Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 653 - Katja von Seeberg - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 653 E-Book

Katja von Seeberg

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Beschreibung

Auf dem Friedhof, wo Inga Baroness von Holsten und Hans von Sikorski ihrer geliebten Verstorbenen gedenken, schwören die beiden sich Liebe und Treue für ein ganzes Leben. Doch die Umstände verhindern, dass sich ihr Wunsch nach einem gemeinsamen Leben sofort erfüllen kann. Während sie sich in Geduld üben, kommt es zu einem tragischen Zwischenfall. Hans, der Zugezogene, bringt durch eine unbedachte Bemerkung - mehr ein Missverständnis als böser Wille - das ganze Dorf gegen sich auf. In ihren Augen ist er ein Denunziant, und bald sieht Hans sich gezwungen, den Ort als Verfemter zu verlassen.
Nun muss Inga sich entscheiden zwischen ihrer tiefen Liebe zu Hans und der Liebe zur Heimat, zum Gut Tronsenhof und zu ihrer Familie ...


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Inhalt

Cover

Ewiges Rätsel Liebe

Vorschau

Impressum

Ewiges Rätsel Liebe

Meisterwerk um ein schweres Opfer

Auf dem Friedhof, wo Inga Baroness von Holsten und Hans von Sikorski ihrer geliebten Verstorbenen gedenken, schwören die beiden sich Liebe und Treue für ein ganzes Leben. Doch die Umstände verhindern, dass sich ihr Wunsch nach einem gemeinsamen Leben sofort erfüllen kann. Während sie sich in Geduld üben, kommt es zu einem tragischen Zwischenfall. Hans, der Zugezogene, bringt durch eine unbedachte Bemerkung – mehr ein Missverständnis als böser Wille – das ganze Dorf gegen sich auf. In den Augen der Menschen ist er ein Denunziant, und bald sieht Hans sich gezwungen, den Ort als Verfemter zu verlassen.

Nun muss Inga sich entscheiden zwischen ihrer tiefen Liebe zu Hans und der Liebe zur Heimat, zum Gut Tronsenhof und zu ihrer Familie ...

Inga Baroness von Holsten durchquerte auf dem Weg zum rückwärtigen Ausgang des Gutshauses die Küche. Sie trug eine Basttasche am Arm, in der einige handliche Gartengeräte klapperten.

»Der Frühling wartet in diesem Jahr nicht auf die Eisheiligen«, brummte die Köchin und beschäftigte sich dabei angelegentlich mit der Quarkspeise. »Im Garten springen nämlich schon die Knospen auf.«

»Stimmt.« Inga nickte. »Ich gehe dann jetzt, Auguste.«

»Nehmen Sie Rainer nicht mit?«

»Ich möchte nicht«, sagte die Baroness leise. »Ich habe doch länger am Grab zu tun, und dann langweilt er sich und ist immer so wild.«

Die Köchin nickte. Sie verstand, dass dieser seltene Gang der Tochter zum Grab der Mutter eine kleine Feierstunde sein sollte. Und Rainer von Holsten war trotz der teilweisen Lähmung seiner Beine ein rechter Wildfang.

Ungezählte Male fiel er hin und verletzte sich, aber das hinderte ihn nicht, immer von Neuem hastig zu springen und alle Vorsicht außer Acht zu lassen. Zu gern wollte er sein wie andere Kinder und es diesen gleichtun.

Baroness Inga schritt mit der Basttasche am Arm leichtfüßig aus. Wie selten kam es vor, dass eine Stunde einmal ihr allein gehörte! Sie wollte sie also richtig genießen!

Als sie den Fahrweg unter den Eichen hinter sich hatte, der bis zur Landstraße führte, wurde sie erst richtig gewahr, wie weit der Frühling schon fortgeschritten war.

Der Fliederbusch vor dem Haus des Chausseeaufsehers hatte grüne Spitzen. Die Stare lärmten gewaltig bei der Einrichtung ihrer Nistkästen. Die Luft roch nach frischem Grün und Schollenfeuchtigkeit.

Die Baronin von Holsten hatte ihr Grab nicht mehr auf dem winzigen Gottesacker neben der Kirche bekommen. Der war so klein und eng in seiner Mauerumfriedung, dass schon längst niemand mehr dort gebettet wurde.

Hinter dem »Gerheimer Krug«, in dem der alte Wirt Jan Braukwitz mehr und mehr die Zügel der Wirtschaft schleifen ließ, lag der neue Friedhof, der auch schon seit zehn Jahren bestand.

Baroness Inga grüßte nach rechts und links. Die Tochter des Bürgermeisters ging mit der gefüllten Einkaufstasche vorüber und grüßte. Unter der Tür seiner Werkstatt stand der Schuster und tat es ihr gleich.

»Gehen Sie zum Friedhof, Baroness?«, fragte das junge Mädchen neugierig. In dem holsteinischen Dorf passierte so wenig, dass man für jedes noch so kleine Ereignis dankbar war.

»Ja, ich will das Grab meiner Mutter pflegen!«

»Das muss sein. Der Frühling kommt mit Macht. Aber warum lassen Sie es nicht den Gärtner machen, Baroness?«

»Ich tue es gern«, lautete die Antwort.

Baroness Inga war schon vorüber. Und obwohl es manchmal lästig war, jeden zu kennen und von jedem gekannt zu werden, schuf das andererseits auch das Gefühl einer großen Zusammengehörigkeit.

Das Dorf Gerheim bildete eine festgefügte Lebensgemeinschaft. Keiner konnte hier so leicht eigene Wege gehen.

Wollte die Baroness das etwa? Nein, sie dachte mit Schaudern zurück an ihren Versuch, aus der strengen Ordnung ihres Lebens auf dem Gut auszubrechen und sich ein eigenes Leben zu schaffen. Das war gescheitert. Die Heimat hatte sie festgehalten, Baroness Inga hatte sich beschieden.

Ihre Schuhe knirschten auf dem Kies, mit dem die Wege des Friedhofes bestreut waren. Das Grab ihrer Mutter lag an der Westseite, gleich neben einem Lebensbaum, der so kräftig roch.

Eine Traueresche hatte der Baron von Holsten pflanzen lassen. Sie war sorgfältig beschnitten und überwölbte mit einer sich eben jetzt begrünenden Kuppel Grabhügel und Bank.

Drei Jahre war es her, dass Mechthild Baronin von Holsten durch eine schwere Krankheit von der Seite der Ihren gerissen worden war. Damals war Baroness Inga erst achtzehn gewesen. Wie ein Kind hatte sie noch gefühlt und gedacht und doch die Pflichten einer Erwachsenen übernehmen müssen.

Zwei jüngere Brüder brauchten ihre Fürsorge. Und ihr Vater verließ sich in Fragen der Haushaltsführung ganz auf sie. Die Bediensteten erwarteten von ihr die Anweisungen.

Manchmal war es fast zu viel für das junge Mädchen gewesen. Aber inzwischen hatte sich Inga daran gewöhnt. Und doch war sie froh, wenn sie einmal entfliehen und ganz für sich sein konnte, wie zum Beispiel jetzt am Grab ihrer Mutter.

Sie kniete nieder und säuberte liebevoll den Hügel von den vertrockneten Fichtenzweigen, die den Winter über darauf gelegen hatten. Dann griff sie zum Werkzeug und grub kleine Löcher aus für die Stiefmütterchen, die sie in der Basttasche mitgebracht hatte.

Vertieft in ihre Arbeit, hatte sie den Schritt nicht gehört, der sich hinter ihr näherte.

»Guten Abend!«, sagte eine tiefe, warme Stimme.

Sie fuhr kniend herum und starrte empor.

»Herr von Sikorski, Sie hier? Suchen Sie jemanden auf dem Gottesacker?«

In ihrer Stimme klang leise Furcht mit, denn sie hatte das Gespräch auf dem Ball des Grafen von Grabow vor zwei Monaten nicht vergessen. Seine Worte von damals trug sie noch in ihrem Herzen, und suchte er sie jetzt hier, um sie zu bedrängen?

Er hatte ihr damals gesagt, dass sie schön wäre und dass er sie bewundere. Und sie hatte ihn zurückgewiesen mit der Bemerkung, zum Herumschäkern keine Zeit zu haben.

»Ich suche niemanden«, sagte er beruhigend, denn er verstand es, in ihren Augen zu lesen und das Unausgesprochene zu deuten. »Für mich ist heute nur ein Erinnerungstag, ein Tag, der mich auf den Friedhof treibt.«

»Ach so«, sagte sie nickend. »Ich kann es mir denken.«

»Ja«, erwiderte er, »heute vor fünf Jahren war es, da fanden sie beide den Tod.«

Sie wusste, dass er von seiner Frau und dem kleinen Jungen sprach, die er nicht mehr lebend angetroffen hatte, als er von einer Reise zu seinem abgebrannten Haus zurückgekehrt war.

Er hatte es ihr auf jenem Ball bei dem Grafen von Grabow erzählt. Aufmerksam hatte sie gelauscht und sich vorgestellt, wie furchtbar ein solches Erlebnis gewesen sein musste.

Hans von Sikorski war als Sohn eines Gutsbesitzers in Ostpreußen geboren worden. Seine Kindheit hatte er wenigstens noch teilweise auf den Koppeln bei den Pferden, die sein Vater gezüchtet hatte, verbracht. Nach dem Krieg hatten sie die Heimat verlassen und sich mit dem Stadtleben in Lübeck abfinden müssen.

Ein Gut gab es nicht mehr für den Flüchtlingssohn, obwohl die Sikorskis seit Jahrhunderten Landwirte und Pferdezüchter gewesen waren. Jetzt also musste der Letzte ihres Namens einen anderen Beruf erwählen.

Seine guten Manieren und sein Sprachtalent ausnutzend, war er ins Hotelfach eingestiegen. Die Entschädigung, die sein Vater für seinen verlorenen Besitz erhalten hatte, hatte ausgereicht, dem Sohn zu einem eigenen kleinen Hotel in Travemünde zu verhelfen.

Und dort war es dann geschehen, während Hans von Sikorski in Hamburg geweilt hatte. Durch einen Kurzschluss hatte sich leicht brennbares Material im Keller entzündet. Und als erst mitten in der Nacht der Brand von einem spät heimkehrenden Hausmädchen entdeckt und Alarm geschlagen worden war, da hatte die Treppe schon in Flammen gestanden.

Friedel von Sikorski und der kleine Lars hatten nicht mehr zur Tür hinausgekonnt. Der Sprung aus dem Fenster, der vielleicht die Rettung bedeutet hätte, war ihnen nicht mehr gelungen, weil sie, betäubt vom Rauch, ohnmächtig niedergesunken waren. Nur noch die verkohlten Leichen waren gefunden worden.

Heute jährte sich also dieser Unglückstag zum fünften Mal. Der Friedhof von Travemünde aber lag gut hundert Kilometer entfernt. Doch hier zwischen fremden Gräbern hatte Hans von Sikorski das Gefühl, seinen geliebten Toten nahe zu sein.

»Meine Mutter ist nun auch schon drei Jahre tot«, sagte Baroness Inga und wandte sich wieder den Stiefmütterchen mit den blauen und gelben Blüten zu, die sie in die Erde setzen wollte.

»Drei Jahre sind lange genug, um einen Schmerz zu verwinden«, erwiderte er. »Für mich liegt die Vergangenheit schon so fern, dass sie gar keine Wirklichkeit mehr hat. Bei Ihnen ist das etwas anderes. Sie können dieses Grab pflegen. Ich aber habe bewusst Travemünde den Rücken gekehrt, um ein ganz neues Leben zu beginnen.«

Was sollte sie dazu sagen? Sie wünschte sich gar nicht, dass die Vergangenheit für ihn noch lebendiger wäre, denn sie wollte, dass er vergaß. Also musste sie froh sein, dass er das Gefühl hatte, von jenem schrecklichen Erlebnis schon weit entfernt zu sein, so weit, dass es kaum noch Wirklichkeit besaß.

Froh musste sie sein, weil sich seit dem Ball bei dem Grafen von Grabow ihre Gedanken mit diesem Mann beschäftigten und ihr sehnsüchtiges Herz geheime Wünsche hegte, die sie sich selbst nicht und auch niemandem sonst einzugestehen wagte.

»Wünschten Sie, die Gräber wären hier?«

Sie drehte den Kopf und sah ihn prüfend an. Ihre blauen Augen zeigten Vorsicht und ängstliche Zurückhaltung.

»Inga«, sagte er sanft und verständnisvoll. »Sie sind im Begriff, mich ganz falsch zu verstehen! Ich widme meinen Toten einen Tag der Erinnerung, das ist alles. Meine Wünsche aber gehen in die Zukunft.«

Jetzt errötete sie und strich sich mit dem Handrücken das Haar aus der Stirn.

»Ich muss mich beeilen«, murmelte sie. »Die Dämmerung kommt um diese Zeit noch früh.«

Inga hatte sich also verraten. Sie hatte ihm gezeigt, wie sehr sie sich in Gedanken mit ihm beschäftigte und wie eifersüchtig sie auf das war, was hinter ihm lag. Sie war zornig auf sich selbst.

Hinter ihrem eifrig gebeugten Rücken lächelte er. Es war ein zärtliches, schönes Lächeln, das seinem herben Männergesicht gut stand. Die silbernen Fäden im dunklen Haar des Dreißigjährigen gaben diesem jungen Lächeln den rechten Ernst.

»Ich werde Ihnen helfen!«, erklärte er.

Er legte seinen weichen grauen Filzhut auf die grün gestrichene Friedhofsbank und kniete neben ihr nieder.

»Geben Sie mir den Klappspaten! Also, hier soll sicher noch eine Pflanze hin und dort, nicht wahr? So sind sie gleichmäßig verteilt, und hoffentlich gehen sie gut an«

Er sprach ganz sachlich. Sie reichte ihm mit nervösen Fingern eine Pflanze herüber. Er senkte sie in die kleine Grube und drückte die Erde rundherum fest.

»Starb Ihre Mutter eigentlich plötzlich, Inga?«

»Nein, sie war lange krank, und ihr schreckliches Leiden ist mir noch gut in Erinnerung. Ich hatte also Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass sie uns alleinlassen würde und dass ich ihren Platz dann einnehmen müsste. Dennoch war ihr Tod nicht weniger schlimm.«

»Ich verstehe. Sie waren ja noch ein halbes Kind. Unbeschwerte Lebensfreude hätte Ihnen zugestanden.«

»Ich war achtzehn, mein ältester Bruder neunzehn und die beiden Kleinen zwölf und acht.«

»Und in der ganzen Verwandtschaft gab es keine Frau, die Ihre Mutter hätte ersetzen können?«

»Keine wollte mit meinem Vater zusammenleben, denn er ist jähzornig, eigenwillig und streng. Er überwarf sich mit allen.«

Inga stand auf und klopfte die Erde von ihren Händen.

»Davon habe ich schon gehört«, sagte er und erhob sich ebenfalls.

»Was haben Sie gehört? Ja, man klatscht über uns. Oh, die Leute sind boshaft! Hörten Sie etwas über ...«

Sie brach hilflos ab.

»... den jungen Mann, der um Ihre Hand anhielt und den Ihr Vater abwies?«, beendete er ihren Satz. »Warum schämen Sie sich dieser Sache? Ist es nicht ganz natürlich, dass ein junger Mensch lieben will? Auch ich war jung, als ich heiratete.«

»Sie sind ein Mann«, sagte sie leise. »Ein Mann darf alles. Über ein Mädchen, das schon einmal liebte, bricht man den Stab.«

Hans bückte sich, hob die trockenen Fichtenzweige auf und drückte sie zu einem Bündel zusammen.

»Ich trage das zum Abfallkorb«, sagte er. »Und wenn es Ihnen recht ist, setzen wir uns dann noch einen Augenblick auf die Bank! Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir uns einmal aussprechen müssten.«

Es war eigentlich gar nicht möglich zu widersprechen, denn er ging schon mit seiner kleinen Last davon.

Inga räumte mechanisch das Werkzeug in die Basttasche, stellte diese neben die Bank und zog den Mantel enger um sich. Die Sonne war als rot glühender Ball am Horizont versunken. Ein bleigrauer Himmel, im Westen gleichmäßig rot getönt wie von einem Feuer, beschloss den Tag.

♥♥♥

Als Hans von Sikorski zurückkehrte, setzten sie sich auf die Bank.

»Ich habe Ihnen in unserem ersten Gespräch bei dem Grafen von Grabow über mich volle Klarheit gegeben«, begann er. »Sie wissen, ich hatte aus dem Nichts heraus angefangen und mir bei Travemünde eine Existenz geschaffen, die das Feuer vernichtete. Mit der Versicherungssumme habe ich hier von Neuem angefangen, weil ich einen räumlichen Abstand zwischen die Erinnerungen und mich legen wollte. Nun bin ich dabei, das alte Gasthaus ›Holsteiner Perle‹ zu einem modernen Wochenend- und Ferienhotel umzugestalten.«

»Ja, das haben Sie mir erzählt«, sagte Inga.

»Diese Aufgabe beschäftigt mich sehr, und das ist gut«, fuhr er fort. »So habe ich nicht viel Zeit zum Grübeln. Schon zeigen sich auch die ersten Erfolge. Mein Haus wird allmählich bekannt und empfiehlt sich. Ich habe gutes Personal. Mit den Einnahmen darf ich zufrieden sein. Sie würden mir gestatten, eine Frau zu ernähren.«

»Warum setzen Sie mir das so ausführlich auseinander?«

»Weil es für die Leute von Gerheim, für Ihren Vater und die anderen Gutsbesitzer der Gegend wichtig ist! Man gilt nur etwas, wenn man etwas hat. Gefühle zählen für die Welt nicht.«

Natürlich hatte er recht, und sie nickte.

»Sie wissen auch, dass ich bereits einmal verheiratet war. Ich war glücklich mit meiner Frau, und unser Kind war gesund und hübsch. Wir liebten es, taten unsere Arbeit und waren mit dem Leben zufrieden. Aber das ist nun alles vorbei.«

Dazu sagte Inge nichts.

»Ich bin jetzt das zweite Jahr in Gerheim und gestehe Ihnen ein, dass ich mich umgesehen habe nach einer Frau für mich. Es war nicht sehr wichtig, dass sie sehr viel hatte, aber ich musste ihr gut sein können, so gut wie Friedel.«

Er machte eine kleine Pause, dann sprach er weiter.

»Die Frauen«, sagte er, »die altersmäßig zu mir passten, begegneten mir alle mit Misstrauen. Ich bin nun einmal ein Fremder, ein Zugewanderter, und in einem Dorf wie Gerheim, in dem seit Jahrhunderten alles seinen Platz hat, hat es ein Außenseiter schwer.«

»Das ist wahr«, bestätigte Inga.

»Die jungen Menschen aber, die nicht so zurückhaltend sind, die passen alle nicht zu mir. Sie sind zu oberflächlich und zu wenig ernst.«

Inga nickte und starrte vor sich auf den Weg.

»Die Einzige«, fuhr er mit erhobener Stimme fort, »der ich gut sein konnte gleich beim ersten Sehen, das sind Sie.«

Sie holte bedrückt Luft und schaute krampfhaft an ihm vorbei. Wohin sollte dieses Gespräch noch führen?

»Ich habe es Ihnen schon neulich auf dem Fest gesagt«, sprach er weiter. »Ich habe Geduld. Ich werde auf Sie warten, Inga! Aber wenn ich mein ganzes Leben darauf einstelle, muss ich wissen, ob auch Sie genauso denken wie ich.«

»Ich«, stammelte sie, »ich habe Angst vor der Liebe!«

»Das rührt von der Enttäuschung her, die Sie hinter sich haben.« Er nickte verständnisvoll. »Ich glaube, Sie müssen mir einmal davon erzählen.«