Die Schule der Diktatoren - Erich Kästner - E-Book

Die Schule der Diktatoren E-Book

Kästner Erich

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Beschreibung

Die Schule der Diktatoren ist Warnung und Aufruf zugleich. Anonyme Drahtzieher etablieren eine Zwangsherrschaft und betreiben eine Schule der Diktatoren, um so den jeweils amtierenden Staatschef nach einem Attentat jederzeit ersetzen zu können - und das Volk merkt nichts. Zwanzig Jahre plante Erich Kästner, dieses Theaterstück zu schreiben - und als es dann endlich 1956 erschien und 1957 an den Münchner Kammerspielen aufgeführt wurde, war das Publikum schockiert. Kästner selbst äußerte sich dazu wie folgt: "Man kann nichts totlachen - höchstens sich selbst. Das habe ich inzwischen einsehen müssen, und so ist mir das Stück im Laufe der Jahre immer bitterer geraten."

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Seitenzahl: 94

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Vorbemerkung

Dieses Buch ist ein Theaterstück, und der Plan hierzu ist zwanzig Jahre alt. Damals wurden viele, mit ihnen der Autor, um alle Hoffnungen ärmer und um eine Erfahrung reicher. Sie erfuhren, am deutschen Beispiel, dass sich der Mensch, unter Beibehaltung seiner fotografischen Ähnlichkeit, bis zur Unkenntlichkeit verunstalten lässt. Dressierte Hunde, auf den Hinterbeinen hüpfend und in Puppenkleidern, wirken abscheulich genug – aber der dressierte, seine Würde und sein Gewissen apportierende, der als Mensch verkleidete Mensch ist der schrecklichste Anblick. Und obwohl er jeder Beschreibung spottet, wurde versucht, ihn zu beschreiben.

Dieses Buch ist ein Theaterstück und könnte für eine Satire gehalten werden. Es ist keine Satire, sondern zeigt den Menschen, der sein Zerrbild eingeholt hat, ohne Übertreibung. Sein Zerrbild ist sein Porträt. Kann ein solches Stück herkömmlich dankbare Rollen haben? Nein. Einen nuancierenden, die Figuren unterscheidenden Dialog? Nein. Eine Entwicklung der Charaktere? Nein. Tragische Konflikte? Nein! Dergleichen lässt der degradierte, der auf den Hinterbeinen tanzende Mensch nicht zu. Größe und Schuld, Leid und Läuterung, Wahrzeichen einer edlen Dramaturgie, liegen im Staub. Man muss es beklagen, doch zuvor muss man es bemerken.

Dieses Buch ist ein Theaterstück, und zwar, wollte man es etikettieren, eine Haupt- und Staatsaktion. Eine blutig-burleske Diktatur wird durch eine tugendhafte Rebellion beseitigt. Dann wird der Rebell ermordet, und die nächste Diktatur etabliert sich. Er war für sie nur das Vehikel. Er war ihr Trojanischer Esel. – Zwei Regierungen werden gestürzt, und beide nach den klassischen Regeln des Staatsstreichs. Doch zu den alten gesellen sich neue Methoden. Auch der Bürgerkrieg kennt moderne Waffen. Sprach früher ein Tribun zu fünftausend Männern, so sprach er zu fünftausend Männern. Spricht er heute zu zehn Millionen, so spricht er entweder zu zehn Millionen oder, wenn in der Tonkabine an einem Knopf gedreht wird, zu niemandem. Er ist besiegt und weiß es nicht. Er glaubt zu leben und ist tot. Die Technik des Staatsstreichs hat mit dem Staatsstreich der Technik zu rechnen.

Dieses Buch ist ein Theaterstück und hat ein Anliegen. Der Plan ist zwanzig Jahre alt, das Anliegen älter und das Thema, leider, nicht veraltet. Es gibt chronische Aktualitäten.

 

München, 1956

Erich Kästner

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Personen

Der Kriegsminister

Der Achte

Der Premier

Der Neunte

Der Leibarzt

Paula

Der Professor

Doris

Der Inspektor

Stella

Der Präsident

Eine Wirtin

Seine Frau

Ein Matrose

Sein Sohn

Ein Hausierer

Der Major

Ein Buchhalter

Der Stadtkommandant

Ein Halbwüchsiger

Der Vierte

Ein junges Mädchen

Der Fünfte

Der Nuntius

Der Sechste

Der Doyen

Der Siebente

Der Zehnte, der Elfte, der Zwölfte, der Dreizehnte, der Vierzehnte, ein Panzerleutnant, ein Unteroffizier, zwei Soldaten.

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Das erste Bild

Saal in modernisiertem Palast. Feierlicher Staatsakt. Mikrophone. Blumen. Embleme. Auf thronähnlichem Sessel der Präsident, mit Gehrock, Ordensband, Schnurr- und Backenbart. (Nötiger Hinweis: Haar- und Barttracht dürfen, um von Sache und Sinn nicht abzulenken, keinesfalls Erinnerungen an Figuren der neueren Geschichte wachrufen.) In angemessenem Abstande, nicht erhöht, sitzen die Gattin des Präsidenten und der Sohn. Sie: üppig, späte Reize, in Pose. Er: jung, gebildet, scheinbar uninteressiert, ernst.

Auf der einen Bühnenseite, stehend, livrierte Diplomatie. An ihrer Spitze der Doyen und der Nuntius.

Auf der anderen Bühnenseite der Kriegsminister, im Rollstuhl, voller Orden, ohne Beine. Neben ihm, stehend, der Leibarzt und, in Galauniform, der Stadtkommandant. Der Leibarzt: rundlich, jovial. Der Stadtkommandant: kühler Generalstäbler.

Neben den offenen Flügeln des Balkons der Inspektor, Majordomus des Präsidialhaushalts, Herr der Diener, Diener jedes Herrn. Vor dem Präsidenten, in der Bühnenmitte, an einem der Mikrophone, der Premier- und Innenminister. Man hört seine Ansprache, wie später die Antwort des Präsidenten, zwiefach: einmal direkt, zweitens, leicht nachklappend, vom offenen Balkon her, durch die Lautsprecher auf dem Großen Platz. Der Premier spricht ohne Konzept.

PREMIER am Schlusse seiner Rede

Kabinett, Senat und Volk – das heißt, alle außer einem – bitten ihren Präsidenten – und das heißt, eben diesen Einen –, bitten und bestürmen ihn, den Neugestalter unseres Staates, sein schweres Amt auf Lebenszeit ausüben zu wollen. Dieser bis auf seine Stimme einstimmige Wunsch bedarf, das weiß jeder, keiner Abstimmung und Zählung. Die Wahlurne wartet nur noch auf ein Votum, auf das seine. Freilich, die Unabsetzbarkeit, die wir als unwiederholbare Ehrung meinen, ist im Grunde, wir wissen es, eine Bürde ohne Grenze, eine Zumutung bis ans Grab. Wenn wir ihn, den Einen, trotzdem bitten und bestürmen, so nur, weil ohne ihn Volk und Staat ohne Kopf und Hand wären. Im Zeitalter des Absolutismus durfte ein König von sich sagen, der Staat sei . Das war eine Lüge ins Gesicht der Geschichte, und fürstliche Anmaßung war es obendrein. Erst wenn wir den Satz aufgreifen, die Regierten statt des Regenten, empfängt er, endlich, Sinn und Würde. So verstanden, wollen wir unsere allstimmige Bitte, den Artikel über Ihre Unabsetzbarkeit durch Ihr Ja zu ratifizieren, in dem Ruf ausklingen lassen: Der Staat, unser Staat, sind !

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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