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Die wilde Komteß E-Book

Ernst von Wolzogen

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Beschreibung

Der Weg machte eine Biegung, und wie sich nun der Mann im Wagen erhob, um, an dem breiten Rücken des Kutschers vorbei, den neuen Ausblick in den Forst zu genießen, da knackte es plötzlich in den Zweigen zur Rechten, gedämpfter Hufschlag erklang im Galopptakt, und etwa fünfzig Schritte vor ihm sprengte in mächtigen Sätzen eine schlanke Reiterin quer über den Weg, um blitzartig, wie sie erschienen, in dem Dickicht auf der andern Seite wieder zu verschwinden. »Holla! Wer war denn das?« rief der Fremde eifrig und berührte Hinrich am Arme. Der Alte grinste furchtbarer denn je ...

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Die wilde Komteß 

 Roman in zwei Bänden

von

Ernst von Wolzogen

idb 

ISBN9783961505920

Erster Band.

Erstes Kapitel.

In welchem der fremde Herr die Bekanntschaft des alten Hinrichs macht, der Leser einiges über die Leute von Räsendorf erfährt, und Fräulein Sophie vergebens erwartet wird.

Der Personenzug von Berlin hielt prustend und kreischend vor dem kleinen Bahnhofsgebäude des Haltepunktes Mellenthin an. Da das Wetter so heiter war, hatte sich der Stationsvorsteher seine neue rote Mütze aufgesetzt – sobald nämlich eine Wolke am Himmel stand, pflegte der Vorsichtige zu der älteren Garnitur zu greifen; hatte er aber die neue auf, so gab sich der ganze Mann einen Ruck ins Strenge, Wichtige hinein, reckte sich, nahm die Schultern zurück und zwirbelte den blonden Schnurrbart kecker auf. In stolzer Ruhe und mit einem wahren Feldherrnblick, als wenn er eine Parade abnähme, ließ er den Zug an sich vorbeilaufen, bis er zum Stillstand kam. Ein paar Bauernweiber mit Marktkiepen schoben sich langsam und plump aus der vierten Klasse heraus, und einem Abteil zweiter Klasse entstieg ein einzelner Herr. Das war alles für Mellenthin.

Der Stationsvorsteher wechselte einige leutselige Worte mit dem Zugführer und gab dann mit herablassendem Gruße die Erlaubnis zur Abfahrt. Drei Glockenschläge, und polternd, wegmüde und faul setzte sich der Zug wieder in Bewegung.

Der einsame Reisende zweiter Klasse stand, ein leichtes Köfferchen in der Hand, auf dem Bahnhofssteig und sah sich, die kühne Adlernase etwas hochgehoben, durch seinen goldnen Kneifer, den er ohne Schnur trug, rings um, als ob er jemanden suche. Da er aber außer dem Inspektor, dem Packmeister und einem Bahnwärter niemanden bemerkte, so schritt er auf den ersteren zu, grüßte leicht mit seiner Reisemütze und redete den Beamten an: »Entschuldigen Sie, Herr Stationsvorsteher, ist hier nicht ein Wagen vom Grafen Pfungk aus Räsendorf?«

Der Herr hatte so etwas Militärisches im Ton, etwas so Befehlsgewohntes in den festen Zügen seines sonnverbrannten Gesichtes mit dem kurzgehaltenen, dunkeln Vollbart, daß sich in dem aufgeblasenen kleinen Bahnbeamten der frühere Feldwebel getroffen fühlte. Er grüßte stramm mit der Hand an der Mütze und sagte: »Jawohl, mein Herr, der Kutscher aus Räsendorf erwartet Sie bereits. Ich irre wohl nicht – ich habe wohl die Ehre mit dem neuen Herrn Verwalter? . . .«

»Allerdings – das heißt, ich will mich erst dem Herrn Grafen vorstellen«, versetzte der Fremde kurz angebunden und ging, abermals die Mütze lüpfend, davon.

Der alte Packmeister trat ihm an der Ecke des kleinen Bahnhofsgebäudes entgegen und rief ihm zu, indem er nur einen seiner krummen dicken Finger nachlässig an den Kopf hob: »Gu'n Dag ok! Na, Se sünd wohl de nige Herr Entspekter von Räsendörp? Ja, ja, de oll Hinrich de het mi dat all vertellt.« Und mit diesen Worten nahm er dem Herrn einfach das Köfferchen aus der Hand und schritt ihm voran um das Gebäude herum.

Da hielt der alte Hinrich mit seinen beiden alten Braunen, ein paar starkknochigen schweren Stuten, welche mit ihren mächtigen Formen in gar keinem Verhältnis standen zu dem leicht gebauten Jagdwägelchen, welches sie ziehen sollten.

»He! Dau, Hinrich! Nu hür man up to dösen, hier is de nige Herr Entspekter.«

Der greise Kutscher saß stocksteif auf dem Bocke, in einen rehfarbenen langen Mantel gehüllt, die Beine trotz des warmen Wetters in eine Pferdedecke fest eingewickelt. Auf den Zuruf des Packmeisters wandte er rasch den Kopf, wie wenn er aus einem angenehmen Halbschlaf aufgeschreckt würde und schnitt seinem mutmaßlichen neuen Vorgesetzten ein so grimmig-komisches Gesicht, daß dieser ein verdutztes Lächeln bei seinem Gruße nicht unterdrücken konnte. Es war eine Grimasse, wie sie ältere Affen zu machen pflegen, wenn sie in den Paketchen, die man ihnen mit freundlicher Miene darreichte, ungenießbare Gegenstände entdeckten. Der Eindruck dieser Grimasse war um so schauriger, als der alte Hinrich in jedem Kiefer nur noch drei einzelne und noch dazu schiefstehende, schwarzgelbe Zähne aufzuweisen hatte. Auch waren seine Augen tiefliegend, rund, rot umrandet und wimpernlos, wie die einer Meerkatze.

Er lüpfte seinen hohen Hut ein wenig und sagte mit heiser bellender Stimme: »Sünd Se der Herr, den ick halen sall? De Herr von . . . . von . . . . Ja, nu hew ick den Nam' vergäten!«

Der Fremde mußte lachen über den wunderlichen Empfang, der ihm hier zu teil wurde. »Ja, der Herr Von bin ich schon«, rief er laut. »Nun fahren Sie man zu!«

Er sprang leicht in den Wagen. Der Packmeister schob das Köfferchen unter den Rücksitz, empfing sein Trinkgeld, und dann setzte der alte Hinrich seine Braunen in Bewegung.

»Sagen Sie mal, Hinrich«, schrie der Fremde, als sie eine kleine Weile gefahren waren, »haben Sie denn für diesen Puppenwagen keine leichteren Pferde? Das ist ja ein unheimliches Fahren!«

Der Alte nahm die Zügel kürzer, wandte sein boshaftes Affengesicht herum und sagte mit Anstrengung hochdeutsch sprechend: »Andre Pferde? Oh, was werden wir keine andern Pferde haben! Aber mit die Ponnys, die hier eigentlich zugehören, da sind Frau Gräfin mit Kunteß Vicki zum Missionsfest gefahren, nach Pägelow. Kunteß Vicki kutschiert bloß die Ponnys; und was die Graditzer sind, die sonst Kunteß Marie immer fährt, die müssen heute zu Hause bleiben, weil Kunteß nicht viel nachfragen tut nach die Missionsfeste!« (›Müschohnsfeste‹ sprach er das Wort aus!)

»Aha! Nun weiß ich Bescheid«, lachte der Fremde. Er lehnte sich so bequem zurück, als die steife Lehne des Sitzes und die geringe Federkraft des Polsters dies gestattete. Er hatte sich der Handschuhe entledigt und strich sich mit seiner sehnig mageren, vornehm geformten Hand über den ganz modern gestutzten Bart. Die kurzen Bemerkungen Hinrichs über die Stallverhältnisse genügten seinem scharfen Geist, um sich sofort ein ziemlich deutliches Bild zu machen von den Verhältnissen des gräflich Pfungkschen Hauses. Die Mutter, welche mit der frommen, gehorsamen Komteß Tochter und mit den ebenso frommen Ponnys auf die dörflichen Missionsfeste fuhr, die andre Komteß Tochter, welche sich aus dergleichen nichts machte, und der Graf selber, von welchem nicht die Rede war, welcher aber, nach diesem Kutscher und diesem Gespann zu schließen, jedenfalls ein äußerst konservativer, sparsamer und wahrscheinlich auch wenig lebenslustiger alter Herr sein mochte, – denn bei einer Spazierfahrt in diesem rasselnden, klirrenden Marterwägelchen, das mit fußhohen Sprüngen über jeden Kieselstein stolperte, konnte einem jede Lebenslust gründlich vergehen! – das alles ergab für einen Menschen von einiger Einbildungskraft eine wenig anmutende Vorstellung von dem gräflichen Hausstande.

»Hm, hm, wird wohl nichts für mich sein«, murmelte der Fremde vor sich hin, indem er seinen weichen Schnurrbart nachdenklich durch die Finger gleiten ließ. »Dumme Geschichte, wenn es wieder nichts würde! Na, aber ich habe doch schon so manches fertig gebracht. – Haha! Die Graditzer sind ihm für mich zu gut!« So ungefähr sprach er bei sich selber und lachte dazu leise vor sich hin.

Sie lenkten von der Landstraße ab in ein Gehölz hinein. Der Weg war erbärmlich. Der schwere Lehmboden beim letzten Regenwetter tief eingerissen und in der Wärme der letzten Tage zu harten Rinnen und Krusten eingebrannt. Das Unterholz, meist Haselsträucher, trat bis dicht an den Weg heran, die Zweige einiger prachtvollen alten Bäume streckten sich hier und dort in so geringer Höhe darüber hinweg, daß der alte Hinrich sich alle Augenblicke tief verneigen mußte, um seinen Hut oder gar seinen Kopf nicht in Gefahr zu bringen.

»Prächtig, prächtig!« rief der Fremde im Wagen ganz laut; und leiser setzte er hinzu: »Aber wüste Wirtschaft! Da gäb's was zu tun für mich.«

Der Weg machte eine Biegung, und wie sich nun der Mann im Wagen erhob, um, an dem breiten Rücken des Kutschers vorbei, den neuen Ausblick in den Forst zu genießen, da knackte es plötzlich in den Zweigen zur Rechten, gedämpfter Hufschlag erklang im Galopptakt, und etwa fünfzig Schritte vor ihm sprengte in mächtigen Sätzen eine schlanke Reiterin quer über den Weg, um blitzartig, wie sie erschienen, in dem Dickicht auf der andern Seite wieder zu verschwinden.

»Holla! Wer war denn das?« rief der Fremde eifrig und berührte Hinrich am Arme.

Der Alte grinste furchtbarer denn je. Aber seine runden Aeuglein rollten und leuchteten in seltsamer Lebendigkeit: »Hehe!« lachte er heiser, »dat wier dei dulle Kunteß!«

»Die tolle Komteß? Wer ist denn das?«

»Dei dulle Kunteß, hehe! Dat weiten Se nich, Herr? So nöhm'n dei Lüd uns' Kunteß Marie, hehe! Ja, Herr, dat is Ein'!« Der alte Hinrich zwinkerte bedeutungsvoll mit den Meerkateraugen und klappte ein paarmal mit den sechs Zähnen zusammen, daß es ordentlich gespenstisch anzusehen war.

Der Fremde drückte sich wieder in seine Ecke und sagte laut vor sich hin: »Prachtvolles Weib! Reitet ja wie der Teufel!« Gleich darauf stand er wieder auf und verleitete den alten Kutscher zu einem weiteren Gespräch.

»Hören Sie mal, Hinrich, das ist wohl diejenige Komteß, welche die Missionsfeste nicht leiden kann?«

»Hehe!« bellte der Alte, und knallte ohne jeden Zweck den Braunen dreimal so laut um die Ohren, daß sie vor Verwunderung die großen Köpfe bedenklich zu schütteln begannen.

»Sagen Sie mal, ist denn kein Sohn im Hause?« setzte der Fremde seine Nachforschungen fort.

»Ne, bloß Dam's. I, Herr, mit dei Dam's, da is dat so. . . . Na, dat jeit mi ja wider nix an, hehe!«

Er trieb die Pferde aufs neue an, mit einem sonderbaren schlangenhaften Zischen. Ganz plötzlich aber riß er sie mit aller Anstrengung zurück, so daß der leichte Wagen einen heftigen Ruck bekam, welcher den Insassen unsanft auf seinen Sitz zurückschleuderte und die Pferde selbst dermaßen erschreckte, daß sie mit den Hinterfüßen aufgeregt zur Seite stampften und die größte Lust bezeigten, trotz ihres ehrwürdigen Alters über die Stränge zu hauen.

»Donnerwetter, was ist denn das?« rief der Fremde und griff nach dem Hüftbein, welches einen recht unangenehmen Stoß weg hatte. »Haben Sie einen Geist gesehen, Hinrich? Was machen Sie denn da? Sie wollen doch nicht etwa gar umdrehen?«

Aber der wunderliche Alte drehte wirklich um, obwohl der Wagen dabei bedenklich ins Kippen geriet und hinten eine junge Birke beinahe umgeknickt hätte, während auf der andern Seite die Pferde das Gebüsch niederstampften, daß es ein Jammer war, und dann ließ er wieder sein Zischen hören, versetzte den Gäulen einen leichten Schmiß hinter die Ohren, und dann ging's denselben Weg zurück, so rasch sie laufen wollten.

Der Fremde bekam ordentlich Angst und schrie aufgeregt: »He! Hinrich, he! Was soll das heißen?«

»Dat helpt all nix«, bellte der Alte, aber weiter war durchaus nichts aus ihm herauszubekommen den ganzen Weg über, bis er endlich wieder hinter dem Bahnhofsgebäude still hielt. Da nahm er seinen Hut ab, rieb sich mit dem baumwollenen Handschuh in komischer Aufregung den kurz geschorenen Graukopf und gab endlich die Auskunft, daß ihm erst bei der Frage nach den Damen wieder eingefallen sei, daß er ja auch eine Dame habe abholen sollen.

»Eine Dame?« frug der Fremde verwundert und wußte nicht recht, ob er über den Alten lachen oder sich ärgern sollte. –

Der Stationsvorsteher war neugierig aus der Tür getreten. »Na, Hinrich, was wollen Sie denn nun wieder?« sagte er mit einem halb mitleidigen Lächeln, welches andeuten sollte, daß er die Schwäche des alten Rosselenkers genugsam kenne.

»Ick sall ja ein' Dam' afhalen. Häw ick Sei dat nich vertellt, Herr Büchting? Is dei Dam' nicht mitkamen?«

Jetzt mußte der Fremde doch laut lachen. »Mit mir sind bloß noch ein paar Bauernweiber ausgestiegen. Sollten Sie die etwa mitbringen?«

»Ne, ne, ein fin Mamsell ut dei Stadt, dei Fru Gräfin sich expreh för dei Wirtschaft up'n Schloß verschräwen het. Herrje, wat ward da dei Fru Gräfin seggen, wenn ick ahn' dat Fröl'n komm'! Sei hätt' mi all letzte Woch' en' ollen Dusselkopp heten, weil ick dat vele Bäden un Singen nicht mehr verdragen kann.«

Jetzt platzte auch der zurückhaltende Beamte mit lautem Lachen heraus und gab dem Fremden aus seine Frage zur Auskunft, daß die Frau Gräfin wegen ihrer strengen Andachtsübungen von ihren Dienstleuten nicht wenig gefürchtet und auf zehn Meilen in die Runde verspottet werde. Dann wandte er sich wieder an den immer noch sehr aufgeregten Hinrich und fragte ihn, von woher die Dame erwartet werde.

»Herrje ja, nu föllt mi dat allens werrer in. Da wihr vun Hamburg dei Red'. Sei sall mit den Tog von Ludwigslust kommen.«

»Ja, der kommt aber erst in einer Stunde«, sagte der Vorsteher.

Und der alte Hinrich wickelte sich aus seiner Decke, kletterte bedächtig vom Bock herunter und grunzte ganz ruhig: »Na, denn möten wir noch'n bäten täuwen.«

Eine recht angenehme Aussicht für den fremden Herrn, welcher so ungeduldig der entscheidenden Stunde entgegen sah, wenn er sich dem Grafen würde vorstellen können, und der, nachdem er schon den halben Weg zurückgelegt hatte, nun wieder von dem unheimlichen Alten auf diesem ödesten aller Bahnhöfe abgesetzt wurde! Aber was war zu machen? Der dickköpfige alte Hinrich holte den Futterbeutel hervor und sah sich gar nicht nach dem Herrn um, der doch vielleicht schon morgen sein erster Vorgesetzter sein konnte.

Der Stationsvorsteher, Herr Büchting, war der einzige, welcher von Hinrichs Vergeßlichkeit einen Vorteil zog. Er machte sich zuvorkommend an den Fremden heran und suchte ihn mit jener Neugier, die allen wenig beschäftigten Menschen mittlerer Bildung auf solchen einsamen Posten eigen ist, über »woher« und »wohin« auszuholen. Er bekam aber nur unvollkommene, noch dazu widerwillig gegebene Auskunft, so daß er bald das Fragen aufgab und sich darauf beschränkte, einige allgemeine Bemerkungen über Land und Leute in diesem Zipfel des gesegneten Obotritenlandes zum besten zu geben.

»Der Mann hat etwas Heimtückisches«, dachte er, den Fremden von der Seite anschielend. »Man muß sich hüten, dem etwas über die Gesellschaft in Räsendorf zu sagen, der ist im stande, und steckt es heute abend noch der Frau Gräfin, was ich über ihre Andachtsübungen gesagt habe.« Er wollte sich eben unter einem Vorwande zurückziehen, als der Fremde die rasche Frage an ihn tat: »Ach, sagen Sie doch, was ist denn der alte Herr Graf für ein Mann?«

»Oh, ein recht lustiger alter Herr!« antwortete der Beamte ausweichend.

»Lustig? Das ist wohl kaum möglich!« rief jener. »Ich dachte ihn mir als einen recht brummigen, durch und durch vertrockneten alten Junker.«

Der Beamte lachte leise vor sich hin. »Na, Sie werden ihn ja kennen lernen. Ich kann Ihnen nur eins sagen: wenn Sie sich bei ihm einschmeicheln wollen, dann müssen Sie ihm Geschichten erzählen – je kräftiger, desto besser!«

Der Fremde merkte sich im stillen diesen guten Rat, und trat, nachdem der Vorsteher ihn allein gelassen hatte, einen Spaziergang längs des Bahndammes an. Er hatte sich eine Zigarre angesteckt und schlenderte nachdenklich auf schmalem Fußpfade durch die blühenden Wiesen. Wieder und wieder ertappte er seinen Geist bei dem Versuche, aus den bunten Steinchen flüchtiger Bemerkungen sich ein lebendiges Bild von dem Pfungkschen Hause und von dem Leben, das seiner unter diesen Leuten und in diesem Lande wartete, zusammenzusetzen. Er kam aus einer andern Gegend Deutschlands, Land und Leute von Mecklenburg waren ihm völlig neu, ihre Sprache nicht ganz leicht verständlich. Er mußte sich sagen, daß der alte Graf gewichtige Bedenken gegen ihn erheben konnte, daß jedenfalls, wenn er die Stellung erhielt, die Arbeit, die seiner wartete, eine recht schwere sein würde.

Er ließ sein Auge über die ruhig anmutige Gegend schweifen. Die Sonne sank eben hinter der sanft geschwungenen Hügelreihe im Westen, und ihre reine, tiefe Glut spiegelte sich auf den kleinen Fenstern des Bahnwärterhäuschens, das da gerade vor ihm lag, so daß es aussah, als ob es im Innern lichterloh in Flammen stände. Und im wunderlichen Gegensatze dazu saß der Bahnwärter vor dem Hause auf dem Bänkchen und schmauchte friedlich sein Pfeifchen, während sein kleiner Knabe mit unablässigem Bemühen eine große blaue Tüte mit einem durchgesteckten Holzspan nach Art eines Drachens zum Fliegen zu bringen suchte. Auch das Blondköpfchen dieses Kleinen war glühend überpurpurt, man wußte nicht, ob von dem Widerschein der sinkenden Sonne oder von der Anstrengung seiner kindischen Sisyphusarbeit. Im Grase zirpten die Heimchen, aus den Stoppelfeldern stiegen die Lerchen noch ein letztes Mal flatternd und zwitschernd auf, ehe sie sich zur Nachtruhe in ihre Nester duckten. Um den hohen Wipfel einer Eiche, der den Rand des nahen Forstes hoch überragte, schwärmte mit unablässigem Gekrächz eine große Schar von Krähen, die dort allnächtlich Einkehr zu halten pflegte. Ein Bauernwägelchen rollte auf der Landstraße heran, dem Bahnhof zu. Noch einmal erglühte das Schienengeleise feurig im letzten Sonnenstrahl – und dann war es Abend geworden. In dem nächsten Dorfe, welches, im Grünen ganz versteckt, etwa eine Viertelstunde vom Bahnhof entfernt lag, schlug eine Turmuhr acht. Mit jenem tiefen, vollen Feierklange, der dem einsamen Lauscher auf dämmerndem weiten Felde oft so wunderlich zu Gemüte dringt, wie kaum ein frommes Lied mit Orgelklang.

Dem Fremdling mit den scharfen, vornehmen Zügen schien das Bild der Anmut und des Friedens zu behagen, das ihn ringsum mit so bescheidener Lockung anlachte, und der leichte Abendwind, der jene Glockentöne weiter trug, schien seine weltmüde Stirn mit dem frischen Hauche trauter Heimatlichkeit zu umwehen. Er wandte sich wieder dem Bahnhofe zu und murmelte im Gehen vor sich hin: »Wenn ich hier bleiben dürfte – endlich einmal ausruhen! Das Land gefällt mir, es hat so gar nichts Aufregendes. Hier wird mich niemand suchen. Und die Leute? Mein Gott, mit wem habe ich mich nicht schon alles abfinden müssen!«

Das Bild der kühnen Reiterin, die vorhin seinen Weg gekreuzt hatte, huschte wieder durch seinen Gedankengang. Die tolle Komteß! Das klang nach etwas. Ein stiller Zufluchtsort, harmlose altmodische Menschen, die sich von ihm gängeln ließen, und als hellflackerndes Kaminfeuer in solch behaglicher Dämmerung ein Weib voll Temperament, vielleicht voll Schönheit und Geist – – O nein! Der Gedanke, hier bleiben zu müssen, hatte nichts gar so Abschreckendes mehr für ihn, ein wie seltsames Willkommen ihm auch vorhin des alten Hinrichs Meerkatergrimassen geboten haben mochten.

Er lachte vor sich hin: »Die tolle Komteß, haha!« daß er es doch nicht lassen konnte, daß es ihm ein so brennendes Bedürfnis war, allezeit ein Weib im Mittelpunkte seines Denkens und Empfindens verborgen zu wissen!

Die Glocken des Signaltürmchens am Bahnhof schlugen an. H, G, E klangen sie von oben nach unten, und der Fremde summte die Melodie weiter, welche den Anfang jenes Walzers ergab, den gerade damals die Drehorgelspieler in alle Welt trugen:

»Denn ich hab' sie ja nur auf die Schulter geküßt!«

Des Fremden scharfe, unstäte Augen leuchteten sonderbar auf. Er stand jetzt wieder auf dem Bahnhofssteig und blickte das Geleise hinaus nach der Richtung, aus welcher der Zug erwartet wurde. Da trat der Stationsvorsteher Büchting an ihn heran und meldete, daß soeben eine Depesche für den Grafen Pfungk eingetroffen sei, die er ihm vielleicht mitgeben dürfe: »Übrigens kann ich's Ihnen ja gleich sagen«, fügte er hinzu; »das Telegramm ist unterzeichnet: Sophie Bandemer. Das Fräulein kommt heute nicht, Sie brauchen also den Zug gar nicht abzuwarten, Herr. . . .«

»Was tausend!« rief der Fremde. »Konnte das Fräulein nicht eine Stunde eher telegraphieren? Dann säße ich jetzt schon längst in Räsendorf. Fatal, fatal!«

Er und der Vorsteher boten gemeinschaftlich ihre Überredungskunst auf, um den alten Hinrich zu überzeugen, daß kein Grund mehr vorhanden sei, länger zu warten. Es war ihm schwer klar zu machen, und er erwiderte ihnen immer aufs neue: »Ja ja, dat mag all sin; öwerst wenn dat nachher doch nich recht is, denn krieg ick dat vun de Fru Gräfin.«

Endlich rasselte er aber doch wieder los, und die beiden Braunen schlugen einen so lebhaften Trab an, daß der leichte Wagen ganz entsetzlich hin und her geschleudert wurde. Dafür verging aber auch kaum mehr als eine halbe Stunde, bis der Park von Räsendorf mit seinen tiefen schwarzen Schatten aus dem abendlichen Dunkel heraufstieg. Die Hunde schlugen an, es knirschte der Kies, das Wägelchen hielt vor dem stolzen Portal des gräflichen Schlosses. Als der Fremde die steinernen Stufen hinaufstieg, griff er in seine Brusttasche und holte die Depesche hervor, um sie sofort übergeben zu können. Wäre statt dieser Nachricht das Fräulein Sophie Bandemer selbst gekommen, so würde der Fremde wahrscheinlich niemals die Schwelle dieses Schlosses überschritten, und die Lebensschicksale seiner Bewohner einen ganz andern Verlauf genommen haben!

»Melden Sie dem Herrn Grafen meine Ankunft«, trug er dem Diener auf; »mein Name ist: von Norwig!«

Und leichten Schrittes, voll Hoffnung und Selbstvertrauen stieg er, dem Diener folgend, die breite Treppe hinauf.

Zweites Kapitel.

In welchem Herr von Norwig sich vorteilhaft einführt, Komteß Vicki ihr Strumpfband verliert und der alte Hinrich die Andacht stört.

Herr von Norwig wurde zwei Treppen hinauf und dann durch einen langen Flur in das Zimmer geführt, welches ihn für diese Nacht beherbergen sollte. Sehr behaglich sah es darin gerade nicht aus, eher etwas gasthausmäßig. Ein Bett, ein unbrauchbares Sofa, Waschtisch, Kleiderschrank und ein paar Stühle. Das war alles. Dazu fiel ihm noch die große Geschmacklosigkeit der Tapete und die kindlich farbenfreudige Bemalung der Rollvorhänge auf.

Er packte eilig sein Köfferchen aus und legte, als ordnungsliebender Mann, sogleich seine sieben Sachen in die vorhandenen Schubfächer des Waschtisches. In jeder Lade, die er aufzog, geriet ihm auf den ersten Griff ein Buch in die Hände. Im Kamm- und Bürstenfach lag ein Neues Testament, im Hemdenfach ein Gesangbuch und im wollenen Fach ein vollständiger Jahrgang der Zeitschrift »Emmaus, ein christlicher Sonntagsfreund«. Mit einem eigentümlichen, achtungsvollen Lächeln legte er die schwarzen Bände an ihre Plätze zurück und dann badete er sich den Reisestaub vom Gesicht, band einen neuen Stehkragen um und wählte unter den vorhandenen Krawatten in der Mutmaßung, daß in diesem hochchristlichen Hause wahrscheinlich die weltliche Eitelkeit auch in Gestalt von lachs- oder ponceaufarbenen Halsbinden übel angebracht sein möchte, eine einfach schwarze aus. Er bürstete sorgfältig sein dunkles Haar, welches auf dem Scheitel bereits recht dünn zu werden begann, suchte zum Schluß seinen Mienen wie seinem Rocke eine möglichst vertrauenerweckende reinliche Glätte zu geben und verfügte sich dann nach dem ersten Stockwerk hinunter, wo der Diener ihn bereits erwartete, um ihn in das Zimmer des Grafen zu führen.

Sie durchschritten einen weiten Speisesaal, von dessen holzgetäfelten Wänden lange Reihen gräflich Pfungkscher Ahnen herabblickten. Doch der Fremde hatte nichts weiter davon gesehen, als was der Lichtschein, der beim Öffnen der Tür von außen hereinfiel, auf einen Augenblick erhellte, denn der weite Raum war dunkel. Der getäfelte Fußboden schien frisch gewachst zu sein, denn Herrn von Norwigs neue Stiefelsohlen klebten daran fest, so daß es bei jedem Schritt ein schmatzendes Geräusch gab, das in dem weiten leeren Raume einen wunderlichen, beinahe unheimlichen Widerhall erzeugte. Der Diener öffnete eine zweite Tür und ließ den Gast eintreten mit der Bemerkung, daß der Herr Graf sogleich erscheinen werde.

Herr von Norwig trat mit lautlosen Schritten auf dem dicken Smyrnaer Teppich weiter in das behagliche Herrenzimmer hinein, und das erste, was seinen forschenden Blick fesselte, waren die dunkeln Umrisse einer Frauengestalt, welche, das linke Knie heraufgezogen, auf dem Fensterbrett saß und den Oberkörper zum offenen Fenster hinausgebeugt hatte. Die Dame mußte seinen Eintritt nicht gehört haben, denn sie beharrte noch eine ganze Weile in ihrer Stellung und wandte sich auch nicht um, als sie dann beide Füße auf den Boden stellte und die Arme mit gefalteten Händen hoch über den Kopf emporstreckend, mit einem leisen Gähnen ihre ganze Gestalt wohlig streckte und dehnte. Herr von Norwigs feiner Schönheitssinn war vollkommen berauscht von der edlen Fülle, den weichen Linien und dem vollendeten Ebenmaß dieses prachtvollen Körpers. Er erinnerte sich nicht, alles das jemals bei einer Frau von so ganz ungewöhnlicher Größe gefunden zu haben. Die schönen Glieder umschloß ein leichtes graues Tuchkleid von äußerst einfachem Schnitt, dessen Eintönigkeit nur durch eine Korallenschnur um den Kragen unterbrochen wurde. Das Haar schien dunkelblond und für Norwigs Geschmack etwas zu glatt und unmodern frisiert.

Es wäre unschicklich gewesen, sich von der Dame als heimlichen Beobachter ertappen zu lassen; er tat also noch einige Schritte auf die Gestalt zu und sagte: »Sie verzeihen, meine Gnädigste, der Diener hat mich hier hereingewiesen . . .«

Bei seinen ersten Worten wandte die große Dame dem Sprecher rasch ihr Gesicht zu. Es war ihm unmöglich, einen kleinen Schreck in seinen Mienen zu unterdrücken. Eine Gestalt von solcher Vollendung und das Gesicht – häßlich, schlechterdings häßlich! Schmal geschlitzte graue Augen, eine ziemlich flache Nase, großer Mund, stark hervortretende Backenknochen, schlechte Farben, stumpfe Haut – das war so der Eindruck des ersten Anblicks.

»Ich habe wohl das Vergnügen mit Herrn von Norwig? Mein Vater muß gleich hier sein. Darf ich Sie bitten, Platz zu nehmen?«

Er verbeugte sich und rückte sich einen mit schwarzem Glanzleder überzogenen Stuhl zurecht.

»Wenn ich nicht sehr irre, so sind Sie es, meine gnädigste Komteß, die heute im Forst meinen Weg kreuzte. Ich kann Sie versichern, wenn nicht der alte Hinrich mit seinem Jagdwagen mir die poetische Stimmung einigermaßen verdorben hätte, so würde ich Sie auf Ihrem feurigen Rappen entschieden für eine leibhaftige Walküre angesehen haben. Die Erscheinung zuckte ja wie ein Blitz vorüber; aber, auf Ehre, gnädigste Komteß, ich war auch geblendet wie vom Blitz.«

»Ach, machen Sie doch keine Redensarten!« fiel ihm die Komteß ins Wort. »Ich kann so etwas gar nicht leiden. Hier sind Zigarren. Wollen Sie sich nicht eine anstecken?«

»Oh, Komteß«, erwiderte er verbindlich ablehnend; »ich würde mir nie gestatten, einer Dame in irgend welcher Gestalt – blauen Dunst vorzumachen!«

»Hm, nicht übel!« lachte die junge Dame, welche selbst im Sitzen beinahe größer erschien als ihr Gegenüber: »Sie scheinen ja ein Witzbold zu sein. Wissen Sie, ich mache mir nicht viel daraus, aber Papa liebt das. Mit mir werden Sie am besten tun, von Pferden zu sprechen. Sie sind doch Reiter?«

»Oh, meine Gnädigste – fünfter Ulan gewesen! Erst vor wenigen Monaten aus den Pampas zurückgekehrt.«

»Aus den Pampas? Das ist ja fabelhaft interessant! Da müssen Sie mir noch viel davon erzählen!« rief die Komteß lebhaft, indem sie sich, die verschränkten Arme auf den Tisch stützend, dem Gaste entgegenneigte.

Da tat sich hinter ihr die Tür auf, und Graf Pfungk schritt über die Schwelle. Norwig sprang auf, verbeugte sich ehrfurchtsvoll und blickte dann mit wirklichem Staunen zu dem alten Grafen empor, der sogar seine Riesin Tochter noch fast um Haupteslänge überragte und neben dem er selbst sich fast wie ein Knirps erschien.

Der Graf begrüßte den neuen Anwärter auf die Oberverwalterstelle mit größter Zuvorkommenheit. Seine Gestalt war etwas zu hager, die Haltung ein wenig nachlässig, aber der schmale graue Kopf wunderschön – ein echter Velasquez!

»Ich empfehle dir Herrn von Norwig«, wandte sich die Komteß an ihren Vater: »Er stand bei den fünften Ulanen und kommt direkt aus den Pampas. Laßt uns nicht zu lange warten, Papa, der Theetisch ist schon gedeckt.« Sie verabschiedete sich mit einer leichten Verbeugung des Kopfes und verließ mit großen vornehmen Schritten das Zimmer.

»Meine Tochter Marie!« sagte der Graf mit einer Handbewegung nach der Tür hin.

Herr von Norwig verbeugte sich und bemerkte, daß er bereits Gelegenheit gehabt hätte, die Komteß als Amazone zu bewundern.

»Ach ja«, seufzte der Graf, »es ist ein Jammer, daß sie kein Mann geworden ist! Dann brauchte ich auch jetzt keinen Oberverwalter. Meine Tochter hat einen so klaren Blick für das Praktische, erfaßt alle ihre Angelegenheiten so rasch und an der rechten Stelle, daß man oft ganz vergißt, daß sie nur ein Mädchen ist. Sie nimmt mir wirklich viele Arbeit in der Feld- und Viehwirtschaft ab, seit es mit meiner Gesundheit nicht mehr so ganz sicher ist. Sie versteht auch wirklich etwas von allen diesen Dingen; aber Sie begreifen, eine Frau ist doch immer nur eine halbe Autorität den Leuten gegenüber. Und alles beherrscht sie denn doch nicht. Es kommt mir darauf an, zum Oberverwalter einen Mann zu gewinnen, der mit hoher Intelligenz und Fachbildung ein sicheres, imponierendes Auftreten verbindet, ohne jedoch den Unterbeamten zu einem unangenehmen Fronvogt zu werden. Sie werden mich verstehen: dieselben Leute, welche dem Herrn selbst ohne Murren Gehorsam leisten, betrachten oft jede strenge Maßnahme eines angestellten Oberbeamten als eine unerträgliche Anmaßung. Besonders hier in Mecklenburg, wo dem älteren Geschlecht noch die Leibeigenschaft im Blute liegt, scheint es mir gefährlich, einen solchen – Quasi-Regenten, und noch dazu einen landesfremden, einzusetzen und von den Leuten für ihn denselben Gehorsam zu verlangen, wie – sozusagen – gegen das angestammte Herrscherhaus. Sie begreifen, daß ein ganz besondrer Takt dazu gehört, eine solche Stellung in meinem Sinne auszufüllen. Ich habe daher Ihrer Bewerbung unter zahlreichen andern den Vorzug gegeben, weil ich glaube, daß Sie, der Sie selbst früherer Grundbesitzer und Edelmann sind, vielleicht am ehesten den richtigen Ton im Verkehr mit den Untergebenen finden dürften und gleichzeitig mir selbst mehr werden könnten, als eben nur ein bezahlter Beamter.«

Der Graf hatte seine lange Rede mit vielfachem Stocken und leichtem Hüsteln vorgebracht, in einem verbindlichen, leicht gedämpften Tone, der merkwürdig gut zu seinem Gesichte stand. An der Art, wie er seinen weißen Schnurr- und Zwickelbart mit einer gewissen nervösen Unruhe mit den Fingerspitzen bearbeitete und wie er es vermied, Herrn von Norwig gerade in die Augen zu sehen, merkte dieser scharfe Beobachter sogleich, daß der gute Graf sich selbst durch seine lange Rede geniert fühlte und daß er in gewöhnlichen Zeiten sicherlich derselbe liebenswürdige alte Herr sein würde, wie so viele seiner Standesgenossen, die sich auf prinzipielle Erörterungen und dergleichen nicht gern einlassen, sondern zufrieden sind, wenn ihre Angelegenheiten in einer Weise besorgt werden, daß sie davon möglichst wenig merken und nur die gewohnten Erträge mit einiger Regelmäßigkeit vorgerechnet bekommen. Er hielt ihm also eine wohlgesetzte Rede aus dem Stegreif, in welcher er seinen Anschauungen in allen Punkten beipflichtete, und knüpfte hieran eine erbauliche und belehrsame Betrachtung über den Zustand der heutigen Landwirtschaft und deren Aussichten für die Zukunft bei vernünftiger, moderner Bewirtschaftung. Mit einiger Vorsicht machte er die liberale Anschauung zu der seinigen, daß der Notlage der Landwirtschaft mehr als durch Schutzzölle und Monopole durch einen dem Standpunkte der Wissenschaft besser entsprechenden Betrieb und durch geschicktere kaufmännische Ausnützung abzuhelfen sei. Er warf dabei derartig mit national-ökonomischen Schlagworten, sowie mit statistischen Zahlen um sich, daß der gute Graf förmlich geblendet ward von all der Herrlichkeit.

Als Herr von Norwig endlich schwieg, tat Graf Pfungk eine sehr vernünftige Frage: »Nun, sagen Sie mal, wenn Sie das alles so scharf erkannten, wie war es denn dann möglich, daß Sie selbst bei der Landwirtschaft zu Grunde gingen? Sie schrieben mir doch, daß Sie ein so schönes, großes Gut besessen hätten!«

»Das verdanke ich meinen liebenswürdigen Verwandten!« erwiderte jener mit einiger Bitterkeit: »Sie hatten Hypotheken auf dem Gute stehen. Es waren kleinliche, kurzsichtige Menschen, ohne Sinn für meine reformatorischen Bestrebungen. Sie kündigten mir zu ungelegenster Zeit, Mißernten kamen hinzu und so . . .«

Der Diener trat ein und meldete, daß die Frau Gräfin die Herren zum Thee bitten lasse.

Sie erhoben sich gleichzeitig. Der Diener trug die große chinesische Porzellanlampe voran und so gingen sie durch den weiten gotischen Ahnensaal hinüber in die Gemächer der Frau Gräfin, in deren mittelstem die kleine Familientafel gehalten zu werden pflegte.

Es war ein Eckzimmer, mittelgroß, mit Holzpaneelen und holzähnlicher Tapete. Auch hier, wie in dem Zimmer des Grafen und den andern Räumen, die er durchschritten hatte, fiel dem Gast der Mangel an guten Bildern auf. Die Wandfläche wurde in diesem Zimmer gar nur von eingerahmten, auf Karton gestickten Bibelsprüchen unterbrochen. Zwischen den beiden Fenstern stand auf einem Sockel die Figur des segnenden Christus von Thorwaldsen, durch einen Tüllüberzug gegen die Fliegen geschützt.

Komteß Marie goß eben den Thee auf. Die Gräfin, welche in einem großen Buche blätternd auf einem kleinen Runddiwan an der innern Fensternische gesessen hatte, legte rasch ihre Brille ab, und kam dann mit merkwürdig raschen, dumpf stampfenden Schritten auf die beiden Herren zu. Sie pflegte im Hause absatzlose Zeugstiefel zu tragen und das Gewicht ihres gewaltigen Körpers ausschließlich auf den Hacken vorzuschieben. Daher dies sanft erschütternde Stampfen, wo immer sie wandelte. Sie war ungemein vollbusig, rundschulterig und rundrückig, aber sie verstand ihr graues Haupt mit eindrucksvollem Pomp auf dem kurzen Nacken zu tragen, und ihr Gesicht hatte trotz des breiten Mundes und der weichen Hängewangen etwas unzweifelhaft Hochgeborenes. Ihre stattlichen Hauben oder sonstigen Kopfbedeckungen, sowie die weiten rauschenden Seidengewänder konnten nur dazu beitragen, diesen Eindruck zu verstärken.

Sie kam also, wie gesagt, einem radschlagenden Truthahn nicht ganz unähnlich, auf die Herren zu und bewillkommnete den Gast mit einer tiefen, aber etwas kurzatmigen Altstimme: »Guten Abend, mein lieber Herr! Freut mich sehr! Freut mich sehr! Schade, daß Sie nicht früher kommen konnten! Wir hätten Sie mitgenommen nach Pägelow – nein, die Missionspredigt von Pastor Bullerich hätten Sie hören müssen! Der versteht die Herzen zu erschüttern, mein lieber Herr! Er ist sieben Jahre in Groß-Popo gewesen, da unten bei Kamerun herum, wissen Sie. Da hat er den armen blinden Heiden das Evangelium verkündet. Unzähligemal ist er in Lebensgefahr gewesen und seine Schwiegermutter haben sie auch wirklich umgebracht, weil so ein abscheulicher Mohr behauptete, sie hätte ihm einen Hammel verhext.«

»Wurde sie denn aufgegessen?« erkundigte sich Komteß Marie ganz ruhig vom Theetisch her.

»Vermutlich wohl«, antwortete die Mama Gräfin ernsthaft, »denn es ist nicht zu glauben, was sie da alles essen! Pastor Bullerich flocht einige haarsträubende Anekdoten in seine Predigt ein. Ja, wie ich dir schon sagte«, wandte sie sich an den Grafen, indem sie ihn an einem Westenknopf ergriff, »du hättest nur mitkommen sollen. Es war auch von deinem weltlichen Standpunkte aus sehr ergötzlich, besonders nachher beim Kaffee; da hat uns der liebe Bullerich Geschichten erzählt – ich mußte die Vicki geradezu hinausschicken! Das gute Kind hat übrigens etwas zu viel Kuchen gegessen – die liebe Pösthin backt so schönen Streußelkuchen! Aber sie hat gleich einen Löffel Doppelt-Kohlensaures zu schlucken gekriegt, und vor dem Schlafengehen soll sie noch einmal Baldrian nehmen. Nein, nein, Herr von Norwig, Sie brauchen gar nicht so zu lächeln. Wenn es aus dem Magen kommt, ist Doppelt-Kohlensaures ganz entschieden sehr gut und Baldrian beruhigt die Nerven so schön. Manche können es nicht riechen, aber das schadet nichts! Wissen Sie, bei mir kommt das ganze Jahr kein Doktor ins Haus. Die innern Sachen kuriere ich immer ganz allein – na, und der Herr hat ja auch stets seinen Segen dazu gegeben.«

Die redselige Dame hatte die beiden Männer die ganze Zeit über sozusagen auf der Schwelle festgenagelt. Ihr Gemahl hatte zu ihren höchst interessanten Auseinandersetzungen ein ganz sonderbar ängstliches Gesicht gemacht und Herrn von Norwig dabei mit einer gewissen Beklemmung angeschielt. Dieser aber, als ein vollendeter Weltmann, hatte es über sich vermocht, nur mit einem gleichgültig verbindlichen Lächeln der Hausfrau zuzuhören.

Nun küßte er ihr galant die Hand und sagte: »Gnädigste Frau Gräfin werden, fürchte ich, an mir wenig zu tun bekommen, ich erfreue mich eines ausgezeichneten Magens und eines leidlich intakten Nervensystems.«

»Das ist ein gutes Zeichen für Sie, Herr von Norwig!« versetzte die Gräfin. »Ich habe es nur zu oft bestätigt gefunden, daß ein gottloser Lebenswandel die Verdauung ruiniert und der Unglaube die Nerven zerrüttet! Sie kommen in ein christliches Haus und Sie sehen, wir sind, gottlob, allzusammen gesund.«

»Außer wenn wir uns am Missionskuchen den Magen verderben«, schaltete wiederum mit großer Seelenruhe Komteß Marie ein.

Da die Hausherrin selber mit einem gutmütigen Lachen den Anfang machte, so glaubten sich auch die Herren berechtigt, die Bande frommer Scheu zu zerreißen und sich kräftig auszulachen.

Man war an den Tisch getreten, jeder hielt die Lehne seines Stuhles in der Hand, bereit, sich zu setzen. Da aber die gnädige Gräfin nicht das Signal dazu gab, so zögerte man noch und blickte einander erwartungsvoll an. Die Frau Gräfin warf einen bedeutungsvollen Blick auf ihre älteste Tochter, welche leicht errötend zur Seite sah.

»Na, potztausend, will denn keiner beten?« rief die Dame ärgerlich, und dann wandte sie sich mit einer strengen Miene an den Gast und sagte würdevoll: »In unserm Hause gilt das Beten noch nicht für unschicklich, Herr von Norwig!«

Der also Angeredete verbeugte sich stumm und faltete erwartungsvoll die Hände auf seiner Stuhllehne.

Die Frau Gräfin legte das Haupt auf die linke Schulter, hob die gefalteten Hände an den Busen und murmelte: »Alles gute und alle vollkommene Gabe kommt von Oben herab, von dem Vater des Lichts.«

In diesem Augenblick ging die Tür auf und Komteß Vicki kam, die Arme nachlässig schlenkernd, herein.

»Nun siehst du, da bist du ja, Kind!« unterbrach die Gräfin ihre Andacht: »Aber immer zu spät; anders geht es wohl nicht? Du kannst mal gleich beten, wenn dir wieder besser ist.«

Und das große stattliche Mädchen, welches trotz der kleinen Magenverstimmung sehr gesunde Farben hatte, wurde noch um einige Grade röter, stellte sich aber doch gehorsam hinter seinen Stuhl und sagte fromm seinen Spruch auf.

Noch ehe man sich setzte, stellte die Gräfin, indem sie mit ihrer fleischigen, beringten Hand einen weiten Bogen über den Tisch schlug, die sich Gegenübersitzenden einander vor: »Meine Tochter Viktoria – Herr von Norwig!«

Viktoria machte einen kurzen Knicks, der mit seiner Kindlichkeit in seltsamem Widerspruche stand zu ihren voll entwickelten Formen und ihrer heldenhaften Größe, welche derjenigen der ältern Schwester nur wenig nachgab.

Man setzte sich und aß – gut und reichlich, wie überall in dem gesegneten Obotritenlande.

»Sie sind Witwer, Herr von Norwig?« wandte sich die Gräfin an ihren Gast.

»Allerdings!« erwiderte jener.

»Haben Sie Kinder?«

»Nein, – fast möchte ich sagen: Gott sei Dank, nein. Ich hätte sie ja doch nur zu Erben des unglücklichen Verhängnisses gemacht, das mich von Jugend auf verfolgt hat.«

»Oh!« rief die Gräfin mitleidig. »Wenn Sie der Unsrige werden, so findet sich wohl bald einmal eine stille Stunde, wo Sie sich mir anvertrauen können. Glauben Sie mir, ich habe schon manche betrübte Seele aufgerichtet! Die Menschen gehen nur oft so blind durchs Leben und finden den rechten Tröster nicht.«

Der stets aufmerksame Norwig bemerkte, daß die Augen der Gräfin während dieser kleinen Rede mit eigentümlichem Ausdruck auf ihrer jüngsten Tochter ruhten. Und während nun der Graf das Gespräch wieder vom geistlichen auf das weltliche Gebiet zu lenken sich bestrebte, bemühte sich seine Gattin, durch lebhaftes Zwinkern Komteß Vicki auf etwas aufmerksam zu machen. Herr von Norwig weidete sich inzwischen an der reizenden Verlegenheit des lieblich drallen Mädchens, das gar nicht wußte, was die Mutter von ihm wolle, bis jene endlich wie unabsichtlich, aber mit bedeutungsvollem Augenwink eine Hand leicht auf die Brust legte.

Da bemerkte endlich Komteß Vicki, indem sie ängstlich an sich hinunter blickte, daß sie eine beträchtliche Strecke ihrer schwarzen Trikotbluse zuzuknöpfen vergessen hatte. Das Mädchen war zu reizend in seiner Verlegenheit! Herr von Norwig brachte es kaum übers Herz, seine Blicke eine Weile von ihr abzuwenden, um ihr mehr Zeit zur Vervollständigung ihrer Toilette zu gewähren. Er bemerkte aber sehr wohl, wie Komteß Marie sich das Lachen verbiß und wie die alte Gräfin mißmutig den Kopf schüttelte und dabei immer: »Tetete, tetete!« machte.

Komteß Marie wußte das Gespräch bald auf ihren Lieblingsgegenstand, die Pferde, zu bringen, und Herr von Norwig folgte gern ihrer Aufforderung, ihr etwas von den berühmten Pferdeherden in den brasilianischen Pampas zu berichten. Er war ein guter Erzähler, eine düstere Einleitung deutete die grausamen Schicksalsschläge an, welche ihn aus der Heimat getrieben hatten, die Nichtswürdigkeit der Verwandten, der Tod seiner heiß geliebten Frau, der Stolz einer großen Seele, die sich nicht erniedrigen mochte vor Leuten, die sie verachtete – und von diesem Hintergrunde hob sich um so wirkungsvoller das romanhafte Bild des kühnen Pfadfinders der Zivilisation ab, welcher in Urwälder und Steppen hineindrang, um dort auf jungfräulichem Boden den Samen herrlicher Zukunftsideale auszustreuen, welchen der harte kalte Heimatsboden aufzunehmen verweigert hatte.

Herr von Norwigs klangvolles Organ, seine gewählte Sprache, seine farbenprächtige Schilderung machten einen bedeutenden Eindruck auf die gräfliche Familie. Selbst Komteß Marie, die eine ausgesprochene Abneigung gegen alle Schönrednerei hegte, ward von seinem Vortrag angezogen und Komteß Vicki saß gar mit offenem Munde da und kam sich vor wie etwa Desdemona dem Othello gegenüber. Ja, in ihren Augen wäre es sogar ein Reiz mehr gewesen, wenn Herr von Norwig sich einer echten Mohrenfarbe, »schwarz wie ein gut gewichster Stiefel«, zu rühmen gehabt hätte.

Der gute Graf hatte eine ganz eigentümliche Empfindung während jener Erzählung; er fühlte sich dadurch geniert. Denn in den Kreisen, in welchen er zu verkehren gewohnt war, pflegten längere Reden dieser Art nicht gehalten zu werden. Es wurde über die Wirtschaft, die Politik, über Weine und Zigarren, über Hunde, Pferde, Künstlerinnen und Familienverhältnisse in wichtigem Tone und von alters her feststehenden Redewendungen gesprochen, und wäre in solcher harmonischen Gesellschaft ein Individuum aufgetaucht, das deutsche Aufsätze über dem Theetisch reden und Zeitungsartikel über dem Bierkrug stilisieren konnte, so hätte man ein solches sicherlich als zersetzendes Element hinauszugraulen versucht. In der feudalen Gesellschaft, welcher Graf Pfungk-Räsendorf angehörte, gab es eigentlich keinerlei Privatmeinungen, deren Erörterung zu irgend welcher lebhaften Auseinandersetzung hätte Anlaß geben können, sondern es gab eben nur einen guten und einen schlechten Ton! Eine eigne Meinung zu haben, welche etwa den altehrwürdigen Anschauungen zuwider lief, das gehörte zum schlechten Ton. Geist zu besitzen und in ungewöhnlicher Redeform zu äußern, das war zwar nicht geradezu verboten, gehörte aber dann in die Damengesellschaft, wo es zur Belebung der Unterhaltung beitragen mochte, indem es jene kecke Flatterhaftigkeit in das Gespräch brachte, welche ein so eigentümliches Merkmal der wahrhaft vornehmen Gesellschaft ist und jeden nicht in derselben groß gewordenen Menschen sich selbst als einen Dummkopf erscheinen läßt, falls er etwa gewohnt sein sollte, langsam aber logisch zu denken.

Graf Pfungk pflegte solche Buchredner und Doktrinäre unter dem originellen Gattungsbegriff »Doktoren und Republikaner« zusammenzufassen. Und nun saß ein solcher an seinem Familientische, noch dazu mit der Anwartschaft auf seine oberste Beamtenstellung – und dieser Mann war doch von Hause aus Edelmann und Gutsbesitzer gleich ihm selber! Der alte Herr fühlte sich in hohem Gradepuzzled, wie der unübersetzbare englische Ausdruck heißt, und doch auch wieder geschmeichelt in dem Gedanken, daß ein Mann von so ungewöhnlicher Begabung fortan sein Untergebener sein sollte. Mochte er einmal zeigen, was mit seinen großen Ideen praktisch anzufangen war!

Die Frau Gräfin war ebenfalls entzückt von der Schilderungsgabe ihres Gastes und erklärte, daß er sie, in der Art zu erzählen, lebhaft an Pastor Bullerich erinnere. Sie wünschte noch weitere Auskunft über den Zustand des Christentums in Brasilien und machte Herrn von Norwig lebhafte Vorwürfe darüber, daß er die köstliche Gelegenheit versäumt habe, wenigstens einige vereinzelte blinde Heiden zu erleuchten.

»Sehen Sie, mein lieber Herr«, führte sie aus, »in dieser schrecklichen Zeit des Unglaubens und der frivolen Verspottung alles dessen, was Tugend und Religion heißt, ist es die ganz besondre Pflicht des Adels, für das Reich Gottes auf Erden zu kämpfen, so wie er früher für seine weltlichen Kaiser und Könige kämpfte. Wenn die Welt an nichts mehr glaubt – dann hört doch eben alles auf, nicht wahr? Aber bei mir in Räsendorf soll es dahin nicht kommen, solange ich noch auf dem Posten bin! Meine Leute müssen glauben – oder es hol' sie der Teufel! Da mir leider der Himmel einen Sohn versagt hat, so werde ich dafür sorgen, daß wenigstens eine von meinen Töchtern dem Herrn mit Werken der Liebe dienen soll. Vicki, das liebe Kind, gedenkt nämlich Diakonissin zu werden!«

Das liebe Kind war eben damit beschäftigt gewesen, mit ihrer Schwester durch eine höchst possierliche Gebärdensprache Geheimnisse auszutauschen. Als die Mama ihre fromme Absicht erwähnte, streckte sie eben ihre spitze rosa Zunge ein klein wenig zwischen den blendenden Zahnreihen hervor und zog dabei ihre fleischigen Ohrläppchen zur Seite. Auf einen strengen Blick der Mama ließ sie rasch die Hände in den Schoß sinken, guckte ganz zahm auf den Teller hinunter und sagte schüchtern: »Ach ja, Mama!«

Gleich darauf wurde die Tafel aufgehoben. Man verfügte sich in das Nebenzimmer, das Empfangszimmer der Frau Gräfin, welches zwar reich, aber immerhin recht altmodisch und nüchtern ausgestattet war. Man stand und saß plaudernd herum. Der Graf erörterte mit Norwig wirtschaftliche Einzelheiten, während die Gräfin von einem Bücherbrett verschiedene Bände herunterholte, aus deren Blättern zahllose Lesezeichen hervorlugten. Die beiden jungen Damen standen Arm in Arm in einer dunkeln Ecke in eifriger Unterhaltung. »Du, Marie«, flüsterte Vicki der Schwester zu, »ich glaube, ich habe mein Strumpfband verloren, es muß hier irgendwo auf dem Teppich liegen.«

»Ach, Vickichen, mußt du denn immer etwas verlieren?« versetzte die Schwester leise lachend. »Herr von Norwig starrt immerzu hierher. Der sieht es vielleicht schon liegen.«

»Das wäre gräßlich! – Übrigens ein sehr netter Mann! Findest du nicht?«

»Mir schwatzt er etwas zu viel. Wir wollen erst einmal sehen, wie er zu Pferde sitzt«, sagte Marie.

»Sieh nur, er guckt immerzu hier herüber! Wen meint er wohl bloß?« flüsterte Vicki.

Allerdings kehrte Norwigs Blick immer wieder zu den beiden Riesenmädchen zurück. Sein Auge hatte ihn vorhin nicht betrogen, die Gestalt der älteren war wirklich unvergleichlich schön, aber er konnte die Täuschung, die ihr Gesicht ihm bereitet hatte, noch nicht verwinden, und so blieb sein Auge zuletzt ausschließlich auf der jüngeren haften. Jetzt erst, wie sie da stand, bemerkte er, daß diese überaus stattliche junge Dame wohl kaum mehr als fünfzehn oder sechzehn Jahre zählen mochte. Denn der kindliche Ausdruck ihres vollen runden Gesichtes und das kurze schwarze Kleid, unter welchem ein Paar nicht eben kleiner Füße in schwarzen Strümpfen und niedrigen Kinderschuhen hervorsahen, stand in zu offenbarem Widerspruch mit der sonstigen Reife ihrer Gestalt. Herr von Norwig bemerkte einen auffallenden roten Streifen um das linke Fußgelenk des Mädchens und wußte vorläufig nicht, was er davon zu halten hatte.

Der Diener trat mit einem Präsentierbrett ein, auf welchem sich eine Wasserflasche und Gläser befanden. Die Gräfin trank hastig ein volles Glas aus, packte sich sodann einen Stoß Bücher auf ihren linken Arm – man sah sich verständnisinnig an, und dann ergriff der Diener die große chinesische Porzellanlampe und leuchtete vorangehend der Gesellschaft die Treppe hinunter.

Man betrat einen ziemlich schmucklosen Saal im Erdgeschoß, in welchem das gesamte Hausgesinde und die Unterbeamten bereits versammelt waren. Sie saßen auf Stühlen und Bänken der innern Wand entlang, während die Familienmitglieder auf der gegenüberliegenden Seite auf Polsterstühlen Platz nahmen. Die Frau Gräfin setzte sich an den großen runden Tisch in der Mitte des Saales. Die Lampe wurde neben sie gestellt und dann ordnete sie ihren Bücherhaufen. Der Graf saß rechts hinter ihr, ihm zur Seite Komteß Marie. Links hinter der Gräfin Komteß Viktoria, neben ihr Herr von Norwig.

Nachdem sich die Herrschaften gesetzt, tat die Dienerschaft das gleiche. Der Gräfin gegenüber saßen: der Inspektor Reusche mit seinem roten, etwas einfältigen Gesicht, neben ihm der zweite Wirtschafter Brinkmann, welcher so aussah, als hätte er eigentlich Fähnrich sein müssen und welcher die Prozedur der Abendandacht nur unter stillem Protest über sich ergehen ließ. Dann kam der Hofmeister Vitense mit seinem kernigen Bauerngesicht, zu dem der kurze, graue Backenbart vortrefflich stand, weiterhin der Diener, der Gärtner mit seinem Burschen, und schließlich der alte Hinrich, der seinen langen hageren Oberleib möglichst bequem in der Ecke zwischen Ofen und Wand zu befestigen suchte. Auf der andern Seite saß das weibliche Personal, bestehend aus der Köchin, Witwe Sigglikow, welche auch im Sommer die merkwürdige Erscheinung kornblumblauer Frostbacken zeigte und das würdige Haupt während der Andacht bedenklich schief hielt; ferner die beiden Hausmädchen, Luise und Anna, ein paar hübsche Schwestern, welche die Gräfin hatte konfirmieren lassen, und endlich das Küchenmädchen Lina, dessen kerngesunde Züge freundlich erglänzten im Widerschein eines holden Traumes von Tanzmusik und süßer Bratwurst.

Die Gräfin zog zunächst aus einem Pappfutteral ein gedrucktes Zettelchen und begann: »Die Losung des heutigen Tages lautet: Ist denn keine Salbe in Gilead? Oder ist kein Arzt nicht da? Warum ist denn die Tochter meines Volkes nicht geheilet? Jeremia 8, 22.« Sie räusperte sich bedeutungsvoll und blickte im Kreise umher, als ob sie erwartete, daß der Geist einem unter den Zuhörern eine bedeutsame Auslegung dieses Prophetenwortes eingeben werde. Da aber nichts dergleichen erfolgte, und auch sie selber sich keinen rechten Begriff über die Natur der Salbe in Gilead zu machen vermochte, so ging sie über dieselbe hinweg zur Tagesordnung und las ein Dutzend Verse aus dem Gesangbuch vor. Diesen folgte das Evangelium des kommenden Sonntags, ferner eine kurze Abendbetrachtung aus der Hauspostille des berühmten württembergischen Pfarrers Grolmus und endlich das Hauptstück des Abends: die Predigt des kommenden Sonntags. Als die Gräfin so weit gekommen war, unterbrach sie sich, um Herrn von Norwig die Aufklärung zu geben, daß sie am Sonnabend stets eine Predigt über die Epistel des folgenden Sonntags zu lesen pflege, da der Pastor in diesem Jahre nur die Evangelien vornehme.

Herr von Norwig verbeugte sich höflich, und dann nahm die Vorlesung ihren Anfang. Sie wäre ihm, der noch dazu von der Reise ziemlich ermüdet war, gewiß unendlich lang erschienen, wenn nicht an diesem ersten Abend die Beobachtung der vielen neuen Gesichter ihm einige Unterhaltung gewährt hätte. Und dann freute er sich auch der guten Gelegenheit, Komteß Vickis Profil so eingehend studieren zu können. Das große Mädchen schaute so fromm in seinen Schoß, empfand aber trotzdem den Blick seines Nachbars sehr wohl, und eine zarte Röte bedeckte sein Gesicht wie seinen Hals. Bemerkte es doch sehr wohl, daß Norwigs Blick immer wieder von seinen Füßen gefesselt wurde und hatte es doch, dieselben vorsichtig vorstreckend, zu seinem Entsetzen das verloren geglaubte Strumpfband entdeckt, das immer noch lose auf dem starken Knöchel lagerte. Freilich trug Komteß Vicki Sorge, das Unglücksbändchen mit dem darüber gelegten andern Fuße zu verdecken, aber ertappt war sie nun einmal, das half alles nichts.

Jedesmal, wenn die Gräfin ein neues Blatt umschlug, machte der Graf einen langen Hals und spähte über ihre Schulter hinweg, ob nicht die Predigt auf der nächsten Seite endlich zu Ende ginge; aber sie währte reichlich eine halbe Stunde und vermochte trotz ihrer Eindringlichkeit und trefflichen Fassung nicht zu verhindern, daß auf der Seite des Dienstpersonals mehrere Häupter bedenklich ins Schwanken gerieten, auch gewisse Laute vernehmbar wurden, welche dem gedämpften Geräusch einer Säge nicht unähnlich klangen. Als die Gräfin den dritten und letzten Teil der Predigt in Angriff nahm, trat ein Ereignis ein, welches sämtliche Zuhörer erschrocken zusammenfahren machte: Der alte Hinrich, überwältigt von dem Schlafe des Gerechten, verlor nämlich das Gleichgewicht und rutschte mit gewaltigem Gepolter von seinem Stuhl. Er raffte sich langsam empor und starrte, noch halb abwesend, mit seinem greulichen Meerkatergrinsen um sich.

Mit einem vernichtenden Blick durch ihre runden Brillengläser wartete die Gräfin, bis er wieder sicher auf seinem Stuhle saß und sagte dann: »Wenn Sie sich noch ein einzigesmal erlauben, während der Andacht vom Stuhle zu fallen, Hinrich, so sind Sie sofort entlassen!« Ein zweiter vernichtender Blick traf Brinkmann, den zweiten Wirtschafter, welcher vergebliche Anstrengungen machte, hinter seinem Taschentuch sein Vergnügen über diesen Zwischenfall zu unterdrücken. Einige weitere Gesangbuchverse beschlossen endlich die Abendandacht. Das Personal wünschte einstimmig gute Nacht, und unter Vorantritt des Dieners mit der bewußten Lampe stiegen die Herrschaften wieder in den ersten Stock hinauf. Komteß Vicki hatte unterwegs Gelegenheit gefunden, ihr Strumpfband in die Tasche zu stecken. Herr von Norwig sah es nebst dem Taschentuch daraus hervorlugen, als er den Damen »wohl zu schlafen« wünschte.

Der Graf bat ihn, noch ein Glas auf seinem Zimmer mit ihm zu trinken und eine Zigarre zu rauchen. Es wurde ein reizender Abend, der sich bis gegen Mitternacht ausdehnte. Als Herr von Norwig endlich sein Schlafgemach aufsuchte, da hatte er den unterschriebenen Kontrakt in der Tasche.

Der Graf aber fuhr um zwei Uhr nachts aus dem Traume empor, setzte sich im Bett auf und lachte wohl eine Viertelstunde lang, bis er ganz außer Atem war. Die Geschichte von dem Levi, der sich wegen Frechheit scheiden lassen wollte, war doch zu brillant gewesen!

Drittes Kapitel.

In welchem die tolle Komteß einem Ochsen das Leben, und Herr von Norwig seine Ehre als Reiter, wie als vernünftiger Mensch rettet, und endlich Fräulein Sophie erklärt, daß er eine ganz andre Nase habe.

Die Alpenlandschaft auf den Rollvorhängen des kleinen Fremdenzimmers leuchtete in hellen Farben, als Herr von Norwig am andern Morgen die Augen aufschlug. Und als er zehn Minuten später das Fenster weit öffnete, da strömte ihm mit taufrischem, wonnig belebendem Hauche die lichtdurchflutete Herbstluft entgegen. Der Himmel war von einer wunderbar durchsichtigen Bläue, durch welche nur einige vereinzelte Flockenwölkchen langsam dahinsegelten, so lustig und mühlos, wie etwa Fischer am Sonntage mit der Herzliebsten allein auf den stillen See hinausfahren mögen.

Die bunten Wipfel des Parkes rauschten so leise und friedlich, wie die Kleider der Frauen in der Kirche, ehe die Predigt beginnt. Norwig sah eine lange Allee von dunklen Tannen hinunter, welche hügelab einem kleinen Teich zuführte, dessen Wasserspiegel fast ganz bedeckt war von den großen schwimmenden Blättern der weißen Wasserrosen. Darüber hinaus dehnte sich die weite Hügellandschaft in die klare Ferne, wie mit einem steifgemusterten Teppich überdeckt. Streifen gelben Stoppelfeldes wechselten ab mit grünen Matten und braunen, frisch gepflügten Feldern. An einigen Stellen konnte er zwischen den Bäumen hindurch das eiserne Stabgitter erkennen, welches den Park abschloß. Dort versuchte eine rotbunte Kuh vergebens, ihren großen Kopf zwischen zwei Stäben hindurch zu stecken. Sie gab den Versuch mißmutig brummend auf und eilte dann mit raschen Sprüngen klingelnd davon. Dicht unter dem Fenster lärmte eine Spatzenschar durcheinander, bis plötzlich, Norwig wußte nicht woher, mit schwerem Flügelschlage ein Pfauhahn herabgeflattert kam und die Zankenden auseinander jagte.

Der Gärtnerbursche trollte mit einem leeren Schubkarren pfeifend den Tannengang hinunter, hinter ihm her, mit schwerfälligem Geblaff, zwei mächtige Bernhardiner. Die drei verloren sich in einem Seitenwege, und dann herrschte wieder die Stille von zuvor, nur von dünnen Vogelstimmchen hin und wieder träumerisch unterbrochen. Es war ein Tag wie geschaffen zum Beginnen eines neuen Lebens. Ein Tag wie geschaffen, einen Friedensvertrag mit dem Schicksal zu unterzeichnen und nach langer, wüster Kriegsarbeit wieder frohgemut zum liebgewohnten Spaten zu greifen.

Es war für ländliche Verhältnisse schon etwas spät geworden, und Herr von Norwig beeilte sich, zum Frühstück hinunterzukommen. In der Tat hatte die gräfliche Familie ihren Kaffee bereits getrunken, nur Komteß Vicki, welche immer und überall zu spät kam, saß noch am Frühstückstische, stippte ihren Zwieback in den kalten Kaffee und machte dabei hin und wieder einen Klecks auf das Buch, in welchem sie eifrig las. Mit einiger Befangenheit bequemte sie sich dazu, für Herrn von Norwig die Wirtin zu spielen.

»Darf man fragen, was Sie da lesen, Komteß?« eröffnete Norwig das Gespräch.

»Ach, es ist ein reizendes Buch – von Ebers. Ich vergesse immer, wie es heißt.«

Er nahm ihr den schmutzigen, abgegriffenen Band aus der Hand und sah nach dem Titel: »Homo sum« las er. »Ei ei, Komteß, in dieser Gesellschaft von ungewaschenen Einsiedlern befinden Sie sich wohl?«

»Aber Mama sagt doch, es wäre so christlich!« gab das große Mädchen kleinlaut zurück.

»Dieses Exemplar wenigstens«, lachte Herr von Norwig, »steht schon recht bedenklich im Geruch der Heiligkeit!« Er näherte das Buch vorsichtig seiner Nase. »Oh, puh! Wissen Sie auch, was für einen Höllenbrodem Sie entfesseln, welche ungezählten Heere von Bacillen greulichster Sorte Sie gegen sich selber loslassen, indem Sie in solchem Buche blättern? Leihbibliotheksschmöker halten sich erfahrungsmäßig in Krankenstuben am liebsten auf. Wie können Sie mit Ihren zarten weißen Fingern solch eine schmutzige Scharteke nur anfassen.«

Das gescholtene Komteßchen machte ein ängstlich betrübtes Gesicht. »Aber die Bücher aus der Leihbibliothek in Teterow sind doch alle so!«

»Da müssen Sie Ihren Herrn Vater bitten, daß er Ihnen neue Bücher schenkt. Sie würden doch gewiß kein Kleidungsstück anziehen, das aus dem Trödel gekauft ist, und das vor Ihnen doch irgend ein schmutziger oder gar kranker Mensch getragen haben kann. Aber Ihre Lektüre beziehen Sie unbedenklich aus dem Spittel! Wie reimt sich das zusammen?«

»Aber wir kaufen doch keine weltlichen Bücher!« rief Vicki weinerlich. »Mama ist auf vierzehn evangelische Wochenblätter abonniert, Papa auf die Kreuzzeitung und die Mecklenburgische Landeszeitung – und die sind alle so gräßlich langweilig!«

»Nun, seien Sie nicht so betrübt, Komteß!« tröstete Norwig. »Vielleicht gelingt es mir, das Vertrauen Ihrer Eltern zu gewinnen, und dann will ich gern das Meinige dazu tun, um Ihnen zum mindesten eine saubere, nicht gesundheitsgefährliche Lektüre zu verschaffen.«

»Ach ja, versprechen Sie mir das!« rief Vicki freudig aus und streckte ihm ihre fleischige Hand entgegen, in die er lächelnd einschlug.

Komteß Marie kam herein. Sie hatte einen Herrenfilzhut auf dem Kopf und trug die Schleppe ihres dunkelgrünen Reitkleides über den linken Unterarm geschlagen.

»Morgen, Herr von Norwig!« rief sie mit ihrer angenehmen tiefen Stimme; »Sie schlafen doch nicht immer so lange?«

Er kam sich wie ein gescholtener Knabe vor und stammelte, wirklich verlegen, einige Entschuldigungen.

»Ja, wissen Sie, wir steh'n hier höllisch früh auf. Langes Toilettemachen und andern solchen Frauenzimmerkram kennen wir hier nicht. Wissen Sie auch, daß Sie den Morgensegen versäumt haben? Mama zieht sich schon zur Kirche an. Ich war heute schon zu Pferde und freute mich darauf, ein Stündchen mit Ihnen zu reiten. Wissen Sie, es schläft sich danach besser in der Predigt.«

»Ach! Du!« rief Komteß Vicki mit drollig entsetztem Blick. »Na, ich habe nichts gehört!« Und dann drehte sie sich wie ein Kreisel ein paarmal auf dem Absatz herum und lief mit ihrem »Homo sum« zum Zimmer hinaus.

Komteß Marie lachte und klopfte mit der Reitgerte ein Stäubchen von ihrem Kleide. »Nun kommen Sie aber rasch!« rief sie dem neuen Verwalter in befehlendem Tone zu. »Wir werden Papa schon irgendwo draußen finden.«

Sie ging mit großen Schritten voran und er folgte ihr gehorsam die Treppe hinunter aus dem Schlosse.

Die mit gelbem Kies bestreute Auffahrt bog sich im Halbkreis um die Rampe des Schlosses herum und fiel auf beiden Seiten ziemlich steil ab. Eine beschnittene Hecke faßte diese Auffahrt ein, und eine steile Rasenböschung baute sich wallartig darunter auf, an deren Sohle ein Abfluß jenes Teiches, den Norwig von seinem Fenster aus schon durch die Bäume schimmern gesehen, vorbeizog, welchen der Fahrweg auf zwei steinernen Bogen überbrückte. Hinter diesen Brücken vereinigten sich die beiden Wegbogen wieder zu einer breiten Fahrstraße, welche, ein wenig ansteigend, durch eine mächtige Pforte von reicher Schmiedearbeit in den weiten, gepflasterten Hof führte, um welchen die Stallungen, Scheunen und sonstigen Wirtschaftsgebäude herumlagen.

An jenem Thor angelangt, wandte sich Norwig, um zum erstenmal die Vollansicht des gräflichen Schlosses zu genießen. Es war kein Meisterwerk der Baukunst, es zeigte keinen ausgeprägten Stil, aber mit seinen zwei Stockwerken, den hohen gotischen Fenstern im Mittelgeschoß, dem vielgiebligen Schieferdach und dem plumpen, eckigen Turme, der links hinten über das Dach beträchtlich hervorragte, sah es doch burgmäßig genug aus.