Die Schule der magischen Missgeschicke – Der erste Tag - Sarah Mlynowski - E-Book

Die Schule der magischen Missgeschicke – Der erste Tag E-Book

Sarah Mlynowski

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Beschreibung

Die New-York-Times-Bestsellerserie – jetzt in neuer Gestaltung In der Dunwiddle-Zauberschule steht Magie auf dem Stundenplan. Doch das ist gar nicht so leicht: Statt in eine Katze verwandelt sich die zehnjährige Nory in eine Dratze – hinten Drache, vorne Katze! Marigold kann Dinge schrumpfen – aber nicht wieder vergrößern. Und Elliott soll eigentlich Feuer zaubern, doch dann friert ihm immer alles ein. Zum Glück gibt es die Spezialklasse für magische Missgeschicke! Hier lernen kleine Murks-Zauberer wie Nory, ihre Kräfte zu kontrollieren, und finden heraus, dass Freundschaft die stärkste Magie ist. Magische Missgeschicke, zauberhafte Zwischenfälle und die fabelhafte Kraft der Freundschaft – ein herrlicher Lesespaß für die ganze Familie. Demnächst auch auf Disney TV!

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Seitenzahl: 140

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Sarah Mlynowski | Lauren Myracle | Emily Jenkins

Die Schule der magischen Missgeschicke

Der erste Tag

Aus dem Amerikanischen von Katrin Segerer

FISCHER E-Books

Mit Vignetten von Dorothee Mahnkopf

Inhalt

WidmungNory Horace versuchte, sich [...]Laurence war sechzehn Jahre [...]Die Halle für Magie [...]Norys Vater stand auf. [...]An diesem Abend stocherten [...]Tante Margo hatte das [...]Der Korridor der Dunwiddle-Zauberschule [...]Nory war nur eine [...]»Dinge, die es wert [...]In der Kantine holten [...]Die Kantine blieb bis [...]Am Montag verwandelte Bax [...]Am Nachmittag trafen Nory [...]Den nächsten Schultag verbrachten [...]Die Normalitätskiste funktionierte auch [...]Die Zickzack-Schüler, und mit [...]Direktor Gonzalez holte eine [...]Eine Woche später machten [...]DanksagungLeseprobeBax hasste den Thunfischauflauftag [...]

Für David, natürlich

Nory Horace versuchte, sich in eine Katze zu verwandeln.

Es musste eine schwarze Katze sein. Und sie musste eine perfekte Katzenform haben.

Es war mitten in den Sommerferien. Nory versteckte sich in der Garage ihrer Familie. Katze, Katze, Katze, wiederholte sie in Gedanken.

Sie versteckte sich für den Fall, dass etwas schieflief. Das sollte niemand mitbekommen. Aber falls etwas richtig schieflief, wäre sie noch nah genug, damit ihr Bruder oder ihre Schwester sie hörten, wenn sie um Hilfe rief.

Oder um Hilfe miaute.

Oder brüllte.

Nory beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken. Sie würde hoffentlich keine Hilfe brauchen.

Katze, Katze, Katze.

Sie musste die Katze hinkriegen, weil morgen der Große Test war. Morgen würde sie endlich die Aufnahmeprüfung für die Genie-Akademie machen, auf die sie so lange gewartet hatte.

In die Genie-Akademie für hochbegabte Magier reinzukommen war nicht leicht. Ohne mindestens phantastische Fähigkeiten wurde man nicht angenommen. Norys Freunde probierten es gar nicht erst. Sie bewarben sich an normalen Schulen.

Wenn Nory den Großen Test bestand, würde sie im Herbst in die fünfte Klasse der Akademie kommen.

Wenn sie durchfiel …

Nein. Sie durfte nicht durchfallen. Sie hatte sich an keiner anderen Schule beworben. Nicht nur, weil die Genie-Akademie eine sehr wichtige, sehr exklusive Zauberschule war, sondern auch, weil ihr Bruder Laurence dorthinging.

Und ihre Schwester Dalia.

Außerdem war Norys Vater irgendwie der Schuldirektor.

Gut, nicht nur irgendwie. Er war eindeutig der Schuldirektor.

Beim Gedanken an den Großen Test wurde Nory ganz flau im Magen. Ihre Magie war stark, das stand außer Frage. Manchmal machte sie allerdings Murks.

Und Murks wollte die Akademie nicht.

Eine schwarze Katze würde sehr wahrscheinlich morgen beim Großen Test drankommen. Es war ein Anfängertier. Eigentlich hatte Nory sich schon tausendmal in eine schwarze Katze verwandelt. Das Problem war, was dann passierte.

Aber daran würde Nory jetzt nicht denken. Stattdessen holte sie tief Luft und reckte das Kinn.

Katze! Katze! KATZE!!!

Die Welt verschwamm, und Norys Herz klopfte schneller. Ihr Körper spannte sich an und schrumpfte. Sie hörte ein lautes Ploppen.

Juhu, Katze!

Aber halt.

Ihr Mund fühlte sich falsch an. Nory schlug die Zähne aufeinander. Klack, klack, klack. Oje.

Das waren keine normalen Zähne. Die hier waren lang. Und scharf. Und stark. Lang, scharf und stark genug, um Holz durchzubeißen!

Hm, überlegte Nory. Sie hatte ein komisches Gefühl. Warum sollte eine Katze Holz durchbeißen wollen?

Sie blickte über die Schulter. Ein perfekter schwarzer Katzenschwanz schwang durch die Luft. Er hing an einem Paar schwarzer Katzenbeine mit weichen Pfoten und scharfen Krallen.

Sie schaute nach unten, überzeugt davon, anstelle ihrer Arme ein Paar passende Vorderbeine zu finden, aber …

Ihre Vorderbeine waren keine Katzenbeine. Das Fell war braun und glänzte ölig. Außerdem schien sie einen großen runden Bauch zu haben. Und was war das für eine Nase?

Sie konnte sie nicht genau erkennen, aber sie sah überhaupt nicht katzenhaft aus. Sie war viel zu breit.

Biberbreit.

Vertrickst und zugenäht! Ich bin halb Katze, halb Biber!

Ihre Magie.

Hatte eindeutig.

Murks gemacht.

Nicht schon wieder!, dachte Nory. Was mache ich bloß falsch? Wenn das morgen beim Großen Test passiert, falle ich durch. Ich sollte mich zurückverwandeln und es noch mal probieren. Eine komplette Katze. Jetzt gleich. Ja. Genau das sollte ich tun.

Der Biber-Katzen-Teil in Nory allerdings wollte nicht hören. Biber-Katzen-Nory war der Große Test völlig egal. Biber-Katzen-Nory wollte Sachen zerkauen mit ihren tollen Biberzähnen.

Sie durchsuchte die Garage. Holz! Wo war hier das Holz?

Muss kauen, dachte Biber-Katzen-Nory. Muss Biberdamm bauen.

Nein! Nein!, protestierte die leise Stimme von Menschen-Nory.

Biber-Katzen-Nory watschelte aus der Garage ins Haus. Sie lief nach oben, ins Büro ihres Vaters. Ein Baumstumpf wäre gut oder ein Ast. Egal was, Hauptsache Holz.

Nory entdeckte das Bücherregal ihres Vaters.

Ein sehr schönes Möbelstück, von europäischen Handwerkern vor über zweihundert Jahren liebevoll gefertigt.

Ein sehr wertvolles, sehr teures Möbelstück.

Es sah köstlich aus.

Oooh, dachte Biber-Katzen-Nory, guck mal! Ein großes Holzkauding! Viele kleine Mampfkaudinger!

Sie stupste ein Buch auf den Boden und knabberte daran.

Außen hart wie Baumrinde. Innen weich wie Laubblätter. Mmh. Hamm, hamm, hamm. Biber-Katzen-Nory kaute sich durch vier Bücher ihres Vaters.

Danach nagte sie an den Beinen seines Eichenholzschreibtischs.

Dann zerbiss sie ein Stück seines Lieblingssessels. Sie zerrte Schaumstoff und Holz ins Gästebad und errichtete unter dem Waschbecken einen kleinen Biberbau. Anschließend jagte sie ein paar Minuten lang ihren Schwanz und benutzte einen Haufen zerrissener Buchseiten als Katzenklo.

Es war toll. Sie war toll. Sie, Biber-Katzen-Nory, fühlte sich so gut wie seit Wochen nicht mehr!

Zumindest, bis ihr Bruder Laurence sie fand.

Laurence war sechzehn Jahre alt. Er kümmerte sich um die meisten Haushaltssachen, weil ihr Vater, Dr. Horace, zu bedeutend und beschäftigt war, um Abendessen zu kochen oder Zöpfe zu flechten.

Und weil ihre Mutter nicht da war.

Sie war schon vor langer Zeit gestorben.

Laurence mochte Sport, Kochen und Leute- Herumkommandieren. Außerdem zündete er gerne Sachen an, weil er ein Fackler war. Und zwar ein richtig guter Fackler. Seine Magie machte nie Murks.

»Nory!«, rief er jetzt und starrte auf den Biberbau. »Was treibst du da?«

Biber-Katzen-Nory rieb ihr Gesicht an seinem Hosenbein.

»Keine Ahnung, was du gerade bist, aber du verwandelst dich lieber schnell zurück und hilfst mir beim Saubermachen. Ehrlich, was hast du angestellt? Hier drin stinkt es!«

Sein Tonfall ließ Biber-Katzen-Nory schaudern.

»Nory? Verwandle dich auf der Stelle zurück!«, schrie Laurence.

Plopp. Er hatte Nory solche Angst eingejagt, dass sie wieder ihre Mädchengestalt angenommen hatte: wilder Wuschellockenkopf, schmaler Körper, braune Haut, lilafarbenes T-Shirt. Zwischen ihren Zähnen steckte noch ein Stück Sesselpolster. Igitt! Sie spuckte es aus.

Das hier war eine Katastrophe.

Büro und Badezimmer versanken in stinkendem Chaos. Der Lieblingssessel ihres Vaters sah aus, als wäre er explodiert. Sein antiker Schreibtisch hatte nur noch drei Beine und neigte sich bedenklich zur Seite. Ein paar seiner wertvollen Bücher ähnelten Krautsalat.

Er würde richtig, richtig sauer sein.

»Tut mir leid«, flüsterte Nory.

Laurence sah wütend aus. Und erschrocken.

»Hilf mir einfach, hier aufzuräumen«, sagte er. »Wir müssen uns beeilen.«

Zusammen behoben sie den Schaden, so gut sie konnten. Sie füllten einen Müllbeutel nach dem anderen und besprühten alles mit Badreiniger. Als das Gästebad wieder einem Gästebad glich, rief Laurence einen Schreiner an, der den Schreibtisch und den Sessel reparieren sollte. Er ließ Nory die Späne aufsaugen, während er die Internetseite von Hab & Buch suchte und neue Exemplare von den Büchern bestellte, die Nory kaputtgemacht hatte.

Als alles erledigt war, räusperte Nory sich und fragte kleinlaut: »Laurence? Bist du immer noch böse auf mich?«

Er schüttelte den Kopf. »Du musst dafür sorgen, dass dein menschliches Gehirn die Kontrolle behält, Nory. Das ist alles.«

»Ich weiß.«

»Und wenn du dich in ein Tier verwandelst, dann in ein normales Tier«, schimpfte er. »Hör auf, alles zu vermasseln. Du wirst langsam echt vermurkst, und niemand mag vermurkst.«

»Ich hab Katze geübt, wie du gesagt hast«, erklärte Nory. »Dann ist der Biberteil einfach passiert, und alles hat verrücktgespielt.«

»Das bist du also gewesen?«, fragte Laurence. »Ein Katzen-Biber?«

»Eigentlich eine Biber-Katze«, sagte Nory. Sie überlegte kurz und grinste. »Eine Batze!«

»Egal, was es war, es war eklig«, sagte Laurence.

Norys Grinsen verschwand.

»Außerdem hast du die Kontrolle verloren, wie immer«, fuhr er fort. »Wir müssen wohl alles auf Dalias Kaninchen schieben.«

Dalia war dreizehn und das mittlere Horace-Kind. Sie war ein Flauscher und hatte viele Haustiere, unter anderem zwei Fledermäuse, drei Kröten, ein Frettchen, einen Tukan, ein Mäusepaar und zwölf Kaninchen. Die waren nicht gerade gut erzogen. Das Frettchen machte auf den Teppich. Genau wie die Kröten. Und die Fledermäuse flogen allen in die Haare. Es war also nicht weit hergeholt, die Kaninchen für Norys Chaos verantwortlich zu machen.

Trotzdem hatte Nory ein schlechtes Gewissen. Die Kaninchen sollten keinen Ärger für ihren Fehler bekommen. Genauso wenig wie Dalia. Sie knetete ihre Hände. »Meinst du nicht, wir sollten Vater erzählen, was wirklich passiert ist?«

»Nein«, sagte Laurence. »Wir wollen nicht, dass er sauer auf dich ist. Nicht einen Tag vor dem Großen Test.«

Nory senkte den Kopf. Vielleicht hatte Laurence recht.

Manchmal war eine Lüge ungefährlicher als die Wahrheit.

Bis zu den Sommerferien hatte Nory die Grundschule besucht, wie alle Kinder in ihrem Alter. Nory war in der Woodydale-Grundschule gewesen. Sie ging von der ersten bis zur vierten Klasse, wie alle Grundschulen.

Nory hatte Lesen und Schreiben, Mathe, Sport, Kunst, Musik und Sachkunde gehabt. Magieunterricht hatte sie nicht gehabt, denn die magischen Kräfte entwickelten sich erst im Alter von ungefähr zehn Jahren. Wenn man zehn war und bereit für die fünfte Klasse, wechselte man an eine andere Schule. Dort musste man immer noch lesen und rechnen und Basketball spielen, aber man übte auch Magie. Welche Art von Magie man übte, hing von den jeweiligen Fähigkeiten ab.

Manche Kinder waren Fackler – sie hatten Feuerkräfte, wie Laurence.

Manche waren Flauscher – sie hatten Tierkräfte, wie Dalia.

Andere waren Flirrer oder Flieger oder Fluxer. Nory war ein Fluxer, aber kein normaler Fluxer.

Ihre Magie war ungewöhnlich stark. Anders als die meisten Fluxer konnte sie sich in viele verschiedene Tiere verwandeln. Trotzdem versteckte sie ihre Magie vor ihrem Vater, weil sie immer Murks machte.

Wenn Nory zum Beispiel ein ganz normales Stinktier war, schwoll sie plötzlich auf die Größe eines Elefanten an. Und ihr wuchs ein Rüssel.

Oder sie war ein ganz normaler Hund, und plötzlich wuchsen ihr Tintenfischbeine.

Nory wusste, dass ein Hund mit Tintenfischbeinen ihrem Vater nicht gefallen würde. Überhaupt nicht.

Außerdem verlor Menschen-Nory bei beinahe jeder Verwandlung die Kontrolle und richtete am Ende ein riesiges Schlamassel an. Stinkefanten-Nory hatte bei ihrer gierigen Suche nach Erdnüssen die ganze Küche vollgestunken. Danach hatten sie alles mit Bleiche abschrubben und ihren Vater überzeugen müssen, dass ein paar echte Stinktiere durch das Küchenfenster hereingeschlüpft waren. Tintenhund-Nory hatte Dalias Schuhe zerbissen und Laurence mit ekliger Tintenfischtinte bespritzt. Laurence hatte später behauptet, sein Füller sei explodiert.

Selbst die schwarze Katze war schon auf vier verschiedene Arten schiefgelaufen. Am unheimlichsten war es gewesen, als Nory eine Spur Drache beigemischt und das Sofa in Brand gesteckt hatte. Laurence hatte die Schuld auf sich genommen und ihrem Vater erzählt, er habe ein Fackler-Schulprojekt vermasselt. Ihr Vater hatte ein neues Sofa gekauft, und Laurence musste einen Teil davon von seinem Taschengeld bezahlen, aber Nory fragte sich, ob ihr Vater ihnen diese Geschichte wirklich geglaubt hatte. Laurence bekam in Fackelkunde nur die besten Noten. Ein solcher Fehler wäre ihm nie passiert.

Ihr Vater wusste bestimmt, dass Norys Magie außer Kontrolle war.

Er wollte bloß nicht darüber reden.

Er wollte über viele Dinge nicht reden.

 

Als ihr Vater an diesem Abend aus der Genie-Akademie nach Hause kam, erzählte Laurence ihm von dem Schaden. Sofort marschierte er in sein Büro, um es sich selbst anzusehen. Laurence, Dalia und Nory folgten ihm.

»Dalia«, sagte er, während er stirnrunzelnd die Kratzer an seinem Schreibtisch betrachtete, »du musst diese Kaninchen in den Griff bekommen. Sie brauchen Disziplin. Disziplin und ein besseres Schloss an ihrem Stall. Kümmere dich darum, ja?«

»Ja, Vater«, antwortete Dalia und funkelte Nory wütend an.

Ihr Vater zögerte. »Gut. Danke, Laurence, dass du den Schreiner angerufen und neue Bücher bestellt hast.«

Laurence nickte. Ihr Vater schaute Nory an. Einen Augenblick lang dachte sie, er wolle etwas sagen.

Vielleicht würde er sie fragen, was wirklich passiert sei.

Vielleicht würde er ihr seine Hilfe anbieten.

Stattdessen ballte er dreimal die Fäuste und löste sie wieder. Das gesamte verunstaltete Büro um sie herum verschwand.

Alle Flirrer konnten Dinge unsichtbar machen, aber nur sehr mächtige Flirrer konnten ein ganzes Zimmer verschwinden lassen, während noch jemand darin stand. Selbst die Kanten waren glatt und ordentlich. Die Familie Horace schien über dem Esszimmer zu schweben.

»Geht nach unten, Kinder«, sagte ihr Vater. »Ich möchte für den Rest des Abends nicht gestört werden.«

Dann verschwand er selbst, und das Gespräch war beendet.

Am nächsten Morgen ging Dr. Horace früher zur Arbeit.

Nory frühstückte mit Dalia, Laurence und ein paar von Dalias Kaninchen.

»Willst du dein Ei hart- oder weichgekocht?«, fragte Laurence. Er nahm ein rohes Ei aus dem Kühlschrank.

»Weich, bitte«, sagte Nory.

Laurence kochte ihr Ei wie alle Fackler, indem er es so lange in den Händen erhitzte, bis es fertig war. Anschließend ließ er Flammen aus den Fingerspitzen schießen und röstete eine Scheibe Toast. Als er Nory ihr Frühstück reichte, sagte er: »Iss! Du brauchst heute Energie. Bereit für den Großen Test?«

Nory nickte. Dann schüttelte sie den Kopf. Dann knabberte sie an ihrem Toast.

»Mach einfach genau das, was die Lehrer verlangen«, riet Laurence. »Nicht mehr und nicht weniger. Und keine Murks-Magie!«

»Okay«, sagte Nory. Sie versuchte zu schlucken, aber die Toastkrümel blieben ihr im Hals stecken.

»Die wollen, dass man berechenbar ist.«

»Ich weiß.«

»Und genau.«

»Ich weiß.«

»Also sieh zu, dass auch die Details stimmen, bis zu den Schnurrhaaren.«

»Okay.«

»Behalt den Tierkörper unter Kontrolle.«

»Okay.«

»Mach dir einen Zopf, schön fest! Und die Hose da kannst du nicht anziehen.«

Nory schaute an sich hinunter. »Aber das ist meine lila Glücksjeans!«

Laurence schüttelte den Kopf. »Zieh das Kleid mit dem hübschen Kragen an.«

Nory stand auf.

»Nicht jetzt! Nach dem Frühstück.«

Nory setzte sich wieder hin, und Laurence gab ihr noch mehr Anweisungen. Dalia machte mit. Die beiden redeten auf sie ein, während sie versuchte zu essen. Sie redeten auf sie ein, während sie sich in ihrem Zimmer umzog. Sie redeten auf sie ein, während sie zur Akademie liefen, die zehn Minuten von ihrem Haus entfernt lag.

Sie begleiteten sie durch das Schultor und blieben stehen. Laurence legte die Hände auf Norys Schultern. »Egal, was passiert, egal, in was du dich verwandelst, du darfst nicht an irgendwas lecken.«

»Oder irgendwas essen«, sagte Dalia.

Laurence umarmte Nory. »Gib einfach dein Bestes.«

»Und besteh den Test«, ergänzte Dalia.

»Nicht, dass wir uns Sorgen machen würden!«, riefen sie im Chor.

Dann waren sie weg. Laurence musste zu seinem Ferienjob, und Dalia hatte Mathenachhilfe.

Nory war allein.

Die Halle für Magie und Präsentation befand sich in einem großen Steingebäude. Vom Dach blickten Wasserspeier auf Nory herunter.

Drinnen sah sie eine lange Schlange Kinder mit ihren Eltern. Sie waren alle für den Großen Test hier.

Mütter strichen Haare glatt, Väter klopften auf Schultern und knöpften Jacken zu.

Norys Kleid kratzte.

Vor ihr stand ein blasses Mädchen mit akkurat gestutztem kurzem Haar. Ihr Gesicht war klein, ihre Hände waren klein, ihre Füße waren klein. Das einzig Große an ihr war ihre Brille. Sie hatte einen schwarzen Rahmen, und die Gläser waren so rund wie Untertassen.

Ihr Vater sprach leise mit ihr. »Streichhölzer kannst du, Lucy. Das wissen wir. Aber lass uns noch mal das Marshmallow wiederholen.«

»Goldbraun sind vier Sekunden, leicht angebrannt sechs«, betete das Mädchen – Lucy – herunter. Ihre Unterlippe zuckte.

»Wenn es nicht durch ist, lassen sie dich nicht auf die Akademie«, warnte ihr Vater. »Zu durch ist noch schlimmer.«

Lucy nickte.

»Vermassel es nicht«, sagte ihr Dad.

Lucys Hände fingen an zu zittern.

Nory hatte Mitleid mit ihr. Sie fand die Tipps von Lucys Vater nicht sonderlich hilfreich. Sie tippte ihr auf die Schulter und lächelte.

»Das ist alles ziemlich unheimlich, oder? Mein Magen fühlt sich an wie ein Riesenknoten.«

Lucy wirbelte herum. »Psst! Merkst du nicht, dass manche hier sich konzentrieren wollen? Ich übe meine Zaubertechniken!«

Nory wurde rot. Sie kaute auf der Innenseite ihrer Wange und wartete.

Die Schlange bewegte sich.

Jetzt waren noch zehn Kinder vor ihr.

Jetzt acht. Jetzt fünf.

Jetzt eins. Lucys Name wurde aufgerufen, und pure Panik breitete sich auf ihrem Gesicht aus.

»Viel Glück«, sagte Nory.

»Psst!«, machte Lucy wieder. Sie straffte die Schultern, schüttelte die Arme ihres Vaters ab und marschierte in die Halle für Magie und Präsentation, um den Großen Test abzulegen.

Stille.

Noch mehr Stille.

Dann lautes verzweifeltes Schluchzen hinter der Tür.

Lucy stürzte aus der Halle, rannte den langen Gang entlang und durch die schwere Eingangstür des Gebäudes.

»Lucy?«, rief ihr Vater und stürmte ihr hinterher. »Lucy!«

Lucys Heulen klang gespenstisch.

Nory schauderte.

Sie war an der Reihe.