Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 664 - Katja von Seeberg - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 664 E-Book

Katja von Seeberg

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Beschreibung

Während seines Urlaubs auf Schloss Burgreuth verliebt sich der Verleger Bernhard von Wank in das hübsche Burgfräulein Edda Komtess von Burgreuth. Nach ihrer Verlobung geht er selbstverständlich davon aus, dass Edda ihn nach München begleitet. Diesen Wunsch kann sie ihm jedoch nicht erfüllen. Sie wird schließlich im Schloss gebraucht. Ihre Zwillingsschwester ist nach Hollywood geflogen und hofft, dort als Schauspielerin entdeckt zu werden. Daher muss Edda die ganze Arbeit allein stemmen.
Die Verlobten geloben einander, sich, so oft es geht, zu besuchen und täglich mindestens einmal zu telefonieren. Doch gerade eines dieser Telefongespräche führt zu ungeahnten Verwicklungen und stellt ihre Liebe auf eine harte Probe ...


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Inhalt

Cover

Die Zwillingsschwester seiner Braut

Vorschau

Impressum

Die Zwillingsschwester seiner Braut

Erfolgsroman um eine gefährliche Leidenschaft

Während seines Urlaubs auf Schloss Burgreuth verliebt sich der Verleger Bernhard von Wank in das hübsche Burgfräulein Edda Komtess von Burgreuth. Nach ihrer Verlobung geht er selbstverständlich davon aus, dass Edda ihn nach München begleitet. Diesen Wunsch kann sie ihm jedoch nicht erfüllen. Sie wird schließlich im Schloss gebraucht. Ihre Zwillingsschwester ist weilt in Hollywood und hofft, dort als Schauspielerin entdeckt zu werden. Daher muss Edda die ganze Arbeit allein stemmen.

Die Verlobten geloben einander, sich, so oft es geht, zu besuchen und täglich mindestens einmal zu telefonieren. Doch gerade eines dieser Telefongespräche führt zu ungeahnten Verwicklungen und stellt ihre Liebe auf eine harte Probe ...

»Kannst du mir einmal sagen, Edda, was das dort drüben ist?«

Adda Komtess von Burgreuth fasste ihre Schwester beim Ärmel des Rollkragenpullovers und zog sie zu dem hohen Erkerfenster des Frühstückszimmers.

Soeben hatten Onkel Alfons und Tante Therese, die bei den beiden verwaisten Komtessen die Elternstelle vertraten, das Zimmer verlassen. Onkel Alfons wie immer mit einem Buch in der Hand, denn er las, wo er ging und stand, sogar in der Badewanne.

Der schrullige Privatgelehrte war der älteste Bruder des verstorbenen Grafen von Burgreuth, der nichts anderes im Kopf hatte als die Übersetzung der frühgriechischen Dichter ins Deutsche.

Graf Alfons war weder imstande, eine Familie zu führen und Kinder zu erziehen, noch einen landwirtschaftlichen Betrieb zu leiten oder ein Vermögen zu verwalten. Insofern konnte man nicht davon sprechen, dass er tatsächlich die Stelle seines tödlich verunglückten Bruders eingenommen hatte, er war vielmehr nur anwesend.

Seine Frau Therese war eine hilflose, liebenswerte kleine Dame. Sie schwebte in ständiger Angst vor den Pannen, die ihr Mann heraufbeschwor. Aufgeregt und ängstlich versuchte sie, alles von ihm fernzuhalten und jedes große und kleine Malheur wieder auszubügeln.

Die grenzenlos gutmütige, aber völlig überforderte Tante Therese war also auch kein rechter Ersatz für die verstorbene Mutter der beiden Komtessen. Es war lediglich eine ältere Dame im Hause, und man konnte wenigstens behaupten, dass die beiden Mädchen nicht ohne Aufsicht waren.

Zwölf Jahre alt waren Adda und Edda von Burgreuth gewesen, als ein Zugunglück ihnen die Eltern geraubt hatte. Seitdem wurden sie von Onkel Alfons und Tante Therese betreut.

»Ich möchte einmal wissen, was aus Burgreuth geworden wäre, wenn ich nicht, Gott sei Dank, schon im Alter von sechzehn Jahren die Fähigkeit entwickelt hätte, einen Haushalt zu führen und die Dienstboten zu beaufsichtigen!«, sagte Adda mitunter. Sie tat sich selber sehr leid, weil sie auf diesem einsam gelegenen idyllischen Gut so weit entfernt war von der sogenannten großen Welt und auf Glanz und Luxus und auf viele mögliche Anbeter verzichten musste.

»Und wie stände es wohl um unsere Finanzen«, fügte bei solchen Klagen ihrer Schwester Komtess Edda dann hinzu, »wenn ich nicht im Winter als Skilehrerin und im Sommer als Reitlehrerin und Bergführerin für Einnahmen sorgen könnte! Die Idee, die übrigen Zimmer für Feriengäste einzurichten, stammt ja schließlich auch von mir.«

»Ich weiß, ich weiß«, sagte Adda dann, »wir zwei stehen einander an Tüchtigkeit nichts nach. Kein Wunder, liebe Edda, da wir ja eineiige Zwillinge sind.«

In der Tat waren sich die beiden Komtessen von Burgreuth so ähnlich, dass selbst die nächsten Verwandten sie nicht zu unterscheiden vermochten. Nur ihre verschiedenen Tätigkeiten auf dem Gut machten jedem Besucher sofort klar, um wen es sich handelte.

Für alle häuslichen Dinge war Adda von Burgreuth zuständig, die sportlichen Belange sowie die Pflege der Tiere oblag Komtess Edda.

»Lass doch endlich meinen Ärmel los!«, verlangte Edda jetzt ärgerlich. »Sieh mal, wie du ihn ausbeulst! Das Geld ist knapp. Ich kann mir nicht so bald einen neuen Pullover leisten.«

»Oh, verflixt, höre doch mit den furchtbaren Geldsorgen auf!«, rief Adda. »Es ist einfach widerlich, von morgens bis abends nur daran denken zu müssen, wie man noch ein paar Pfennige einsparen kann. Die besten Fähigkeiten gehen dabei flöten. Der Charme verflüchtigt sich, die Grazie lässt nach, und schließlich ist man nur noch ein Arbeitstier, das um die nackte Existenz kämpft.«

»Hm«, murmelte Komtess Edda und trat einen Schritt zurück, da ihre Schwester endlich der energischen Aufforderung gefolgt war und den Ärmel losgelassen hatte.

Nun stemmte Edda beide Hände in die Seiten und betrachtete ihre Schwester von oben bis unten mit abschätzendem Blick.

»Für ein Arbeitstier siehst du aber noch ganz passabel aus, Adda«, sagte sie endlich.

»Bäh!« Adda streckte ihrer Schwester die Zunge lang heraus. »Wenn du fortfährst, deinen armen Zwilling durch Spott zu verletzen, wirst du bald wie eine alte Hexe aussehen. Die ersten Falten um Mund und Nase hast du bereits.«

»Wo habe ich Falten?«, rief Edda entsetzt. Sie rannte spornstreichs aus dem Zimmer und quer durch die Halle zur Garderobe, um sich aufmerksam im Spiegel zu betrachten.

Dort war von Falten nichts zu sehen.

Ein glattes hübsches Mädchengesicht sah ihr aus dem Spiegel entgegen, um das sich halblanges blondes Haar leicht und anmutig wellte. Der frische Mund lachte gerne, das sah man ihm an, und dass die blauen Augen gut und scharf waren, das sah man ebenfalls.

Eddas Haut war stets sonnengebräunt, denn sie hielt sich sehr viel im Freien auf, und ihre elastische, biegsame Gestalt sprach von sportlichem Training und eiserner Gesundheit.

»Es ist ja Unsinn, was du da erzählst«, rief sie im Zurückkehren der Schwester zu. »Du hast mich nur ärgern wollen!«

»Du tust ja dasselbe mit mir«, antwortete Adda. »Aber lass nur, ein bisschen Katzbalgerei hält uns jung.«

»Du lieber Himmel, du tust gerade so, als hätten wir schon mit den ersten Anzeichen der Vergreisung zu kämpfen. Dabei sind wir gerade zweiundzwanzig Jahre alt«, erinnerte Edda ihre Zwillingsschwester.

»Aber wenn ich noch lange mit diesen gewiss sehr liebenswerten, aber unbeschreiblich anstrengenden alten Leuten, also mit Onkel Alfons und Tante Therese, zusammenleben muss und keine andere Abwechslung habe als ebenfalls schon in die Jahre gekommene Feriengäste, dann werde ich wirklich vorzeitig alt«, verkündete Adda.

Edda war wieder in den Erker gegangen und schaute nun auch ihrerseits neugierig hinaus.

»Fragtest du mich nicht gerade nach den Leuten dort draußen?«, fragte sie ihre Schwester.

Adda kam über den schon etwas schadhaften und verblichenen Teppich näher und lehnte sich neben der Schwester an die Fensterbank.

»Ja, sieh mal dort unten in der kleinen Talmulde, gleich in der Nähe von Käthchen Krapfers Haus, was ist das, was machen die denn da?«

Katharina Krapfer war die Näherin des Dorfes Burgreuth und hatte auch für die beiden Komtessen schon Kleider genäht. Groß ausgehen konnte man allerdings in den Gewändern, die Käthchen Krapfer zauberte, nicht. Sie waren allenfalls für den Hausgebrauch bestimmt.

Aber den beiden Komtessen von Burgreuth fehlte zum Ausgehen und infolgedessen auch zum Kauf eleganter Modellkleider das Geld. Für sie gab es wirklich nur den Kampf um den Besitz, der sich seit Jahrhunderten in der Familie befand und für einen ausgewachsenen, kräftigen jungen Mann, der noch dazu Landwirt sein musste, als Lebensaufgabe gerade ausgereicht hätte.

»Menschen sind das dort unten«, stellte Komtess Edda trocken fest. »Ganz einfach Menschen, liebe Adda, die hin und her laufen.«

»Ach, du lieber Himmel«, seufzte Adda, »zu einer solchen Feststellung hätte ich dich nicht gebraucht, liebste Schwester. Siehst du denn nicht, dass es besondere Menschen sind?«

Sie warf mit einer gekonnten Kopfbewegung das bis auf die Schultern herabhängende blonde Haar in den Nacken. Adda war diejenige der beiden Schwestern, die sich gern mit dem Erfinden neuer Frisuren und eines interessanten Make-ups beschäftigte. Sie konnte Stunden vor dem Spiegel verbringen und die verschiedenen Teile ihrer bescheidenen Garderobe immer neu kombinieren, während Edda sich nicht gern mit solchem Firlefanz, wie sie es nannte, aufhielt.

Addas Idee war es zum Beispiel gewesen, sich das Haar lang wachsen zu lassen.

»Als Unterscheidungsmerkmal«, hatte sie erklärend gesagt. »So wird es den Leuten leichterfallen, uns auseinanderzuhalten. Und außerdem«, hatte sie hinzugefügt, »meine ich, dass man auch äußerlich zum Ausdruck bringen müsste, dass ich weicher und weiblicher bin als du. Darum das lange Haar.«

»Weicher und weiblicher! Pah, wenn ich das schon höre!«, hatte sich Edda erregt. »Ich fühle mich durchaus als Frau und bin keineswegs weich. Nein, die Herren der Schöpfung, die sich mit mir abgeben wollen, werden sich die Zähne ausbeißen.«

»Darum wird es auch keiner versuchen«, hatte Adda gekontert. »Pass auf, du bleibst sitzen, liebste Schwester, und wirst eine giftige alte Jungfer!«

»Lieber will ich das werden«, hatte Edda behauptet, »als meine Grundsätze verraten.«

Adda Komtess von Burgreuth öffnete den Fensterflügel und ließ die köstliche Herbstluft herein, die um die oberbayrischen Berge fächelte und auf dem Turm von Schloss Burgreuth die Fahne mit dem Wappen flattern ließ, die die Anwesenheit des Besitzers im Schloss verkündete.

Jetzt beugten sich die beiden Zwillingsschwestern einträchtig aus dem Fenster und lugten angestrengt hinunter zu den Menschen hinter Käthchens Haus.

»Ich muss zugeben«, murmelte Edda, »dass sie etwas Besonderes sind, diese Menschen! Sie drehen nämlich einen Film.«

»Siehst du, das wollte ich von dir nur bestätigt hören«, frohlockte Adda. »Ich hatte es mir auch schon gedacht, aber es schien mir so unwahrscheinlich, dass ein Team von Filmleuten sich ausgerechnet unser unbekanntes und weltabgeschiedenes Burgreuth als Schauplatz für eine Handlung ausgesucht haben sollte, dass ich meinen Augen einfach nicht traute.«

»Es ist aber so«, bestätigte Edda. »Da drüben siehst du ganz deutlich den Kameramann, der die große schwarze Kamera hin und her schwenkt. Dahinten an den Kabelrollen machen sich die Beleuchter zu schaffen, die vielleicht des lieben Herrgotts Sonne noch durch Wattstärken der menschlichen Technik verbessern wollen, und der, der dort so irrsinnig herumhüpft, dürfte der Regisseur sein.«

»Ein Film vor den Toren von Schloss Burgreuth«, flüsterte Adda träumerisch. »Das ist zu schön, um wahr zu sein.«

»Hallo, meine Liebe, wach auf und kehre auf den Boden der Tatsachen zurück«, forderte der andere Zwilling sie mit einem schwesterlichen Puff in die Seite auf. »Was geht uns das dort draußen an? Was haben wir zwei schließlich damit zu schaffen? Wir müssen unsere tägliche Arbeit tun, und wenn die Filmleute mit der ihren fertig sind, dann entschwinden sie für immer.«

»Irrtum, sie entschwinden nicht, wenigstens einer von ihnen nicht«, widersprach ihre Schwester ihr.

Edda hatte sich zum Zimmer zurückgewandt, während Adda weiterhin hinuntergestarrt hatte und so Zeugin eines kleinen Unfalls geworden war, der sich dort unten hinter Käthchens Haus ereignet hatte.

»Wie meinst du das?«, fragte Edda verständnislos und trat wieder ans Fenster. »Warum sprichst du von einem, der nicht geht?«

»Nun, sieh ihn dir doch an!«, erwiderte Adda. »Er liegt am Boden und kann nicht aufstehen. Meiner Meinung nach hat er sich den Fuß verknackst. Vielleicht ist der Haxen sogar gebrochen. Auf jeden Fall bekommt Doktor Bierlinger etwas zu tun, und irgendwo muss der Patient ja ein Bett finden, nicht wahr?«

»Ja, wahrscheinlich im Krankenhaus von Hassenried.«

Hassenried war das kleine Städtchen, das das Zentrum dieser gottverlassenen Gegend darstellte. Dort gab es ein Gymnasium, zwei Kirchen, ein Krankenhaus und einen Kindergarten. Ein paar Geschäfte, in denen man Gegenstände kaufen konnte, die über den allereinfachsten Bedarf hinausgingen, gab es auch.

»Freilich, wenn der Fuß gebrochen ist, muss er ins Krankenhaus von Hassenried«, pflichtete Komtess Adda ihrer Schwester bei. »Aber ich sage dir, er ist nicht gebrochen, denn der Mann steht ja auf und hinkt.«

In der Tat hatte sich der Gestürzte mühsam vom Boden erhoben und wurde jetzt von dem Beleuchter und dem Kameramann gestützt zu einem Auto geleitet.

Mühsam ging's, aber es ging.

Der Gendarm von Burgreuth, der am Rande des Tals neben dem Wagen der Filmleute gestanden und dem hektischen Treiben dieser Städter zugesehen hatte, trat jetzt hinzu und wies ihnen den Weg zum Haus von Dr. Bierlinger.

»Machst du dir etwa Hoffnungen«, erkundigte sich Komtess Edda im spöttischen Ton bei ihrer Schwester, »dass der Mann mit dem verknacksten Fuß bei uns Unterschlupf suchen wird?«

»Wäre das denn so vollständig ausgeschlossen, meine Liebe?«, meinte Adda, die sich zum Gehen wandte.

Das war es in der Tat nicht. Denn die Übernachtungsmöglichkeiten in dem kleinen Burgreuth waren beschränkt. Es gab nur den »Oberbayrischen Krug«, einen Gasthof mit sechs Betten, und die Pension von Aloisia Staufenrieder, die ihren festen Kundenkreis hatte. Immer die gleichen Gäste kehrten dort ein.

Und außerdem gab es eben noch die Zimmer auf Schloss Burgreuth, die behaglich eingerichtet waren und wo man die Betreuung durch eine echte Komtess nebst Stubenmädchen und Hausburschen noch dazubekommen konnte.

»Ich halte dir die Daumen«, rief Komtess Edda ihrer enteilenden Schwester nach, »dass der Mann dort unten wirklich nichts als Ruhe für seinen Fuß braucht und in der nächsten Stunde in einem unserer Betten landet. Das wäre dann doch endlich einmal eine Abwechslung für dich, ein Hauch der großen Welt würde Burgreuth streifen!«

»Deine frommen Wünsche mögen dir im Halse stecken bleiben«, zischte Adda, ehe sie die Tür ins Schloss fallen ließ. »Ich hasse dich!«

In ähnlicher Weise verkehrten die beiden Komtessen von Burgreuth Tag für Tag. Ein Außenstehender hätte vielleicht solchen Worten Bedeutung beimessen und sie sogar ernst nehmen können.

Onkel Alfons und Tante Therese taten es schon längst nicht mehr, denn sie wussten, dass die beiden Nichten gute Kameraden waren und im entscheidenden Moment wie Pech und Schwefel zusammenhielten.

Auch das Stubenmädchen Detta, ein einfaches Mädchen vom Lande, und die alte Köchin Creszenz hörten dieses Geplänkel schon lange nicht mehr. Höchstens der Hausdiener Bastl grinste noch still vor sich hin, weil er nun einmal seinen Spaß an solchen Redensarten hatte.

♥♥♥

Komtess Adda begab sich jetzt in die Wäschekammer des Schlosses, um die Stöße von Bettlaken und Bezügen, die Detta heute gemangelt hatte, durchzusehen.

Währenddessen stieg Komtess Edda die teppichbelegte Treppe hinunter, durchquerte die Halle, in der die Ahnenbilder hingen und schön bemalte Truhen mit entsetzlich unbequemen geschnitzten Sesseln mit Lederpolstern abwechselten, verließ durch den Seiteneingang das Schloss und wanderte zu den Stallungen hinüber.

Sie musste nach der Stute Rauschgold sehen, die in diesem Jahr ein Fohlen hatte. Ein besonders ängstliches, mageres und nervöses kleines Ding war es, ein Stutenfohlen, dem die Komtess den Namen Scheckerl gegeben hatte.

Es war in der Tat so, dass Scheckerls Fellkleid nur aus großen weißen und braunen Flecken bestand. Rauschgold hatte sich in den Schimmel vom Bürgermeister verliebt und mit ihm eine zärtliche Begegnung auf der Koppel am Reuthenbach gehabt, wo der Zaun defekt war und solche Spielereien zuließ.

Sowohl der weiße Vater wie die rotbraune Mutter hatten Scheckerl ihr Erbteil mit auf den Weg gegeben, und das ganze kleine Pferdchen sah aus, als hätte man es abwechselnd in einen Topf mit brauner und einen mit weißer Farbe getaucht.

Komtess Edda wollte sich davon überzeugen, dass es Scheckerl gut ging und dass nicht etwa der Tierarzt bemüht werden musste.

Auf dem Weg zum Pferdestall strich sie schnell einmal dem Hofhund Harras über den Kopf und erkundigte sich bei dem alten Veit, dem Knecht, der gerade aus dem Kuhstall kam, ob die Rotbunte wieder Milch gebe und die Darmerkrankung überwunden habe.

So war Komtess Edda. Sie trug gerne die Verantwortung, die das Schicksal ihr zugedacht hatte, und liebte die Arbeit auf Gut Burgreuth genauso wie den ganzen schönen Besitz. Bei ihr war das nun einmal anders als bei Adda, die sich von morgens bis abends selbst bedauerte und am liebsten Flügel gehabt hätte, um davonzufliegen und der verhassten Eintönigkeit zu entgehen.

Doch heute hatte das Schicksal anscheinend wirklich ein Einsehen und schickte Komtess Adda genau das, was sie brauchte, nämlich den Patienten der Filmleute, das Opfer des kleinen Unfalls, den die beiden Schwestern vom Fenster aus gesehen hatten.

Adda traute ihren Augen nicht, als das Auto, das der Gendarm vorhin zum Doktorhaus geschickt hatte, keine halbe Stunde später vor dem Portal des Schlosses Burgreuth hielt. Gespannt wartete sie darauf, was der nette junge Mann ihr erzählen würde, der soeben ausstieg und auf die junge Schlossherrin zukam.

»Guten Tag«, grüßte er höflich.

»Grüß Gott«, erwiderte die Komtess. »Kann ich etwas für Sie tun?«