – die Einzelheiten des Schiffs waren durch die Redundanzmaschine und die Erg-erzeugten Eindämmungsfelder, die es wie ein kugelförmiger Nebel umgaben, leicht verschwommen, aber die Laubkrone war eindeutig von Tausenden Lichtern erfüllt, die sanft durch das Laub und die durchscheinenden Umweltknospen und auf den zahllosen Plattformen, Brücken, Kommandodecks, Treppen und Lauben leuchteten. Um die Basis des Baumschiffs drängten sich Maschinen- und Frachtkugeln wie übergroße Gallenblasen, und es zog blaue und violette Antriebsstreifen hinter sich her wie zehn Kilometer lange Wurzeln.

»Die anderen warten«, sagte Het Masteen leise und nickte zu den flachen Kissen, wo das Gepäck des Konsuls bereitlag, sich auf seinen Befehl hin zu öffnen. Der Tempelritter betrachtete nachdenklich die Wehrholzbalken, während der Konsul halbformelle Abendkleidung anlegte, bestehend aus weiten schwarzen Hosen, polierten Schiffsstiefeln, einem weißen, an Taille und Ellbogen gebauschten Seidenhemd, einer Kragenspange aus Topas, einem schwarzen Gehrock mit dem Scharlachrot der Hegemonie auf den Epauletten, sowie einem weichen goldenen Dreispitz. Ein Abschnitt der gekrümmten Wand wurde zum Spiegel, und der Konsul betrachtete sein Ebenbild darin: ein Mann jenseits der Lebensmitte in halbförmlicher Abendgarderobe und mit braungebrannter, aber unter den traurigen Augen seltsam blasser Haut. Er runzelte die Stirn, nickte und wandte sich ab.

Het Masteen gestikulierte, worauf der Konsul der hochgewachsenen Gestalt in ihrer Robe durch eine Öffnung in der Knospe auf einen Laufsteg folgte, der aufwärts führte, sich krümmte und hinter der gewaltigen Rindenhülle auf dem Stamm des Baumschiffs verschwand. Der Konsul hielt inne, schritt zum Rand des Laufstegs und wich hastig wieder zurück. Es ging mindestens sechshundert Meter nach unten – »unten« wurde durch ein Sechstel der Standardschwerkraft geschaffen, die von in der Basis des Baums gefangenen Singularitäten erzeugt wurde –, und es gab keine Geländer.

Sie setzten ihren stummen Aufstieg fort, bogen dreißig Meter und eine halbe Stammspirale weiter vom Hauptsteg ab und überquerten eine zierliche Schwebebrücke zu einem fünf Meter durchmessenden Ast. Diesem folgten sie nach außen, bis das Gleißen der Sonne Hyperions durch das Wirrwarr des Laubs fiel.

»Ist mein Schiff aus der Warteposition geholt worden?«, fragte der Konsul.

»Es ist aufgetankt und steht in Kugel 11 bereit«, antwortete Het Masteen. Sie traten in den Schatten des Stamms, Sterne wurden in den schwarzen Flecken zwischen dem dunklen Netz des Laubs sichtbar. »Die anderen Pilger haben sich einverstanden erklärt, mit Ihrem Schiff zu landen, wenn die Befehlshaber von FORCE die Erlaubnis geben«, fügte der Tempelritter hinzu.

Der Konsul rieb sich die Augen und wünschte sich, er hätte mehr Zeit gehabt, seine fünf Sinne dem kalten Klammergriff der kryonischen Fuge zu entreißen. »Haben Sie Kontakt mit der Einsatztruppe gehabt?«

»O ja, wir wurden in dem Augenblick angesprochen, als wir aus dem Sprung gekommen sind. Ein Schlachtschiff der Hegemonie eskortiert uns in diesem Augenblick.« Het Masteen deutete auf ein Stückchen Himmel über ihnen.

Der Konsul blinzelte nach oben, doch in diesem Augenblick drehten sich Segmente der obersten Zweige aus dem Schatten des Baumschiffs und hektargroße Abschnitte des Laubs entflammten in den Farben des Sonnenuntergangs. Selbst an den ruhigen, schattigen Plätzen nisteten Leuchtvögel wie japanische Laternen über beleuchteten Laufstegen, glühenden Schwingranken und angestrahlten Hängebrücken, während sich Glühwürmchen von der Alten Erde und funkelndes Treibgut von Maui-Covenant einen Weg durch das Labyrinth der Blätter bahnten und sich so mit den Sternbildern vermischten, dass selbst der sternenkundigste Reisende verwirrt wurde.

Het Masteen betrat einen Korblift, der an einem geflochtenen Kohlenstoffkabel hing, das in dem dreihundert Meter über ihnen aufragenden Baum verschwand. Der Konsul folgte, dann wurden sie lautlos nach oben gezogen. Die Laufstege, Knospen und Plattformen waren verdächtig verlassen, abgesehen von einigen wenigen Tempelrittern und ihren winzigen Konterparts, den Mannschaftsklonen. Der Konsul konnte sich nicht erinnern, in der hektischen Stunde zwischen Rendezvous und Fuge andere Passagiere gesehen zu haben, doch das hatte er auf den unmittelbar bevorstehenden Sprung des Baumschiffs zurückgeführt und war davon ausgegangen, dass die anderen Passagiere wohlbehalten auf ihren Fugendiwanen lagen. Aber nun bewegte sich das Baumschiff weit unter relativistischen Geschwindigkeiten, und in den Ästen sollten sich gaffende Passagiere drängen. Er teilte dem Tempelritter seine Beobachtung mit.

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