Die Russen kommen. Damit fing das ganze Dilemma an - Dieter Zimmermann - E-Book

Die Russen kommen. Damit fing das ganze Dilemma an E-Book

Dieter Zimmermann

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Beschreibung

Die Russen – als Siegermacht des 2. Weltkrieges im Jahre 1945 nach Deutschland gekommen – prägten mit Hilfe der stalinschen Helfershelfer auf deutscher Seite in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR Land und Leute – den Autor eingeschlossen. Persönliche Erlebnisse des Autors als Kind, als Soldat, als Offiziersschüler und als Offizier zeigen neben kuriosen Geschehnissen und einigen Lebens- und Berufsproblemen als Staatsbürger in Uniform einer kommunistischen Diktatur insbesondere das kommunistische Manipuliertwerden der Menschen von der Kindheit bis zum Alter, das Unterliegen der politischen zwänge, die versuchte Uniformierung des Denkens der Menschen durch die SED auf kleiner Ebene, die perfekte Stasi-Überwachung und schließlich den unaufhaltsamen Untergang des kommunistischen Systems der DDR und ihrer Armee auf. Es ist ein kleines Stück Aufarbeitung Geschichte in Bezug zur Gegenwart und der politische Erkenntnisprozess als Offizier vom anerzogenen Antifaschisten auch zum bewussten Antikommunisten. Obwohl Deutschland wiedervereinigt ist, die Russen als Besatzungsmacht Deutschland im Jahre 1994 verließen, wird sichtbar, dass die Menschen in Ostdeutschland immer noch dafür büßen müssen, dass die Russen kamen, blieben und sie damit dem kommunistischen Ostblock zugehörig waren.

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Seitenzahl: 124

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Dieter Zimmermann

Die Russen kommen –Damit fing das ganzeDilemma an.

Persönliche Erlebnisse in der 1. Deutsch-Russischen Armee und die Erkenntnisse daraus

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Copyright (2012) Engelsdorfer Verlag

Coverbild: © alle - Fotolia

Alle Rechte beim Autor

www.engelsdorfer-verlag.de

eISBN: 978-3-86901-377-0

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Autors

Kapitel 1: Der Anfang vom Ende

Kapitel 2: Bewerbung und Einberufung

Kapitel 3: Soldat in Torgelow-Drögeheide

„Auf dem Koppelschloss kehrt!“

Der 100-Mann-Saal

Kapitel 4: Offiziersschüler

Die chinesische MAO-Methode

Die ideologische Ausrichtung

Kapitel 5: Panzerzugführer

„Oberschüler liegen mir alle im Magen“

Aufmunitionierte Panzer

Der Panzer in der Erdunterkunft

Der verschwundene Schuss

Die comedyhafte Postenkontrolle

Politische Schulung

Der 13. August

Kapitel 6: Pionierzugführer

Mein „selbständiger“ Panzerzug

Grenzeinsätze

Zum Schießbefehl

Die Kuba-Krise

Die innerparteiliche Scheindemokratie bzw. die kleine Parteidiktatur

Auftragsmord

Kompaniechef – aber kein Kompanieführer

Weitere russische Technisierung

Ein Schuss – ein Umfallen – ein Wiederauferstehen

„Das Familienzelt“

Geweckte neue Interessen

„Mit einem Arm und mit Glasauge“

Umschulung

Kapitel 7: Finanzoffizier im „Spatenbataillon“

Kapitel 8: Offizier für Finanzen im Pionierbataillon 5

„Mit 6 MPi-Schützen zu Fuß durch die Stadt“

Lehrgeld

Fernstudium Finanzwirtschaft

Das erste Auto

Ende der Dienstzeit in Pasewalk

Kapitel 9: Finanzkarriere und Karrierestopp in Potsdam

Sperrung des Kindergeldes für den Divisionskommandeur

„Kollektiv der sozialistischen Arbeit“

Die neuen Aufgaben in der hauptamtlichen Finanzrevision

Ersatzcomputer

„So dick, so dumm“

Eigenart des Fachdienstes Polit

Die Faust auf den Tisch

Telefonische Überwachung

Trinken auf die Waffenbrüderschaft

Spendenbeschlüsse

Hochschulstudium von 1971 bis 1975

„Kandidat“ für weitere Dienststellungen

Dummer Jungenstreich und Westkontakt eines Freundes

Vorbereitung für die berufliche Tätigkeit nach der Armeezeit

Plötzliche Avancen der Armee

Kapitel 10: Im Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV)

Die neue Aufgabe

„Geheimauftrag“

2 Chefs

Persönliche Qualifizierung und der Mitarbeiter

„Westtechnik“

Militärische Ausbildung

Meldung an den Minister

Zensierte Meinungen

Die Meinungsmanipulierung durch die Partei

„Wohl behütet“ und der „Mülleimergucker“

Keine Telefonüberwachungsmöglichkeit – dafür dreiste Postüberwachung

„IM Trabi“

„Udo“

Ideologische Zweifel

Sympathie mit der demokratischen Bewegung im Lande

Untersuchung über Amtsmissbrauch, Korruption und persönlicher Bereicherung

Privilegien

Ausgliederung der SED aus der NVA und Austritt aus der SED

Neuer Fahneneid

Ende meines Wehrdienstes

Untergang der DDR und ihrer Armee

Kapitel 11: Nach dem aktiven Wehrdienst

Neue Tätigkeiten

Mögliche Tätigkeit als Zivilbeschäftigter in der Bundeswehr

Antrag bei der Gauck-Behörde

„Deutschland einig Vaterland“ und nachträgliche Bestrafung

Bundeswehr und Wehrpflicht

Die Russen kommen wieder

Quellen

Vorwort des Autors

An Hand von persönlichen Erlebnissen und nicht bzw. weniger bekannten alltäglichen, merkwürdigen, kuriosen und verwerflichen Geschehnissen, insbesondere während meines 33-jährigen Wehrdienstes, sollen die Lebens- und Berufsprobleme als Staatsbürger in Uniform in der Armee der SED-Diktatur aufgezeigt werden.

Dabei sollen der starke Einfluss der russischen Besatzungsmacht, das kommunistische Manipuliertwerden der Menschen von der Kindheit bis zum Alter, das Unterliegen der politischen Zwänge und die versuchte Uniformierung des Denkens durch die Partei- und Politorgane auf kleiner Ebene, die perfekte Stasiüberwachung und schließlich der unaufhaltsame Untergang des kommunistischen Gesellschaftssystems und seiner Armee – verbunden mit meinem politischen Erkenntnisprozess als Offizier – dargelegt werden.

Es ist ein kleines Stück Aufarbeitung Geschichte in Bezug zur Gegenwart. Die dabei zu Tage tretende unverblümte, teils kuriose, teils brutale Wahrheit wird aber nicht allen Menschen in Deutschland gefallen. Das trifft nicht nur auf einige ehem. Berufssoldaten der NVA und Angehörige des MfS zu.

Falsche Vorstellungen über die Stellung der Offiziere der DDR, sowie die noch vorhandene schwarzweiße Betrachtung der NVA insgesamt, werden sich nach dem Lesen dieses Buches von selbst auflösen.

Unter all diesen Gesichtspunkten dürften die Darlegungen in diesem Buch für die Angehörigen der Bundeswehr und für alle politisch interessierten Menschen von Interesse sein.

Es geht mir in diesem Buch nicht um das Aufschreiben einer langweiligen Biographie, nicht um zeitlich straff chronologische Darlegungen, nicht um nachträgliche Schuldzuweisungen und schon gar nicht um eine Opfer-Täter-Einteilung.

Ich war weder Opfer noch Täter, aber wie die Masse der DDR-Bürger Objekt des kommunistischen Herrschaftssystems.

Aber es sind nur meine Gedanken, meine Erlebnisse, meine Erkenntnisse und meine Schlussfolgerungen.

„Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen“ – hieß es seit der russischen Besatzungszeit und ich lernte – immer kommunistisch manipuliert. Ich lernte so als Kind, ich lernte als Jugendlicher, ich lernte als Erwachsener und siegte trotzdem nicht.

Ich verlor, weil ich von den Falschen – den Kommunisten – lernte und dem Falschen – einer kommunistischen Diktatur – diente.

Meine wichtigste Erfahrung ist, dass es sich nicht lohnt, seine Arbeitskraft, Gesundheit und Leben für eine Diktatur – gleich welcher Art – und ebenso für extreme Erscheinungen, Gruppen und Personen – gleich ob politischen, religiösen oder anderweitigen Ursprungs – einzusetzen. Fanatismus gar ist Dummheit.

Die bitter gewonnenen Erfahrungen und niedergeschriebenen Erkenntnisse und Lebenserfahrungen sollen der nachfolgenden Generation helfen, die Zeit nach 1945 bis heute besser zu verstehen und eigene Fehlentscheidungen zu verhindern.

Kapitel 1: Der Anfang vom Ende

„Die Russen kommen!“ Diesen Satz hörte ich zum ersten Mal als 5-Jähriger.

Es war der schlimmste Satz, den ich je in meinem Leben zu hören bekam und der so auch ein Leben lang in meinem Gedächtnis blieb. In diesem Satz lag etwas Niederschmetterndes, Unheilverkündendes, Furchterregendes. Es war kein gewöhnlicher Satz, sondern es war ein schreckensvoller Ausruf voller Entsetzen, panischer Angst und Hoffnungslosigkeit.

Aber erst 50 Jahre später wurde mir durch die ab 1990 bis heute erstmalig zugänglichen, umfangreichen Informationen bewusst, dass diese damalige Angstpsychose seine berechtigte Ursache hatte.

Denn es waren nicht schlechthin von Sieg zu Sieg über die deutsche Wehrmacht eilende russische Soldaten, sondern es war eine nicht aufzuhaltende erbarmungslose Lawine, eine stalinistisch brutal manipulierte, von Hass und Rache beseelte und von bewusst verabreichten Wodka trunkene Masse von Rotarmisten, die vernichtend, vergewaltigend und plündernd das deutsche Land von Schlesien, Ostpreußen, Pommern bis Berlin durchflutete.

Aber es war auch eindeutig, dass die Schuld an diesem geschichtlichen Fakt Hitlerdeutschland durch seinen vertragsbrüchigen Überfall auf die damalige Sowjetunion im Jahre 1941 selbst hatte. Es wurde ein schlafender Riese geweckt. Nicht die Russen waren ausgezogen, um zu erobern und zu vernichten, sondern die Deutschen. Unter der Führung des faschistischen Massenmörders Adolf Hitler begann ein Vernichtungskrieg ohnegleichen.

In den Jahren 1944/45 zahlten nun die inzwischen in allen Belangen weitaus überlegenen Russen unter Führung des kommunistischen Massenmörders J.W. Stalin doppelt zurück, was Wehrmacht und SS der Sowjetunion an Zerstörung, Tod und Leid zugefügt hatten.

Die zwei größten Massenmörder des 20. Jahrhunderts, ja der Geschichte der Menschheit, besessen von Machthunger, im Pakt von 1939 noch vereint und einig bei der Aufteilung Polens, für beide der einzelne Mensch nur ein Sandkorn zählend, im Krieg 1941 bis 1945 als erbitterte Feinde gewaltige Streitkräfte führend, brachten ihren eigenen Völkern und über Europa und schließlich der ganzen Welt Vernichtung und Schrecken.

Ich selbst habe als 5-jähriger Junge im Erzgebirge von den Greueltaten nichts mitbekommen.

Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass wir, d.h. meine Mutter, mein Bruder und ich sowie andere Familien aus Angst vor den einrückenden Russen einige Tage im nahe gelegenen Wald campierten, dass wenig später nochmals einige Russen unser Haus auf- und durchsuchten, einer ein ausgetrunkenes Weinglas durch die Stube an die Wand schmetterte und sie zwei wegen der Fliegerangriffe stets gepackte Koffer mitnahmen.

Später hatte ich von meiner Mutter erfahren, dass mein Großvater mütterlicherseits Mitglied der SA und NSDAP war, die von ihm auf den Oberboden gehängte SA-Uniform 1945 entdeckt wurde, er diese Uniform anziehen und in Begleitung durch das ganze Dorf Forchheim gehen, dann wieder ausziehen und in Unterhosen durch das Dorf über drei Kilometer zurück nach Hause gehen musste.

Bewusst ist mir diese Niederträchtigkeit und entwürdigende erzwungene Handlung erst geworden, nachdem mir meine, diese Geschehnisse miterlebte Schwester, im Jahre 2006 nochmals erzählte. Aber das hatten nicht die Russen angeordnet, sondern die „deutschen Russen“, wie damals die deutschen Kommunisten von den Forchheimern und vielen anderen Deutschen genannt wurden.

Die Deutschen als Verlierer des 2. Weltkrieges mussten die Kriegsschuld mit der riesigen Gebietsabtrennung von Schlesien, Ostpreußen, Pommern, den Sudeten und der daraus folgenden Vertreibung von 14 Millionen Deutschen, mit dem Millionenheer von Zwangsarbeitern aus Kriegsgefangenen und Verschleppten, mit der Vergewaltigung von ca. 1,9 Millionen Frauen von Ostpreußen bis Berlin, mit der millionenfachen Erbeutung von Gütern aller Art, mit der Demontage von Betrieben und Anlagen, mit dem Unterhalt der Besatzungstruppen, mit dem Raubbau der Uranvorkommen in Sachsen und Thüringen sowie letztlich mit der SED-Diktatur bitter und mehrfach bezahlen1,2,3,4,5. Die Schuld am Tod von Millionen Menschen war natürlich nicht wieder gutzumachen.

Die Russen kamen also durch die Schuld der Nazis ins Land, blieben hier und prägten als Sieger des Krieges und als kommunistische Besatzungsmacht in der Ostzone und im späteren Satellitenstaat DDR in Verbindung mit den stalinschen Helfershelfern auf deutscher Seite – allen voran der Kommunist und Stalinverehrer W. Ulbricht – Land und Leute – und so auch mich.

16 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges durchquerten am späten Abend des 12. August 1961 erneut russische Panzer vom Typ T 34-85 gefechtsbereit – also aufmunitioniert mit Splittersprenggranaten und MG-Munition – kettenrasselnd auch die Ortschaft Stahnsdorf bei Potsdam.

Aber es saßen keine Russen in den Panzern, sondern Deutsche und einer davon war ich. Dabei walzte ein Panzer eine große, schöne, eiserne Straßenlaterne nieder – das war auch ich.

Wieso fuhren russische Panzer mit deutschen Besatzungen? Nachdem in Ab- und mit Zustimmung der russischen Besatzungsmacht mit der Gründung der DDR die staatlichen, mit dem Aufbau der Kasernierten Volkspolizei (KVP) die vormilitärischen Voraussetzungen geschaffen und die moralischen Hürden überwunden waren, wurde am 01.03.1956 die Nationale Volksarmee (NVA) gegründet.

So gab es eben am 12.08.1961 den Marschbefehl unter anderem für die 31 Panzer des Panzerbataillons des Motorisierten Schützenregimentes 2 (MSR-2) der 1. Motorisierten Schützendivision (1. MSD) der NVA, der auch ich angehörte.

Die NVA war vom Charakter her die 1. Deutsch-Russische Armee in der Geschichte. Deutsch waren die in ihr dienenden Menschen, die Sprache, die Standorte und Kasernen, die steingraue Uniform, in den Anfangsjahren der preußische Drill und evtl. noch der preußische Stechschritt.

Russisch waren die Gliederung, Technik, Bewaffnung, weithin auch die übrige Ausrüstung, der Inhalt der Dienstvorschriften, die strukturmäßige Eingliederung, Rolle und Macht des umfangreichen Polit- und Parteiapparates vom Verteidigungsministerium bis zur Kompanie, die gesamte ideologische, d.h. kommunistische Ausrichtung der Angehörigen der NVA.

Schließlich gab es die Überwachungsrolle des Ministeriums für Staatsicherheit (MfS) – offiziell in der NVA als Verwaltung 2000 ausgewiesen – wie in der russischen Armee das Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten (NKWD) und spätere KGB. Zudem war die NVA fest verankert im Warschauer Pakt, der generell unter russischem Oberkommando stand, dessen Oberbefehlshaber immer der jeweilige Verteidigungsminister der Sowjetunion und die Kommandosprache Russisch war.

Aber alles Russische und dessen Kopien waren letztendlich der Anfang vom Ende.

Kapitel 2: Bewerbung und Einberufung

Es waren folgende Gründe, weshalb ich mich für die NVA bewarb und in ihr dienen wollte:

Erstens: Ich hatte großes Interesse für alles Militärische, besonders für Militärpolitik, Militärgeschichte, Militärabwehr, nutzte dazu alle Veröffentlichungen in Presse und Rundfunk, sah gern Filme über die beiden Weltkriege und las viele Romane darüber.

So wollte ich den Beruf als Offizier, den es ja in der ganzen Welt gab, ergreifen. Diesen Gedanken und Wunsch hegte ich bereits in der 9. Klasse und Anfang der 12. Klasse stand mein Entschluss dazu fest, ohne zunächst die Möglichkeiten und Modalitäten zu kennen.

Eine Erkundigung im Wehrkreiskommando Marienberg ergab, dass mein Interessenfeld nicht realisierbar wäre. Man sagte mir, ich müsse erst eine Offiziersschule einer Waffengattung absolvieren, um so vielleicht später meine gewünschte Richtung wahrnehmen zu können.

Da ich erstmals in den 70er Jahren von der Existenz des Militärgeschichtlichen Institutes in Potsdam mit dort tätigen Offizieren erfuhr, wurde mir klar, dass mir damals im Wehrkreiskommando die Unwahrheit gesagt worden war.

Mein Schulfreund Heinz Ö. wollte ebenfalls Offizier werden, aber bei den Panzertruppen. So bewarben wir uns beide für die Panzeroffiziersschule.

Bei der Aufnahmeprüfung in Pirna unterbreitete mir ein Offizier mit einem Glasauge den Vorschlag, Offizier für Funk-Mess-Technik zu werden. Da aber Physik und Mathematik nicht meine Stärken waren, lehnte ich ab und wählte die panzer-operativ-taktische Richtung, ohne jedoch zu wissen, was sich alles dahinter verbarg.

Das Interesse am Offiziersberuf wurde auch noch gehoben, weil mein Bruder bereits Offizier war. Aber er hat mich nicht geworben oder beeinflusst.

Zweitens: Eine Rolle spielten auch die erlebten Nachkriegsfolgen und der Geschichts- und Gegenwartskundeunterricht in der Grund- und Oberschule.

Fest in das Gedächtnis eingeprägt hatte sich, dass ich im Jahre 1945 über Wochen und Monate pro Tag nur eine Scheibe Brot zu essen bekam, sich in meiner Schultüte zur Einschulung 1945 lediglich Holzklötzer befanden und ich im Alter von 13 Jahren die erste Banane sah und essen durfte.

In der Schule wurde uns gelehrt, dass daran, also am Krieg und den Kriegsfolgen, am Tod von Millionen Menschen, vor allem in den grausigen Konzentrationslagern, an Hunger, Not und Elend die Nazis und die Monopolherren wie z.B. Krupp und Flick die Schuld tragen, in unserem Teil Deutschlands aber jene Kräfte entmachtet und enteignet und die Ursachen von Kriegen – insbesondere das Privateigentum an den Produktionsmitteln – beseitigt wurden und durch den Aufbau des Sozialismus alle werktätigen Menschen einer menschenwürdigen und friedlichen Zukunft entgegengehen. Diese sozialistische Errungenschaft müsse geschützt werden, zumal dies durch die Wiederaufrüstung in Westdeutschland gefährdet würde.

So glaubte ich also auch, mit der Bewerbung zum Offizier etwa Gutes zu tun. Von einer Parteidiktatur oder von den Verbrechen des großen Führers des Weltkommunismus und damals mit Generalissimus tituliertem Stalin hatte ich natürlich nichts gehört.

Drittens: Ein weiterer Gesichtspunkt war die materielle Seite. Bisher besaß ich kein Geld, bekam zwar von meinen Eltern und meinem Bruder etwas Geld und in der 12. Klasse sogar 25,- Mark Stipendium, aber insgesamt war diese Frage mies bestellt. Nun wollte ich endlich selbst Geld verdienen, um mir etwas leisten zu können und bei der Armee bekam man gleich Geld.

Viertens: Nicht ganz außer Acht lassen will ich die Tatsache, dass es damals keinerlei Berufsberatung gab und einem keine Alternativen und Perspektiven aufgezeigt wurden.

Alle 4 Dinge zusammen beantworten die Frage „Warum zur Armee?“.

Anfang August 1957 kam der Einberufungsbefehl. Ich musste mich am 05.08.1957 beim Wehrkreiskommando Marienberg melden, wohin mich mein Bruder mit seiner AWO 250 ccm brachte. Dann ging es weiter zum Sammelpunkt auf dem Hauptbahnhof in Chemnitz.

Ohne jegliche Einweisung, damit auch ohne Kenntnis des Zielortes, mussten wir in einen Sonderzug zu einer Fahrt ins Ungewisse einsteigen. Als wir auch noch Berlin passierten, wurde das Rätselraten im Zug immer größer. Schließlich hielt der Zug in Prenzlau und wir wurden in eine Dienststelle der NVA gebracht. Eine derartige Verfahrensweise wäre einige Jahre später undenkbar gewesen. In Prenzlau erfolgte die Einkleidung, allerdings so, wie sie mir mein Vater von der Wehrmacht schilderte.

Die Klamotten wurden einem im Bekleidungslager mit dem Wort „passt“ zugeworfen.

So voll bepackt, stellte ich kurze Zeit später fest, dass ich zwei linke Stiefel, genannt „Knobelbecher“, in den Händen hielt. Der Umtausch erfolgte aber problemlos.

Einige Tage später wurden wir weiter in Richtung Norden verfrachtet.

Kapitel 3: Soldat in Torgelow-Drögeheide