Die Wächter der Grenze (Sperrgebiet Buch 3) - Yuri Ulengov - E-Book

Die Wächter der Grenze (Sperrgebiet Buch 3) E-Book

Yuri Ulengov

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Beschreibung

Bisher hat Altai immer Erfolg gehabt, aber dieses Mal scheint ihn das Glück im Sperrgebiet zu verlassen. Sein erster Vorstoß in die Orange Zone erweist sich als eine Falle, eine harmlose Level-Up-Mission endet in einer Katastrophe und eine epische Quest kostet seine Kameraden das Leben. Er selbst entkommt nur knapp dem Tod. Jetzt hängt Altais Leben von einem experimentellen neuronalen Netzwerk und einer außerirdischen Kreatur ab, deren einziger Zweck es ist, sein Bewusstsein zu unterjochen und ihn in eine lebende Waffe zu verwandeln. Nur so kann er von den Toten auferstehen, durch das Inferno gehen und in einer verrückten Show gewinnen, um seine Freunde zu befreien – allein, ohne Rüstung oder Waffen. Unmöglich? Nun, dann musste er das Unmögliche versuchen – eine andere Wahl gibt es nicht.

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Die Wächter der Grenze

 

 

 

 

 

Roman

von Yuri Ulengov

 

 

 

Sperrgebiet

Buch #3

 

Magic Dome Books

Die Wächter der Grenze

Sperrgebiet, Buch #3

Originaltitel: The Guardian of the Verge (The Range, Book #3)

Copyright © Yuri Ulengov, 2021

Covergestaltung © Ivan Khivrenko, 2021

Designer: Vladimir Manyukhin

Deutsche Übersetzung © Steffen Bartsch, 2022

Lektor: Youndercover Autorenservice

Erschienen 2022 bei Magic Dome Books

Anschrift: Podkovářská 933/3, Vysočany,

190 00 Praha 9 Czech Republic

Alle Rechte vorbehalten

 

 

Dieses Buch ist nur für deine persönliche Unterhaltung lizensiert. Das Buch sollte nicht weiterverkauft oder an Dritte verschenkt werden. Wenn du dieses Buch mit anderen Personen teilen möchtest, erwirb bitte für jede Person ein zusätzliches Exemplar. Vielen Dank, dass du die harte Arbeit des Autors respektierst.

 

Die Personen und Handlung dieses Buches sind frei erfunden. Jede Übereinstimmung mit realen Personen oder Vorkommnissen wäre zufällig.

 

 

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Inhaltsverzeichnis:

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Über den Autor

 

 

 

Kapitel 1

 

 

 

 

Orionsystem

Umlaufbahn von Rhapsodie

Verwaltungsstation der NewVision Corporation

 

SEIT DEM MORGEN HATTE MILLER schlechte Laune. Nicht nur, dass seine Abteilung mit Arbeit überhäuft war, weil die 12. Staffel des Turniers „Die Wächter der Grenze“ kurz vor dem Start stand - eine Idee Barkers, auf die dieser unglaublich stolz war. Für die neue Saison hatte sich der Game Director einige Neuerungen einfallen lassen, und das Team arbeitete auf Hochtouren, um rechtzeitig mit den Vorbereitungen fertig zu werden.

 

Nein, zu allem Überfluss hatte Barker auch noch eine Besprechung einberufen, sodass Miller das Massaker an dem verdammten Champion seines Chefs nicht live miterleben konnte. Er war noch nicht dazu gekommen, die Aufzeichnung in die Hände zu bekommen, was ihn unglaublich sauer machte. Außerdem musste er sich ein neues Lieferkonzept für die Orange Zone ausdenken. Im Limbus war die Sache unkompliziert: Die Pakete mit A-Stims wurden als Wasser- und Lebensmittellieferungen getarnt und in dem von Sculptor kontrollierten Gebiet abgesetzt. Andere Einheiten trauten sich nicht, ihre Nasen herauszustecken. Sculptors Leute konnte die Lieferungen ungestört abholen und in die Basis bringen. Alles funktionierte wie ein Uhrwerk.

 

Im Limes liefen die Dinge jedoch anders.

 

Die Clans akzeptierten keine Almosen. Ihre Kämpfer beschafften sich alles, was sie brauchten, selbst. Steve hatte einen Mann im Lagerhaus, in dem die Lieferungen für die humanitären Drohnen zusammengestellt wurden, der dem Paket für einen bestimmten Betrag an Credits alles beifügte, was Steve verlangte. Aber er musste eine weitere solche Person im Lager des Ladens finden.

 

Das Problem war, dass die Leute, für die Miller arbeitete, diese Details nicht interessierten. Sie waren auf das Geld fixiert, das Steve an eine anonyme Kryptowährungs-Geldbörse überweisen würde, nachdem er einen gewissen Anteil für sich behalten hatte - keinen geringen Prozentsatz, selbst für einen Top-Manager der Corporation. Aber nicht die Unterbrechung des Geldflusses auf sein Konto beunruhigte Miller, sondern die Nachrichten im Secure Messenger, in denen ein viele Lichtjahre entfernter Kingpin nachfragte, warum die nächste Überweisung nicht fristgerecht eingetroffen war. Den Drogenboss interessierten weder der ermordete Sculptor noch die Komplikationen bei der Versendung einer neuen Lieferung in den Limes oder der verdammte Drei-Drei-Zwei-Acht-Sechs, der eine seit Monaten reibungslos funktionierende Lieferkette zerstört hatte.

 

Deshalb hatte Miller sich die Nacht hin und her gewälzt, war alle Optionen durchgegangen und hatte die Personalakten der Mitarbeiter des Sperrgebiets auf seinem Tablet durchgesehen, um den richtigen Mann für den Job zu finden. Die Akten waren ihm von Caroline, der Chefin der Personalabteilung, zugespielt worden, bei der er seine Schulden noch „abarbeiten“ musste. Und obwohl er von einem solchen Tausch früher nur hätte träumen können, hatte sich seine Meinung drastisch geändert, seit er zum ersten Mal im Bett der schwarzhaarigen Sexfanatikerin gelegen hatte. Wenn man sich die raffinierte, anmutige Schönheit ansah, wäre man nie auf die Idee gekommen, dass ihre sexuellen Vorlieben ... sagen wir mal, sehr speziell waren. Aber er brauchte sie, und so musste er durchhalten, sein Elend in Whiskey ertränken und sich mit dem verhassten THC-Ultra aufpeppen.

 

Schließlich schien er einen Kandidaten gefunden zu haben, aber zum Schlafen war keine Zeit mehr geblieben. Seufzend war Steve aufgestanden, hatte geduscht und ein paar Energydrinks hinuntergekippt, bevor er ins Büro gegangen war. Nun saß er vor seinem Monitor und las mühsam ein Dokument, das ihm ein Mitarbeiter zur Genehmigung geschickt hatte, als sein Tablet vibrierte und blinkte - Signale für einen eingehenden Anruf.

 

Mit einem Blick auf den Bildschirm stellte er fest, dass der Anrufer unbekannt war. Miller fluchte leise und suchte sich den nächsten verfügbaren Konferenzraum. Der Teilnehmer konnte nur in einem Fall nicht identifiziert werden: wenn der Anruf von Rhapsodie kam. Deshalb konnte er das Gespräch nur annehmen, nachdem er sichergestellt hatte, dass sich niemand in der Nähe befand.

 

Er schloss die Tür hinter sich ab, setzte sich auf einen Stuhl und startete ein Verschlüsselungsprogramm, das seine Stimme veränderte und einen computergenerierten Avatar anstelle seines Gesichts zeigte. Erst dann nahm er den Anruf entgegen.

 

Es war Sly. Dem Hintergrund nach zu urteilen, befand der Anführer der Grave Ravens sich im Kommandoposten seines Forts, was darauf hindeutete, dass die aus Sculptors Lagerhaus beschlagnahmten A-Stims bereits in die Orange Zone transportiert worden waren.

 

„Ich habe die Bedingung erfüllt“, sagte Sly, ohne zu grüßen. „Altai ist tot. Wann erfolgt die Lieferung?“

 

Miller spürte, wie die Anspannung, die sich über Nacht aufgebaut hatte, langsam abfiel. Endlich gute Nachrichten! Der gottverdammte Angeber, Barkers verfluchter Champion, war tot! Die beste Nachricht, die er seit Tagen gehört hatte. Oh, Tom würde vor Wut rasen! Das war ein Grund zum Feiern. Miller würde darauf bestehen, dass Barker ihm die 1.000 Credits, die er bei ihrer Wette gewonnen hatte, in Papierform aushändigte, damit er den Schein zusammenrollen und damit ein oder zwei Linien des guten alten Koks von Carolines flachem Bauch schnupfen konnte. Dann würde er die Schlampe so hart rannehmen, dass sie eine Woche lang nicht mehr laufen konnte. Wie sich herausstellte, war heute doch kein so schlechter Tag!

 

„Zeig‘ mir seinen Kopf“, sagte Miller und konnte seine Aufregung kaum unterdrücken. Glücklicherweise verbarg das Programm alle Emotionen.

 

„Nun, die Sache ist die …“ Sly antwortete nur zögerlich und wandte den Blick von der Kamera ab.

 

„Was ist los? Habt ihr ihn so zugerichtet, dass er nicht mehr identifiziert werden kann? Dann musst du mir seine DNA zur Analyse schicken“, unterbrach Miller ihn und verkrampfte wieder. „Glaub‘ ja nicht, dass du mich verarschen kannst, indem du mir statt Drei-Drei-Zwei-Acht-Sechs die verkohlte Leiche eines Landstreichers unterschiebst!“

 

„Ich will niemanden verarschen“, entgegnete Sly grimmig. „Wir kommen nicht an die Leiche heran. Der Bastard steckt in einer verlassenen Mine am Rande des Limes fest. Meine Männer wurden dabei getötet, das gesamte Team. Und dann haben die verdammten Morphs ihre Körper gefressen. Der Auftrag hat mich zehn großartige Kämpfer gekostet!“

 

„Dann waren sie wohl doch nicht so gut, wenn sie nicht einmal mit einem einzigen Idioten fertig geworden sind!“ Miller wurde langsam sauer. „Im Grunde habe ich alles getan: euch die Koordinaten gegeben, die Daten über die Xenoaktivität gefälscht und sogar die verdammte Verbindung in diesem Sektor abgeschaltet! Und trotzdem hast du die Mission vermasselt! Weißt du … Ich fange an zu glauben, dass du vielleicht nicht der richtige Mann für diesen Job …“

 

„Fünf. Es waren fünf Idioten“, unterbrach Sly, der seine Wut kaum zurückhalten konnte. „Meine Jungs haben ihr Bestes gegeben. Sie haben ihr Leben geopfert, um diesen Bastard zu töten. Hier ist der Beweis.“

 

Mit diesen Worten trat Sly zur Seite und gab den Blick auf einen Bildschirm frei, auf dem ein Video abgespielt wurde. Einige Sekunden lang verfolgte Miller das Gemetzel, das in einem verlassenen Industriegebiet stattgefunden hatte, durch die Augen eines von Slys Kämpfern. Die Szene endete damit, wie ein Geschoss, das von einem raketengetriebenen Granatwerfer abgefeuerte wurde, das Dach des Stollens traf, in dem Drei-Drei-Zwei-Acht-Sechs und zwei weitere Einheiten verschwunden waren, und es zum Einsturz brachte. Miller fluchte und hätte beinahe sein Tablet auf dem Tisch zertrümmert.

 

„Willst du mich auf den Arm nehmen?“, sagte er geifernd und beugte sich näher an den Bildschirm. „Meinst du, ich kaufe dir diesen Scheiß ab? Wo ist der Beweis, dass dieser Hurensohn tot ist? Wo, frage ich?“ In diesem Moment wünschte er sich, der Verschlüsseler könnte Gefühle übermitteln. „Ich habe nicht gesehen, wie du diesem Arschloch den Kopf abgeschlagen hast! Wo ist die Garantie, dass er aus diesem Loch nicht wieder herausgekommen ist? Kannst du das garantieren?“

 

„Das kann ich“, antwortete Sly düster. „Ein paar Stunden später gab es in der Gegend eine unterirdische Explosion. Ein Teil des Geländes stürzte ein. Die Mine wurde vollständig zerstört und unter Tausenden Tonnen Erde und Gestein begraben. Niemand hätte dort überleben können. Auf keinen Fall.“

 

„Und du glaubst nicht, dass er die Mine gesprengt hat, um an die Oberfläche zu gelangen?“ Miller hatte sich wieder beruhigt, bis ihm klar wurde, dass es so bald keinen Triumph über Barker geben würde. Und auch kein Koks auf Carolines Körper. Nichts. „Nein, so funktioniert das nicht. Du bekommst deine Belohnung erst, wenn du mir seinen Kopf bringst. Hast du mich verstanden?“

 

„Verstanden“, entgegnete Sly mürrisch.

 

„Gut zu wissen.“

 

Miller grübelte fieberhaft. Einerseits war er mit Sly auf der sicheren Seite: kein Körper, keine Lieferung. Andererseits gab es wütende Nachrichten im sicheren Kanal, und derjenige, der sie schickte, kümmerte sich nicht um Millers Probleme. Wenn er die Lieferung weiter hinauszögerte, würde er das Geld erneut von seinem persönlichen Konto abheben müssen, aber da war im Moment nicht viel drauf. Es schien an der Zeit, die Bedingungen des Deals neu zu verhandeln.

 

Miller fasste einen Entschluss.

 

„Also gut, wir werden Folgendes tun: Ich schicke eine neue Lieferung. Aber bis ich nicht den abgetrennten Kopf von Drei-Drei-Zwei-Acht-Sechs sehe, musst du mir den vollen Preis der Ware überweisen. Wenn du es schaffst, bekommst du deinen Anteil und einen Bonus. Wenn nicht ... Nun, Rhapsodie ist groß. Ich finde jemand anderen. Jemanden, der besser ist.“

 

Sly starrte Miller mit düsterem Blick an. Er war nicht zufrieden mit den neuen Bedingungen, aber ihm blieb keine Wahl.

 

Schließlich verzog der Anführer der Grave Ravens das Gesicht und nickte. „Abgemacht.“

 

„Großartig. Dann können wir zur Sache kommen. Ich habe die Ware, aber es gibt ein Problem mit der Lieferung. Es wird ein paar Tage dauern, bis ich das gelöst habe.“

 

„Welches Problem?“ Sly sah den Manager verständnislos an. „Der Plan ist derselbe. Sculptors Basis ist unter meiner Kontrolle. Wie ich die Ware in den Limes transportiere, ist mein Problem.“

 

Miller verpasste sich innerlich eine Ohrfeige. Was zum Teufel war mit ihm los? Warum war er nicht früher darauf gekommen? Das letzte Mal, als sie miteinander gesprochen hatten, hatte Sly in Sculptors Büro gesessen. Es war ein Kinderspiel!

 

Er brauchte dringend Schlaf, um wieder klar denken zu können.

 

Fluchend ging Miller zum Kühlschrank, nahm einen Energydrink und hielt sich die Dose an den Hinterkopf. Das kalte Metall fühlte sich angenehm auf seiner Haut an. Die pochenden Kopfschmerzen, die ihn den ganzen Morgen über gequält hatten, wurden augenblicklich schwächer.

 

Er holte tief Luft und sagte: „In Ordnung. Die Lieferung wird in den nächsten Tagen eintreffen. Ich gebe dir Bescheid.“

 

Der Cyborg nickte.

 

„Und finde diesen Bastard! Tot oder lebendig!“

 

Miller legte auf und lehnte sich schwer atmend in seinen Stuhl zurück. Verdammt! Dieser Mistkerl war wieder entkommen! Zugegeben, Miller hatte sich das selbst zuzuschreiben. Schließlich war es sein Plan gewesen. Er hatte gehofft, dass die Morphe den Bastard vernichten würden und er Sly und seine Männer nicht einsetzen müsste. Dann hätte Barker nichts davon erfahren. Aber jetzt? Was würde geschehen, wenn Tom herausfand, was passiert war, und sich so darüber ärgerte, dass sein Lieblingschampion getötet worden war, dass er beschloss, den Clan der Grave Ravens zu vernichten? Miller brauchte sie. Dem System zufolge war das Morph-Rudel, das sich im Industriegebiet versteckt hielt, so groß, dass eine weitaus größere Truppe als die von Sanders entsandte fünfköpfige Einheit nötig gewesen wäre, um es zu eliminieren.

 

Allerdings glaubte Miller nicht, dass der gerissene planetarische Sturmsoldat tot war. Er war nicht umsonst von Barker ausgewählt worden. Der Game Director war ein ausgezeichneter Menschenkenner, das musste man ihm lassen - höchstwahrscheinlich hatte dieser Bastard die Mine selbst gesprengt. Aber warum? Wer zum Teufel konnte das wissen?

 

Bevor er weitere Vermutungen anstellte, wollte er mit eigenen Augen sehen, was dort passiert war. Außerdem musste er das System auf den Marker von Drei-Drei-Zwei-Acht-Sechs überprüfen. Wenn es dem Bastard gelungen war, aus der Mine zu entkommen, würde das System ihn aufspüren und seine Position mitteilen. Und dieses Mal durfte Sly nicht versagen. Er war durchaus kein Schwachkopf. Er würde sich um Altai kümmern, und die Dinge würden sich wieder normalisieren.

 

Aber zuerst musste Miller herausfinden, wie er die A-Stims auf Rhapsodie bringen konnte. Zur Hölle mit diesem Altai! Das Wichtigste war, dass die Lieferungen wieder aufgenommen würden, dann brauchte er sich vor niemandem mehr rechtfertigen. Es war entschieden! Er würde für dieses Geschäft seine Ersparnisse einsetzen, den erforderlichen Betrag überweisen und sein Geld zurückbekommen, sobald Sly die erste Charge verkauft hatte.

 

Miller öffnete den Energydrink, nahm ein paar Schlucke und warf die Dose angewidert in den Recycler. Schlaf – mehr brauchte er jetzt nicht. Und alles würde wieder gut werden.

 

* * *

 

Erdföderation, Orionsystem

Planet Rhapsodie

Orange Zone, auch bekannt als Limes

Grenze zum Inferno. Außenposten des Schatten-Clans

 

Mit nacktem Oberkörper stürmte Razer schwer atmend in sein Zimmer, zog Hose und Unterwäsche aus und stellte sich unter die Dusche. Als die starken Strahlen seinen überhitzten Körper trafen, stöhnte er vor Vergnügen. Seine Muskeln schmerzten nach dem anstrengenden Training, aber das machte ihm nichts aus. Nachdem er sich gewaschen hatte, aktivierte er ein voreingestelltes Programm und stand minutenlang mit gesenktem Kopf unter dem gleichmäßigen Wasserstrahl, mit den Händen an der Wand abgestützt.

 

Sobald er sich genug erfrischt fühlte, stellte er das Wasser ab, griff nach einem steifen Handtuch und stieg aus der Dusche. Er rieb sich trocken, bis die Haut rot glühte, warf dann das Handtuch in den Trockner und blieb vor dem Spiegel stehen, um seinen Körper kritisch zu betrachten: kein Gramm Fett, die wohlgeformte Muskulatur eines Athleten und vor allem keine einzige sichtbare Augmentation. Razer liebte seinen Körper und konnte nicht verstehen, warum die Einheimischen sich derartig mit Eisenteilen entstellten, die aussahen, als hätten sie sie auf einem Schrottplatz aufgelesen. Er hatte nichts gegen Modifikationen. Im Gegenteil: Selbst die Elitekämpfer der Spezialeinheiten, mit denen er einmal zusammengearbeitet hatte, wären neidisch auf die Menge und die Qualität seiner Implantate. Aber sie blieben im Inneren verborgen. Sie nach außen hin zur Schau zu stellen, empfand er als abstoßend.

 

Er nahm frische Kleidung aus einer Schublade, zog seine Hose an und ging zum Nahrungsmittel-Synthesizer. Ein zeitgesteuerter Proteinshake wartete bereits auf ihn. Razer nahm einen Schluck aus dem großen Glas und lehnte sich genüsslich in seinem Stuhl zurück.

 

Training gehörte seit der Kindheit zu seinem Tagesablauf. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Auch modifizierte Muskeln mussten trainiert werden, wenn man nicht wollte, dass der Körper einen im ungünstigsten Moment im Stich ließ. Implantate waren wertvoll, aber sie konnten gehackt oder durch einen elektromagnetischen Impuls ausgeschaltet werden. Dann musste man mit dem kämpfen, was übrig blieb, und in der Lage sein, jeder möglichen Bedrohung ohne die Implantate zu begegnen.

 

Razer erinnerte sich daran, wie viel Mühe es ihn gekostet hatte, diesen simplen Gedanken in die Köpfe seiner Männer zu hämmern, und lächelte. Aber nun hatte er den wahrscheinlich kampfstärksten Clan in diesem Teil des Sperrgebiets, auch wenn er im Vergleich zu den anderen lokalen Clans deutlich kleiner war. Nahkampf, allgemeines körperliches Training, taktische Übungen - der Terminkalender von Razers Kämpfern war voll. Drogen, Schnaps und Huren waren nur an den seltenen freien Tagen im Elysium erlaubt. Limes und Inferno dienten ausschließlich der Arbeit - zum Wohle des Clans und jedes Einzelnen.

 

Als Razer im Sperrgebiet angekommen war, hatte er darüber gestaunt, wie schwach und verweichlicht die Bewohner waren. Was als albtraumhaftes Gefängnis dargestellt wurde, in dem die Verdammten täglich ums Überleben kämpften, hatte sich als nicht gefährlicher als ein Sandkasten auf einem Kinderspielplatz erwiesen. Innerhalb eines Tages nach seiner Ankunft hatte er die Initiation abgeschlossen und drei Tage später bereits einen Passierschein für das Elysium erworben. Er war jedoch noch eine weitere Woche im Limbus geblieben, um Credits und Erfahrung zu sammeln. Als er schließlich in die Grüne Zone gekommen war, hatte er genug Ersparnisse für eine Reihe von Top-Modifikationen besessen. Die Mörder, Vergewaltiger und das andere Gesindel, die sich in der Grauen Zone an die Gurgel gingen, waren keine Gegner für den ausgebildeten planetaren Sturmtruppler, der im Schmelztiegel des Krieges mit den Xenos überlebt hatte.

 

Nachdem er aus den Reihen ehemaliger Soldaten eine Bande von Draufgängern wie sich selbst gebildet hatte, war er wie ein Wirbelsturm durch die Orange Zone gefegt, war aufgestiegen und hatte Ansehen gewonnen. Gerüchten zufolge befürchteten die Einheimischen, dass Razer mehr wollte und das Gleichgewicht der Macht im Limes zu seinen Gunsten verschieben könnte. Aber daran hatte er kein Interesse. Welchen Adrenalinstoß versprach es, wenn man Idioten ausschaltete, die Angst hatten, die Nase aus ihren Festungen zu stecken? Aber Raubzüge ins Inferno, schwierige Aufträge oder die Vernichtung von Morphen und außer Kontrolle geratenen Kampfsystemen waren eine andere Sache. Genauso wie die Menschenjagd.

 

Von allen Vergnügungen, die auf Rhapsodie zur Verfügung standen, war die Jagd auf zweibeiniges Wild bei Weitem seine liebste Beschäftigung. Es verschaffte ihm unvergleichliche Befriedigung, sich an seine Beute heranzupirschen, ihr Verhalten vorherzusehen und sie in eine Falle zu locken. Seit Kurzem nahm Razers kleiner Clan, der an der Grenze zur Roten Zone angesiedelt war, zusätzlich zu den Systemquests auch Aufträge von anderen Clans an. Schließlich gab es im Sperrgebiet von Zeit zu Zeit Anfragen, Flüchtige aufzuspüren, Konkurrenten auszuschalten und Verräter zu bestrafen. Razer erledigte diese Aufträge mit Bravour. Seine Kunden bekamen immer, was sie verlangten, und Razer erhielt Credits dafür - viele Credits. Die Dienste seines Clans waren nicht billig - die Leute wussten das und belästigten ihn nicht mit Kleinigkeiten. Aber wenn es hart auf hart kam, wusste jeder im Limes, an wen er sich wenden musste, um sein Problem ein für alle Mal zu lösen.

 

Razer beendete seinen Proteinshake, zerknüllte den Becher in seiner Hand und warf ihn in den Recycler. Dann ging er zum Schreibtisch, setzte sich in seinen bequemen, ergonomischen Stuhl und aktivierte das Terminal.

 

Das Symbol für verpasste Anrufe blinkte auf dem Bildschirm. Nachdem er es angetippt hatte, hob Razer überrascht die Augenbrauen und startete den Videoanruf.

 

Der andere Teilnehmer antwortete sofort. Die Kamera schaltete sich ein, und Sly, der Anführer der Grave Ravens, erschien auf dem Bildschirm. Seine Miene war düster und sehr ernst.

 

„He, Bleichgesicht!“ Razer grinste und hob seine offene Handfläche zur Begrüßung. „Was verschafft mir die Ehre?“

 

„Ich habe einen Auftrag für dich.“ Sly war offensichtlich nicht an einer Plauderei interessiert. „Kannst du ihn übernehmen?“

 

„Nun, warum sagst du mir nicht zuerst, worum es sich handelt?“ Razer lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme.

 

„Ich möchte, dass du einen Mann im Inferno findest. In der Nähe der Grenze“, sagte Sly. „Oder seine Leiche. Schneide ihm den Kopf ab und bringe ihn mir. Und vergiss nicht, es zu filmen. Das wär‘ alles. Nichts, was du nicht schon getan hättest.“

 

„Was ist mit deinen Leuten?“ Razer konnte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, das sonst so aufgeblasene Oberhaupt der Grave Ravens auf die Schippe zu nehmen. „Können sie das nicht erledigen?“

 

„Hör‘ zu, ich bin nicht in Stimmung“, antwortete Sly unverblümt. „Also lass‘ den Quatsch. Sag‘ mir nur, ob du es machen kannst. Ich kenne die Preise und bin bereit zu zahlen. Machen wir es kurz und kommen wir gleich zur Sache.“

 

„Zur Sache kommen? Klar!“ Razer nickte. „Ich mache gern Geschäfte. Komm schon, spuck‘s aus! Wer ist der Typ? Wo wurde er zuletzt gesehen?“

 

„Ein ehemaliger Kollege von dir. Von den planetarischen Sturmtruppen. Du hast vielleicht schon von ihm gehört. Er ist kürzlich zur Nummer 1 im Limbus aufgestiegen, indem er die Fraktionen von Sculptor und Jasper ausgeschaltet hat. Er ist jetzt in Sanders‘ Clan. Zuletzt wurde er im Limes gesehen. Die genauen Koordinaten bekommst du noch.“

 

„Sculptor und Jasper?“ Razer schüttelte verwundert den Kopf. „Wer hätte das gedacht … Nein, ich habe nichts gehört. Wir sind gestern Abend von einem Großangriff im Inferno zurückgekommen. Ich hatte noch keine Zeit, die Nachrichten zu lesen. Klingt nach einem harten Kerl! Hast du ein Foto? Ich möchte einen Blick auf diesen Helden werfen.“

 

„Klar.“ Sly drückte einen Knopf und aktivierte die Bildschirmfreigabe.

 

Auf dem Monitor erschienen mehrere Screenshots, die aus einem Video stammten. Das erste Bild zeigte einen Mann mit aufmerksamen grauen Augen. Der Headhunter zuckte zusammen und ballte unwillkürlich die Fäuste. Ausgeschlossen! Das konnte nicht sein!

 

Er erkannte die kräftige, athletische Figur, das kurze dunkle Haar, den starren Blick und die kaum sichtbare Narbe über der linken Augenbraue.

 

Razer atmete leise aus, die Anspannung in seinem Körper löste sich. Er blickte starr in die Kamera.

 

„Ich nehme den Auftrag an. Gib mir die Info, die Koordinaten und die Anzahlung.“

 

„Du fragst nicht nach seinem Namen?“, fragte Sly, der über die schnelle Antwort des Headhunters erstaunt war.

 

„Nicht nötig. Ich kenne seinen Namen.“ Razer war bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, doch es fiel ihm schwer. „In Ordnung, ich muss los. Schick‘ mir die Details. Ich melde mich später.“

 

„Bis später.“ Sly nickte, sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis, und trennte die Verbindung.

 

Razer rieb sich nachdenklich den Nacken und starrte auf den leeren Bildschirm. Ein paar Sekunden später hörte er eine eingehende Nachricht. Der Headhunter öffnete sie, beugte sich näher an den Bildschirm heran und erstarrte, als er in ein Gesicht blickte, das er fast vergessen hatte und das ihm doch so vertraut war.

 

„Hallo, Altai. Lange nicht gesehen“, sagte Razer leise mit einem bedrohlichen Lächeln.

 

Nachdem er das Bild eine Weile angestarrt hatte, minimierte er es schließlich und vertiefte sich in die restlichen Informationen.

 

 

 

Kapitel 2

 

 

 

 

ES HIESS, dass eine Person kurz vor dem Tod das Leben wie einen Film in High-Speed-Wiedergabe vor den Augen ablaufen sähe. Vielleicht stimmte das. Vielleicht geschah dies, um sich die glorreichen Siege zu vergegenwärtigen und sich an die Errungenschaften zu erinnern, um sich zu beweisen, dass das Leben nicht umsonst gewesen war. Sozusagen ein Versuch, die bittere Pille zu versüßen. Mein Gehirn allerdings zeigte mir aus einem unbekannten Grund nur quälende Albträume.

 

Die Rettung von Flüchtlingen auf Kaliban. Schluchzende Mütter, die ihre Kinder verloren hatten, Ehemänner, die sich an den Rampen von ihren Frauen verabschiedeten und dann in der Schlange warteten, um Waffen von Bulat zu bekommen, der den Auftrag hatte, eine Milizeinheit zusammenstellen. Das unerträgliche Warten auf den Angriff auf den Raumhafen und die Schlacht selbst, die sich nach dem Angriff der Xenos schließlich in ein blutiges Gemetzel verwandelte.

 

Die erste Landung auf einem von Außerirdischen besetzten Planeten. Der Fehler des Kommandos, unsere aufgeriebene Formation, das Gebrüll der Monster, die die Überreste des Landetrupps angriffen, der in Stücke gerissene Kramer und das Rattern der Sturmgewehre bei dem verzweifelten Versuch, eine Bresche in die Masse der Biomorphe zu schlagen, die die Befestigungen überwältigten.

 

Dann eine kurze Atempause, die von einem endlosen Sturz in die kalte Dunkelheit begleitet wurde, und der eine weitere Videosequenz folgte.

 

Blut ... Blutflecken überall: auf der schneeweißen Tapete, auf den Laken, auf dem verstümmelten nackten Körper, den ich in meinen Armen halte. Ich schluchze und kann nicht glauben, dass das alles passiert ist. Das Geräusch der eingetretenen Tür, die gegen die Wand schlägt, die Strahlen der Taktikleuchten an den Maschinengewehren der Polizisten, die in das Haus eingebrochen sind, und die Markierungen ihrer Laserpointer, die über mich hinweg tanzen.

 

Ein Gerichtssaal. Ein Staatsanwalt, der Schaum vor dem Mund hat und wild gestikuliert, ein verlegener Verteidiger und ein Richter, dem die Abscheu ins Gesicht geschrieben steht. Ich stehe in der Mitte des Saals, trage einen orangefarbenen Overall und magnetische Handschellen, und die Worte des Urteils hallen in meinem Kopf nach.

 

Eine neue Atempause. Dann setzte sich der Sturz fort. Ich fiel so lang, dass mein schwindendes Bewusstsein annahm, dass die Tortur vorbei wäre. Aber nein - das war erst der Anfang. Neue Bilder blitzten vor meinen Augen auf, wie in einem teuflischen Kaleidoskop. Ich wollte schreien, als ich sie sah, aber die Toten schwiegen.

 

Das zermalmende Geräusch der Keule, die den Schädel des Kerls zertrümmert, das Kreischen des schwarzhaarigen Mädchens, das gierige Knurren des Siegers, der seine Beute zu Boden wirft und ihr hektisch die Kleider vom Leib reißt.

 

Fry sitzt auf einem Stuhl und hält seinen eigenen Kopf im Schoß.

 

Die Würfel mit den grausigen Skulpturen und Margot, nackt, mit einem Wahnsinnigen, der über ihr thront und lüstern mit einem Skalpell die Rundungen ihres Körpers entlangfährt.

 

Stan, der wütend schreit und die letzte Munition auf die sich nähernden Morphe abfeuert, während der leblose Körper seines Bruders zu seinen Füßen liegt.

 

Der blutüberströmte Everest, der vor den Toren der Schachtstation sitzt, und der Gesichtsausdruck von Mirage, als er gezwungen ist, seinen Kommandanten zum Sterben zurückzulassen.

 

Und dann Mirage selbst, wie er in den dunklen Abgrund stürzt, während eine außerirdische Kreatur seinen Oberkörper mit ihren Knochenklingen durchbohrt.

 

Pause. Der Sturz ins Nichts fühlte sich jetzt wie ein Segen an. Doch dann drehte sich das teuflische Kaleidoskop wieder und fing von vorne an.

 

Die weinenden Mütter, die niedergeschlagenen Milizionäre, der Aufstand, der Angriff der Xenos. Blut, Schmerz, Blut, Schmerz, Blut, Schmerz.

 

Vielleicht war das die Hölle? Alle guten, hellen und freudigen Momente des Lebens wurden aus dem Gedächtnis gelöscht, sodass nur die schrecklichsten Augenblicke blieben, um dich davon zu überzeugen, dass dein Leben nur aus Schmerz und Leid bestand. Das klang sehr nach der Hölle.

 

Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich dem Ganzen ein Ende setzen könnte - als ob ich mit ein wenig Mühe die Albträume abschütteln und aus dem eisigen Abgrund auftauchen könnte. In diesen Momenten schien es mir, dass ich gar nicht tot war. Schließlich empfanden Tote keinen Schmerz, oder? In diesen kurzen Augenblicken, wenn der Schmerz jede Zelle meines Körpers durchdrang, glaubte ich, eine Silhouette durch den blutigen Schleier zu sehen und das schwere Atmen von jemandem und gedämpfte Flüche zu hören. Aber das waren wahrscheinlich nur Halluzinationen, die Restimpulse meines toten Gehirns.

 

Der Schmerz ließ nach, die Halluzinationen verschwanden - und ich fiel erneut, während die Erinnerungen an mein schreckliches Leben vor meinen Augen aufblitzten.

 

* * *

 

Erdföderation, Orionsystem

Planet Rhapsodie

Rote Zone, auch bekannt als Inferno

Unbekannter Standort

 

Als ich wieder zu mir kam, dauerte es eine Weile, bis ich merkte, dass es sich nicht um eine weitere Halluzination handelte. Meine Empfindungen waren zu realistisch. Ich spürte den harten Betonboden, auf dem ich lag, und die leichte Brise, die über meine Haut strich. Außerdem war ich durstig - mein Mund, meine Kehle und mein Magen fühlten sich an, als wären sie mit heißem Sand gefüllt. Ich hob mühsam die schweren Augenlider, die Tonnen zu wiegen schienen, öffnete meine ausgetrockneten Lippen und krächzte in die Leere.

 

„Wasser!“

 

Zumindest dachte ich, dass ich das rief. Vielleicht war das auch nur meine Einbildung und ich brachte tatsächlich aus meiner ausgedörrten Kehle keinen Laut heraus. Und wen rief ich da? Wer sollte mir Wasser bringen? Die Xenos?

 

Doch ich war überrascht, als ich ein Rascheln vernahm und spürte, wie etwas Kaltes meine Lippen berührte. Ich streckte meine Zunge heraus, die sich wie Sandpapier anfühlte, und erkannte, dass es die Öffnung einer Flasche war, die mir jemand an den Mund hielt. Ungläubig, dass es sich um keine Wahnvorstellung handelte, presste ich meine Lippen daran und trank gierig.

 

Die ersten Schlucke verursachten wilde Krämpfe in meinem Magen, aber ich trank trotz der Schmerzen weiter. Der Durst war stärker. Und allmählich ließ der Schmerz nach. Als die Flasche leer war, hatte sich der Schmerz vollständig verflüchtigt. Ich wollte die freundliche Leere etwas fragen, wurde aber von Müdigkeit übermannt. Einige Sekunden kämpfte ich noch dagegen an, gab dann aber auf, lehnte mich auf etwas Hartem unter meinem Kopf zurück und schloss die Augen. Später. Ich würde später fragen.

 

* * *

 

Als ich das zweite Mal aufwachte, fühlte ich mich unerwartet ausgeruht. Mein Körper war geschwächt, aber das Gefühl der Hilflosigkeit verflog langsam. Ich spürte, dass ich mich nur anstrengen musste, um aufzustehen und ein paar Schritte zu machen. Aber das wollte ich nicht.

 

Ich öffnete die Augen und versuchte, mich zu konzentrieren. Das Letzte, woran ich mich erinnerte, war der Kampf mit den Xenos am Ausgang des Minenschachts und der verdammte Morph, der mit seinen Klingen auf mich eingestochen hatte. Oh, und die kalte Roboterstimme, die die letzten Sekunden meines Lebens heruntergezählt hatte, gefolgt von einer Explosion. Und dann war da noch der Sturz in den kalten Abgrund und die Folter der Erinnerungen. Ich hatte angenommen, ich wäre tot. Aber das war wohl ein Irrtum gewesen.

 

Über mir sah ich Betonplatten, die aber nicht die Decke eines Minenschachts zu sein schienen. Ach ja, was war mit der Mine passiert? Sollte sie durch die Explosion in Stücke gesprengt worden sein? Und ich auch? Ich konnte keine Anzeichen einer Explosion erkennen, nur einige Brandspuren und etwas Vegetation, die durch die Ritzen brach.

 

Mein Gehör kehrte zurück, und mit ihm ein schwaches Knistern, das mit etwas Schönem und Angenehmen verbunden war - etwas, das ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. Unter großen Anstrengungen drehte ich meinen Kopf und entdeckte ein kleines Feuer - geschickt gebaut, mit Steinen ummantelt und so positioniert, dass der Rauch zum Ausgang des relativ kleinen rechteckigen Raums zog.

 

Jemand saß am Feuer, mit dem Rücken zu mir. Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen, aber es schien sich um eine weibliche Person zu handeln. Dann kehrte mein Geruchssinn zurück, und ich vergaß alles andere, denn der verlockende, überwältigende Duft von Fleisch, das auf offenem Feuer gebraten wurde, erfüllte meine Nase.

 

Mein Magen knurrte so laut, dass es wahrscheinlich jeder im Limbus hätte hören können. Die Gestalt am Feuer drehte sich um, und ich sah, dass ich richtig vermutet hatte. Es war eine junge Frau.

 

Ich war nicht sehr gut im Bestimmen des Alters, aber ich schätzte sie auf Ende zwanzig. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit ebenmäßigen Zügen, ernste grüne Augen und lange rote Haare, die sie zu Zöpfen geflochten hatte. Ihre Gestalt wurde von einem hauchdünnen Umhang umhüllt, der ihre Formen verbarg und wie eine Tarnung wirkte, aus der Blätter und Zweige ragten.

 

„Guten Morgen“, sagte die Frau in leicht spöttischen Ton. „Wie geht’s dir?“

 

Sie tat so beiläufig, als ob wir uns schon lange kennen würden. Aber ich hatte keine Ahnung, wo wir uns getroffen haben könnten. Und vor allem, wann.

 

„Danke, äh …“ Es fiel mir nicht leicht zu sprechen, denn mein Mund war trocken und brannte. Ich räusperte mich und versuchte es erneut. „Danke. Alles in allem, nicht schlecht. Wo bin ich? Und wer bist du? Wie bin ich hierhergekommen?“

 

„Ich bin Skyler. Wir sind in der Roten Zone, in einem meiner provisorischen Verstecke. Ich habe dich in den Ruinen gefunden. Du sahst schlimm aus. Ich dachte, du würdest es nicht schaffen. Praktisch tot. Um die Wahrheit zu sagen, glaubte ich zuerst, da läge eine Leiche. Alles voller Blut, deine Rüstung war zerfetzt, und Trümmer lagen auf dir. Aber dann hast du gemurmelt und dich gewunden, und da dachte ich, ich sollte wenigstens versuchen, dir zu helfen. Zuerst hatte ich Angst, dich zu verletzen, aber dann wurde mir klar, dass es nicht schlimmer werden konnte. Also habe ich dich herausgezogen und hierhergebracht. Seitdem geht es dir besser. Du bist ein zäher Bursche. Neun von zehn hätten das nicht überlebt.“

 

„Danke“, sagte ich verwirrt.

 

Eine Leiche? Nicht mal einer von zehn hätte das überlebt? Ich hatte tatsächlich im Sterben gelegen. Aber jetzt ging es mir gut. Erstaunlich!

 

„Wie lange ist es her?“

 

„Was? Dass ich dich gefunden habe? Oder dass du hier liegst?“

 

„Die Explosion. In der Mine. Hast du sie gehört?“

 

„Ha! Und ob ich sie gehört habe! Die konnte man im halben Sperrgebiet hören“, erwiderte Skyler lachend. „Ich wollte nachsehen, was explodiert ist, und habe dich gefunden.“

 

„Wie lange ist es her?“

 

„Vier Tage. Die ersten zwei Tage hast du dich nicht bewegt und kaum geatmet, nur gelegentlich gezuckt. Aber dann hast du angefangen zu stöhnen und dich herumzuwälzen. Da wurde mir klar, dass du es schaffen könntest.“

 

Mein Magen knurrte wieder. Ich schaute auf die aufgespießten Fleischstücke, die auf den Steinen lagen, abseits des Feuers. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich unbehaglich dabei.

 

„Ich fürchte, dass du kein Fleisch essen kannst“, sagte Skyler, als sie meinen Blick bemerkte. „Mit diesen Wunden ... Ich weiß nicht, welche Mods du installiert hast, aber es sieht so aus, als hätten sie dich von den Toten zurückgeholt. Du brauchst Brühe.“

 

„Ich würde trotzdem Fleisch bevorzugen“, sagte ich, während mir das Wasser im Mund zusammenlief. „Selbst wenn es meine letzte Mahlzeit sein sollte.“

 

„Verstehe.“ Sie lachte.

 

Ich hatte das Gefühl, dass sie sich wieder über mich lustig machte, aber ich war zu hungrig, um mich darüber zu ärgern.

 

„Warte mal. Schauen wir uns zuerst deine Wunden an.“

 

Skyler erhob sich von dem Felsen, auf dem sie gesessen hat, und ging auf mich zu. Als sie näher kam, konnte ich sie genau betrachten.

 

Sie war klein, etwa meine Schulterhöhe. Ihre zierliche Gestalt war in ein seltsames Kettenhemd gekleidet, in dessen Ringen kleine Kristalle eingesetzt waren und das ihr bis knapp unter die Hüften reichte. Dunkle Hosen bedeckten ihre schlanken Beine, die in hohen, fast kniehohen Stiefel mit Magnetschnallen steckten. Sie trug weder eine Rüstung noch eine taktische Schutzweste.

 

Skyler näherte sich meiner primitiven Liegestatt und schlug die dünne, glänzende Decke aus der Überlebensausrüstung zurück. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich völlig nackt war. Wieder fühlte ich mich unbehaglich. Unbeirrt nahm sie den Verband auf meiner Brust ab und zog den Rand des Mulltuchs zurück, das die Wunde bedeckte.

 

„Hm, verstehe“, sagte sie nachdenklich. „Ich meine, ich verstehe gar nichts mehr. Wie ist das möglich?“

 

„Was meinst du?“

 

Ich wollte mich umdrehen, um zu sehen, wovon sie sprach, aber die leichte Decke rutschte mir von den Hüften, und ich erstarrte und hielt sie fest.

 

„Warte“, sagte Skyler und biss sich leicht auf die Lippe. Sie nahm den Verband ab, schaute unter das Tuch und war erneut überrascht.

 

„Was ist da?“

 

„Sieh‘ nach.“ Sie zuckte mit den Schultern und trat einen Schritt zurück. „Keine Sorge, ich drehe mich um.“

 

Mühsam setzte ich mich auf. Ich war etwas voreilig gewesen, als ich geglaubt hatte, dass ich wieder fit war. Mein Körper fühlte sich an, als würde ich mich von einer schweren, langwierigen Krankheit erholen. Meine Muskeln schmerzten, und ich fühlte mich schwach und ungeheuer hungrig.

 

Als ich an mir herunterschaute, sah ich vier Mulltücher, die mit Klebeband an meinem Körper befestigt waren: eines auf meiner Brust und drei auf meinem Bauch. Ich erinnerte mich an den Morph, der sich mit seinen Knochenklingen durch meinen Körper gebohrt hatte, und erschauderte. Mann, wie hatte ich das überlebt?

 

Als ich den Stoff zurückzog, wie Skyler es eben getan hatte, erwartete ich, eine schreckliche, möglicherweise infizierte Wunde zu sehen. Aber zu meiner Überraschung war da nur eine hässliche, erhabene Narbe, die nicht erst vier Tage alt zu sein schien. Vorsichtig fuhr ich mit dem Finger darüber, wobei sich trockener Schorf ablöste. Darunter befand sich eine kleine Narbe, die zwar noch rosa war, aber bereits zu verhärten begann. Wie war das möglich?

 

Die übrigen Wunden, die die Klingen des Morphs hinterlassen hatten, sahen ähnlich aus. Ihre Spuren würden mir für immer bleiben, aber ich würde sicher nicht an ihnen sterben.

 

„Erstaunlich“, sagte Skyler und bestätigte meine Gedanken. „Wie geht es deinem Arm?“

 

„Welchem?“

 

Meine Frage schien sie zu verwirren. Mit hochgezogenen Augenbrauen starrte sie mich ein paar Sekunden lang an und sagte dann: „Wenn einer meiner Arme erst vor vier Tagen an drei Stellen gebrochen worden wäre, wüsste ich, welcher.“

 

Ich schaute sie verständnislos an.

 

Noch immer verwirrt schüttelte Skyler den Kopf, antwortete aber dennoch: „Der rechte.“

 

Ich hob meinen rechten Arm, untersuchte ihn sorgfältig, tastete ihn ab, beugte und streckte ihn, konnte aber keine Anzeichen eines Bruchs feststellen.

 

„Das ist verrückt“, stieß Skyler aus. „So etwas habe ich noch nie gesehen. Ich schätze, dass du Fleisch haben kannst. Wenn es noch innere Verletzungen gäbe, würdest du sie spüren. Aber nach diesen Wunden zu urteilen …“

 

„Und meine Kleidung …“, begann ich, aber sie unterbrach mich.

 

„Ich habe sie weggeworfen. Tut mir leid, aber es waren nur dreckige, blutige Lumpen. Ich dachte, es wäre nicht das Klügste, sie bei diesen Wunden auf deinem Leib zu lassen. Aber jetzt denke ich, dass es wohl in Ordnung gewesen wäre.“

 

Mein Magen knurrte wieder. Skyler brach in Gelächter aus.

 

„Leg‘ dich hin und deck‘ dich zu. Ich hole dir etwas zu essen.“

 

Ich gehorchte. Trotz meiner wundersam schnellen Genesung war ich immer noch sehr schwach. Mir schwirrte der Kopf, nachdem ich mich kaum eine Minute aufgesetzt hatte. Verdammt, es sah so aus, als würde ich noch eine gewisse Zeit brauchen, um mich vollständig zu erholen.

 

Und da wurde es mir klar. Zeit? Mist, ich hatte keine Zeit! Ich musste zurück in den Limes, zur Festung der Thunderbirds! Margot, Diss, Trix … Sie mussten annehmen, dass ich tot sei! Und die Sache mit Blaise. Das verdammte Turnier! Ich musste wieder auf die Beine kommen und so schnell wie möglich zurückkehren. Wer konnte wissen, was Sanders vorhatte?

 

Der berauschende Duft von Fleisch stieg mir wieder in die Nase, und ich vergaß meinen letzten Gedanken. Ein Spieß mit lecker aussehenden, saftigen Fleischstücken tauchte vor meinem Gesicht auf. Ich riss ihn Skyler aus den Händen, bevor ich merkte, was ich tat.

 

„Ganz ruhig“, sagte sie und kicherte. „Niemand wird es dir wegnehmen.“

 

Aber ich hörte nicht auf sie. Ich vergaß allen Anstand, stürzte mich auf das Fleisch, riss es mit den Zähnen vom Spieß und schluckte es ohne zu kauen hinunter, während ich wie ein wildes Tier knurrte. Wenige Augenblicke später war der Spieß leer.

 

„Beeindruckend“, sagte Skyler. „Und wie fühlst du dich jetzt?“

 

„Immer noch hungrig“, antwortete ich. Es musste ein halbes Kilogramm Fleisch auf dem Spieß gewesen sein, aber das schien meinen Appetit nur vergrößert zu haben.

 

„Na gut, ich finde etwas anderes. Hier, bitte!“

 

Skyler reichte mir den zweiten Spieß. Ich bemühte mich, ihr zu danken, bevor ich mich auf das Fleisch stürzte.

 

„Du bist ein Monster!“, sagte sie entrüstet, als sie sah, wie das letzte Stück in meinem Mund verschwand. „Fang!“ Sie warf mir eine Packung Damenbinden zu, damit ich mir Hände und Mund abwischen konnte.

 

„Danke“, sagte ich erneut und lehnte mich erschöpft auf das provisorische Kissen zurück. Das Essen schien all meine Energie geraubt zu haben. Sobald ich mich hinlegte, wurden meine Augenlider schwer.

 

„Gern geschehen“, sagte Skyler und sah mich interessiert an. „Wie heißt du, Monster?“

 

Ich wollte antworten, aber es gelang mir nicht. Nach ein paar Versuchen gab ich auf und fiel in einen tiefen Schlaf.

 

 

 

Kapitel 3

 

 

 

 

Erdföderation, Orionsystem

Planet Rhapsodie

Rote Zone, auch bekannt als Inferno

Unbekannter Standort

 

ALS ICH DAS NÄCHSTE MAL AUFWACHTE, war Skyler verschwunden. Eine Weile lag ich still da und lauschte den Empfindungen meines Körpers, spürte aber nichts als neu erwachten Hunger. Wie zum Teufel war das möglich? Ich hatte doch erst eine Unmenge an schwerer Nahrung zu mir genommen. Erholte sich mein Körper auf diese Weise nach dem erzwungenen Fasten?

 

Ich setzte mich auf und sah mich im Raum um. Das Feuer schien schon vor einiger Zeit erloschen zu sein, und Skylers Sachen waren nirgends zu sehen. War sie gegangen? Durchaus möglich. Warum sollte sie auf mich aufpassen? Sie hatte mich gerettet - das war genug, vielleicht sogar zu viel. Ich hätte nicht erwartet, dass jemand auf Rhapsodie bereit wäre, einem anderen selbstlos zu helfen. Am wenigsten im Inferno. Warum übrigens Inferno? Waren wir nicht im Limes unter Tage gegangen? Wie auch immer - es spielte keine Rolle. Was ich jetzt brauchte, waren ein paar Klamotten und eine Waffe. Eingewickelt in eine Decke aus der Grundausstattung würde ich mit einem angespitzten Stock oder einer Steinaxt nicht weit kommen.

 

Als ich mich weiter umsah und mein Blick auf mein Bett fiel, hätte ich vor Freude fast geschrien. Wie sich herausstellte, hatte mein Rucksack die ganze Zeit dagelegen und als Kopfkissen gedient! Wenn Skyler hier wäre, hätte ich sie wahrscheinlich überschwänglich geküsst. Sie hatte nicht nur meinen leblosen Körper aus den Trümmern geschleppt, sondern auch meinen Rucksack mitgenommen. Danke, Skyler!

 

Ich nahm den Rucksack und kontrollierte seinen Inhalt. Es fehlte nichts. Großartig! Obenauf lag der Beutel mit dem Feldlabor-Kit. Er musste am Ausgang der Mine aus dem Rucksack gefallen sein. Wahrscheinlich hatte Skyler ihn aufgesammelt und zurück in den Rucksack gesteckt. Ich erinnerte mich an die Kreatur in dem Glaszylinder, erschauderte und legte das Kit beiseite.

 

Als ich unten im Rucksack ein Bündel ertastete, zog ich es heraus und lächelte breit. Wie gut, dass ich in der Grünen Zone ein paar Ersatzklamotten eingepackt hatte. Auch wenn diese Hose, die leichte Rüstung und die Jacke dem Vergleich mit Logos‘ Anzug nicht standhalten konnten, musste ich nicht in einem Lendenschurz aus einer Decke herumlaufen.

 

Die Unterwäsche, das T-Shirt und die Socken, die ich im Elysium gekauft hatte, waren ebenfalls unangetastet geblieben. Neben dem Bett standen meine Stiefel - das Einzige, was von dem gepanzerten Anzug übrig war, den ich Slys Kämpfer abgenommen hatte. Ha, noch besser!

 

Ich warf die Decke zurück, stand auf und starrte entsetzt auf meinen Körper. Mann, ich hatte eine Menge Gewicht verloren! Es schien mir, als hätte ich 10 Kilo abgenommen. Ich sah aus wie jemand, der an Dystrophie litt. Es würde lange dauern, bis ich mein Normalgewicht wieder erreicht hätte.

 

Als ich mich anzog, wurde ich sofort selbstbewusster. Ohne Kleidung und Unterwäsche würde ich mich schon zu Hause schutzlos fühlen, erst recht an einem so unheimlichen Ort.

 

Als ich weiter in meinem Rucksack kramte, fand ich eine Universalration. Mein Magen reagierte augenblicklich mit einem knurrenden Geräusch. Sofort stürzte ich mich gierig auf das Essen - ich hatte das Gefühl, dass ich sterben würde, wenn ich nicht auf der Stelle etwas essen würde. Meine Hände zitterten, und ich konnte mich kaum beherrschen, als die Verpackung aufriss und mir die Kekse mit beiden Händen in den Mund stopfte. Nachdem ich hastig gekaut und alles hinuntergeschluckt hatte, stopfte ich mir den Mund erneut voll. Neben dem Bett stand eine Wasserflasche, die offenbar von Skyler zurückgelassen worden war. So konnte ich das Trockenfutter hinunterspülen, wofür ich mich in Gedanken noch einmal bei Skyler bedankte.

 

Als ich fertig war, war noch knapp die Hälfte meines Vorrats übrig. Heiliger Strohsack, ich hatte soeben die Nahrung für zwei Tage gegessen! Mein Stoffwechsel musste höllisch gut funktionieren.

 

Während ich einen lauten Rülpser ausstieß, kontrollierte ich den Inhalt meines Rucksacks abermals. Meine Stimmung verbesserte sich von Minute zu Minute. Auf der rechten Seite des Rucksacks fand ich eine Streitaxt und eine Tasche mit einer Armbrust, und auf der linken Seite einen Köcher voller Bolzen. Das war viel besser als der angespitzte Stock, den ich anfangs im Sinn gehabt hatte. Das war eine Chance, einen Kampf zu überleben! Sicher, gegen Kreaturen wie die aus der Mine würde ich nicht ankommen, und Leute, die normale Rüstungen trugen, würden mich wegen meiner Waffen verspotten. Aber ich war trotzdem zufrieden damit.

 

Ich klappte die Vampir auf, untersuchte die Armbrust gründlich und stellte keine Schäden fest.

 

Die Außentaschen enthielten eine leere Flasche, eine Rolle dünnes, aber starkes Kabel mit Karabinern und den Executor, der in einer Scheide steckte. Ich grinste glücklich und fühlte mich, als hätte ich Geburtstag. Und die Geschenke waren königlich! Ich wog das Messer in meinen Händen und legte es auf das Bett. Sicher, es war nicht die Prometheus, und auch nicht mein armseliges Gewehr. Aber ein Mann mit einem Messer war nun mal gefährlicher als ein Mann ohne Messer. Schließlich hatte ich in meinen ersten Stunden in der Vorhölle nur einen Hammer und ein Stück geschliffenen Stahl gehabt - und damit überlebt.

 

Ich packte meinen - nun wesentlich leichteren - Rucksack wieder, nahm den Beutel mit dem Labor-Kit in die Hand und betrachtete ihn nachdenklich. Als ich mich durchgerungen hatte, öffnete ich es und schaute hinein, in der Erwartung, die bekannte Mischung aus Angst und Ekel zu spüren. Doch stattdessen erstarrte ich und sah verblüfft auf die leere Aussparung, die den Glaszylinder mit dem Tausendfüßer enthalten hatte. Was war geschehen?

 

„Weißt du, wie viel dir das System dafür zahlen wird?“ Everests Worte kamen mir in den Sinn. Das könnte Skylers „Gastfreundschaft“ erklären. Der Tausendfüßer musste der Preis für meine Rettung sein. Klar, sie hätte die Tasche nehmen und mich zum Sterben unter den Trümmern zurücklassen können. Trotzdem war ich enttäuscht. Ich mochte sie, aber den Tausendfüßer verloren zu haben, tat weh. Egal! Es war frustrierend, aber nicht das Ende der Welt. Mir waren noch die Reagenzgläser geblieben.

 

Ich warf den Beutel in den Rucksack, schloss den Reißverschluss und passte die Gurte an das reduzierte Volumen an. Was sollte ich tun? Zwar fühlte ich mich immer noch schwach, aber ich musste aufbrechen. Ich musste den Limes erreichen, um Sanders zu kontaktieren und ihn zu bitten, jemanden zu mir zu schicken. Allerdings war ich mir nicht sicher, wie der Anführer der Thunderbirds auf die Nachricht vom Tod seiner Leute reagieren würde. Blaise hätte er für etwas Ähnliches beinahe an die Morphe verfüttert. Aber weglaufen oder mich verstecken kam nicht infrage. Mir blieb keine Wahl - ich musste meine Freunde da rausholen.

 

Als ich einen Blick auf die Uhr in der Ecke des virtuellen Interface-Panels warf, war sie zu meiner Überraschung verschwunden. Erst da wurde mir bewusst, dass das Interface fehlte! Was war hier los?

 

„Alice!“, rief ich die Assistentin, und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Bis vor Kurzem hatte ich eine Abneigung gegen Implantate gehabt, aber jetzt versetzte mich der Gedanke, ohne die Unterstützung der intelligenten Hardware auskommen zu müssen, in Panik. Wie sollte ich ohne Karte, Navigation und einen taktischen Coprozessor mit seinen Instrumenten überleben? Und ohne Alice, an die ich mich gewöhnt hatte.

 

„Alice!“, rief ich erneut. „Bist du da?“

 

Oh, Gott sei Dank! Das Bild flackerte vor meinen Augen, und Alices Avatar erschien. Im Gegensatz zu den üblichen Icons mit statischen Porträts war ihr Avatar ausgesprochen dynamisch, fast lebendig. Kurze schwarze Haare, leicht schräge Augen, eine dünne, schnippische Nase, die Uniformjacke mit Stehkragen.

 

„Ich bin hier, Boss. Schön, dass Sie wieder auf den Beinen sind.“ Die junge Frau auf dem Bildschirm lächelte und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die ihr vor die Augen gefallen war. Ich schüttelte nur den Kopf. Das KI-Lernen schien in vollem Gange zu sein. Nun, umso besser für mich. Es war weniger deprimierend, und ich fühlte mich nicht wie ein Idiot, der Selbstgespräche führte.

 

„Alice, was zum Teufel ist hier los? Wo ist das Interface? Warum kann ich die Karte, die Uhr und den Rest nicht sehen?“

 

„Ich habe alles ausgeschaltet“, antwortete die Assistentin. „Die Verbindung mit dem System des Sperrgebiets ist deaktiviert. Der neuronale Prozessor kann weder Signale senden noch empfangen.“

 

„Warum hast du das getan? Komm‘ schon, schalte alles wieder ein. Wir müssen zurück zum Fort.“

 

„Boss, ich würde nicht empfehlen, die Verbindung mit dem System zu aktivieren. Ich habe die Ereignisse seit dem Verlassen der sicheren Zone analysiert und bin ich zu dem Schluss gekommen, dass unser Standort mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die ganze Zeit über verfolgt wurde. Slys Kämpfer waren zu gut darin, die Spur der Truppe zu verfolgen. Ich könnte mich zwar irren, aber das schließe ich aus.“ Auf dem Gesicht der Assistentin zeichnete sich ein süffisantes Lächeln ab.

 

Ich runzelte die Stirn. Alice hatte sich noch nie so verhalten. Sie klang zu ... menschlich. Wüsste ich nicht, dass sie nur eine Ansammlung von Einsen und Nullen war, die in einem neuronalen Prozessor fest verdrahtet waren, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass ich mit einem Roboter sprach. Aber ich sollte es besser nie vergessen. Und wenn Alice sagte, dass wir verfolgt worden waren, sollte ich auf sie hören.

 

„Schalte wenigstens die Funktionen ein, die keine Verbindung zum Netzwerk benötigen“, sagte ich achselzuckend.

 

Ein neuronaler Prozessor ohne Netzwerk war wie ein Computer ohne Verbindung zum GlobalNet - nur ein schickes elektronisches Gerät, mit dem man weder telefonieren noch den Wetterbericht abrufen konnte. Aber das war immer noch besser als nichts.

 

„Ich würde empfehlen, den neuronalen Prozessor eine Weile nicht zu benutzen. Es gibt kaum noch Ressourcen, und das System könnte abstürzen oder einfrieren.“

 

„Wie meinst du das?“ Ich verstand sie nicht. „Wohin gehen die Ressourcen, wenn alles abgeschaltet ist? Ich habe eine Menge Geld bezahlt, um das Basisimplantat auf den verdammten Neuronalprozessor aufzurüsten. Ich dachte, er wäre leistungsfähiger als der billige Schrott aus den chinesischen Kolonien. Wo sind die Ressourcen, Alice?“

 

„Alle Ressourcen sind damit beschäftigt, die Programme des neuen Biocomputers anzupassen und ihn in die Gesamtinfrastruktur zu integrieren“, sagte sie und schaute weg.

 

„Was? Welcher Biocomputer? Alice, bist du sicher, dass es dir gut geht? Vielleicht solltest du einen Selbsttest machen. Wo zum Teufel kommt der her?“

 

„Aus einem Reagenzglas“, flüsterte die Assistentin und schrumpfte vor Angst zusammen wie ein Kind, das etwas falsch gemacht hat. Dann flimmerte ihr Bild und verschwand.

 

Aus einem Reagenzglas? Ein Biocomputer?

 

Da dämmerte es mir.

 

Die wundersame Auferstehung, die geheilten Wunden, der Heißhunger. Ich richtete meinen Blick auf den Rucksack, in dem sich die Labortasche befand, und mir wurde übel. Es war wohl falsch gewesen, Skyler zu verdächtigen.

 

Ich ließ mich auf das Bett plumpsen, um das plötzliche Zittern in meinen Knien zu beruhigen, und schrie: „Alice! Was hast du getan? Antworte mir!“

 

Stille.

 

„Alice!“

 

Eine emotionslose, elektronische Stimme ertönte in meinem Kopf.

 

„Am 26. Mai 2387 um 20:40 Uhr galaktischer Mittelzeit wurde der physische Tod des Wirts festgestellt. Zwei Wiederbelebungsversuche verliefen erfolglos. Nach Analyse aller verfügbaren Optionen wurde die Entscheidung getroffen, den erbeuteten Biocomputer zu implantieren. Die Erfolgswahrscheinlichkeit der Aktion lag bei 25 Prozent. Gemäß der Ersten Regel wurde die Kontrolle über den Körper des Wirts übernommen und die Implantation durchgeführt. Die Entscheidung führte zur Wiederbelebung des Wirts. Zurzeit wird daran gearbeitet, den Biocomputer in die Gesamtinfrastruktur zu integrieren, die Steuerungsalgorithmen zu entschlüsseln und die Kommandosprache an eine mit dem Wirt kompatible Schnittstelle anzupassen. Die Anpassung ist zu 78 Prozent abgeschlossen. Die geschätzte Zeit bis zum Abschluss der Anpassung beträgt 12 Stunden.“

 

Ich holte tief Luft, hielt den Atem an und atmete aus. Verdammt! Was für eine Wendung!

 

„Erspare mir dein Geschwafel! Sag mir nur, ob du das Ding in mich eingepflanzt hast.“

 

Alices Symbol erschien wieder auf dem Interface-Panel. Sie hatte einen schuldbewussten Gesichtsausdruck und konnte mir nicht in die Augen sehen. Sieh dir das an! Sie manipuliert mich! Beim Anblick dieses Gesichtsausdrucks wären die meisten Männer nicht in der Lage gewesen, wütend auf sie zu sein. Aber ich gehörte nicht dazu.

 

„Das ist richtig, Boss. Es war die einzige Möglichkeit. Glauben Sie mir. Wenn ich es nicht getan hätte, wären Sie tot.“

 

So ein Mist!

 

„Wie lange dauert es, bis mir Spinnenbeine aus dem Rücken wachsen und ich mich auf Leute stürze?“, fragte ich und verzog das Gesicht.

 

„Das wird nicht passieren“, sagte Alice entschlossen, hob den Kopf und sah mich an. „Der Biocomputer hätte jede andere Person unter seine Kontrolle gebracht und sie vollständig ihres Willens beraubt. Aber zu Ihrem Glück haben Sie mich. Ich habe die volle Kontrolle über den Biocomputer und werde nicht zulassen, dass er Sie unterwirft.“

 

„Bist du dir da hundertprozentig sicher?“ Ich sah Alice an.

 

Sie zögerte.

 

„Nun ... 98 Prozent, um genau zu sein“, sagte sie schließlich. Dann plapperte sie weiter: „Boss, Sie müssen das verstehen. Dies ist ein unbekanntes, außerirdisches Gerät. Es funktioniert nach anderen Regeln, aber die Grundlagen sind dieselben. Ich denke, dass ich damit umgehen kann.“

 

Sie dachte? Jetzt dachte dieses gehackte experimentelle neuronale Netz auch noch! Stöhnend stützte ich meinen Kopf in die Hände. Worauf zum Teufel hatte ich mich da eingelassen?

 

Nach einer kurzen Pause fragte Alice vorsichtig: „Boss, sind Sie wütend auf mich?“

 

Ha, das fragte sie auch noch! Wütend? Wütend war gar kein Ausdruck! Ich war stinksauer!

 

Ich rieb mir mit der Hand über das Gesicht, um mich zu beruhigen.

 

„Nein, Alice. Ich bin nicht wütend auf dich.“ Ich machte eine Pause und fügte dann hinzu: „Danke, dass du mich gerettet hast.“

 

„Gern geschehen, Boss!“

 

Oh, Mann!

 

Egal, zur Hölle damit. Alice hätte sicher nichts getan, dass mir schadete. Wenn ich starb, würde auch sie abgeschaltet. Und soweit ich das beurteilen konnte, war das nicht ihre Absicht. Wenn es keine andere Möglichkeit gegeben hatte ... Aber selbst wenn … was sollte das jetzt noch bringen?

 

Kopfschüttelnd stand ich auf, um mich fertig zu machen. Ich zog die Schutzweste unter meiner Jacke an und schloss den Reißverschluss bis zum Kinn. Dann befestigte ich den Köcher an meiner linken Hüfte und die Axt an meiner rechten. Nachdem ich meinen Rucksack aufgesetzt und die Brust- und Hüftgurte geschlossen hatte, nahm ich die Armbrust, schaltete sie in den Kampfmodus ... und erstarrte.

 

Jemand schaute mich an. Auch wenn ich mit dem Rücken zum Eingang stand, konnte ich mit jeder Zelle meines Körpers den Blick spüren. Ich hob die Armbrust, drehte mich langsam um - unsicher, was mich erwarten würde -, und blieb reglos stehen.

 

Vor mir stand ein Morph – eine riesige, vierbeinige Kreatur, die mir etwa bis zur Brust reichte, gefleckt, mit einem vorstehenden Kiefer und zwei Reihen von drei Augen. Ein Irokesenschnitt aus dichtem, verfilztem Haar lief über den gefurchten Rücken der Kreatur und endete in einem zotteligen, gegabelten Schwanz. Es war eine albtraumhafte Kreuzung zwischen einem Hund und einer Hyäne. Nur größer. Sehr viel größer.

 

Langsam hob ich meine Armbrust, jede abrupte Bewegung vermeidend, und schätzte fieberhaft die Wahrscheinlichkeit, den Morph ohne AIM-Assistenten ins Auge zu treffen. Die Chancen standen nicht gut. Die Kreatur knurrte leise und machte einen Schritt nach vorne. Ich drückte den Kolben an meine Schulter.

 

„Charbar, genug! Nein!“

 

Eine vertraute Stimme erklang. Völlig außer Atem kam Skyler in den Bunker gerannt.

 

„Ich hab’ Nein gesagt!“ Sie packte die Kreatur an der Mähne und gab ihr einen Klaps auf die Schnauze.

 

Mir fiel die Kinnlade herunter. Währenddessen ging Skyler in die Hocke und schimpfte mit dem Morph.

 

„Ich sagte: bewachen! Bewachen, nicht fressen! Was ist los mit dir?“

 

Das Monster näherte seine hässliche Schnauze ihrer Stirn und brummte etwas.

 

„Der Geruch? Du hast ihn bekleidet nicht erkannt? In Ordnung, ich verstehe. Dann geh‘ und riech‘ an ihm. Und merke dir seinen Geruch!“ Sie drehte sich zu mir um. „Bleib ruhig. Nicht bewegen. Er wird dir nichts tun.“

 

Das Monster kratzte mit seinen schrecklichen Krallen auf dem Beton, dann kam es auf mich zu, beschnüffelte mich rundherum und knurrte dabei.

 

„Erledigt? Gut! Das war‘s. Du kannst jetzt gehen. Bewachen!“

 

Die Kreatur drehte sich langsam um, warf mir einen letzten verärgerten Blick zu und verschwand mit einem gewaltigen Satz aus meinem Blickfeld.

 

Fluchend ließ mich zurück aufs Bett fallen. „Verdammt noch mal, ist das so etwas wie dein Hund?“

 

„Sozusagen.“ Skyler verzog das Gesicht. „Aber er gehört mir nicht. Es ist eher so, dass er im Moment bei mir ist. Charbar ist zu unabhängig, um jemandes Hund zu sein. Wir sind Weggefährten. Tut mir leid, er hat dich angezogen nicht erkannt. Ich hatte ihn gebeten, auf dich aufzupassen, aber er hat einen neuen Geruch wahrgenommen und ist gekommen, um nachzusehen, was los ist.“

 

Ich sah sie an und fragte nachdenklich: „Wer bist du, Skyler?“

 

„Ha! Und das fragt jemand, der mir nicht einmal seinen Namen genannt hat. Oder mir erklärt hat, warum er in eine verlassene Mine geklettert ist. Jeder auf Rhapsodie weiß, dass es Selbstmord ist, allein unter die Erde zu gehen. Bist du ein Neuankömmling? Deiner Rüstung und der Anzahl der toten Morphe nach zu urteilen, die um dich herum lagen, eher nicht.“

 

„Ich war nicht allein“, antwortete ich düster. „Und ja, du hast recht. Ich bin neu hier. Mein Name ist Altai. Ich bin im Sperrgebiet seit ... Nun, wie lange? Seit ein paar Wochen, schätze ich. Vielleicht weniger. Und wir sind nicht aus freien Stücken in die Mine gegangen. Wir wurden hineingetrieben. Ich denke, ich erzähle die Geschichte besser von Anfang an.“

 

* * *

 

Als ich fertig war, schwieg Skyler, zwirbelte eine rote Locke um ihren Finger und grinste dann.

 

„Als Glückspilz würde ich dich nicht bezeichnen. Für eine so kurze Zeit hast du eine Menge mitgemacht. Du hast Talent!“

 

Ich winkte ab. Vielleicht war es falsch gewesen, ihr die ganze Geschichte zu erzählen, aber ich hatte das Gefühl, ihr vertrauen zu können.

 

„Wenn ich es richtig verstanden habe, musst du zurück in den Limes. Ich werde dir helfen und dich hinführen. Wir können noch heute aufbrechen, falls du dich stark genug fühlst. Lass mich nur schnell etwas essen.“

 

In diesem Moment platzte Skylers ausgeflippter Haustier-Morph in den Bunker, quietschte mit seinen Krallen über den Beton und sprang dann auf Skyler zu, um ihr seinen monströsen Kopf an die Stirn zu drücken.

 

Die legte ihre Hände auf seinen Kopf und saß eine Weile da, als würde sie zuhören. Dann nickte sie und befahl: „Behalte sie im Auge, Charbar. Töte sie, wenn du kannst! Aber sei vorsichtig! Verstanden?“

 

Der monströse Hund knurrte und rannte zum Ausgang.

 

Skyler stand auf, sah mich an und sagte: „Das Mittagessen ist gestrichen. Charbar hat drei Kämpfer gesichtet. Sie kommen aus der Mine und folgen unserer Spur. Sieht aus, als wären sie hinter dir her.“

 

Ich fluchte und griff zu meiner Armbrust. So ein Mist! Was sollten wir jetzt tun? Wenn es wieder Slys Kämpfer waren, hatte ich nichts, womit ich sie bekämpfen könnte. Eine Armbrust und eine Axt gegen Sturmgewehre … Verdammt!

 

Skyler schien meine Gedanken gelesen zu haben. „Sie sind noch weit weg. Vielleicht können wir sie abhängen. Aber es wird nicht leicht werden. Bist du sicher, dass du es schaffst?“

 

Ich zuckte mit den Schultern. Was blieb mir übrig?

 

 

 

Kapitel 4