Die Tränen des Frühlings - Mo Kast - E-Book

Die Tränen des Frühlings E-Book

Mo Kast

0,0
1,49 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Frühling erwacht, doch etwas stimmt nicht. Es ist zu kalt und noch immer scheint die Wintersonne. Von dieser erfährt sie, dass Winter nicht zur Ruhe kommt. Als sich Frühling auf den Weg zu ihrem Bruder Winter macht, ahnt sie noch nicht, was für eine bittere Wahrheit auf sie wartet. Frühling muss sich den unbarmherzigen Gesetzen der Natur stellen und erhofft sich dabei Hilfe von ihren Geschwistern Sommer und Herbst. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, um den Ewigen Wald vor einem großen Unglück zu retten. „Die Tränen des Frühlings“ ist ein modernes Märchen, das den Leser in die zeitlose Welt des Ewigen Waldes entführt und dabei von Vergänglichkeit und Neubeginn erzählt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



März
April
Mai
Juni
Bitte an euch fabelhafte Leser!
Vita von Mo
Impressum

 

 

 

 

 

 

 

Die Tränen des Frühlings

Ein Märchen von Mo Kast

 

 

 

 

 

 

März

Frühling schlug ihre lindgrünen Augen auf und reckte sich träge. Ihr Lavendelhaar stand wild in alle Richtungen ab. Lange hatte sie dieses Jahr geschlafen. Wollte Winter Rücksicht auf sie nehmen und hatte sie deshalb ausschlafen lassen? Endlich einmal ausruhen und Kraft schöpfen! Das hatte sie sich so sehr gewünscht, als sie mit Sommer tanzend in der Mittsommernacht verschwand und schließlich auf ihrem moosigen Lager zur Ruhe gekommen war – noch mit dem warmen Gefühl des Sommers auf ihren Lippen.

Sie schreckte hoch. Sommer! Sie musste doch alles für ihren geliebten Sommer vorbereiten. So wenig Zeit und so viel zu erledigen! Warum hatte Winter sie nicht geweckt? Das war immerhin seine Aufgabe! Hastig sprang sie aus ihrem Bett und die Schneeglöckchen, die über den Winter dort gewachsen waren, stoben nur so davon. Sie warf sich ein leichtes Kleid aus sanfter Frühlingsbrise über und sah sich, einmal um sich selbst drehend, in ihrem Heim um. Das kleine Haus aus unvergänglichem Grün stand gut versteckt im Ewigen Wald.

Wo waren nur die Pflanzensamen geblieben, die sie verstreuen musste? Winter legte diese doch immer in dem Regal aus Efeuranken ab. Aber nichts! Sie steckte den Kopf tiefer in das Gestrüpp, schob sogar Blätter beiseite. Das Saatgut sammelte Herbst Jahr für Jahr mühevoll für sie zusammen. Frühling war jedes Mal beeindruckt von ihrer emsigen Arbeit. Hatte Winter vergessen, ihr die Samen zu bringen, oder hatte Herbst keine gesammelt? Aber das konnte sich Frühling einfach nicht vorstellen.

»Efeu, hilf mir! Wo sind die Samen?«, rief sie schließlich verzweifelt. Gehorsam aber träge, wie Efeu nun mal war, rollte er seine Äste aus. Ein paar kümmerliche Reste vom letzten Jahr hingen in Säckchen daran. Die hatte sie aussortiert. Mangelhaft. Frühling ließ die Schultern hängen. Auf keinen Fall konnte sie ausgerechnet diese Saat in so einem kurzen Frühling verstreuen. Auch wenn sie enttäuscht war, gab sie Efeu einen Kuss auf die Blätter und pflückte sich die Säckchen ab. Efeu konnte ja nichts dafür, dass dieses Jahr irgendetwas seltsam war.

Sie besah sich noch einmal die traurigen Reste, bevor sie die Beutel an ihrem Gürtel aus Knöterich befestigte. Mit wirrem Haar, aber entschlossenen Blickes, trat sie in das Sonnenlicht hinaus, in der stillen Hoffnung, so ihre triste Stimmung zu vertreiben. Sie liebte die warmen Strahlen auf ihrer Haut. Diese blieben allerdings aus. Davon ließ sich Frühling jedoch nicht entmutigen, sie reckte das Kinn und blickte in den Himmel.

»Gutes Jahr, liebe Sonne, lange nicht gesehen!«, begrüßte Frühling ihre Freundin und Helferin wie in jedem Jahr.

»Kein gutes Jahr, lieber Frühling. Alles trüb. Alles trüb. Der Winter kommt nicht zur Ruhe!«, antwortete die Sonne. Auch jetzt wurde sie von grauen Schneewolken bedrängt. Als würde der Wind die Worte der Sonne bestätigen wollen, fegte er eisig unter Frühlings leichtes Kleid. Deshalb zog sie den Stoff enger um sich. Ach, wäre es schön, sich wieder zurück ins Bett zu legen! Ein bisschen von Sommer zu träumen ... Kalte Winde und Schneewolken mochte sie nicht, die schlugen auf ihr sonniges Gemüt.

Besorgt schaute sie abermals auf die Beutel mit den Samen. Wie sollten so ihre Kinder gedeihen und wachsen? Wie sollte sie so Sommer gebührend willkommen heißen? Sie musste mit Winter reden! Allerdings nicht so luftig angezogen.

Sie verschwand wieder im Haus aus ewigem Grün und legte dort den Gürtel ab. Ihren Samen durfte nichts passieren, falls das die letzten waren, die sie hatte. Mangelhaft hin oder her, sie waren besser als nichts. Hoffentlich hielt Winter die richtigen Kostbarkeiten für sie bereit – und besseres Wetter.

»Efeu, hast du ein warmes Gewand für mich? Ich muss zu Winter!« Frühling verschwendete diesmal keine Zeit damit, selbst nach etwas zu suchen, von dem sie nicht einmal wusste, ob sie es besaß. Ein Rascheln ging durch Efeus Blätter. Über sie hinweg. An ihr vorbei. Sogar unter ihren Füßen spürte sie eine sanfte Bewegung. Ob Efeu etwas finden würde?

Plötzlich herrschte Stille und ein Umhang aus festem Aprilunwetter baumelte vor ihrer Nase. Den Unwetterumhang hatte sie ja völlig vergessen! Als sie ihn sich überwarf, wusste sie auch wieder, wieso. Ein unangenehmes Frösteln lief über ihre Haut und sie musste an sich halten, das Kleidungsstück nicht sofort wieder von sich zu werfen. Kurz durchatmen. Das Gefühl würde gleich nachlassen – so viel wusste sie noch. Es war ein notwendiges Übel, denn ohne den Umhang würde sie vor lauter Bibbern kein Wort bei Winter herausbekommen.

Entschlossen in Unwetter gewickelt machte sie sich auf den Weg zu dem Verursacher dieser Kälte. Da Winter gerne für sich alleine blieb und die anderen Jahreszeiten nach Möglichkeit mied, lag seine Wohnstatt in der nördlichsten Ecke des Waldes – sie würde eine ganze Weile zu ihm brauchen. Ärgerlich, wenn man bedachte, wie knapp die Zeit bereits war. Bei ihrem Marsch bemerkte Frühling, wie die Bäume kahler wurden, das Gras und die Pflanzen spärlicher. Alles verlor an Farbe. Bis sie seine Behausung erreichte, umgab sie nur noch Weiß und Grau und Kälte. Auch die grob in Stein gehauene Höhle, in der Winter lebte, war wenig einladend. Selbst die krumme Holztür war nicht braun, sondern nur eine vage Erinnerung daran. Wie alles hier. Kein Grün. Kein Gelb. Kein Rot. So konnte man doch nicht leben! So sollte man jedenfalls nicht leben ...

Beherzt klopfte Frühling an die Tür.

Das Klopfen hallte dumpf nach, klang in der Stille des Winterwaldes fast unheimlich. Ihr Herz fing an, schneller zu schlagen. Es fühlte sich falsch an, hier zu sein. Deshalb besuchte sie Winter so selten. Das hier war kein Ort für Frühling. Nervös verlagerte sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. Es kam immer noch keine Reaktion. Hatte sie zu leise geklopft? Sie hämmerte noch einmal gegen das Holz, das sich allerdings anfühlte, als sei es direkt aus Eis geformt. Frühling zog ihre Hand schnell wieder zurück und verbarg sie unter dem Umhang. Dieses Mal bot er schützende Wärme und sie war froh, ihn anzuhaben. Noch immer rührte sich nichts.

»Winter! Öffne mir!«, rief sie jetzt, schlug dabei abermals gegen die Tür. »Ich bin’s, Frühling!«

Als hätte ihr Name Wirkung gezeigt, ging ein Ächzen und Stöhnen durch das Gemäuer.

---ENDE DER LESEPROBE---