Die MenschenMacher - Hans-Günter Gassen - E-Book

Die MenschenMacher E-Book

Hans Günter Gassen

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Beschreibung

Es ist wahrscheinlicher geworden, dass wir zu "MenschenMachern" werden. In ihrem Buch widmen sich Hans-Günter Gassen und Sabine Minol diesem faszinierenden Thema, das uns alle angeht. Sie erörtern die Einzigartigkeit des Menschen und den Widerstreit von Schöpfung und Evolution. Sie führen ein in die fantastische Welt der Literatur? von Shelleys Frankenstein bis zum Sandmann von E.T.A. Hoffmann. Sie berichten von Cyborgs und Robotern. Der große Bogen endet mit der Darstellung aktueller Problematiken wie der des Klonens von Lebewesen, aber auch der der Behandlung von Unfruchtbarkeit.

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Seitenzahl: 496

Veröffentlichungsjahr: 2012

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Erlebnis Wissenschaft bei WILEY-VCH

Expedition in die WissenschaftSach- und Spaßgeschichten aus Chemieund Biologie2006, ISBN-10: 3-527-31639-6 ISBN-13: 978-3-527-31639-7

Expedition in die WissenschaftSach- und Spaßgeschichten aus Physikund Astronomie2006, ISBN-10: 3-527-31814-3 ISBN-13: 978-3-527-31814-8

Bartels, Cornelia/Göllner, Heike/Koolman, Jan/Maser, Edmund/Röhm, Klaus-Heinrich Tabletten, Tropfen und Tinkturen2005, ISBN 3-527-30263-8

Emsley, John Fritten, Fett und FaltencremeNoch mehr Chemie im Alltag2004, ISBN 3-527-31147-5

Emsley, John Mörderische ElementeProminente Todesfälle2006, ISBN-10: 3-527-31500-4

Froböse, Gabriele/Froböse, Rolf Lust und Liebe – alles nur Chemie?2004, ISBN 3-527-30823-7

Froböse, Rolf/Jopp, Klaus Fußball, Fashion, FlachbildschirmeDie neueste Kunststoffgenertion2006, ISBN-10: 3-527-31411-3

Froböse, Rolf Mein Auto repariert sich selbstUnd andere Technologien von übermorgen2004, ISBN 3-527-31168-8

Gassen, Hans-Günter/Minol, Sabine Die MenschenMacherSehnsucht nach Unsterblichkeit2006, ISBN-10: 3-527-31640-X ISBN-13: 978-3-527-31640-3

Genz, Henning Nichts als das NichtsDie Physik des Vakuums2004, ISBN 3-527-40319-1

Liedtke, Susanne/Popp, Jürgen Laser, Licht und LebenTechniken in der Medizin2006, ISBN 3-527-40636-0

Morsch, Oliver Licht und MaterieEine physikalische Beziehungsgeschichte2003, ISBN 3-527-30627-7

Morsch, Oliver Sandburgen, Staus und Seifenblasen2005, ISBN 3-527-31093-2

Reitz, Manfred Auf der Fährte der ZeitMit naturwissenschaftlichen Methodenvergangene Rätsel entschlüsseln2003, ISBN 3-527-30711-7

Renneberg, Reinhard/Reich, Jens Liebling, Du hast die Katze geklont!Biotechnologie im Alltag2004, ISBN 3-527-31075-4

Schwedt, Georg Was ist wirklich drin?Produkte aus dem Supermarkt2006, ISBN-10: 3-527-31437-7

Unger, Ekkehard Auweia Chemie!2004, ISBN 3-527-31238-2

Vowinkel, Bernd Maschinen mit Bewusstsein – Wohinführt künstliche Intelligenz?2006, ISBN 3-527-40630-1

Voss – de Haan, Patrick Physik auf der SpurKriminaltechnik heute2005, ISBN 3-527-40516-X

Zankl, Heinrich NobelpreiseBrisante Affairen, umstrittene Entscheidungen2005, ISBN 3-527-31182-3

Autoren

Prof. Dr. Hans-Günter GassenTU Darmstadt Institut für Biochemie Petersenstr. 22 64287 Darmstadt

Dr. Ing. Sabine MinolTU Darmstadt Institut für Biochemie Petersenstr. 22 64287 Darmstadt

1. Auflage 2006

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinem Fall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

© 2006 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form  – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

ISBN: 978-3-527-31640-3 ePDF ISBN: 978-3-527-64093-5 ePub ISBN: 978-3-527-64092-8 mobi ISBN: 978-3-527-64094-2

Inhaltsverzeichnis

titelseiteErlebnis Wissenschaft bei WILEY-VCHTitelImpressumDanksagungEinführung in das Thema »Die Menschenmacher«Warum ist der Mensch ein einzigartiges Wesen?Der künstliche Mensch in Religion und MythosDie ungezügelte Phantasie der LiteratenGrenzgänger zwischen Geistes- und NaturwissenschaftenDenkmäler, Puppen und GartenzwergeDer Beitrag der Ingenieure zum MenschenmachenDie Zeugung im ReagenzglasNachwortIndex

Danksagung

Wie ein Wetterleuchten oft ein Gewitter ankündigt, so gibt es Aussagen von Wissenschaftlern, die nachfolgende soziale Umbrüche erahnen lassen.

Während des Ciba-Symposiums 1963, »Man and his Future« in dessen Rahmen Genetiker und Molekularbiologen über die Zukunft der Menschheit nachdachten, fabulierten die Teilnehmer, über einen Menschentyp, der in der Lage sein sollte, den Weltraum zu erobern. Mit der Erkenntnis, dass unser Erbgut, die DNA nichts anderes als ein Stück Materie ist, waren sie der Ansicht , dass man mit Chemie und Strahlen das Erbgut so verändern könnte, dass Menschen mit affenähnlichen Greifarmen geboren werden, die sich in Raumschiffen bei Schwerelosigkeit an Greifstangen optimal entlang hangeln könnten. Mithilfe der Genetik wird der Mensch an die Erfordernisse der Technik angepasst.

Von Marvin Minsky gibt es ähnliche Aussagen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns. Nur sind es hier die Mikroelektronik und die Informatik, welche für die Optimierungen verantwortlich sind. Man kann solche Aussagen als die schiere Dummheit abtun oder sie in die Kategorie »Schwarzer Humor« einordnen. Betrachtet man jedoch die technischen Fortschritte der letzten 100 Jahre – eine Sekunde in der menschlichen Evolution – und bewertet sie im Hinblick eines immer währenden Menschheitstraums, nämlich die Schöpferrolle nach dem Motto »Mit der Kopie des eigenen Ichs auf dem Weg zur Unsterblichkeit« selbst in die Hand zu nehmen, so müssen wir die Frage stellen, ob wir die technische Perfektion zur Reproduktion unseres Ichs bereits erreicht haben. Um einen Satz von Helmut Gollwitzer aufzunehmen: Gehen wir, wohin wir nicht wollen oder werden wir geführt, wohin wir nicht wollen.

So wollen wir uns mit der Historie, den Aussagen der Literaten und den technischen Realitäten zu dem Thema »Menschenmachen« in diesem Buch befassen.

Drei Publikationen haben uns wesentlich zu dieser Zielsetzung angeregt:

– Gentechnologie: Die Macht der Wissenschaft des Alltags aus den Heften zu Ästhetik und Kommunikation mit Beiträgen u.a. von Engelbert Schramm, Thomas Kluge und Klaus Gabbert.– Der Bildband von Herbert Heckmann »die andere Schöpfung« des Umschau Verlags, Frankfurt und vor allem– Klaus Völkers »Künstliche Menschen, Dichtung und Dokumente über Golems,Homunculi, Androiden und lebende Statuen, erschienen im Carl Hanser Verlag, München.

Diese Autoren haben uns indirekt dazu ermutigt, die Thematik des Menschenmachens in ein wissenschaftliches Umfeld zu stellen, mit dem Ziel zu informieren, vielleicht zu begeistern und auch zu warnen. Unsere Leser werden entscheiden, ob das Wagnis geglückt ist.

Wer ein Buch in die Hand nimmt und den Umschlag betrachtet, sieht den Titel, die Autoren und den Verlag. Die vielen anderen, die an dem Zustandekommen einer Publikation beteiligt sind, nimmt höchstens war, wer das Impressum liest.

So möchten wir uns herzlich bei denen bedanken, die uns geholfen haben:

Bei dem Verlag Wiley-VCH sind dies die Verlagsleiterin Frau Dr. Eva Wille, die Programmleiterin Frau Dr. Gudrun Walter und dem Hersteller Herrn Peter Biel. Frau Dr. Kortenjann und Frau Dr. Wiedemann aus dem Copyediting haben unser Fachdeutsch einschließlich aller Fehler in einen lesbaren Text verwandelt, eine große Leistung.

Unsere besondere Anerkennung gilt Frau Dr.-Ing. Waltraud Wüst, die auf alle unsere Fragen immer eine helfende Antwort hatte und uns viele buchtechnische »Notwendigkeiten“ erläutert hat.

Man kann die gute Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitern des Verlags Wiley-VCH nicht genug hervorheben.

Unser ganz besonderer Dank geht an die Mitarbeiterinnen des Instituts für Biochemie der TU Darmstadt, Frau Birgit Keenan und Frau Barbara Diestelmann. Frau Birgit Keenan für ihre geduldige Recherchearbeit und die Einholung der Bildrechte und Frau Barbara Diestelmann, die mich – HGG –, in die Wunder des Computers eingeführt und alle schon verlorenen geglaubten Texte wieder reanimiert hat. Meine Frau hat den tapferen Versuch unternommen, mich in die neue Rechtschreibung einzuführen, aber dann doch lieber die Texte selbst auf die Einhaltung der neuen Regeln überprüft.

Vielen Mitgliedern der Technischen Hochschule Darmstadt, unserer Heimat im Geiste, möchten wir ein herzliches Dankeschön sagen für vielerlei Hilfe und den Freiraum, der zum Bücher schreiben halt mal nötig ist.

Den Autoren bleibt die Hoffnung auf viele und begeisterte Leser, utinam.

Darmstadt, Juli 2006

Hans-Günter GassenSabine Minol

Einführung in das Thema »Die Menschenmacher«

Über die Akzeptanz von Wissenschaft und Technik in der Öffentlichkeit

Der Schock in der Neujahrsnacht

Als in der Neujahrsnacht 1989 mein Telefon klingelte, dachte ich an nichts Schlimmes: die üblichen Neujahrswünsche oder wieder einer, der sich in der Rufnummer geirrt hat. Es war aber die Feuerwehr, die mich aufforderte, so schnell wie möglich ins Institut zu kommen, da es in meiner Abteilung brannte. Das Institut für Biochemie liegt im sechsten Stock des Chemie-Quartiers im Universitätsgelände der Technischen Universität Darmstadt. Unten eine fast gespenstische Szene: Vor dem Institut etwa zehn Fahrzeuge der Berufsfeuerwehr Darmstadt mit Blaulicht und ca. 50 Feuerwehrleute in professioneller Betriebsamkeit. Nachdem ich die Treppen der sechs Geschosse im Gebäude hoch gelaufen war, offenbarte sich mir das ganze Desaster. Alles war voll von schwarzem Qualm, an einigen Stellen brannte es noch und die Feuerwehr war dabei, unsere Labore in eine Seenlandschaft zu verwandeln. Da wir mit radioaktivem Material und auch mit transgenen Organismen arbeiteten, also den Schutzbestimmungen für den Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen und dem Gentechnik-Gesetz unterlagen, war für die Feuerwehr besondere Vorsicht geboten.

Allerdings brannte es zum Glück nicht in den diesbezüglichen Schutzräumen, insofern konnte Entwarnung gegeben werden. Nachdem der Brand gelöscht und der Rauch abgezogen war, kam die Zeit der Nachfragen: Hatte ein elektrischer Kurzschluss, die Fahrlässigkeit eines Rauchers oder eine Form der Selbstentzündung chemischer Materialien vielleicht den Brand verursacht? Der Chef der Feuerwehr klärte mich dann darüber auf, dass es sich nach seinem Eindruck um einen Brandanschlag handele. Diese Vorstellung war im ersten Moment für mich unfassbar. Wer würde auf ein Universitätsinstitut, das sich nur mit Forschung und Lehre befasst, weder für das Militär arbeitet noch der Großindustrie dient oder gar Tierversuche mit Primaten macht, einen Brandanschlag verüben?

Am nächsten Morgen bestätigte sich jedoch die Vermutung der Feuerwehr. An vier Stellen waren primitive, aber wirksame Brandsätze gelegt worden. Sie bestanden aus je einem Benzinkanister und einem Tauchsieder, der von einer elektrischen Zeitschaltuhr aus angeschaltet worden war. Einen der vier Brandsätze hatte man zwischen den Gasflaschen mit flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff platziert. Zum Glück hatte dieser Brandsatz nicht funktioniert, sonst hätte die Explosion das Dach des Instituts abgerissen.

Am nächsten Morgen traf bei der Deutschen Presse-Agentur in Frankfurt tatsächlich ein Bekennerschreiben ein. Eine Gruppe, die sich die »Zornigen Viren« nannte, führte als Gründe für den Brandanschlag auf unser Universitätsinstitut folgende Argumente an: das Durchführen gentechnischer Experimente, die Zusammenarbeit mit pharmazeutischen Unternehmen und vor allem meine für Laien konzipierten Vorträge zum Nutzen der Gentechnik in Medizin und Landwirtschaft.

Zerstörte Institutsräume nach einem Brandanschlag. Für das Foto danken wir Frau Rosemarie Pflug.

Auszug aus dem Bekennerschreiben

»die Forschungseinrichtungen befinden sich integriert im biochemischen institut. leiter dieses instituts und initiator eben genannter ag, planer eines ›kleinen silikon valley‹ in darmstadt, ist professor hansgünter gassen. gassen gibt sich selbst als ›sachlicher wissenschaftler‹, seine auftritte, artikel und reden offenbaren allerdings seine funktion als geschickter propagandist der gentechnologie. während er immer betont, dass es in seiner forschung keine versuche mit menschen gibt und er sich von ›fanatischen ideen der menschenzüchtung‹ abgrenzt, zeigen andere äußerungen, daß er sich den dimensionen seiner arbeit völlig bewusst ist. ›in größeren zusammenhängen betrachtet werde die gentechnik auch vor dem menschen nicht haltmachen.‹ und weiter ›die klonierung des menschen ist nicht mehr auszuschließen. die gentechnik kennt methoden um das erbgut des menschen zu analysieren und in körperzellen defekte gene auszutauschen, genanalyse und gentherapie sind noch träume, aber morgen schon wirklichkeit.‹ weitere gedanken zur anwendung macht er sich in diesem zusammenhang über leihmütter und den ›glasuterus als gebärmaschine‹.

bei auftritten z.B. am kirchentag oder auf gewerkschaftsveranstaltungen versucht gassen ›die wogen der kritik‹ zu glätten, die ›ängste und emotionen‹ zu mildern, mit dem alleinigen ziel, die akzeptanz der gentechnologie zu erhöhen.

hier ist er ›neutraler vorzeigewissenschaftler‹, gibt sich aufgeschlossen gegenüber einzelnen einwänden, um grundlegende kritik zu kanalisieren.

die betonung der medizinischen möglichkeiten verschleiert die funktion der gentechnologie für die herrschenden; die völlige unterwerfung des menschen unter die patriarchal kapitalistische logik.

in der gentechnologischen abteilung des biochemischen instituts haben wir deshalb bei unserem besuch brandsätze hinterlassen, dem büro des genannten leiters dieser forschung wurde dabei besondere aufmerksamkeit geschenkt!

flammende grüsse an alle kämpfenden gefangenen!!

ZORNIGE VIREN«

Der obige Textauszug ist eine wortgetreue Abschrift, da das Original nur schwer zu lesen ist.

Die Mitarbeiter des Instituts für Biochemie antworteten wenige Tage später auf das Bekennerschreiben der Zornigen Viren mit einem offenen Brief, der in verkürzter Fassung in der Berliner Tageszeitung TAZ abgedruckt wurde. Daraus ist nachfolgend der letzte Abschnitt zitiert:

»Wo eure Brandsätze wirklich brennen, habt ihr nicht begriffen. Wir sind uns bewußt, daß Technik nicht absolut kontrollierbar ist. Glaubt ihr, eure Aktionen absolut kontrollieren zu können? Durch Zufall hat es keinen Verletzten oder Toten unter Feuerwehrleuten und übrigen Beteiligten gegeben: heiße Wasserstoffflaschen, angekokelte Nitromethanbehälter (das kennt ihr ja wohl). Etwas in dieser Richtung Montag Nacht und für diesen Brief hätte es keinerlei Akzeptanz mehr gegeben. Besser Silikon Valley als Bunker Valley.

Mit zornigen Grüssen und rußgeschwärzten Lungen viele Menschen des Instituts für Biochemie der THD«

Anschlag und Anschuldigungen trafen nicht nur mich, sondern unsere gesamte Arbeitsgruppe. Am schlimmsten ging es natürlich den Diplomanden und Doktoranden, da sie ihre wissenschaftlichen Arbeiten nicht fortsetzen konnten, weil sie Brandschäden beseitigen mussten. Dies betraf sowohl die biologischen Materialien, wie Bakterienstämme und Zellkulturen, als auch die in den nun teils unbrauchbaren Computern gespeicherten Daten, da die aus den Polyvinylchlorid-Materialien freigesetzte Salzsäure die Platinen angegriffen hatte.

Besonders schockiert hat uns aber die Reaktion eines Teils der Öffentlichkeit, wie sie sich aus etlichen Beiträgen z.B. in der Studentenzeitung der Universität entnehmen ließ. So lautete deren Botschaft: Wer sich mit dem Risiko Gentechnik befasst, ist selbst schuld, wenn die Gegner zu drastischen Maßnahmen greifen, um die Öffentlichkeit wachzurütteln.

Aufgeben oder weitermachen?

Nachdem der gröbste Dreck beseitigt war und wir wieder eingeschränkt arbeiten konnten, setzten wir uns an einem Wochenende zusammen und versuchten, die Geschehnisse zu bewerten. Zentraler Diskussionspunkt war, ob wir die Information der Öffentlichkeit über unsere Forschungen aufgeben und uns, wie von vielen Wissenschaftlern praktiziert, in den »Elfenbeinturm« zurückziehen sollten. Wir alle, Diplomanden, Doktoranden, Assistenten und ich, stimmten dafür weiterzumachen und wir beschlossen, die Öffentlichkeitsarbeit mit größerer Intensität und Professionalität fortzusetzen. Als eine der Konsequenzen gründeten wir das Unternehmen »Genius GmbH«, das sich bis heute um die Schnittstelle Wissenschaft und Öffentlichkeit kümmert.

Warum steht die deutsche Öffentlichkeit moderner Technik so kritisch gegenüber?

In der Folgezeit begannen wir, darüber nachzudenken, warum gerade in Deutschland ein großer Teil der Öffentlichkeit der technischen Nutzung von Ergebnissen aus der naturwissenschaftlichen Forschung so kritisch gegenübersteht. Mangelnde oder unverständliche Informationen über Grundlagen und Auswirkung technischer Innovationen können es nicht sein, da von vielen Organisationen eine unglaubliche Fülle von verständlich formuliertem und schön bebildertem Informationsmaterial allen Interessenten kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Allerdings muss man zugeben, dass, wenn es um die sozialen Folgen technischer Innovationen geht, sich viele Aussagen von Meinungsbildnern unterschiedlicher Fachkompetenz und Weltanschauung fast diametral widersprechen. So ist der Leser, Hörer oder Zuschauer darauf angewiesen, sich aus den unterschiedlichen Aussagen ein eigenes Urteil zu bilden. Dazu mag nicht jeder Mitbürger aufgrund der schwierigen technischen Sachverhalte in der Lage sein, so dass die Gefahr besteht, dass die öffentliche Meinung für oder gegen eine Sache aus Gewinnsucht von Interessenverbänden manipuliert wird.

Eine intensive öffentliche Diskussion nach dem Motto »Segen oder Fluch« entsteht wohl auch dadurch, dass es immer ein Zeitfenster gibt, in dem eine zuvor langsam gewachsene wissenschaftliche Erkenntnis relativ schnell in technische Realität umgesetzt wird und die jeweiligen Produkte in einen dann aufnahmebereiten Markt gelangen. Bei der Vermarktung technischer Innovationen müssen also Zeitgeist, Technologie und Produkt immer zueinander passen.

Es ist auffällig, dass wir uns bei der Meinungsbildung meistens von der Bewertung einer bestimmten Technik leiten lassen; so sind wir für oder wider Atomkraftwerke, Gentechnologie oder Telekommunikation. Nur selten stellen wir die Frage, ob die Techniknutzung ein reales Bedürfnis der Menschen bedient, und noch weniger bewerten wir die Entstehungsgeschichte einer Technologie über historische Zeiträume hinweg. Fast alle von uns heute genutzten Techniken sind aber nicht aus dem »Nichts« entstanden, sondern haben eine oft jahrhundertelange Vorgeschichte. Unsere Mitbürger haben sich angewöhnt, ausschließlich in ihrer Zeit zu leben und allenfalls einige Jahre vorauszublicken. Der Entstehungsprozess, besonders der von wissenschaftlichen oder technischen Erkenntnissen, interessiert sie nicht oder sie konsumieren Darstellungen der Historie nur als mediales Spektakel »à la Hollywood«.

Probleme bei der Vermittlung wissenschaftlicher Sachverhalte

Aus meiner langjährigen Erfahrung im Erläutern wissenschaftlicher und technischer Sachverhalte, besonders in den Bereichen Gen- und Biotechnologie sowie neuerdings zum Thema Hirnforschung, lassen sich einige Schlüsse ziehen. Bei diesen Vorträgen macht man die Erfahrung, dass es drei Gruppen von Lesern, Hörern oder Sehern gibt: diejenigen, die sich nur unterhalten lassen wollen, die anderen mit einer vorgefassten, nicht veränderbaren Meinung und die angenehme Gruppe derer, die offen für neue Informationen sind und sich aus Vorwissen und neu Gelerntem eine eigene Meinung bilden. Wenn es im Rahmen einer Informationsveranstaltung gelingt, bei den Zuhörern eine gewisse Nachdenklichkeit zu erzeugen und sie zu bewegen, sich nachfolgend über das kontroverse Thema zu informieren, dann hat man als »Kommunikator« ausgezeichnet gearbeitet.

Öffentliche Kritik an der Umsetzung von Forschung in Technik mit nachfolgender Vermarktung der Produkte entsteht, wenn der Nutzen der Produkte für den potenziellen Käufer nicht ersichtlich und die Herstellung des Produktes bzw. sein Konsum mit Risiken verbunden ist. Ist dagegen der Nutzen offensichtlich, so können auch Kampagnen von Organisationen wie etwa Greenpeace oder dem Bund für Naturschutz den Markterfolg des Produktes nicht dauerhaft verhindern. Langfristige Gefährdungen besonders im sozialen Bereich, wie etwa der Siegeszug der Industrieroboter, der die Arbeitsmöglichkeiten für besonders gering qualifizierte Arbeitnehmer drastisch verschlechterte, schaffen kein öffentliches Interesse im Sinne von Antikampagnen.

Fragt man nach, welche Technik die Lebensbedingungen zurzeit weltweit schnell und entscheidend verändert, so dürfte das Votum einstimmig ausfallen: »die Kommunikationstechnologien« mit Computer, Notebook, Handy, Internet und E-Mail. Ohne die weltweite rapide Verbreitung dieser Techniken und Geräte gäbe es keine Globalisierung mit einer durch Dumping, feindlichen Übernahmen und Energiekrisen geprägten Weltwirtschaft. Auch die massenhafte Entlassung älterer Arbeitnehmer in den Industriestaaten geht wohl zum Teil darauf zurück, dass sie sich nicht mehr in die neue Computerwelt einfinden können.

Da jedoch zumindest eines dieser Geräte, an erster Stelle wohl das Handy, von praktisch allen mit größtem Vergnügen intensiv genutzt wird, bleibt die Kritik an den Folgen einer nur von Marktinteressen dominierten Verbreitung der neuen Kommunikationssysteme eine Domäne akademischer Zirkel. Somit lässt sich die Schlussfolgerung, dass die Kritik der Bevölkerung an einer technischen Entwicklung mit der Höhe des möglichen Schadens korreliert, nicht ziehen. Man kann eher die Aussage wagen, dass tagtäglicher Nutzen die Diskussion über langfristige Schäden verstummen lässt.

Besonders kritisch, fast allergisch, reagieren unsere Mitbürger auf Verfahren und Produkte, die ihr körperliches Wohlsein und ihre Würde als Menschen betreffen. Zum Wohlsein gehören Heilbehandlungen aller Art, die Ernährung und die Umwelt, zur Würde alles, was uns aus einem Bauchgefühl heraus missbehagt. Als Paradedisziplin für ein Verfahren, dessen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zwar eher gering ist, das aber mit nicht enden wollender Leidenschaft diskutiert wird, lässt sich die Gentechnologie anführen.

Hinsichtlich des Themas »Gentechnologie« haben tausende von Vorträgen, Broschüren und Werbefilmen, verfertigt und öffentlich vertreten von Befürwortern oder Kritikern, die öffentliche Meinung über diese Techniken kaum beeinflusst. Als jedoch wirksame gentechnisch hergestellte Medikamente wie Insulin und Interferon auf den Markt kamen, verschwand die Opposition gegen die so genannte ›Rote Gentechnik‹ fast schlagartig. Als Gegenprobe kann man die öffentliche Meinung zur ›Grünen Gentechnologie‹, also der gentechnischen Veränderung von Nutzpflanzen, anführen. Da es am Markt noch keine für den Verbraucher nützlichen Produkte gibt, lehnt die Bevölkerung trotz aller Verführungskünste der Agrarkonzerne diese Technologie und ihre Produkte ab. Das Argument »nützt dem Landwirt bei der Schädlingsbekämpfung und erhöht seinen Ertrag« interessiert den Verbraucher in Zeiten der Überproduktion nicht. Der von den Gegnern der Grünen Gentechnik benutzte Begriff »genmanipulierte Nahrungsmittel« suggeriert Gefahr für den Konsumenten und übles Wollen der Agrarkonzerne zugleich. Begünstigt wird diese Antihaltung in den reichen Industriestaaten auch durch die Hinwendung der Bevölkerung zum »Natürlichen«. In der Kurzfassung lautet die Bewegung »Bio ist in«.

Ein besonders heikles Thema der Technikakzeptanz ist auch alles, was das Menschsein selbst betrifft: so die DNA-basierte In-vitro- und In-vivo-Diagnostik, die embryonalen Stammzellen, die Reagenzglasbefruchtung und ganz besonders das Klonen von menschlichen Embryos, und eventuell damit verbunden das Klonen von Menschen. Hier wird nicht nur die Frage nach dem »cui bono« (wem nützt es) gestellt, sondern religiöse, ethische und soziale Argumente bilden eine Art Schutzwall gegen die Anwendungen dieser Techniken am Menschen. Dabei lässt sich für jede der zuvor angeführten Methoden ein medizinischer Nutzen finden: DNA-basierte Diagnose hilft, Krankheiten früh zu erkennen, und erlaubt eine Individualisierung der Therapie, und embryonale Stammzellen können in nicht allzu ferner Zukunft bisher unheilbare Krankheiten lindern oder sogar heilen. (Wir benutzen hier und im folgenden die international gebräuchliche Abkürzung DNA – englisch deoxyribonucleic acid – und nicht DNS, abgekürzt aus dem deutschen Wort Desoxyribonukleinsäure). Die In-vitro-Fertilisation ist eine seit 30 Jahren erfolgreich praktizierte Methode der Befruchtung und ca. 30.000 Kinder in Deutschland verdanken der Methode ihr Leben. Über die Ablehnung des Klonens von menschlichen Embryonen brauchte man eigentlich kein Wort zu verlieren, aber ein »caveat« ist angebracht, wenn man die Bestrebungen einiger Sekten und die Experimente weniger von Ehrgeiz besessener Wissenschaftler betrachtet.

So wird niemand bestreiten, dass sachliche Informationen zu diesen Themen dringend notwendig sind und dass uns nur eine breite öffentliche Diskussion unter Gegnern und Befürwortern helfen kann, Nützliches von Schädlichem zu trennen.

Fast niemand kritisiert die Ingenieure

Zu unserem Erstaunen hat sich die öffentliche Diskussion um Segen oder Fluch der auf den Menschen zentrierten Technik in den letzten Jahren auf die biologischen Wissenschaften konzentriert. Die Entwicklungen auf dem Gebiet der humanoiden Roboter, der Cyborgs und der Versuche, pharmakologisch oder elektronisch die Leistungen des Humangehirns zu optimieren, scheinen nur politisch nicht relevante Minderheiten zu interessieren. Fragt man nach den Auswirkungen, die diese Techniken auf ethische und soziale Aspekte der menschlichen Gemeinschaft haben, so könnten sie in ihrer Wirktiefe die Folgen der biologischen Forschung weit übertreffen. Dabei geht es nicht nur um die Industrieroboter, die die Fabrikhallen entvölkern und so Arbeitsplätze kosten, sondern auch um scheinbare Nebenproduktewie z.B. elektronische Bauteile zur Steuerung neuronaler Funktionen.

Der neue humanoide Roboter, der selbstständig den Ball sucht, ihn vorwärts treibt und kickt, entwickelt von den Wissenschaftlern der Technischen Universität Darmstadt. Zur Verfügung gestellt von der Pressestelle der TU Darmstadt

Über viele dieser Entwicklungen möchten wir informieren und teilweise auch vor ihnen warnen. Aber wie wird es um unseren Wirkungsgrad stehen, d.h. wird man uns Beachtung schenken oder unseren Argumenten sogar folgen? Allein der gute Wille zu informieren hilft nicht, auch die Effizienz der Wissensvermittlung muss stimmen.

Wir möchten einen alten Ansatz der Wissenschaftskommunikation wiederbeleben

Ich habe mich oft gewundert, warum Zukunftsromane wie Jules Vernes »Die Reise um den Mond« oder Wissenschaftsromane wie Karl Aloys Schenzigers »Anilin« bei ihren Zeitgenossen so große Erfolge hatten. Von dem 1936 erschienenen Roman »Anilin« wurden drei Millionen Exemplare verkauft, dies ist für ein Wissenschaftsbuch eine fast unfassbar hohe Auflage. Ähnliches gilt für Schenzingers Romane »Metall«, »Atom« und »Die Magie der lebenden Zelle«.

Die Begeisterung für Wissenschaft und Technik, die vor dem Krieg in Deutschland herrschte, war in der Nachkriegszeit bedingt durch das ungeheure Leid, das durch den Einsatz von Hochtechnologie wie etwa der Atombombe über die Menschen gekommen war, tief erschüttert. Der Wiederaufbau in Deutschland erfolgte auch nicht durch den Einsatz neuer Technologien, sondern durch die Perfektion des Bewährten und die Rationalisierung bekannter Verfahren. Die Schlüsselerfindungen in der Mikroelektronik und in der Biologie wurden eben nicht in Deutschland gemacht, sondern in den USA oder in Japan, und die Flüge zum Mond waren eine Sache der Amerikaner und der Russen. Die neuen Bewegungen in Deutschland wie z.B. die Studentenbewegung in den Jahren um 1968, die Naturschutzbünde und besonders die Partei »Die Grünen« waren wissenschaftskritisch und technologiefeindlich eingestellt. Steigender Wohlstand sowie die Sehnsucht, den neuen Reichtum auch zu bewahren, führten in der breiten Bevölkerung zu einer Grundstimmung, die sich auf die Kurzformel bringen lässt: »Neues könnte gefährlich sein.« Diese Innovationsfeindlichkeit in Teilen unserer Bevölkerung haben sich Organisationen wie z.B. Greenpeace zunutze gemacht, um als gut bezahlte Warner gegen Entwicklungen wie die Pflanzenbiotechnologie Stimmung zu machen.

Obwohl sich diese Art von Innovationsbehinderung für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, nicht nur für die jetzige Generation, sondern auch für deren Kinder und Enkel, sehr negativ auswirkt, muss trotzdem die Meinungsvielfalt in einer Demokratie garantiert sein. Es gilt also nicht, die Aktionen von Greenpeace zu verteufeln, sondern es müssen neue Konzepte für die Akzeptanz von Wissenschaft und Technik entwickelt werden.

Für Wissenschaftsromane à la Schenzingers »Anilin« findet man in der heutigen Zeit wohl kein Publikum mehr. Kritiklose Begeisterung für die Segnungen der Chemie oder der Physik sind nicht angesagt. Ein Mehr an Verständnis lässt sich möglicherweise erreichen, wenn man darlegt, dass jede bahnbrechende Erfindung samt ihrer Umsetzung in Technik eine lange Historie hat und sie oft von Literaten bereits vorausgedacht wurde. Risikoreiche technische Innovationen werden in der Öffentlichkeit zumindest sachlicher diskutiert, wenn man die Entstehungsgeschichte und das geistige Umfeld erläutert. Der Fehler im Diskurs mit Kritikern besteht eben gerade darin, eine Sache als völlig neu und noch nie da gewesen darzustellen. Bei einer völlig neuen Technik lassen sich auch deren Risiken nicht profund ermitteln. Bei neuen Techniken verleiten natürlich das Patentrecht, d.h. der Schutz des geistigen Eigentums, sowie die Werbung für die Vermarktung der daraus resultierenden Produkte zu einer solchen Vorgehensweise.

Wir haben uns nun die Frage gestellt, ob es Themen gibt, die zum einen viele Menschen interessieren und zum anderen als »Trojanisches Pferd« dienen können, um naturwissenschaftliche Fakten und ihre sozialen Konsequenzen zu vermitteln. Letztlich gilt es dann, das Für und Wider der Fakten auf dem Hintergrund ihres historischen Werdegangs zu einer gut lesbaren Geschichte zu verarbeiten.

Das Vorhaben »Menschenmachen«, ein über die Zeiten hinweg spannendes Thema

Mit unserem Buch »Die MenschenMacher« haben wir den fortwährenden Traum der Menschen, Schöpfer ihrer selbst zu sein, aufgegriffen. Unter anderem hat uns dazu der Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe mit seinem Gedicht »Prometheus« inspiriert, vor allem die zwei Zeilen: »Hier stehe ich, forme Menschen nach meinem Bilde, ein Geschlecht, das mir gleich sei …« Dieser Traum vom selbst verfertigten Geschlecht existiert, seit es Erzählungen und Aufzeichnungen zur Geschichte der Menschheit gibt. An seiner Realisierung haben sich auf der einen Seite viele kreative Bewohner dieser Erde versucht, auf der anderen Seite gibt es ebenso viele oder gar mehr Warner, die die potenziellen Konstrukteure der Gotteslästerung bezichtigen. Über die Jahrtausende ist die Diskussion über die moralische Berechtigung zum »Menschenmachen« genauso erbittert geführt worden wie heute die Auseinandersetzungen um die Nutzung der Kernkraft oder das Klonen von Embryonen.

Menschen mit ihrer unerreichten Vielfalt an Aussehen, Fähigkeiten und Begabungen gibt es auf dieser Erde fast im Übermaß. Menschen sind in ihrer Herstellung auf natürlichem, d.h. biologischem Weg nicht teuer, im Unterhalt zumeist genügsam und in ihrer Leistungsfähigkeit unter allen Lebewesen auf dieser Erde konkurrenzlos. So werden viele gegen die Thematik »Menschenmachen« einwenden, dass der von Gott geschaffene oder das evolutionäre Gebilde »Mensch« in seiner Schönheit, seiner Moral und seiner Leistungsfähigkeit bisher unübertroffen ist und es keiner Wissenschaft oder Technik je gelingen wird, einen besseren Menschen zu machen. Warum sollten Menschen ihre Visionen, ihre Intelligenz, ihr technisches Können und schlussendlich auch ihre finanziellen Mittel einsetzen, nur um ihresgleichen zu konstruieren? Warum also dieses Buchthema?

Besonders schön ist es für einen Naturwissenschaftler zu ergründen, inwiefern sich neben den Medizinern und Naturwissenschaftlern auch Philosophen, Poeten und Künstler mit Worten und Werken am Projekt »Menschenmachen« beteiligt haben. Den Literaten gebührt eine Anerkennung dafür, dass sie viele technische Errungenschaften sowohl in ihrem Zustandekommen wie in ihren sozialen Folgen richtig vorhergesagt haben. Auch sollte man nicht verkennen, dass gerade die Philosophen als gedankliche Wegbereiter für nachfolgende wissenschaftliche Entwicklungen gedient haben. Oft stellt sich sogar die Frage, wem das Urheberrecht an der Idee für eine solche Utopie zukommt. Falls die Literaten die Anregungen für sich reklamieren, müssen sie allerdings neben ihrer Mahnerrolle auch die Verantwortung für die sozialen Konsequenzen ihres geistigen Erfindertums übernehmen.

Vielleicht ist es ja gerade das »Nicht-Vernünftige«, was uns am Thema »Menschenmachen« wie auch an einigen anderen Themen heutiger Wissenschaft und Technik fasziniert. Forschung, sei sie auf die Theorie oder die Praxis ausgerichtet, ist auch immer von Irrealitäten, d.h. von Sehnsüchten und Träumen und vom Streben nach Ehre, Macht und Reichtum bestimmt. Nicht immer können wir unser Wollen und Handeln vernünftig begründen; aber als Menschen sind wir unersättlich neugierig und ein »Unmöglich« hat uns immer zu größerer Aktivität und Genialität angestachelt. Ohne das Emotionale in uns wären nie Menschen auf dem Mond gelandet und auch heil wieder zur Mutter Erde zurückgekehrt, wir hätten weder Hund noch Katze geklont und der Androide Asimo würde nicht Walzer tanzen.

Ob unser Unterfangen gelungen ist, neben der gewiss nötigen Kritik auch ein wenig Bewunderung für Wissenschaft und Technik anhand des nie endenden Menschheitstraums »Menschenmachen« zu vermitteln, mag der Leser entscheiden!

Literatur

Freudig, D. (Hrsg.): Faszination Biologie: Von Aristoteles bis zum Zebrafisch. Elsevier-Spektrum, Heidelberg, 2005.

Schaeffer, R. (Hrsg.): Ist die technischwissenschaftliche Zukunft demokratisch beherrschbar? Heinrich-Böll-Stiftung mit der Zeitschrift Kommune, Bonn/Frankfurt, 1990.

Tenner, E.: Die Tücken der Technik. Wenn der Fortschritt sich rächt. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M., 1997.

Bender, W., Hauskeller, Ch., Manzei, A. (Hrsg.): Grenzüberschreitungen-Crossing Borders, agenda Verlag Münster, 2005.

Fukuyama, F.: Das Ende des Menschen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2002.

Warum ist der Mensch ein einzigartiges Wesen?

Was ist es, was den Menschen innerhalb der belebten Natur so einzigartig macht? Natürlich gibt es auf diese umfassende Frage eine Vielfalt von Antworten. Wir wollen uns aber auf die Beispiele humanes Gehirn und Sprache als Kommunikationsmittel beschränken. Unser Gehirn, gut versteckt in unserem Schädel und von seiner äußeren Form her relativ unansehnlich, ist doch das wunderbarste Gebilde, das auf der Erde und vermutlich in der ganzen Welt existiert. Es ist unser Gehirn, und besonders die Dichte der Nervenzellen in der Hirnrinde, das uns zum Menschen macht. Die Kommunikation der Menschen untereinander mithilfe der Sprache ist eines jener Wunder, die wir nie ganz verstehen werden. Sprechen ist uns nicht angeboren, sondern wir müssen es als Kinder lernen. Wir begreifen Sätze, die wir nie zuvor gehört haben. Worte können für uns Befehle sein, die wir bedingungslos ausführen. Sprache und besonders Gesang können durch ihren Wohlklang unsere Seele zum Schwingen bringen.

Dann befassen wir uns mit den Schöpfungsgeschichten der Bibel, den Mythen bei Nicht-Christen und der Evolution à la Darwin. Aus den Schöpfungsmythen unserer Vorfahren sind wahrscheinlich die Religionen entstanden und aus der Angst vor dem Tod jene Herrschaftsstrukturen, die den Menschen Wege zum ewigen Leben ebnen sollten. Für die Götter ist der Himmel reserviert, mit Licht und Dunkelheit, mit Sonne, Sturm und Regen. Sie besitzen das ewige Leben und verfügen über ungewöhnliche Fähigkeiten, aber auch menschliche Schwächen sind ihnen nicht fremd.

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