Die Rache - Randy Singer - E-Book

Die Rache E-Book

Randy Singer

4,9

Beschreibung

Landon Reed beginnt ein neues Leben. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis legt der Footballspieler seine Anwaltsprüfung ab. Doch in der Firma, in der anheuert, geht nicht alles mit rechten Dingen zu. Als sein Boss ermordet wird, bekommt Landon es mit der Angst zu tun. Hat das Attentat mit dem Fall um Börsenbetrug und Mord zu tun? Ist auch sein Leben in Gefahr? Und was bezweckt der ominöse Sicherheits-Spezialist, der Landons Frau brandheiße Informationen zuspielt? Der junge Anwalt gerät ins Kreuzfeuer. Kann er die Lage aufkären, bevor es zu spät ist?

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Der SCM-Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

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ISBN 978-3-7751-7223-3 (E-Book)ISBN 978-3-7751-5560-1 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:Satz & Medien Wieser, Stolberg

© der deutschen Ausgabe 2014SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH & Co. KG · 71088 HolzgerlingenInternet: www.scm-haenssler.de · E-Mail: [email protected]

Originally published in the U.S.A. under the title: Dead Lawyers Tell No TalesCopyright © 2013 by Randy SingerGerman edition©2014 by SCM Hänssler im SCM-Verlag GmbH&Co. KG with permission ofTyndale House Publishers, Inc. All rights reserved.Die Bibelverse sind, wenn nicht anders angegeben, folgender Ausgabe entnommen:Neues Leben. Die Bibel, © der deutschen Ausgabe 2002 und 2006SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten.

Übersetzung: Dr. Friedemann LuxUmschlaggestaltung: OHA Werbeagentur GmbH, Grabs, Schweiz; www.oha-werbeagentur.chTitelbild: istockphoto; Archiv OHA WerbeagenturSatz: Satz & Medien Wieser, Stolberg

Inhalt

Stimmen zu Randy Singer

Prolog

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Epilog

Anhang

Danke!

Über den Autor

Glossar (American Football)

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Stimmen zu Randy Singer

»Ein weiterer gelungener Roman von einem zunehmend beliebten Autor … Seine Verwurzelung in Tatsachen verleihen dem Buch einen Wirklichkeitsbezug, der völlig frei erfundenen Geschichten manchmal abgeht.«

Booklist über Die Staatsanwältin

»Die Staatsanwältin ist ein hervorragend geschriebenes Buch, das man kaum aus der Hand legen kann.«

The Virginian Pilot

»Singers geniale Handlung fesselt den Leser von der ersten Seite an und lässt ihn buchstäblich erst auf der letzten wieder los.«

Crosswalk.com über Die Staatsanwältin

»Wenn Sie einen Krimi voller Details und realistischer Szenarien suchen, werden Sie von Singers neuestem Buch begeistert sein. Man erkennt sofort, warum Singer als Autor christlicher Justizthriller unerreicht ist. Man wird bis zum Ende im Ungewissen gelassen.«

Romantic Times über Die Staatsanwältin

»Mit seiner dichten Handlung ist Der Imam … ein Justizthriller mit internationalen Obertönen. Es bietet jede Menge Action und realistisches Ambiente, und seine Protagonisten führen die Handlung zu einem dramatischen Ende.«

Faithfulreader.com

»Singers juristisches Fachwissen wird nur noch von seinem Erzähltalent übertroffen. Wieder einmal schleift er uns zum Rand des Abgrunds und lässt uns dort hängen, bevor er uns plötzlich elegant wieder zurückzieht.«

Romantic Times über Der Imam

»Bereiten Sie sich auf einen Ringkampf der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Mutes vor. Die juristische Spannung in den Gerichtsszenen und die emotionale Spannung zwischen den handelnden Personen hält den Leser bis zum letzten Kapitel gefangen.«

Crosswalk.com über Fatal Convictions

»Hochspannung und Action sind garantiert, Realismus inklusive … [Der Jurist] dürfte das bisher beste Buch von Singer sein.«

Booklist

»Ein Buch, das den Leser unterhält, aber auch nachdenklich macht – was kann man mehr verlangen?«

Publishers Weekly über Das Spiel

»Mit großem Können entwirft Singer einen Roman mit perfekter Mischung von Glauben und Spannung … [Das Spiel] hält einen von der ersten bis zur überraschenden letzten Seite in Atem.«

Romantic Times

»Im Zentrum der packenden Handlung stehen die moralischen Dilemmata, die Singers Markenzeichen geworden sind … Ein packender Thriller.«

Booklist über Die Vision

»Ein Justizthriller, der mit dem Besten von Grisham mithalten kann.«

Christian Fiction Review über Der Klon

»Die Witwe ist ein gut gemachter Justizthriller mit starken Charakteren, überraschenden Wendungen und einem packenden Thema.«

Randy Alcorn, Bestsellerautor (Der Himmel u. a.)

Als ich dieses Buch schrieb, wurde ich daran erinnert,was für herausragende Mentoren ich inmeiner juristischen Karriere hatte.Ihnen widme ich dieses Buch:Palmer Rutherford jun., Conrad Shumadine,John Pearson jun. und Bruce Bishop.Ich hoffe, einmal ein Anwalt zu sein, auf den ihr stolz sein könnt.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Prolog

Vor fünfzehn JahrenDamaskus (Syrien)

Die Schreie wollten nicht aufhören. Sie waren ohrenbetäubend, jämmerlich. Schreie, die flehten und bettelten.

Die Stimme gehörte Fatinah Najar, der Frau, die er liebte. Die sonst so bezaubernd schöne Stimme war verzerrt von Schmerz und Angst. In hastigem Arabisch versuchte sie, die Verhörbeamten davon zu überzeugen, dass sie nichts wusste. Sie befand sich in der Nachbarzelle, in dem nächsten Höllenloch mit verschimmelten Wänden und dem Gestank von Exkrementen und Erbrochenem. Sie hatten es so arrangiert, dass er jedes Wort mitbekam.

Die Stimmen der syrischen Wärter waren leise, tief und drohend.

»Arbeiten Sie für die CIA?«

»Nicht wahr, Sie lieben Mr Phoenix?«

»Was haben Sie ihm alles erzählt?«

Sie hatte Methode, ihre Verhörtechnik. Es war ein höllischer Rhythmus. Sean hörte, wie sie sie erst befragten und dann bedrohten, die Stimmen kalt und gemessen, um Fatinah zu zeigen, dass Gefühle keine Rolle spielten. Fatinahs Antworten kamen schluchzend und atemlos. Sie flehte sie an, ihr doch zu glauben. Eine halbe Stunde, vielleicht auch länger, dauerte dieses Hin und Her aus Anschuldigungen und Dementis; die kalten Stimmen versprachen ihr immer wieder, dass sie sofort freikäme, wenn sie nur auspackte.

Aber das tat sie nicht. Sie blieb stark. Loyal.

Dann fielen neue Stimmen ein, laute, drohende. Sie überzogen Fatinah mit Flüchen und sagten ihr, was als Nächstes kommen würde, wurden lauter, bis sie wütend schrien.

Dann wurden sie wieder leiser, scheinbar resigniert. »Wenn Sie uns nicht die Wahrheit sagen, können wir Ihnen nicht helfen.«

An diesem Punkt drückte der Wärter in Seans Zelle, ein haariger, hünenhafter syrischer Offizier mit ungepflegtem schwarzem Bart, seine Zigarette aus und nahm Sean den Knebel ab. Seans Beine waren gespreizt, die Knöchel steckten in eisernen Ringen, die in den Fußboden gedübelt waren. Seine Arme waren ebenfalls auseinandergestreckt, und seine Handgelenke steckten in anderen Eisenringen an der Wand, sodass sein ganzer Körper eine Art X bildete.

Seine Arme waren längst taub. Aber bis jetzt hatten die Wärter ihm noch nichts getan. Er war Amerikaner. Ein mutmaßlicher CIA-Agent, sicherlich, aber ein Amerikaner. Und er wusste, dass das amerikanische State Department sich in eben diesen Stunden hinter den Kulissen um seine Freilassung bemühte. Der Erfolg der Verhandlungen würde nicht zuletzt davon abhängen, ob er und Fatinah durchhalten und den Syrern keine brauchbaren Informationen liefern würden. Und verzweifelt hoffte er, dass das State Department auch Fatinahs Freilassung erwirken konnte, obwohl das eine komplizierte Geschichte war. Aber kompliziert oder nicht, sie hätten keine Chance, wenn Fatinah irgendetwas zugab.

Er rief sich das ins Gedächtnis in diesem allerkritischsten Augenblick – der unwirklichen Stille, die die beiden Zellen füllte, als sein Wärter seine Zigarette ausdrückte und aufstand, um ihm den Knebel abzunehmen.

Er schob seinen Kopf vor Seans Gesicht. Sein Atem war schlimmer als der Gestank der Zelle. Mit leiser Stimme forderte er Sean auf auszusagen. Er versuchte gar nicht erst, den Kassettenrekorder zu verstecken.

»Möchten Sie wissen, was als Nächstes mit Ihrer Freundin passieren wird?« Seine Stimme war so locker, als rede er über das Wetter.

»Sie hat nichts getan. Sie weiß nichts. Lassen Sie sie gehen und behalten Sie mich.«

Der Syrer knurrte. »Oh, ihr Amerikaner. Ihr edlen Ritter.« Er schüttelte mit gespielter Traurigkeit den Kopf. »Aber die Finger von unseren Frauen lassen, das könnt ihr nicht.«

Es war Seans Schuld, dass Fatinah all das durchmachen musste. Er hatte sich mit ihr angefreundet, sie als Mitarbeiterin gewonnen und sich schließlich in sie verliebt. Sie arbeitete jetzt mit Sean für die CIA. Mit ihrem Charme und ihrer Schönheit hatte sie einem der mächtigsten Männer Syriens wichtige Informationen abgeluchst. Ihr arabischer Name bedeutete »faszinierend, eine Flamme, die einem keine Ruhe lässt«. Sie war das und noch einiges mehr gewesen für den syrischen General, der seinen Geliebten gerne Eindruck machte mit seinen Großtaten. Aber als er dieselbe Frau zusammen mit Sean erwischt hatte, war das Spiel aus gewesen, und seine Lust hatte sich in nackte Wut verwandelt.

Und aus der Wut war ein psychologisches Experiment geworden. Wie konnte man Sean und Fatinah brechen? Wie konnte man sie zum Reden bringen?

»Ihre Geliebte ist resolut, eine richtige Kämpferin, aber wir schicken halt jedes Mal neue Männer in den Ring«, sagte der Wärter. Er grinste; der Schmerz, den er in Seans Gesicht las, bereitete ihm ein perverses Vergnügen. »Und Sie haben solche Macht, mein lieber amerikanischer Freund. Sie können das alles stoppen – all diese Dinge, die ich Ihnen eingehend beschreiben muss, damit Sie wissen, was als Nächstes kommt. Sie sind der eine Mann in der ganzen Welt …« – er machte eine theatralisch ausholende Handbewegung – »… der verhindern kann, dass dieses arme Mädchen noch mehr leiden muss.«

Er presste beide Hände gegen die Wand hinter Sean und schob seinen Kopf noch näher. »Arbeiten Sie für die amerikanische CIA?«

Sean schüttelte den Kopf.

»Lieben Sie die Frau in der Zelle nebenan?«

»Das habe ich Ihnen bereits gesagt. Wir lieben uns. Was soll daran Schlimmes sein?«

»Hat Sie Ihnen irgendwelche Geheimnisse verraten?«

»Wir alle haben Geheimnisse.«

»Clever. Aber Sie wissen, was ich meine.« Der Riese machte einen Schritt zurück, seufzte und fing an, in allen Einzelheiten zu beschreiben, wie sie Fatinah missbrauchen und foltern würden. Sean schloss die Augen und versuchte, die Bilder, die der Wärter ihm ins Gehirn senkte, beiseitezuschieben.

Als der Syrer fertig war mit seinem genüsslich ausgemalten brutalen Szenario, gab er Sean ein paar Minuten Bedenkzeit. Sean nutzte die Gelegenheit, um Fatinah ein paar Worte der Ermutigung zuzurufen.

Der Syrer schüttelte den Kopf, stopfte den Knebel zurück in Seans Mund und sicherte ihn erneut mit dem Klebeband. Dann rief er seinen Kollegen in der Nachbarzelle zu: »Mr Phoenix sagt, er weiß nichts! Er sagt, wir sollen Fatinah fragen! Er sagt, wir sollen mit ihr machen, was wir wollen!«

Der Wärter setzte sich wieder und zündete sich die nächste Zigarette an. Ein paar Minuten später waren erneut die durchdringenden Schreie zu hören.

Die Verhöre gingen noch zwei Tage weiter, dann ließen sie Sean Phoenix frei – unversehrt und ohne dass er irgendwelche nationalen Geheimnisse preisgegeben hätte. In der US-Botschaft erfuhr er, dass das State Department verneint hatte, irgendetwas über Fatinah Najar und ihre Beziehung zu Sean zu wissen. Es hatte auch nicht versucht, ihre Freilassung zu erwirken oder ihr Asyl in den USA zu gewähren. Das einzige Thema, das die Amerikaner gegenüber den Syrern angesprochen hatten (dies allerdings mit allem Nachdruck), war die unverzügliche Freilassung eines unschuldigen amerikanischen Geschäftsmannes namens Sean Phoenix. Er war, so erklärte das State Department, kein Spion, und sich in eine Syrerin verlieben war ja wohl kein Verstoß gegen irgendwelche internationalen Gesetze.

Diese Strategie war auf höchster Ebene beschlossen worden. Der CIA-Direktor höchstpersönlich hatte das amerikanische Verhandlungsteam angewiesen, nichts zuzugeben. Er war zuversichtlich, dass Sean und Fatinah durchhalten würden. Die rechte Hand des Direktors – ein Rechtsanwalt und Bürokrat, der noch nie aus seinem Elfenbeinturm herausgekommen war – hatte seinen Chef davon abgebracht, sich auch um Fatinahs Freilassung zu bemühen. Das zu versuchen würde nämlich dem Geständnis gleichkommen, dass sie eine Spionin war, was peinliche internationale Verwicklungen zur Folge hätte. Manchmal musste man halt den einen für das Wohl der vielen opfern …

Sean kehrte in seine Wohnung im Zentrum von Damaskus zurück mit der Anweisung, seine Sachen zu packen, um am nächsten Tag zurück in die USA zu fliegen. Aber das tat er nicht. Stattdessen legte er sich einen Schlachtplan zurecht. Seine Waffen und Munition hatten die Syrer konfisziert, als sie ihn verhafteten; er würde sich irgendwo in Damaskus neue kaufen müssen. Er war kein Sprengstoffexperte, aber er wusste, wie man aus Düngemitteln eine einfache Bombe basteln konnte. In den ersten Morgenstunden würde er seinen Ein-Mann-Angriff auf das Gefängnis starten. Seine Erfolgschancen, das wusste er, waren minimal, aber lieber bei dem Versuch, Fatinah zu befreien, sterben, als mit dem Wissen weiterleben, dass er nichts versucht hatte.

Um Mitternacht standen plötzlich drei Agenten in seiner Wohnung und sagten ihm, dass er schon eher fliegen würde. Ein heftiger Wortwechsel, dann ein Handgemenge. Sie trugen den Bewusstlosen aus der Wohnung. Als Sean wieder zu sich kam, saß er in einem Flugzeug nach Deutschland.

Der Direktor fuhr fort, dass Sean nach einem kleinen Urlaub für eine neue Aufgabe vorgesehen sei, eine Gehaltserhöhung eingeschlossen. Doch Sean gab seine Papiere ab und ging. Dann erstellte er eine Liste der Menschen, Syrer wie Amerikaner, die eine Rolle bei Fatinahs Tod gespielt hatten, und schwor sich, die Namen einen nach dem anderen von der Liste zu streichen, wenn er seinen Rachefeldzug durchführte.

»Recht und Gesetz«, »der Preis der Freiheit« – Sean konnte es nicht mehr hören. Er konnte sie nicht mehr sehen, die Wichtigtuer, die in ihren Luxusbüros hochtrabende Phrasen von sich gaben, die sie selbst keinen Cent kosteten.

Patriotismus. Demokratie. Freiheit. Lauter Tricks, um Männer wie Sean dazu zu bringen, den Mächtigen zu Diensten zu sein. Und wenn die Mächtigen selbst mit dem Rücken zur Wand standen, dann wurden solche Leute wie Sean und Fatinah entbehrlich. Der nächste Posten, den man abschreiben musste, der nächste Kollateralschaden, die nächste Schadensbegrenzung.

Sean Phoenix war das alles satt. Es musste doch etwas anderes geben!

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

1

Atlanta (Georgia)

Es war ein schwülwarmer Augustmorgen, und Landon Reed trug die Jeans, das graue T-Shirt und die Sandalen, die Kerri ihm am Tag zuvor gebracht hatte. Er kniff die Augen zusammen, als er aus dem tristen Grau der Strafanstalt Fulton hinaus in das blendend helle Sonnenlicht trat. An seiner linken Hand hing eine Papiertragetasche mit dem Anzug und den Schuhen, die er vor zwei Jahren vor Gericht getragen hatte, als er sich schuldig bekannte. In der Tasche war auch eine Sonnenbrille, aber die hatte Landon extra nicht aufgesetzt, um nicht einen falschen Eindruck zu erwecken – der ehemalige College-Football-Star, der immer noch auf cool machte.

Er war wegen seiner Rolle in einem Wettbetrugsskandal zu zwei Jahren verurteilt worden, und es überraschte ihn nicht, dass nur ein einziger seiner Mannschaftskameraden zu seiner Freilassung gekommen war – sein bester Freund und Center-Spieler, ein Berg von einem Mann namens Billy Thurston. Während Landon einsaß, war Billy von einem anderen Team, den Green Bay Packers, übernommen worden.

Die Reporter bildeten einen Halbkreis um Landon, die Fernsehkameras liefen. Die gleichen Reporter, die ihn vor zwei Jahren gehetzt hatten, waren gekommen, um seine Freilassung zu dokumentieren und die Southeastern-University-Fans erneut zu ärgern. Landon konnte es ihnen nicht verdenken; er war im Gefängnis ein anderer geworden, bußfertig statt verbittert, aber das würden die anderen wohl kaum verstehen.

Er nahm sich zusammen, während er seine Mutter und ältere Schwester umarmte. Sie sagten nichts, wussten nur zu gut, dass die Mikrofone jedes Wort aufnehmen würden. Hinter ihnen wartete Kerri, wie sie die ganzen zwei Jahre gewartet und die Verachtung der meisten ihrer alten Freundinnen ertragen hatte. Auf ihrem Arm hielt sie das kleine Mädchen, das einmal eine genauso willensstarke, schöne Frau werden würde wie ihre Mutter. Maddie war zur Welt gekommen, als Landon seine Haftstrafe angetreten hatte; außerhalb der Gefängnismauern war sie noch nie in seinem Armen gewesen.

Landon und Kerri hatten das Drehbuch dieses Augenblicks sorgfältig vorbereitet. Eine kurze Umarmung, dann würde Landon den Reportern sagen, dass ihm Kerris Loyalität eine große Hilfe gewesen sei, und ein paar Fragen beantworten. Sie würden alles kühl und sachlich halten; die emotionalen Dämme konnten später brechen.

Aber als Kerri zu ihm trat, um ihn zu umarmen, war das Drehbuch vergessen. Sie fing an zu weinen, obwohl sie doch nicht hatte weinen wollen. Und auch er merkte, wie ihm die Tränen über das Gesicht liefen. Kerri vergrub ihren Kopf an seiner Schulter, und sie umarmten sich viel länger als geplant, zwischen ihnen die Kleine, ihre beiden Arme um die Hälse ihrer Eltern geschmiegt.

Der »alte« Landon, der gefeierte Quarterback von vor drei Jahren, hätte solch einen öffentlichen Gefühlsausbruch peinlich gefunden – der »neue« Landon nicht mehr. Ist man einmal in den großen Tageszeitungen an den Pranger gestellt worden, kommt es auf ein paar Tränen in der Öffentlichkeit nicht mehr an.

Noch bevor die kleine Familie ihre Umarmungen beendet hatte, begannen die Fragen. Kerri gab Landon das Kind. Als er sich zu den Reportern hindrehte, vergrub die Kleine ihr Gesicht an seiner Brust und klammerte sich an ihn, als ginge es um ihr Leben. Es war einfach zu viel für ein kaum zwei Jahre altes Kind.

»Was sind Ihre Pläne?«

»Werden Sie wieder Football spielen?«

»Haben Sie eine Botschaft für Ihre Mannschaftskameraden und Trainer?«

Landon holte Luft. Eins nach dem anderen. »Ich bin ziemlich sicher, dass meine Football-Karriere vorbei ist.« Wer würde mich noch wollen? »Ich bin für all die dankbar, die die letzten beiden Jahre zu mir gehalten haben.« Er legte seinen freien Arm um Kerris Schulter und nickte seiner Mutter und Schwester zu, die ebenfalls an seiner Seite standen. Seine Mutter, die schon immer schlank gewesen war, sah drahtig und dünn aus; ihr Gesicht war tränenverschmiert. Das Gefängnis hatte sie noch mehr altern lassen als ihn.

»Es tut mir aufrichtig leid, dass ich meine Kameraden, Trainer und Fans so enttäuscht habe. Ich weiß, dass ich den Schaden, den ich Southeastern University und meinem eigenen Ruf zugefügt habe, nie wiedergutmachen kann.«

Kerri hielt ihren Kopf hoch, als stünde sie neben einem Prinzen. Auch Landons Mutter und Schwester hielten ihre Köpfe hoch.

»Ich bin Kerri unendlich dankbar, dass sie die ganzen zwei Jahre auf mich gewartet hat. Ich hätte ihr nicht böse sein können, wenn sie sich von mir getrennt hätte. Und deswegen habe ich vor, dass wir unsere Beziehung so bald wie möglich verbindlich machen.«

Kerri, die ihren Arm um seine Taille gelegt hatte, drückte ihn sachte. Die Fragen kamen und kamen, und er beantwortete sie mit Engelsgeduld. Reporter waren zynische Burschen. Heiraten – wie romantisch! Aber kein Comeback auf dem Football-Feld?

»Wollen Sie sagen, dass kein einziges Team der National Football League an Sie herangetreten ist?«

»So ist es, ja.«

»Und Sie haben nicht vor, sich irgendwo vorzustellen?«

Es war Billy Thurston, der befand, dass es jetzt reichte. Er trat zwischen Landon und den kleinen Mikrofonwald. »Respektieren wir die Privatsphäre dieser Familie, und lassen wir Mr Reed in Ruhe sein Leben wiederaufbauen«, verkündete er. Und dann bahnte er, wie so viele Male in der Vergangenheit, »seinem« Quarterback eine Gasse.

Die Reporter, nicht faul, wiederholten ihre Fragen, nur lauter. Sie schrien sie Landon und den anderen förmlich zu, während diese Richtung Parkplatz gingen. Landon, der das Rampenlicht gewöhnt war, kannte die Spielregeln: Wenn du findest, dass die Pressekonferenz vorbei ist, schau niemand an, lass sie reden und geh weiter.

Sie hatten es fast geschafft, als Landon Bobby Woolridge entdeckte, einen älteren Reporter der Atlanta-Journal-Constitution, der immer besonders fair gewesen war. Bobby glaubte, dass jeder Mensch sich ändern konnte, und hatte ein paar Monate zuvor einen Artikel über Landons Gefängnisbekehrung geschrieben, die er – anders als die anderen seiner Zunft – nicht für Bluff und Publicity hielt.

»Wollen Sie Pastor werden?«, fragte Bobby.

Landon grinste leicht und ging weiter. »Nein, Bobby. Ich glaube nicht, dass ich das Zeug dafür habe.«

»Wovon wollen Sie dann Ihre Familie ernähren?«

»Mir wird schon was einfallen«, erwiderte Landon. Er war versucht, es Bobby zu sagen; früher oder später käme es ja sowieso heraus. Aber er und Kerri hatten darüber gesprochen. Nein, sie würden ihre Pläne für sich behalten, bis die Publicity sich wieder gelegt hatte. Er hatte während der Haft sein Studium beendet. Jetzt würden sie ein neues Leben beginnen, weit weg von Atlanta, in einer Stadt, die geschichtsträchtig war, aber wenige Fans der Southeastern Football League hatte.

»Viel Glück«, sagte Bobby.

Billy hatte seinen Land Rover in der zweiten Reihe geparkt. Sie stiegen rasch ein, während die Reporter ihre letzten Bilder schossen. Sie fuhren los, und Landon merkte, dass der Druck in seiner Brust geringer wurde. Er war wieder ein freier Mann, der tun konnte, was er wollte.

»Wohin?«, fragte Billy. »Pizza? Burgers? Das Varsity?« Billy dachte ständig ans Essen.

Aber Landon hatte ein Versprechen, das er halten musste. »Zur Trinity Church«, sagte er. »Ehe die Braut es sich anders überlegt. Den Bräutigam-Trauzeugen und das Blumenmädchen haben wir ja schon an Bord.«

Kerri, die mit Maddie hinten saß, beugte sich vor und legte eine Hand auf Landons Schulter. »Sie hat sich das zwei Jahre überlegen können«, sagte sie. »Die kriegt keine kalten Füße.«

Seit sechs Monaten hatten sie diesen Tag geplant. Landon konnte schier nicht glauben, dass es jetzt passieren sollte. Es war keine Traumhochzeit, doch das schien Kerri egal zu sein. Selbst dass ihre Eltern nicht kommen wollten, hatte sie nicht erschüttert. »Wir haben doch einander«, hatte sie gesagt. »Was brauchen wir mehr?«

Sie wurden von dem Pastor der kleinen Kirche getraut, zu der Kerri gehörte. Aus Kerri Anderson wurde Kerri Reed. Als sie das Ehegelöbnis austauschten und einander Treue in Freud und Leid versprachen, unterbrach der Pastor sich, um Kerri anzuschauen. »Das kennen Sie ja schon«, sagte er. Und sie strahlten beide, Kerri und Landon, und noch lange nachdem der Pastor sie zu Mann und Frau erklärt hatte, lächelten und strahlten sie weiter.

Etwas später an diesem Tag sagte Kerri, dass es die romantischste Hochzeit war, die sie sich hatte vorstellen können. Nur sieben Personen in der kleinen Kirche – es war richtig intim gewesen. Es fühlte sich für sie alles so sehr wie ein Traum an, dass sie sich um ein Haar in den Arm gekniffen hätte. Jetzt waren sie also eine richtige Familie; jetzt war sie Mrs Reed, und Maddies Papa war endlich zu Hause.

Auch Landon war sich vorgekommen wie in einem Traum. Die ganzen zwei Jahre dort im Gefängnis hatte er Angst gehabt, dass Kerri eines Tages vielleicht jemand anderen finden und gehen würde. Sie war eine schöne Frau und starke Persönlichkeit. Aber immer wieder hatte sie ihn besucht. Ihn. Und jetzt war er mit ihr verheiratet.

Welcher Mann hätte da nicht gestrahlt? Aber es gab noch einen zweiten Grund für Landons Lächeln: Am Abend würden die Flitterwochen beginnen.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

2

Das Prüfungskomitee der Anwaltskammer Virginia besteht aus fünf Rechtsanwälten, die eine wenig beneidenswerte Aufgabe haben: Sie sollen feststellen, ob Personen, die ein Studium der Rechtswissenschaften hinter sich und das Anwaltsexamen bestanden haben, auch die charakterliche Eignung besitzen, diesen Beruf auszuüben. Die Prüfer suchen, wie es in den Statuten der Kammer heißt, nach Männern und Frauen, »deren charakterliche und ethische Kompetenz sie der Achtung und des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger würdig macht«. Mit anderen Worten: Das Komitee hat die Aufgabe, solche potenziellen Rechtsanwälte auszusieben, die sich durch Lügen, Betrügen oder Stehlen hervorgetan haben (oder, in seltenen Fällen, durch Gewaltverbrechen). Das Komitee hört sich an, was die jungen Männer mit gemischtem Lebenslauf, die da Rechtsanwalt werden wollen, über besagten Lebenslauf zu sagen haben, und spricht daraufhin eine Empfehlung (den berühmten erhobenen oder gesenkten Daumen) für die Anwaltskammer Virginia aus.

Das Komitee tagt in einem großen Gerichtssaal im ersten Stock der State Corporation Commission in Richmond. Seine Mitglieder thronen hinter einem Tisch in dem Bereich des Saals, der für die Anwälte vorgesehen ist, während der auf Herz und Nieren zu prüfende Kandidat ihnen gegenüber direkt unter dem Richterpodium auf einem Stuhl sitzt, offen und ungeschützt, ohne ein Zeugenstandgeländer oder auch nur einen Tisch, die ihm Deckung bieten könnten. Manche dieser jungen Männer und Frauen bringen ihren eigenen Anwalt mit, andere, die das dafür nötige Kleingeld nicht haben, nehmen ihre Zukunft in die eigene Hand und vertreten sich selbst; verlieren sie, war dies der erste und letzte Fall ihrer Karriere.

Landon Reed hatte mehrere Anwälte angesprochen, doch keiner war bereit, ihn zu vertreten. Und so saß er jetzt, drei Jahre nach seiner Haftentlassung, allein vor dem Komitee, seine 1,90 Meter zusammengefaltet auf dem Stuhl, in dem besseren seiner zwei Anzüge, und kam sich so schutzlos vor wie zuletzt vor fünf Jahren bei seiner Verurteilung.

Der Vorsitzende des Komitees hatte die Aufgabe, die Bedenken vorzutragen, die es gegenüber dem Kandidaten gab. Er hieß Jeffery Henderson und war ein intellektuell aussehender, ruhiger Mann Anfang vierzig, der Landon bis jetzt immer fair behandelt hatte. Er las aus seinen schriftlichen Unterlagen vor, während die übrigen Komiteemitglieder Landon musterten. Der schlug die Beine abwechselnd links und rechts übereinander und faltete seine Hände, während sein Herz gegen sein Jackett hämmerte, als wolle es im nächsten Augenblick aus der Brust springen.

Während seiner zweieinhalb Jahre auf der juristischen Fakultät, der William and Mary Law School, war Landon jeden Morgen mit dem Wissen aufgestanden, dass er eines Tages hier sitzen würde. Die Ausbildungsdarlehen, die durchgepaukten Nächte vor den Prüfungen, die extra Sommerkurse, damit er sechs Monate früher fertig war, und der Stress, den all dies seiner Ehe gebracht hatte – alles wäre für die Katz, wenn drei der fünf Anwälte da vor ihm zu dem Schluss kamen, dass er charakterlich nicht für den Beruf des Rechtsanwalts geeignet war.

Als ob die Welt nicht schon Tausende Anwälte auf die Menschheit losgelassen hatte, gegen die Landon der reinste Heilige war.

»Das Komitee hat Ihre Empfehlungsschreiben und Ihren schriftlichen Antrag erhalten.« Hendersons Stimme war gemessen, seine Förmlichkeit unterstrich den Ernst des Augenblicks. »Der Zweck Ihrer heutigen Anhörung ist die Untersuchung Ihrer Verurteilung wegen zweier Fälle von Verabredung zur Bestechung. Es handelt sich hierbei um den Vorwurf der Punktemanipulation in Ihrer Zeit als Quarterback für die Football-Mannschaft Southeastern University Knights, speziell in zwei Spielen gegen die Southeastern-League-Gegner Kentucky und Vanderbilt in Ihrem vorletzten Studienjahr an der Universität. Sie bekannten sich in beiden Fällen als schuldig und verbüßten eine zweijährige Freiheitsstrafe, nach welcher Sie Ihr Jurastudium an der William and Mary Law School aufnahmen. Dazu kommen fünf Verkehrsverstöße während Ihres Studiums an der Southeastern University.«

Ach ja – die Verkehrsverstöße. Sie hatten Landon immer den gewissen Kick gegeben. Wie die meisten College-Sportler besaß er einen Bleifuß, der ihm etliche Knöllchen beschert hatte. Aber deswegen war er heute nicht hier. Landon war der Hauptakteur in einem der größten Wettbetrugsskandale in der Geschichte des College-Footballs gewesen. Er hatte zugegeben, in Spielen gegen zwei andere Mannschaften der Southeastern League, bei denen seine Mannschaft die stärkere war, vorsätzlich Punkte vergeben zu haben. Dafür hatte er ein entsprechendes »Honorar« aus dem Sportwettenmilieu kassiert. Doch der eigentlich heikle Punkt war das Endspiel um die Southeastern-League-Meisterschaft, das die Southeastern Knights gegen Alabama verloren hatten – und Landons Anteil an dieser Niederlage. Er hatte, was dieses Spiel betraf, immer seine Unschuld beteuert, und die Anklage hatte nie etwas anderes beweisen können.

Die erste Frage kam von dem einen Komiteemitglied, in dem Landon einen möglichen Verbündeten sah. Der Mann hieß Harry McNaughten und war ein reizbarer alter Strafverteidiger, der angeblich an Leberzirrhose litt, aber stur weiterlebte. Er war hager, seine Haut gelblich und ledrig, sein schütteres graues Haar über die Ohren zurückgekämmt. Seine hohe Stirn, seine römische Nase und sein längliches Gesicht erinnerten Landon an die Statue von George Wythe, einem der Gründer Virginias, die vor dem Eingang der William and Mary Law School stand. McNaughten galt allgemein als jemand, der das Komitee ein wenig liberaler und gnädiger gemacht hatte, und Landon setzte auf seine Stimme.

»Ich glaube, wir alle hier fragen uns, warum Sie das damals gemacht haben.« McNaughtens Stimme war kratzig. »Ich kenne ’nen Haufen Anwälte, die ihren linken Arm gegeben hätten, um in der Southeastern League Quarterback spielen zu dürfen, und Sie haben Ihr Team für ein paar Tausend Dollars verkauft.« Er lehnte sich zurück und richtete seine lange Nase auf Landon. »Da kommt man einfach nicht mit.«

Landon schluckte heftig. Er hatte Lust, sich zu verteidigen. Rein technisch hatte er sein Team eigentlich nicht verkauft; er hatte nur dafür gesorgt, dass es weniger Punkte erzielte, aber das Spiel immer noch gewann. Aber es war eine Manipulation gewesen, das wusste jeder. Nein, wenn er hier nicht ganz reinen Tisch machte, hätte er keine Chance.

»Ich möchte mit dem, was ich jetzt sage, mein Verhalten nicht entschuldigen«, begann Landon. Das leichte Zittern in seiner Stimme verunsicherte ihn noch mehr. »Ich übernehme die volle Verantwortung für das, was ich getan habe. Als Sportler kann ich mir nichts Elenderes vorstellen, als gegen seine eigenen Kameraden zu agieren – auch in Spielen, wo ich wusste, dass wir gewinnen konnten. Aber damals, als Zwanzigjähriger, dachte ich mehr an mich selbst als an mein Team. Ich hatte gerade erfahren, dass meine Freundin schwanger war, und wir wollten nicht, dass ihre Eltern das erfuhren. Wir wussten noch nicht, ob wir das Kind behalten würden. Keiner von uns hatte das Geld für einen Arztbesuch; sie hätte das über die Krankenversicherung ihrer Eltern machen müssen, und da dachte ich, vielleicht …«

Seine Stimme wollte versagen, er schluckte wieder. Er schaute zu der ersten Zuschauerreihe hin, wo Kerri saß und ihn ansah, ihr Kopf so hoch erhoben wie während des ganzen Dramas, in ihrem Blick eine stolze Würde, die ihre Mandelaugen noch schöner machte. Sie wollte, dass er das hier schaffte, sie wollte es vielleicht sogar noch mehr als er selbst. Er durfte jetzt nicht losheulen; das Komitee würde nur denken, dass er eine Show abzog.

»Es war einfach so, dass ich dringend Geld brauchte und das die einzige Möglichkeit war, die mir einfiel. Ich dachte, dass ich super genug bin, um ein paar Punkte zu vergeben, ohne dass meine Mannschaft das Spiel verliert. Das ist natürlich alles keine Entschuldigung, und ich schäme mich dieser Manipulationen. Ich habe nicht nur mir selbst Schande gemacht, sondern auch der Mannschaft. Und Kerri. Ich habe die Menschen enttäuscht, denen ich am wichtigsten war.«

»Und was für eine Art Anwalt möchten Sie werden?«, fragte McNaughten. Die anderen schienen einverstanden zu sein, dass er das Wort führte.

»Darüber habe ich viel nachgedacht«, erwiderte Landon. Seine Stimme war jetzt fester, aber er versuchte, im Ton zurückhaltend zu bleiben. »Ich möchte gerne Strafverteidiger werden. Aber nicht aus den Gründen, an die Sie jetzt vielleicht denken. Im Gefängnis habe ich erlebt, dass die meisten Menschen dort die Hoffnung aufgeben. Man merkt das an ihren Augen, ihrer Körperhaltung, ihrer ganzen Art, das Leben zu sehen. Ich weiß, das klingt jetzt vielleicht bombastisch, aber ich glaube, ich könnte meinen Klienten etwas Hoffnung geben. Ich weiß, wie es ist, wenn man die ganze Schärfe des Gesetzes spürt und alle gegen einen zu sein scheinen. Aber ich glaube auch, dass unser System das Ziel hat, diesen Männern und Frauen eine neue Chance zu geben. Ich würde meinen Klienten klarmachen, dass sie sich ändern können, wenn sie die volle Verantwortung für ihre Taten übernehmen. Dass sie eines Tages doch noch etwas aus ihrem Leben machen können. Und wenn sie dann erleben, wie ich sie vor Gericht vertrete, werden sie wissen, dass das nicht nur schöne Worte sind.«

Es gab noch so viel mehr, was Landon sagen wollte, aber er wusste: Das hätte jetzt nichts gebracht. Die Anwälte in diesem Komitee hatten das alles schon x-mal gehört. Wie so viele andere Straftäter hatte Landon eine Lebensveränderung der religiösen Art erlebt. Als er ganz unten gewesen war, hatte er angefangen, einen Bibelkreis in der Haftanstalt zu besuchen. Geleitet wurde er von Mason James, einem Exhäftling, der inzwischen Dozent für Rechtswissenschaft geworden war. Mace, wie die Insassen ihn nannten, sprach über Männer in der Bibel, die auch im Gefängnis gewesen und Helden des Glaubens geworden waren: Josef im Alten Testament. Paulus im Neuen. Mose war ein Mörder gewesen, David ein Ehebrecher. »Es gibt Hoffnung für Leute wie euch«, hatte Mace gesagt. Aber dazu war es nötig, dass man seine Sünden bekannte und an Christus glaubte.

Sechs Monate lang hatte Landon sich gegen diese Botschaft gewehrt, aber schließlich hatte ihn James’ Lebensstil überzeugt. Mace kam treu jede Woche in den Bibelkreis, nie wurde es ihm zu viel, und neben seinem Beruf verteidigte er Männer, die sich keinen Anwalt leisten konnten. Das wollte Landon eines Tages auch tun!

Die biblische Geschichte, die Landons inneren Schild schließlich durchbrochen hatte, war die des Zolleinnehmers Zachäus. Der hatte, ähnlich wie Landon, viele Menschen betrogen, aber das war für Jesus nicht entscheidend. Zachäus hieß Jesus in seinem Haus willkommen, zahlte allen, die er betrogen hatte, das Geld vierfach zurück, und Jesus sagte ihm, dass heute das Heil in sein Haus gekommen war. Und als die besseren Leute Jesus kritisierten, weil er sich mit Zöllnern abgab, sprach er in seiner Antwort geradeso für Landon wie für Zachäus: »Der Menschensohn ist gekommen, um die zu suchen und zu retten, die verloren sind.«

Von dieser Botschaft inspiriert, hatte Landon an jeden seiner ehemaligen Mannschaftskameraden und Trainer einen Brief geschrieben, in dem er um Vergebung bat.

Einige hatten ihn ignoriert, andere mit harten Worten reagiert, doch die Reaktion der meisten, darunter Landons früherer Cheftrainer, war freundlich gewesen. Seinem Schreiben an das Prüfungskomitee hatte Landon einen Brief seines Trainers beigelegt.

Die Jüngste in diesem Gremium war eine blonde Prozessanwältin, die an der University of Virginia studiert hatte und jetzt für eine der großen Anwaltskanzleien in Richmond arbeitete. Sie hatte in ihren Papieren geblättert, während Landon erklärte, dass er Strafverteidiger werden wollte. Jetzt sah sie ihn an. »Mr Reed, dieses Komitee interessiert auch, ob der Bewerber seine Schuld gegenüber der Gesellschaft wirklich ganz beglichen hat. Ich weiß, dass es bei Absprachen zwischen Anklage und Verteidigung oft Konzessionen von beiden Seiten gibt und der Beklagte sich typischerweise nur eines Teils seiner Taten für schuldig bekennt. Meine Frage an Sie, Mr Reed, ist daher: Gab es noch weitere Football-Spiele, bei denen Sie versuchten, das Ergebnis zu manipulieren – Fälle, bei denen Sie sich nicht für schuldig bekannt haben?«

Landon hatte gewusst, dass diese Frage kommen würde. Alle Fans in der Southeastern League verdächtigten ihn, das Meisterschaftsendspiel verkauft zu haben.

»Das waren die beiden einzigen Spiele. In allen anderen habe ich wirklich mein Bestes gegeben. Übrigens auch beim Training.«

»Manchen von uns fällt es schwer, Ihnen das abzunehmen«, meldete Harry McNaughten sich. »Eine Menge Leute, die bei den Sportwetten auf Southeastern gesetzt hatten, haben bei diesem Finale viel Geld verloren. Es war nicht Ihr bester Tag.«

»Es war wahrscheinlich sogar mein schlechtester Tag«, sagte Landon. »Aber ich wollte, dass wir gewinnen.«

»Wie viele Interceptions hatten Sie in der gesamten Spielsaison dieses Jahres?«

»In der regulären Saison sieben.«

»Und in dem Meisterschaftsspiel?«

»Drei.«

»Und wie viele Fumbles?«

»Eins.«

McNaughten nickte wissend, dann fuhr er fort: »Ich habe Mr Henderson gebeten, ein paar Fernsehaufzeichnungen mitzubringen, damit wir uns die Sache mal anschauen können.«

Landon hatte sie bemerkt, die Fernsehbildschirme in dem Gerichtssaal. Einer stand, auf einem Ständer angebracht, ihm gegenüber, der zweite zeigte auf das Komitee. Viele Gerichtssäle waren mit Bildschirmen ausgestattet, und Landon hatte noch nie groß darüber nachgedacht – bis jetzt.

McNaughten nahm eine Fernbedienung in die Hand. »Ich habe mir das gesamte Meisterschaftsspiel angeschaut«, dozierte er. »Die ersten beiden Interceptions waren nicht Ihre Schuld. Bei dem einen war es Ihr eigener Receiver, beim zweiten standen Sie echt unter Stress. Und dieses Fumble beim letzten Angriff des Spiels – da wurden Sie überrumpelt, als Ihr Schutz versagte. Aber diese dritte Interception, bei einem kritischen Angriff wenige Minuten vor Spielschluss … das sieht ein bisschen verdächtig aus.«

Er setzte sich umständlich seine Lesebrille auf und drückte auf die Knöpfe der Fernbedienung. Der Bildschirm reagierte nicht. Er gab die Fernbedienung an Henderson weiter, etwas über die Tücken der Technik murmelnd. Ein Augenblick Stille. Landon rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her. Er rief sich innerlich zur Ordnung; jetzt nur ruhig bleiben …

»Wenn wir dieses Ding in Gang kriegen«, fuhr McNaughten fort, als seien die Bildschirme ein Teilchenbeschleuniger, »hätten Sie was dagegen, sich das Spiel anzuschauen und uns ein paar Erklärungen zu geben?«

»Das mache ich gerne.«

Henderson drückte auf die Fernbedienung, und das Video begann. »Okay«, sagte McNaughten.

Landon schaute sich seinen Albtraum zum ersten Mal seit Jahren wieder an. In der Nacht nach dem Spiel hatte der Sportsender ESPN, der 24 Stunden am Tag nur über Sport berichtet, die Szene mit der Interception fortwährend wiederholt. Landon war damals zu betrunken gewesen, um sich Gedanken deswegen zu machen. Später war die Aufzeichnung ein Grundpfeiler in der ESPN-Berichterstattung über den Wettbetrug geworden; Landon schätzte, dass jeder Sportfan in Amerika sie mindestens zwanzigmal gesehen hatte.

Die Southeastern-Mannschaft lag um einen Punkt zurück und griff an, knapp drei Minuten vor Ende der Spielzeit. Die Wettbüros in Las Vegas favorisierten die gegnerische Mannschaft, Alabama, mit vier Punkten Differenz; Landons Team war also dabei, diese Prognose zunichtezumachen. Trotz der beiden Interceptions hatten die Verteidigung und die Special Teams von Southeastern die Mannschaft gut im Spiel gehalten.

Bei diesem Spielzug war der Schutz gut, und Landons Lieblings-Receiver sauste die Seitenlinie entlang, gleich neben ihm der Rückraumspieler der gegnerischen Mannschaft. Landon warf den Ball, aber nicht weit genug; er landete deutlich hinter dem Receiver. Der Rückraumspieler bekam den Ball ab, als er kurz über seine Schulter schaute, nahm ihn an sich und sprintete an die fünfzig Meter fast bis zur Endlinie davon. Das Stadion brüllte, die Reporter waren mehrere Sekunden sprachlos.

»Sie haben ihn genau im Rücken getroffen«, sagte McNaughten. Er meinte den Rückraumspieler. »Dieser Wurf war mindestens fünf Meter zu kurz. Gut, wir sind hier keine Football-Experten, aber ich glaube, dieses Gremium würde schon gerne wissen, wie ein Quarterback mit solch einem Wurfarm wie Sie so eine lahme Ente hinlegt.«

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3

Landon wusste: Es sah nicht gut aus. Er hatte das alles schon so oft gehört. Aber es ging um seine Zukunft. Er musste die Sache erklären!

»Darf ich eben aufstehen und etwas demonstrieren?«, fragte er.

Die Komiteemitglieder sahen Henderson an, der zustimmend die Schultern zuckte.

Landon erhob sich. »Mr Henderson, würden Sie bitte einen Augenblick zu mir kommen und sich hier hinstellen?«

Der Leiter des Gremiums runzelte zögernd die Stirn, dann stand er auf und kam zu Landon.

»Kerri, könntest du mir auch eben helfen?«

Seine Frau sprang förmlich auf.

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