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"Die Märchen sind aus!" Auf den ersten Blick ein Ausruf ist der Titel des Buches zugleich eine unterschwellige Frage an alle Leser. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch Peter Schuhmanns Gedichte. Gibt es keine heile Welt mehr? Hat es sie je gegeben? Ist die Welt in den letzten Jahren eine andere geworden? Oder müssen wir die Dinge um uns herum nur mit anderen Augen sehen? Auf der Suche nach Antworten nimmt der Autor die Leser mit auf eine lyrische, zuweilen philosophische Reise durch sieben Welten: Märchenwelt, Scheinwelt, Rosarote Welt, Schattenwelt, Naturwelt, Zwischenwelt und Moderne Welt. Seine Weltreise ist ein Kontrastprogramm, eine emotionale Achterbahnfahrt. In einem Augenblick noch romatisch oder humoristisch, im nächsten Moment ernst oder tief traurig. Das enge Nebeneinander von schönem und grausamen in unserer Welt wird so unmittelbar greifbar und bleibt doch schwer zu begreifen.
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Seitenzahl: 37
Aus der Märchenwelt
Die Märchen sind aus!
Dornröschenschlaf
Der kleine Prinz
Schlaraffenland
Drachenhaut
Invasion
Sohn des Narziss
Der Wunschsee
Eismeerkind
Aus der Scheinwelt
Scheinwelt
Flachbild-Kolosseum
Kollektiver Herztod
Lebensart
Schubladen
Im Netz
Skurrile Vorstellung
Murmeltiertag
Windflüchter
Selbstverständnis
Aus der rosaroten Welt
In Gedanken
Erste Liebe
drei Leben
Sternstunde
Einswerden
Himmelsstürmer
Falsche Zeit
Von Wurzeln und Flügeln
Sternenzahl
Aus der Schattenwelt
Unten am Fluss
Der Ring
Höllenjahre
Das Versprechen
Im Krieg
Andenken
Flüchtige Fragen
Sie und wir
Kindheitsabschied
Rotes Kleid (Sabhar, Bangladesch 2013)
Aus der Naturwelt
Zur See
Erster Urlaubstag
»Orientexpress«
Herbst-Triptychon
Oktobersonntag
Blues in den Herbst
Großstadtnovember
Jena-Paradies
Waldläufer
Aus der Zwischenwelt
Zurück ins Leben
intensiv
Metamorphose
minimal leben
Hart in der Wand
Zwischenbilanz
Am Scheideweg
Verräter der Liebe
Graue Mäuse
hüllenlos
Havarie
Aus der modernen Welt
Generation: Jetzt
Preis der Wahrheit
Unsere Furcht
Firewall
Berlin
An der Gruft
Chancen
Volksverdrossen
Avatar
Größenwahn
Kepler-452b
3:26 Uhr
Im Sumpf des Versprechens
Die große Suche
Frohes Fest!
Kleines Zeitgeist-Lexikon (2015/2016)
Die Märchen sind aus.
Komm, ab nach Haus!
Die Frösche kleben an der Wand,
Du fandest keinen interessant.
Kein Hans im Glück zu dieser Zeit
tauscht Gold noch gegen Seligkeit.
Schneewittchen grinst vom Titelblatt,
doch ihre Scheinwelt hast Du satt:
»Heidi, Heidi an der Wand,
wer ist die Schönste im ganzen Land?«
Die sieben Zwerge sind verbittert
und haben das bereits getwittert.
Rotkäppchen keltert heimlich Sekt,
ihr Wolf hat Brandenburg entdeckt.
Der süße Brei quillt aus Regalen
in tausend Supermarkt-Filialen.
Hänsel und Gretel, fett wie nie;
ein Hoch der Zuckerindustrie!
Das Feuerzeug in Täterhand
steckt unsre Märchenwelt in Brand.
Und wenn wir nicht gestorben sind,
leben wir weiter taub und blind …
Die Märchen sind aus.
Komm, ab nach Haus!
Wo ist das aufgeweckte Kind
aus Deinen jungen Tagen?
Seit Dich die Wohlstandsspindel stach,
verstummten alle Fragen.
Vorbei die Neugier, Deine Lust,
der Dinge Kern zu sehen.
Nur für die Wahrheit ohne Scheu
bis auf den Grund zu gehen.
Du schließt die Augen blindlings zu
vor Ungerechtigkeiten,
vor Lügen, Tricks und falschem Glanz;
so ändern Dich die Zeiten!
Ach, sperr ihn ein, den Geist im Turm.
Leg ihn gleich auf die Bahre!
Schlafwandle weiter durch die Welt
die nächsten hundert Jahre.
Sie kriechen rum um seiner Gnaden –
er soll es einmal besser haben.
Den roten Teppich ausgerollt,
sein Spielzeug ist aus purem Gold.
Sie mal’n die Welt ihm rosarot,
kein Hindernis und kein Verbot.
Nur Jubel, Trubel, Heiterkeit,
für Regeln ist noch später Zeit.
Und auf dem Spielplatz und im Bad:
Sein Notfallteam hält sich parat.
Der Hubschrauber kreist unaufhörlich,
das Leben ist ja so gefährlich!
Sehr dankbar nimmt der kleine Mann
des Daseins Annehmlichkeit an.
Er hat sich prächtig arrangiert
und weiß, wie man sein Reich regiert.
Denn geht es nicht nach seinem Willen,
hört man ihn gleich von Weitem brüllen.
Verzückt schaut sich der Hofstaat an:
»Wie schön er heute singen kann!«
Hummer
Schampus
Kaviar –
Keine Sorge
reichlich da!
Maybach
Yachten
Charity –
Pudernasen
weiß wie Schnee.
Rolex
Prada
und Bombast –
zeige allen
was Du hast.
Erbschaft
Aktien
Miet-Millionen –
Leistung muss sich
schließlich lohnen.
Hummer
Schampus
Kaviar –
Hungerland?
Uns doch egal!
Er klebt an Dir, was keiner weiß,
seit frühen Kindertagen.
Ein langer Schatten folgt Dir leis,
doch niemand kannst Du’s sagen.
Er ist Deine Erinnerung
an höllenschwarze Zeiten.
Er treibt sich nachts in Träumen rum,
lässt Dich unendlich leiden.
Du hast Dir eine Burg gebaut
mit tiefem Wassergraben,
und unter einer Drachenhaut
versteckst Du Deine Narben.
Die Knappen kommen und sie gehn;
Du willst nicht, dass sie bleiben.
Sobald sie anfangen zu sehn,
musst Du sie schnell vertreiben.
Ich wünsch Dir, dass Dein Ritter kommt
mit einem Löwenherz.
Und Du lässt ihn nicht unverschont,
teilst mit ihm Deinen Schmerz.
Auch er macht es nicht ungeschehn,
dreht keine Zeit zurück.