Die Schweiz für die Hosentasche - Martin Walker - E-Book
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Die Schweiz für die Hosentasche E-Book

Martin Walker

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Beschreibung

Das kleinste Buch über die großartige Schweiz! Wie tief ist der Röstigraben und wo liegt er? Was versteckt sich hinter Schwingen, Hornussen und Jassen? Was ist ein Brocki? Warum heißt »Mensch ärgere dich nicht« in der Schweiz »Eile mit Weile«? Haben die Schweizer Humor und wenn ja, welchen?

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Seitenzahl: 187

Veröffentlichungsjahr: 2014

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Martin Walker | Anica Jonas

Die Schweiz für die Hosentasche

Was Reiseführer verschweigen

 

 

Über dieses Buch

 

 

Grüezi!

Fakten und Fundstücke, die Sie schon immer über die Schweizer wissen wollten

 

 

Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de

Biografie

 

 

Martin Walker, Journalist, Verleger, Autor und Urner, lebt in Zürich. Auch als Schweizer versteht er sein Land und seine Landsleute nicht immer.

 

Anica Jonas, vor sechs Jahren aus Deutschland in die Schweiz gezogen, lebt sehr gerne in Zürich, wundert sich aber noch täglich über die Schweiz. Die Germanistin ist in der Verlagsbranche tätig.

 

Weitere Informationen, auch zu E-Book-Ausgaben, finden Sie bei www.fischerverlage.de

Impressum

 

 

Erschienen bei FISCHER Taschenbuch

Frankfurt am Main, April 2014

 

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2014

Covergestaltung und -abbildung: bilekjaeger, Stuttgart

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-10-402958-0

 

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Hinweise des Verlags

 

 

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Inhalt

Vorwort

Gesellschaft

Eile mit Weile

Die Schweiz in Zitaten

Alle Schweizer sind viersprachig, fließend

Prozentuale Verteilung der von Personen schweizerischer Nationalität gesprochenen Hauptsprachen, 1950–2000

Anteil der 15 häufigsten Nichtlandessprachen in der Wohnbevölkerung (in % und absolut), 2000

Sprachliche Minderheiten

Einführung in das Schweizerdeutsche

Diese 15 Vokabeln müssen Sie verstehen

Bei diesen zehn gängigen Beleidigungen müssen Sie aufpassen, die Heftigkeit nimmt nach unten ab

Die niedlichsten Ausdrücke

15 gängige Helvetismen

Ausländer in der Schweiz

Auslandsschweizer

Schweiz und Deutschland

Zehn Dinge, die Schweizer an den Deutschen nicht mögen

Zwei Dinge, die Schweizer an Deutschen mögen

Zehn Dinge, die Deutsche an der Schweiz mögen

Zehn Dinge, die Deutsche an der Schweiz nicht mögen

Die ordentliche Schweiz

Die Schweiz glaubt. Nur, an was?

Die Schweiz lacht

Schweizer Humoristen

Schweizer Witze

Schweizer Promis

Titelseiten der Schweizer Illustrierten mit ihren Covergirls und -boys (Januar bis Juli 2013, in umgekehrter Reihenfolge)

Royale Schweiz

Schwingerkönige und -königinnen

König Kraska

Thurgauer Apfelkönigin

Kuhkönigin

Braunviehkönigin

Les Reines Prochaines

Virtuelle Schweizer

Heidi

Globi

Knorrli

Betty Bossi

Papa Moll

Chaschperli

Wilhelm Tell

Berühmte Schweizer Auswanderer

Berühmtheiten mit Schweizer Wurzeln

Die häufigsten Babynamen in der Schweiz 2012

Deutschschweiz

Suisse romande

Svizzera italiana

Svizra rumantscha

Wer in der Schweiz begraben ist

Einträge im Guinnessbuch der Weltrekorde

Größtes Taschenmesser

Seillaufen

Längste gefahrene Reise im selben Fahrzeug

Längster Flug mit einem solarbetriebenen Flugzeug

Größtes Alphornorchester

Politik

Zum Gähnen spannend

Politische und kirchliche Spitze der Schweiz

Die wichtigsten Parteien der Schweiz

Die Bundesräte ab dem Jahr 2000

Abgewählte Bundesräte

Die längsten Amtszeiten

2:2:2:1 – Die Zauberformel des Bundesrats

Parteipolitische Zusammensetzung des Nationalrats

Parteipolitische Zusammensetzung des Ständerats

Abstimmungen und Initiativen

Angenommenes und Abgelehntes seit 1900

Die einflussreichsten Politiker

Die Kantone

Heimatort

Landsgemeinde

Die Schweizer Armee

Das Obligatorische

Aus dem Dienstreglement der Schweizerischen Armee (DR 04) vom 22. Juni 1994 (Stand am 1. Juli 2012)

Die zehn wichtigsten politischen Skandale

Der Schweizerpsalm

Der 1. August und das Rütli

Die Schweizer Flagge

Die wichtigsten Schlachten der Schweiz

Die Schweiz und Europa

Liste der Institutionen, mit denen die Schweiz ein Abkommen über Vorrechte, Immunität und Erleichterungen abgeschlossen hat

Wirtschaft

Reiche Schweiz

Die Firmen des Swiss-Market-Indexes

Schweizer Franken

Das Bankgeheimnis

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) vom 8. November 1934 (Stand am 1. Januar 2013)

Prominente Kontoinhaber in der Schweiz (vermutet oder bestätigt)

Das Banker-Rating 2012

Schweizer Banken und Verbrechen in der Literatur

… und dasselbe im Film

Import, Export 2011 in Millionen Franken

Werbung mit der Schweiz

Die wertvollsten Schweizer Marken

Marken, die zu Nestlé gehören – eine Auswahl

Weitere bekannte Schweizer Marken

Wofür der Schweizer sein Geld ausgibt

Die 20 Reichsten in der Schweiz 2012 (und ihr Vermögen in Millionen Franken)

Wer hat’s erfunden?

Tourismus

Einnahmen von ausländischen Gästen in der Schweiz

Die Chinesen kommen

Die beliebtesten Ziele in der Schweiz

Die zehn häufigsten Mitbringsel aus der Schweiz

Vom Zoll sichergestellte Betäubungsmittel 2012

Substanz in kg

In die Schweiz geschmuggelte Lebensmittel 2012 (in Tonnen)

Migros und Coop

Das Brockenhaus

Land der Kühe

Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe

Es werde Käse

Die Mietkuh

Was eine Uhr zu Swiss made macht

Die Schokoladenseite der Schweiz

Verkäufe der schweizerischen Schokoladenindustrie (in Tonnen)

Eine Tafel Milchschokolade von 100 g enthält im Durchschnitt

Medienlandschaft Schweiz

Die auflagenstärksten deutschsprachigen Tageszeitungen 2012 (Kaufzeitungen, Anzahl der Exemplare)

Deutschsprachige Wochen- und Monatstitel (Anzahl der Exemplare)

Wer wem gehört

Geographie und Verkehr

Viel Berg um nichts

Die Geographie der Schweiz

660158/183641, Älggialp, Sachseln, OW

Lustige Gemeinde- und Ortsnamen

Exklaven von Kantonen

Die höchsten Berge

Klima

Muotathaler Wetterfrösche

Klimapolitik

Wasserschloss Schweiz

Die längsten Flüsse

Die größten Seen

Grande Dixence

Seeschiffe unter Schweizer Flagge

Namen der Hochseeschiffe

Jahresmobilität 2010

Langsame Berner

Streckennetz 2010

Fahrzeuge

Luftfahrzeuge

Wasserfahrzeuge

Dank Tunnel zum Strand

Hängebrücken

Geologie

Die Schweizerischen Bundesbahnen

Bahnunternehmen im Vergleich 2010

Die Bahnhofsuhr

Verkehrsschilder

Dampfeisenbahnen in der Schweiz

Seilbahnrekorde

Seilbahnen im Kanton Uri

Tüütääto, Postauto!

PostAuto 2012

Das Velo

Fußgänger

Kultur und Sport

Kultur – doch, doch, die gibt es

Kulturell aktiv?

Die Schweiz liest

Diese Bücher von Schweizer Autoren müssen Sie gelesen haben

Sagenhaft – die Basics

Teufelsbrücke

Urnerboden

Pilatus

Sennentuntschi

Filmreife Schweiz

Pro Jahr vorgeführte Filme und Erstaufführungen nach Herkunftsländern

Die wichtigsten Regisseure und ihre Filme

Mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnete Schauspielerinnen und Schauspieler

Die schönsten Kinonamen der Schweiz

Die wichtigsten zeitgenössischen Schweizer Künstler

Die wichtigsten Kunstmuseen

Fünf originelle Museen der Schweiz

Architektur

Die zehn höchsten Wohn- und Bürohäuser der Schweiz

Hier kann jeder mitsingen

Eurovision Song Contest – Resultate der Schweiz

Publikumsgeschmack – Gold und Platin

Sport

Sportler und Sportlerinnen des Jahres

Schwingen

Porträt des amtierenden Schwingerkönigs

Hornussen

Hornusser Schweizermeisterschaft 2013, Schlussrangliste NLA

Steinstoßen

Schweizerrekorde aller 11 Kategorien im Steinstoßen

Der Unspunnenstein

Fahnenschwingen

Jassen

Fußball

Die Schweizer Fußballnationalmannschaft

Rekordspieler

Rekordschützen

Heimfarben der Nationalliga-A-Clubs

Fortschrittlicher Schweizerischer Fußball Verband: Die alternative Liga

Die Mannschaften heute

Frauen

Brauchtum

Kulinarisches

So isst die Schweiz

Fondue

Raclette

Rööschti

Berühmte Schweizer Gerichte

Kantonale Spezialitäten

Schweizer Käse von extrahart bis weich

Geschützte Ursprungsbezeichnungen

Bier

Schweizer Biermarkt in Zahlen (2012)

Zehn Arten, in der Schweiz ein Bier zu bestellen

Zum Weinen

Die zehn besten Schweizer Weine

Weinverbrauch 2011

Die grüne Fee

Nahrungsmittelverbrauch

Der Schweizer isst pro Kopf und Jahr in Kilogramm

Kultprodukte

Aromat

Vermicelles

Rivella

Bündnerfleisch

Cola-Fröschli

Ricola

Schweizer Sterneköche

Schweizer Fernseh- und Radioköche

Kosten für auswärts essen und trinken

Der nationale Speisezettel

Das sind die meistkonsumierten Speisen 2012

Der nationale Getränkezettel

Die meistkonsumierten Getränke 2012

Angebote von Restaurants, Hotels und Take-aways

Die größten Gastronomiebetriebe

Die beliebtesten Namen für Restaurants

Kulinarischer Sprachführer

Das Wetterschmöcker-Menü im Gasthaus zum Weißen Kreuz in Seewen

Metzgete – Schnörrli, Öhrli, Schwänzli

Macht Schokolade schlau

Kaviar aus der Schweiz

Das fehlt noch

Letzte Fragen

Quellen und Literaturhinweise

Gesellschaft

Politik

Wirtschaft

Geographie

Kultur

Kulinarisches

Literaturhinweise

Vorwort

Man muss sie mögen, die Schweizer. Auch wenn sie es einem nicht auf Anhieb leichtmachen. Im Grunde genommen sind sie aber harmlos und umgänglich – wenn man im Umgang mit ihnen um ein paar Marotten weiß. Die Schweiz für die Hosentasche hilft zu verstehen, wie der Schweizer tickt, gibt zuverlässige Tipps für die richtige Ansprache und enthüllt Wissenswertes über die Schweiz und ihre Bewohner. Dass sich in der Fülle der Statistiken und Listen neben viel Nützlichem auch viel Überraschendes findet, versteht sich von selbst.

Dass die deutschsprachige Schweiz und damit das Verhältnis zu Deutschland ein wenig mehr im Fokus dieses Bändchens steht, möge man verzeihen. Und um gleich mit einem Vorurteil aufzuräumen: Schweizer mögen Deutsche. Wie sonst wäre es zu erklären, dass proportional zur Bevölkerung viel mehr Schweizer in Deutschland leben als Deutsche in der Schweiz?

Wir sagen Ihnen, wie die Begegnung erfolgreich verlaufen kann und wie Sie die größten Fettnäpfchen rechtzeitig erkennen können, wir klären Sie auf über Dos and Don’ts in der Confoederatio Helvetica.

Wenn auf den folgenden Seiten vom »Schweizer« die Rede ist, ist die Schweizerin natürlich immer mitgemeint, auch wenn sie heute selber wählen und abstimmen darf.

 

Anica Jonas und Martin Walker

Im Oktober 2013

Gesellschaft

Eile mit Weile

Eine kleine Mentalitätsgeschichte der Schweiz

In der Schweiz ist alles ein bisschen gemächlicher, höflicher und rücksichtsvoller. Was nicht bedeutet, dass es langsamer, freundlicher oder nachsichtiger zu- und hergeht. Das Spiel, das in Deutschland »Mensch ärgere dich nicht« heißt, wird in der Schweiz »Eile mit Weile« genannt – und es gibt sogar noch »Bänkli«, Bänke, auf denen man »sicher« ist. Ob die Bänkli im Zuge des Gerangels um das Bankgeheimnis Bestand haben, wird sich zeigen müssen. Aber das Ziel des Spieles ist dasselbe: gewinnen. In der Schweiz lässt man sich dazu einfach ein bisschen mehr Zeit. Ja, man sieht die Schweiz sogar als Bank an sich, die man allerdings auch mal verlassen muss, will man ans Ziel gelangen.

 

Das hat verschiedene Gründe, einer ist die Tatsache, dass die Schweiz eine Willensnation ist. Sosehr der Appenzeller Appenzeller oder der Urner Urner ist, der Jurassier Jurassier und der Tessiner Tessiner, sosehr ist jeder doch auch Schweizer und glaubt an dieses seltsame Konstrukt, das sich geschickt durch alle politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Fährnisse manövriert, das versucht, keinem auf die Füße zu treten (das nennt sich Neutralität), sich aber trotzdem einen eigenen Weg sichern will (das resultiert in bilateralen Verträgen). Die Politik der Schweiz ist eine Konsenspolitik, innen- wie außenpolitisch. Der Schweizer ist der Meinung, dass er – auch wenn »die da oben« in Bern natürlich machen, was sie wollen – tatsächlich die Macht hat im Staat. Das traut er sich auch zu, indem er etwa über höchst komplexe Vorlagen abstimmt – mit zum Teil erstaunlichen Resultaten, die von verblüffendem politischem Sachverstand zeugen. Es wird auch vermutet, dass die Schweizer wahrscheinlich die einzige Nation sind, die mehr Ferien für alle großmehrheitlich abgelehnt haben. Ebenso gehört auch dazu, dass es sieben Bundesräte gibt, was keine Oppositionspolitik zulässt, und der Föderalismus – eben die Urner, Appenzeller, Jurassier oder Tessiner – hochgehalten wird. Das ist der »Kantönligeist«, der unter anderem auch den Steuerwettbewerb befeuert, der mit dem interkantonalen Finanzausgleich wieder ausbalanciert wird.

 

Der Umgang mit Schweizern ist einfach. Ein paar Regeln gilt es zu beachten: Nicht zu forsch! Selbst in Restaurants und Geschäften sagt der Schweizer »Ich hätte gerne dies und das«, »Dürfte ich noch dies und das« – und bedankt sich danach sogar dafür, dass er bezahlen darf. Und beim Rausgehen »en Schöne« nicht vergessen, einen schönen Tag dann noch. Der Schweizer hat wenig Verständnis für Kritik an diesen Umgangsformen. »Dann bleib’ doch zu Hause, wenn’s dir hier nicht passt.« Wie gesagt, das Ziel ist dasselbe, nur der Ton dahinter ein anderer.

 

Apropos Ton: Der Schweizer zählt sich zum deutschen, französischen beziehungsweise italienischen Sprachraum – welchem sich die Rätoromanen zugehörig fühlen, ist unklar. Mit den dialektalen Unterschieden natürlich, die es zwischen Schweizerdeutsch und Hochdeutsch, zwischen dem »Français Fédéral« und dem Französisch der Franzosen gibt. Was das Schweizerdeutsche betrifft: Nicht darüber lustig machen. Ein angehängtes -li macht noch keine Mundart, besonders allergisch sind die Reaktionen auf »Fränkli«, ein Wort, das hier keiner benutzt, auch in der Schweiz geht es um Kohle und »Stutz« – und wenn jemand gerade kein »Münz« hat, so meint er einen Betrag mit mehreren Nullen vor dem Komma.

Die Schweiz war ein klassisches Auswandererland, das Jammern auf hohem Niveau ist eine Folge des wirtschaftlichen Aufschwungs des letzten Jahrhunderts. Heute ist die Schweiz ein Einwanderungsland, was reaktionäre politische Kreise natürlich verhindern wollen. Man darf hoffen, dass sie sich nicht durchsetzen. Gräbt man ein bisschen tiefer in den Familiengeschichten, muss man oft nur wenige Generationen zurückgehen, um ausländische Wurzeln zu finden. Die Schweizer Fußballnationalmannschaft – »Nati« – erreicht nur deshalb ein gewisses Niveau, weil sie zu großen Teilen aus Spielern mit Migrationshintergrund besteht.

 

Der Schweizer ist selbstbewusst, manchmal auch aus Trotz und genährt von einem pathologischen Minderwertigkeitsgefühl, selten nachtragend. Er kann auch selbstironisch sein, aber das darf nur er. Fortschrittlich ist er ebenfalls, obwohl »Swissness« in den letzten Jahren einen ungewöhnlichen Boom erlebte, was man auch als Backlash bezeichnen könnte, und in einer Folklore mündete, die etwa bewirkte, dass der Nationalsport Schwingen plötzlich wieder für breite, auch jüngere Massen interessant wurde – sicher als Zuschauer, aber auch als Jödeler und Bödeler. Dass die Schweiz Wilhelm Tell den Dänen verdankt und einem Deutschen, der daraus ein taugliches Stück gemacht hat, gehört zum kollektiven Passivwissen.

Die Schweiz in Zitaten

»Das Land, in dem die Ausnahme die Regel ist.«

Manfred Rommel (1928–2013), deutscher Politiker, 1974–96 Oberbürgermeister Stuttgart

 

»Wo sich Fuchs und Nerz gute Nacht sagen.«

Friedrich Küppersbusch (*1961), deutscher Journalist und TV-Moderator

 

»In der Schweiz ist übrigens alles schöner und besser.«

Adolf Muschg (*1934), Schweizer Literaturwissenschaftler und Schriftsteller

 

»Wenn Sie einen Schweizer Bankier aus dem Fenster springen sehen, springen Sie hinterher. Es gibt bestimmt etwas zu verdienen.«

Voltaire (1694–1778), französischer Philosoph und Schriftsteller

 

»Als Schweizer geboren zu werden, ist ein großes Glück. Es ist auch schön, als Schweizer zu sterben. Aber was tut man dazwischen?«

Alexander Roda Roda (1872–1945), Schriftsteller und Kabarettist

 

»Auch mir fällt es schwer, einen möglichen Untergang der Schweiz nicht als Weltuntergang zu sehen. Nur die Vernunft macht mich darauf aufmerksam, dass die Welt größer ist.«

Peter Bichsel (*1935), Schweizer Schriftsteller

 

»Die Schweizer sind unheimlich schlagfertig, wenn man ihnen genug Zeit dafür lässt.«

Markus M. Ronner (*1938), Schweizer Theologe, Publizist und Journalist

 

»Jeder Schweizer trägt seine Gletscher in sich.«

André Gide (1869–1951), französischer Schriftsteller und Nobelpreisträger

 

»La Suisse n’ existe pas!«

Ben Vautier (*1935), Künstler

 

»La Suisse existe!«

Adolf Ogi (*1942), Schweizer Politiker und Altbundesrat

 

»Wäre die Schweiz flach wie ein Pfannkuchen, wäre sie größer als Preußen.«

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), deutscher Dichter

 

»Wilhelm Tell ist noch immer der einzige Schweizer, den die ganze Welt kennt.«

Friedrich Dürrenmatt (1921–1990), Schweizer Schriftsteller, Dramatiker und Maler

 

»Sie beschäftigen sich in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit mit Kühemelken, Käsemachen, Keuschheit und Jodeln.«

Friedrich Engels (1820–1895), deutscher Philosoph

 

»Im Ausland werden Sie gefragt: Haben Sie gut geschlafen? – In der Schweiz: Haben Sie etwas aus der Mini-Bar gehabt?«

Kaspar Villiger (*1941), Schweizer Unternehmer und Politiker

 

»Es gibt Ausländer, die ein Deutsch ohne jeglichen Akzent sprechen; das sind Glücksfälle. Und dann gibt es Ausländer, die einen Akzent ohne jegliches Deutsch sprechen; das sind Schweizer.«

Raymond Broger (1916–1980), Schweizer Politiker und Landamtmann von Appenzell Innerrhoden

Alle Schweizer sind viersprachig, fließend

Die Schweiz hat vier Landessprachen – Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch (erst seit 1938) – und drei Amtssprachen, zu denen Rätoromanisch nur im Verkehr mit Rätoromanen dazukommt. Dabei bilden die Rätoromanen die mit Abstand kleinste Sprachgruppe, die sich in mehrere Dialekte aufsplittet. Rätoromanisch sprechen Skilehrer, wenn sie von ihren unsicher auf zwei Latten schlotternden, dafür umso teurer eingekleideten Anfängern nicht verstanden werden wollen. (Die Skischüler unter sich sprechen Russisch.) Rätoromanisch lernen Zürcher, die nach Graubünden ziehen – die sogenannten Züzis – und sich damit dauerhaft jede Integration in die dörfliche Bergwelt verbauen. Die Bündner heißen in der Restschweiz nicht umsonst »Steinbock-Tschinggen« (Tschingg = Schimpfwort für Italiener), und das ist noch eine freundliche Bezeichnung.

Die Mehrheit der Schweizer spricht Deutsch, Schweizerdeutsch, wobei sich auch dies in unzählige, mehr oder weniger beliebte Dialekte aufteilt. Beliebt ist Berndeutsch, Bündnerdeutsch (nicht zu verwechseln mit Rätoromanisch). Darüber hinaus gibt es auch noch das schwer verständliche Walliserdeutsch und die Sprachen der Innerschweiz, die man jedoch selten hört. Verhasst sind alle Ostschweizer Dialekte, die Zürcher bekommen Ohrensausen, wenn sie einem Basler zuhören, Basler hören Zürchern prinzipiell nicht zu. Die sogenannte Mundart wird auch geschrieben, durchaus mit literarischem Erfolg, hauptsächlich aber in SMS von Jugendlichen. Auch Mundartlieder haben großen Erfolg. Hier ist Berndeutsch klar die leading language.

Die Schriftsprache ist Hochdeutsch, leicht dialektal eingefärbt. Die meisten Deutschschweizer können kein Hochdeutsch sprechen, obwohl sie reflexartig im Gespräch mit Deutschen in diese Sprache wechseln. (Dieser Reflex ist jedoch als Folge der in Massen einwandernden Deutschen am Abflauen.) Am schlechtesten Hochdeutsch sprechen Parlamentarier und Bundesräte. Deutsche, die Mundart sprechen, mag man nicht. Das offizielle Schweizerdeutsche Wörterbuch heißt Idiotikon.

Im Ausland gibt sich der Schweizer gern polyglott, mit einer Ausnahme: Hören Herr und Frau Schweizer im Urlaub Schweizerdeutsch, werden sie sich nur noch in Zeichensprache unterhalten und schnellstmöglich auf den sicheren Hotelbalkon flüchten. Man will in den Ferien ja nicht ständig unter Seinesgleichen sein.

Im Tessin wird Italienisch gesprochen. Die Situation ist ähnlich der des Rätoromanischen, mit dem Unterschied, dass die Zuzüger nicht mal mehr Italienisch lernen, alle Tessiner sowieso in Zürich studiert haben, es sonst aber kaum mehr zu hören ist. Das Tessin ist so schön, da kann man nicht mal mehr über das Wetter sprechen. Eine Ausnahme gibt es auch hier: Es gibt Fernseh- und Radioprogramme in Italienisch.

Bleibt das Französisch, das als Français Fédéral ein ähnliches Verhältnis zum Französisch der Franzosen pflegt, wie das schweizerische Hochdeutsch zur deutschen Schriftsprache, aber immerhin Teil der Francophonie ist. Deutschschweizer und Westschweizer sprechen miteinander bevorzugt Englisch. In Institutionen gilt die Regel, dass jeder seine Muttersprache spricht und hofft, die anderen mögen das verstehen oder zumindest so tun als ob.

Im Umgang mit den zugewanderten Menschen aus anderen Sprachräumen setzt ein ähnlicher Reflex wie gegenüber Deutschen ein. Der Schweizer spricht spontan ein absolut fehlerfreies Rudimentärdeutsch, bei dem die Verben nicht konjugiert werden, auch wenn das Gegenüber zwar ursprünglich aus Sri Lanka kommt, aber seit zwanzig Jahren in der Schweiz arbeitet – vornehmlich in der Küche beim Röstizubereiten.

Die vier Landessprachen sind unter Druck. Während gerade mal 35000 Personen Rätoromanisch als Hauptsprache angeben, sind es über 100000, die Serbisch bzw. Kroatisch sprechen (darunter bestimmt auch welche, die sich in Zürich erfolgreich eine Existenz aufgebaut haben und nun im Unterengadin Rätoromanischkurse belegen). Englisch ist im Vormarsch.

Kein anständiges Schweizer Unternehmen hat es in den vergangenen Jahren versäumt, sich einen englischen Namen zuzulegen. Dieser Trend ist allerdings teilweise wieder rückläufig. Der Flughafen in Zürich etwa heißt wieder Flughafen Zürich, nachdem die Bezeichnung Unique bis 2009 zu mehreren riskanten Flugmanövern geführt hat, aus Angst, man habe sich versehentlich nach Bayern verflogen. Die Verirrungen gab es auch in der helvetischen Variante: Idée Suisse heißt nun wieder Schweizer Radio und Fernsehen.

Prozentuale Verteilung der von Personen schweizerischer Nationalität gesprochenen Hauptsprachen, 1950–2000

Deutsch

74,2

74,4

74,5

73,5

73,4

72,5

Französisch

20,6

20,2

20,1

20,1

20,5

21,0

Italienisch

4,0

4,1

4,0

4,5

4,1

4,3

Rätoromanisch

1,1

1,0

1,0

0,9

0,7

0,6

Nichtlandessprachen

0,2

0,3

0,4

1,0

1,3

1,6

Anteil der 15 häufigsten Nichtlandessprachen in der Wohnbevölkerung (in % und absolut), 2000

Serbisch/Kroatisch

1,4

103350

Albanisch

1,3

94937

Portugiesisch

1,2

89527

Spanisch

1,1

77506

Englisch

1,0

73425

Türkisch

0,6

44523

Tamil

0,3

21816

Arabisch

0,2

14345

Niederländisch

0,2

11840

Russisch

0,1

9003

Chinesisch

0,1

8279

Thai

0,1

7569

Kurdisch

0,1

7531

Mazedonisch

0,1

6415

Sprachliche Minderheiten

Der Bund erkennt Rätoromanisch und Italienisch als sprachliche Minderheiten an. Dazu kommen als »nicht territoriale Minderheitensprachen« das Jenische und das Jiddische. Wobei es auch zu innerkantonalen Minderheiten kommen kann, wie etwa beim deutschsprachigen Bosco Gurin im Kanton Tessin.

Einführung in das Schweizerdeutsche

Schweizerdeutsch, das es so nicht gibt, denn jeder Kanton hat seine Eigenheiten, ist ein alemannischer Dialekt. Die Betonung liegt häufig auf der ersten Silbe, so heißt der Bankenplatz an der Zürcher Bahnhofstraße im Dialekt »Pàradeplatz« und nicht »Paràdeplatz«, und auch beim Bellevue liegt der Akzent auf dem Schönen und nicht auf der Sicht. Der Infinitiv wird im Schweizerdeutschen mit dem Hilfsverb »go« gebildet – »Ich gang go velofaare« würde in der integralen Übersetzung heißen »Ich gehe Fahrradfahren gehen«. Es gibt auch den nicht netten Begriff »Gango«, das ist der, den man etwas holen schickt. Ein auffälliges Merkmal ist das Fehlen des Futurs, auch wenn sich die Verwendung von »werden« immer mehr einschleicht. Ob das ein Zeichen der Entwicklung ist und in welche Richtung sie geht, muss dahingestellt bleiben. Ob nun etwas »scho guet chunnt« (gut kommt) oder »scho wird« (schon werden wird), ist ein minimaler Unterschied, der passive Charakter ist beiden Formulierungen inne. Der Schweizer bildet die Zukunft mit Hilfswörtern wie »dann« oder »morgen«. »Morn gaani go poschte« soll heißen »Morgen werde ich einkaufen gehen« und nicht etwa, Neuigkeiten auf Facebook posten. Auch bei der Vergangenheit sind die Möglichkeiten eingeschränkt, es gibt nur das Perfekt. »Ich bin z’ Basel gsi« kann bedeuten »Ich bin in Basel gewesen« oder »Ich war in Basel«. Vom Plusquamperfekt wollen wir gar nicht erst reden.

Diese 15 Vokabeln müssen Sie verstehen

Grüezi (»Grüße Sie«, allgemein verbreitete Begrüßung, das E wird ausgesprochen)