Die Leiche im Fleet – Ein Fall für Brock: Ein Hamburg-Krimi - Hans-Jürgen Raben - E-Book

Die Leiche im Fleet – Ein Fall für Brock: Ein Hamburg-Krimi E-Book

Raben Hans-Jürgen

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Beschreibung

Udo Brunner, Angestellter einer Anwaltskanzlei auf den Kaimaninseln, kopiert illegal geheime und äußerst sensible Daten und verlässt umgehend das Land Richtung Heimat-Stadt Hamburg. Damit hat er den Beweis für illegale Geldwäsche in großem Stil in der Hand. Mit dieser Aktion hat er sich zahlreiche Firmen und Organisationen zum Feind gemacht, die allesamt buchstäblich über Leichen gehen und jeden aus dem Weg räumen, der ihren dubiosen Geschäften in die Quere kommt. Kurz darauf wird in Hamburg eine Leiche aus einem Fleet gezogen, die nicht einfach ertrunken ist, und Cornelius Brock und sein Team von der Mordkommission werden hinzugezogen. Zu dieser Zeit können sie noch nicht mal im Ansatz erahnen, was sie in der Folge ihrer Ermittlungen erfahren und mit wem sie es zu tun bekommen werden …

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Ähnliche


 

 

 

 

Hans-Jürgen Raben

 

 

Die Leiche im Fleet

 

Ein Fall für Brock

 

 

Ein Hamburg-Krimi

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Kathrin Peschel, 2022

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

Prolog 

1. Kapitel 

2.Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6.Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

15. Kapitel 

16. Kapitel 

17. Kapitel 

18. Kapitel 

19. Kapitel 

20. Kapitel 

21. Kapitel 

22. Kapitel 

23. Kapitel 

24. Kapitel 

Epilog 

Der Autor Hans-Jürgen Raben 

Weitere Werke des Autors 

 

Das Buch

 

 

Udo Brunner, Angestellter einer Anwaltskanzlei auf den Kaimaninseln, kopiert illegal geheime und äußerst sensible Daten und verlässt umgehend das Land Richtung Heimat-Stadt Hamburg. Damit hat er den Beweis für illegale Geldwäsche in großem Stil in der Hand. Mit dieser Aktion hat er sich zahlreiche Firmen und Organisationen zum Feind gemacht, die allesamt buchstäblich über Leichen gehen und jeden aus dem Weg räumen, der ihren dubiosen Geschäften in die Quere kommt.

Kurz darauf wird in Hamburg eine Leiche aus einem Fleet gezogen, die nicht einfach ertrunken ist, und Cornelius Brock und sein Team von der Mordkommission werden hinzugezogen. Zu dieser Zeit können sie noch nicht mal im Ansatz erahnen, was sie in der Folge ihrer Ermittlungen erfahren und mit wem sie es zu tun bekommen werden … 

 

 

***

 

 

 

Prolog

 

 

George Town, Kaimaninseln, im Jahr 2002

 

Heute würde der Tag sein!

Heute musste der Tag sein.

Für diesen Tag hatte er alles riskiert.

Richard Wilson genoss den Blick aus dem riesigen Fenster seines Büros über den Flughafen hinweg zur großen Lagune. George Town, die Hauptstadt des winzigen Staates Kaimaninseln, lag an der Westseite der Insel, wo sich auch das wirtschaftliche Zentrum befand. In der Hauptstadt lebte fast die Hälfte der Bevölkerung des Landes, die allerdings nicht besonders zahlreich war.

Wilson war zwar in England geboren, doch es lebte sich hier auf der Karibikinsel südlich von Kuba gut, auch wenn die Temperaturen gelegentlich unerträglich waren. Seine Eltern waren aus Cornwall hierhergezogen, da sein Vater einen besseren Job in Aussicht hatte. Die Chancen in dem kleinen Kaff an der englischen Kanalküste waren nicht besonders rosig für einen ehrgeizigen Mann.

Seine Mutter hatte jedoch das Klima nicht vertragen und war nach einigen Jahren gestorben, ohne ihre Heimat wiedergesehen zu haben. Sein Vater war aus härterem Holz geschnitzt und hatte einen kleinen Handwerksbetrieb aufgebaut, der seiner Familie ein gutes Auskommen sicherte.

Ein gutes, dachte Richard Wilson. 

Aber es war nicht das, was er sich vorgestellt hatte. Er wollte dazugehören, Mitglied jener Schicht sein, die die Geschicke des kleinen Inselstaates bestimmte. Er wurde schon immer von einem brennenden Ehrgeiz zerfressen, wollte besser sein als andere, wollte seine Konkurrenten schlagen, ob im Sport oder an der Universität. – Er war nicht glücklich, wenn er nicht der Erste war.

Jetzt wollte er endlich die entscheidende Phase seiner Karriere einleiten, wenn … ja, wenn in London alles gut lief.

Richard Wilson war Anwalt. Sein Vater hatte immer gewollt, dass er es zu mehr brachte als zu einem kleinen Handwerker. Er hatte es ihm ermöglicht, in Amerika zu studieren, und so hatte er seinen Abschluss in Jura in Harvard machen können, natürlich mit einer Bestnote. Dennoch hatte es ihn gewurmt, dass er nicht der Beste seines Jahrgangs wurde. Also sprach er nie darüber.

Seine Kanzlei, die er danach eröffnet hatte, war noch relativ klein, doch er hatte Großes vor. Daher wartete er heute auf die Nachrichten aus London. Würde sich der politische Status ändern, nachdem der Inselstaat sich schon vor Jahrzehnten entschieden hatte, eine unabhängige britische Kronkolonie zu bleiben? Die Vorteile einer engen Anbindung an Großbritannien und gleichzeitig die Bedeutung einer wichtigen Steueroase waren verlockend, und so sah es auch der größte Teil der Einwohner.

Er hatte alle Vorbereitungen getroffen. Größere Büroräume waren in Aussicht, wichtige Verbindungen zu potentiellen Kunden waren geknüpft, und mit weiteren möglichen Partnern der Kanzlei hatte er bereits Gespräche geführt.

Seine Pläne waren weit gefasst. Seine Kanzlei sollte eine der größten der Kaimaninseln werden. Das Potential war gewaltig. Tausende von Firmen brauchten eine zuverlässige Adresse auf der Insel, um ihre nicht ganz legalen Geschäfte abzuwickeln. Moralische Bedenken hatte er schon vor langer Zeit über Bord geworfen. Nur wer sich über Grenzen hinwegsetzte, würde Erfolg haben. Die Kaimaninseln boten Möglichkeiten, die es anderswo nicht gab.

Alle wichtigen Banken der Welt besaßen hier bereits ihre Ableger, und Ströme von Geld flossen durch ihre Bücher. Tausende von Briefkastenfirmen verschleierten die Herkunft der riesigen Summen, und es musste natürlich Menschen geben, die diese Firmen verwalteten.

Das übernahmen Anwaltskanzleien. Anwälte, die weder Skrupel noch moralische Bedenken besaßen. Anwälte, die nur den Interessen ihrer Klienten verpflichtet waren, gleichgültig, ob es sich dabei um Drogenhändler, Waffendealer, afrikanische Warlords oder finstere Diktatoren handelte.

Sein Telefon klingelte, und es war die Nachricht, die er sehnsüchtig erwartete. Die Kaimaninseln bekamen endgültig den Status eines britischen Überseegebietes. London hatte entschieden. Damit war der kleine Staat in gewisser Weise Teil Großbritanniens und blieb gleichzeitig eine gefragte Steueroase. Es gab jetzt schon viel mehr Firmen als Einwohner, und das würde sich noch steigern. Und damit würde auch sein Erfolg wachsen.

Richard Wilson legte auf und wählte gleich wieder neu. Sein Anruf wurde erwartet.

»Wir legen los«, sagte er nur, und in seinen wenigen Worten lag eine tiefe Befriedigung.

Er ging zu dem kleinen Barschrank, der gegenüber seinem Schreibtisch an der Wand stand und holte eine ungewöhnlich geformte Flasche aus dem Regal, die er für einen besonderen Zweck aufbewahrt hatte.

Ein fünfzig Jahre alter Highland Park Single Malt, der ein Vermögen gekostet hatte. Er öffnete die Flasche und schnupperte daran. Ein köstliches Aroma stieg in seine Nase. Er goss einen kräftigen Schluck in ein Glas und leerte es in einem Zug.

Richard Wilson verspürte ein angenehmes Gefühl, und es kam nicht nur von dem Getränk.

Jetzt begann die richtige Arbeit!

Er lächelte still in sich hinein. Und endlich begann das richtige Geldverdienen!

 

 

 

1. Kapitel

 

 

George Town, Kaimaninseln, Gegenwart

 

Der dünne Lichtstrahl der winzigen Taschenlampe strich über die Aktenschränke, den ovalen Konferenztisch mit den Designersesseln, den Schreibtisch und über die geschlossenen Vorhänge. Nicht ganz geschlossen, denn ein schmaler Streifen Licht fiel in den Raum und zog eine schwach sichtbare Linie über den edlen handgeknüpften Teppich.

Udo Brunner machte einen weiteren Schritt nach vorn und spürte einen leichten und warmen Luftzug. Vorsichtig ging er zum Fenster und spähte hinaus. Die Straßenlaternen warfen einen trüben Schein in die tropische Nacht. Der Himmel war wolkenverhangen. Zu dieser Stunde war niemand mehr unterwegs, nur von der Hauptstraße her drang das Geräusch vorbeifahrender Autos. In der Ferne waren die Lichter des Flughafens zu erkennen.

Nichts Ungewöhnliches, keine verdächtigen Spaziergänger, die sich vorsichtig näherten, keine Streifenwagen vor dem Gebäude. Niemand hatte bemerkt, was er in dieser Nacht tun wollte. Dennoch schlug ihm das Herz bis zum Hals.

Mit einem schnellen Handgriff kippte er das Fenster in seine Ausgangslage und schloss den Vorhang vollständig. Sofort spürte er den kühlenden Luftzug der Klimaanlage. Er sah kaum noch etwas und musste aufpassen, dass er nicht an die Möbel stieß. Dies war nicht sein Büro, und es wäre ihm schwer gefallen zu erklären, was er um diese Zeit hier zu suchen hatte.

Der junge Mann näherte sich dem Schreibtisch. Der Schein seiner kleinen Lampe zuckte über den 28-Zoll-Monitor und die davor liegende Tastatur, huschte nach unten und blieb an dem hochmodernen Computergehäuse hängen, das unter dem Tisch stand.

Er drückte eine Taste auf der Oberseite, und das Gerät sprang mit leisem Summen an.

Bewegungslos wartete er, bis das Betriebssystem startete und der Computer hochgefahren war. Irgendwo leuchtete jetzt eine erste Warnlampe auf. Ab jetzt lief die Zeit – und sie lief schnell.

Tat er das Richtige? War es die Sache wert?

Nun gab es kein Zurück mehr. Er wusste, dass nicht nur der Start des Computers, sondern auch der Zugriff auf die einzelnen Dateien aufgezeichnet wurde, doch das würde man erst am Morgen bemerken. Er hatte lange genug die Abläufe in der Kanzlei beobachtet, und er hatte Wochen dafür gebraucht, endlich das aktuelle Passwort zu beschaffen, um an die Daten heranzukommen, die er so dringend haben wollte.

Er nestelte den USB-Stick aus der Tasche und schob ihn in den dafür vorgesehenen Schacht auf der Oberseite des Computers. Die 64 Gigabyte sollten ausreichen, die Informationen zu speichern.

Das Logo der Kanzlei Wilson & Sparks erschien auf dem Bildschirm. 

In diesem Augenblick hörte er das Geräusch von Schritten auf dem Gang. Den ursprünglichen Spannteppich hatte man dort durch einen festen Bodenbelag ersetzt, damit die mit schweren Akten beladenen Wägelchen besser rollen konnten. Für diese Entscheidung war er jetzt dankbar, denn sonst hätte er den Wachmann nicht gehört.

Schnell kippte er den Monitor auf den Schreibtisch, damit es nicht zu viel Licht gab. Hatte er die Tür wieder hinter sich abgeschlossen?

Die Klinke bewegte sich, ein kurzes Rütteln. Die Tür blieb geschlossen.

Er atmete langsam aus und stellte den Monitor wieder senkrecht.

Das Logo drehte sich langsam. Der Computer wartete auf die Eingabe des Passwortes.

Sorgfältig tippte Udo Brunner die Kombination aus Buchstaben und Ziffern ein. Es war Richard Wilsons Passwort, des Inhabers der Kanzlei. Zumindest besaß er die Mehrheit der Anteile. Gleichzeitig war er auch der direkte Vorgesetzte des Mannes, der sich jetzt am Computer zu schaffen machte.

Augenblicklich änderte sich das Bild. Die einzelnen Ordner erschienen in rascher Folge. Er wusste genau, wo er zu suchen hatte und betätigte die Maus.

Nach ein paar Klicks begann die Übertragung der Kundendaten, Briefkastenfirmen und Kontenbewegungen. Brunner wusste, dass diese Kanzlei Tausende von Briefkastenfirmen betreute, die keinen anderen Zweck hatten, als Geld zu waschen und Steuern zu sparen. Er würde ihnen das Handwerk legen! Leider konnte er nicht alle Daten kopieren. Das würde zu lange dauern.

Doch die Kunden aus dem Land, in das er bald zurückkehren wollte, reichten ihm. Er grinste, während er an die Gesichter dieser Leute dachte, wenn sie erfuhren, was er getan hatte.

Das war noch nicht sein Ziel gewesen, als er sich vor gut zwei Jahren als junger Anwalt bei dieser Kanzlei auf der Hauptinsel der Kaimaninseln beworben hatte. Sie lag in einer bevorzugten Gegend in George Town, nicht weit vom Flughafen der Hauptinsel entfernt. Erst allmählich hatte er mitbekommen, womit diese Kanzlei sich hauptsächlich beschäftigte. Sein Zorn auf diese Leute war immer mehr gewachsen. Mit ihrem System der Geldwäsche sorgten sie dafür, dass reiche Leute aus aller Welt noch reicher wurden und dabei den Staat betrogen, indem sie die Steuern umgingen. Die zahlreichen Briefkastenfirmen, die von der Kanzlei betrieben wurden, spielten eine wichtige Rolle. Sie dienten der Verschleierung der von einer Firma zur anderen verschobenen Gelder, bis deren Herkunft nicht mehr festzustellen war.

Inzwischen wusste der junge Anwalt mehr über die Klienten der Kanzlei. Es waren ziemlich unangenehme Leute darunter: russische Oligarchen, afrikanische Warlords oder südamerikanische Drogenhändler. Bargeldlieferungen wurden über die zahlreichen örtlichen Banken in den Kreislauf geschleust. Die meisten großen Banken der Welt besaßen hier Filialen.

Brunner starrte auf den Bildschirm. Es kam ihm vor, als würde sich der Balken, der die Übertragung anzeigte, unendlich langsam bewegen. In Wirklichkeit ging es natürlich sehr schnell, doch jede Sekunde, die er in diesem Büro verbrachte, kam ihm wie eine Ewigkeit vor.

Er hatte den ersten Flug früh am Morgen nach Miami gebucht, von dort ging es direkt nach Deutschland, über einen Zwischenstopp in Frankfurt in seine Heimatstadt Hamburg. Er war froh, diese zwei Jahre hinter sich zu lassen. Es war ihm immer schwerer gefallen, die nötige Begeisterung für diesen Job zu heucheln, bei dem es nur darum ging, illegale Handlungen zu verschleiern.

Zu allem Überfluss hatte der Chef der Kanzlei auch noch einen Narren an ihm gefressen. Er stellte ihn vor den anderen Kollegen oft als leuchtendes Beispiel hin, was ihn in der Kanzlei recht einsam werden ließ. Also machte er still seine Arbeit und behielt sein großes Ziel im Auge.

Dies war nun seine letzte Nacht auf der kleinen Karibikinsel. Eine Reisetasche mit seinen wichtigsten Dingen lag gepackt im Kofferraum seines Leihwagens, mit dem er anschließend direkt zum Flughafen fahren würde. Ansonsten besaß er nicht viel, das sich mitzunehmen lohnte. Am wichtigsten allerdings war der Stick mit den gespeicherten Daten.

Er spürte wachsende Nervosität und blickte immer ungeduldiger auf den Bildschirm.

Das System musste schon lange einen Alarm ausgelöst haben. Seine Hoffnung war, dass man erst am Morgen darauf aufmerksam wurde. Er wusste, dass die meisten Angestellten heute Nacht auf einem großen Fest im älteren Teil der Stadt sein würden, bei dem der Rum vermutlich in Strömen floss. Er würde hoffentlich schon in der Luft sein, bevor jemand bemerkte, was geschehen war.

Endlich war die Übertragung beendet. Er riss förmlich den Datenträger aus der Buchse und schob ihn in die Tasche. Dann schaltete er den Computer aus, ohne das System vorher ordnungsgemäß herunterzufahren. Das spielte jetzt auch keine Rolle mehr.

Als Letztes legte er einen Umschlag auf die Tastatur, in dem sich seine Kündigung befand sowie die Mitteilung, dass er ab sofort seinen Resturlaub nehmen würde. Vielleicht verschaffte ihm dieses Schreiben zusätzliche Zeit.

Minuten später hatte er das Gebäude ungesehen durch den Personaleingang verlassen und war in der schwül-warmen Nacht verschwunden.

 

 

 

2.Kapitel

 

 

Richard Wilson bemerkte den Umschlag sofort, als er sein Büro betrat, und er wusste ebenso, dass es nichts Gutes bedeutete. Als Nächstes fiel ihm auf, dass ein Lämpchen auf seinem Telefon blinkte.

Er ließ die Tür hinter sich ins Schloss gleiten und ging langsam auf seinen Schreibtisch zu. Er hob den Umschlag auf, als sei er eine Giftschlange. Die Lasche war nicht zugeklebt. Vorsichtig sah er in den Umschlag. Ein einzelner Bogen Papier, nichts Gefährliches. In einer Zeit, in der Briefe mit hochtoxischem Anthrax verschickt wurden, musste man vorsichtig sein. Besonders in seinem Beruf, bei dem man nie wusste, ob aus Freunden plötzlich Feinde geworden waren.

Als er das Schreiben las, setzte er sich. Warum hatte sein Angestellter die Kündigung auf seine Tatstatur gelegt? Das war mehr als ungewöhnlich.

Wilson ließ das Schreiben sinken und starrte auf seinen schwarzen Monitor. Er schaltete den Computer an. Das System meldete einen vorherigen Abbruch. Er verspürte ein unangenehmes Ziehen im Magen, und ihm war sofort klar, was das zu bedeuten hatte.

Ein Warnlämpchen leuchtete auf.

Er griff zum Telefon und ließ sich mit dem Anrufer verbinden, der offensichtlich schon mehrfach versucht hatte, ihn zu erreichen. Der Chef der IT-Abteilung war am anderen Ende. Die Auskunft, die er erhielt, ließ ihn blass werden.

… während der Nacht Zugriff auf gesicherte Daten … Überspielen auf externe Datenträger … System korrumpiert durch unsachgemäße Abschaltung … Automatische Sperrung weiterer Zugriffe …

Auf Wilsons Stirn traten einige Schweißtropfen.

»Von welchem Computer wurde der Zugriff ausgeführt?«, herrschte er seinen unsichtbaren Gesprächspartner an.

»Ja, also … von Ihrem Computer … mit Ihrem Passwort.«

»Wann war das?«

»Einen Moment … ich sehe nach … der erste Zugriff erfolgte letzte Nacht um vier Uhr zehn. Wenn Sie das nicht waren, Sir, dann gibt es ein ernsthaftes Problem.«

»Hat das denn niemand bemerkt?« Wilsons Stimme zitterte leicht.

»Ich denke, die Angestellten waren fast alle auf dem Fest. Nur die Wachleute waren in der Kanzlei. Ein Eindringen von außen wurde jedoch nicht festgestellt. Alle Zugänge waren ordnungsgemäß verschlossen.«

Wilson sammelte sich, bevor er die entscheidende Frage stellte: »Welche Daten wurden kopiert?«

»Es wurden einige Dateien geöffnet, doch nur eine wurde kopiert.«

»Welche genau?«

Nach der Antwort legte Wilson grußlos auf und sank in seinem Sessel zusammen. Er musste jetzt sehr genau überlegen, was er als Nächstes tun sollte.

Die Klienten, die seine Dienste in Anspruch nahmen, waren sehr unterschiedlich. Die reichen Privatpersonen waren nicht das Problem. Doch es gab einige, die vermutlich sehr unangenehm werden konnten. Denn er wusste genau, dass darunter der Chef eines kolumbianischen Drogenkartells sein musste, der enge Geschäftsbeziehungen in das betreffende Land unterhielt, und der würde den Datendiebstahl nicht kommentarlos hinnehmen. Die anderen deutschen Kunden fürchtete er nicht unbedingt, doch der Arm eines Kartells reichte weit – sehr weit.

Richard Wilson spürte einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen.

Konnte er den Verräter noch stoppen? War er noch auf der Insel und wartete auf seinen Abflug?

Ein Hoffnungsschimmer!

Da war doch dieser fette Polizeimajor am Flughafen, der für die Einreisekontrollen zuständig war! Der stand doch auf seiner Lohnliste!

Wie hieß er noch gleich? Jefferson – genau, das war sein Name.

Wilson blätterte in seinem Telefonverzeichnis und wählte, nachdem er die Nummer gefunden hatte. Während er dem Freizeichen lauschte, dachte er kurz daran, dass sie in der Kanzlei aus gutem Grund immer noch die alten Analogtelefone benutzten. Sie waren nicht so leicht abzuhören.

»Jefferson«, meldete sich eine dunkle Stimme, die nach einer durchzechten Nacht klang. Der Kerl war also auch auf dem Fest gewesen.

»Wilson hier. Sie kennen mich?«

Sofort klang die Stimme beflissener. »Selbstverständlich, Sir. Was kann ich für Sie tun?«

»Ich suche einen gewissen Udo Brunner, der wahrscheinlich auf dem schnellsten Weg die Insel verlassen will. Dafür kommt nur der Flughafen infrage. Ich möchte, dass Sie sofort die Listen aller abfliegenden Passagiere durchsehen. Falls der Mann noch am Flughafen ist, müssen Sie ihn festhalten.«

»Ich nehme an, es eilt?«

»Ja, verdammt noch mal! Ich werde mich erkenntlich zeigen, und jetzt erledigen Sie Ihren Job!«

»Ich rufe zurück.«

Richard Wilson brauchte keine Viertelstunde zu warten, als das Telefon erneut klingelte.

»Ich hatte schon bei der ersten Maschine Glück, Sir.«

»Und?«, drängte Wilson.

»Brunner ist ganz früh am Morgen mit der ersten Maschine nach Miami geflogen. Das ist außerhalb unserer Reichweite.«

Wilson stieß einen Laut der Enttäuschung aus. »Ich muss wissen, wohin er dann geflogen ist.«

»Es wird mich etwas kosten, Sir, aber ich habe Kontakte in Miami. Man wird für mich herausfinden, welche Maschine dieser Kerl als Nächste genommen hat.«

»Das Geld spielt jetzt keine Rolle. Liefern Sie mir die Informationen, die ich brauche, und zwar schnell!«

»Wird sofort erledigt, Sir!«

Richard Wilson legte den Hörer langsam auf und überlegte. Er machte sich keine große Hoffnung, dass man Brunner noch irgendwo aufhalten würde. Doch er musste es zumindest versuchen.

Anschließend würde er wohl nicht umhinkommen, einen weiteren Anruf zu machen. Einen Anruf, vor dem er sich fürchtete.

 

 

 

3. Kapitel

 

 

»Wir haben ein Problem.«

Arturo Gomez blickte finster über den Tisch, an dessen anderer Seite zwei jüngere Männer saßen. Sie blickten ihn erwartungsvoll an.

Gomez nahm seinen handgearbeiteten weißen Lederhut vom Kopf und fächelte sich damit Luft zu. Selbst hier unter dem Sonnensegel auf der Dachterrasse seines Penthauses war es noch sehr heiß. Er ließ seinen Blick über die Zehn-Millionen-Metropole Bogota schweifen, die er seit seinem achten Lebensjahr nur selten verlassen hatte. Damals war er hierhergekommen, weil sein Vater wegen eines Bandenkrieges mit seiner fünfköpfigen Familie aus Medellín fliehen musste.

Arturo hatte schon früh erfahren müssen, dass im Drogengeschäft viel Geld zu verdienen war, aber dass es auch sehr gefährlich sein konnte.

Sein Vater hatte das Geschäft in Bogota wieder aufgebaut, und Arturo hatte es nach dessen Tod in kurzer Zeit zu seiner jetzigen Bedeutung geführt. Dabei war er im buchstäblichen Sinn über Leichen gegangen und hatte jeden aus dem Weg geräumt, der ihm Widerstand leistete. Seine Zornesausbrüche waren sogar bei seinen Mitarbeitern gefürchtet.

»Was für ein Problem?«, fragte Alfredo, seinen älteren Bruder. Er hätte mit seinem Aussehen jederzeit als männliches Model für eine führende Modezeitschrift auftreten können, und er tat alles dafür, dass es so blieb. Sein Interesse galt hauptsächlich schnellen Autos, hübschen Mädchen und wilden Partys.

Arturo Gomez war von beeindruckender Statur. Sehr groß, breitschultrig, und trotz seiner sechzig Jahre stark wie ein Bär. Sein breites Gesicht mit den tiefliegenden Augen unter buschigen Brauen strahlte Kälte aus. Selbst seinen jüngeren Bruder befiel bisweilen ein leichtes Frösteln, wenn die eisigen Augen ihn anstarrten.

Arturo wandte sich dem Dritten in der Runde zu. Klaas Vorster kam aus Südafrika. Er war ein großer, aber nicht sehr attraktiver Mann. Die vierzig hatte er bereits überschritten. Dank seiner eisengrauen Haare wirkte er noch älter. Er hatte eine ungesunde Hautfarbe, und eine glänzende Narbe am Kinn verunstaltete sein Gesicht.

Er war in einem Viertel Kapstadts aufgewachsen, in dem sich viele Deutsche angesiedelt hatten. Insofern beherrschte er neben Englisch und Afrikaans auch Deutsch recht gut – besser als Spanisch, das er erst viel später gelernt hatte. Seine Eltern waren früh gestorben, und er hatte lernen müssen, sich allein durchs Leben zu schlagen. Die Mitgliedschaft in einer Straßengang hatte ihm dabei geholfen

Wegen eines Raubüberfalls auf einen Juwelier in Kapstadt, bei dem er zwei Angestellte erschossen hatte, musste er seine Heimat verlassen. Er hatte sich schließlich bis nach Kolumbien durchgeschlagen. Dort hatte er sich als Dealer versucht und war einem höherrangigen Mitglied von Arturos Organisation aufgefallen.

---ENDE DER LESEPROBE---