Die Kuhlengräber - Klaus-Dieter Budde - E-Book

Die Kuhlengräber E-Book

Klaus-Dieter Budde

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Beschreibung

Das Stader Ermittlerteam um Kriminalhauptkommissar Heino Kleinemeier hat es diesmal mit einem stichhaltigen Mord an einem aufstrebenden Jungunternehmer zu tun. In einem Milieu aus Gier, Hass und falsch verstandener Bruderliebe ist es zunächst schwer für das Ermittlerteam die Motivlage zu erfassen. Eine kleine Spinne aus dem Australischen Outback bringt schließlich etwas Licht in den Fall. Doch dann folgt ein zweiter Mord und bringt die Ermittler in die Bedrouillie. Es folgen Recherchen in den verschiedensten Gesellschaftsschichten, vom Großreeder bis hin zum Bestattungsunternehmer gerät jeder unter Verdacht. Erst der Ehrgeiz einer Laborassistentin bringt sie einen deutlichen Schritt weiter..

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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Buchbeschreibung:

Das Stader Ermittlerteam um Kriminalhauptkommissar Heino Kleinemeier hat es diesmal mit einem stichhaltigen Mord an einem aufstrebenden Jungunternehmer zu tun. In einem Milieu aus Gier, Hass und falsch verstandener Bruderliebe ist es zunächst schwer für das Ermittlerteam die Motivlage zu erfassen. Eine kleine Spinne aus dem Australischen Outback bringt schließlich etwas Licht in den Fall. Doch dann folgt ein zweiter Mord und bringt die Ermittler in die Bedrouillie. Es folgen Recherchen in den verschiedensten Gesellschaftsschichten, vom Großreeder bis hin zum Bestattungsunternehmer gerät jeder unter Verdacht. Erst der Ehrgeiz einer Laborassistentin bringt sie einen deutlichen Schritt weiter..

Über den Autor:

Klaus-Dieter Budde, Jahrgang 1956, lebt im niedersächsischen Landkreis Stade. Die Stader Geest ist dem gebürtigen Ostwestfahlen ans Herz gewachsen. Die Kuhlengräber ist sein dritter Kriminalroman vom Stader Ermittlerteam um Kriminalhauptkommissar Heino Kleinemeier. Budde der bereits als jugendlicher Kurzgeschichten schrieb, entschied sich, nach Abschluss seiner beruflichen Laufbahn, die Schreibarbeit wieder aufzunehmen. Mit seiner Affinität zur Region und der Ortskundigen Erzählweise, erobert er in kurzer Zeit seine Fangemeinde. Budde ist begeisterter Wanderer. Der Schutz der Umwelt, das Tierwohl sowie Nachhaltigkeit im täglichen Leben sind für ihn ein Selbstverständnis.

Dieses ist ein Roman, also eine erfundene Geschichte. Die Handlung und sämtliche Personen des Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit einer lebenden oder verstorbenen Person ist zufällig.

*

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 1

Im Bestattungsinstitut Gräber geht alles seinen Gang. Der Bestatter Hagen Gräber bugsiert den Körper des Toten auf den Waschtisch und entkleidet die Leiche. Ein Verkehrsunfall hat ihnen den Leichnam beschert. Ein Motorradfahrer, der von einem Traktorfahrer übersehen wurde. Sah nicht schön aus an der Unfallstelle, als sie das Unfallopfer abholten, das einen Genickbruch davongetragen hat.

Hagen ergreift eine stattliche Schere und trennt die Lederbekleidung vom Körper. Hier macht er nicht groß Federlesen, wenn die Angehörigen nicht darauf bestehen, die Klamotten zu erhalten, zerschneidet er die Bekleidung.

Das erleichtert das entkleiden. Im Hintergrund spielt James Last dezent Tanzmusik vom Plattenteller. Hagen ist ein geachteter Fan des klassischen Standarttanzes und hört sich bei der Arbeit ab und zu Tanzmusik an.

Im Ergebnis hat er die Lederkombi entfernt. Was die Leute so alles als Unterwäsche tragen, verwundert ihn nicht mehr. Der Herr den er zurzeit auf dem Tisch liegen hat bevorzugte Damenunterwäsche, wie es aussieht. Diese ist rasch entfernt und in der am Tisch stehenden Tonne entsorgt.

Hagen beginnt mit der eigentlichen Körperreinigung. Das ist keine feine Sache und nichts für Sensibelchen, gleichwohl ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit eines Bestatters. Sorgfältig geht er seiner Verrichtung nach, nachdem er den Leichnam gereinigt hat, trocknet er diesen sorgsam ab und desinfiziert ihn. Dabei massiert er den Körper gezielt, um die Leichenstarre zu lösen, damit er später den Biker in die finale Position bringen kann. Im Folgenden reinigt er die Körperöffnungen, um den Flüssigkeitsaustausch vornehmen zu können.

Es ist der Wunsch der Angehörigen, das Unfallopfer in einem offenen Sarg zu präsentieren, damit die Biker Kumpels sich verabschieden können. Hierzu ist es erforderlich, dass der Tote einbalsamiert wird. Gegenwärtig lässt er mit einer besonderen Pumpe die Körperflüssigkeit ab und ersetzt sie durch eine spezielle Einbalsamierungsflüssigkeit. Alle Hohlorgane werden dabei berücksichtigt. Zum Abschluss verschließt er die Körperöffnungen, um ein Entweichen der Flüssigkeit zu verhindern. Im weiteren Verlauf wird der Mund geschlossen, hierzu verwendet Hagen einen Kleber. Um einen schlafenden Eindruck zu erwecken, fixiert er die Augenlider mit speziellen Kunststoffkappen.

Das Telefon klingelt, Hagen schiebt den Leichnam vorerst wieder in die Kühlung. Am Nachmittag muss der Biker zusätzlich geschminkt werden, da er im offenen Sarg aufgebahrt wird.

«Bestattungsinstitut Gräber, Hagen Gräber!», meldet er sich und macht sich ein paar Notizen.

«Ja da kommen Sie am besten heute Nachmittag vorbei und ich fertige Ihnen eine Darlegung für die weitere Vorgehensweise.» Hagen schreibt sich einen Namen auf und notierte 15:00 Uhr dahinter.

Fröhlich, den Namen habe ich schon mal gehört, grient er und begibt sich in die Umkleide.

Nachdem er geduscht hat, verschließt er sorgfältig das Bestattungsinstitut und fährt mit dem Rad in die Stadt, um in der „Messerschmiede“ mittagzuessen.

«Na bist spät dran heute», begrüßt ihn sein Bruder Benno, der am Vormittag einen Kunden aus Ottenbeck abgeholt hat.

«Wo hast du denn wieder geparkt?», fragt Hagen neugierig.

«Der Wagen steht unten am Hafen, ist ja keine Bruthitze heute, da geht das.»

Benno Gräber ist der Ältere der beiden. Mit fünfunddreißig ist er ein Jahr älter wie sein Bruder. Das Bestattungsgeschäft führen sie gleichberechtigt seit dem Tod ihrer Eltern, die früh verstorben sind. Das Geschäft mit dem Tod funktioniert manierlich, im Übrigen, haben die Brüder einen anständigen Ruf in der Branche.

«War was Besonderes?»

«Nee, hab den Biker bald fertig und ansonsten habe ich heute Nachmittag um 15:00 Uhr ein Beratungsgespräch für dich angenommen. Eine Familie Fröhlich, da ist der Ehemann verstorben», berichtet Hagen seinem Bruder.

Bevor Benno nachfragen kann, bringt die Bedienung das Essen. Schweigsam verzehren sie ihre Portionen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hagen ist überzeugter Vegetarier im Gegensatz zu seinem Bruder, der die Fleischgerichte über alles liebt. Beim abschließenden Espresso hakt Benno nach.

«Ein Natürlicher tot oder wieder ein Unfallopfer?»

«Natürlicher tot, im Elbeklinikum verstorben», antwortet Hagen.

Gemeinsam verlassen sie das Restaurant und begeben sich getrennt auf den Weg zum Bestattungsinstitut.

*

Hagen widmet sich wieder dem Biker, der angekleidet und geschminkt wird. Währenddessen verbringt Benno den neuen Kunden in den Kühlraum. Eine Fundsache, die er von der Rechtsmedizin abgeholt hat. Der Kunde erhält ein Armenbegräbnis, da keine Angehörigen ermittelt wurden.

Diesen verstorbenen gewähren die Brüder ein anständiges Begräbnis, ihrer Überzeugung nach hat das jeder Mensch ohne Ansehen der Person verdient.

Gegen fünfzehn Uhr fährt ein Wagen vor. Benno Gräber schaut erstaunt auf, der Jaguar Limousine entsteigt eine gepflegte Dame mittleren Alters mit tizianroten Haaren, auf denen sie einen dunkelgrünen modischen Hut drapiert hat. Benno Gräber wetzt zur Tür und empfängt die Dame, die sich im Verlauf der Begrüßung als Gonda Fröhlich vorstellt, und bietet ihr einen Platz in der modernen Ledersitzgruppe in seinem Ausstellungsraum an.

«Zuerst spreche ich Ihnen mein Beileid aus», eröffnet Benno das Gespräch mit Gonda Fröhlich.

«Danke, ebenso dafür, dass ich kurzfristig vorbeischauen darf», sagt Gonda Fröhlich, die ihre Sonnenbrille abgesetzt hat.

Man sieht ihr die Trauer um ihren Ehepartner an, ihre Augen sind tränengerötet.

«Ich denke, ich zeige Ihnen zuerst, was wir im Angebot haben, bevor wir uns den Formalitäten widmen.»

«Ja das ist eine ausgezeichnete Idee», sagt Witwe Fröhlich und gibt sich der Führung durch den Ausstellungsraum hin. Benno Gräber zeigt ihr, nachdem sie ihm erklärt hat das sie eine Erdbestattung favorisiert, eine beträchtliche Anzahl von auserlesenen Särgen. Gonda Fröhlich entscheidet sich ohne Umstände für Eiche rustikal. Dunkel gebeizt, mit Wulst und geschnitzten Ornamenten.

«Möchten Sie die Beschläge in Blech oder eher in Messing angefertigt haben?»

«Komplett in Messing!», legte sich die Dame fest. Nachdem sie den Totenschein ausgehändigt hat, verspricht Benno Gräber, den Leichnam heute im Laufe des Tages aus dem Elbeklinikum abzuholen. Daraufhin setzen sie einen Bestattungsvertrag auf, in dem alles geregelt ist, was eine hochwertige Beerdigung ausmacht.

«Da haben wir alles beisammen Frau Fröhlich. Ich verspreche Ihnen eine reibungslose Beisetzung. Wenn Sie Details nachreichen möchten, bis einen Tag vor der Bestattung ist alles denkbar», sagt Benno Gräber und geleitete die Kundin bis zu ihrem Jaguar.

Erkennbar geschafft steigt Gonda Fröhlich ein und verabschiedet sich mit der Andeutung eines Lächelns.

*

Benno begibt sich in die hinteren Räume, um seinem Bruder bei der Vorbereitung des Bikers zu unterstützen. Mit vereinten Kräften sind sie zeitnah fertig. Der Biker liegt bekleidet mit seiner Kutte und einer Black-Nugget-Bandana auf dem Kopf im offenen Sarg. Hagen setzt ihm eine Sonnenbrille auf, daraufhin fahren sie gemeinsam das Erdmöbel auf einem Rollwagen zum Leichenwagen, um ihn zur Aufbahrung in die Friedhofskapelle nach Hüll zu chauffieren.

«Im Anschluss fahren wir ins Elbeklinikum, um diesen Fröhlich abzuholen», erklärt Benno seinem Bruder auf dem Weg nach Hüll.

Hagen nickt bestätigend, er vertraut seinem Geschwister, dass der bessere Planer ist. Dafür hat er eine höherwertige Ausbildung im Bestattungswesen. Sie ergänzen sich nutzwertig im Betrieb.

Am Friedhof in Hüll setzt er den Wagen rückwärts vor die Kapelle und gemeinsam bahren sie den Leichnam auf. Die vorab bestellten Kränze und den Blumenschmuck drapieren sie um den Aufgebahrten, sodass sich seine Biker Freunde angemessen verabschieden können. Später fahren sie zum Elbeklinikum nach Stade, um ihren Kunden abzuholen. Die Klinik ist benachrichtigt und übergibt den Leichnam nach Kontrolle des vorgelegten Bestattervertrages verzugslos an die Bestatter.

«Herzversagen!», stellt Hagen nach Durchsicht der beigefügten Unterlagen fest.

«In dem alter? Der muss ungesund gelebt haben, denn normal ist das nicht!», antwortet Benno. «Sachen gibts.»

Hagen macht sich seit Langem keinen Kopf mehr, warum die Kunden verstorben sind. Da ist sein Bruder voller Entdeckerfreude und fragt oft nach. Benno hat darüber hinaus dereinst bei einem Kunden Anzeichen einer Erstickung festgestellt und dass der Polizei gemeldet. Im Ergebnis hat man im Nachhinein ermittelt, dass der Kunde mit einem Kissen erstickt wurde. Da kam ein bemerkenswertes Dankeschön von der rechtsmedizinischen Abteilung. Die Angehörigen waren derzeit nicht amüsiert, da sich die Erbfolge durch das Tötungsdelikt beachtlich verändert hatte.

Hagen grinst, wie er an die Presseberichte denkt, war eine verdammt erfreuliche Werbung.

«Was grinst du denn?», fragt Benno erstaunt.

«Ach, bloß so», sagt Hagen rasch und fährt auf den Hof des Bestattungsinstitutes.

Gemeinsam verbringen sie den Kunden in den Kühlraum, anschließend ist Feierabend und jeder der Brüder begibt sich in seine Wohnung, die sich direkt über dem Institut befinden.

Benno denkt am Abend lange über den gemeinsamen Betrieb nach. Was er und Hagen da im Laufe der letzten Jahre geschaffen haben, ist enorm. Nach dem Tod der Eltern haben sie ordentlich investiert. Ein neues Gebäude mit zwei Wohneinheiten im Obergeschoss sowie Räumlichkeiten für die Aufbereitung der Toten und einem Durchgang zum vorhandenen Trauerhaus mit Abschiedsräumen, wo sich die Angehörigen von ihren liebsten verabschieden. Ebenso einen neu gestalteten Ausstellungsraum mit vielfältigem Angebot, vom Edelsarg bis zur biologisch abbaubaren Urne haben sie alles im Kaufangebot. Eine behagliche Beratungsinsel mit familiärem Flair dominiert die Ausstellungshalle. Büro und Umkleide- sowie Duschräume runden das Bild eines modernen Bestattungsinstitutes ab. Eine Bürokraft und zwei Hilfskräfte gehören ebenfalls zur Belegschaft. Sie haben vollumfänglich im Sinne ihrer Eltern den Betrieb hergerichtet, um ihn in vierter Generation weiterzuführen.

«Das war ein Kraftakt damals», seufzt Benno, zum gegenwärtigen Zeitpunkt schreiben sie schwarze Zahlen und sind zufrieden mit sich und dem Betrieb.

Kapitel 2

Zwei Tage später, Hagen beschäftigt sich mit der «Fundsache».

Er bereitet den Leichnam für die Einsargung vor, gewaschen und desinfiziert hat er ihn am Vortag, gegenwärtig kleidet er ihn an. Da es sich um ein Armenbegräbnis handelt, ist hier lediglich ein Totenhemd vorgesehen. Hagen hat selbstlos einen gut erhaltenen schwarzen Anzug, aus dem second-hand beschafft, und staffiert den armen Toten damit aus.

Das ist seine Art, den Respekt vor dem Verstorbenen zu bewahren.

Sein Bruder Benno hat den Fröhlich auf dem Tisch liegen. Er ist soeben mit den Reinigungs- und Balsamierungsarbeiten fertig und macht sich an die Detailarbeit. Da Bertram Fröhlich im offenen Sarg aufgebahrt wird, sind eine Reihe von kosmetischen Details zu erledigen.

Zuerst bringt er den gepflegten Vollbart wieder in Form und rasiert die Konturen frisch aus. Hier gibt es ja den Mythos das bei Toten die Nägel und der Bart geraume Zeit weiterwachsen.

Das sieht durchaus so aus, hängt jedoch mit der Dehydration des Körpers zusammen. Durch den Flüssigkeitsverlust ziehen sich die Nagelhaut sowie die Haut im Gesicht zurück, Haare und Fingernägel erscheinen länger.

Nachdem das Gesicht, das einen makellosen gepflegten Teint aufweist, geschminkt und der Bart gebürstet ist, widmet Benno sich den Nägeln. Inmitten in seiner Arbeit hält er jählings inne.

«Hagen, komm bitte zu mir und schau dir das an!», bittet er seinen Bruder zu sich.

«Was haste denn?», fragt Hagen und schaut seinem Bruder über die Schulter.

«Hier schau, das ist ein Einstich direkt unter dem Nagel des Mittelfingers!», sagt Benno und deutet auf den Stich.

«Fürwahr, das ist merkwürdig! Hast du die Körperflüssigkeiten separiert oder bereits entsorgt?»

«Nee habe ich separat», antwortet Benno, er greift zu seinem Mobiltelefon und benachrichtigt die Kriminalpolizei in Stade.

Bevor die Polizei kommt, entnimmt er der gesicherten Körperflüssigkeit zwei Proben, die er versiegelt und im Kühlschrank deponiert. Danach setzt er sich mit seinem Bruder vor die Tür auf eine Gartenbank und sie rauchen eine Zigarette.

«Moin, moin», begrüßt sie Kriminalkommissar Manuel Pieper, der mit Kriminalkommissar Jörg Merkens das Foyer des Bestattungsinstitutes betreten hat.

«Moin, ein bekanntes Gesicht», begrüßt Benno die Kriminalen und deutet auf Jörg. Dieser schaut leicht verwirrt und sieht den Bestatter fragend an.

«Erinnern Sie sich, die erstickte Leiche vor zwei Jahren?»

Jetzt klingelt es bei Jörg, das war einer seiner ersten Mordermittlungen in Stade.

«Ja logisch, langsam kommt die Erinnerung zurück.»

«Sie haben sich zu Ihrem Vorteil verändert! Damals habe ich Sie zuerst nicht als Kommissar wahrgenommen.»

Manuel Pieper grinst sich eins.

Der Bestatter hat recht. Jörg Merkens trägt seit seiner Liaison mit Andrea Wilbau gepflegte Anzüge mit Weste und saubere Lederschuhe. Den Lotterlook mit Cordhosen und Holzfällerhemd hat Andrea ihm geschwind abgewöhnt.

«Ja man tut sein Bestes!» Kommentiert Jörg die Anspielung auf sein Outfit. «Sie haben den Verdacht das, bei einem ihrer Toten, was nicht stimmt?» Wird er wieder dienstlich.

Der Bestatter bittet sie nach hinten in die Vorbereitungsräume. Dort liegen zwei Leichen auf den Arbeitsplätzen zur Vorbereitung für die Beisetzung.

«Schauen Sie hier!» Beugt sich Benno Gräber über einen der Leichname.

Kriminalkommissar Manuel Pieper schaut mit einem Vergrößerungsglas, das ihm der Totengräber gereicht hat genauer hin und bestätigt die Vermutung des Bestatters.

Desgleichen nickt Jörg Merkens, nachdem er nachgeschaut hat.

«Ok, ich rufe die Rechtsmedizin», sagt er und schreitet vor die Tür, um zu telefonieren.

Währenddessen sichert Manuel den Arbeitsplatz ab. Benno Gräber stellt einen Edelstahlbehälter neben den aufgebahrten Leichnam. Auf den fragenden Blick des Kommissars erklärt er, dass es sich um die Körperflüssigkeiten des Toten handelt.

«Wie jetzt?», sagt Manuel und schaut den Bestatter fragend an.

«Der Tote ist komplett einbalsamiert, dafür habe ich zuvor die Körperflüssigkeiten entnommen», klärt Benno Gräber ihn auf.

Was es alles gibt, denkt Manuel und macht sich auf den Weg nach draußen, er braucht frische Luft.

Der graue Sprinter der rechtsmedizinischen Abteilung fährt vor und Dr. Grit Birkenfels zwängt sich aus dem Wagen.

«Moin Kollegen, Ihr seht nicht gesund aus?», begrüßt sie die Kommissare vor dem Gebäude.

Kriminalkommissar Merkens begleitet das Team der Rechtsmedizin ins Haus und stellt die zwei Bestatter vor.

«Ach Sie schon wieder!», begrüßt Grit die beiden mit Handschlag.

«Da brauch ich ja nicht nachschauen, akkurat wie Sie hier arbeiten, ist sicher was dran, an Ihrer Vermutung.»

Dr. Birkenfels erinnert sich im Gegensatz zu den Kommissaren sofort an Benno und Hagen Gräber, alles in allem hat sie derzeit stundenlang mit den beiden Bestattern zusammengesessen.

«Der Leichnam ist konserviert Frau Doktor!», erklärt Benno der Rechtsmedizinerin.

«Oh, da haben wir ein Problem, Ihre Vermutung zu untermauern.»

«Ich habe die Körperflüssigkeiten separiert», sagt Hagen, der bisher zugehört hat.

«...im sterilen Behälter und separat?», fragt die erstaunte Rechtsmedizinerin.

«Ja, das haben wir uns angewöhnt nach dem letzten Tötungsdelikt!», sagt Benno Gräber nicht ohne Stolz.

«Das haben Sie prima vorbereitet! Dann tüten wir den Leichnam ein und stellen den Behälter mit den Körperflüssigkeiten sicher. Ich versuche die sterbliche Hülle nicht zu zerstören. Brauche sie, um sie nach weiteren Spuren zu untersuchen.» Erklärt Grit Birkenfels den Bestattern und weist ihr Team mit präzisen Weisungen an.

«Benachrichtigen Sie die Witwe des Toten?»

«Ja klar, das übernehmen wir!», sagt Kriminalkommissar Manuel Pieper.

Er hat wieder einen Hauch Farbe erlangt. Nachdem Sie sich die Unterlagen kopiert haben, begeben sie sich auf den Weg ins Elbeklinikum, um zu erfahren, weshalb Bertram Fröhlich dort eingeliefert wurde und warum niemand die mögliche Vergiftung bemerkt hat.

*

Benno Gräber telefoniert mit einem alten Freund, der Inhaber eines Instituts für medizinische Labordiagnostik ist. Diese Art der Labordiagnostik umfasst die Untersuchungen von Körpermaterialien durch optische, chemische oder immunologische Analyse. Sie dient der Entdeckung von Erkrankungen bzw. der Therapiekontrolle durch Laborwerte.

«Finderich», meldete sich der Freund knapp am Telefon.

«Ich bin es Benno! Ich habe da was, dass du analysieren muss.

Ich habe da bei einem Kunden einen Einstich entdeckt und wüsste gerne, ob ich mit meiner Vermutung, dass der Tote vergiftet wurde, richtig liege», erklärt Benno dem Freund.

Dr. Siegbert Finderich, der die Ausflüge seines Spezis in die Kriminalistik mit Wohlwollen betrachtet, sagt die Untersuchungen zu.

«Ich bringe die gekühlten Musterexemplare heute Abend mit zur Band-Probe? Wenn das für dich in Ordnung ist.»

«Ja mach das! Ich bringe eine Kühlbox mit», antwortet Dr. Finderich und beendet das Gespräch.

Benno ist heilfroh, dass er den enorm beschäftigten Freund rasch erreicht hat, da kann er die Körperflüssigkeitsproben heute Abend übergeben. Benno spielt hobbymäßig mit dem Doktor in einer Rockband. „Die Zeltfreaks“, nennen sie sich, der Doc ist ihr Drummer. In der Zeltfestsaison sind sie bald jedes Wochenende unterwegs und spielen ihre Rockmusik auf den umliegenden Dorffesten. Im Frühjahr treffen sie sich regelmäßig zum Üben.

*

Kriminalkommissar Jörg Merkens telefoniert, auf dem Weg zum Klinikum, mit Kriminalhauptkommissar Heino Kleinemeier und berichtet von dem Ergebnis ihres Besuches bei den Bestattern.

«...und Ihr seid sicher das da, was dran ist?», hakt Heino nach.

«Klar! Frag die Grit, die ist der gleichen Meinung.»

«Ok, da fahrt Ihr zuerst zum Klinikum und anschließend zur Witwe, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe?»

«Ja, das ist der Plan!», antwortet Manuel Pieper.

Unterdessen sind sie am Elbeklinikum angekommen, Jörg lenkt den Dienstwagen ins Parkhaus und stellt ihn auf dem Oberdeck ab.

Gemeinsam schlendern sie ins Klinikum und suchen nach dem richtigen Ansprechpartner.

«Ah hier!», deutet Jörg auf ein Hinweisschild, das zur Klinikleitung führt.

Die Dame am Empfang ist bemüht einen kompetenten Ansprechpartner zu finden. Manuel und Jörg werden zunächst mit einem Kaffee in die Warteschleife komplimentiert.

Nach einer viertel Stunde kommt ein Herr im weißen Kittel auf sie zugestürmt und begrüßt sie herzlich. Der Herr, der sich mit Professor Herzfrickel vorstellt, ist zuständig für die Innere.

Dort in der Kardiologie hat Bertram Fröhlich das Zeitliche gesegnet.

«Herr Professor, berichten Sie uns, wie es zu dem plötzlichen Tod von Herrn Fröhlich kommen konnte.»

«Ja, da gibt es nichts zu erzählen», berichtet der Mediziner.

«Herr Fröhlich hat sich am Montagmorgen hier in der Notaufnahme gemeldet und über heftige Bauchschmerzen geklagt. Durch Abtasten und anschließender Endoskopie wurde eine über, die Maßen starke Gastritis diagnostiziert.