Die Seele braucht mehr als Pflaster - Teresa Zukic - E-Book

Die Seele braucht mehr als Pflaster E-Book

Teresa Zukic

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Beschreibung

Dieses Buch ist wie Schwester Teresa selbst: voller Kraft und Lebensfreude, ohne dabei die dunklen Momente des Lebens zu verschweigen. Kein "Alles wird gut"-Kitsch, sondern ein echter Wegweiser in Krisen und Verzweiflungen und mit der Gewissheit: Gott kann uns heilen. Manchmal sind es nur kleine Worte, die uns wie ein Stich treffen und noch lange schmerzen. Sie können so vieles zerstören, das Selbstwertgefühl ruinieren und tiefe Wunden in unserer Seele hinterlassen. Schwester Teresa kennt solche Momente, denn viele Menschen vertrauen sich ihr an. Sie erklärt, wie Kränkungen durch liebevolle Begegnungen heilen können und wie der Glaube Kraft gibt, nicht nur weiterzuleben, sondern gestärkt aus solchen Situationen hervorzugehen und sie zu überwinden. In kurzen Kapiteln erzählt Schwester Teresa Geschichten von Menschen, denen sie begegnet ist und von ihren eigenen Erfahrungen. Sie erzählt darüber, was Worte anrichten können, bewundert die Einzigartigkeit und Macken der Menschen. Sie denkt nach über die Sehnsucht nach Liebe und darüber, welch unfassbaren Nöte es in einem Menschenleben geben kann. Ab heute kränkt mich keiner mehr – dazu fordert sie uns auf und stellt fest, dass die Zeit alle Wunden heilt, doch leider nicht immer. Wie alle Menschen auf der Welt sich besser verstehen können, darüber schreibt sie ebenso. Sie ist davon überzeugt, das Vergebung gesund macht und warnt uns: Lass Dich nicht erniedrigen! Außerdem stellt sie fest, dass vieles mit Humor leichter geht. Für sie ist klar, dass nur der Heiland heilen kann und ihr Hoffnungswort Jesus Christus ist. So ist ein Feuerwerk an Ermutigungen entstanden, das Schwester Teresa mit besonderen Worten, die sie uns ganz persönlich ans Herzen legt, zum Leuchten bringt. "Was immer unsere Seele krank gemacht hat und mit welcher Kränkung und Verletzung wir innerlich noch zu kämpfen haben: Begnügen wir uns nicht damit, ein billiges Heftpflaster auf unsere Wunde zu kleben. Lassen wir uns von Jesus heilen. Schenken wir selbst heilsame, ermutigende und frohmachende Worte, die Andere beflügeln!"

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Teresa Zukic

Die Seele braucht mehr als Pflaster

Worte, die heilen

Für die Genehmigung zum Abdruck der

Textpassage aus Sr. Teresa Zukic, Liebe Kirche ...

Erfrischende Briefe an den lieben Gott & sein

Bodenpersonal © St. Benno-Verlag GmbH,

Leipzig, ISBN 978-3-7462-3998-9, www.vivat.de,

danken wir dem St. Benno-Verlag.

2. Auflage 2018

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

E-Book-Konvertierung: wunderlichundweigand, Stefan Weigand

Covergestaltung und -foto: wunderlichundweigand, Stefan Weigand

Fotos im Innenteil: © Peter Eichler, www.pedesign.de

ISBN Print 978-3-451-37847-8

ISBN E-Book 978-3-451-81178-4

Für alle meine teuren Freunde.

Für alle, die unter Kränkungen und schwierigen Menschen leiden.

Für alle, die sich mir in Liebe anvertraut und zu diesem Buch inspiriert haben.

Für Gott, den ich bitte, zu heilen was verwundet ist.

Danke

Inhalt

Was Worte anrichten können

Es tut so weh

Einzigartig und mit Macken

Sehnsucht nach Liebe

Schwierige Menschen

Unfassbare Nöte

Ab heute kränkt mich keiner mehr

Die Zeit heilt alle Wunden – doch nicht immer

ABC und es tut nicht mehr so weh – oder wie alle Menschen auf der Welt sich besser verstehen können

Vergebung macht gesund

Lass Dich nicht erniedrigen! Vorsicht vor Narzissten

Konflikte schneller lösen

Mit Humor geht’s leichter

Nur der Heiland kann heilen

„Willst Du gesund werden?“

Heutige Mutmacher

Mein Hoffnungswort ist Jesus Christus

Worte für Dich

Was Worte anrichten können

Ein berührender Moment. Ich hatte gerade die letzten Worte meines Vortrags vor einem Landfrauenverein gesprochen und der Applaus ging los. Nach und nach standen alle – darunter auch ein Mann – auf. Standing Ovations. Meine Worte hatten anscheinend ins Herz getroffen. Eine heitere, frohe Atmosphäre herrschte in der Stadthalle und ich war einfach nur glücklich. Auf die Nachfrage, ob jemand eine Frage habe, kam nichts aus dem Publikum und so lächelte ich zufrieden und wollte von der Bühne.

Doch da winkte der Mann und ich sah, wie einige schon die Augen verdrehten. Später meinte jemand: „Ausgerechnet der!“ Er nahm das Mikro, erwähnte seine Position und sagte, er „hätte mal eine Frage an die Schwester“. Mir war sofort klar: Da kommt was auf mich zu. „Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Vortrag, aber was sagen Sie dazu? Ein Lehrer ist mit seiner Klasse im Landschulheim und spät abends kommt eine Schülerin leicht bekleidet ins Zimmer. Der Lehrer schickt sie sofort in ihren Schlafsaal zurück, aber am nächsten Tag behauptet sie, er habe sich an ihr vergriffen. Er wird suspendiert, seine Frau trennt sich von ihm, niemand glaubt ihm. Er verliert Ansehen und Würde. Es geht durch die Tageszeitungen und der Ruf ist ruiniert. Er zieht vor Gericht und Monate später gesteht die Schülerin, sie hätte sich alles nur ausgedacht. Wie soll man das verzeihen?“ und er nennt noch andere Beispiele in dieser Richtung.

Eine Totenstille in der Halle! Bis auf vereinzeltes Räuspern war nichts mehr zu hören. Die heitere Stimmung war mit einem Moment wie weggeblasen. Ich versuchte zu antworten, dass wir letztendlich keine Antwort auf das Leid haben. Ich sprach davon, dass wir Menschen uns mit der Freiheit, die uns geschenkt wurde, auch für das Böse entscheiden können und ich nicht weiß, was in der Erziehung schiefgelaufen ist, wenn sich jemand dazu entscheidet, bewusst zu lügen um jemandem zu schaden. Ich glaube, dass solche Erfahrungen, wie sie der Lehrer machen musste, ganz schwere Prüfungen im Leben eines Menschen sind und sich in einer solchen Situation erst zeigt, was ein richtiger Freund ist. Wird einem da nicht wieder bewusst, was Worte anrichten können? Müssen wir nicht gerade deshalb umso achtsamer sein, was wir sagen?

Ein beklemmendes Gefühl blieb mir an diesem Abend, denn solche Fragen rufen bei jedem Menschen Unbehagen hervor. Wir leben nicht in einer heilen Welt. Es gibt böse Menschen und das Böse. Es gibt Leid, unaussprechliches Leid. Es gibt Kränkung und Missbrauch, Terror und Angst. Folter, Lüge und Machtmissbrauch. Es gibt bewusstes Mobbing und Sticheleien. Und die Wut- und Hasstiraden im Internet erschrecken uns zutiefst. So vieles ist unheil und manchmal kommt uns die ganze Welt krank vor.

Manchmal tut es aber auch einfach gut, etwas auszusprechen. Die Ungerechtigkeit hinauszuschreien oder sogar laut zu klagen. Über die Motive des Mannes, sein Beispiel so öffentlich zu äußern, weiß ich nichts. Ich glaube er merkte selbst, es würde den Rahmen dieses Abends sprengen, wollten wir ergründen, wozu Menschen alles fähig sind. Aber allen wurde deutlich, welchen Schaden Worte anrichten können. Worte sind fähig, Menschen zu zerstören. Sie können andere ins Unglück stürzen, sie können tief verletzen und krank machen. Sie können alle Lebensfreude nehmen und lähmen.

Und gerade deshalb brauchen wir herzallerliebste Menschen, die fähig sind, mit ihren Worten zu heilen. Fähig, das richtige Wort im richtigen Moment zu sagen. Wir brauchen eine Flut von heilsamen, zärtlichen, aufbauenden Worten um Anderen Mut zu machen. Sanfte, ermutigende, befreiende, frohmachende, umarmende Worte, die Menschen wieder beflügeln. Lasst uns diese Worte suchen und der Welt schenken.

Eure Schwester Teresa

Es tut so weh

Sich an einem Blatt Papier zu schneiden, tut höllisch weh. Ein Schnitt, der nur 0,1 Millimeter tief ist, verursacht Schmerzen, als hätte man sich mit einem scharfen Messer tief in den Finger geschnitten. Der Schnitt durchdringt nur unsere oberste Hautschicht, aber unsere Hände haben unzählige Nervenfasern. Da die Wunde nicht so tief ist, fängt sie auch nicht an zu bluten. Also ist sie der freien Luft ausgesetzt, kann keine Kruste zum Schutz entwickeln, der natürliche Schutzmechanismus wirkt nicht und unser Körper ist irritiert. Ein Pflaster hilft dann auch nicht sehr viel. Der Schmerz plagt uns noch lange und wir müssen ihn durchstehen. So einen kleinen Schnitt ziehen wir uns so schnell zu und er trifft uns völlig unvorbereitet.

Was ist Schmerz? Er begegnet uns täglich und wird medizinisch als ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis definiert, das mit einer Gewebsschädigung verknüpft ist. Überall kann man nachlesen, wie wichtig der Schmerz als Warnsignal ist, mit dem uns unser Körper sagt, dass etwas nicht stimmt. Wir brauchen in den meisten Fällen erst dann einen Arzt, wenn die Schmerzen nicht nachlassen oder wir mit Hausmittelchen nicht weiterkommen. Man rennt ja nicht gerne gleich zum Doktor.

Aber wie ist es mit den Schmerzen, die durch Lüge, Ablehnung, Verunglimpfung, Bösartigkeit oder Gehässigkeit entstehen? Was ist mit den Schmerzen der Seele, wenn man betrogen wird, einem etwas unterstellt wird, was überhaupt nicht stimmt, einen ungerechter Rufmord trifft? Wenn der Partner, der Chef oder Kollegen, Verwandte oder Mitschwestern einem das Gefühl geben, dass man nicht gut genug ist? Wenn man genau merkt, wie hinter dem Rücken alles was man tut oder sagt schlecht gemacht wird und gelästert wird? Was ist mit dem Schmerz, der im Innern pulsiert und der einen nicht von negativen Gedanken loskommen lässt? Wenn die Seele Stück für Stück zerfressen wird von Zweifeln und zermürbenden Gedanken und man sich nicht mehr unter die Menschen traut, weil man glaubt, dass alle gegen einen sind?

Da ich weder Medizinerin noch Psychologin bin, kann ich keine medizinischen Erklärungen oder wissenschaftliche Hilfe anbieten. Mit dem Thema „Verletzungen und Kränkungen“ beschäftige ich mich seit Jahren in meinen Vorträgen und in meinen seelsorgerischen Gesprächen als Religionspädagogin und Gemeindereferentin. Unzählige Menschen vertrauen sich mir in ihren ganz persönlichen Schmerzerfahrungen an, die größtenteils mit einer anderen Person zu tun haben. Ganz oben auf der Bestsellerliste der Nöte stehen Verletzungen und Kränkungen.

Warum fällt es uns nur so schwer, mit anderen zurechtzukommen? Wieso gibt es so viele Missverständnisse und Konflikte in alltäglichen zwischenmenschlichen Beziehungen? Wieso so viel Missgunst, Neid, Verleumdung und „Schlechtmacherei“? Leider ist das, was sich im Kleinen abspielt, auch in der großen Welt zu finden. Ein kleines Wort, schnell gesagt oder getwittert, genügt oft und kann wie ein Stich große Wunden aufreißen. Immer wieder bin ich tief davon erschüttert, was sich hinter manchen Gardinen abspielt. Ich frage mich oft, wie die Menschen nur die Kraft finden, solche Verletzungen jeden Tag zu ertragen. Solche Verletzungen geschehen genauso am Arbeitsplatz, unter Kollegen und leider auch allerorts unter Christen, in Gemeinden. Überall werden Menschen verletzt.

Das lege ich Dir ans Herz:

Ein unbedacht dahergesagtes Wort ist wie ein Schnitt mit dem Papier: schnell geschehen und doch so schmerzhaft.

Wer sieht

den verborgenen

Schmerz?

Wer hört

mein stummes

Schreien?

Wer fühlt

die Angst

meiner Seele?

Wer schmeckt

die Tränen

meiner Ohnmacht?

Wem kann

ich mich

anvertrauen?

Ich glaube:

Nur Dir mein Gott.

Einzigartig und mit Macken

Gerne betone ich die Einzigartigkeit jedes Menschen. Mir ist bewusst, dass ich immer ein Wunder vor mir habe, wenn ich in die Augen eines Menschen schaue. Ja, ein Wunder. Was musste Gott erst alles anstellen, damit unsere Mütter uns im Arm halten konnten! Mal davon abgesehen, vorher noch ein ganzes Universum, eine Milchstraße und eine Erde zu erschaffen! Er musste einen Mann und eine Frau dazu bringen, sich ineinander zu verlieben und am Höhepunkt ihrer Liebe das Leben zu zeugen. Und dann musste er eine Frau dazu bekommen, die Mühsal und den Verzicht auf sich zu nehmen, neun Monate ein Kind im Bauch zu tragen und es unter unvorstellbaren Schmerzen auf die Welt zu bringen. Ein Wunder, das kleine Füßchen und Ärmchen hat und mit seinen Kulleraugen seine Mitmenschen dahinschmelzen ließ!

Es ist wundervoll, ein Baby jeden Tag heranwachsen zu sehen, wie gebannt seinen Schlaf zu beobachten und die atemberaubende Wärme zu spüren, wenn man es auf dem Arm trägt. Man wagt sich nicht einmal mehr zu bewegen, nur um es nicht aufzuwecken – selbst wenn einem schon die Arme einzuschlafen drohen – weil man die Innigkeit dieses Augenblicks nicht zerstören will. Seinen Charakter zu entdecken, sich von seinem Lachen anstecken zu lassen, von seiner Neugierde, seinem Lebensdrang, seine kleine Welt zu erkunden. So viele Glücksmomente gibt es zu erleben und wir werden Zeugen seines erstaunlichen Heranwachsens. Und ab und zu fragen wir uns: Was wird aus diesem Kind werden?

Als ich in diesem Jahr einen Vortrag vor Firmlingen in Südtirol hielt, wurde mir dieser Gedanke plötzlich besonders bewusst. Ich schaute die jungen Geschöpfe an, und es herrschte eine ganz besondere Atmosphäre in diesem kleinen Raum. Hinter den 30 Jugendlichen saßen ihre Eltern. Ich sah allen in die Augen und mich erfasste eine Woge des Staunens: „Ihr seid ein Wunder.“ Ich fand Worte, die ich wohl so noch nie gesagt hatte, um ihre Geburt zu schildern und welches Glück sie für ihre Eltern waren. In den hinteren Reihen sah ich ständiges Kopfnicken, sah Tränen und Lachen. Mich ergriff selber eine solche Ehrfurcht vor jedem einzelnen.

„Ihr seid ein Geschenk für diese Erde. Und natürlich wollen Eure Eltern nur das Allerbeste für Euch. Und das Allerbeste, das wirklich Allerbeste, was Eure Eltern Euch mitgeben möchten, nachdem sie Euch taufen ließen, ist die Chance, den Heiligen Geist zu empfangen. Aber diese Entscheidung trefft Ihr jetzt selbst. Ich lade Euch ein, diesen Heiligen Geist auszuprobieren. Ruft ihn herbei, fordert ihn heraus, lasst Euch von ihm anstecken.“

Vieles habe ich an diesem Abend noch gesagt und wir riefen gemeinsam nach dem Heiligen Geist. Am Ende jubelten sie alle „Jesus lebt“ mit einer solchen Begeisterung, dass ich tief berührt war. Alle diese jungen „Wunder“ sollten nun ihren Weg in die Zukunft gehen, in ihrer Familie, Schule und Gemeinde. Ich hoffe, sie werden eine grandiose Zukunft haben.

Aber auch das gab ich ihnen mit auf den Weg: dass vielleicht nicht alle Träume erfüllt werden, nicht jede oder jeder Karriere machen wird, eine liebevolle Partnerschaft geschenkt bekommt, reich wird oder berühmt, dass sie vielleicht nicht alle das Gymnasium schaffen oder einen super Beruf erlernen können. Vielleicht müssen sie „kleinere Brötchen backen“, vielleicht ein schweres Schicksal überleben, hart arbeiten, ohne viel Geld zu verdienen. Doch das, was einen Menschen glücklich macht, gibt es nicht zu kaufen. Ein zufriedener Mensch zu werden, ist das größte Abenteuer. Und ich wünschte den Firmlingen, dass sie am Ende ihres Lebens sagen können: „Ich war ein Wunder für diese Welt.“

Diese Einzigartigkeit „Mensch“ zu sein und dies zu erleben, ist für mich jeden Tag eine solche Freude und gleichzeitig eine Herausforderung. So unterschiedlich, individuell, so besonders ist jedes Menschenkind. Es kann so freundlich und liebenswürdig sein, so heldenhaft hilfsbereit, witzig und zärtlich. Ich denke an unzählige Freunde, wie herzerfrischend und ansteckend und liebreizend sie sind. Ob kreativ, musikalisch, sportlich, mitfühlend, den Kopf voller Ideen oder mit einer ansteckenden Fröhlichkeit – man kann nicht genug von ihnen haben. Sie machen dein Leben amüsanter, respektieren Dich und verleihen deinem Leben einen ganz besonderen Glanz. Sie freuen sich mit Dir, wenn Du glücklich bist, und genießen mit Dir das Leben. Können mit Dir ausgelassen lachen und alles Schöne und Gute genießen. Sie wagen es, ein wenig verrückt zu erscheinen und lächeln zurück, wenn sie belächelt werden. Ihre Ausdrucksweise hat immer etwas Anerkennendes und sie drücken gerne ihre Dankbarkeit aus. Sie strahlen auch dann Güte aus, wenn sie nichts sagen und Du fühlst Dich wohl in ihrer Umgebung. Ihre Gesten sind einladend und ihre Art zuzuhören ist beeindruckend. Sie sollten wissen, dass sie etwas Außergewöhnliches, Einmaliges und Einzigartiges sind. Und sie sollten sich auch trauen, dieses Kompliment für sich zu akzeptieren und anzunehmen, schließlich denken sie das von jedem anderen Menschen auch. Ihre Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für andere ist gewinnend und sie tun einfach gut.

Doch gleichzeitig hat jeder von uns seine Macken oder Marotten. Wir neigen gerne zum Dramatisieren, haben gewisse Vorlieben, unkontrollierte Gefühlsausbrüche, wechselnde Launen, manche Verrücktheiten und nicht nur liebenswerte Schrullen. Wir haben einen Hang zu Bequemlichkeit oder tragen eine Unruhe in uns und so manche Verrücktheiten, fixe Ideen oder Ticks. Ich selbst habe zum Beispiel den Tick, dass ich mir immer einen Doktorhut, den ich einmal an Fasching bekommen habe, aufsetze, wenn ich ein neues Buch schreibe oder mich sehr konzentrieren muss. Ich bin überzeugt davon, dass ich besser denken kann, wenn ich ihn aufhabe. Vielleicht ist das herunterhängende Bommelchen aber auch nur ein Handschmeichler für eine bessere Konzentration. Natürlich bete ich auch um den Heiligen Geist, aber wenn meine Lieben sehen, dass ich den „Deckel“ aufhabe, wissen sie sofort: „Lasst sie in Ruhe!“ Jeder hat seine ganz persönlichen Eigenheiten, Maskottchen, an denen er hängt oder Gewohnheiten, die andere zum Schmunzeln bringen.

Es gibt jedoch Interessen, Bedürfnisse oder Wünsche von anderen, die uns überfordern. Manche Menschen sind eben auch oft launisch, aggressiv und gereizt. So sind Menschen manchmal. Man kann sie nicht kontrollieren, aber sie kontrollieren gerne andere. Wenn sie ihren Spleen haben oder sich etwas in den Kopf setzen, sind sie unberechenbar. Sie können wütend und hasserfüllt reagieren. Können Dir grob und unreflektiert Dinge an den Kopf werfen. Vor ihren Zornausbrüchen hat man regelrecht Angst. Sie wirken bedrohlich, einschüchternd und verletzend. Oder sie neigen dazu, jeden und alles lächerlich zu machen. Kleine Zyniker, die nichts gelten lassen und immer das letzte Wort haben und gezielt mit ihren Sticheleien treffen.

Es gibt grausame und böse Menschen, die andere mit Blicken töten können. Sie quälen ihre Mitmenschen, lachen ihnen scheinheilig ins Gesicht und lästern los, sobald sie eine Gelegenheit dazu finden. Sie benehmen sich daneben, mit einer Kaltschnäuzigkeit, dass es einem die Luft wegnimmt. Sie tratschen, denken und reden negativ und wollen andere unglücklich machen. Sie sind krankhaft eifersüchtig und extrem narzisstisch. Sie haben immer Recht und kennen kein Erbarmen. Sie machen jede und jeden Anderen für ihr „Unglücklichsein“ verantwortlich, nur sich selbst nicht. Sie verstehen es bestens, sich immer als Opfer zu verkaufen, auch wenn sie selbst es sind, die andere verletzen.

Eine Beziehung mit Menschen einzugehen, ist immer ein gefährliches Abenteuer. Leider machen wir uns oft etwas vor und glauben, dass die Menschen, die wir lieb gewonnen haben, solche schlechten Seiten ganz gewiss nicht haben. Aber spätestens, wenn wir ihre Gewohnheiten, Fehler oder Charakter einmal negativ erlebt haben, wissen wir, dass das eine Illusion war. Die Wahrheit ist einfach: Wir Menschen sind unglaublich kompliziert und es gibt eine Menge sehr schwierige Menschen, die es einem gar nicht so leicht machen, sie gerne zu haben.

Der Mensch kann einfach herrlich sein und zugleich sehr herausfordernd. Trotz unserer eigenen Mängel und äußerlichen Schönheitsfehler halten wir meistens die anderen für nicht ganz „normal“. Wir sehen den Splitter im Auge des Anderen und merken nicht, dass wir selbst einen Balken im Auge haben. Selig sind alle, die im Leben den Mut und die Chance bekommen, mit sich selbst konfrontiert zu werden. Ein schmerzlicher Prozess des Annehmens, dass es neben den Stärken und Talenten im eigenen Leben auch all die kleinen und großen Defizite gibt. Die oft verdrängte Prägung, die wir durch unsere „Ahnengalerie“ mitbekommen haben – durch unsere Eltern, andere Familienmitglieder und die vielen Autoritätspersonen in unserem Leben. Wenn es zu ersten Krisen oder Konflikten kommt, knabbert das ganz schön an unserem Stolz, der alle dunklen Seiten, die in uns schlummern, gut zu verstecken weiß. Zugleich offenbart sich dadurch unser Charakter.

Sehr dankbar bin ich Gott für die erste Zeit des Noviziates im Kloster, für alle Kämpfe und Auseinandersetzungen. Natürlich beginnt man mit großer Freude, Begeisterung und Ehrgeiz und ist überzeugt davon, alle zu lieben. Ich gebe gerne zu, dass ich am Anfang dachte, ich werde viel schneller heiliger als die anderen Mitschwestern. Wenn man jedoch plötzlich auf engstem Raum ständig mit den gleichen Menschen konfrontiert wird, tauchen Gedanken auf, die man vorher nicht für möglich gehalten hätte: Neid, Arroganz, Stolz und Eifersucht. Nach einem halben Jahr regt einen auf, wie die andere in ihr Brötchen beißt oder sich die Nase putzt. Was die andere vor dem Gebet für eine Kniebeuge macht! Es ist unglaublich!

Wow, war das ein Absturz! Wie kleinlich, menschlich und lieblos ich denken konnte. Zu erkennen, dass ich zwar ein sehr begabter Mensch war, aber abgrundtief sündig, erbärmlich und zu allem fähig, wenn man mich in die Enge treibt. Welch eine Geduld musste Gott mit mir haben. Viele Tränen und Gebete brauchte es, bis ich es aushielt, meine Schwächen und mein Versagen anzuschauen und sie irgendwann anzunehmen ohne an der Liebe Gottes zu mir zu zweifeln. Sich damit anzufreunden, dass der Weg zur Heiligkeit doch noch sehr weit entfernt ist. Das Tröstliche aber war, dass ich meine eigenen Schwächen erkannte, sie aushielt und anfing sie zu akzeptieren. Das war der Beginn meines Wegs zu einem heilsamen Selbstbewusstsein. Selbstbewusstsein ist nichts anderes als „Sich seiner selbst bewusst zu werden“ – ein großartiges Geschenk des Lebens!

Seine Fehler und Schwächen annehmen zu können, ist der Beginn des Erwachsenseins. Jeder sollte sich selbst einmal die Frage stellen, ob er schon „erwachsen“ ist und inwieweit er darin fortgeschritten ist, zu seinen Fehlern und Schwächen zu stehen. Das macht wahre Größe aus und kann einen zu einer reifen Persönlichkeit werden lassen. Für mich hat Margot Käßmann beispielsweise damals gezeigt, dass sie erwachsen ist, als sie ihren Fehler, mit 1,54 Promille Auto gefahren zu sein, offen eingestanden hat. Vielleicht ist unsere Lebensschule manchmal so hart, weil wir uns so von der Meinung der anderen abhängig gemacht haben, dass wir gerne unsere eigenen Fehler, Schwächen, Unvollkommenheiten verstecken möchten. Niemand soll schlecht von uns oder unseren Familien denken.

Wie tröstlich ist es für mich, selbst in der Bibel oder Heiligenleben von „frommen Typen“ zu lesen, die besonders von Gott auserwählt und gesegnet waren und doch sehr seltsame Dinge taten: Jakob ringt mit Gott bis er ihn segnet. Vorher lügt und betrügt er und stiehlt sich sogar das Erstgeburtsrecht. Eigentlich ist er ein „schlechterer“ Mensch als sein Bruder Esau. David, der singende König, der Liebling Gottes, von den Menschen verehrt, beginnt eine Affäre mit einer verheirateten Frau und schickt ihren Ehemann in den Tod, um dessen Frau zu bekommen. Bileam schlägt seine Eselin und wundert sich nicht einmal, dass Gott durch sie spricht, als wäre das ganz normal, bis ein Engel ihm die Augen öffnet. Petrus, einer der engsten Freunde Jesu, spuckt große Töne, in meiner Heimat würde man heute sagen er reißt „die Gosch ganz schön auf“. Er verkündet laut, dass er für Jesus sterben würde, wenn es darauf ankäme. Und als es für ihn brenzlig wird, kennt er plötzlich seinen Chef nicht mehr. Er ist sogar bereit dazu, darauf zu schwören, dass er diesen Jesus nicht kennt. Und später vertraut ihm Jesus die Kirche an!

Und unser Jesus selbst? Fährt eine heidnische Frau, die ihn um die Heilung ihres totkranken Kindes bittet, schroff an und bezeichnet sie als Hündin: „Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.“ (Mt 15,26) Zum Glück war es eine kluge Frau, die sehr schlagfertig war. Darum konterte sie: „Du hast Recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“ (Mt 15,27) Daraufhin lässt Jesus sich umstimmen, weil er einen solchen Glauben in ganz Israel noch nicht erlebt hat. Hätte man so etwas vom Sohn Gottes erwartet? Sind das nicht peinliche Dinge? Und die stehen sogar in der Bibel! Ich finde es so tröstlich und menschlich, dass man dies alles über Jesus festgehalten hat. Er wirft wütend die Tische um, will seinen Zorn an einem Feigenbaum auslassen und wird als „Fresser und Säufer“ (Mt 11,19) beschrieben. Er tanzte und feierte gerne. Sehr sympathisch!