Die Revolution im Kopf - Prof. Dr. Gerd Kempermann - E-Book

Die Revolution im Kopf E-Book

Prof. Dr. Gerd Kempermann

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Beschreibung

Spektakuläre Erkenntnisse der Hirnforschung - populär aufbereitet von einem Mediziner und Naturwissenschaftler mit internationalem Ansehen: Gerd Kempermann beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage, wie wir die Leistungsfähigkeit unseres Gehirns erhalten können. Dabei machte er im Verbund mit anderen Hirnforschern eine bahnbrechende Entdeckung: Auch das erwachsene Gehirn verfügt über Stammzellen; es kann neue Nervenzellen bilden und damit das Altern des Gehirns aufhalten. "Die Revolution im Kopf" erzählt auf eine sehr anschauliche Weise, wie diese Entdeckung die medizinische Forschung im Kampf gegen Demenz, Alzheimer, Depression und andere Krankheiten voranbringt – und wie wir heute schon mit einem jung gebliebenen Gehirn alt werden können: indem wir uns viel bewegen und dabei unser Gehirn fordern.

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Seitenzahl: 350

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Gerd Kempermann

Die Revolution im Kopf

Wie neue Nervenzellen unser Gehirn ein Leben lang jung halten

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

WidmungDieses Buch wird Ihr Gehirn verändernNeue Nervenzellen!Das persönliche GehirnRegeneration im menschlichen KörperNeurogene ZonenGehirnmythenJoseph Altman entdeckt die adulte NeurogeneseDie Faszination der PlastizitätEine positive Spätfolge des Kalten KriegesWie man neue Nervenzellen findetGrenzen adulter Neurogenese beim MenschenNoch mehr Bestätigungen werden gefordertStammzellen im Gehirn des MenschenWie die Neurowissenschaftler lernten, die Bombe zu liebenWeil nicht sein kann, was nicht sein darfVon der Häresie zur OrthodoxieVon der Neuroanatomie zur MolekularbiologieAlles kann sterben, nichts regenerieren»Gibt es wahrscheinlich, ist aber irrelevant«Die Wiederentdeckung der adulten NeurogeneseFred H. Gage: Die adulte Neurogenese findet ihren PlatzEin großer Verknüpfer: Jonas Salk und sein InstitutGenius LociReizreichtum regt die adulte Neurogenese anEntwicklung und PlastizitätPhrenologieDas Gehirn ist kein ComputerPlastizitätWie sich das Gehirn entwickeltWoher kommen die neuen Nervenzellen?Kleiner Exkurs: Die StammzelldebatteStammzellen: Die DefinitionZellen und ZellteilungenWie man Stammzellen untersucht: Von Sphären und RasenNervenzellenStammzellen und adulte NeurogeneseStammzellen als Ort der Wechselwirkung zwischen Genen und UmweltNoch ein Irrweg: BehaviorismusDonald HebbReizreiche UmgebungenTransfersAktivität ist »gut« fürs GehirnDas Seepferdchen im KopfDer HippocampusH.M.MementoEin einfacher BauplanDer rätselhafte Gyrus dentatusGoodbye FlipperUnd sonst? Neurogene ZonenAdulte Neurogenese in anderen HirnregionenVon neurogenen und nicht-neurogenen ZonenRiechenNeurogenese in der NasenschleimhautNeue Nervenzellen für den RiechkolbenSVZViel Streit um neue Nervenzellen in der HirnrindeAdulte Neurogenese im StreifenkörperDoch noch eine dritte neurogene Region?Die VögelNeurogenesekünstler: Die ZebrafischeRegenerative NeurogeneseNeue Nervenzellen für bewegte GehirneSerendipityRichard Morris und sein LabyrinthVerblüffung in der KontrollgruppeGehirne sind für Bewegung daDas bestgehütete Geheimnis der MedizinKörperliche Aktivität zur Steigerung der geistigen LeistungDer Taxifahrereffekt körperlicher AktivitätReserven: Körperliche Aktivität und »erfolgreiches Altern«Der Demenz davonlaufenNeue Nervenzellen für neue GedankenDer erste Versuch, die Funktion neuer Nervenzellen zu erklärenFurchtkonditionierungComputermodelle weisen den WegDie ParkplatzanalogieNeue Nervenzellen im WasserlabyrinthNeue Nervenzellen helfen beim VergessenDas Stabilitäts-Plastizitäts-DilemmaWas adulte Neurogenese ändertDer Fluch des 21. Jahrhunderts: DemenzVerhindern und aufschieben, wenn schon nicht heilenDie Theorie der neurogenen ReserveDepressionRettet den Hippocampus!Erfolgreiches AlternIndividualitätNeue Nervenzellen im Kampf ums ÜberlebenEpilogDank
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Für Manon, Merle und Felix

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Dieses Buch wird Ihr Gehirn verändern

Wenn wir aktiv die Welt entdecken und erobern, wenn wir uns auf Neues einlassen, kurz: wenn wir lernen, dann zieht unser (erwachsenes) Gehirn dafür an entscheidender, strategischer Stelle neue Nervenzellen hinzu, die es bedarfsgerecht hervorbringt. Das war und ist eine revolutionäre Erkenntnis: eine Revolution im Kopf.

Dass das Gehirn sich verändert, wenn wir es benutzen – und schwach wird, wenn wir ihm nichts zu tun geben, ist an sich schon länger bekannt. Aber dass bei solchen Vorgängen, die man »Plastizität« nennt, auch neue Nervenzellen eine Rolle spielen, führte erst in den letzten Jahren zu einer neuen Betrachtung alter Einsichten und zu neuen Ideen, wie man das Gehirn für ein hohes Alter fit erhalten könnte.

Das klassische Schulbuchwissen behauptete ja immer das Gegenteil. Wir werden, so diese überholte Vorstellung, mit einer endlichen Zahl von Nervenzellen geboren, und jegliches Altern, im Grunde von Geburt an, bedeutet nur noch Verlust. Und es stimmt: Das Gehirn zeigt wenig Fähigkeit, bei Verlusten durch Krankheit, Verletzung oder beim Altern neue Zellen zum Ersatz der untergegangenen heranzuziehen. Da sind andere Organe viel regenerationsfreudiger. Neue Nervenzellen für alte Gehirne, das ist leider in der Tat nicht der Königsweg der Medizin, der die Lösung für chronische neurodegenerative Erkrankungen und Situationen wie den Schlaganfall verheißen würde. Die Neubildung von Nervenzellen im erwachsenen Gehirn (die Wissenschaft nennt sie adulte Neurogenese) bedeutet etwas anderes. Sie steht dafür, dass Entwicklung, zumindest in jener für das Lernen und das Gedächtnis entscheidenden Hirnregion, dem Hippocampus, niemals aufhört. Ein Leben lang nicht. Sie steht dafür, dass wir in Abhängigkeit von unseren Aktivitäten und Erfahrungen unser ureigenes, persönliches, individuelles Gehirn bekommen. Und das ist in der Tat eine großartige Erkenntnis.

Adulte Neurogenese erscheint zunächst einfach genug, um unsere Phantasie zu beflügeln: Das Gehirn produziert, wenn auch nur ausnahmehaft in einzelnen Hirnregionen, neue Nervenzellen. Die dahinter aufscheinenden Überlegungen aber machen die Sache wirklich spannend – und auch komplex. Denn es zeigt sich, dass die neuen Nervenzellen eine Funktion haben, die grundlegend ist für das Verständnis der Hirnfunktion bei Gesundheit und Krankheit.

Adulte Neurogenese erklärt jedoch nicht alles, und die neuen Nervenzellen sind leider keine Lösung für all die drängenden Fragen der Medizin. Man darf sich von der Begeisterung für das eigene Forschungssujet auch nicht forttragen lassen. Aber sie sind eben auch weit mehr als nur ein interessantes Phänomen unter vielen. Die Idee von diesem »ewigen Jungbrunnen« für die alternde Schaltzentrale im Kopf hat eine unmittelbare Faszination, aber was sich jenseits dieser leicht zu vermittelnden Faszination hinter der adulten Neurogenese verbirgt, möchte ich im Folgenden in all ihrer Vielschichtigkeit Komplexität vermitteln. Das heißt nicht, dass es in diesem Buch sehr schwierig zugehen wird. Dennoch will ich die tiefer gehende Rätselhaftigkeit und Komplexität des Themas durchscheinen lassen – erst dieses Wagnis macht es möglich, die Faszination dieser Vorgänge wirklich zu genießen.

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Neue Nervenzellen!

Wenn es darum geht, weibliche Wesen zu beeindrucken, legen sich die männlichen Exemplare so mancher Spezies sehr ins Zeug. Vollbringen geradezu Wunder. Bis hin zur Produktion neuer Nervenzellen.

Ein kanariengelber Anzug ist heute, anders als noch zu Goethes Zeiten, kein Ausweis von Coolness mehr, es sei denn, man ist ein Kanarienvogel. Der reckt das Gefieder und singt los, um im Sturm und Drang der Frühlingsgefühle sein Weibchen für das Jahr zu gewinnen. Und während und weil er da seine Lieder lernt und singt, wachsen in seinem kleinen Gehirn neue Nervenzellen heran. Im Herbst, wenn er diese Lieder wieder vergisst, denn Kanarienvögel lernen ihre Lieder jedes Jahr neu, verschwinden die neuen Zellen auch wieder[1]. Neue Nervenzellen für neue Lieder?

Was bei Kanarienvögeln möglich ist – wäre das nicht auch für uns Menschen wünschenswert? Bei Sängern und Nichtsängern? Neue Nervenzellen für neue Gedanken? Neue Nervenzellen für alte Gehirne? Neue Nervenzellen nach Nervenzellverlusten im Alter und bei Krankheit?

Das klingt nach einer so unrealistischen Verheißung wie all die anderen vermeintlichen Jungbrunnen, die uns in den kleingedruckten Anzeigen in Programmzeitschriften versprochen werden. Und es klingt nach einer jener wissenschaftlichen Utopien, die – nachdem der Steuerzahler viel Geld dafür ausgegeben hat, dass Wissenschaftler ihnen eine Weile nachjagen durften – hoffnungslos hinter den Erwartungen zurückbleiben. Neue Nervenzellen für alte Gehirne: Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

 

Fernando Nottebohm von der Rockefeller-Universität in New York entdeckte in den 1980er Jahren die Nervenzellneubildung im Gehirn von Kanarienvögeln.

© August Image / Martin Schöller

 

Es ist aber wahr. Auch unser Gehirn bringt lebenslang neue Nervenzellen hervor, wenn auch nur ausnahmehaft in lediglich zwei Hirnregionen. Den ganzen Vorgang nennen wir »adulte Neurogenese«, was nichts anderes heißt als Nervenzellbildung im Erwachsenen (Adulten). Von den beiden »neurogenen Regionen« ist die eine, der Hippocampus, schlüsselhaft in Lernen und Gedächtnisvorgänge involviert. Dieser Ausnahmecharakter der adulten Neurogenese und der Hippocampus aber haben es in sich, denn es zeichnet sich derzeit ab, dass wir Menschen werden, was wir sind, zwar keineswegs nur, aber doch auch wegen unserer neuen Nervenzellen. Die Hypothese, von der dieses Buch handelt, ist die, dass neue Nervenzellen dazu beitragen, dass jeder ganz buchstäblich sein Gehirn bekommt, das der Sitz seines ureigenen Gedächtnisses, seiner erinnerten Autobiographie, seiner Urteile und Vorhersagen, seiner Bildung und emotionalen Wertungen, kurz seiner individuellen Persönlichkeit ist.

Als der New Yorker Hirnforscher Fernando Nottebohm und sein Mitarbeiter Steven Goldman 1983 berichteten, dass erwachsene Kanarienvögel eine saisonale Nervenzellneubildung zeigen, die mit den Zeiten des Liederlernens zusammenfällt, weckte das sehr große Erwartungen (auch wenn, wahrscheinlich mangels Internet, die Sache noch nicht »viral« wurde und sich der Hype dann verglichen mit heutigen Erregungen doch sehr in Grenzen hielt). Denn die Menschen teilen unter allen Geschöpfen nur mit den Singvögeln und den Delfinen die Notwendigkeit, ihre Lautbildungen (Vokalisationen) lernen zu müssen. Kein Hund dagegen muss bellen lernen. Die Geschichte hatte dennoch das Zeug zur großen Nachricht, und das wurde sie dann auch. Und Nottebohm und seine Kollegen lieferten Antworten auf sehr viele der Fragen, die sich sogleich stellten: Wo die neuen Nervenzellen herkommen und wie ihr Werden und Vergehen gesteuert wird. Aber die Wissenschaftler blieben den Singvögeln treu und überließen die Frage, wie es denn bei anderen Tieren und beim Menschen mit der »adulten Neurogenese« (das ist der korrekte Ausdruck für dieses Geschehen) sei, anderen Forschern. Und in der Tat gab es da längst ein paar Berichte aus den 1960er und 1970er Jahren, die von einer adulten Neurogenese bei Ratten sprachen. Bei Ratten! Die singen nicht und erzielen auch keine hohen Sympathiewerte. Diese frühere und erste Beschreibung der adulten Neurogenese hatte den Dunstkreis der Wissenschaft nie verlassen und selbst dort eher ein Dasein als Kuriosität gefristet. Die Zeit war noch nicht reif gewesen für eine Entdeckung dieser Art.

Jetzt aber, an den suggestiven Befunden beim Kanarienvogel, begann sich die Phantasie zu entzünden. Wenn sich Kanarienvögel und Menschen schon im »Spracherwerb« so ähnlich sind, dann könnte es noch andere Verwandtschaften und damit ungeahnte Möglichkeiten geben, so die Überlegung. Hingen Neurogenese und Lernen am Ende viel grundsätzlicher zusammen als bislang angenommen? Und stünde die Möglichkeit einer adulten Neurogenese nicht für die Hoffnung auf eine einfache Möglichkeit, etwas gegen den Verlust von Nervenzellen im Alter und bei Erkrankungen zu unternehmen?

Schon bald stellte sich heraus, dass es so einfach nicht werden würde. Aber es war (und bleibt) ein schöner Gedanke. Denn die Natur führt uns am Beispiel der Kanarienvögel vor, wie auch im erwachsenen Gehirn und bis ins höchste Alter aus Stammzellen ständig neue Nervenzellen entstehen. Sie tut in diesem Fall also genau das, was Stammzellforscher und Regenerationsmediziner auch für den Menschen erreichen wollen: eine Neubildung von Nervenzellen unter den Bedingungen des erwachsenen Gehirns zu ermöglichen. Denn die adulte Neurogenese ist eine, allerdings sehr wichtige Ausnahme von der ansonsten unverändert gültigen Regel, dass das Gehirn eben gerade eines normalerweise nicht kann: neue Nervenzellen produzieren.

Die Frage lautet also: Warum gibt es diese eine Ausnahme? Ist sie, so war die lange gehegte Vermutung, lediglich ein Relikt aus evolutionären Vorzeiten, so eine Art Wurmfortsatz des Gehirns, nicht schädlich, aber eben auch nicht mehr wirklich nützlich? Etwas, das von der Evolution schlicht vergessen wurde? Oder aber bedeutet die Ausnahme von der Regel genau das Gegenteil: Ist sie ein Hinweis auf eine Funktion, die so wichtig ist, dass für sie sogar ein sehr aufwendiges, anderswo im menschlichen Gehirn längst aufgegebenes Prinzip bemüht wurde, das aber eben für diese besondere Frage doch entscheidende Vorteile bot? Adulte Neurogenese ist in der Tat extrem aufwendig, und es sprechen durchaus gute Gründe dagegen, ständig neue Nervenzellen zu produzieren. Denn die Entwicklung von Nervenzellen ist ein höchst komplexer Prozess, und es ist ein vergleichsweise hoher Preis dafür zu zahlen, sich der Funktion von lebenslang neuen Nervenzellen zu versichern. »Forever young« gilt für das Gehirn nur sehr partiell und erscheint als Luxus, den man sich leisten können muss.

Das persönliche Gehirn

Wir nehmen die Welt durch unser Gehirn wahr und können handeln, weil wir ein Gehirn haben. Einer schönen, extrem vereinfachenden Beschreibung nach ist unser Gehirn ein Speicher für Erinnerungen, kombiniert mit der Möglichkeit, Vorhersagen treffen zu können. Das ist das, was wir »Lernen« nennen. Ich kann Erfahrungen aus der Vergangenheit für Entscheidungen über zukünftiges Handeln heranziehen.

An dieser Stelle geraten wir auf sprachlich vermintes Terrain. Denken Gehirne? Denken Nervenzellen? Was sind Erinnerungen? Kann man sie auf die Ebene von zellulären Prozessen herunterbrechen? Oder ist dann von ihnen gar nichts mehr oder zumindest das Entscheidende nicht mehr vorhanden? Und, noch schwieriger: Was sind Handlungen? Können Gehirne handeln? Und wenn ja, in welchem Verhältnis steht das zu unserer Überzeugung, dass es Personen sind, die handeln? Der neurobiologische Sinn hinter diesen Beschreibungen ist, wie man sagt, reduktionistisch, also vereinfachend. Er konzentriert sich auf bestimmte Aspekte und lässt alle anderen außen vor. Das ist sinnvoll, weil es Aspekte gibt, die sich neurobiologisch fassen und beschreiben lassen und die damit einer naturwissenschaftlichen Analyse zugänglich sind. Es kann aber auch zu Missverständnissen führen, weil Denken natürlich nicht nur Neurobiologie ist. Es ist aber immer auch Neurobiologie.

Der schöne Satz »Mind is what the brain does« (Verstand ist, was das Gehirn tut) ist so richtig wie falsch, aber es ist ganz und gar sinnlos, grundsätzlich über diese Ambivalenz zu streiten. Fest steht allerdings, dass auch Philosophen ohne ihr Gehirn nicht das sein könnten, was sie sind. Und jeder, der schon einmal zu viel Wein getrunken oder einen kräftigen Schlag vor den Kopf bekommen hat, weiß, wie sehr wir vom Wohlergehen unseres Gehirns abhängig sind. Das Gehirn ist nicht nur Biologie, aber es ist immer auch Biologie. Diesen Anteil zu beschreiben und erklären zu können ist Herausforderung genug. Man kann die Biologisierung unserer Vorstellungen vom Menschen und die sogenannte Cerebralisierung von Philosophie, Psychologie und Pädagogik zu Recht kritisieren. Die Vorsilbe »neuro« soll manch schwaches Gedankengebäude adeln. Aber dennoch ist es oft immer noch genau andersherum. Wir berücksichtigen oft zu wenig, dass auch wir Menschen mit unserem wunderbar leistungsfähigen Gehirn fundamentale Eigenschaften mit viel weniger komplexen Tieren gemeinsam haben und es zu anthropozentrischem Hochmut wenig Anlass gibt. Einer menschlichen geistigen Fähigkeit a priori einen besonderen, gewissermaßen aus der Natur herausgehobenen Status zuzuschreiben ist nicht nur hochmütig und falsch, es vergibt auch Chancen: sowohl im Hinblick auf ein tieferes Verständnis unseres Wesens als auch auf handfeste medizinische Anwendungen.

Gehirne mögen viele Gemeinsamkeiten haben, auch über die Grenzen von Tierarten hinweg, sie sind aber auch unterschiedlich. Und zwar nicht nur zwischen den Tierarten, sondern auch innerhalb einer Spezies. Jeder Mensch hat sein eigenes Gehirn. Das klingt trivial, ist aber sehr bedeutend. Wir haben da oben in unserem Schädel kein Einheitsmodell. Wie unser Gehirn konkret aussieht, hängt davon ab, welche Eigenschaften wir von unseren Eltern geerbt haben und welche Erfahrungen wir machen durften. Das ist die berühmte Gen-Umwelt-Interaktion, deren Produkt wir sind. Beides kommt immer zusammen, aber wie hoch die jeweiligen Anteile sind, bleibt immer noch ein Geheimnis. Wir Menschen unterscheiden uns und mit uns unsere Gehirne. Oder auch umgekehrt: Weil unsere Gehirne sich unterscheiden, sind wir so verschieden. Das Gehirn am Ende unseres Lebens birgt all die Erinnerungen und Erfahrungen, die wir gemacht haben, aber es enthält sie nicht, wie ein Krug Wasser enthält, sondern es ist alle Erinnerungen und Erfahrungen, weil es sich mit ihnen in seiner Struktur verändert hat. Jeder bekommt, je älter er wird desto mehr, ein Gehirn, das in Struktur und Feinbau seiner Biographie und all dem, was er je gelernt hat, entspricht. Science-Fiction-Autoren bemühen sich um die Idee, diese Struktur zurückübersetzen zu können, wie man eine Festplatte ausliest, aber darum geht es uns hier nicht. Uns geht es um die Frage nach dem persönlichen Gehirn und die Idee, dass Hirnentwicklung lebenslang möglich und untrennbar mit Erfahrung verknüpft ist. Wir verändern uns in einem ganz physischen, neurobiologischen Sinne durch alles, was wir erleben und erfahren. Das Leben hinterlässt seine Spuren. Immer. Alles, was ich lerne, verändert mein Gehirn. Das ist ein gleichermaßen beruhigender wie verstörender Gedanke. Er betont die Einzigartigkeit und Individualität, aber damit werden auch Fragen aufgeworfen wie die nach der eigenen Fähigkeit und Verantwortung, unser persönliches Gehirn zu formen und zu erhalten. Das ist an sich keine neue Frage, und in der Tat stellt sie sich mit neurobiologischem Vorzeichen nur erneut – diesmal aber unter neuen Aspekten und mit neuer Dringlichkeit. Neue Nervenzellen, die durch Lernen, beim Kanarienvogel im Zusammenhang mit dem Liederlernen, gebildet werden und also erfahrungsabhängig die Struktur des Gehirns nachhaltig und messbar verändern, beeinflussen unser Denken darüber, wie Gehirn und Geist zusammenhängen, und sie liefern ein konkretes Anschauungsobjekt, das uns vorführt, wie elementar dieser Zusammenhang für die Ausbildung unserer Persönlichkeit ist.

Regeneration im menschlichen Körper

Andere Gewebe als das Gehirn haben ein großes regeneratives Potenzial. Drei Organsysteme sind »primär regenerativ«: das Blut, die Haut und der Darm: Sie erneuern sich lebenslang ununterbrochen. Durch die regenerative Leistung des Knochenmarks können wir unbeschadet Blut spenden und sogar bemerkenswert große Blutverluste überleben. Die Darmschleimhaut erneuert sich so sehr, dass Fachleute (nur halb) scherzhaft gesagt haben, sie sehe keine zwei warmen Mahlzeiten in Folge. Ein verblüffend großer Anteil dessen, was wir außer Wasser (75 Prozent) mit unserem Stuhlgang ausscheiden, sind auch nicht etwa Nahrungsreste, wie wir zumeist meinen, sondern neben einer aberwitzigen Menge an Bakterien vor allem auch die eigenen Darmzellen. Von den nach Abzug des Wassers verbleibenden 25 Prozent der Masse entfallen je ein knappes Drittel auf Nahrungsreste, Bakterien und unsere eigenen Darmzellen. Stammzellen produzieren diese Zellen regelmäßig nach, so dass uns Verdauung und Ausscheidung nicht auszehren.

Die regenerative Fähigkeit der Haut sorgt dafür, dass kleine Schnitte und Kratzer wieder verheilen, als wäre nichts gewesen, und erst größere Defekte sorgen für Narben oder überfordern, zum Beispiel nach großflächigen Verbrennungen, die regenerativen Kapazitäten. Hierzu gehören auch die »Hautanhangsgebilde«: Haare und Nägel, die wir lebenslang kürzen müssen, weil sie konstant nachwachsen. Kaum eine Berufsgruppe ist so sehr von der Funktion von Stammzellen, in diesem Falle in den Haarfollikeln, abhängig wie die Friseure …

Für die primär regenerativen Organe ist die stetige Regeneration der Zellen untrennbar mit ihrer Funktion verbunden. Wenn das Blut nicht ständig erneuert wird, kann es seine Aufgabe nicht erfüllen. Dass uns die Haare wachsen, ist nicht mehr lebensnotwendig, aber das war es bei unseren Vorfahren, den Frühmenschen, die der Witterung noch stärker ausgesetzt waren, und ist es noch bei Tieren, die ein schützendes Fell haben.

Eine zweite Gruppe von Organen hat ein großes Potenzial zur Regeneration, allerdings nur nach Schädigung. Hierzu gehören beispielsweise Knochen und die Leber. Die Leber ist sogar ein ganz besonderer Fall, weil sie, wenn man bis zu einem Drittel ihrer Substanz entfernt, diese wieder vollständig nachbilden kann. Ein bekanntes Sinnbild der regenerativen Medizin ist Prometheus, dem, zur Strafe an einen Felsen geschmiedet, die Adler täglich die Leber aus dem Leib hackten, nur um sie über Nacht wieder nachwachsen zu sehen. Man kann das mythologische Bild aber auch als Hinweis auf die Vergeblichkeit medizinischer Bemühungen betrachten. Beim Knochen sieht man in besonderer Weise, wie mit dem Alter die regenerativen Fähigkeiten nachlassen. Ein Beinbruch bei einem Kind ist in der Regel kein Anlass zur Sorge; bei einem alten Menschen hingegen kann er sich, vor allem, wenn der Oberschenkelhals betroffen ist, leicht zu einer am Ende lebensbedrohlichen Situation auswachsen, die Komplikationen nur so anzieht. Bei den Organen dieser zweiten Gruppe ist die Regenerationsfähigkeit sehr nützlich, aber sie ist nicht Teil der normalen Organfunktion, sondern stellt eine Antwort auf Schädigungen dar.

 

Der Prometheus-Mythos gilt auch als Metapher für die regenerative Medizin: Jede Nacht wächst dem an den Felsen geschmiedeten gefallenen Helden die tagsüber von den Adlern herausgehackte Leber wieder nach. Es sei dahingestellt, ob das eher ein Symbol für ein besonderes Regenerationspotenzial oder für letztendliche Vergeblichkeit ist.

© Gettyimages / ZU_09

 

Die dritte Gruppe umfasst jene Organe, die sich kaum oder gar nicht regenerieren können, und dazu rechnete man bisher Herz, Niere und vor allem das Gehirn. Für das Gehirn hat man angenommen, die mangelnde Regenerationsfähigkeit sei der Preis für die Leistungsfähigkeit, die es im Verlauf der Evolution erreicht habe. Eine derartige Top-Performance sei nur bei höchster Stabilität möglich, und neue Nervenzellen schafften Instabilität: Das Netzwerk der Nervenzellen würde von den neuen Knoten durcheinandergebracht. Man versuche doch einmal, bei einem Computer im laufenden Betrieb den Prozessor zu wechseln. Genau diese Vorstellung ist aber, wie wir sehen werden, mit Blick auf das Gehirn grundlegend falsch.

Neurogene Zonen

Adulte Neurogenese, so eine gängige Definition, ist die Neubildung von Nervenzellen unter den Bedingungen des erwachsenen Gehirns. Diese Bedingungen sind, zumindest bei Säugetieren inklusive des Menschen, normalerweise nicht »neurogen«, das heißt, sie erlauben die Entwicklung von Nervenzellen nicht. Das erwachsene Gehirn regeneriert nicht, und das ist auch der Grund, warum viele seiner Krankheiten irreversibel und chronisch sind. Vor und kurz nach der Geburt ist das ganz anders: Da ist das ganze Gehirn Entwicklung und alles im Fluss. Gewaltige Mengen an Nervenzellen werden produziert. Tage nach der Befruchtung ist ein menschlicher Embryo etwa so groß wie ein Gummibärchen, mit entsprechend großem Gehirn. Bei der Geburt wiegt das menschliche Gehirn rund 350 Gramm, und das ist nur rund ein Viertel dessen, was ein ausgewachsenes Gehirn wiegt. Die Hirnentwicklung geht auch nach der Geburt noch weiter. Und obwohl dabei Milliarden von Zellen gebildet werden, werden weit mehr Nervenzellen gebildet, als benötigt werden. Während der Kindheit des Menschen verebbt die Nervenzellentwicklung. Man schätzt, dass sie bis zum Schulalter weitgehend abgeschlossen ist und nur in einzelnen Bereichen, wie dem Kleinhirn, erst im Alter von zehn bis zwölf Jahren endet. Bei Säugetieren bleibt sie in nur zwei, vielleicht drei neurogenen Regionen zurück (siehe Abb. 1). Einige Details sind hier noch umstritten, und es gibt wahrscheinlich ein paar wichtige Unterschiede zwischen verschiedenen Tierarten. Aber am Prinzip selbst gibt es nichts mehr zu rütteln: Es gibt neue Nervenzellen im erwachsenen Gehirn.

 

1 Im erwachsenen Gehirn von Säugetieren (zu denen ja auch der Mensch gehört) kennen wir zwei Zonen, in denen neue Nervenzellen entstehen können. Eine davon ist im Hippocampus, die andere im Riechkolben. Vielleicht gibt es eine dritte im Hypothalamus, einer Schaltzentrale für den Hormonhaushalt.

© Gerd Kempermann in C.H. Beck, Bonhoeffer/Gruss »Zukunft Gehirn«

 

Die beim Menschen ausgeprägteste neurogene Region ist ausgerechnet im Hippocampus zu finden, jener kleinen Hirnregion, die zentral in Lern- und Gedächtnisvorgänge involviert ist. Der Hippocampus wird auch das »Tor zum Gedächtnis« genannt, weil alle Informationen, die wir uns langfristig merken wollen, hier verarbeitet werden müssen. Im Kapitel »Neue Nervenzellen für neue Gedanken« kommen wir auf die Bedeutung des Hippocampus zurück, wenn wir uns ansehen, wie die neuen Nervenzellen zur hippocampalen Funktion beitragen und welche Konsequenzen das hat. Denn der besondere Ort der adulten Neurogenese im »Lernzentrum« legt natürlich sogleich eine entsprechende, besondere Funktion der neuen Nervenzellen für das Lernen nahe. Allerdings ist, wer am Tatort angetroffen wird, nicht unbedingt auch der Täter. Und, wie wir sehen werden, war es gar nicht so leicht nachzuweisen, dass und wie die neuen Nervenzellen zur Funktion des Hippocampus beitragen.

Die zweite (oder wenn man im Hinblick auf ihre bemerkenswerte Konstanz im Tierreich so will: erste) neurogene Hirnregion, die wir bei den meisten Säugetieren vorfinden, liegt im Riechhirn. Riechen ist das Aufspüren chemischer Verbindungen in der Umwelt. Es ist gewissermaßen der Ursinn und in rudimentären Ansätzen schon in sehr primitiven Tieren vorhanden. Neurogenese in diesen beiden bei Säugetieren vorrangigen neurogenen Zonen weist jenseits des Prinzipiellen wenig Gemeinsamkeiten auf, weil wahrscheinlich alle Wirbeltiere, die wir kennen, so etwas wie einen Hippocampus besitzen, derjenige Anteil des Hippocampus aber, in dem wir die adulte Neurogenese finden, bei Nicht-Säugetieren in dieser Form und Funktionalität gar nicht existiert[2]. Das macht die Sache natürlich noch einmal spannender, weil dieser Befund nahelegt (wenn auch natürlich noch nicht beweist), dass mit der besonderen Struktur des »Gyrus dentatus«, so der Fachbegriff für die neurogenesehaltige Unterregion des Hippocampus bei Säugetieren, auch eine ganz besondere Anpassungsfähigkeit und Formbarkeit entstand und beides viel miteinander zu tun hat.

Gehirnmythen

Die Entdeckung der adulten Neurogenese widersprach festgefügten Vorstellungen, wie das Gehirn sich entwickelt und wie es funktioniert. Derartige Vorstellungen können den Charakter von Mythen annehmen. Mythen haben unter Umständen lange eine große Erklärungsmacht, bis dann Erkenntnisse auftauchen, an denen sich die unhinterfragten Meinungen messen lassen müssen.

 

In dem Scarlett-Johansson-Film »Lucy« wurde der hartnäckige, aber substanzlose Mythos, wir nutzten nur zehn Prozent unseres Gehirns, zur Grundlage eines Thrillers. Die Frage ist: Was passiert, wenn man die schlafenden neunzig Prozent weckt?

© imago / Unimedia Images

 

Es gibt Alltagsmythen, die buchstäblich jeder kennt, wie den angeblich hohen Eisengehalt des Spinats oder den Rat, nach dem Essen nicht schwimmen zu gehen. In der Medizin gibt es besonders viele derartige volkstümliche Gewissheiten. Darunter auch haltlose Vorstellungen, die das Gehirn betreffen.

Das wohl am weitesten verbreitete Gerücht dieser Art ist die Behauptung, wir nutzten überhaupt nur 10 Prozent unseres Gehirns. 2004 wurde es zur Grundlage eines Science-Fiction-Thrillers mit Scarlett Johansson, in dem die Protagonistin eine Substanz verabreicht bekommt, die das Potenzial ihrer schlummernden 90 Prozent wecken soll.

Gleichzeitig existiert aber von diesem 10-Prozent-Mythos ganz unbehelligt die Vorstellung, jenseits eines Lebensalters von fünfundzwanzig Jahren (manche sagen, sogar schon jenseits der Pubertät, und die größten Pessimisten, schon ab der Kindheit) nähme unsere geistige Leistungsfähigkeit ab, weil wir nach einem frühen Maximum mit einer angemessenen Reichhaltigkeit an Zellen angeblich lebenslang nur noch Nervenzellen verlieren. Schon als Viertklässler warfen wir uns die Drohung an den Kopf, dass zu viele Kopfbälle beim Fußball blöd machen. Das war eine implizite Folge dieses Mythos. Später war es das schlechte Gewissen um jedes Bier zu viel, das den steten Abbau noch beschleunigen würde. Und zuletzt sei unterhalb einer kritischen Grenze, so die, anders als beim kindlichen Fußballspiel, zumeist unausgesprochene Warnung, eine Demenz unausweichlich. Das Gehirn sei also zu schonen, damit es sich nicht vorzeitig abnutze. Altern und erst recht Demenz sind in dieser Vorstellung Nervenzellmangelzustände. Mit der Vorstellung einer Nutzung von ohnehin nur 10 Prozent des Gehirns geht das freilich schlecht zusammen. Mit einer 90-Prozent-Reserve könnte man sich ja einigen Verlust leisten, ohne dass es Konsequenzen haben dürfte. Was also ist wahr? Beides ist unwahr, aber beides lässt doch einen Hauch von Wahrheit erkennen.

Der Ursprung des 10-Prozent-Mythos, der sich sehr hartnäckig hält, ist unklar. Oft wird er dem Scientology-Gründer Ron Hubbard zugeschrieben, aber das mag auch wieder ein Mythos sein. Zwar stimmt es, dass buchstäblich jeder ein größeres Potenzial in sich trägt, als er jemals nutzt (das ist das Körnchen Wahrheit im Mythos).

Doch die Gefahr, dass das Gehirn je überläuft, besteht in der Tat nicht. Ein berühmter Cartoon von Gary Larson spielt mit der Sorge, dass das Gehirn überlaufen könne. Unter Kapazitätsgesichtspunkten betrachtet, füllen wir die Speicher wirklich nie. Aber da sind eben keine Hallen, die ungenutzt einfach leer stehen. Es ist immer das ganze Gehirn aktiv. Wir haben viele Reserven, insofern ist der Mythos eben sogar zutreffend, aber in einem funktionellen und, wie wir sehen werden, »plastischen«, aber keineswegs in einem rein strukturellen Sinn. Und die Größe 10 Prozent ist wirklich willkürlich.

Eine Vorstellung von diesen Potenzialen bekommt man ausgerechnet bei einer sehr seltenen Laune der Natur. Die sogenannten Savants sind Menschen mit kognitiven Behinderungen, die zugleich über bemerkenswerte »Inseln des Genialen« verfügen, das sind ausgestanzte Fertigkeiten, bei denen sie außergewöhnliche Leistungen erbringen können. Die Vorstellung, dass viele oder gar alle Autisten Savants seien, ist allerdings wieder ein Mythos.

 

»Rain Man« hat wirklich gelebt: Er hieß Kim Peek, im Film gespielt von Dustin Hoffman, und war ein sogenannter Savant. Das sind Menschen mit Inseln des Genialen in kognitiver Minderbegabung, die so schwer sein kann, dass das Genie kein unabhängiges Leben führen kann.

© picture-alliance / dpa / United Artists

 

Das reale Vorbild für den »Rain Man« im gleichnamigen Film mit Dustin Hoffman, Kim Peek, war einer der bekanntesten Savants[3]. Er konnte nach einmaligem Überfliegen – Lesen ist schon zu viel gesagt – ganze Bücher auswendig »aufsagen«. An seinem Lebensende umfasste sein Gedächtnis den Inhalt von geschätzten zwölftausend Büchern, die er Wort für Wort memorieren konnte. Das zeigt, zu welchen Speicherleistungen das menschliche Gehirn fähig ist. Es gibt Versuche oder zumindest deren Andeutung, diesen Schatz zu heben. »In search of the rain man within us all«, überschreibt der Savant-Experte Darold Treffert diese Bemühungen. Aber das Problem ist, dass Kim Peek sein gewaltiges Wissen nur höchst statisch nutzen konnte. Er vermochte nicht zu filtern; sein Gedächtnis glich einer Halde. Und Assoziationen funktionierten nur auf einer sehr oberflächlichen Ebene. Die beiden Hemisphären seines Gehirns waren nur rudimentär miteinander verbunden. Mit dem gewaltigen Wissensschatz wirklich zu arbeiten, gelingt einem Savant meist nicht. Sie sind oft exzellente Rechner, aber keine Mathematiker.

Das lässt vermuten, dass eine solche maximale Ausweitung einer Teilleistung vielleicht nur zu einem hohen Preis zu haben ist. Das ist an sich auch bei anderen Höchstleistungen, zum Beispiel im Leistungssport, so. Es fallen eben »Opportunitätskosten« an, wie die Ökonomen das nennen. Ressourcen, seien es Zeit, Energie oder Infrastruktur, stehen dann für anderes nicht mehr zur Verfügung. Olympiareife Synchronspringer brillieren nicht ebenso als Klaviervirtuosen. Aber die Savants lehren, dass die Ressourcenknappheit nicht in der Speicherkapazität liegt, sondern in der Verarbeitung.

Wir werden auf den Gedanken der »Reserven« später ausführlich zurückkommen. Hier ist festzuhalten, dass es kein Brachland im Gehirn gibt und auch keine Landgewinnungsprojekte. Da liegen keine ungenutzten Nervenzellen herum, die auf ihren Einsatz warten.

Auch der der 10-Prozent-Regel widersprechende Mythos des lebenslangen Verlusts von Nervenzellen im Gehirn hat eine nachvollziehbare Grundlage. Es stimmt, dass wir nie wieder so viele Nervenzellen haben wie während unserer Kindheit. Denn Nervenzellen werden im Überschuss produziert, und wie ein Bildhauer aus dem Marmorblock die schaumgeborene Venus herausmeißelt, so wird auch im Gehirn durch Erfahrung (oder ihr Ausbleiben) die Struktur von allem Überflüssigen befreit. Was nicht gebraucht wird, verschwindet. Das ist auch unter energetischen Gesichtspunkten sehr sinnvoll, denn Nervenzellen sind extrem energiehungrig. Und Energie ist für jedes Tier in der Wildnis immer knapp. Ein Gehirn ist nützlich, aber teuer, weil es sehr viel Energie verbraucht.

Ein Gehirn zu besitzen, das so schlank wie möglich ist, erweist sich als Vorteil. Diese Optimierung geht aber nach der Kindheit und Jugend nicht beliebig so weiter. Jenseits der Pubertät stabilisiert sich die Lage weitgehend. Mit fortschreitendem Alter gibt es zwar wirklich Nervenzellverluste, aber die Rate fällt sehr variabel aus, und es gibt auch keine einfache Beziehung zwischen der Anzahl der Nervenzellen und ihrer Funktion und Leistungsfähigkeit. Die Schwankungen zwischen Individuen sind für viele Hirnregionen größer als die Unterschiede über eine normale Lebensspanne hinweg. Aber das Prinzip bleibt doch erhalten: Was nicht genutzt wird, wird nicht erhalten. Das ist jedoch, wie man sich leicht klarmachen kann, etwas ganz anderes als der Verlust von Zellen, die wichtige Funktionsträger sind. Es gibt wahrscheinlich gerade so viele Nervenzellen, wie sie der Funktion angemessen sind. Was dauerhaft nicht gebraucht wird, wird abgebaut. Was war (oder eben nicht war), prägt die Zukunft. Verlorene Potenziale kommen nicht wieder zurück.

Bei Demenzen finden sich dagegen wirklich große Nervenzellverluste. Aber das ist ein krankhafter Zustand, keine einfache Verstärkung oder Beschleunigung eines physiologischen Prozesses. Und selbst hier ist das Verhältnis nicht einfach, sondern sehr kompliziert und variabel. Der dänische Neuroanatom Mark West hat mit Hilfe einer sehr genauen und sehr aufwendigen Methode Nervenzellen gezählt. Die Abbildung 2 zeigt Zellzahlen im Hippocampus, einer Hirnregion, die beim Lernen und für das Gedächtnis eine sehr wichtige Rolle spielt und deshalb umgekehrt bei Demenzen dementsprechend frühzeitig und stark betroffen ist. Wie man sieht, ist der Unterschied zwischen der Zellzahl in verschiedenen Lebensaltern geringer als die Unterschiede zwischen Individuen. Nur die Alzheimer-Patienten fallen aus der Reihe. Ansonsten gilt: Die Zahl der Nervenzellen lässt, wenn keine Demenz vorliegt, keinen Rückschluss auf das Alter des Menschen zu, dessen Gehirn hier untersucht wurde.[4]

 

2 Wenn man sich, wie der dänische Anatom Mark West die Arbeit macht, Hirnzellen zu zählen, bemerkt man, dass die Variabilität zwischen Individuen größer ist als die Abhängigkeit vom Lebensalter. Nur bei manifester Demenz (schwarze Punkte) bedeuten weniger Zellen auch wirklich schlechtere Funktion. Ansonsten ist der Zusammenhang dürftig.

© The Lancet, Volume 344, Issue 8925, 17 September 1994, Pages 769–772, M.J West, P.D Coleman, D.G Flood, J.C Troncoso

 

Neurodegenerative Erkrankungen sind in gewisser Weise wirklich Nervenzellverlusterkrankungen. Das sieht man auch an den Daten von Mark West. Und das gilt ebenfalls für die Parkinson-Erkrankung. Dabei gehen Nervenzellen zunächst primär in einer besonderen, eng umschriebenen Hirnregion, der Substantia nigra, verloren – mit komplexen Auswirkungen auf die Hirnfunktion. Es fallen steuernde Signale weg, die für motorische und geistige Leistungen notwendig sind. Aber: Bei der Parkinson-Krankheit müssen ungefähr 80 Prozent der Nervenzellen verloren gegangen sein, bis die ersten Symptome auftauchen. Auch hier existiert also offenbar eine große Kompensationsbreite oder eben »Reserve«. Das bedeutet aber übrigens nicht, dass in der Substantia nigra sowieso nur 20 Prozent der Nervenzellen gebraucht würden!

Die Vorstellung, auch unter den Bedingungen des erwachsenen Gehirns werden neue Nervenzellen gebildet, ist wohl auch deshalb so faszinierend, weil sie der pessimistischen und weitverbreiteten Deutung des Gehirns als Sanduhr entgegentritt. Es mag ja sein, dass wir unaufhörlich Nervenzellen verlieren. Aber, so die Hoffnung, adulte Neurogenese wirkt diesen Verlusten entgegen. Diese schöne Vorstellung hat leider auch das Zeug, zum Mythos zu werden. Denn adulte Neurogenese ist auf wenige Hirnregionen begrenzt, und die Zahl der neuen Nervenzellen ist sehr, sehr gering. Und in der Tat gibt es keine Hinweise darauf, dass wir Menschen (im Unterschied zu einigen Tieren) adulte Neurogenese haben, um Regeneration von innen heraus zu gewährleisten. Das Gehirn wird auch durch adulte Neurogenese nicht zum regenerativen Organ. Während wir Darmzellen in riesigen Mengen ersetzen, gilt das für Nervenzellen überhaupt nicht. Dass viele neurologische und psychiatrische Erkrankungen chronisch und irreversibel sind, ändert sich auch durch die Entdeckung adulter Neurogenese nicht plötzlich.

Aber wozu sind die neuen Zellen dann da? Sind sie wegen ihrer geringen Zahl funktionell und deshalb auch medizinisch irrelevant, oder sind sie doch ein Grund für Optimismus, wenn auch vielleicht in einem ganz anderen Sinne, als es der Mythos suggeriert? Es gibt eine Begeisterung über die Entdeckung der adulten Neurogenese, die auf der Vorstellung basiert, man könne das Potenzial der neuen Nervenzellen vielleicht irgendwie umwidmen oder umleiten, um dem Gehirn dann doch noch zu mehr Regeneration zu verhelfen. Das ist zwar eine nach heutigem Kenntnisstand unrealistische Vorstellung, aber so utopisch, wie sie erscheinen mag, ist sie auch wieder nicht (wir kommen noch ausführlich darauf zurück). Nur hat diese biotechnologische Utopie mit der Neurogenese, wie wir sie im normalen Gehirn beobachten, wohl nur recht wenig zu tun.

Die Geschichte ist aber, wie sich zeigt, auch ohne diese sekundären Gewinnoptionen schon phantastisch genug. Denn es spricht mehr und mehr dafür, dass adulte Neurogenese einen sehr wichtigen Beitrag zur normalen Leistungsfähigkeit unseres Gehirns leistet. Sie ist kein reiner Reservemechanismus, sondern eher, wie das auch Nottebohms Vögel nahelegten, Teil eines fundamentalen Prinzips, das dem Lernen und unseren Gedächtnisleistungen zugrunde liegt.

Joseph Altman entdeckt die adulte Neurogenese

Der Entdecker der adulten Neurogenese war nicht, wie die Geschichte mit den Kanarienvögeln suggerieren mag, Fernando Nottebohm, sondern Joseph Altman, der als Psychologe am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston forschte und 1965 gemeinsam mit seinem Studenten Gopal D. Das ein aufsehenerregendes Papier veröffentlichte, in dem die beiden berichteten, dass im Gehirn erwachsener Ratten neue Nervenzellen geboren würden (Abb. 3)[5]. Das war die Geburtsstunde unserer Kenntnis der adulten Neurogenese im Gehirn von Säugetieren. Vorangegangen waren einige andere Arbeiten Altmans, darunter eine von 1962, die sogar im renommierten Fachblatt Science erschien und letztlich nicht viel mehr war als eine prominent plazierte Frage: Gibt es adulte Neurogenese? Und als Antwort nur, aber immerhin, ein »Vielleicht« liefern konnte[6]. Während also die Frage im Olymp der wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht wurde, beschied sich die Antwort mit einem zwar höchst anerkannten, aber doch sehr viel schlichteren Fachblatt, dem Journal of Comparative Neurology. 1963 hatte Altman eine weitere Arbeit veröffentlicht, in der er bereits eine neue Nervenzelle zeigte, aber gar nicht groß auf sie einging[7]. Diese Veröffentlichung auf Raten war einigermaßen kurios und ist erst recht aus dem Blickwinkel der heutigen, durchoptimierten Wissenschaft kaum mehr vorstellbar.

 

3 Die erste entdeckte neue Nervenzelle im Hippocampus einer Ratte. Das Originalbild ist in einer Arbeit von Joseph Altman und seinem Kollegen Gopal Das von 1963 zu finden. Als Geburtsstunde der Forschung zur adulten Neurogenese gilt aber gemeinhin eine weitaus ausführlichere Arbeit von 1965.

© ALTMAN J., Anat Rec. 1963 Apr;145:573–91. Autoradiographic investigation of cell proliferation in the brains of rats and cats

 

Altman war ursprünglich nicht einmal an neugebildeten Nervenzellen interessiert. Er hatte vielmehr nach einer Methode gesucht, die es ermöglichen würde, die Auswirkungen von Hirnaktivität sichtbar zu machen. Also in etwa das, was man heute mit funktioneller Kernspintomographie auch versucht: dem Geist bei der Arbeit zuzuschauen, wie Michael Hagner das genannt hat[8].

 

Joseph Altman, ein gebürtiger Ungar, der über Deutschland und Australien in die USA kam, ist der Entdecker der adulten Neurogenese, zwanzig Jahre vor Fernando Nottebohm.

© Gerd Kempermann

 

Altman benutzte hierfür eine schwach radioaktiv markierte Aminosäure, das Leucin. Eine Nervenzelle, deren Stoffwechsel angeregt wird, braucht Leucin, um es in diverse Eiweiße, die dabei neu gebildet werden, einzubauen. Eine aktivierte Zelle wird also, wenn zuvor markiertes Leucin verabreicht wurde, hinterher ein messbares radioaktives Signal ausstrahlen. Wird eine Photoemulsion darübergeschichtet, wird die Strahlung die Emulsion schwärzen. Das Verfahren nennt man Autoradiographie. Altman gab Ratten eine Spritze mit dem markierten Leucin und ließ sie dann herumlaufen. Als er deren Gehirne hinterher untersuchte, fand er in dem Teil der Hirnrinde, der für die Steuerung der Motorik verantwortlich ist, Schwärzungen der Photoemulsion. Er hatte ein sichtbares Korrelat von Hirnaktivität gefunden! Leider funktionierten die Versuche nicht besonders zuverlässig, und die Resultate schwankten immens. Also machte er sich auf die Suche nach etwas anderem, das er mittels Autoradiographie im Gehirn würde messen können und das vielleicht ein weniger diffuses und hoffentlich weniger schwankendes Signal liefern könnte, um ihm die Kalibrierung seiner Leucin-Methode zu erlauben. Er stieß auf Berichte, die in den Jahren zuvor von kanadischen Hirnforschern veröffentlicht worden waren und die sich mit Zellteilungsaktivität im Gehirn beschäftigt hatten. Auch dies war eine autoradiographische Methode, und bei seinen folgenden Versuchen wollte Altman zunächst nur sehen, ob Zellteilung im Gehirn ein stabileres Signal liefern würde.

Als Altman die adulte Neurogenese entdeckte, wandte er also ein Verfahren an, das damals seit einigen Jahren en vogue war (und im nächsten Kapitel erklärt wird), bereits zu sehr ergiebigen Untersuchungen genutzt worden war und die Frage beantwortete, an welchen Stellen sich Zellen während der Hirnentwicklung teilen. Altman war mutmaßlich der Erste, der diese Methode auf das erwachsene Gehirn anwandte. Dazu bestand, wenn man sie nicht zur Herstellung einer Art Negativkontrolle für etwas ganz anderes verwenden wollte, eigentlich kein Grund. Die bestehenden Untersuchungen hatten längst »zweifelsfrei« gezeigt, dass Zellteilungsaktivität nach der Entwicklung des Lebewesens verschwand. Zumindest fast, aber die Nuance hatte niemand bemerkt.

Aber das war nicht alles. Altman war seiner Zeit sehr weit voraus. Seine Arbeit von 1965 ist auch nach heutigen Maßstäben ein bemerkenswert vollständiges und facettenreiches Werk. Er hat schon damals an alles gedacht, was sich an unmittelbaren Fragen aufdrängte, und einen Standard gesetzt, an dem sich alle Nachfolger messen lassen müssen. Aber die Geschichte verlief nicht geradlinig. Denn wie das so oft passiert, wenn eine Entdeckung auf ein Umfeld stößt, das noch nicht reif für sie ist, hat der Entdecker das Nachsehen.

Altman beschrieb 1969 die adulte Neurogenese auch für eine zweite neurogene Region, den Riechkolben[9]. Er veröffentlichte eine Vielzahl von Arbeiten zur Neurogenese bei diversen Tierarten und beschrieb das Phänomen mit der ganzen Genauigkeit, die damals zur Verfügung stand. An zwei Problemen und offenen Fragen kam er allerdings nicht vorbei. Erstens: Wie kann man unzweideutig beweisen, dass es wirklich neue Nervenzellen sind, die da geboren werden, und nicht nur Zellen, die so aussehen wie Nervenzellen, aber gar nicht wie Nervenzellen funktionieren? Und zweitens: Woher kommen die neuen Zellen überhaupt? Weil er diese Fragen nicht beantworten konnte, weil dazu Methoden notwendig waren, die erst Jahrzehnte später entwickelt wurden, irrte er in einigen Punkten, was ihm manche später dann unfairerweise vorhielten. So identifizierte er auch adulte Neurogenese in der Sehrinde des Großhirns, und wir wissen heute, dass er damit falsch lag. An seiner Bedeutung als Begründer dieses Forschungsfeldes ändert das aber nichts. Auch Einstein hat sich geirrt (so in seiner Ablehnung der Quantentheorie), und Irrtum gehört nun einmal zum Fortschritt der Wissenschaft. Denn nur Fehler und Irrtümer fordern heraus. Hinterher klüger zu sein ist dann einfach. Aus der Zeit heraus muss es äußerst schwierig gewesen sein, den schmalen Grat der Unterscheidung zu treffen. Denn die neugeborenen Zellen der Hirnrinde sehen eben wirklich nur fast so aus wie neue Nervenzellen, sind aber keine.

Weil man also nicht recht wusste, was man mit dem Phänomen der adulten Neurogenese anfangen sollte, und eher eine Kuriosität denn einen relevanten neurobiologischen Vorgang darin sah und sich einige methodische Ambivalenzen offensichtlich noch nicht lösen ließen, wurde Altman erst einmal nicht zum Shooting Star der Branche, sondern hatte sogar größte Probleme, überhaupt Karriere zu machen. Er fühlte sich ungerecht behandelt, und zum Teil war das wohl auch in der Tat so. Seine Arbeit erschien zunächst doch eher als interessante Kuriosität denn als wirklich wichtiger Meilenstein.

Die Faszination der Plastizität

Das Thema adulte Neurogenese besitzt aber eine sehr unmittelbare Faszination, und das erlebte auch Altman. Diese Faszination wird zum Teil mit den Tabubrüchen und der Abkehr von Dogmen und Vorurteilen erklärt, doch diese Erklärung ist nur zum Teil begründet. Denn das Underdog-Image nutzt sich schnell ab. In den 1990er Jahren, als die adulte Neurogenese dann wiederentdeckt wurde, hat man sie vielfach und vorschnell als Modethema abgetan. Die renommierte Wissenschaftsredaktion der New York Times kürte die Entdeckung adulter Neurogenese beim Menschen zu einer der Top-10-Entdeckungen der »Dekade des Gehirns«, einer Kampagne der US-Regierung im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts. Man kann davon ausgehen, dass die große Zeitung nicht nur wissenschaftliche Kriterien und Qualitätsmaßstäbe anlegte, sondern auch die mögliche Breitenwirkung ins Kalkül zog.