DIE SCHÖNHEIT DER LUCREZIA - Herbert Adams - E-Book

DIE SCHÖNHEIT DER LUCREZIA E-Book

Herbert Adams

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Der Hausherr führte seine Gäste in eins der Zimmer, die man von der Halle aus betrat, und in diesem Augenblick trug der Butler den Tee auf. Demnach gab es also doch einen Diener im Haus. Roger fiel der unangenehme, beinahe feindselige Blick auf, mit dem ihn der ziemlich ältliche und schwächlich aussehende Mann streifte. Was aber die Besucher ganz besonders in Erstaunen versetzte, war die Dame, die bisher am Fenster gestanden hatte und sich ihnen zuwandte. Roger und Carol glaubten, noch nie eine solche Schönheit gesehen zu haben. Sie war hochgewachsen und ihre Haltung hatte geradezu etwas Königliches. Ihr eng anliegendes Samtkleid wäre eher für den Abend geeignet gewesen. Kostbare Ringe schmückten die schlanken Finger, und an einem Handgelenk blitzte ein Brillantarmband. Das glänzende, schwarze Haar und die dunklen Brauen standen in wirkungsvollem Gegensatz zu der Elfenbeintönung ihrer makellosen Haut. Ihre Gesichtszüge waren von klassischer Kälte, nur die Lippen wirkten wärmer und ließen bei ihrem zurückhaltenden Lächeln ausgezeichnete Zähne sehen. Die sanfte tiefe Stimme gab ihren Worten eine besondere Bedeutung...   Herbert Adams (* 1874 in Dorset, South West England; † 1958) war ein englischer Schriftsteller. Adams veröffentlichte beinahe sechzig Kriminalromane; viele unter seinem eigenen Namen, einige unter dem Pseudonym Jonathan Gray. Seine Leser – wie auch die Literaturkritik – verglichen Adams oft mit seiner Kollegin Agatha Christie. Der Roman DIE SCHÖNHEIT DER LUCREZIA erschien erstmals im Jahr 1937; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1952 (unter dem Titel Um ein Haar). Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

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HERBERT ADAMS

 

 

Die Schönheit der Lucrezia

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 259

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DIE SCHÖNHEIT DER LUCREZIA 

ERSTER TEIL 

ZWEITER TEIL 

DRITTER TEIL 

 

 

Das Buch

 

Der Hausherr führte seine Gäste in eins der Zimmer, die man von der Halle aus betrat, und in diesem Augenblick trug der Butler den Tee auf. Demnach gab es also doch einen Diener im Haus. Roger fiel der unangenehme, beinahe feindselige Blick auf, mit dem ihn der ziemlich ältliche und schwächlich aussehende Mann streifte. Was aber die Besucher ganz besonders in Erstaunen versetzte, war die Dame, die bisher am Fenster gestanden hatte und sich ihnen zuwandte.

Roger und Carol glaubten, noch nie eine solche Schönheit gesehen zu haben. Sie war hochgewachsen und ihre Haltung hatte geradezu etwas Königliches.

Ihr eng anliegendes Samtkleid wäre eher für den Abend geeignet gewesen. Kostbare Ringe schmückten die schlanken Finger, und an einem Handgelenk blitzte ein Brillantarmband. Das glänzende, schwarze Haar und die dunklen Brauen standen in wirkungsvollem Gegensatz zu der Elfenbeintönung ihrer makellosen Haut.

Ihre Gesichtszüge waren von klassischer Kälte, nur die Lippen wirkten wärmer und ließen bei ihrem zurückhaltenden Lächeln ausgezeichnete Zähne sehen. Die sanfte tiefe Stimme gab ihren Worten eine besondere Bedeutung...

 

Herbert Adams (* 1874 in Dorset, South West England; † 1958) war ein englischer Schriftsteller.  Adams veröffentlichte beinahe sechzig Kriminalromane; viele unter seinem eigenen Namen, einige unter dem Pseudonym Jonathan Gray. Seine Leser – wie auch die Literaturkritik – verglichen Adams oft mit seiner Kollegin Agatha Christie.

Der Roman Die Schönheit der Lucrezia erschien erstmals im Jahr 1937; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1952 (unter dem Titel Um ein Haar).

Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Klassikers der Kriminal-Literatur in seiner Reihe APEX CRIME.

  DIE SCHÖNHEIT DER LUCREZIA

 

 

 

 

 

 

 

 

  ERSTER TEIL

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

Wilton House, Smith Square,

London SW. 1

 

Sehr geehrter Mr. Franklin!

 

Mit lebhaftem Interesse nehme ich ihre das Anwesen Dennington Grange betreffenden Angaben zur Kenntnis. Ich entnehme daraus, dass sie den Besitz möglichst bald zu veräußern gedenken.

Mein Sohn Roger, zu dessen Urteilsvermögen ich volles Vertrauen habe, fährt nächste Woche mit einem Freund nach Schottland. Er könnte, sofern es ihnen angenehm ist, unterwegs vorsprechen, um eine vorläufige Besichtigung vorzunehmen.

Er ist zum Abschluss berechtigt, doch wird er vermutlich eine Besichtigung meinerseits vereinbaren wollen. Wie ich höre, hat er am kommenden Donnerstag in ihrer Nähe zu tun.

Mit vorzüglicher Hochachtung!

Ihr sehr ergebener

Christopher Bennion.

 

 

 

Dennington Grange,

West Yorkshire.

 

Sehr geehrter Sir Christopher!

 

Dankend bestätige ich den Empfang ihres Schreibens. Ich würde mich freuen, ihren Herrn Sohn, Mr. Roger Bennion, am Donnerstag der nächsten Woche bei mir begrüßen zu können.

Da die Besichtigung des Anwesens und die damit verknüpften Besprechungen immerhin einige Zeit in Anspruch nehmen dürften, erlaube ich mir, vorzuschlagen, dass die Herren ihre Reise unterbrechen und bei mir übernachten.

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ihr Herr Sohn bevollmächtigt ist, in ihrem Namen zu handeln. Obwohl ich sie gern persönlich gesprochen hätte, verlangen es die Umstände, dass ich möglichst ohne Verzug verkaufe. Ich hoffe, deshalb nicht aufdringlich zu erscheinen, wenn ich ihn um eine sofortige Entscheidung bitte. Der von mir vorgesehene Verkaufspreis wird, wie ich annehme, ihren in diesen Dingen zweifellos erfahrenen Herrn Sohn erkennen lassen, dass es sich um eine außergewöhnlich günstige Gelegenheit handelt.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung!

Ihr sehr ergebener

Bernard Franklin.

 

 

 

Zweites Kapitel

 

 

»Ich glaube Roger, wir haben uns verirrt.«

»Ich glaube es nicht nur, Carol, ich weiß es bereits seit einiger Zeit.«

»Wollen wir umkehren?«

»Vielleicht begegnen wir jemand?«

»Der wird dann wahrscheinlich ebenfalls fremd in dieser Gegend sein«, meinte Carol.

Der Wagen fuhr weiter. Es war ein Rolls Royce, der mühelos große Geschwindigkeiten zu erreichen vermochte. Aber angesichts der Möglichkeit, jeden Kilometer wieder in umgekehrter Richtung zurücklegen zu müssen, bestand kein Grund zur Eile.

»Da ist ein junges Mädchen«, sagte Carol. »Frage doch mal.«

»Sie sieht gerade so aus, als hätte sie sich auch verirrt«, meinte Roger, der die Fremde bereits gesehen hatte und nun den Wagen abbremste.

Sie lehnte an einem niedrigen Zaun und trug einen Handkoffer bei sich. Fragend sah sie den beiden Männern entgegen.

»Haben wir den gleichen Weg wie sie?«, fragte Roger. »Können wir sie ein Stückchen mitnehmen?«

»Ich wollte nach Ilkley, habe aber den Autobus nicht mehr erreicht.«

Die Fremde sprach mit leiser, angenehmer Stimme, schien jedoch etwas unentschlossen zu sein. Sie trug einen schlichten dunkelblauen Rock und eine Bluse von gleicher Farbe. Unter dem kleinen Hut schimmerte goldbraunes Haar. Das schmale Gesicht und die blauen Augen drückten lebhafte Besorgnis aus.

»Ilkley«, meinte Roger. »Wir haben die Ortschaft vor einer Stunde verlassen. Befinden wir uns jetzt wieder auf dem Weg dorthin?«

Das Mädchen schüttelte den Kopf.

»Ich dachte schon, wir hätten uns verfahren«, lächelte Roger, »und ich freue mich, dass dem nicht so ist. Wir wollen nach Dennington Grange. Kennen sie es?«

Sekundenlang zögerte sie. »Es ist ganz nah.«

Ihren Handkoffer aufhebend, machte sie zwei Schritte in die Richtung, aus der die beiden Herren gekommen waren.

»Einen Augenblick, bitte! Wenn sie uns sagen können, wie wir nach Dennington Grange kommen, ist es vielleicht auch uns möglich, ihnen zu helfen. Haben sie es eilig?«

»Der Zug fährt um fünf.«

Roger warf einen Blick auf die Uhr am Schaltbrett und stieß einen leisen Pfiff aus.

»Oh weh! Ich fürchte, das werden wir nicht mehr schaffen. Wann geht denn der Nächste?«

»Ich weiß nicht.«

»Wo wollen sie denn hin?«, erkundigte sich Carol.

»Nach London.«

»Und wann ist der nächste Autobus fällig?«

»Die verkehren alle zwei Stunden.«

Roger nickte. Er bemerkte einen Siegelring am zweiten Finger der Hand, die den Koffer hielt.

»Vielleicht fährt heute gar kein Zug mehr. Wir wollen nach Dennington Grange und haben uns schon reichlich verspätet. Wie wäre es, wenn sie uns den Weg zeigten? Wir könnten dort unsere Ankunft melden und ein Kursbuch einsehen und dann dafür sorgen, dass sie den nächsten Zug erreichen.«

Das Angebot war wirklich gut gemeint, aber die Aufnahme war überraschend.

»Das geht nicht.«

Sie hatte die Worte in eigenartig atemloser Weise gesprochen, die beide Männer betroffen machte. Carol war bereits im Begriff gewesen, auszusteigen, um ihr zu helfen. Er stutzte.

»Kommen sie von dort?«, fragte Roger.

Er zweifelte nicht daran, dass seine Vermutung zutraf.

»Wahrscheinlich gibt es heute keine Zugverbindung mehr. Sollte es doch der Fall sein, würden sie London wohl erst nach Mitternacht erreichen. Wie können wir ihnen behilflich sein?«

»Ich kann nicht zurückkehren.«

Weswegen mochte sie davongelaufen sein? Ihre eigenen Worte deuteten darauf hin, dass so etwas der Fall war. Carol ertappte sich bei dem Gedanken, dass der Handkoffer vielleicht Dinge enthielt, die ihr nicht gehörten. Roger hielt sie im ersten Augenblick für eine entlassene Hausangestellte. Zwar sah sie eigentlich nicht so aus, aber er kannte genügend Fälle, in denen die Hausangestellten sich eleganter anzogen als die Töchter des Hauses. Der Ring deutete zwar auf anderes, doch brauchte ein Wappenring nicht immer einem adeligen Besitzer zu gehören.

»Wir wollen Mr. Bernard Franklin auf Dennington Grange aufsuchen«, fuhr Roger fort. »Kennen sie ihn?«

»Er ist mein Vormund«, sagte sie leise.

»Weiß er, dass sie nach London reisen?«

»Nein.«

»Dann kehren sie doch mit uns um. Wir bleiben nur eine Nacht dort - aus geschäftlichen Gründen. Wenn sie morgen immer noch nach London wollen, werden wir dafür sorgen, dass sie den Zug erreichen.«

Die Fremde zögerte, schien unschlüssig zu sein.

»Werden sie in London erwartet?«, erkundigte sich Carol.

»Nein.«

Wenn ihr Vormund nichts von ihrer Absicht wusste und sie keine Verabredung getroffen hatte, musste es sich um einen plötzlichen Entschluss handeln. Sie einfach auf der Landstraße stehen zu lassen, kam demnach erst recht nicht infrage.

»Sie hatten Streit mit Mr. Franklin?«, meinte Carol.

»Nein.«

»Vielleicht hinterließen sie einen Abschiedsbrief«, lächelte Roger, »und nun finden sie es peinlich, zurückzukehren.«

»Nein. Ich wollte von London aus telegrafieren.«

Roger kam ein Gedanke. »Sie wollten also ganz allein nach London?«

»Allerdings.«

Die Antwort drückte leichtes Befremden aus.

»Aber dann ist doch die Sache furchtbar einfach. Wir werden in ihrer Anwesenheit viel mehr Freude an unserem Besuch haben.«

Er stieg aus, um ihren Handkoffer zu nehmen, und sie ließ es geschehen.

»Es ist wirklich zu liebenswürdig, uns den richtigen Weg zu zeigen«, fuhr er lebhaft fort. »Wenn sie am Parktor aussteigen, können sie zum Haus gehen, als hätten sie nur einen Spaziergang gemacht. Natürlich wird ihr Vormund uns vorstellen - ich hoffe es jedenfalls - aber inzwischen möchte ich es auch schon selbst tun. Ich bin Roger Bennion und mein Begleiter heißt Carol Wilton. Selbstverständlich kennen wir uns nicht, wenn wir uns erneut treffen.«

Sie lächelte. Sie konnte wirklich allerliebst lächeln. Offenbar war sie sehr froh, selbst einer Entscheidung enthoben worden zu sein.

»Ich heiße Christine Borne«, sagte sie.

Beide Herren lüfteten sehr höflich den Hut.

»Also Miss Borne«, sagte Roger. »Wenn sie die Güte haben wollen, vorn Platz zu nehmen und den Weg anzugeben, wollen wir Carol mit dem Gepäck hinten verstauen.«

Sie stieg ein und sie setzten die Fahrt fort.

»Ist es weit?«

»Ungefähr drei Kilometer.«

»Und die haben sie zu Fuß zurückgelegt! Kein Wunder, dass sie müde wurden.«

Er fuhr langsamer. Drei Kilometer auf der Landstraße mit einem Handkoffer gehen zu müssen, ist eine anstrengende Sache, aber im Auto sind sie schnell bewältigt. Er wollte etwas mehr erfahren, ehe er seinen Fahrgast wieder absetzen musste.

»Sie kennen den Zweck unseres Besuches?«, fragte er.

»Es handelt sich um den Ankauf des Besitztums?«

»Ja. Sie wissen also Bescheid. Es war nicht sehr nett von ihnen, davonzulaufen! Aber vielleicht erwarteten sie graubärtige, mit Theodoliten ausgerüstete Männer zu sehen?«

»Was sind Theodoliten?«

Ihre Gegenfrage wich einer unmittelbaren Antwort geschickt aus.

»Theodoliten«, begann Carol, der sich vorgebeugt hatte, »sind wissenschaftliche Instrumente, die den Landvermessern dienen. Sie...«

»Sie stehen auf drei Beinen,«, unterbrach Roger ihn »und uns gehen sie nichts an. Vermutlich war ihnen der Gedanke verhasst, das Haus ihrer Vorfahren verlassen zu müssen, Miss Borne.«

»Es ist nicht mein Haus. Onkel Bernard wird sehr froh sein, es verkaufen zu können. Er behauptet, der Unterhalt sei zu teuer.«

»Wie lange wohnen sie und ihr Onkel schon dort?«

»Er ist auch nicht mein richtiger Onkel. Ich nenne ihn nur immer so, denn das erspart mir langatmige Erklärungen.«

»Von denen sie keine Freundin sind!«

Er sah sie schmunzelnd an. Sie errötete ein wenig, lachte dann aber, wie sie überhaupt im Lauf des Gesprächs ihre gute Laune wiederzugewinnen schien.

»Stimmt. Man ermuntert neugierige Leute damit nur zu Fragen, die sie nichts angehen.«

»Geht das auf mich?«

»Nicht, wenn sie sich nicht getroffen fühlen.«

Ernster fuhr sie fort: »Sie sind wirklich sehr freundlich, aber es gibt Dinge, die sich nicht so ohne Weiteres erklären lassen. Haben sie solche Erfahrungen nicht schon selbst einmal gemacht?«

Dass die Frage nicht absichtslos gestellt war, dass ihr ein triftiger Anlass zugrunde lag, erkannte Roger sofort. Während er antwortete, verringerte er die Geschwindigkeit seines Wagens noch mehr.

»Ich glaube zu wissen, was sie damit sagen wollen. Aber eine Erklärung findet sich meistens, wenn man das Problem entschlossen anpackt.«

Hier mischte sich Carol wieder ein. Er kam sich im Fond des Wagens etwas zurückgesetzt vor und wollte wissen, weshalb sie so langsam fuhren.

»Haben wir uns wieder verirrt?«

»Nein«, erwiderte Christine, »aber ich halte es für richtiger, hier auszusteigen. Das Pförtnerhaus steht fünfzig Meter weiter drinnen. Es hat sehr lange leer gestanden und ist auch jetzt noch nicht bewohnt. Aber es könnte jemand in der Nähe sein. Die Auffahrt führt natürlich zum Herrenhaus.«

»Und was wird mit ihrem Handkoffer?«, fragte Carol.

»Der gehört zu deinem Gepäck«, sagte Roger schnell. »Er ist nicht gezeichnet, kann also in dein Zimmer gebracht werden. Wenn Miss Borne von ihrem Spaziergang zurückkehrt, kann sie ihn nach Belieben an sich nehmen.«

Er hielt und die junge Dame stieg aus.

»Auf Wiedersehen«, rief Roger ihr halblaut nach. »Vergessen sie aber nicht, dass wir einander noch fremd sind!«

 

 

 

Drittes Kapitel

 

 

»Willkommen in Dennington Grange!«

Mr. Franklin begrüßte die vorgefahrenen Gäste. Trotz des bereits spürbaren Herbstes war das hohe Steinportal noch mit duftenden Kletterrosen bedeckt.

»Sie sind Mr. Bennion?«, fragte er dann mit ausgestreckter Hand auf Roger zutretend.

»Allerdings. Dies ist mein Freund Carol Wilton. Ich fürchte, dass wir später eintreffen, als sie uns erwarteten, aber wir hatten uns verfahren.«

»Das macht nichts. Sie kommen gerade recht zum Tee. Die Geschäfte eilen nicht und können bis morgen warten. Freut mich, dass sie mitkommen konnten, Mr. Wilton. Sind sie ebenfalls Sachverständiger für Grundstücke?«

»Kaum«, lächelte Carol. »Ein Onkel von mir besitzt in Sutherland ungefähr tausend Morgen Land, aber angeblich ist es keineswegs besonders wertvoll.«

»Oh, sie dürfen Yorkshire nicht mit dem Hochland vergleichen«, lachte Mr. Franklin. »Lassen sie mich mit dem Gepäck helfen. Mein Diener ist immer dann gerade nicht da, wenn ich ihn brauche.«

Roger wunderte sich durchaus nicht. Mit einem Blick hatte er bereits Verschiedenes festgestellt. Das von Christine erwähnte Pförtnerhaus stand nicht nur leer, sondern es befand sich auch in schlechtem Zustand.

Wenigen Menschen ist wahrscheinlich bewusst, wie kostspielig der Unterhalt einer Auffahrt von mehreren Hundert Metern ist. Auch das Herrenhaus machte einen vernachlässigten Eindruck. An sich war es ein hübsches Gebäude, aus Ziegeln und Sandstein, aber stellenweise fehlte der Mörtel und feuchte Stellen verrieten, dass die Dachrinnen zum Teil schadhaft waren. Das Holz und die Eisenteile benötigten dringend einen neuen Anstrich.

Überall zeigte sich, dass es dem Besitzer an Geld fehlte, um die erforderlichen Instandsetzungen durchführen zu lassen und ein entsprechend zahlreiches Personal für die Pflege zu halten. Zweifellos war Bernard Franklins Wunsch, das Anwesen zu verkaufen, durchaus ernst gemeint.

»Den trage ich selbst«, sagte Carol, und nahm Christines Koffer an sich.

Man betrat das Haus. Auch im Inneren bot sich der gleiche Anblick des Verfalls. Halle und Treppenhaus waren hübsch angelegt, aber die Wände zeigten schadhafte Stellen, die Farben waren verblichen. Die nicht sehr reichliche Einrichtung war von bescheidener Art.

Bernard Franklin schien dies wenig zu kümmern. Er war Anfang fünfzig und, wenn auch sein Haar anfing, grau zu werden, ein sehr lebhafter Mann, der offenbar viel Wert auf ein elegantes Äußeres legte. Im Knopfloch des gutgearbeiteten Tuchrockes steckte eine rote Nelke und sein grauer Schnurrbart war tadellos gepflegt.

Er führte die Gäste sofort auf ihr Zimmer, um ihnen Gelegenheit zu geben, sich zu erfrischen, bevor sie zum Tee erschienen.

Als die beiden Freunde mit Franklin wieder in der Halle zusammentrafen, betrat Christine das Haus.

»Sieh da«, sagte Mr. Franklin, »hier kommt mein Mündel - Miss Borne. Christine, ich möchte dich mit Mr. Bennion bekannt machen, dessen Vater, Sir Christopher, möglicherweise der künftige Herr von Dennington Grange sein wird. Und hier stelle ich dir Mr. Wilton vor.«

Sie verneigte sich förmlich, aber ihre Augen lachten spitzbübisch.

Der Hausherr führte seine Gäste in eins der Zimmer, die man von der Halle aus betrat, und in diesem Augenblick trug der Butler den Tee auf. Demnach gab es also doch einen Diener im Haus. Roger fiel der unangenehme, beinahe feindselige Blick auf, mit dem ihn der ziemlich ältliche und schwächlich aussehende Mann streifte. Was aber die Besucher ganz besonders in Erstaunen versetzte, war die Dame, die bisher am Fenster gestanden hatte und sich ihnen zuwandte.

Roger und Carol glaubten, noch nie eine solche Schönheit gesehen zu haben. Sie war hochgewachsen und ihre Haltung hatte geradezu etwas Königliches.

Ihr eng anliegendes Samtkleid wäre eher für den Abend geeignet gewesen. Kostbare Ringe schmückten die schlanken Finger, und an einem Handgelenk blitzte ein Brillantarmband. Das glänzende, schwarze Haar und die dunklen Brauen standen in wirkungsvollem Gegensatz zu der Elfenbeintönung ihrer makellosen Haut.

Ihre Gesichtszüge waren von klassischer Kälte, nur die Lippen wirkten wärmer und ließen bei ihrem zurückhaltenden Lächeln ausgezeichnete Zähne sehen. Die sanfte tiefe Stimme gab ihren Worten eine besondere Bedeutung.

Sie war älter als Christine, konnte aber die Dreißig noch nicht überschritten haben. Der Hof eines Königs wäre ihrer würdiger gewesen als dieses leicht schäbige Wohnzimmer.

»Alma, darf ich dir Mr. Bennion, Sir Christophers Sohn, vorstellen und seinen Freund Mr. Wilton?«

Die Herren verneigten sich.

»Mrs. Priston, meine Cousine, unterstützt mich in meinen Bemühungen, aus Christine eine vollendete junge Dame zu machen«, fügte er lächelnd hinzu.

Mrs. Priston, dachte Roger. Wo hatten denn alle die Herzoge und Lords ihre Augen, als sie es zuließen, dass ein simpler Mister Priston eine solche Erscheinung heimführte?

Laut sagte er, während er gleichfalls lächelnd Christine ansah: »So schwierig werden die Bemühungen kaum gewesen sein.«

Alma und das Mädchen tauschten einen Blick, der besagte, dass zwischen ihnen keinerlei Feindschaft bestand, und das überraschte Roger.

»Wie ich höre, erwirbt ihr Herr Vater Landsitze, wie andere Leute Kohlköpfe kaufen«, sagte Alma Priston zu Roger, als die Teetassen herumgereicht worden waren. Sie lächelte dazu ihr leises Lächeln.

»Wohl nicht in den gleichen Mengen«, gab Roger zur Antwort, »aber im Grunde genommen ist es dasselbe.«

Man lachte, und dann wandte sich Franklin an seine Besucher: »Sie wissen, was das Wort Grange eigentlich bedeutet?«

»Es kommt von Granary und bezeichnet somit einen Kornspeicher.«

Der Besitzer nickte. »Ursprünglich wandte man es nur auf die Scheune eines Klosters an, aber im Laufe der Zeit fand es auch für entlegene Höfe Anwendung, die keine Beziehung zu den Liegenschaften der Kirche hatten.«

»Spukt es?«, erkundigte sich Carol. »Die meisten alten Herrenhäuser haben ihr Hausgespenst, und auch diesem hier würde etwas fehlen, wenn es nicht seinen Geist hätte.«

»Es hat sogar einen sehr beglaubigten«, lachte Mr. Franklin, »aber die Geschichte kann ihnen Christine erzählen. Alma spricht nicht gern darüber. Mein Ururgroßvater erwarb das Anwesen in den Tagen Georgs des III.

Es fällt mir ungeheuer schwer, mich davon zu trennen. Aber je mehr man an einem Besitztum hängt, desto tiefer bedrückt es einen, wenn man es nicht entsprechend erhalten kann. Schließlich erschießt man seinen Lieblingshund lieber, als dass man ihn verhungern lässt.«

Alle schwiegen. Aber dann riss sich der Hausherr etwas gezwungen lachend zusammen.

»Man darf nicht zu viel darüber nachdenken. - Ich erwarte den Besuch meines Bruders, der ein paar Tage hierbleiben will, - vielleicht um dem alten Haus Lebewohl zu sagen. Er ist Geistlicher drüben in Westmoreland und kommt mit der Bahn. Wenn sie mich also entschuldigen wollen, überlasse ich sie der Gesellschaft von Mrs. Priston und Christine.«

»Vielleicht kann ich mich inzwischen ein wenig umsehen«, meinte Roger.

»Das hat keine Eile. Dafür steht ihnen morgen noch reichlich Zeit zur Verfügung, denn sie tun besser daran, das Anwesen bei Tageslicht zu besichtigen.«

Offenbar war er sich nicht bewusst, wie viele Aspekte erwogen werden mussten, um zu entscheiden, ob es sich lohnte, ein altes Gebäude modernen Anforderungen anzupassen. Roger fand, dass er ungeachtet der vorgerückten Stunde mit den Vorarbeiten beginnen sollte, und Mrs. Priston, die seine Gedanken zu erraten schien, sagte:

»Christine kann ihnen ja schon die Gemäldegalerie zeigen. Ich bin gespannt, was sie aus der machen werden? - Eine Cocktail Bar vielleicht!«

 

 

 

Viertes Kapitel

 

 

Die im ersten Stockwerk gelegene Gemäldegalerie lag im Dunkel. Wenn auch eine elektrische Beleuchtungsanlage vorhanden war, so stammte sie doch aus jener Zeit, da eine einfache, von der Decke hängende Lampe das Modernste darstellte, was es gab.

Christine schaltete die Beleuchtung ein. Roger brauchte nur wenige Minuten zur Prüfung, um festzustellen, dass die Bilder nicht sehr wertvoll waren. Die Künstler waren offenbar nur Lokalgrößen gewesen. Es fiel dem Beobachter auf, dass die schweren Rahmen nach ein und demselben Muster gearbeitet waren. Ihr Wert interessierte ihn daher nicht.

Der Raum selbst war sehr schön und konnte ausgezeichnet als Ballsaal verwendet werden.

»Sie erheben also auf keinen dieser Vorfahren Anspruch?«

Christine schüttelte lächelnd den Kopf.

»Nun, dann verlieren sie nicht viel«, meinte Carol. »Nie im Leben sah ich eine tollere Gesellschaft von Trunkenbolden. Wenn sie selbst keine Säufer waren, dann müssen es die Maler gewesen sein.«

»Umso besser, dass ich nicht mit ihnen verwandt bin«, meinte das Mädchen. »Abgesehen von einigen irischen Vettern, die ich nicht persönlich kenne, habe ich überhaupt keine Verwandten.«

»Wohnen sie schon lange hier?«, fragte Roger.

»Seit einem halben Jahr. Als meine Eltern starben, war ich im Internat und blieb dort, bis mich Mr. Franklin im vergangenen April hierher holte.«

Roger schien es, als sei sie den Tränen nahe. Er wechselte schnell das Thema.

»Und wenn er diesen weißen Elefanten, oder wie man das Haus nennen will, verkauft, dann wird es ihnen freistehen, sich die Wunder der Welt anzusehen?«

»Vielleicht.« Es klang ein wenig zweifelnd.

Carol deutete auf die Mitte einer Wand.

»Dort ist gerade der Ehrenplatz leer. Wie schade, dass nicht irgendein tüchtiger Künstler die Stelle mit einem Bild von Mrs. Priston ausfüllen kann. Sie ist wirklich bildschön.«

»Das finde ich auch«, sagte Christine leise.

»Und sie stehen gut mit ihr?«, fragte Roger schnell.

»Sie ist sehr freundlich zu mir.«

Roger wunderte sich. Wenn Christine eine solche Verehrung für Alma Priston hegte, weswegen wollte sie dann durchbrennen? Aber schließlich ging ihn die Sache nichts an. Wieder blickte er auf die leere Stelle an der Wand.

»Es muss aber vor noch gar nicht langer Zeit ein Bild dort gehangen haben. Wer wurde denn verbannt?«

»Die schöne Lucinda«, antwortete Christine. »Romney hat sie gemalt und sie war eine der bekanntesten Schönheiten ihrer Zeit. Lady Lucinda Welsford, die Tochter des Earl von Braksome. Sie heiratete Geoffrey Franklin, dessen Bild gleich daneben hängt.«

»Das wurde bestimmt nicht von Romney gemalt«, meinte Roger, genauer hinsehend.

»Nein.«

»Und wo befindet sich das Porträt der schönen Lucinda jetzt?«

»Ich weiß es nicht. Onkel Bernard sprach davon, dass er ein neues Heim für sie finden müsse. Aber er sagte bisher nicht, dass er dafür schon etwas unternommen hätte.«

»Eine von Romney gemalte Schönheit würde viele Tausend Pfund einbringen«, bemerkte Carol.

Niemand antwortete.

Nicht weit von den drei Personen entfernt war die Wand zum Teil mit einem Vorhang bedeckt. Zweimal hatte Roger eine Bewegung wahrgenommen. Nun bewegte sich der Stoff abermals. Es musste sich jemand dahinter befinden, - jemand, der das Gespräch belauschte.

»Was ist eigentlich hinter dem Vorhang?«, fragte Roger so gleichgültig wie möglich.

Gleichzeitig trat er ein paar Schritte vor. Er war jedoch nicht schnell genug, denn noch ehe er die Stelle erreicht hatte, blähte sich der Stoff, als werde er von einem Luftzug getroffen. Als Roger ihn beiseite zog, sah er nur ein Stück Vertäfelung, wie sie sich auch an den anderen Wänden entlangzog. Dennoch musste der Vorhang einen bestimmten Zweck haben.

»Es ist da eine Tür, die zu den Wirtschaftsräumen führt«, erläuterte Christine. »Eine Hintertreppe. Das werden sie morgen noch alles zu sehen bekommen.«

Sie drückte auf eine Leiste und die Holzvertäfelung glitt zur Seite, um den Blick auf ein kurzes Stück Gang und steinerne Treppenstufen freizugeben.

»Sehr bequem«, murmelte Roger. Natürlich hatte der Butler oder irgendjemand anders die Stimmen vernommen und sich zurückgezogen, als er hörte, um was es sich handelte. Gleichzeitig entdeckte Roger zwei ungerahmte Ölbilder, die in dem kleinen Korridor standen.

»Hallo!«, rief er, indem er sie ans Licht zog. »Noch zwei dieser Ahnen. Haben sie sich so schlecht benommen, dass sie in der Ecke stehen müssen?«

»Wen stellen die Bilder dar?«, fragte Carol.

»Ich habe keine Ahnung«, gab Christine zur Antwort. »Ich kann mich nicht entsinnen, sie jemals gesehen zu haben.«

Carols Gedanken hatten inzwischen eine andere Richtung genommen. »Haben sie ihren Koffer geholt, Miss Borne?«

Christine nickte.

Werden sie uns morgen begleiten?«

»Ich weiß noch nicht recht. Morgen früh werde ich’s ihnen sagen.«

 

Als sich Roger auf sein Zimmer begab, um sich zum Abendessen umzuziehen, bemerkte er unweit des Fensters eine zweite Tür. Vielleicht führte sie zu einem Badezimmer. Es wäre sehr vorteilhaft für einen Wiederverkauf des Hauses gewesen, wenn mehrere Badezimmer vorhanden sein würden. Doch für gewöhnlich traf das nur selten in Häusern dieser Art zu.

Die Tür war verschlossen und der Schlüssel steckte im Schloss. Aber auch, nachdem Roger ihn umgedreht hatte, ließ sich die Tür nur spaltbreit öffnen. Ein Möbelstück stand davor, offenbar eine Kommode. Jedenfalls handelte es sich um ein anderes Schlafzimmer. Leise zog Roger die Tür wieder zu und schloss sie ab.

Die Mahlzeit verlief in angeregter Stimmung. Das Essen war gut, und Bowie, der hinfällig aussehende Butler, zeigte sich seiner Aufgabe besser gewachsen, als es zu erwarten gewesen war.

Dennoch kam es Roger so vor, als habe das Benehmen Bernard Franklins und Alma Pistons etwas Gezwungenes. Völlig natürlich gab sich nur der neu angekommene Reverend Cuthbert Franklin, der ein sehr netter Mann zu sein schien. Er war ein wenig taub und stotterte zuweilen, wenn er einen neuen Satz begann. Im Aussehen ähnelte er ziemlich seinem Bruder, aber während Bernard großen Wert auf sein Äußeres legte, wirkte Cuthbert ein wenig ungepflegt.

Wieder ertappte sich Roger bei dem Gedanken, weshalb Christine Borne Fluchtabsichten hegen mochte. Wohl war sie vielleicht etwas stiller als die anderen, aber nichts deutete auf irgendeine Missstimmung hin.

Das Gespräch hatte sich infolge einer Bemerkung Cuthbert Franklins der Schwerhörigkeit und weiterhin den mit körperlichen Mängeln verbundenen Nachteilen zugewandt.

»Ich entsinne mich eines Taubstummen«, sagte Carol, »der behauptete, es sei ihm gleichgültig, dass er nicht sprechen könne, doch würde er gerne hören.«

»Ja, es ist erstaunlich, was die Menschen heiteren Gemüts zu ertragen vermögen!« nickte Bernard. »Ich persönlich möchte allerdings nicht länger leben, sollte ich verstümmelt oder sonst wie behindert sein.«

»D... das ist ein - v... verkehrter Standpunkt«, erklärte sein Bruder. »Nicht alle unsere Sinne sind voll entwickelt. Zum Beispiel vermag der Blinde höheren Genuss an der Musik zu empfinden, als die meisten anderen Menschen. Der Taube findet mehr Zeit zum Lesen und entdeckt neues Glück in den Wundern der Literatur. Die Natur schafft immer wieder einen Ausgleich.«

Bernard vermochte dem nicht zuzustimmen. »Das ist zweifellos sehr fromm und auch richtig gedacht,«, sagte er, »aber ich wiederhole, ein Dasein, das ich nicht vollauf genießen könnte, hätte keinen Reiz mehr für mich. Niemals will ich bemitleidet werden.«

»Werden wir nicht ein wenig trübsinnig?«, meinte Mrs. Priston. »Sprechen wir doch lieber von heiteren Dingen.«

Vielleicht hatte sie recht, aber jedenfalls sollten sich alle sehr bald der Worte Bernards in erschreckender Weise erinnern.

Roger lenkte die Unterhaltung auf den Film, wobei sich herausstellte, dass Christine infolge der strengen Bestimmungen ihres Internats nur selten im Kino gewesen war. Als sich die Damen erhoben, blieben auch die Herren nicht mehr lange sitzen. Der Reverend Cuthbert gestattete sich nur ein halbes Gläschen Portwein, und obwohl Bernard Franklin seinen Gästen immer wieder anbot, tranken auch Roger und Carol nicht viel.

Roger deutete einmal an, dass er gern noch einige geschäftliche Angelegenheiten besprechen würde, aber davon wollte der Gastgeber nichts wissen.

»Dazu haben wir morgen noch genug Zeit, mein Lieber. Alma würde es mir nie verzeihen, wenn nicht noch eine kleine Bridgepartie zustande käme. Mein Bruder zieht sich ebenso wie Christine immer sehr frühzeitig zurück.«

Roger fand, dass Bernard Franklin, dem es doch angeblich mit dem Verkauf seines Anwesens so sehr eilte, sich merkwürdig lange Zeit lies, um zur Sache zu kommen.

 

 

 

Fünftes Kapitel

 

 

»Nun, Roger, was hältst du von der ganzen Angelegenheit?«

Einige Stunden waren vergangen, und zum ersten Mal seit ihrer Ankunft fanden die beiden Freunde Gelegenheit, ungestört ihre Gedanken auszutauschen. Sie befanden sich in Carols Schlafzimmer, das keine zweite Tür besaß, durch die sie hätten belauscht werden können.