Die Pferde aus Galdur - Die silberne Spur - Sabine Giebken - E-Book

Die Pferde aus Galdur - Die silberne Spur E-Book

Sabine Giebken

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Beschreibung

Ein magisches Abenteuer über mystische Islandponys und eine alte Geschichte Der Sage nach wird mit ihrem Tod ein neues Pferd des Feuers und ein neues Pferd des Eises geboren. Diese Pferde gilt es zu schützen wie die Natur, in der man lebt. Sie bilden das Herz der Insel, die heute Island heißt. Niemand darf diese Pferde von der Insel fortbringen oder gar töten. Sonst wird das Land zerspringen und in den Tiefen des Nordmeers untergehen. Seit ihrem letzten Abenteuer mit Fenja hat Elva immer wieder Visionen von einer Stute, die in großer Gefahr schwebt und nach ihr ruft. Wer ist dieses Pferd? Handelt es sich etwa um das sagenumwobene "Pferd des Eises"? Die Mädchen begeben sich auf einen abenteuerlichen Ritt quer durchs Hochland, um seiner silbernen Spur zu folgen – und machen dabei einige mysteriöse Begegnungen. Sie müssen das Pferd des Eises um jeden Preis beschützen! Aber werden sie die Stute überhaupt rechtzeitig finden? Mit exklusivem Farbschnitt in der ersten Auflage!

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Seitenzahl: 250

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INHALT

PROLOG

SCHWEDISCHES STEINGEBLUBBER

SILBERTRÄUME

WEGBEREITER

DAS VERGESSENE TAL

DIE VERLORENE ERINNERUNG

BESUCH IN DER NACHT

REISEPLÄNE

DIE VERBORGENE KARTE

DER STEINWÄCHTER

AUF DEM KJÖLUR

NACHTLICHT

FAIRY KNOTS

ELFENPFADE

DIE HÖHLE DES FLÜSTERNS

WEGEPFAND

EIN BÖSER VERDACHT

GEHEIMNISSE

KNOTENWORTE

DIE GESCHICHTE DES WÄCHTERS

PFERDETAXI

DIE SILBERSPALTE

FEUERTANZ

UNHEIMLICHE BEGEGNUNGEN

WELT IM WASSER

DIE SILBERNE STUNDE

SILFRA

ZU HAUSE

DIE WIEDERGEFUNDENE ERINNERUNG

LESEPROBE

KAPITEL 1

PROLOG

Der Stein lag schwer in meiner Hand. Er war oval und von graublauer Farbe, und obwohl er nicht besonders groß war, konnte ich sein Gewicht überdeutlich spüren. So als ob etwas in seinem Inneren eingeschlossen war, das man nicht sehen konnte. Nur fühlen.

»Halt dich gut fest, ja?« Die Stimme meiner Schwester rauschte mit dem Wind an mir vorbei. Ich schlang meine Arme fester um ihren Bauch und der Stein drückte sich tief in meine Handfläche.

Das Pferd unter uns wechselte in einen sanften Tölt. Ich ließ mich von der Kreiselbewegung mittragen und machte meine Hüfte ganz weich. Hinter dem Sattel zu sitzen, war kein Spaß, aber anders ging es nicht. Und ich hatte so unbedingt mitgewollt, dass ich mich nun nicht beschweren durfte.

Dann sah ich ihn. Graugrün, unter feuchtem Moos verborgen wie ein Geheimnis aus alten Geschichten.

Den Mann aus Stein.

Er war etwa so hoch, dass er mir bis zur Hüfte reichte. Sein Körper bestand aus flachen, aufeinandergestapelten Steinen, die zum Kopf hin immer kleiner wurden. Arme und Beine besaß er nicht, weil er sie nicht brauchte. Er trug einen Hut auf dem Kopf, der sein Gesicht verdeckte, und einen Bart aus langen, dünnen Moosfäden. Nur seine Augen sah man – tiefe dunkle Flecke im Stein, die mich voller Misstrauen anstarrten.

»Steig ab«, befahl Lilja mir, und ich rutschte vom Po des Pferdes und landete unsanft auf meinen Füßen. Ich konnte den Blick nicht von den finsteren Augen des Steinmanns abwenden und so stolperte ich über einen Grashügel und wäre um ein Haar direkt in ihn hineingestürzt! Doch das Pferd senkte seinen Kopf und ich konnte mich gerade noch an seiner dichten Mähne festhalten.

Von irgendwo tief unter uns begann es zu flüstern.

Komdu, komdu nær!

»Wir beeilen uns besser.« Die Stimme meiner Schwester klang ängstlich. Eilig zupfte sie an ihrer Tasche herum und zerrte ihren Stein heraus. Er war graublau. Genau wie meiner. Sie atmete tief durch, trat an den Steinmann heran und drückte das Steinchen in eine Kuhle unter seinem Bauch. Sofort zog sie die Hand zurück und schaute zu mir. »Jetzt du!«

Ich merkte, dass ich mich noch immer an die Mähne des Pferdes klammerte. Das Flüstern wurde lauter, wurde zu einem warnenden Zischen und ich wäre am liebsten davongerannt! Aber das ging natürlich nicht. Wenn man sich in der Nacht aus dem Haus schlich und auf eine heimliche Mission begab, durfte man kein Angsthase sein. Auch nicht in einer hellen Sommernacht. Langsam ließ ich los und trat einen Schritt vor, genauso wie Lilja es getan hatte.

Die Luft fing an zu flimmern, und der Boden unter meinen Füßen vibrierte, als würden sich stampfende Tritte nähern.

»Es war ein Versehen«, sagte ich hastig. »Sie wollte die Steine nicht stehlen!«

Ich stopfte meinen Stein neben Liljas und etwas Seltsames geschah. Der Steinmann begann, mit unseren Steinen zu verschmelzen, bis sie ein Teil von ihm waren und ich sie kaum noch von seinen unterscheiden konnte. Und das Flüstern, das sich um uns erhob, schien genau aus seinem steinernen Mund zu kommen:

Komdu, komdu nær! Við erum að bíða eftir þér.

Komm, komm näher! Wir warten schon auf dich.

SCHWEDISCHES STEINGEBLUBBER

»Der Sage nach wird mit ihrem Tod ein neues Pferd des Feuers und ein neues Pferd des Eises geboren. Diese Pferde gilt es, zu schützen wie die Natur, in der man lebt. Sie bilden das Herz der Insel, die heute Island heißt. Niemand darf diese Pferde von der Insel fortbringen oder gar töten. Sonst wird das Land zerspringen und in den Tiefen des Nordmeers untergehen.«

Ich klappte das Buch zu und lehnte mich zurück. Es war schon irre. Da hatte ich mir die Finger wund geblättert, um eine Geschichte über den Mitternachtsreiter zu finden – und dabei stand die wahre Geschichte die ganze Zeit in einem Regal in Pabbis Bücherschrank herum! Aber so war es doch oft. Man suchte und suchte, und dabei vergaß man, auf das zu achten, was direkt vor seinen Füßen lag.

»Bloß gut, dass Amma die ganzen alten Geschichten gesammelt hat«, sagte ich zu Baldur, der neben mir auf der Hügelweide lag und träge ein Auge aufklappte. Trotz des Windes, der hier oben immer blies, war es beinahe unerträglich warm geworden. Sogar die Elfenkuhle war heute ein angenehm kühler Ort. Baldur schnaubte, dann ließ er sich seitlich umfallen und streckte sich lang auf der Weide aus.

»Eigentlich hast du voll recht.« Ich strich ihm das lange Schopfhaar aus den Augen und musste grinsen, als ich ihn anschaute. Unmagischer und unschicksalhafter als Baldur im Moment konnte ein Pferd nicht aussehen! Nein, ich machte mir keine Sorgen. Niemand wusste von seiner seltsamen Bestimmung, niemand außer Elva und mir. Und da Elva eine Finnandi und damit die Einzige unter den Huldu war, die das Pferd des Feuers bei den Menschen finden konnte, würde ihn auch niemand erkennen!

Außerdem wachte ich mit Argusaugen über ihn. Er war hier fünf Jahre lang sicher gewesen. Warum sollte sich das plötzlich ändern?

Nun, außer die Wölfe kamen. Die Wölfe konnten uns immer gefährlich werden und dafür musste ich einen Plan haben, einen guten Plan.

Aber nicht heute. Heute waren endlich alle abgereist, und es würden drei Tage vergehen, bis Mamma nach Húsavík fuhr und die neuen Gäste einsammelte. Drei Tage herrlichste Ruhe!

Ich musste lächeln. Baldur sah aus wie ein riesiges Plüschtier mit seiner dicken, weichen Puschelmähne. Da konnte ja niemand widerstehen!

Mit einem wohligen Seufzer ließ ich mich zur Seite fallen und kuschelte mich tief in Baldurs Halskuhle. Kurz, ganz kurz nur glaubte ich, ein Wispern zu hören. Heimliche, verborgene Stimmen, die mir etwas zuflüsterten. Doch heute wollte ich sie nicht hören. Heute wollte ich nur mit Baldur in der Sonne liegen und die Ruhe …

»Fenja? Feeeeeenjaaaaa!«

Baldur zuckte unwillig. Und meine friedliche Stimmung zerplatzte wie eine Seifenblase.

»Wir rühren uns einfach nicht«, murmelte ich in Baldurs Mähne. »Vielleicht haut er einfach wieder ab.«

»Oh Mann, komm schon. Ich hab euch längst gesehen.«

»Ich will dich aber nicht sehen«, knurrte ich, ohne mich zu bewegen. »Ist das so schwer zu kapieren?«

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich die Schritte hörte. Und das Keuchen. Es war anstrengend, die Hügelwiese hinaufzulaufen. Deshalb machte ein normaler Mensch das auch nicht. Ein normaler Mensch schwang sich entweder ohne Sattel auf ein Pferd und ritt hier rauf – so wie ich – oder pfiff laut und wartete, bis die Pferde zum Stall gelaufen kamen – so wie Pabbi. Aber natürlich ging es nicht um die Pferde. Der Störenfried wollte zu mir.

»Hej, Fenja!«

»Hi, Björn.« Ich versuchte, ganz ruhig zu atmen. Mein Kopf lag immer noch auf Baldurs Hals und seine Mähne gab einen prima Sonnenschutzvorhang ab. Es war höchst unhöflich, einfach liegen zu bleiben. Deshalb machte ich genau das.

»Echt schön hier!« Björn ließ sich auf die Knie fallen und streckte sich doch tatsächlich neben mir aus! Er wagte es nicht, Baldur als Kopfkissen zu benutzen, sondern suchte sich einen Wiesenhubbel als Unterlage. Trotzdem hätte ich ihm am liebsten gegen sein Schienbein gekickt für diese Unverschämtheit.

»Was machst du überhaupt noch hier?«, fragte ich, nachdem ich eine Weile seinen überlauten Atemseufzern zuhören musste. »Verpasst du nicht gerade deinen Flieger?«

»Der ist gecancelt«, berichtete er vergnügt. »Streik des Bodenpersonals oder so. Jetzt müssen wir noch drei Tage hierbleiben.«

»Oh. Tut mir voll leid«, brummte ich und biss mir auf die Lippe. Es tat mir leid – aber nur für mich! Jetzt hatte ich die Nervbacke noch drei Tage länger am Hals. Danke, Bodenpersonal.

»Nicht so schlimm!« Björn grinste. Ich konnte es hören, ohne ihn anzugucken. »Es soll hier in der Nähe ein magisches Steinmännchen geben. Hat der Typ am Flughafen erzählt. Kennst du ihn?«

»Den Typ am Flughafen? Nein.«

Björn kicherte, dabei war der Witz total schlecht gewesen. »Das magische Steinmännchen natürlich.«

»Du solltest dich von isländischen Steinmännern fernhalten. Und komm bloß nicht auf die Idee, ihnen einen ihrer Steine zu klauen! Da verstehen die keinen Spaß.«

»Jaja, schon klar.« Björn kippte auf die Seite und stützte sich auf einem Ellbogen ab, damit er mich angucken konnte. »Also weißt du, von welchem Männchen die Rede ist, oder?«

»Klar. Aber du brauchst nicht zu fragen. Ich führe dich ganz bestimmt nicht dorthin.«

»Was ist das denn für eine … Steinmagie?«

Baldur begann, leise zu schnarchen, und ich beneidete ihn für seine Ruhe. Meine Ruhe hatte sich leider in schwedisches Steingeblubber verwandelt.

»Keine Magie. Sie zeigen dir den Weg. Den richtigen Weg. Außer du verärgerst sie. Dann kann es sein, dass du dich verirrst und niemals wieder zurückfindest.«

»Wow«, meinte Björn. »Das ist cool! Ich muss ihn sehen, Fenja. Bitte, bringt mich hin!«

»Niemals«, antwortete ich und breitete noch mehr Mähnenhaare über meinem Gesicht aus. »Die Pferde haben drei Tage Pause. Da gibt es keine Ritte für Wöl… äh, für Touristen!«

»Dann laufen wir halt!«

»Zu weit.« Du machst ja schon schlapp, wenn du nur die Wiese hochlaufen musst, dachte ich und musste plötzlich kichern.

Björn schwieg eine Weile. Dann setzte er sich auf und verschränkte die Arme vor dem Bauch. »Okay. Erinnerst du dich, was ich dir in Ásbyrgi erzählt habe? Ich weiß auch ein Geheimnis. Es ist eine … Entdeckung.«

»Schön«, murmelte ich und blinzelte zu ihm hoch. »Dann freu dich darüber.«

»Ich verrate sie dir! Wenn du mich zu dem Steinmännchen bringst.«

Fast verschluckte ich mich, so sehr musste ich lachen. Das hatte er in Ásbyrgi auch schon versucht! Aber erpressen ließ ich mich nicht. Schon gar nicht von …

Baldur rührte sich unter mir, und dann richtete er sich so plötzlich auf, dass mein Kopf auf den Boden plumpste. Bevor ich mich aufrappeln konnte, sprang er auf die Beine, stellte sich vor mich und prustete.

»Siehst du!« Björn lachte. »Er will auch, dass du mit mir …«

»Psst«, zischte ich, stand auf und klopfte mir die Graskrümel von der Hose. Baldur lauschte in die Richtung des Vulkanhügels. Seine Ohren waren steil aufgerichtet, sein Hals gespannt und all seine Sinne auf etwas konzentriert, was den Hügel herunterkam.

Etwas?

Nein. Jemand!

Mein Herz begann, wie wild zu klopfen. Ich sah zu Björn, und einen Moment lang verstand ich nicht, warum er noch immer mich anstarrte, so als wäre ich verrückt geworden – aber Björn konnte nichts dafür.

Björn konnte sie nicht sehen, weil er ein Fremder war.

Nur einem isländischen Mädchen zeigten sie sich.

Die Unsichtbaren.

Ich trat dicht an Baldur heran. »Du siehst sie auch, stimmt’s?«, flüsterte ich ihm ins Ohr.

Baldur schnaubte. Dann schüttelte er seine Mähne, und ich wusste, er würde loslaufen, zu ihr. Und noch etwas wusste ich. Es war nur ein Gefühl, aber plötzlich wollte ich ihn auf keinen Fall mit Elva allein lassen!

»Fenja?« Verwirrt schaute Björn mich an. »Was will er denn?«

»Seinem Schicksal entkommen«, murmelte ich.

Und dann tat ich wieder etwas sehr Unhöfliches. Ich streckte meine Hand aus, griff nach Baldurs Mähne und sprang auf seinen Rücken. Fast im selben Augenblick schoss Baldur los und wir jagten in gestrecktem Galopp über die Weide! Björn rief mir etwas hinterher, doch ich drehte mich nicht mehr um.

Ich hatte nur noch einen Gedanken: Ist Elva gekommen, um Baldur zu holen?

SILBERTRÄUME

Elva stoppte am Fuße des Vulkanhügels. Besser gesagt: Sie versuchte zu stoppen. Sóley, ihr Pferd, hatte so ein Tempo drauf, dass er beinahe in unseren Zaun krachte. Er machte einen halben Bocksprung und bremste so knapp hinter der Absperrung, dass der Draht vibrierte.

Ich legte meine Hand auf Baldurs Hals, aber er war genauso wild wie Sóley. Er stieg sogar ein bisschen, als Sóley ihm seine Nüstern entgegenstreckte.

»Hallo«, begrüßte ich Elva. Diesmal war ich besser höflich, denn Elva war kein gewöhnliches Mädchen. Sie gehörte zum Huldufólk, den Verborgenen, die auf Island eine besondere Aufgabe erfüllten: Sie fanden und bewachten die Schicksalspferde.

Und dummerdummerweise war ausgerechnet unser Baldur eines davon.

Sóley sprang in den Zaun und blieb mit seiner Mähne am Draht hängen. Sofort fing er an, zu bocken und sich wie verrückt im Kreis zu drehen. Elva wurde kreidebleich und klammerte sich verzweifelt fest und sofort tat sie mir wieder leid.

»Schwerpunkt suchen«, rief ich ihr zu. »Bleib ruhig sitzen und balanciere dich aus!«

Baldur versuchte spielerisch, nach dem im Zaun gefangenen Sóley zu schnappen. Ich verlagerte mein Gewicht und ließ ihn rückwärtsgehen. Aber Baldur dachte wohl, das wäre ein lustiges Spiel, und tanzte genau wie Sóley im Kreis herum.

»Fenja«, flüsterte Elva hilflos. Sie hing nur noch an Sóleys Seite und würde bestimmt jede Sekunde herunterrutschen.

Ich wartete, bis Baldur mal eine Sekunde stillstand, dann sprang ich von seinem Rücken. Mit einer Hand griff ich nach dem Zaun, mit der anderen nach Sóleys Mähne. Ich musste ganz schön fest zupfen, aber dann war er frei und blieb ein paar Sekunden schnaufend stehen.

Elva rutschte zu Boden und landete sicher auf ihren Füßen. Sie trat zwei Schritte von Sóley weg und straffte die Schultern.

Sobald sie nicht mehr auf ihrem wild gewordenen Pferd saß, kehrte die alte Eleganz zurück. Jetzt war sie wieder die Elva, die ich kannte: ein hellblondes, wunderschönes Mädchen mit blasser Haut und durchscheinenden hellblauen Augen, das etwas Eisiges ausstrahlte, sogar wenn sie lächelte.

Was sie nicht machte. Ihre Miene sah so ernst aus, als hätte sie einen ekligen Klumpen verschluckt.

»Ist er dir mal wieder durchgegangen?« Ich versuchte, nicht zu grinsen. Elva hasste es, wenn Sóley so den Berg herunterrannte. Eigentlich hasste sie alles, was mit Geschwindigkeit zu tun hatte. Es war ein Wunder, dass sie überhaupt noch auf seinen Rücken stieg.

Elva antwortete nicht. Sie starrte zu Boden und atmete tief durch.

»Was ist passiert?«, fragte ich leise. Jetzt bekam ich es mit der Angst zu tun. Baldur … Elvas Familie hatte rausgefunden, dass er das Pferd des Feuers war. Nun waren sie auf dem Weg hierher, um ihn zu holen!

Doch Elva schüttelte den Kopf. Sie richtete ihre eisigen Augen auf mich, und sofort spürte ich den kühlen Schauer, der meine Haut streifte. »Nichts ist passiert. Etwas wird passieren.«

Ich steckte die Hände in die Taschen meiner Hose. Zum Glück tat ich das öfter, sie waren so ausgebeult, dass ich darin bequem eine Faust machen konnte. »Was meinst du damit, etwas wird passieren? Passiert denn nicht immer irgendwas?«

Elva ließ ihren Blick abschweifen. Zu Baldur, der seinen Kopf nun über den Zaun streckte und Sóley anstupste. Und sofort wurde der Schauer auf meiner Haut noch ein bisschen kälter.

»Geht es … um ihn?«, fragte ich und schluckte.

»Ein bisschen.«

»Ein bisschen?«, polterte ich. »Elva, sag schon! Weiß jemand von ihm? Wissen die anderen … Huldu … dass Baldur … das Pferd des Feuers ist?«

Elvas Augen wurden groß. »Nein! Dann wäre er längst fort, das kannst du mir glauben. Aber, Fenja … Ich habe von dem Pferd geträumt. Ich habe seine Gegenwart gespürt!«

Mein Mund wurde trocken. »Du hast von Baldur geträumt?«

Aber Elva schüttelte schon wieder den Kopf. »Nicht von Baldur. Von … ihr!«

»Ihr?«

»Der Stute.«

»Dem Pferd des Eises?«

»Sie muss es sein.«

»Aber … jetzt schon?« Ich biss mir auf die Lippe.

Das Pferd des Eises war das zweite Schicksalspferd und laut einer Sage waren diese beiden Pferde das Herz von Island. Und mussten um jeden Preis beschützt werden.

Doch Elva und ich hatten einen Deal geschlossen: Baldur durfte bei mir bleiben, und dafür half ich ihr, das Pferd des Eises aufzuspüren – und notfalls sogar, es zu stehlen! Was würde mit Baldur geschehen, wenn wir beide Schicksalspferde gefunden hatten?

Elva schien meine Gedanken zu erraten. Sie lächelte, aber nur kurz. Dann wurde ihre Miene wieder ernst und eisig. »Sie ist in Gefahr, Fenja. Ich sah sie in einen silbernen Perlenvorhang gehüllt und sie kämpfte um ihr Leben!«

»Und deine Träume … Das sind Visionen? Woher weißt du, dass all das nicht schon längst geschehen ist?«

Elva zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Fenja. Aber ich habe die Gefahr so deutlich gefühlt, als wäre ich selbst dort gefangen.«

Ich überlegte. Dann deutete ich auf Baldur, der mir nicht von der Seite wich. »Wie war es denn bei ihm? Hast du von ihm auch geträumt?«

»Oh nein.« Elva sah mir fest in die Augen. »Von dir habe ich geträumt.«

Verwirrt starrte ich sie an. »Von mir? Wieso von mir?«

»Vielleicht weil du mich zu ihm geführt hast.«

Okay, das war spooky! Ich lehnte mich an Baldur und schob die Hand unter seine Mähne. Sofort verschwand der kühle Schauer, und meine Hand wurde so warm, als hätte die Sonne ganz plötzlich wieder angefangen, auf uns herabzuscheinen.

»Du glaubst mir nicht«, flüsterte Elva. »Ich kann dir meinen Traum zeigen. Willst du?«

Sie wartete meine Antwort nicht ab, sondern hob die Hände und malte mit den Fingern verschlungene Kreise in die Luft. Auf einmal schien es, als würde eine Wolke über den Himmel ziehen. Eine einzelne, düstere Wolke, die auch nicht weiß war, sondern silbern. Aus der Silberwolke schälte sich der Umriss eines Pferdes, und sofort war mir klar, warum Elva so verstört war: Das Pferd hatte die Nüstern weit aufgerissen und sah panisch hin und her. Es schien keine Luft zu bekommen und etwas zerrte an ihm und hielt es fest! Die restliche Wolke zerfiel zu unzähligen silbrigen Perlen, die einen Vorhang bildeten und das Pferd einschlossen. Und dann sah das Pferd mich an, ganz direkt mich, und ich spürte seine Angst und seine Hilflosigkeit, so als wäre ich in seinen Körper hineingerutscht …

»Aufhören!« Ich riss die Hände aus den Taschen und hielt mir die Augen zu. »Bitte, ich will das nicht sehen, Elva!«

Elva ließ die Hände sinken und die Silberwolke zerfiel zu kühlem Nebel und löste sich langsam auf. Ich blinzelte zwischen meinen Fingern hindurch, aber das gefangene Pferd war nicht mehr zu sehen, und mein Atem beruhigte sich langsam.

»Verstehst du nun?« Elva sah mich eindringlich an. »Ich bin eine Finnandi. Ich träume nicht einfach nur so. Dieses Pferd hat eine Bedeutung für mich. Und ich muss es finden!«

Okay. Da war ein Pferd in Gefahr. Das ging vor. Das war wichtiger als … alles. Ich atmete tief durch, dann ließ auch ich meine Hände wieder fallen und trat ganz nah an den Zaun heran. Ganz nah an Elva.

»Was weißt du von diesem Pferd? Wo finden wir es?«

»Das ist das Problem.« Elva senkte den Kopf. »Ich kenne den Ort nicht. Und meine Großmutter kann ich nicht fragen, sie würde sofort mit mir kommen wollen! Sie darf nicht wissen …«

»… dass du Baldur schon gefunden hast.« Ich schluckte. »Zu dumm, dass wir meine Amma nicht mehr fragen können. Sie kannte alle Orte auf Island. Sie hätte bestimmt gewusst, wo man einen silbernen Perlenvorhang finden kann.«

Wir sahen uns an. Und plötzlich war es wieder da – dieses Gefühl mit Elva. Auf einmal war sie keine Huldu-Reiterin mehr, keine Unsichtbare, keine Mitternachtsreiterin, die uns ein Pferd stehlen musste. Eine winzige silberne Vision hatte uns wieder zu Verbündeten gemacht.

»Suchst du es mit mir?«, fragte Elva leise.

»Na klar!« Ich streckte die Hand aus. Elva nahm sie und wir mussten beide grinsen. »Versprochen ist versprochen.«

»Du musst zurück«, sagte Elva und zog die Hand aus meiner. »Er wartet schon so lang auf dich.«

Verwirrt starrte ich sie an. »Was? Wer?«

»Der Junge.«

Ich schaute mich um. Björn stand mitten auf der Wiese und bekam den Mund nicht mehr zu. Ich musste auch zu seltsam aussehen! Bloß gut, dass er seine Kamera diesmal nicht dabeihatte. Sonst hätten sich in der Nacht wieder ein paar Elfen in sein Zimmer schleichen und heimlich die Bilder von der Speicherkarte löschen müssen.

Ich wartete am Zaun, bis Elva Sóley eingesammelt hatte und auf seinen Rücken geklettert war. Der kräftige Schecke sprang vorwärts und Elva klammerte sich an seine Mähne. Dann preschte Sóley über den Vulkanhügel davon, und es sah nicht so aus, als würde Elva das Tempo bestimmen.

Baldur galoppierte ein Stück innen am Zaun mit, aber dann drehte er um und kam zurück zu mir. Er war so ein schlaksiger Kerl geworden! Als ob er jeden Tag ein Stückchen wachsen würde. Ich hob die Hand und ließ sie durch seine lange Mähne gleiten, und wieder kribbelten meine Finger, als hätte ich sie in heiße Suppe getaucht.

Ich schaute auf meine Hand.

Und schrie auf!

Auf meinen Fingerkuppen tanzten winzige, leuchtend rote Flämmchen. Hastig wischte ich mir die Finger an der Hose ab und sofort erlosch das Minifeuer. Nur meine Haut tat noch ein bisschen weh.

Was war das denn? Wo war das Feuer so plötzlich hergekommen? Ich hatte doch nirgendwo …

Mein Blick fiel auf Baldur, auf seine Mähne, und blieb in den Spitzen hängen, die sich ganz leicht kräuselten.

Sie sprühten Funken wie brennende Wunderkerzen.

WEGBEREITER

Björn tauchte im Badezimmerspiegel auf, als ich gerade dabei war, meine Hand zu kühlen. Es tat zwar nicht mehr weh, aber der Anblick der Flämmchen auf meinen Fingern war zu seltsam gewesen. Nicht ganz so seltsam allerdings wie der Anblick von Baldurs brennenden Mähnenspitzen.

Was passierte mit ihm? Er würde sich doch nicht wirklich in ein Pferd des Feuers verwandeln … oder doch? Gab es vielleicht einen Grund, warum die Schicksalspferde nicht bei den Menschen bleiben durften, einen, den Elva und ich nicht kannten? Nein, Blödsinn. Das war doch alles Blödsinn!

Ich schüttelte den Kopf, drehte das Wasser auf superkalt und hielt meine Finger so lange darunter, bis sie blau und taub waren.

»Du bist echt schräg«, stellte Björn fest, als ich damit fertig war.

»Danke«, sagte ich und untersuchte meine Hand. Glücklicherweise war nichts zu sehen. Die Flämmchen hatten meine Haut nicht verletzt und auch sonst keine Spuren hinterlassen.

Björn folgte mir in die Küche und setzte sich mir gegenüber an den Küchentisch, wo ein frisch gebackenes Lavabrot auf uns wartete. Ich schnitt mir ein Stück ab, doch ich brachte keinen Bissen herunter. Björn machte Stielaugen, also schob ich es ihm hin und er schlang es hungrig in sich hinein.

»Ack scho«, mümmelte er zwischen zwei Bissen und legte mein Buch auf den Tisch. »Hack schu vergeschen.«

Ich nickte nur. Das Buch – das Buch mit der Geschichte. Island und die Schicksalspferde. Das durfte Björn ruhig lesen. Er wusste ja nicht, dass eines dieser Pferde gleich hier vor seiner Nase lebte!

Aber Bücher waren eine gute Idee. Vielleicht wurde ich in einem Bildband fündig? Wir hatten jede Menge davon im Wohnzimmerschrank stehen. Die meisten davon hatte Amma angeschafft oder vielleicht sogar Ammas Mutter oder deren Mutter oder irgendwer, der noch älter war. Und irgendwo musste ich ja anfangen, nach dem Ort zu suchen … dem Ort hinter dem Perlenvorhang.

Ich griff nach dem Messer, schnitt noch eine Scheibe Lavabrot ab und schob es Björn hin. Sobald er sich darüber hermachte, stand ich auf und ging hinüber ins Wohnzimmer. Dort angelte ich mir einen der Bildbände über Island aus dem Regal. Es war ein dicker, wuchtiger Wälzer, der sich nur schwer umblättern ließ, weil die Seiten alle noch ganz steif und ungelesen waren. Bestimmt war ich die Erste, die das Ding überhaupt aus dem Regal gezogen hatte.

»Gibt’s dadrin auch ein Bild von dem Steinmann?« Björn ließ sich neben mir auf die Couch fallen und guckte mir neugierig über die Schulter.

»Vermutlich«, antwortete ich ausweichend und rückte ein Stück von ihm ab. Himmel noch mal, hatte der wirklich gar nichts Eigenes zu tun?

»Aber du suchst keine Steinmänner«, vermutete Björn. Er kniff die Augen zusammen. »Sondern was anderes.«

»Kann sein«, wiederholte ich und blätterte wahllos weiter Seiten um. Es waren Touri-Sachen, die hier gezeigt wurden. Die Art von Fotos, wie Björn sie auch machte: der sprudelnde Geysir Strokkur, der mächtige Wasserfall Gullfoss, die Felsspalte im Þingvellir-Nationalpark, Reykjavík und seine Blaue Lagune, Schnorcheln in der Silfra-Spalte, die Halbinsel Snæfellsnes, die Katla-Eishöhle, Mývatn, der Mückensee, die Felsenklippen der Westmännerinseln und natürlich Walbeobachtung in Húsavík. So kam ich nicht weiter.

»Das ist doch blöd«, schimpfte ich vor mich hin. »Wie soll man bitte einen Ort mit einem Perlenvorhang finden?«

Björn hatte nur Augen für die Fotos. »Darf ich mal?«, bat er und blätterte ein paar Seiten zurück.

Ich überließ ihm das Buch und stand auf. »Laufskálavarða«, sagte ich. »Dort findest du deine Steinmännchen. Jede Menge davon.«

Björn zog eine Grimasse und ich ließ ihn mit dem Buch auf dem Schoß zurück. Endlich war er abgelenkt! Draußen kamen mir Pabbi und Björns Mutter Agnes entgegen. Sie lachten miteinander. Pabbi schien es null zu stören, dass wir nun auf zwei Gästen sitzen blieben.

»Ich hole schnell meine Sachen«, verkündete Agnes und verschwand in Richtung Gästehaus.

»Wir reiten zum Meer«, sagte Pabbi und rieb sich das stoppelige Kinn. »Willst du mitkommen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Keine Zeit. Ich muss … was recherchieren.«

»Soso, recherchieren.« Pabbi schüttelte den Kopf. »Dann mach dich in der Zwischenzeit nützlich! Kalli bringt ein paar Pferde, die wir über den Sommer mitnehmen. Seine Kopfverletzung macht ihm noch zu schaffen.«

Hätte er sich mal nicht mit den Huldu angelegt, dachte ich mir. Aber das sagte ich besser nicht laut. Kalli hatte versucht, Steine vom Weg zu räumen, die den Weg ins Vergessene Tal blockierten. Dabei hatte ihn ein Stein am Kopf erwischt. Elva hatte mir erzählt, dass die Huldu keine echten Steine auf Menschen warfen. Ihre Magie war nur Illusion, sie verletzte niemanden. Aber der Steinschlag, der war echt gewesen. Und Kallis Kopfverletzung auch. Es würde Streit geben, so viel war klar. Die Erwachsenen wollten die Huldu hier in ihrer Nachbarschaft nicht haben. Aber Kalli würde mir sowieso nicht zuhören. Ich konnte gleich still sein, sonst bekam ich am Ende noch den Ärger. Oder Elva.

»Pabbi?«, fragte ich, als wir nebeneinander zum Stalltor gingen. »Gibt es einen Ort auf Island, der hinter einem Perlenvorhang liegt?«

Pabbi lud zwei Sättel und zwei Trensen auf seine Arme. »Vielleicht ein Wasserfall«, meinte er dann. »Davon haben wir schließlich genug.«

Ich überlegte. Ein Wasserfall? Möglich wäre das! Aber welcher? Es gab über hundert davon. Manche von ihnen hatten noch nicht einmal einen Namen bekommen. Mussten wir alle nach dem Pferd des Eises absuchen?

Pabbi stieß einen Pfiff aus und die Pferde strömten von der Hügelwiese zum Tor. Er warf die Sättel und die Trensen ins Gras und begann, mit geschickten Handgriffen Pferde auszusortieren.

Hraun … Ylfa … Fjall … und Baldur.

»Was hast du vor?«, fragte ich entsetzt.

Pabbi runzelte die Stirn und schloss das Tor hinter den vieren wieder. »Zum Meer reiten«, sagte er knapp.

»Aber … Baldur?« Ich keuchte fast. Das konnte er nicht. Das durfte er nicht! Wenn Elva mitbekam, dass ich Baldur aus den Augen gelassen hatte, würde sie mir das nie verzeihen! Und was, wenn Pabbi auf Baldurs Rücken stieg und ebenfalls in einem Feuertaltraum landete, so wie es mir vor einiger Zeit passiert war? Oder wenn Baldur plötzlich im Svífa losrannte, dem Schwebegang? Wenn seine Mähnenspitzen wieder Feuer fingen?

»Ich will überprüfen, wie gut du mit ihm gearbeitet hast.« Pabbi sah mich streng an. »Oder gibt es ein Problem, von dem du mir nichts erzählt hast?«

Ich schluckte. Was sollte ich jetzt nur tun? Elva! Sie musste Pabbi ablenken! Nein, lieber nicht. Elva würde alles nur schlimmer machen, denn Pabbi traute den Unsichtbaren nicht über den Weg.

»Kein Problem«, krächzte ich.

»Dann ist ja gut.« Pabbi sattelte Fjall und Hraun und schnalzte, damit Ylfa und Baldur sich ihnen anschlossen. Agnes stieg gut gelaunt in den Sattel, und ich stand daneben und sah hilflos zu, wie sie davonritten.

Was hatte Elva zu mir gesagt? Menschen konnten die Schicksalspferde nicht beschützen.

Sie hatte recht gehabt.

Ich schaffte es ja nicht einmal, Baldur vor Pabbi zu schützen. Eine Weile stromerte ich sinnlos von einer Seite der Farm zur anderen. Ich füllte Wasser nach, lief zweimal ums Haus herum und sah durch die Fenster der Gästehäuser. Jedes besaß zwei Stockbetten, einen Kleiderschrank, einen Tisch mit vier Stühlen und ein kleines Badezimmer. Und manchmal vergaßen die Wölfe irgendwelche Sachen.

Lilja und ich hatten uns früher immer in die Hütten geschlichen und alles ganz genau durchsucht. Meistens waren es nur einzelne Socken oder heruntergekullerte Bleistifte gewesen, aber einmal hatten wir auch Geldmünzen gefunden und sogar eine teure Uhr. Die hatte Mamma dem Gast dann zurückgeschickt und der hatte sich mit einem Brief bei uns bedankt. In dem Brief war außerdem noch Schokolade gewesen. Zwei Tafeln. Für Lilja und mich. Ich hatte daraufhin vorgeschlagen, jedem Gast eine sehr teure Sache zu verstecken, damit wir sie ihm später nachschicken konnten und dafür Schokolade bekämen. Aber Mamma fand die Idee nicht so toll und schimpfte ordentlich mit mir. Seitdem weiß ich, dass Schokolade aus der Schweiz ziemlich gut schmeckt. Und dass es sich immer lohnen kann, die Gästehäuser zu durchsuchen. Aber Mamma hatte die Betten schon frisch bezogen und sauber gemacht und ich fand nicht mal einen Krümel auf dem Boden.

Ich füllte wieder Wasser nach, weil die Pferde mit dem vollen Trog eine Wasserschlacht veranstaltet hatten. Skip kam schläfrig aus dem Haus und schloss sich mir an und zusammen drehten wir noch eine zweite Runde um die Gästehäuser.

»Ich sollte besser über Wasserfälle nachdenken«, sagte ich zu Skip. »Über Perlenvorhänge. Und über gefangene Pferde.«

Doch meine Gedanken waren alle nur bei Baldur.

Was, wenn es schiefging? Wenn Baldur sich danebenbenahm und Pabbi ihn fortschickte? Oder wenn Pabbi irgendwas seltsam vorkam? Was dann?

Skip fing ohne Vorwarnung an zu bellen und ich schrak zusammen. Aber es war nur Kalli mit einem Haufen frei laufender Pferde, die sich in einer Staubwolke unserer Farm näherten.

»Fenja«, begrüßte Kalli mich. »Ist Aron nicht hier?«

»Nein«, antwortete ich ihm und machte das Gatter zu einem leeren Paddock auf. So konnten die Pferde erst einmal in Ruhe bei uns ankommen. Bei der nächsten Tour liefen sie dann mit unserer Herde mit.