Die psychische Partie - Joachim Angerer - E-Book

Die psychische Partie E-Book

Joachim Angerer

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Beschreibung

Die Zukunft des Schachs liegt in der Psychologie. Längst haben Computer das Rechnen übernommen. Dem Menschen bleibt nur noch, sich in einem Nervenkrieg durchzusetzen. Einer Übertragungsfirma gefällt dies. Einem Großmeister der alten Schule weniger. Doch am Ende liegt es bei den Kontrahenten, zu entscheiden, ab wann sportlicher Wettkampf in reinem Spektakel untergeht.

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Seitenzahl: 91

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Buchbeschreibung:

Die Zukunft des Schachs liegt in der Psychologie. Längst haben Computer das Rechnen übernommen. Dem Menschen bleibt nur noch, sich in einem Nervenkrieg durchzusetzen. Einer Übertragungsfirma gefällt dies. Einem Großmeister der alten Schule weniger. Doch am Ende liegt es bei den Kontrahenten, zu entscheiden, ab wann sportlicher Wettkampf in reinem Spektakel untergeht.

Über den Autor:

Joachim Angerer ist österreichischer Science-Fiction-Autor. Sein erstes Werk "Becquerelsche Träume" erschien im September 2017. Weitere Werke des Autors sind: "Die maschinellen Technokraten" (Juli 2020), "Gestaltete Wirklichkeit" (Juli 2021) und "Becquerelsche Ränke" (Oktober 2021).

1. Auflage 2022

© 2022 Joachim Angerer

Titelbild: Item ID: 622035107 von zef art

Lizenz gekauft auf www.shutterstock.com

ISBN Softcover: 978-3-347-74550-6

ISBN E-Book: 978-3-347-74551-3

Druck und Distribution im Auftrag:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag von: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

Die psychische Partie

von Joachim Angerer

Was Gerechtigkeit betrifft, ist Spitzenschach ein teuflisches Spiel – schauen Sie sich nur die Gesichter der Schachspieler an.

Boris Wassiljewitsch Spasski, 10. Schachweltmeister

Inhalt

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Vorbereitung

1. … e6

2. Sc3 Sf6

3. e4 c5

4. Sf3 Sc6

5. d3?! d5

6. exd5 exd5

7. d4 cxd4

8. Sxd4 Lc5

9. Le3 De7?!

10. Le2 dxc4

11. Sxc6 bxc6

12. Da4 O-O

13 Lxc5 Dxc5

14. O-O? Le6

15. Tad1 Tfe8

16. Dc2 Tab8

17. Tfe1 Db6

18. Td2 Ld5

19. Dc1 Se4

20. Sxe4 Txe4

21. Lf1 Tbe8

22. Txe4 Txe4

23. Dc3 a5?

24. Te2 Txe2

25. Lxe2 Db4

26. Dc1 h6

27. h3 f6

28. a3 Dc5

29. Df4 Db6

30. Dd2 Db3

31. Lf1 Db7

32. Dc1 Db5

33. Le2 Lf7

34. h4 g6

35. g4 Kg7

36. Dc3 Dd5

37. De3 g5

38. h5 De6

39. Dxe6 Lxe6

40. Kf1 Kf7?!

41. Ke1?! Ld5

42. Kd2 f5??

43. gxf5 Kf6

44. Kc3 c5

45. Lxc4 Lf3

46. Ld3 Lxh5

47. Kc4 Lf3?!

48. Kxc5 h5

49. Kd4 h4

50. Ke3 Ld5

51. f3 a4

52. Le4 Ke5

53. f6 Lb3

54. Kf2??

54. … g4??

55. Lc2 g3+

56. Kg2 Ld5

57. Lxa4 Kxf6

58. Ld1?? Ke5

59. b4 Kf4

60. Le2 Le6

61. Kg1 h3

62. a4 h2+

63. Kh1 Ke3

64. Lf1 Ld5

65. Lg2

65. Lg2

65. … Lb3?!

66. f4?! Ld1

67. a5 Le2??

68. a6 Lxa6 69. f5 Lc4 70. f6 Kd4 71. Lf3 Ke5

72. b5 Kf4??

73. Lc6?? Ke5

74. b6 Kd6 … 93. Kc5 Lg2

94. Ld5 Lxd5

95. Kxd5 Kb7

96. Kc5 Kb8

97. Kc6 Kc8

98. Kb5 Kb7

99. Kc5 Kb8

100. Kb4 Kb7

101. Kb5 Kb8

102. b7 Kxb7

Analyse

Danksagung

Quellenangabe

Die psychische Partie

Cover

Urheberrechte

Titelblatt

Vorbereitung

Quellenangabe

Die psychische Partie

Cover

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Vorbereitung

Während ihre kajalumrandeten Augen die Kamera ins Visier nahmen, strahlten die gebleichten Zähne Viktoria Hays mit ihrer vergoldeten Perlenkette um die Wette.

»Liebe Freunde des Schachs, bestimmt seid ihr so gespannt wie ich! Willkommen zur diesjährigen Schachweltmeisterschaft!« In enthusiastischer Vorfreude schlug sie die Hände zusammen. »Hier neben mir darf ich euch zudem eine wahre Legende dieses Sports präsentieren: Den 20. unangefochtenen Schachweltmeister, internationalen Topathleten und Champion der Champions, Yuri Urasow, genannt „Der Unbarmherzige“!«

»Vielen Dank für die freundliche Einladung«, kommentierte der ältere Herr neben ihr und verzog knapp die Mundwinkel zu einem leutseligen Lächeln. Sein unscheinbar taubengrauer Anzug verblasste neben dem grellrot leuchtenden Jackett seiner Sitznachbarin. Sein elfenbeinfarbenes Gebiss wurde von Hays perlweißen Zähnen und den geschminkten Hyaluronlippen regelrecht niedergestrahlt.

»Yuri – ich darf dich doch so nennen, nicht wahr?« Mit kalkuliert entwaffnendem Blick ließ sie die künstlichen Wimpern klimpern.

Ihr Sitznachbar räusperte sich. »Nun … bei allem Respekt, aber mir wäre …«

»Wunderbar!«, trällerte Hay. »Nun, mit den Wettbewerbsbedingungen bist du ja sicherlich bestens vertraut, Yuri, oder?«

Säuerlich presste Urasow die Lippen aufeinander. »Ich nehme an, es wird nach wie vor Schach gespielt«

»Aha-ha-ha … Jawohl, da ist er wieder: Yuris berühmt-berüchtigter trockener Humor!« Verschwörerisch zwinkernd stieß sie ihn spielerisch mit dem Ellbogen in die Seite. »Damit hast du auch deine damaligen Gegner reihenweise fertiggemacht, nicht?«

Der angejahrte Weltmeister nahm in seinem Sessel eine betont aufrechte Haltung ein. »Es bestand keinerlei Notwenigkeit, meine Kontrahenten mittels billiger Tricks zu schlagen. Was sie jeweils besiegte, war reines Können.«

»Oh?« Hays grellrote Schlauchbootlippen versuchten, einen Schmollmund zu formen. »Na ja, dein letzter Herausforderer sieht das möglicherweise … ein wenig anders.«

»Nun, Fred Baker sieht so Manches anders. Deshalb scheiterte er in unserem damaligen Match letztlich auch an sich selbst. Wenn Sie darüber mit ihm reden wollen, tun Sie das bitte. Ich allerdings bin ausschließlich hier um über Schach zu sprechen.« Schon spannte er seine Beine an, wie um sich zu erheben. Hays Hand mit signalrot lackierten Fingernägeln legte sich besänftigend auf seinen Unterarm.

»Aber Yuri, nun komm schon: Ich weiß selbstverständlich ebenso wie du, warum du hier bist.« Sie zwinkerte vielsagend, aber ihre Augen besaßen einen kalten Ausdruck. Unwillkürlich dachte Urasow an den Blick einer Kobra. Natürlich wusste die Dame um seine vertraglich bindende Verpflichtung - ihre doppeldeutige Wortwahl verriet es.

Ihre scheinbar versöhnliche Erklärung vorgeblich akzeptierend, starrte der Großmeister stur geradeaus in die große Scheibe des Einwegspiegels vor ihnen. Das fing ja schon gut an! Wie, zum Teufel, sollte er dieses dümmliche und mit Anspielungen gespickte Geschwätz ertragen? Wie beiläufig fixierte Urasow sein Spiegelbild und seufzte innerlich.

Tja, zu der Zeit als sein Haar noch schwarz, und sein Gesicht noch nicht durchfurcht von Falten war, erwies sich seine Stärke im Schachspiel als überragend konkurrenzlos. Doch leider betätigte er sich nicht nur innerhalb dieser Domäne als Spieler – und am Roulettetisch galten nun einmal gänzlich andere Regeln. Einzig Geldmangel zwang ihn, den Job als Kommentator dieser Weltmeisterschaft anzunehmen. Und diese furchtbare Frau neben ihm wusste das.

Ihrem aufgesetzten Dauerlächeln entkam er leider nicht, denn der kaum zwei Meter vor ihnen aufgebaute Einwegspiegel warf es ihm erbarmungslos entgegen. Fast beneidete er die beiden alsbald gegeneinander antretenden Spieler, die auf der Bühne ein Privileg genießen würden: Im Gegensatz zu ihm, durften sie auf der anderen Seite des Spiegels im isolierten Spielerbereich Platz nehmen – weit entfernt von dieser … aufgepimpten Nervensäge.

»Lass uns über das Spiel reden, Yuri«, riss ihn die Stimme der Moderatorin aus seinen Gedanken.

»Das wäre mir ausgesprochen recht.«

»Die Situation ist folgendermaßen.« Hay senkte ihre Stimme und klang mit einem Mal erstaunlich seriös und ernst.

»Die Computer haben Schach gelöst. Es gibt keinen guten Zug mehr, den sie nicht finden, keine Aufgabe, die sie nicht perfekt lösen. Die Anzahl der auf Profiebene noch spielbaren Eröffnungen ist auf ein Minimum reduziert worden. Menschliche Kreativität hat in dem Spiel keinen Platz mehr. Gegen Personen zu spielen, ergibt daher immer weniger Sinn. Nicht einmal zu Trainingszwecken, denn das Spielniveau der Maschinen ist variierbar, sodass jedem Spielstil der ideale technologische Gegner zugewiesen werden kann. Deshalb sank während der letzten Jahre die Zahl der diesen Sport betreibenden Menschen massiv.«

Mit leicht seitlich geneigtem Kopf und geweiteten Augen lauschte Urasow dem Vortrag seiner Sitznachbarin. Er fixierte die wallende blonde Haarpracht, die Hays scheinbar eingestanztes Lächeln umrahmte. Als sie endete, räusperte er sich.

»Nun … man hat Sie gut instruiert. Und ja, ich muss Ihren

. Ihre Worte sind recht scharf - aber durchaus zutreffend«, sagte er gedehnt.

»Deshalb hast du dich auch aus diesem Sport zurückgezogen, nicht wahr, Yuri? Du hattest schließlich alles erreicht, was ein Mensch in dieser Disziplin noch erreichen konnte.«

»Ja«, dachte er, »das ist eine gute Begründung.« So gut, dass sie auch als „offiziell“ taugte.

»Ganz genau. So ist es.« Urasow nickte. »Das Spiel verlor durch den Rückzug rein menschlicher Genialität für mich einfach an … Reiz. Experten vertreten die Auffassung, ich sei wohl der letzte große Schachchampion. Meines Wissens hat sich an dieser Einschätzung bislang nichts geändert.«

Misstrauisch musterte er das weiterhin unaufhörliche Lächeln seiner Sitznachbarin. Es schien sich mit jeder Sekunde zu verstärken – und er vermeinte darin einen unterschwellig hämischen Ausdruck wahrzunehmen.

»Oh, aber wie heißt es doch so schön, Yuri: „The show must go on“.« Sie wandte sich von ihm ab und der Kamera zu - Urasow atmete insgeheim erleichtert aus.

»Deshalb kombinieren wir nun das Beste aus beiden Schachdimensionen«, verkündete Hay. »Heute wird endlich der nächste Champion im Schachsport gekürt. Die Welt hat viel zu lange darauf gewartet!«

Hay legte eine dramaturgische Pause ein. Ihr Lächeln visierte das Auge der Kamera an, als versuche sie, das Publikum zu hypnotisieren.

»Beide Spieler erhalten die Unterstützung eines Computers mit dessen Hilfe sie ihre Manöver vorausberechnen können. Nicht zuletzt verkürzt dies auch die Bedenkzeit. Beide Kontrahenten erhalten insgesamt je 60 Minuten für ihre Züge.« Ihre Augen wanderten zum Großmeister. »Also deutlich weniger als dir seinerzeit zugestanden wurden, Yuri.«

»In der Tat. Und ich bezweifle ernsthaft, dass dies für ein hochkarätiges Spiel ausreicht. Zur Erinnerung: Damals waren es je 120 Minuten für die ersten 40 Züge, gefolgt von 60 Minuten für die nächsten 20 Züge. Nach dem 60. Zug erhielten beide Spieler noch 15 Minuten plus 30 Sekunden pro Zug.«

»Wahnsinn …« Hay hob die Augenbrauen.