Die politischen Systeme der Welt - Wilfried Röhrich - E-Book

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Wilfried Röhrich

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Beschreibung

Die politischen Systeme der Welt lassen sich im Wesentlichen drei größeren Gruppen zuordnen: der Gruppe der westlichen Demokratien, der Gruppe der postkommunistischen Systeme und der Gruppe der verschiedenartigen Entwicklungsgesellschaften. Dieses Buch veranschaulicht in Überblickskapiteln Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen politischen Systeme und erläutert sodann an ausgewählten Länderbeispielen die Verfassungsentwicklung und die Verfassungsprinzipien, die Machtpositionen von Regierung und Parlament sowie die Wahl- und Rechtssysteme.

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Wilfried Röhrich

DIE POLITISCHEN SYSTEME DER WELT

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verlag C.H.Beck

 

 

Zum Buch

Die politischen Systeme der Welt lassen sich im Wesentlichen drei größeren Gruppen zuordnen: der Gruppe der westlichen Demokratien, der Gruppe der postkommunistischen Systeme und der Gruppe der verschiedenartigen Entwicklungsgesellschaften. Dieses Buch veranschaulicht in Überblickskapiteln Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen politischen Systeme und erläutert sodann an ausgewählten Länderbeispielen die Verfassungsentwicklung und die Verfassungsprinzipien, die Machtpositionen von Regierung und Parlament sowie die Wahl- und Rechtssysteme.

Über den Autor

Wilfried Röhrich ist Professor em. für Politikwissenschaft und war langjähriger Direktor des Instituts für Politische Wissenschaft der Universität Kiel. Er ist Autor zahlreicher Buchpublikationen. 2006 erschien von ihm in der Beck’schen Reihe die 2., völlig überarbeitete Auflage seines Buches „Die Macht der Religionen. Im Spannungsfeld der Weltpolitik“ (bsr 1585).

Inhalt

I.Einleitung

II.Gruppen von politischen Systemen

III.Die westlichen Industriegesellschaften

Die politischen Systeme in Westeuropa

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland

Die Bundesrepublik Deutschland

Die Französische Republik

Die Vereinigten Staaten von Amerika

Exkurs: Japan

IV.Die postkommunistischen Gesellschaften

Die politischen Systeme in Mittel- und Südosteuropa

Die Republiken Ungarn und Polen, die Tschechische und die Slowakische Republik

Rumänien und die Republik Bulgarien

Die Russische Föderation

Die GUS-Republiken Georgien und Kasachstan

Exkurs: Die Volksrepublik China

V.Die postautoritären Entwicklungsgesellschaften

Die politischen Systeme in Südamerika

Die Anden-Republiken Chile, Bolivien und Peru

Die Schwellenländer: die Argentinische Republik und die Föderative Republik Brasilien

Die politischen Systeme in Ost- und Südostasien

Die Schwellenländer: die Republik Korea, das Königreich Thailand und die Republik der Philippinen

Exkurs: Die südasiatische Republik Indien

VI.Die islamischen Entwicklungsgesellschaften des Nahen Ostens und des Maghreb

Die Islamische Republik Iran, das Königreich Saudi-Arabien und die Türkische Republik

Die Maghreb-Staaten: das Königreich Marokko und die Tunesische Republik

Exkurs: Israel

VII.Die Entwicklungsgesellschaften Schwarzafrikas

Die politischen Systeme der Länder südlich der Sahara

Die ostafrikanischen Republiken Kenia und Tansania

Die südafrikanischen Republiken Namibia und Südafrika

VIII.Schlusswort

 

Anmerkungen

Literaturhinweise

Personen- und Sachregister

I. Einleitung

Dieses Buch beabsichtigt nicht, Wege der Forschung einzuschlagen; es will vielmehr wissenschaftlich bereits gesicherte Erkenntnisse über die Kernbereiche der politischen Systeme einem breiten Leserkreis vermitteln. Denn es fehlt bisher eine handliche Übersicht über möglichst viele politische Systeme der Gegenwart.

Bereits der Titel des Buches lässt vermuten, dass ein komplexer Gegenstandsbereich vorgestellt wird. Ob es sich um die Grundsätze der Gewaltenteilung und – kontrolle in den westlichen Demokratien handelt, um die Herausbildung demokratischer Rechtsstaaten in Mittel- und Südosteuropa oder um die Chancen der Demokratisierung in den Entwicklungsgesellschaften: Überall bestehen komplexe Zusammenhänge, die schwierig zu durchschauen sind. Hier ist so etwas wie ein Wegweiser geboten, leben wir doch in einer internationalen Gesellschaft mit weitreichender Vernetzung: Kommunikationssatelliten kennen keine nationalen Grenzen, die Massenmedien dringen in die entlegensten Regionen ein; und das über räumliche und zeitliche Schranken wachsende Weltbewusstsein stellt die begrenzten Ordnungen der Geschichte in Frage.

Bei dem Bestreben, die komplexe Wirklichkeit dem an politischen Ereignissen interessierten Leser durchsichtig zu machen, kommt ein Umstand zu Hilfe: Das politische System jedes Landes ist immer ein wissenschaftliches Konstrukt. Als ein solches Konstrukt vermittelt es nur einen ausgewählten Ausschnitt aus der Realität, der auf inhaltlichen und methodischen Überlegungen beruht, aber auch Bewertungen des Autors erkennen lässt. Durch wissenschaftliche Konstrukte wird Wirklichkeit gedanklich fassbar: indem sie um zahlreiche Einzelheiten reduziert wird[1]. Kurz, es handelt sich bei der Darstellung der politischen Systeme der Welt jeweils nur um einen ausgewählten Teil der Realität. Unter diesem Gesichtspunkt lässt es sich dann auch rechtfertigen, deren komplexe Strukturen und Prozesse in knappen Kapiteln darzustellen.

II. Gruppen von politischen Systemen

Die politischen Systeme der Welt lassen sich in einer Grobgliederung drei größeren Gruppen zuordnen:

– Die erste Gruppe stellen die westlichen Demokratien der Industriegesellschaften dar. Dies sind die politischen Systeme in Westeuropa, in den USA und in jenen Ländern, die wie Kanada, Australien und Neuseeland mit Großbritannien und seiner politischen Tradition verbunden sind, hier aber nicht behandelt werden. In die Betrachtung wird statt dessen in einem Exkurs das politische System des ostasiatischen Industriestaates Japan einbezogen, dessen Verfassung nach westlichen Rechtsnormen gestaltet wurde (und dessen Verfassungswirklichkeit japanischen Wertvorstellungen folgt). Diese politischen Systeme lassen sich zumeist den parlamentarischen Systemen (wie in Großbritannien), aber auch den präsidentiellen und parlamentarisch-präsidentiellen Systemen (wie in den USA und in Frankreich) zuordnen.

– Die zweite Gruppe von politischen Systemen bilden die postkommunistischen Systeme Mittel- und Südosteuropas (wie in Polen, Ungarn, Rumänien und Bulgarien) sowie die der Nachfolgestaaten der vormaligen Sowjetunion. Hier haben sich zum Teil noch ungefestigte Demokratien herausgebildet, die vor autoritären Rückschlägen nicht sicher sind. Einbezogen wird auch das politische System der VR China. Dies deshalb, weil sich bei den bemerkenswerten ökonomischen Erfolgen der Modernisierungspolitik des Landes die Frage stellt, inwieweit der dortige evolutionäre Systemwechsel allmählich zu einer Liberalisierung des politischen Sektors führen kann.

– Die dritte Gruppe von politischen Systemen stellen die Entwicklungsgesellschaften dar. Hier lassen sich zunächst zwei Untergruppen benennen: die weit entwickelten Schwellenländer (Newly Industrializing Countries/NICs) wie Brasilien, Argentinien, Südkorea, Thailand und die Philippinen sowie die weniger entwickelte Dritte und die am wenigsten entwickelte Vierte Welt (Less Developed Countries/LDCs und Least Developed Countries/LLDCs) wie zahlreiche Länder Schwarzafrikas, aber auch u.a. Bangladesch, Myanmar und Laos. Bei dieser gesamten dritten Gruppe von politischen Systemen erweist sich mithin eine Unterteilung als notwendig:

Die erste Untergruppe bilden jene Schwellenländer, die wie die ehemaligen Militärregime Südamerikas und die einstigen ostasiatischen Autokratien einen Systemwechsel zu Demokratien vollzogen haben. Mehrere von ihnen weisen (noch) unzureichend konsolidierte bzw. strukturschwache Demokratien auf, bei denen (mit Ausnahmen) die Frage gestellt werden muss, inwieweit das Militär noch in den politischen Entscheidungsprozess unmittelbar oder mittelbar einbezogen ist.

Während die Darstellung der politischen Systeme der postautoritären (Schwellen-)Länder in Südamerika und Ostasien unter der o.a. Themenstellung des Systemwechsels überregional erfolgt, werden die politischen Systeme der weniger entwickelten Länder (LDCs) sowie das politische System des Schwellenlandes Südafrika nach geographischen Regionen behandelt. Die Darstellung lässt sich hier von der Erkenntnis leiten, dass sich diese Untergruppe politischer Systeme vorrangig von den Entwicklungsproblemen her verstehen und bewerten lässt.

Die nachfolgende Darstellung zeigt in den Überblickskapiteln Gemeinsamkeiten und Unterschiede der betreffenden Systeme vergleichend auf und behandelt in den einzelnen Länderbeiträgen u.a. Fragen zur Verfassungsentwicklung und zu den Verfassungsprinzipien, zu den Machtpositionen von Regierung und Parlament im jeweiligen Institutionengefüge sowie (bei entsprechender Bedeutung) Fragen zum Wahl- und zum Rechtssystem. In den Kapiteln über die postkommunistischen und die postautoritären Systeme wird der jeweilige demokratische Systemwechsel in die Liberalisierungs-, die Demokratisierungs- und die Konsolidierungsphase unterteilt. Die Kapitel über die islamische Welt und die Entwicklungsgesellschaften Schwarzafrikas zeigen besonders deutlich ein allgemeines Phänomen: den durch die autochthone Tradition mitbestimmten Entwicklungs- bzw. Transformationsprozess.

Bei der so gestalteten Konzentration auf die institutionellen Grundlagen und auf die substantiellen und aktuellen Probleme der politischen Systeme konnten – über den Iran, über Saudi-Arabien und die Türkei hinaus – die religiösen und kulturellen Faktoren in ihrer Bedeutung für die politischen Systeme nicht berücksichtigt werden – vor allem die jeweiligen Religionen (der Islam, der Hinduismus, der Buddhismus etc.), die als kulturelle Systeme sowohl von den Prozessen des sozialen Wandels beeinflusst werden als auch selbst diese prägen. Gleichermaßen musste die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verschärfte Politisierung der Religionen ausgeblendet werden, die sich im Spannungsfeld der Weltpolitik manifestiert. Schließlich war es nicht möglich, dem durch den Megatrend der Globalisierung bewirkten Prozess der Entstaatlichung nachzugehen, der die Frage aufwirft, wie und inwieweit die Globalisierung eingegrenzt werden kann, um einen überhandnehmenden Kompetenzverlust der politischen Systeme zu vermeiden. – Die Einbeziehung dieser Phänomene hätte den konzeptionellen Rahmen des vorliegenden Bandes schlechthin gesprengt.

III. Die westlichen Industriegesellschaften

Die politischen Systeme in Westeuropa

Im Vergleich zu den politischen Systemen anderer Weltregionen bilden die westeuropäischen Staaten eine politisch homogene Ländergruppe; sie sind alle rechtsstaatlich-pluralistische Demokratien. Die große Mehrheit der Staaten lässt sich den parlamentarischen Systemen zuordnen, in denen zwischen Parlament und Regierung keine Gewaltenteilung, sondern lediglich eine Arbeitsteilung besteht und in denen die Regierung – im Unterschied zu den präsidentiellen Systemen (in denen Legislative und Exekutive über eine eigenständige und gleichrangige Legitimation verfügen) – aus dem Parlament hervorgeht und von dessen Vertrauen abhängig ist. Nachdem die Machtbefugnisse des portugiesischen und des griechischen Staatspräsidenten stark begrenzt wurden, weist nur noch Finnland präsidentielle Bestandteile auf. Frankreich kann als ein parlamentarisch-präsidentielles System mit einer doppelköpfigen Exekutive bezeichnet werden, in welchem dem direkt vom Volk gewählten Staatspräsidenten die dominierende Machtstellung zukommt – außer in Zeiten der Cohabitation (in denen sich der Präsident in der Nationalversammlung auf keine ihm nahestehende Mehrheit stützen kann und der Staatschef und der Premierminister verschiedenen Parteien angehören). Einmalig ist die Demokratie der Schweiz mit ihrer durch das Parlament gewählten, jedoch unabsetzbaren Kollegialregierung.

Die Wahl der westeuropäischen Parlamente[2] erfolgt nach dem Verhältniswahlsystem (verschiedener Ausprägung) – mit Ausnahme dreier Länder, in denen das relative bzw. absolute Mehrheitswahlsystem besteht. Neben Großbritannien mit seinem traditionellen relativen Mehrheitswahlsystem wählt Italien drei Viertel der Mandate der Abgeordnetenkammer und des Senats nach dem relativen Mehrheitswahlsystem (nach dem der Kandidat in einem Wahlkreis mehr Stimmen als jeder andere Bewerber benötigt, um ein Mandat zu erhalten). Hinzu kommt das absolute (konkret: das romanische) Mehrheitswahlsystem Frankreichs, nach dem – wenn im ersten Wahlgang kein Kandidat die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen (mindestens 50 Prozent plus eine Stimme) erreicht – ein zweiter Wahlgang stattfindet, in dem die einfache (relative) Mehrheit genügt. Im Unterschied zum Mehrheitswahlsystem, das zugunsten einer Konzentrationswirkung im Parteiensystem eine Disproportion von Wählerstimmen und Mandaten in Kauf nimmt, zielt das Verhältniswahlsystem auf eine parlamentarische Vertretung der Parteien entsprechend ihrem Anteil an den Wählerstimmen. Was die von den jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen (und erst unter deren Berücksichtigung auch von den Wahlsystemen) abhängigen Parteiensysteme anbelangt, so bestehen in den skandinavischen Staaten, in Belgien und den Niederlanden Vielparteiensysteme. Als Zweiparteiensysteme lassen sich die Systeme Maltas und (eingeschränkt) Großbritanniens bezeichnen. Neben diesen beiden Demokratien stellten und stellen Griechenland, Irland, Österreich, Portugal und Spanien Systeme mit zwei vorherrschenden Parteien dar, die sich (zum Teil mit Koalitionspartnern) in der Regierung abwechseln.

Interessante Unterscheidungskriterien der politischen Systeme Westeuropas zeigen sich in den Regeln der Regierungsbildung und des Regierungsrücktritts. Bei der Regierungsbildung bestehen die stärksten Unterschiede zwischen Irland, das für die Ernennung des Regierungschefs die relative Mehrheit vorsieht, sowie Spanien einerseits, dessen Verfassung die absolute Mehrheit nur für einen ersten Wahlgang fordert, und Deutschland andererseits, dessen Grundgesetz die absolute Mehrheit auch bei einem notwendigen zweiten Wahlgang verlangt. Einen gewissen Mittelweg beschreiten die Demokratien Belgiens, Griechenlands und Italiens, in denen der neuen Regierung nach ihrer Regierungserklärung mit einfacher Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen werden muss. In Frankreich (außer in Zeiten der Cohabitation), aber auch in Finnland und Portugal kommt dem Präsidenten in mehr oder weniger starkem Maße Einfluss auf die Nominierung des Premierministers zu. Was den Regierungsrücktritt anbelangt, so genügt in den meisten westeuropäischen Systemen ein Parlamentsbeschluss mit einfacher Mehrheit, um die Regierung zum Rücktritt zu zwingen, während in Frankreich, Griechenland, Portugal und Schweden im Bestreben, die Regierungsstabilität zu erhöhen, ein Misstrauensvotum von einer absoluten Mehrheit der Parlamentarier ausgehen muss. Darüber hinaus kennen Deutschland, Belgien und Spanien ein konstruktives Misstrauensvotum, wonach das Parlament dem Regierungschef das Misstrauen nur dadurch aussprechen kann, dass es mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt.