Die Kraft des Dialogs. Gelingende Beziehungen mit dem Dialogprinzip – privat, beruflich, zu mir selbst - Mirriam Prieß - E-Book
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Die Kraft des Dialogs. Gelingende Beziehungen mit dem Dialogprinzip – privat, beruflich, zu mir selbst E-Book

Mirriam Prieß

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Beschreibung

Der gelingende Dialog als Basis für ein Leben in Balance

Gelingende Beziehung scheint heutzutage immer schwieriger. Nicht nur untereinander sondern auch zu sich selbst. Wollen wir die wachsenden Spaltungen in der Gesellschaft aber auch in unserem persönlichen Leben beenden, brauchen wir eine Haltungsänderung. Wir müssen mehr tun, als nur zu reden. Erst wenn wir Interesse zeigen, einfühlsam und offen sind und uns mit Respekt auf Augenhöhe begegnen, kann auch der Dialog gelingen.

In ihrem neuen Buch beschreibt die Burnout-Expertin das von ihr entwickelte Dialogprinzip, mit dem sie seit Jahren Einzelpersonen und Unternehmen erfolgreich berät. Sie zeigt, dass der Dialog weit mehr als eine verbale Kommunikationsform ist, sondern eine Haltung sich selbst, den Mitmenschen und dem Leben gegenüber. Er ist Grundlage für Gesundheit und Erfolg – nutzen wir ihn richtig, finden wir auf allen Ebenen zu unserem Gleichgewicht.

Das Buch gibt einen klaren Leitfaden, wie wir uns selbst und unser Miteinander von neurotischen Kämpfen und Blockaden befreien und zurück zu erfüllten Beziehungen und einem wesentlichen Leben finden können.

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Seitenzahl: 297

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Dr. med. Mirriam Prieß

Die Kraft des Dialogs

Gelingende Beziehungen mit dem Dialogprinzip – privat, beruflich, zu mir selbst

Impressum

1. Auflage 2021© 2021 by Südwest Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenHINWEISEDer Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch gegebenen praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen.

Projektleitung: Andrei-Sorin TeusianuRedaktion: Martin StiefenhoferKorrektorat: Clemens SorgenfreyHerstellung: Timo WendaSatz/DTP: Uhl + Massopust, AalenISBN: 978-3-641-26872-5V001

Inhalt

Vorwort

1. Kapitel: Leben ist gelingende Beziehung!

Gelingt Beziehung, gelingt Leben!

Wie wir in Beziehung stehen

Vertrauen

Je gestörter das Vertrauen, umso gestörter die Beziehung

Sich beim anderen zu Hause fühlen

Für eine gelingende Beziehung – der Dialog

Das Dialogdreieck

1. Dialogaspekt – das Gleichgewicht zwischen Ich, Du und Wir

Wir

Ich, Ich und noch mal Ich!

Immer nur Du und Wir

2. Dialogaspekt – Funktionalität verhindert Begegnung

3. Dialogaspekt – das Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen

Die Schwierigkeit zu nehmen

Das Leben in Extremen

Das Gleichgewicht in schlechten Zeiten

Das Gegenteil von Begegnung – Symbiose

4. Dialogaspekt – gelingende Beziehung beginnt mit der Beziehung zu mir selbst

Ein freies und eigenes Ich

2. Kapitel : Der äußere Dialog – die fünf Voraussetzungen

Beziehung und verkörperte Atmosphäre

Interesse (oder: Wenn das Einfache das Schwierigste ist)

Nur echtes Interesse verbindet

Offenheit

Offenheit zeigt innere Stärke und Selbstbewusstsein

Wie erkenne ich, dass das Gegenüber nicht offen ist?

»Wer redet, ist weg vom Fenster!«

Durch Offenheit zurück ins Leben

Empathie

Ich fühle, was du fühlst

Mitgefühl

Erst einfühlen, dann mitfühlen!

Grenzverletzungen und Manipulation – wenn Empathie destruktiv wird

Ich suche meine Identität in dir

»Ihre linke Seite tut weh? Sie haben ein Mutterproblem!«

Augenhöhe und Respekt

Falsche Augenhöhe statt echtem Dialog

Augenhöhe in Unternehmen

Augenhöhe dem Leben gegenüber

Entscheidungen auf Augenhöhe treffen

Ein Leben auf Augenhöhe – eine Illusion?

Augenhöhe in dem, was wir tun – die richtige Zielsetzung

Fehlerkultur in Unternehmen

Die richtige Nähe und die richtige Distanz – ein Ausdruck von Augenhöhe und Respekt

Begegnung braucht Grenzen

Grenzen respektieren und aussprechen

Dialog und Social Media

Augenhöhe in Hierarchien – auf Augenhöhe dem System gegenüber

Hierarchieversagen wegen fehlender Augenhöhe

Wie fehlende Augenhöhe in der Führung Erde verbrennt

Der Alltag in Unternehmen

Wertschätzung und Liebe

Wahre Liebe?

Falsche Liebe und falsche Wertschätzung

Liebe kennt Grenzen!

Der Blickwinkel der Liebe

Jede Heilung ist in der Liebe begründet und findet durch sie statt

3. Kapitel: Der innere Dialog

Ich selbst bin die Antwort

Der innere Dialog

Sei du selbst!

Der inneren Bestimmung folgen? Ich bin ein Lügner!

Die Frage nach dem Echten

Was ist Illusion und was Substanz?

Zurück zu mir selbst – der innere Dialog

Interesse

Offenheit

Empathie

Augenhöhe und Respekt

Augenhöhe als Grundlage für therapeutische Beziehung und Heilung

Wertschätzung und Liebe

Im Dialog mit unseren Gefühlen

Im Dialog mit unseren Gedanken

Die innere Atmosphäre verändern

Projektive Identifizierung

Ein Alltagsphänomen in Beziehungen

4. Kapitel: Innere Realitäten

Warum Beziehung scheitert

Wie sich Beziehungsmuster entwickeln

Der Weg zur gesunden Beziehung

So entsteht das Ich des Kindes

Schwangerschaft

Geburt und die ersten Lebensjahre

Fähig zum Du und zum Wir

Von Beginn an die richtige Nähe und Distanz

Das Gleichgewicht zwischen Ich, Du und Wir

Fehlende Begegnung führt zur Egozentrik

Innere Realitäten – falsche Beziehungswahrheiten

Der Dialog gelingt – auf der richtigen Beziehungsebene

Wie unterscheide ich neurotische und wesentliche Beziehungsebene?

Wie finde ich mein wahres Selbst?

5. Kapitel: Kränkung und Verletzung heilen mit dem Dialogprinzip

Gelingende Beziehung erfordert die Bereitschaft zu vergeben

Drei notwendige Schritte

Heilung durch Begegnung

Schlusswort: Im Dialog mit dem Leben

Anhang

Auflösung

Begriffserklärungen

Bitte nehmen Sie ein Blatt Papier und machen Sie eine Bestandsaufnahme Ihrer Beziehungen. Erstellen Sie eine Liste der Menschen, mit denen Sie in einer für Sie wichtigen Beziehung stehen, geschäftlich oder privat. Wenn Sie damit fertig sind, legen Sie das Blatt zur Seite und beginnen mit diesem Buch.

Vorwort

Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum einige Menschen scheinbar mühelos glücklich sind und andere Menschen trotz großer Anstrengung in ihrem Leben nicht weiterkommen? Warum überwinden manche die tiefste Krise und gehen aus ihr gestärkt hervor, während andere über ihren Verletzungen resignieren, an ihren Kränkungen verbittern oder nach einem Burnout nicht in das Leben zurückfinden? Was macht psychische Widerstandskraft aus – und ist es möglich, diese auch noch im Erwachsenenalter zu entwickeln?

Als ich damals meine Arbeit mit Burnout-Betroffenen begonnen habe, wusste ich nicht, wohin mich das führen würde. Ich wusste nicht, dass sie der erste Schritt für eine eigene Therapierichtung sein würde, und ich ahnte damals noch nicht, welche Antworten sich im Laufe der Zeit daraus ergeben würden. Das einzige, was mir damals, als ich noch in einer Klinik arbeitete, deutlich wurde, war, dass mehr hinter der Erkrankung Burnout stecken muss als die reine Überlastung durch Stress. Es musste mehr dahinter stecken, dass sich eine immer größere Zahl von Menschen erschöpften und die psychosomatischen Symptome und Erkrankungen rapide anstiegen. Die Behandlungsmöglichkeiten, die ich damals lernte, erlebte ich als einen guten Ansatz, aber alles bewegte sich immer in einem in sich geschlossenen System von Störung. Ich lernte, Krankheiten zu erkennen und Menschen mithilfe verschiedener Diagnosen einzuteilen, die sich nach Krankheitssymptomen gliederten – aber ich lernte nicht, was Gesundheit eigentlich ausmacht. Ich lernte, welche unterschiedlichen psychischen und psychosomatischen Störungen es gibt und welche Therapiemöglichkeiten dafür angewandt wurden – aber ich bewegte mich die ganze Zeit im System der Störung. Irgendwann fragte ich mich, ob es überhaupt möglich ist zu heilen, wenn man innerhalb des Systems der Störung bleibt. Ist Heilung möglich, solange ich in Störungsbildern und Krankheitsdiagnosen denke?

Wie kann ich Menschen helfen, gesund zu werden, wenn ich nur in Krankheit unterrichtet werde? Wenn ich Krankheit verstehe, aber kein Bild von dem vermittelt bekomme, was Gesundheit ausmacht?

Die Therapieergebnisse waren mäßig – sicherlich wurden bei den meisten Patienten die Symptome weniger, aber hatte das mit Heilung zu tun? Ich hatte das Gefühl, dass die Oberfläche zwar beruhigt und die Symptome gemildert waren, nicht aber wirklich an der Ursache gearbeitet wurde.

Doch was war die Ursache?

Was steckte dahinter, dass immer mehr Menschen sich erschöpften, die psychosomatischen Erkrankungen zunahmen und auch immer mehr junge Leute betroffen wurden. Gab es eine Wurzel zu all dem? Einen Kern, auf den die unterschiedlichen Ausprägungen zurückzuführen wären?

Die Arbeit mit Burnout-Betroffenen führte mich zu diesem Ansatz. Als ich entdeckte, was tatsächlich hinter der Erschöpfung stand, begann meine Reise, die am Ende mit einem eigenen Therapiekonzept enden sollte. Ein Konzept, das nicht die Krankheit als Grundlage nimmt, sondern das, was gesundes Leben ausmacht. Ein Konzept, das in jeder Krankheit oder Störung einen an sich gesunden Ausdruck eines Menschen (oder eines Systems oder einer Situation) versteht, der aus dem wesentlichen Gleichgewicht geraten ist.

Ob Sie in einer privaten oder beruflichen Konfliktsituation sind, unter unterschiedlichen psychosomatischen Erschöpfungssymptomen leiden oder feststellen, dass Sie die Beziehung zu sich selbst oder den Bezug zu Ihrem Leben verloren haben – in diesem Buch geht es darum, zurück zu dem zu finden, was gesundes und erfolgreiches Leben ausmacht: Zur gelingenden und erfüllten Beziehung.

Jeder von uns kann diese erreichen, wenn er einige entscheidende Punkte beachtet, denn wir selbst haben es in der Hand, ob unsere Beziehungen gelingen.

1. Kapitel Leben ist gelingende Beziehung!

Gelingt Beziehung, gelingt Leben!

Wenn Sie einmal innehalten und sich fragen, wann Sie in Ihrem Leben am glücklichsten waren, wann Sie das Gefühl hatten, »richtig gelebt« zu haben – was würden Sie antworten? Befragt man Menschen, was die größte Zufriedenheit verursacht, so ist die Antwort: »Wenn ich mich nicht verstellen muss und das leben kann, was mir entspricht.« – »Wenn ich so sein kann, wie ich bin, mein Umfeld mich annimmt, liebt und bestärkt.« – »Ich bin dann am glücklichsten, wenn meine Beziehungen erfüllt und glücklich sind.«

Beziehung ist ein aktiver Gestaltungsprozess von allen Beteiligten in jedem Moment.

Eine Harvard-Studie befragte Menschen, die am Ende ihres Lebens standen, was ihnen im Leben rückblickend am wichtigsten erschien. Die Antwort war: glückliche Beziehungen.

Leben ist Beziehung. Wir stehen ständig in Beziehung, beruflich wie privat, wir stehen in Beziehung zu unserer Umwelt, zu dem System, in dem wir uns befinden, und wir stehen in Beziehung zu dem Leben an sich, zu dem Leben, das wir führen. Wir stehen in Beziehung zu dem, was wir tun, und wir stehen in Beziehung zu uns selbst.

Gelingen unsere Beziehungen, gelingt unser Leben.

Wie wichtig gelingende Beziehung für unsere Gesundheit ist, erkannte ich während meiner klinischen Arbeit das erste Mal in aller Eindrücklichkeit. In der Schwerpunktarbeit mit Burnout-Patienten wurde mir relativ schnell deutlich, dass die damals noch allgemein verbreitete These »Burnout kommt durch zu viel Arbeit« nicht richtig war, sondern dass die tatsächliche Ursache der Erschöpfung anderswo lag. Jeder der Betroffenen berichtete davon, dass er sich entweder in konfliktreichen Beziehungen befand, keine sozialen Kontakte mehr besaß – und jeder hatte die Beziehung zu sich selbst verloren.

So berichtete eine Frau von einem jahrelangen Konflikt an ihrem Arbeitsplatz, wo sie vergeblich um Respekt und Anerkennung kämpfte. Ein Mann erschöpfte sich an einem nicht enden wollenden Kampf mit seiner Partnerin. Und eine junge Studentin verlor ihr inneres Gleichgewicht durch eine Mobbingsituation an der Uni. Alle beschrieben zusätzlich, dass sie kein Gefühl mehr für sich selbst besaßen, sich selbst entweder in aussichtslosen Kämpfen verloren oder aber nie wirklich eine Beziehung zu sich selbst gehabt hatten. »Ich habe nie viel von mir gehalten«, »Ich habe immer eine Rolle gespielt« oder »Ich war es nie wirklich wert, ich selbst zu sein« waren häufige Aussagen.

Wie wir in Beziehung stehen

Es gibt wohl niemanden, der, vielleicht nach einem kurzen Innehalten, verneinen würde, dass eine gelingende Beziehung zentral für unser Leben und unsere Gesundheit ist – genauso wie es wohl niemanden gibt, der sich dies nicht für sich selbst wünscht. Wir wollen glücklich sein, wir wollen erfüllte Beziehung und wir wollen auch erfolgreich sein in dem, was wir tun.

Doch so selbstverständlich es auf der einen Seite von jedem gewünscht wird, so schwierig scheint es zu sein, den Wunsch in die Realität umzusetzen. Mittlerweile wird mehr als jede zweite Ehe geschieden, der »Geschlechterkampf« bleibt virulent, die gesellschaftliche Spaltung wächst und die psychosomatischen Erkrankungen nehmen zu. Betroffen sind davon längst auch immer mehr junge Menschen. Kürzlich veröffentlichte die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) einen Bericht, dass sich die Depressionsrate bei den 7- bis 17-Jährigen verdoppelt habe und die Krankheitsfolgekosten um ein Vielfaches gestiegen seien. Mobbingvorfälle in Schulen sind keine Seltenheit mehr, Diskriminierungen ein Alltagsphänomen. Immer mehr Menschen beklagen, in ihrem Leben nur noch zu funktionieren, anstatt zu leben. Die Entfremdung von sich selbst, verbunden mit der Jagd nach dem unerfüllbaren Superlativ, führt zur wachsenden Erschöpfung. Stationäre und ambulante Therapieplätze sind überfüllt und meist mit langen Wartelisten verbunden.

Waren vor 15 Jahren Coaches in Unternehmen noch relativ ungewöhnlich, so investieren die Unternehmen mittlerweile jedes Jahr wie selbstverständlich hohe Beträge für Stressmanagement, Konfliktmoderationen, Teambuilding und Coachingmaßnahmen. Auch gesellschaftspolitisch verhärten sich die Fronten: Anstatt nach einem fundierten Miteinander zu suchen, gerät das Gegeneinander in den Vordergrund. Die Suche nach Verbündeten ist ebenso groß wie die Suche nach Sündenböcken.

Dies spiegelt sich auch auf der digitalen Ebene wider. Auf der Suche nach einem Wir wird das eigene Ich unbemerkt und selbstverständlich zum Maßstab. Es gibt wohl kaum einen anderen Ort, an dem so ungehemmt wie gnadenlos vernichtet und sich gleichzeitig nach Anerkennung und Bestätigung gesehnt werden kann. Immer häufiger wird die Sorge über die »Verrohung der Sprache« geäußert, die Sorge, in der Verschiedenheit nicht mehr zur Gemeinsamkeit zu finden – und in der Gleichheit die Individualität zu verlieren. Noch nie schien es so schwer wie heute, in all den vorhandenen Möglichkeiten zu einem gesunden und erfüllten Miteinander zu finden.

Doch was braucht es für gelingende Beziehung? Wodurch entsteht echte Solidarität? Was setzt ein erfülltes Miteinander voraus, wie zeichnet es sich aus?

Vertrauen

Befragt man Menschen nach dem Merkmal gelingender Beziehung, so ist eine der häufigsten Antworten: »Vertrauen!«

»Für mich ist ein Zeichen, dass meine Beziehungen gelingen, wenn ich dem anderen vertrauen kann«, sagte eine Frau. »Wenn ich darauf vertrauen kann, dass ich nicht belogen oder betrogen werde.«

»Wenn ich weiß, dass ich auf den anderen zählen kann«, so ein Mann.

»Wenn der andere es gut mit mir meint«, sagte eine Frau.

Vertrauen ist das Fundament für eine gelingende Beziehung und ein Indikator dafür, wie gesund und stabil die Beziehung ist. Je tiefer ich vertraue, umso tiefer ist die Verbindung und umso wohler und geborgener kann ich mich bei dem anderen fühlen. Gleichzeitig ermöglicht das Vertrauen durch ein selbstverständliches Miteinander eine Ebene des gemeinsamen Schaffens und Gestaltens, es bereitet den Boden für Freiheit und Individualität.

So wie das Vertrauen zu einem anderen Menschen die Grundlage für die Beziehung bietet, gilt dies auch für die Beziehung zu mir selbst. Je mehr Selbstvertrauen ich habe, umso gelassener, offener und kreativer kann ich dem Leben und den Menschen begegnen. Das Vertrauen zu mir selbst ist mein innerer Ruhepol und ein entscheidender Teil, aus dem heraus ich mein Leben gestalte.

Je gestörter das Vertrauen, umso gestörter die Beziehung

Während der Grad des Vertrauens kennzeichnend für eine gute Beziehung ist, so ist der Grad des Misstrauens das Kennzeichen für eine gestörte Beziehung. Je größer das Misstrauen, umso gestörter ist das Miteinander – egal, ob es sich dabei um das Miteinander mit »mir selbst«, mit meinem/r Partner/in oder um das berufliche Miteinander handelt.

Wenn Einzelpersonen, Paare oder auch Teams in die Beratung kommen, dann ist bei jedem der Betroffenen das Vertrauen gestört und in vielen Fällen auch zerstört. Man hat das Vertrauen in sich selbst, in seine Fähigkeiten, ins Leben verloren. Man misstraut dem Partner oder dem Kollegen oder seinem Chef. Nicht das »Gute« und Konstruktive wird vermutet, sondern das Gegenteil. Dies geht manchmal so weit, dass die Betroffenen wie gelähmt sind in ihrem Miteinander oder es gar kein Miteinander mehr gibt. Entweder wird kalt geschwiegen oder um jede Kleinigkeit diskutiert und gestritten. Ein gemeinsames Voran gibt es nicht mehr.

Im Bereich der Politik kennen wir das »Misstrauensvotum« als klassisches Instrument in einer Krise, entweder um eine Koalition zu beenden oder aber um alle Beteiligten aufzufordern, die eigene Haltung für ein Wir zu überdenken.

Fehlt das Vertrauen, ist es gebrochen oder gar zerstört, gibt es keine Grundlage für ein Wir. Der Vertrauensverlust ist das Ende einer jeden gelingenden Beziehung und es erfordert viel Arbeit aller Beteiligten, es wiederherzustellen – oder überhaupt, und das ist nicht selten, Vertrauen erstmals zu entwickeln.

Sich beim anderen zu Hause fühlen

Ein weiteres zentrales Gefühl für gelingende Beziehung ist, sich »bei dem anderen zu Hause und beheimatet zu fühlen«.

Wenn Paare in die Beratung kommen, dann fehlt genau dieses Gefühl des Sich-zu-Hause-Fühlens, die Partnerschaft ist zu einem leeren und funktionalen Nebeneinanderher geworden oder aber beide beklagen eine wachsende Entfremdung. In Beratungen von Teams oder auch Einzelpersonen ist ebenfalls das Gefühl der Entfremdung, der Bezugslosigkeit oder des Widerstands gegenüber der Führungskraft oder auch dem System ein zentrales Symptom für die gestörte Beziehung.

Fühle ich mich also in einer Beziehung »fremd« und »leer«, »heimatlos« oder auch »rastlos« und habe das Gefühl des »Nicht Ankommens«, dann ist das ein Indiz dafür, dass die Beziehung, die ich führe, warum auch immer gestört ist. Die Störung kann hierbei sowohl in mir, in dem anderen oder in dem Wir begründet liegen.

Jede Beziehung, die wir führen, verlangt eine aktive Gestaltung und Zutun durch uns selbst. Vertrauen oder das Gefühl des Zuhauseseins – beides »fällt nicht von Himmel«. Damit beides entstehen und wachsen kann und unsere Beziehungen gelingen, brauchen wir den Dialog.

Für eine gelingende Beziehung – der Dialog

»Gelingende Beziehung entsteht durch Begegnung. Begegnung entsteht durch Dialog.«

Wir leben in einer Zeit, in der der Begriff des Dialogs allseits bekannt ist. Fast alle Bereiche fordern zum Dialog auf: ob die Politik, die Religionen, ob im interkulturellen Bereich – ob in der Familie und Partnerschaft, ob im beruflichen Feld zwischen Kollegen, Vorgesetzten, Kunden – der Dialog ist in aller Munde.

Wir brauchen mehr als nur die Forderung nach einem gelingenden Miteinander – wir brauchen das Wissen, was wir dafür benötigen.

Doch obwohl die Mehrheit den Willen dazu bekundet, kommen wir in vielen Bereichen nicht über die Ebene der Willensbekundung hinaus. Ein Dialog – gerade dort, wo die Verschiedenheit groß ist – erscheint immer unmöglicher.

Was ist die Ursache dafür, dass oftmals trotz vieler Bemühungen der Dialog nicht gelingt? Woran scheitern unsere Beziehungen so häufig und durch alle Bildungsschichten hindurch? Welche grundsätzlichen Aspekte haben wir möglicherweise außer Acht gelassen, ohne die Beziehung aber gar nicht gelingen kann?

»Ob wir im Dialog sind?«, fragte ein Mann während einer Coachingstunde über die Situation zu seiner Frau. »Sie meinen, ob wir miteinander reden?«

»Ob wir eine Dialogkultur haben?«, fragte ein Personalvorstand. »Ja, jeder kann seine Meinung sagen.«

Wenn ich mich bei meinen Klienten – ob in meiner Praxis oder in Unternehmen vor Ort – danach erkundige, ob sie sich im Dialog befinden, dann verstehen 95 Prozent die Frage so, ob sie miteinander sprechen. Das miteinander Sprechen ist natürlich ein wichtiger und grundlegender Aspekt, doch das allein reicht nicht aus.

Der Dialog sorgt für ein erfülltes Privat- und Berufsleben, für das innere Gleichgewicht und stärkt die psychische Widerstandskraft. Er ist Grundlage für die körperliche, emotionale und mentale Gesundheit und Voraussetzung für ein erfülltes und erfolgreiches Handeln. Der Dialog hilft uns, dem Leben zu begegnen und an ihm zu wachsen, anstatt an ihm zu scheitern oder sich in ihm zu verlieren.

Der Dialog wird als eine rein verbale Kommunikationsform verstanden, die sich auf das zwischenmenschliche Miteinander beschränkt. Dabei umfasst der Dialog weitaus mehr. Er beschreibt eine innere und äußere Haltung sich selbst, dem Umfeld und dem Leben gegenüber. »Im Dialog zu sein«, heißt, überall dort, wo Beziehung stattfindet, eine wesentliche Form der Begegnung zu leben.

Dies betrifft jede unserer Beziehungen: zu uns selbst, unsere privaten und beruflichen Beziehungen, unsere Beziehung zu unseren Gedanken, unseren Gefühlen und zu unserem Körper, zu dem, was wir tun, zu dem System, in dem wir uns befinden, und natürlich unsere Beziehung zum Leben an sich.

Die meisten, ob beruflich oder privat, leben Beziehung »einfach mal drauflos« und halten erst inne, wenn »es irgendwie nicht funktioniert«.

Was Sie jeden Tag im Allgemeinen und im Speziellen tun können und sollten, damit Sie in guter Beziehung zu sich selbst und anderen stehen, was im Dialog zu sein konkret bedeutet und welche verschiedenen Aspekte dafür alleine und gemeinsam erfüllt werden müssen – dies finden Sie nun im Folgenden Schritt für Schritt aufbereitet.

Selbstreflexion

Wie sich der Dialog anfühlt

Der Dialog ist keine rationale Begebenheit, sondern sowohl eine emotionale wie eine rationale Erfahrung. Getragen wird der Dialog durch das Gefühl, dass etwas »stattfindet«. Begegnung ist das Gefühl von Bewegung.

Das Dialogdreieck

Abb. 1: Der Dialog ist der wesentliche und gleichmäßige Austausch zwischen Ich und Du und einem daraus entstehenden Wir.

1. Dialogaspekt – das Gleichgewicht zwischen Ich, Du und Wir

Der erste wesentliche Aspekt gelingender Beziehung ist, dass jeder, der sich in dieser Beziehung befindet, gleichermaßen vorkommt.

Jeder Dialog zeichnet sich durch ein Gleichgewicht zwischen Ich, Du und Wir aus. Unabhängig davon, auf welcher Ebene wir Beziehung führen – damit unsere Beziehungen gelingen, brauchen wir diesen Dreiklang.

Ich komme in der Beziehung genauso vor wie du, du kommst genauso darin vor wie ich und das Gleiche gilt für unser Wir.

Dieses dialogische Gleichgewicht gilt für private wie für berufliche Beziehungen, für das eigene Handeln, für die Beziehung zu dem System, in dem wir leben oder arbeiten, wie für die Beziehung zu dem Leben an sich. Es ist entscheidend für das innere Gleichgewicht und eine starke Beziehung zu sich selbst (siehe das Kapitel »Der innere Dialog«).

Der erste wesentliche Aspekt des Dialogs ist, dass jede gelingende Beziehung aus Ich, Du und Wir besteht – und zwar zu gleichen Anteilen.

Jede berufliche Beziehung kann langfristig nur gelingen, wenn Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen gleichermaßen in ihrer gemeinsamen Beziehung stattfinden – auch wenn sich Inhalte, Rolle und Position unterscheiden.

Die Beziehung als solche fällt genauso ins Gewicht und bekommt dieselbe Aufmerksamkeit wie der individuelle Aspekt. So wird nicht nur die Frage danach gestellt, wer Ich oder Du in der Beziehung ist, was meine oder deine Bedürfnisse sind – sondern immer auch, was unser Wir braucht und welche Konsequenzen das individuelle Handeln für dieses hat.

Die Bedürfnisse richten sich nicht nur nach persönlichen Wünschen, sondern immer nach der Rolle und Aufgabe, die in dieser Beziehung zu erfüllen sind. Dafür muss die Aufgabe des Wir genauso definiert werden wie die Aufgabe der Einzelnen. Was brauche ich, um meiner Rolle (wie mir selbst) gerecht zu werden? Was brauchst du dafür? Was braucht unser Wir? Diese Aspekte in ein Gleichgewicht zu bringen, macht gelingende und erfüllte Beziehung im beruflichen Bereich aus. Werden sie von Beginn des Miteinanders an rechtzeitig besprochen und beachtet, gelingt diese wichtige Balance und der Weg für eine gelingende Beziehung ist geebnet.

Wenn ich erschöpfte Teams berate oder für eine Konfliktmoderation angefragt werde, dann fehlt das dialogische Gleichgewicht durchweg. In vielen Fällen war es nie vorhanden, es wurde vergessen, von Beginn an gemeinsam ein Miteinander zu definieren, und die Betroffenen haben sich vor diesem Hintergrund aneinander oder miteinander erschöpft.

Das dialogische Gleichgewicht gilt ebenfalls für unsere privaten Beziehungen, unsere Familie, Partnerschaft und Freundschaften. Auch hier kommen das Ich, das Du und das Wir zu gleichen Anteilen vor. Wer bin ich in unserer Beziehung? Was sind meine Bedürfnisse, Wünsche, Grenzen, Verantwortungen; was ist meine mögliche Rolle und Aufgabe für unsere Beziehung? Wer bist du in unserer Beziehung? Was sind deine Wünsche, deine Bedürfnisse, deine Grenzen; was ist deine mögliche Rolle und Verantwortung? Worin besteht unser Wir? Welche Pflege, welche Aufmerksamkeit, wie viel Raum braucht es, damit es bestehen bleibt und wächst?

Gerade in Partnerschaften, wo es um Familienplanung und -gründung geht, sind solche Fragen von Beginn an klar zu beantworten. Hier gibt es zum Beispiel drei unterschiedliche »Wir« – das partnerschaftliche Wir, das elterliche Wir und das familiäre Wir. Was braucht unsere Partnerschaft? Was braucht unsere Elternschaft? Was braucht unser familiäres Wir? Die Suche nach Antworten ist immer verbunden mit der Frage, was ich und du in diesen drei Bereichen brauchen, damit das Wir erhalten bleibt und wachsen kann. Erschöpfung und Scheitern finden vor allem deswegen statt, weil diese Fragen nicht gestellt werden und die Betroffenen immer mehr zu Einzelkämpfern werden, die am Ende genauso vergeblich um ein Wir ringen wie um das eigene Ich.

Gleiches gilt für unser Handeln. Wir können langfristig nur dann erfolgreich sein und gesund bleiben, wenn wir auch hier für das dialogische Gleichgewicht sorgen. Dieses besteht zwischen mir, dem Handelnden, der Sache, die ich tue, und dem sich daraus ergebenden Wir. Das heißt, ich selbst komme genauso in meinem Handeln vor wie die Sache, die ich tue, und das Wir, das sich daraus ergibt. Dass sich so viele Menschen in ihrem Leben erschöpfen oder scheitern, liegt unter anderem daran, dass ihnen diese Fähigkeit des dialogischen Handelns fehlt. So besteht die Gefahr, dass sie sich in der Sache verlieren, in ihr aufgehen und »alles geben« – um sich dann nach diesem fulminanten Start in einer inneren Leere und Erschöpfung wiederzufinden. Und es gilt auch das Gegenteil: Fehlt die Sache in meinem Handeln und konzentriert sich mein Handeln auf mich, bleibt der Erfolg aus und mein Handeln verliert an Gesundheit.

Wir vergessen häufig, dass der Dialog natürlich auch für das gilt, was wir tun – ob in unserer Freizeit oder in unserem Beruf. Genauso wie es notwendig ist, mit dem Leben und den Lebenssituationen im Dialog zu bleiben.

Systeme, in denen wir leben – ob staatliche, private oder das berufliche System, zum Beispiel das Unternehmen, in dem wir arbeiten –, können genauso wie diejenigen, die sich in ihnen befinden, nur gesund bleiben, wenn auch hier das dialogische Gleichgewicht gegeben ist. Auch hier gilt die Frage: Wer bin ich und was sind meine wesentlichen Bedürfnisse, Grenzen, Aufgaben; was ist meine Rolle, meine Verantwortung? Welche Notwendigkeiten besitzt das System, was ist seine Verantwortung, Aufgabe, Grenze? Dieselben Fragen gelten für das Wir. Unternehmen, Gesundheitssysteme, Wirtschaftssysteme oder gesellschaftspolitische Systeme erschöpfen sich unter anderem deswegen, weil dieses Gleichgewicht fehlt.

Beziehung findet nicht im Kopf statt, sondern ist ein intuitiver Prozess.

Die Frage nach einem erfüllten Leben lässt sich nur im Dialog beantworten. Wenn ich bereit bin, dem Leben und meinem Leben zu begegnen und darin mir selbst. Wer bin ich in meinem Leben und wer bin ich im grundsätzlichen Leben? Was sind meine Bedürfnisse? Meine Rolle und Verantwortung, Grenzen und Aufgaben? Welche Anforderungen stellt das Leben an mich persönlich und grundsätzlich, was sind seine Grenzen, seine wesentlichen und notwendigen Aspekte – grundsätzlich und im Speziellen für mich persönlich? Was braucht es für ein Wir – zwischen mir und dem Leben?

Für ein dialogisches Gleichgewicht mit dem Leben zu sorgen, ist Grundlage für Resilienz; nur so gelingt es uns, mit dem Leben zu gehen, an ihm und mit ihm zu wachsen, anstatt zu kämpfen, stehen zu bleiben und uns zu erschöpfen. Im Kapitel »Im Dialog mit dem Leben« wird weiter darauf eingegangen, was dies im Einzelnen bedeutet.

Wir

Viele Beziehungen scheitern bereits an dem Spannungsfeld zwischen Ich, Du und Wir und der Unmöglichkeit, hier das dialogische Gleichgewicht herzustellen.

So wird in der Beratung von Paaren oder von beruflichen Beziehungen deutlich, dass die Beziehung häufig an dem fehlenden Blick für das Wir scheitert. Die Betroffenen wollen zwar die Gemeinschaft, bleiben aber auf der Ebene des Ich und Du und fordern auf dieser Grundlage vergeblich das Miteinander. In häufig endlosen Diskussionen, emotionalen Kämpfen, vielen Bemühungen wird um das Wir gerungen – entweder wird gegenseitig verlangt, dass der andere sich doch zu bewegen hätte, während man selbst auf der Position des Ichs verharrt, oder der eine investiert in die Beziehung, während der andere wartet.

»Der Neue muss erst mal in Vorleistung gehen«, »Wenn mein Mann mich endlich sehen würde, dann wäre ich auch bereit, etwas zu tun«, »Wenn meine Kollegin sich nicht bewegt, warum sollte ich es dann tun?« sind verschiedene Aussagen, in denen der andere vergeblich zum Wir aufgefordert wird – ohne zu erkennen, dass dieses nie durch einen allein entsteht.

Sich das Wir immer wieder als eigenen Aspekt zu verdeutlichen, ist oft ein entscheidender erster Schritt in Richtung einer gelingenden Beziehung. Dafür muss jedoch jeder Einzelne seinen Blick erweitern und seine individuelle Ebene verlassen.

Die Bereitschaft, dies zu tun, entsteht erst in dem Moment, in dem ich erkenne, dass das dialogische Wir immer mehr ist als nur das Ich.

Weder ich alleine noch du für dich können das erreichen, was gemeinsam zu bewirken möglich ist. So bleiben die Beziehungen, in denen die Beziehungspartner im Ich und Du verharren, am Ende leblos, leer und stehen still.

Das Wir beschreibt die Beziehung an sich. Es beinhaltet die jeweiligen Beziehungspartner zu gleichen Anteilen, das sich daraus ergebende Miteinander und ist ein eigenständiger Aspekt, der genauso anzuerkennen und zu pflegen ist wie der Aspekt der Individualität. So wie ich mir Zeit für mich selbst nehme und mich selbst im Blick habe, so gilt es, sich Zeit für das Wir zu nehmen.

Jede Beziehung kann erst dann zum Leben erweckt werden, ihre größte Kraft und Kreativität entfalten, wenn sich die Beziehungspartner auf der Ebene des Wir wiederfinden. Wachstum und Leben entstehen durch Begegnung.

Damit dies gelingt, muss die Beziehung genauso gepflegt werden wie der Aspekt der Individualität. So wie ich mir Zeit für mich selbst nehme und mich selbst im Blick habe, gilt es, sich auch die Zeit für die Beziehung zu nehmen und aktiv die Frage zu stellen, was unsere Beziehung braucht. Das tue ich für mich allein und gemeinsam mit meinem Partner/meinen Partnern.

In vielen Beziehungen bleibt es beim sporadischen Wir. Ob in Teambuilding-Maßnahmen, in denen das Wir einmal im Jahr gefördert wird, oder in Partnerschaften, in denen versucht wird, dies durch Urlaube zu retten oder am Leben zu erhalten. Das Wir bleibt ein Event und der Alltag beim Ich und bzw. oder Du.

Erst wenn wir im täglichen Miteinander – ob in der Familie, unserer Partnerschaft, Freundschaft oder in unserem Beruf – bewusst unser Miteinander pflegen, finden wir auch zu einem wirklichen Miteinander.

ÜBUNG

Eine Beziehungsbestandsaufnahme

Reflektieren Sie Ihre Beziehungen unter dem Aspekt des dialogischen Gleichgewichts. Haben Sie das Wir als einen eigenständigen Aspekt im Blick?

Stellen Sie sich regelmäßig die Frage nach Ihrem Miteinander. Wie steht es darum? Was braucht Ihre jeweilige – private und berufliche – gemeinsame Beziehung, damit sie weiter trägt, erfüllt und erfolgreich ist?

Kümmern Sie sich aktiv um das Wir.

Sie werden erkennen, dass nicht immer das, was für ein Wir gut wäre, auch für den Einzelnen gut ist. Genauso wie es nicht immer für das Wir zuträglich ist, was der Einzelne benötigt. Diesen drei Aspekten zu begegnen und darin ein Gleichgewicht herzustellen, das erfordert und beschreibt den Dialog. Denken Sie daran: Das dialogische Gleichgewicht ist kein starres Phänomen, sondern ein aktiver Prozess, der jeden Tag stattfindet, indem er aktiv von allen Beteiligten gelebt wird.

ÜBUNG

Wir-Liste

Erstellen Sie eine Liste mit Ihrem Partner oder Ihrem Team – beantworten Sie gemeinsam, was Sie brauchen, um das Wir zu pflegen: Was benötigt Ihr gemeinsames Wir?

Ich, Ich und noch mal Ich!

»Ich kann nicht verstehen, warum meine Mitarbeiter diese negative Bewertung abgegeben haben«, sagte ein frustrierter Vorstand, nachdem er die Ergebnisse eines 360-Grad-Feedbacks erhalten hatte. »Mir vorzuwerfen, dass ich meine Leute nicht im Blick hätte. Ich habe immer Wert darauf gelegt, dass wir ein starkes Team sind, das Wir stand für mich an erster Stelle. Dass ich weiß, was für das Wir richtig ist, ist mein Job, genauso wie die Leute dorthin zu führen.«

»Meinem Vater war die Familie immer wichtig«, erzählte eine Frau. »Wenn er nach Hause kam, dann war es die Aufgabe von meiner Mutter und uns Kindern herauszufinden, was er wollte. Er hatte klare Vorstellungen vom Miteinander – allerdings kam kein anderer in seiner Vorstellung vor als er selbst.«

Ob beruflich oder privat, ob im Verhältnis zu dem System, in dem wir uns befinden, aber auch im Verhältnis zu dem, was wir tun – wenn Beziehungen scheitern, dann scheitern sie meist am Ich. »Mein Mann sieht mich nicht in meinen Bedürfnissen«, »Mein Chef sieht nur seine Ziele«, »Meine Kollegin macht, was sie will«, »In diesem System/Unternehmen ist es nicht möglich, gesund zu bleiben, hier existieren nur Zahlen – keine Menschen«, das sind einige Aussagen in Beziehungen, in denen das Ich dominiert und das Du und das Wir fehlen. Es spielt keine Rolle, wer der andere ist, ebenso wenig wie das Miteinander von Bedeutung ist. Alles wird allein unter folgendem Gesichtspunkt betrachtet: Was kannst du für mich tun? Wie kann ich von dem Wir profitieren?

Die meisten Dialoge scheitern an dem fehlenden Du und Wir – oder umgekehrt an der Selbstzentriertheit des Ichs.

In diesen Beziehungen wird das Ich zum Zentrum der Beziehung und das Du und Wir werden zu seiner Funktion. Das Ich setzt sich hier zum Maßstab und wird zum Synonym für das Miteinander wie für den Beziehungspartner. Das äußert sich unter anderem darin, dass die Betroffenen sich selbst meinen, wenn sie vom Du oder vom Wir sprechen. Die Ich-Dominanz – vor allem, wenn sie stark ausgeprägt ist – verunmöglicht jeden Dialog, lässt jede Beziehung ins Leere laufen und zumindest den anderen Beziehungspartner, nicht selten jedoch am Ende auch das eigene Ich sich selbst erschöpfen.

Immer nur Du und Wir

Wenn in den Seminaren die Ich-Dominanz thematisiert wird, gibt es immer wieder die Reaktion von Teilnehmer/innen, die antworten: »Auf mich trifft das nicht zu. Ich gestalte meine Beziehungen genau gegenteilig.« Vielleicht gehören Sie auch zu denjenigen, die jetzt innehalten und mir antworten würden, dass Sie in Ihrer Beziehungsgestaltung »das Gegenteil« sind. Dass Sie, wie sehr viele meiner Klienten, die aufgrund eines Burnouts in die Praxis kommen, sich viel mehr Gedanken um den anderen machen würden.

»Ich selbst stehe ganz hinten in der Schlange des Lebens«, sagte eine Frau kürzlich während eines Seminars. »Ich kümmere mich ständig um meinen Mann und die Familie – deren Wohlergehen steht für mich an erster Stelle.«

»Die Arbeit hat oberste Priorität, erst wenn alles erledigt ist, bin ich dran«, so ein weiterer Klient.

»Ich komme an letzter Stelle, der andere ist wichtiger.« Das ist ein ganz häufiges Zitat von Burnout-Betroffenen, die sich in ihren Beziehungen erschöpft haben.

Damit unsere Beziehungen gelingen und wir uns nicht verlieren, brauchen wir das Gleichgewicht zwischen Ich, Du und Wir. Dialog bedeutet, dass ich nur zu einem Drittel in der Beziehung stattfinde.

Fragt man die Betroffenen jedoch, was der Grund für das Zurückstellen der eigenen Person ist, kommen folgende Antworten: »Mir geht es erst gut, wenn es dem anderen gut geht.« Oder: »Ich kann erst zufrieden sein, wenn alle anderen zufrieden sind.«

Das, was auf den ersten Blick nach Kümmern oder sozialer Ader aussieht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als – meist unbewusster – Selbstzweck. Hier macht das Ich zwar den anderen und das Miteinander zum Zentrum, aber nur, weil das eigene Zentrum fehlt.

Die Betroffenen suchen ihren eigenen fehlenden Halt und Maßstab im anderen und im Miteinander und funktionalisieren so die Beziehung für das fehlende Ich.

Wie bei der Ich-Dominanz werden auch hier das Du und das Wir zum Synonym für das eigene Ich – nur spiegelverkehrt. Auch hier ist ein Dialog nicht möglich, die Beziehung bleibt im Ich respektive im Du blockiert.

ÜBUNG

Regelmäßiger Beziehungscheckup

Beziehung findet nicht rational, sondern intuitiv statt. Das Ziel ist, dass gelingende Beziehung für Sie zu einer selbstverständlichen Sprache wird, die Sie sprechen, ohne über die einzelnen Worte nachzudenken. Je früher wir eine Sprache lernen, umso selbstverständlicher ist sie für uns. Aber auch im fortgeschrittenen Alter können wir neue Sprachen lernen. Für beides gilt: Je häufiger wir sie sprechen, umso fließender werden wir sie beherrschen.

Beginnen Sie, den Dialog so häufig wie möglich zu »sprechen«. Machen Sie ein regelmäßiges »Check-up« Ihrer Beziehungen, indem Sie sich im Alltag immer wieder die ersten Fragen nach dem dialogischen Gleichgewicht stellen: Komme ich in unserer Beziehung genauso vor wie du? Kommst du genauso vor wie ich und gibt es ein Wir? Gibt es das Gleichgewicht in meinen Beziehungen, beruflich wie privat? Gibt es das Gleichgewicht in dem, was ich tue?

Wiederholen Sie diesen »Check-up« sowohl für Ihre beruflichen wie privaten Beziehungen – einschließlich bei dem, was Sie tun – so oft, bis Sie nicht mehr über die Antwort nachdenken müssen, sondern die Antwort fühlen. Sie fühlen, ob das dialogische Gleichgewicht gegeben ist. Das heißt: Sie fühlen sich selbst, die Position des Ichs, nehmen den anderen (Person/Sache) wahr, die Position des Du und fühlen auch das Wir.

2. Dialogaspekt – Funktionalität verhindert Begegnung

Es ist immer die Frage, auf welcher Ebene wir Beziehung leben wollen. Wesentliche Erfüllung und Weiterentwicklung finden wir nur, wenn wir uns für eine wesentliche Begegnung entscheiden.

»Wenn ich es rückblickend betrachte«, sagte ein 35-jähriger Mann, »dann habe ich sowohl in meinen beruflichen Beziehungen wie in meiner Partnerschaft vor allem deswegen immer alles für die anderen getan, weil ich geliebt werden wollte. Beruflich habe ich mich immer vor meine beiden Partner gestellt und den Kopf für sie hingehalten – selbst dort, wo die beiden die Verantwortung hatten oder hätten übernehmen müssen. Das Gleiche habe ich für meine Freundin getan. Ich habe mich um sie gekümmert, immer wieder versucht, sie glücklich zu machen, damit wir glücklich werden – jahrelang habe ich ihre emotionale Kälte kompensiert. Und jetzt stehe ich hier – völlig ausgelaugt und erschöpft. Ich fühle mich wie ein alter Mann.«