Die Lilien auf dem Felde - Soren Kierkegaard - E-Book

Die Lilien auf dem Felde E-Book

Sóren Kierkegaard

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Beschreibung

Dieser Band enthält drei Beichtreden des dänischen Theologen und Philosophen.

Das E-Book Die Lilien auf dem Felde wird angeboten von Jazzybee Verlag und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:

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Die Lilien auf dem Felde

Sören Kierkegaard

Inhalt:

Sören Kierkegaard – Biografie und Bibliografie

Die Lilien auf dem Felde

Schweigen.

Gehorsam.

Freude.

Die Lilien auf dem Felde, Soren Kierkegaard

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849615352

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Frontcover: © Vladislav Gansovsky - Fotolia.com

Sören Kierkegaard – Biografie und Bibliografie

Der bedeutendste Denker und eigenartigste Prosaist Dänemarks, geb. 5. Mai 1813, gest. 11. Nov. 1855 in Kopenhagen, wurde als kränkliches Kind zu streng christlicher Askese erzogen, widmete sich in Kopenhagen theologischen und philosophischen Studien, machte 1841–42 eine wissenschaftliche Reise nach Deutschland und führte dann in seiner Vaterstadt ein zurückgezogenes Denker- und Schriftstellerleben. Er hatte sich 1840 verlobt, glaubte aber dem Liebesglück entsagen zu müssen und schrieb, um der über den Treubruch Empörten seine Motive klarzulegen, das große Werk »Entweder-Oder. Ein Lebensfragment, herausgegeben von Victor Eremita« (»Enten-Eller«, 1843; deutsch, 3. Aufl., Dresd. 1904). Es knüpft an seine Dissertation »Über den Begriff der Ironie« (1841) an. Ihm folgten im Verlauf der nächsten drei Jahre unter verschiedenen Pseudonymen eine erstaunliche Menge Abhandlungen, erbauliche Reden, Lebensschilderungen etc.: »Furcht und Zittern« (1843; deutsch, Erlang. 1882); »Die Wiederholung« (1843); »Der Begriff der Angst« (1844; mit andern Abhandlungen, deutsch von Schrempf, Leipz. 1890) und die das Fazit seiner Philosophie enthaltenden Werke: »Stadien auf dem Lebensweg« (»Studier paa Livets Vei«, 1845; deutsch, Leipz. 1886); »Abschließende, unwissenschaftliche Nachschrift« (1846) u. a. In diesen Werken lässt er verschiedene Individuen (deswegen die Pseudonyme) schildern, wie sich das Leben nach der ästhetischen oder der ethischen Überzeugung des Menschen gestaltet, um schließlich unter eignem Namen in der christlichen Lebensführung das höchste Ideal darzustellen. K. verkündet mit äußerster Konsequenz das Christentum, wie es Jesus und die Urchristen lebten und predigten. Nach seiner Auffassung ist das Christentum das Paradoxe und subjektiv Individuelle. Es ist, objektiv betrachtet, das Absurde, das nur für das religiöse Bewusstsein Gültigkeit erlangt, für den Glauben ein Gegenstand der Leidenschaft, dem Verstand aber ein Ärgernis ist. Entweder ist es nämlich aus teleologischen Gründen möglich, die allgemeingültigen Sätze der Ethik aufzuheben, oder Abraham, der Vater des Glaubens, ist ein Mörder, ein Verbrecher, und der Prediger muss sich hüten, Sonntags Abraham zu preisen, auf dass er nicht Montags genötigt sei, den einfältigen Zuhörer zu verurteilen, der dieses Beispiel befolgt. Also ist Gottes Gebot an Abraham nur an ihn, das Einzelindividuum, gerichtet, so wie er K. selbst geboten hatte, seiner Liebe und seinem Lebensglück zu entsagen. Überhaupt in das Leben im Glauben ausschließlich eine Vereinbarung zwischen Gott und »dem Einzelnen«, wie K. den Menschen als religiöses Wesen bezeichnet, ein schroffer Gegensatz zu dem damals herrschenden Hegelschen »Staatschristentum«. Zu dieser Zeit wurde K. plötzlich eine Zielscheibe des Spottes für das gefürchtete Witzblatt »Korsar«, das ganz Kopenhagen terrorisierte. Er hatte es sich verbeten, der einzige anständige Mensch zu sein, den das Blatt lobte; nun sollte er erfahren, wie sein Lebenswerk dem Witz, seine leicht karikierte dürre, schiefe Gestalt dem Straßenpublikum preisgegeben wurde. Dies gab ihm den Anstoß zu neuer, sehr lebhafter Produktion (»Einübung im Christentum«, 1850; deutsch, 2. Aufl., Halle 1894; »Zur Selbstprüfung«, 1851; deutsch, 4. Aufl., Erlang. 1895). Es galt mit noch innigeren Worten, noch eindringlicheren Beispielen seinen Lesern einzuschärfen, dass der Weg zu Christus schmal, voller Leiden und Entsagung sei. Ein härterer Schlag traf ihn, als der Bischof Martensen seinen Vorgänger, Bischof J. P. Mynster (s. d.), als einen Zeugen des wahren Christentums hinstellte. Niemals hat wohl die dänische Sprache einem so vulkanischen Ausbruch des Schmerzes und der Empörung gedient als in dem Flugblatte »Ojeblikket« (»Der Augenblick«, 1855), wo K. seinen Donnerkeil gegen die Staatskirche und die Brotpfaffen schleudert. Die Erregung war ihm zuviel; kurz nach her verschied er, wie »sein Lehrer Sokrates«, im Kreise seiner Freunde und wie er, überzeugt, daß der Tod seinen Ideen kein Hindernis bereiten werde. Alle Werke Kierkegaards zeichnen sich aus durch die feinste und geistvollste Dialektik; seine Sprache ist edel, voll dichterischen Schwunges und hinreißender Beredsamkeit. Sein Einfluss ist ethisch und literarisch immer noch im Wachsen. Unter seinen Anhängern in Deutschland verdient der württembergische Pfarrer Christoph Schrempf (s. d.), der sich auch um Übersetzung mehrerer Abhandlungen Kierkegaards (s. oben) verdient gemacht hat, besondere Erwähnung. Seine »Nachgelassenen Papiere«, Tagebücher, Entwürfe u. dgl., sind in 8 Bänden von H. P. Barfoed und H. Gottsched gesammelt (Kopenh. 1869–81). Eine neue Ausgabe seiner »Gesammelten Werke« besorgten Drachmann, Heiberg und Lange (Kopenh. 1901 ff.). In deutscher Übersetzung erschienen außer den genannten Schriften insbesondere noch: »Leben und Walten der Liebe« (Leipz. 1890), »Angriffe auf die Christenheit« (Bd. 1, Stuttg. 1896), »Ausgewählte christliche Reden« (Gieß. 1901), »Zwei ethisch-religiöse Abhandlungen« (das. 1902), »Das Tagebuch des Verführers« (Leipz. 1903), »Buch des Richters; seine Tagebücher 1833–1855« (im Auszug deutsch von Gottsched, Jena 1905). Nach dem Tode seiner Jugendliebe, der Konferenzrätin Schlegel, wurden die Briefe aus der kritischen Periode seines Lebens herausgegeben von Raphael Meyer (deutsch, Stuttg. 1904) und von Kierkegaards Nichte, Henriette Lund (deutsch, Leipz. 1904). Vgl. G. Brandes, Sören K. Ein literarisches Charakterbild (Leipz. 1879, und in Brandes' »Gesammelten Schriften«, Bd. 3, Münch. 1903); Höffding, Sören K. als Philosoph (deutsch von Dorner u. Schrempf, 2. Aufl., Stuttg. 1902); Münch, Die Haupt- und Grundgedanken der Philosophie S. Kierkegaards (Dresd. 1902); Bärthold, Noten zu S. Kierkegaards Lebensgeschichte (Halle 1876), Die Bedeutung der ästhetischen Schriften S. Kierkegaards (das. 1879), Zur theologischen Bedeutung S. Kierkegaards (das. 1880), S. Kierkegaards Persönlichkeit in ihrer Verwirklichung der Ideale (Gütersl. 1886) und andere Schriften; Victor Déleuran, Esquisse d'une étude sur S. K. (Par. 1897); Chr. Jensen, S. Kierkegaards religiöse Udvikling (Kopenh. 1898); Carl Koch, Sören K. (das. 1898); P. A. Rosenberg, Sören K. (das. 1898).

Die Lilien auf dem Felde

Drei Beichtreden

Vorwortzu den ersten erbaulichen Reden vom 5. Mai 1843

Ungeachtet dies kleine Buch nur zu sein wünscht was es ist, ein Ueberfluß, und nur begehrt im Verborgenen zu bleiben gleichwie es in der Stille entstand, habe ich doch nicht Abschied von ihm genommen ohne eine fast abenteuerliche Hoffnung. Insofern es durch die Ausgabe in uneigentlichem Sinn eine Wanderung antritt, ließ ich ihm eine kleine Weile mein Auge folgen. Ich sah da, wie es seinen Gang ging auf einsamen Wegen oder einsam auf den vielbetretenen. Nach einem und dem andern kleinen Mißverständnis, wo es durch eine flüchtige Aehnlichkeit betrogen wurde, traf es endlich jenen Einzelnen, den ich mit Freude und Dankbarkeit meinen Leser nenne, jenen Einzelnen, den es sucht, nach dem es gleichsam seine Arme ausstreckt, jenen Einzelnen, der wohlwollend genug ist sich finden zu lassen, wohlwollend genug es aufzunehmen, ob es ihn im Augenblick der Begegnung froh und getrost findet oder müde und gedankenvoll. – Insofern es dagegen in eigentlicherem Sinn bei der Ausgabe in der Stille bleibt ohne von der Stelle zu kommen, ließ ich eine kleine Weile mein Auge auf ihm ruhen. So stand es da wie eine unbedeutende kleine Blume in der Verborgenheit des großen Waldes, nicht gesucht wegen ihrer Pracht noch wegen ihres Duftes oder ihrer Nährkraft. Aber ich sah auch oder glaubte zu sehen, wie der Vogel, den ich meinen Leser nenne, plötzlich sie erblickte, auf seinen Schwingen sich herabließ, sie abpflückte und mit sich nahm. Und da ich dies gesehen, sah ich nichts mehr.

S.K.

Vater im Himmel! Was man in der Gesellschaft der Menschen und besonders im Menschengewimmel so schwer zu wissen bekommt, und was auch so leicht wieder vergessen wird, wenn man es zu wissen bekam – was es heißt, ein Mensch zu sein, und welches die Aufgabe für uns Menschen ist: daß wir dies lernen möchten von der Lilie und dem Vogel; daß wir es lernen möchten, wenn nicht auf einmal und, ganz, so doch etwas davon und nach und nach, daß wir diesmal vom Vogel und von der Lilie lernen möchten: Schweigen, Gehorsam und Freude!

I.

Sehet die Vögel unter dem Himmel an; schauet die Lilien auf dem Felde!

Du sagst vielleicht mit dem Dichter: o daß ich ein Vogel wäre, wie der freie Vogel, der in lustiger Fahrt weit weit fortfliegt, dem Himmel so nahe, zu fernen fernen Fluren – während mich Sorgen und Widerwärtigkeiten und Leiden täglich merken lassen, wie ich an die Stelle gebunden und genagelt bin. O daß ich ein Vogel wäre, frei wie der Vogel, frei von allen Rücksichten wie der kleine Singvogel, der demütig singt, ob auch Niemand auf ihn hört, oder der stolz singt, ob auch Niemand auf ihn hört! Ach, während ich keinen Augenblick und Nichts für mich selbst habe, sondern tausend Rücksichten nehmen muß. O daß ich eine Blume wäre, wie die Blume auf dem Felde, glücklich in mich selbst versunken und weiter nichts – ach, während ich auch in meinem Herzen diesen Zwiespalt des Menschenherzens fühle und weder in Selbstliebe mit Allem brechen, noch auch liebevoll Alles opfern kann!

So spricht der Dichter. Wenn man flüchtig darauf hört, klingt es fast, als sagte er dasselbe, wie das Evangelium, da er ja in den stärksten Ausdrücken das Glück des Vogels und der Lilie preist. Aber höre nur weiter; er sagt: daher ist es beinahe wie eine Grausamkeit von dem Evangelium, daß es die Lilie und den Vogel preist und sagt: Du sollst so sein – ach während ich so sehnsüchtig wünsche, daß ich wie der Vogel unter dem Himmel wäre und wie die Lilie auf dem Felde. Aber es ist ja eine Unmöglichkeit so zu werden, und deßhalb ist das Verlangen gerade so innerlich, so wehmütig und doch so brennend in mir. Wie grausam von dem Evangelium, daß es zu mir sagt: Du sollst so sein, während ich nur allzu tief fühle, daß ich es nicht bin und nicht sein kann."

Und so geht es dem Dichter immer mit dem Evangelium; es geht ihm ebenso, wenn das Evangelium sagt: werdet wie die Kinder! O daß ich ein Kind wäre, sagt der Dichter, unschuldig und froh als ein Kind – ach, während ich früh alt und schuldig und traurig geworden bin!

Wenn er an den Vogel und die Lilie denkt, so möchte er weinen; ach daß ich wäre wie der Vogel, von dem ich als Kind im Bilderbuch las, ach daß ich wäre wie die Blume, die in meiner Mutter Garten stand! Aber wollte man mit dem Evangelium zu ihm sagen: es ist Ernst, der Vogel ist im Ernst der Lehrmeister, so müßte der Dichter lachen; und er scherzt über den Vogel und die Lilie so witzig, daß er uns Alle zum Lachen bringt, selbst den ernsthaftesten Menschen, der je gelebt hat; aber das Evangelium bleibt unbewegt. So ernsthaft ist das Evangelium; alle Wehmut des Dichters verändert es nicht, während sie doch selbst den ernsthaftesten Menschen bewegt, daß er einen Augenblick nachgiebt und in des Dichtes Gedanken eingeht und mit ihm seufzt und sagt: Lieber, ist es wirklich eine Unmöglichkeit für dich, ja so darf ich auch nicht sagen: "Du sollst"! Aber das Evangelium darf dem Dichter befehlen, daß er soll wie ein Vogel sein. Und so ernst ist das Evangelium, daß auch der unwiderstehlichste Einfall des Dichters es nicht zum Lächeln bringt.

Du sollst wieder Kind werden, und zu dem Zweck mußt Du das Wort verstehen können und wollen, das wie für Kinder berechnet ist, und welches jedes Kind versteht, das Wort: Du sollst, und du sollst es verstehen, wie das Kind es versteht. Das Kind fragt niemals nach Gründen, das darf das Kind nicht, das braucht das Kind auch nicht. Für das Kind ist es Grund genug, daß es soll; alle anderen Gründe zusammen sagen nicht so viel wie dieser eine. Und das Kind sagt niemals: ich kann nicht. Das darf das Kind nicht, und es ist auch nicht wahr – das Eine entspricht ganz dem Anderm; grade weil das Kind nicht darf sagen "ich kann nicht", deshalb ist es auch nicht wahr, daß es nicht könnte; denn wenn man nicht anders darf, dann muß man ja können, das ist ganz gewiß – es kommt bloß darauf an, daß einem ganz gewiß ist: man darf nicht anders, dann kann man auch. Und das Kind sucht niemals Ausflüchte oder Entschuldigungen; es versteht, daß es keinen Versteck giebt weder im Himmel