Die Zwölf - Justin Cronin - E-Book
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Die Zwölf E-Book

Justin Cronin

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Beschreibung

Zu Anfang waren es zwölf Kriminelle, die auf die Todesstrafe warteten. Doch dann wurden sie auserwählt für ein geheimes Experiment. Es sollte den Fortschritt bringen, aus ihnen sollten mehr als nur Menschen werden. Doch es schlug fehl. Jetzt sind es diese Zwölf, die das Leben auf der Erde bedrohen und das Ende der Menschheit bedeuten könnten. Und die letzte Hoffnung ruht auf einem Mädchen. Amy ist die Einzige, die sich der Macht der Zwölf entgegenstellen kann. Aber der Gegner ist stark, und ihre Kraft scheint mehr und mehr zu schwinden …

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Seitenzahl: 1193

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Justin Cronin

DIEZWÖLF

ROMAN

Ins Deutsche übertragen von Rainer Schmidt

Die Originalausgabe erschien 2012 unter dem Titel »The Twelve«

bei Ballantine Books, a division of Random House Inc., New York.

Textnachweise:

Kapitel 13: Eliot, T. S.: Das öde Land.

Englisch und deutsch. Übertragen und mit einem Nachwort versehen von Norbert Hummelt, Frankfurt: Suhrkamp Verlag, 2008.

Kapitel IV - Die Höhle: Milton, John: Das verlorene Paradies. Übers. v. Adolf Böttger, Leipzig: Verlag Philipp Reclam jun., [o. J.].

Kapitel 33: Emily Dickinson: Gedichte. Englisch / Deutsch, ausgewählt und übertragen von Gertrud Liepe, Stuttgart: Reclam, 1970.

Kapitel VIII - Die Wandlung: Emily Dickinson: Gedichte. Englisch und deutsch– übersetzt von Gunhild Kübler, herausgegeben von Gunhild Kübler. München: Hanser Verlag, 2006.

1. Auflage

Copyright © 2012 by Justin Cronin

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2012

by Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Martina Klüver

Umschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Design © Orionbooks; Foto: blickwinkel / Alamy

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-09279-5

www.goldmann-verlag.de

Für Leslie, ganz nah

Prolog

Aus den Schriften des Ersten Chronisten (»Das Buch der Zwölfe«)

Vorgelegt auf der Dritten Internationalen Tagung zur Nordamerikanischen Quarantäne-Periode

Zentrum zur Erforschung menschlicher Kulturen und Konflikte

University of New South Wales, Indo-Australische Republik

16.–21. April 1003n. V.

Erstes Kapitel

1. Denn es begab sich, dass die Welt im Argen lag und der Krieg Einzug gehalten hatte in die Herzen der Menschen. Sie schändeten alles, was lebte, sodass die Welt ward zu einem Traum des Todes.

2. Und Gott blickte auf Seine Schöpfung mit großem Kummer, denn Sein Geist wohnte nicht länger in den Menschen.

3. Und der HERR sprach: Wie zu Zeiten Noahs soll eine große Flut über die Erde kommen, und es soll eine Flut aus Blut sein. Die Ungeheuer in den Herzen der Menschen sollen Fleisch werden und alles verzehren auf ihrem Weg. Und man soll sie Virals heißen.

4. Die Erste dieser Kreaturen soll unter euch wandeln in Gestalt eines tugendhaften Mannes und das Böse in sich verbergen, und es soll ihn befallen eine Krankheit, sodass er einem Dämon gleiche, furchtbar anzusehen. Er soll der Vater der Zerstörung sein und auf den Namen Zero hören.

5. Und die Menschen werden sagen: Wäre ein solches Wesen nicht der Mächtigste unter den Soldaten? Und würden die Heerscharen unserer Feinde nicht die Waffen niederlegen und ihre Augen bedecken vor seinem Anblick?

6. Und ein Erlass soll ergehen von höchster Stelle, dass man zwölf Verbrecher wähle, die das Blut des Zero teilen und gleichfalls Dämonen werden. Und ihre Namen sollen sein wie ein einziger: Babcock-Morrison-Chaves-Baffes-Turrell-Winston-Sosa-Echols-Lambright-Martínez-Reinhardt-Carter, genannt Die Zwölf.

7. Aber ich will auch eine unter euch erwählen mit reinem Herzen und lauterem Sinn, ein Kind, das bestehen kann gegen die listigen Anläufe des Bösen. Und ich werde ein Zeichen schicken, auf dass alle es wissen, und dieses Zeichen soll sein eine große Unruhe unter den Tieren.

8. Und dieses Kind war Amy, deren Name von Liebe kündet: Amy, die Hüterin der Seelen, das Mädchen von Nirgendwo.

9.Und das Zeichen erging am Orte Memphis, da die Tiere heulten und kreischten und trompeteten, und eine, die dies sah, war Lacey, eine Schwester in den Augen Gottes. Und der HERR sprach zu Lacey:

10. Auch du bist erwählt, denn eine Helferin sollst du sein für Amy und ihr den Weg weisen. Wo sie hingeht, da sollst auch du hingehen, und deine Reise soll beschwerlich sein und viele Generationen währen.

11. Du sollst sein wie eine Mutter für das Kind, das ich hervorgebracht habe, die zerbrochene Welt zu heilen. Denn in ihr will ich eine Arche bauen für die Seelen der Gerechten.

12. Und Lacey gehorchte und tat, was Gott ihr befohlen hatte.

Zweites Kapitel

1. Und es begab sich, dass Amy in das Land Colorado gebracht wurde als Gefangene ruchloser Menschen, denn dort weilten Zero und die Zwölf in Ketten. Die aber Amy gefangen hatten, trachteten danach, dass sie werde wie die Zwölf und sich zu ihnen geselle im Geiste.

2. Und dort bekam sie das Blut des Zero und versank in eine Ohnmacht, als wäre sie tot, doch starb sie nicht und nahm auch nicht an die Gestalt der Ungeheuer. Denn es war nicht Gottes Vorsehung, dass sich solches begeben sollte.

3.In dieser Ohnmacht lag Amy etliche Tage, bis ein großes Unheil geschah, auf dass es gebe eine Zeit Davor und eine Zeit Danach. Die Zwölf entkamen und auch der Zero, und sie brachten den Tod über die Erde.

4. Ein Mann aber ward Freund mit Amy und hatte Mitleid mit ihr, und er stahl sie fort von jenem Ort. Er hieß mit Namen Wolgast und war ein Gerechter und ein Geliebter des HERRN.

5. Und zusammen begaben Amy und Wolgast sich in das Land Oregon, das tief in den Bergen lag, und dort weilten sie in der Zeit, die da hieß das Jahr Null.

6. Denn in jener Zeit suchten die Zwölf das Angesicht der Welt heim mit ihrem großen Hunger und töteten alle Lebewesen. Die aber, an denen sie sich nicht sättigten, wurden befallen und gesellten sich zu ihnen. So mehrten die Zwölf sich millionenfach und bildeten die Zwölf Stämme der Virals, ein jeder mit seinen Vielen, die über die Erde streiften ohne Namen und ohne Gedächtnis und die alles verwüsteten, was da lebte.

7. So vergingen die Jahreszeiten, und Wolgast wurde einem Vater gleich für Amy, die keinen Vater hatte wie auch er kein eigenes Kind, und genau so liebte er sie und sie ihn.

8. Er aber sah, dass Amy nicht war wie er noch wie irgendein anderer Mensch auf Erden, denn sie alterte nicht, litt keinen Schmerz, brauchte weder Nahrung noch Schlaf. Und es graute ihm, was aus ihr werden würde, wenn er dahingegangen wäre.

9. Als ein Fremder zu ihnen kam aus dem Ort Seattle, tötete Wolgast ihn, auf dass der Mann nicht werde zum Dämon in ihrer Mitte. Denn die Welt war eine Heimstatt der Ungeheuer, wo niemand lebte außer ihnen.

10. Und so kam es, dass sie lebten wie Vater und Tochter und füreinander sorgten bis zu der Nacht, da ein gleißendes Licht den Himmel erfüllte, so hell, dass man es nicht anblicken konnte. Am Morgen danach war die Luft faul von Gestank, und Asche fiel auf alles.

11. Das Licht indes war das Licht des Todes, und es warf Wolgast nieder mit einer todbringenden Krankheit. Fortan streifte Amy allein durch das verwüstete Land, und niemand war ihr Gesellschaft als die Virals.

12. Und so vergingen vier Mal zwanzig und zwölf Jahre.

Drittes Kapitel

1. Als Amy aber im achtundneunzigsten Jahr ihres Lebens war, kam sie im Lande Kalifornien in eine Stadt, die da hieß die Erste Kolonie. In ihren Mauern weilten vier Mal zwanzig und zehn Seelen, die Nachkommen der Kinder, die hierhergefunden hatten aus der Stadt Philadelphia in der Zeit Davor.

2. Doch die Menschen fürchteten sich, als sie Amy erblickten, denn sie wussten nichts von der Welt, und manches böse Wort ward gegen die Fremde gesprochen, und sie sperrten sie ein. So erhob sich mancherlei Wirrnis, und Amy musste fliehen zusammen mit etlichen anderen.

3. Die da hießen Peter, Alicia, Sara, Michael, Hollis, Theo, Mausami und Hightop, acht an der Zahl, und jeder trug die gerechte Sache im Herzen und verlangte, die Welt zu sehen, die außerhalb der Stadt lag.

4. Und unter ihnen war Peter der Erste und Alicia die Zweite. Sara war die Dritte und Michael der Vierte. Und desgleichen waren die anderen gesegnet in den Augen des HERRN.

5. Gemeinsam verließen sie den Ort im Schutze der Dunkelheit und wollten das Geheimnis entdecken, das die Welt ins Verderben geführt hatte und verborgen war im Lande Colorado. Ein halbes Jahr zogen sie durch die Wildnis und erlitten mancherlei Drangsal, die größte von allen an einem Ort, welcher der »Hafen« geheißen wurde.

6. Denn in der Stadt Las Vegas waren sie in Gefangenschaft geraten und zu Babcock gebracht worden, dem Ersten der Zwölf, der im »Hafen« lebte mit seinen Vielen. Diese waren wie Sklaven und opferten ihm zu jedem Neuen Mond zwei aus ihrer Zahl, auf dass die anderen am Leben blieben.

7. Amy und die anderen wurden dort auf die Opferstätte geworfen und kämpften gegen Babcock, der schrecklich anzuschauen war, und viele der Seinen fanden dabei den Tod. Amy und ihre Gefährten aber flüchteten von diesem Ort, weil sie nicht gleichfalls sterben wollten.

8. Nur einer von ihnen fiel, und das war der Junge, der Hightop hieß, und sie begruben ihn und setzten ein Mal auf die Stelle zu seinem Gedenken.

9. Und eine große Trauer lag auf ihnen, denn Hightop war allen der Liebste in ihrer Zahl, doch sie konnten nicht säumen, denn Babcock und seine Vielen verfolgten sie.

10. Als aber noch mehr Zeit vergangen war, kamen Amy und ihre Gefährten zu einem Haus, das die Zeit nicht angerührt hatte, denn Gott hatte es gesegnet und seinen Grund geheiligt. Es war eine Farm, und dort rasteten sie und waren in Sicherheit sieben Tage lang.

11. Zwei von ihnen beschlossen, an diesem Ort zu bleiben, denn die Frau war gesegneten Leibes. Das Kind ward geboren und bekam den Namen Caleb, und Gott liebte es.

12. So zogen die anderen weiter, die zwei aber blieben mit dem Kind zurück.

Viertes Kapitel

1. Und es begab sich, dass Amy und ihre Gefährten Tag und Nacht wanderten bis in das Land Colorado, wo sie Soldaten fanden, fünf Mal zwanzig an der Zahl. Sie hießen »Expeditionsbataillon« und kamen aus dem Land Texas.

2. Denn Texas war in jener Zeit ein Ort der Zuflucht auf der Erde, und die Soldaten waren ausgezogen, gegen die Virals zu kämpfen, und ein jeder hatte gelobt, zu sterben für seine Kameraden.

3. Und eine von ihnen beschloss, sich einzureihen in die Expedition und Soldat zu werden, und das war Alicia, genannt Blades, die mit den Messern. Einer der Soldaten beschloss wiederum, sich zu ihnen zu gesellen, und das war Lucius, der Treue.

4. Dort wären sie geblieben, doch der Winter nahte. Vier aus ihrer Zahl verlangte es, mit den Soldaten nach Texas zu ziehen, und Amy und Peter gingen sodann allein weiter.

5. Als die beiden den Ort erreichten, da Amy geschaffen ward, gewahrten sie dort auf dem höchsten Gipfel einen Engel des HERRN. Und der Engel sprach zu Amy:

6. Fürchte dich nicht, denn ich bin Lacey und ich habe viele, viele Jahre auf dich gewartet, um dir den Weg zu weisen und ihn auch Peter zu weisen. Denn er ist auserwählt, dir beizustehen.

7. Denn wie zur Zeit Noahs hat Gott in seiner Weisheit ein Schiff bereitgestellt, um die Wasser der Zerstörung zu überbrücken, und dieses Schiff ist Amy. Und Peter soll es sein, der seine Gefährten auf trockenes Land steuert.

8. Daher wird der HERR heil machen, was zerbrochen ist, und Trost bringen den Herzen der Gerechten. Und dieses soll heißen »der Übergang«.

9. Der Engel Lacey rief sodann Babcock, den Ersten der Zwölf, aus der Finsternis, und es begann ein großer Kampf. Lacey erschlug ihn mit einem hellen Blitz und begab sich in die Hand des HERRN.

10. Und so wurden Babcocks Viele von ihm befreit und erinnerten sich der Menschen, die sie einst gewesen waren, in der Zeit Davor: Mann und Frau, Gemahl und Gemahlin, Vater und Kind.

11. Amy aber wandelte unter ihnen und segnete jeden Einzelnen, denn das war Gottes Wille: dass sie das Gefäß sei, das die Seelen der Vielen durch die lange Nacht des Vergessens trug. Und ihre bösen Geister fuhren daraufhin von ihnen aus, und sie durften endlich sterben.

12. Und auf diese Weise erfuhren Amy und ihre Gefährten, was vor ihnen lag, denn der Weg, auf dem sie reisen sollten, war steil, und es war erst der Anfang.

I

Der Geist

Sommer 97n. V.

Fünf Jahre nach dem Fall der Ersten Kolonie

Gedenke mein, wenn ich gegangen bin, Weit fort hinweg ins stille Land.

Christina Rossetti, »Remember«

1

Waisenhaus der Barmherzigen Schwestern, Kerrville, Texas

Später, nach Abendbrot und Gebet, nach dem Baden, wenn es Badeabend war, und nach den letzten Verhandlungen über den Abschluss des Tages (Bitte, Schwester, können wir nicht noch ein bisschen länger aufbleiben? Bitte, nur noch eine Geschichte?), wenn die Kinder endlich eingeschlafen waren und alles sehr still war, betrachtete Amy sie in ihren Betten. Das verstieß gegen keine Regel; die Schwestern waren an ihre nächtlichen Wanderungen gewöhnt. Wie ein Geist huschte sie von einem stillen Zimmer zum anderen und wehte zwischen den Reihen der Betten auf und ab, in denen die Kinder selig schliefen. Die Ältesten waren dreizehn, bereit zum Schritt ins Erwachsenenalter, die Jüngsten noch Babys. Jedes hatte seine Geschichte, und sie war immer traurig. Viele waren Drittlinge, vor dem Waisenhaus ausgesetzt von Eltern, die die Steuer nicht zahlen konnten. Andere Opfer noch grausamerer Umstände: die Mutter im Kindbett gestorben oder unverheiratet, eine Schmach, die viele nicht ertragen konnten; der Vater verschwunden in den dunklen Winkeln der Stadt oder gefallen vor der Mauer. Die Herkunft der Kinder war unterschiedlich, aber ihr Schicksal würde immer das gleiche sein. Die Mädchen würden in den Orden eintreten, wo sie ihre Tage mit Gebet und Kontemplation verbringen und für die Kinder sorgen würden, die sie selbst einmal gewesen waren, und die Jungen würden Soldaten werden, Angehörige der Expeditionsstreitkräfte, und ihr Gelübde würde von anderer Art, doch nicht weniger bindend sein.

Aber in ihren Träumen waren sie Kinder– immer noch Kinder, dachte Amy. Ihre eigene Kindheit war die fernste von allen Erinnerungen in ihr; unendlich weit weg. Doch wenn sie diese schlafenden Kinder betrachtete und sah, wie deren geschlossene Augen im Traum flatterten, rückte sie wieder näher heran– die Erinnerung an eine Zeit, in der Amy selbst ein kleines Wesen in der Welt gewesen war und in ihrer Unschuld nichts geahnt hatte von dem, was vor ihr lag, von der allzu langen Reise ihres Lebens. Die Zeit war eine endlose Weite in ihr, zu viele Jahre waren seither vergangen, als dass sie das eine noch vom anderen hätte unterscheiden können. Vielleicht also wanderte sie deshalb zwischen ihnen umher: um sich zu erinnern.

Caleb war es, dessen Bett sie sich bis zuletzt aufhob, denn er würde auf sie warten. Baby Caleb– obwohl er kein Baby mehr war, sondern ein Junge von fünf Jahren, stramm und energisch wie alle Kinder, voller Überraschungen, Humor und verblüffender Offenheit. Von seiner Mutter hatte er die hohen, scharf gemeißelten Wangenknochen und die olivfarbene Haut ihres Klans. Von seinem Vater den unnachgiebigen Blick, das dunkle Staunen, das grobe schwarze Haar, kurzgeschoren wie eine Mütze, das früher, in der Kolonie, immer nur »Jaxon-Haar« geheißen hatte. Ein Amalgam physischer Elemente, ein Puzzle, zusammengesetzt aus Stücken seines Stammes. Sie sah sie in seinen Augen. Er war Mausami, er war Theo. Er war nur er selbst.

»Erzähl mir von ihnen.«

Immer, jeden Abend, das gleiche Ritual. Es war, als könne der Junge nicht einschlafen, ohne eine Vergangenheit zu besuchen, an die er sich nicht erinnern konnte. Amy nahm ihren gewohnten Platz auf der Kante seiner Pritsche ein. Unter den Decken waren die Umrisse seines schlanken Kinderkörpers kaum zu sehen. Um sie herum zwanzig schlafende Kinder, ein Chor der Stille.

»Ja«, begann sie leise, »mal sehen. Deine Mutter war sehr schön.«

»Eine Kriegerin.«

»Ja.« Sie lächelte. »Eine schöne Kriegerin. Mit langen schwarzen Haaren, die sie zu einem Kriegerinnenzopf flocht.«

»Damit sie mit ihrem Bogen schießen konnte.«

»Richtig. Aber vor allem war sie eigensinnig. Weißt du, was es bedeutet, wenn jemand eigensinnig ist? Ich hab’s dir schon gesagt.«

»Störrisch?«

»Ja. Aber auf gute Art. Wenn ich dir sage, du sollst dir vor dem Essen die Hände waschen, und du weigerst dich, dann ist das nicht gut. Das ist die falsche Art von Eigensinn. Ich will damit sagen, dass deine Mutter immer getan hat, was sie für richtig hielt.«

»Darum hat sie mich bekommen.« Er konzentrierte sich auf diese Worte. »Weil es… weil es richtig war, ein Licht in die Welt zu bringen.«

»Gut. Du weißt es noch. Erinnere dich immer daran, dass du ein helles Licht bist, Caleb.«

Ein warmes, glückliches Leuchten trat auf Calebs Gesicht. »Jetzt erzähl mir von Theo. Von meinem Vater.«

»Von deinem Vater?«

»Biiitteeee.«

Sie lachte. »Also gut. Dein Vater. Zunächst einmal war er sehr tapfer. Ein tapferer Mann. Er hat deine Mutter sehr geliebt.«

»Und traurig.«

»Stimmt, traurig war er auch. Aber gerade das machte ihn so tapfer, weißt du. Denn er tat das Tapferste, was es gibt. Weißt du, was das ist?«

»Hoffnung zu haben.«

»Ja. Hoffnung zu haben, wenn es scheinbar keine mehr gibt. Auch daran musst du dich immer erinnern.« Sie beugte sich über ihn und küsste seine Stirn, die feucht war von kindlicher Wärme. »Jetzt ist es spät. Zeit zum Schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag.«

»Haben sie… mich geliebt?«

Sie war verblüfft. Nicht über die Frage an sich– die hatte er schon viele Male gestellt–, sondern über seinen unsicheren Tonfall.

»Natürlich, Caleb. Das hab ich dir doch schon oft gesagt. Sie haben dich sehr geliebt. Sie lieben dich immer noch.«

»Weil sie im Himmel sind.«

»Richtig.«

»Wo wir alle zusammen sind, für immer. Da, wo die Seele hingeht.« Er zögerte und schaute weg. Dann flüsterte er: »Sie sagen, du bist sehr alt.«

»Wer sagt das, Caleb?«

»Weiß ich nicht.« Eingehüllt in seine Decken wie in einen Kokon, zuckte er kaum merklich die Achseln. »Alle. Die anderen Schwestern. Ich hab gehört, wie sie reden.«

Darüber war noch nie gesprochen worden. Nach allem, was Amy wusste, kannte nur Schwester Peg die Geschichte.

»Na ja«, sagte sie und sammelte sich, »ich bin älter als du. Das weiß ich immerhin. Alt genug, um dir zu sagen, es ist Zeit zum Schlafen.«

»Ich sehe sie manchmal.«

Sie stutzte. »Caleb? Wie siehst du sie?«

Der Blick des Jungen war plötzlich nach innen gerichtet. »Nachts. Wenn ich schlafe.«

»Wenn du träumst, meinst du.«

Darauf hatte der Junge keine Antwort.

Sie berührte seinen Arm unter der Decke. »Ist schon gut, Caleb. Du kannst es mir sagen, wenn du so weit bist.«

»Es ist nicht dasselbe. Es ist nicht wie ein Traum.« Sein Blick kehrte zu ihrem Gesicht zurück. »Dich sehe ich auch, Amy.«

»Mich?«

»Aber du bist dann anders. Nicht, wie du jetzt bist.«

Sie wartete darauf, dass er noch mehr sagte. Doch es kam nichts mehr. Inwiefern anders?

»Sie fehlen mir«, sagte der Junge schließlich.

Sie nickte, und für den Augenblick ließ sie es durchgehen. »Ich weiß. Du wirst sie auch irgendwann wiedersehen. Aber vorläufig hast du mich. Du hast deinen Onkel Peter. Er wird bald nach Hause kommen, weißt du.«

»Mit den Expi-lions-Truppen.« Ein Ausdruck von Entschlossenheit trat in das Gesicht des Jungen. »Wenn ich groß bin, will ich Soldat werden wie Onkel Peter.«

Amy drückte ihm noch einen Kuss auf die Stirn und richtete sich auf. »Wenn du das werden willst, dann wirst du es auch werden. Und jetzt schlaf.«

»Amy?«

»Ja, Caleb?«

»Hat dich auch jemand so geliebt?«

Sie blieb am Bett des Jungen stehen, und die Erinnerungen brandeten über sie hinweg. Die Erinnerung an einen Frühlingsabend, an ein kreisendes Karussell und den Geschmack von Puderzucker. An einen See und an ein Haus im Wald und an das Gefühl einer großen Hand, die ihre eigene umschloss. Tränen stiegen ihr in die Kehle.

»Ich glaube, ja. Ich hoffe es zumindest.«

»Tut Onkel Peter es?«

Erschrocken runzelte sie die Stirn. »Wie kommst du darauf, Caleb?«

»Ich weiß nicht.« Der Junge zuckte ein bisschen verlegen die Achseln. »Die Art, wie er einen ansieht. Er lächelt immer.«

»Tja.« Sie tat ihr Bestes, sich nichts anmerken zu lassen. War da auch nichts? »Ich glaube, er lächelt, weil er sich freut, dich zu sehen. Jetzt wirst du schlafen. Versprochen?«

Sein Blick war ein Stöhnen. »Versprochen.«

Draußen strahlten die Scheinwerfer auf die Stadt herab. Die Helligkeit war nicht so total wie in der Kolonie; dazu war Kerrville viel zu groß. Es war eher eine Art Dämmerlicht, hell an den Rändern und mit einer Krone aus Sternen. Amy schlich sich aus dem Hof und hielt sich im Schatten. Am Fuße der Mauer fand sie die Leiter. Sie versuchte nicht, ihren Aufstieg zu verheimlichen. Oben empfing sie der Posten, ein breitschultriger Mann mittleren Alters mit einem Gewehr quer vor der Brust.

»Was fällt dir ein?«

Aber mehr sagte er nicht. Als der Schlaf ihn überkam, ließ sie ihn auf den Laufgang sinken und lehnte ihn mit dem Gewehr auf dem Schoß an die Brüstung. Wenn er aufwachte, würde er sich nur bruchstückhaft und traumartig an sie erinnern. Ein Mädchen? Eine der Schwestern, im groben, grauen Gewand des Ordens? Vielleicht würde er nicht von selbst aufwachen, sondern von einem seiner Kameraden gefunden und weggeschleppt werden, weil er auf dem Posten geschlafen hatte. Das bedeutete ein paar Tage Haft, mehr aber auch nicht. Und glauben würde ihm sowieso niemand.

Sie lief auf dem Laufsteg entlang bis zur leeren Beobachtungsplattform. Die Streife kam alle zehn Minuten vorbei; mehr Zeit hatte sie also nicht. Die Scheinwerfer ließen ihr helles Licht wie eine leuchtende Flüssigkeit über die Felder dort unten fließen. Amy schloss die Augen, wartete, bis ihr Kopf leer war, und schickte dann ihre Gedanken nach draußen, hoch hinaus über das Feld.

– Kommt zu mir.

– Kommt zu mir kommt zu mir kommt zu mir.

Sie glitten aus der Dunkelheit heran. Erst einer, dann noch einer und noch einer, eine leuchtende Phalanx, wo sie am Rande der Schatten kauerten. Und im Geiste hörte sie die Stimmen. Die Stimmen und die Frage:

Wer bin ich?

Sie wartete.

Wer bin ich wer bin ich wer bin ich?

Wie sehr sie ihn vermisste. Wolgast, den, der sie geliebt hatte. Wo bist du?, dachte sie, und das Herz tat ihr weh vor Einsamkeit, denn Nacht für Nacht, seit dieses Neue in ihr erwacht war, spürte sie seine Abwesenheit schmerzlich. Warum hast du mich alleingelassen? Aber Wolgast war nirgendwo, nicht im Wind und nicht im Himmel, nicht in dem Geräusch, mit dem die Erde sich langsam drehte. Der Mann, der er war, war fort.

Wer bin ich wer bin ich wer bin ich wer bin ich wer bin ich wer bin ich?

Sie wartete so lange wie möglich. Die Minuten tickten dahin. Dann näherten sich Schritte auf dem Laufsteg: der Posten.

– Ihr seid ich, sagte sie zu ihnen. Ihr seid ich. Jetzt geht.

Sie zerstoben in die Dunkelheit.

2

76 Meilen südlich von Roswell, New Mexico

Alicia Donadio– Alicia Blades, das Neue Wesen, Tochter des großen Niles Coffee und Kundschafter-Scharfschütze des Zweiten Expeditionsbataillons der Armee der Republik Texas– erwachte an einem warmen Abend im September, viele Meilen und Wochen von daheim entfernt, und schmeckte Blut im Wind.

Sie war siebenundzwanzig Jahre alt, knapp einen Meter siebzig groß und kräftig gebaut, und ihr rotes Haar war kurzgeschoren. Ihre Augen, die einmal blau gewesen waren, hatten jetzt den orangegelben Glanz von glühenden Kohlen. Sie hatte nur leichtes Gepäck, kein Gramm war zu viel. Ihre Füße steckten in Sandalen, die aus Segeltuch geschnitten waren, mit Profilsohlen aus dem vulkanisierten Gummi von Autoreifen. Ihre Jeans waren an den Knien und am Hosenboden verschlissen. Die Ärmel ihres Baumwollpullovers waren abgeschnitten, damit sie sich schneller bewegen konnte. Sie hatte sich zwei lederne Gurte um die Brust geschnallt, in deren Scheiden sechs stählerne Messer steckten, ihr Markenzeichen: die Blades. Auf dem Rücken, an einem Strick aus kräftigem Hanf, hing ihre Armbrust. Eine halbautomatische .45er Browning mit neunschüssigem Magazin, die Waffe für den äußersten Notfall, saß in einem Holster an ihrem Oberschenkel.

Acht und eine, hieß es immer. Acht für die Virals, eine für dich. Acht und eine und dann keine.

Die Stadt hieß Carlsbad. Die Zeit war nicht spurlos an ihr vorbeigegangen, hatte sie blankgefegt wie ein Riesenbesen. Ein paar Gebäude waren aber noch da, die leeren Hülsen von Häusern, rostige Schuppen, still gewordene Ruinen als Beweis für die Vergänglichkeit alles Irdischen. Sie hatte den Tag im Schatten einer Tankstelle verbracht, deren Blechdach aus irgendeinem Grund immer noch stand, und in der Abenddämmerung war sie aufgewacht, um zu jagen. Den Hasen hatte sie mit der Armbrust erwischt– ein Schuss durch die Kehle–, sie hatte ihn gehäutet und über einem Mesquiteholzfeuer gebraten, und sie hatte das faserige Fleisch von den Keulen gezupft, während die Flammen darunter knisterten.

Sie hatte es nicht eilig.

Sie war eine Frau mit Regeln, mit Ritualen. Sie tötete keine Virals, wenn sie schliefen. Sie benutzte kein Gewehr, wenn sie es vermeiden konnte. Gewehre waren laut und unsauber und der Aufgabe nicht würdig. Sie nahm sie mit dem Messer, schnell, oder mit der Armbrust, sauber und ohne Reue und immer mit einem barmherzigen Segen im Herzen. Sie sagte: »Ich sende euch heim, meine Brüder und Schwestern, ich befreie euch aus dem Gefängnis eures Daseins.« Und nach dem Töten, wenn sie die Klinge aus ihrem mörderischen Ziel gezogen hatte, legte sie den Griff erst an die Stirn, dann an die Brust, an Kopf und Herz und weihte die Erlösung der Kreatur so mit der Hoffnung, dass ihr Mut sie, wenn der Tag da wäre, nicht im Stich lassen und sie selbst befreit werden würde.

Sie wartete, bis es Nacht war, löschte das Feuer und brach auf.

Seit Tagen zog sie durch eine weite Buschlandtiefebene. Im Süden und im Westen ragten die Schattenumrisse von Bergen empor, die sich wie Schultern aus dem Talboden erhoben. Wenn Alicia in ihrem Leben schon einmal das Meer gesehen hätte, dann hätte sie vielleicht gedacht: Das ist es, das ist das Meer. Der Grund eines großen Binnenmeers, und die Berge sind Überreste eines riesigen Riffs aus einer Zeit, da unvorstellbare Ungeheuer über die Erde und die Meere streiften.

Wo seid ihr heute Nacht?, dachte sie. Wo versteckt ihr euch, meine Brüder und Schwestern im Blut?

Sie war eine Frau mit drei Leben– zwei Vorher, ein Nachher. Im ersten Vorher war sie nur ein kleines Mädchen gewesen. Die Welt bestand aus schwankenden Gestalten und blitzenden Lichtern und sagte ihr nichts. Sie war wie der Wind, der durch ihre Haare fuhr. Bis zu jener Nacht. Sie war acht Jahre gewesen, als der Colonel sie vor die Mauern der Kolonie gebracht und dort zurückgelassen hatte, ohne alles, nicht einmal mit einem Messer. Sie hatte die ganze Nacht unter einem Baum gesessen und geweint, und als die Morgensonne sie fand, war sie verändert, verwandelt, und das Mädchen, das sie gewesen war, war fort. Siehst du?, fragte der Colonel und kniete vor ihr im Staub, wo sie saß. Er umarmte sie nicht tröstend, sondern schaute ihr geradewegs ins Gesicht wie ein Soldat. Verstehst du jetzt? Und sie tat es, ja. Sie verstand. Ihr Leben, der kümmerliche Zufall ihres Daseins, bedeutete nichts. Sie hatte es aufgegeben. An diesem Tag hatte sie den Eid abgelegt.

Das alles war lange her. Sie war ein Kind gewesen, dann eine Frau, dann– was? Die dritte Alicia, das Neue Wesen, nicht Viral und nicht Mensch, sondern irgendwie beides. Ein Amalgam. Ein Kompositum, ein Wesen für sich. Sie war unter den Virals gereist wie ein unsichtbares Phantom, ein Teil von ihnen, aber auch wieder nicht, ein Geist für die Geister, die sie waren. In ihren Adern war das Virus, doch als Gegengewicht auch ein Zweites, das sie von Amy bekommen hatte, dem Mädchen von Nirgendwo, aus einer der zwölf Ampullen aus dem Labor in Colorado. Die übrigen hatte Amy selbst vernichtet, in die Flammen geworfen. Amys Blut hatte ihr das Leben gerettet, aber dann wiederum auch nicht. Es hatte sie, Lieutenant Alicia Donadio, Kundschafter-Scharfschütze der Expeditionsstreitkräfte, zu einem Wesen gemacht, das einzigartig war. Unter den Lebenden gab es niemanden wie sie.

Es kam vor, oft, eigentlich immer, dass Alicia selbst nicht genau hätte sagen können, was sie war.

Sie kam zu einem Schuppen. Ein pockennarbiges, durchlöchertes Gebäude, halb im Sand vergraben, mit einem schrägen Blechdach.

Sie… fühlte etwas.

Seltsam. Das hatte sie noch nicht erlebt. Diese Fähigkeit hatte das Virus ihr nicht gegeben; die hatte nur Amy. Alicia war das Yin zu Amys Yang, ausgestattet mit der körperlichen Kraft und Schnelligkeit der Virals, aber ohne Kontakt zu dem unsichtbaren Netz, das sie miteinander verband, Gedanke an Gedanke.

Und doch– war es nicht so? Dass sie etwas fühlte? Dass sie sie fühlte? Ein Kribbeln an der Schädelbasis, ein leises Rascheln im Kopf, kaum hörbar als Worte:

Wer bin ich? Wer bin ich wer bin ich wer bin ich wer bin ich…?

Es waren drei. Sie alle waren Frauen gewesen früher. Und mehr noch: Alicia spürte– wie war das möglich?–, dass in jeder von ihnen ein einzelner Kern der Erinnerung lag. Eine Hand, die ein Fenster schloss, und das Rauschen von Regen. Ein bunter Vogel, der in einem Käfig sang. Der Blick durch eine Tür in ein dunkles Zimmer und auf zwei kleine Kinder, Junge und Mädchen, die in ihren Betten schliefen. Alicia empfing diese Visionen, als wären es ihre eigenen. Bilder und Geräusche und Gerüche und Gefühle– eine Mélange aus intensiven Wahrnehmungen wie drei winzige Feuer, die in ihr loderten. Kurz war sie davon gefangen und stand in stummer Ehrfurcht vor diesen Erinnerungen an eine verlorene Welt. An die Welt der Zeit Davor.

Aber noch etwas. Jede dieser Erinnerungen war umhüllt von einem dunklen Leichentuch, endlos und unerbittlich, und es ließ Alicia bis ins Mark erschauern. Sie fragte sich, was es war, doch dann wusste sie es: der Traum dessen, der Martínez hieß. Julio Martínez aus El Paso, Texas, der Zehnte der Zwölf, zum Tode verurteilt wegen Mordes an einem Hilfspolizisten. Der, den Alicia suchte.

In seinem Traum vergewaltigte Martínez immer wieder eine Frau namens Louise– der Name stand in verschnörkelter Schrift auf der Brusttasche an der Bluse der Frau–, und dabei erwürgte er sie mit einem Stromkabel.

Die Tür des Schuppens hing schief an verrosteten Angeln. Drinnen war es eng: Alicia hätte gern mehr Platz gehabt, besonders bei dreien. Sie schlich vorwärts, folgte der Richtung des Bolzens auf der Armbrust und betrat den Schuppen.

Zwei der Virals hingen kopfüber an den Deckenbalken, der Dritte kauerte in einer Ecke und nagte mit schmatzenden Geräuschen an einem Stück Fleisch. Sie hatten eben eine Antilope ausgesaugt. Die Überreste lagen jetzt auseinandergerissen auf dem Boden, Fellklumpen und Knochen und Haut. Satt und benommen, nahmen die Virals keine Notiz von ihr, als sie hereinkam.

»Guten Abend, Ladys.«

Den Ersten holte sie mit der Armbrust vom Deckenbalken. Ein dumpfer Schlag, ein jäh erstickter Schrei, und der Körper krachte auf den Boden. Die beiden andern kamen jetzt zu sich. Der Zweite ließ den Balken los, zog die Knie an die Brust und drehte sich im Fall, um von ihr abgewandt auf den Klauenfüßen zu landen. Alicia ließ die Armbrust fallen, zog ein Messer und schleuderte es in einer einzigen fließenden Bewegung in den Dritten, der sich aufgerichtet hatte und sie ansah.

Zwei erledigt, einer blieb noch.

Es hätte einfach sein müssen. Plötzlich war es das nicht. Als Alicia das zweite Messer zog, fuhr der letzte Viral herum und schlug ihr mit solcher Kraft auf die Hand, dass die Waffe kreiselnd ins Dunkel flog. Bevor die Bestie noch einmal zuschlagen konnte, ließ Alicia sich zu Boden fallen und rollte zur Seite. Als sie mit dem nächsten Messer in der Hand hochkam, war der Viral weg.

Fuck.

Sie raffte die Armbrust vom Boden hoch, legte einen neuen Bolzen auf und stürzte hinaus. Wo zum Teufel war er? Zwei schnelle Schritte, und Alicia sprang auf das Dach des Schuppens, wo sie mit metallenem Dröhnen landete. Rasch sah sie sich um. Nichts, keine Spur.

Dann war der Viral hinter ihr. Eine Falle, begriff Alicia– er musste sich versteckt haben, flach hingestreckt am anderen Ende des Daches. Zwei Dinge geschahen gleichzeitig. Alicia fuhr auf den Absätzen herum und zielte auf ihn, und im selben Moment gab das Dach mit dem Lärm von splitterndem Holz und reißendem Blech unter ihr nach.

Sie landete mit dem Gesicht nach oben auf dem Boden des Schuppens, und der Viral krachte auf sie herunter. Die Armbrust war weg. Alicia wollte ein Messer ziehen, kam aber nicht heran. Sie brauchte beide Hände, um den Viral auf Armlänge von sich abzuhalten und seinen Zähnen auszuweichen. Nach links, nach rechts und wieder nach links zuckte das Gesicht der Bestie, und die Kiefer schnappten nach ihrer nach hinten gebogenen Kehle. Eine übermächtige Kraft im Kampf mit jemandem, der sich nicht rühren konnte: Wie lange konnte das gehen? Die Kinder in ihren Betten, dachte Alicia– das war dieser hier. Er war die Frau, die durch die Tür zu ihren schlafenden Kindern hineinschaute. Denk an die Kinder, dachte Alicia, und dann sagte sie es:

»Denk an die Kinder.«

Der Viral erstarrte. Ein wehmütiger Ausdruck trat in sein Gesicht. Für einen winzigen Augenblick– nicht mehr als eine halbe Sekunde lang– trafen sich ihre Blicke in der Dunkelheit. Mary, dachte Alicia. Dein Name war Mary. Ihre Hand tastete nach dem Messer. Ich schicke dich heim, meine Schwester, Mary, dachte Alicia. Ich befreie dich aus dem Gefängnis deines Daseins. Und mit einer Aufwärtsbewegung stieß sie die Klinge von der Spitze bis zum Heft in den Sweetspot.

Alicia rollte die Leiche zur Seite. Die andern lagen da, wo sie hingefallen waren. Sie zog Messer und Bolzen aus den Kadavern und wischte sie ab, und dann kniete sie neben dem Dritten nieder. Wenn es vorbei war, empfand Alicia meist nichts außer einer unbestimmten Leere, und überrascht sah sie jetzt, dass ihre Hände zitterten. Woher hatte sie das gewusst? Denn das hatte sie, mit absoluter Klarheit, sie hatte gewusst, dass die Frau Mary geheißen hatte.

Sie zog das Messer heraus und berührte damit Kopf und Herz. Danke, Mary, dass du mich nicht getötet hast, bevor meine Arbeit getan ist. Ich hoffe, du bist jetzt bei deinen Kleinen.

Marys Augen standen offen und starrten ins Leere. Alicia schloss sie mit den Fingerspitzen. Es kam nicht in Frage, sie zu lassen, wo sie war. Alicia nahm den Leichnam auf den Arm und trug ihn nach draußen. Eine Mondsichel war aufgegangen und übergoss die Landschaft mit ihrem Glanz. Aber Mondlicht war nicht das, was Mary brauchte. Hundert Jahre Nachthimmel waren genug, dachte Alicia und legte die Frau auf ein Stück offenes Land, wo die Sonne sie am Morgen finden und ihre Asche in den Wind verstreuen würde.

Der Weg führte jetzt bergauf.

Ein Tag und eine Nacht waren vergangen. Alicia war in den Bergen und folgte einem trockenen, schmalen Bachbett, höher und höher hinauf. Sie spürte die Virals jetzt stärker; sie ging auf etwas zu. Mary, dachte sie, was versuchst du mir zu sagen?

Der Morgen dämmerte schon, als sie auf dem Höhenkamm ankam und der Horizont zurückwich. Unter ihr in der windzerfurchten Dunkelheit entfaltete sich das Tal, und nur die Sterne leisteten ihm Gesellschaft. Alicia wusste, dass man ihre scheinbar beliebigen Konstellationen in einzelne Figuren zergliedern konnte, in die Umrisse von Menschen und Tieren, aber das hatte sie nie gelernt. In ihren Augen erschienen die Sterne planlos verstreut, als würden sie jede Nacht von Neuem über den Himmel gesät.

Dann sah sie es: einen klaffenden, schwarzen Schlund in einer schüsselförmigen Senke. Die Öffnung war dreißig Meter hoch, vielleicht auch höher. Vor dem Eingang der Höhle waren geschwungene Bänke wie in einem Amphitheater aus der Felsflanke des Bergs gehauen. Fledermäuse schwirrten über den Himmel.

Es war ein Tor zur Hölle.

Du bist da unten, nicht wahr?, dachte Alicia lächelnd. Du Scheißkerl, ich hab dich gefunden.

II

Der Vertraute

Frühjahr

Im Jahr Null

Nun ist die wahre Spukezeit der Nacht, Wo Grüfte gähnen und die Hölle selbst Pest haucht in diese Welt.

Shakespeare, Hamlet

3

Denver Police Dept.

Fallakte 193874

Distrikt 6

Transkript der Befragung von Lila Beatrice Kyle

durch Detective Rita Chernow

3. Mai, 4.17Uhr

RC: Ich gebe zu Protokoll, dass die zu Befragende umfassend über ihre Rechte aufgeklärt wurde und bei dieser Befragung auf die Anwesenheit eines Anwalts verzichtet hat. Befragung durchgeführt durch Detective Rita Chernow, Denver PD, Distrikt 6. Die Zeit ist 4.17Uhr. Dr. Kyle, würden Sie bitte Ihren vollen Namen angeben?

LK: Lila Beatrice Kyle.

RC: Und Sie sind Unfallchirurgin im Denver General Hospital, ist das richtig?

LK: Ja.

RC: Und Sie wissen, warum Sie hier sind?

LK: Weil im Krankenhaus etwas passiert ist. Sie wollten mir ein paar Fragen stellen. Wo sind wir hier?

RC: Wir sind auf dem Polizeirevier, Dr. Kyle.

LK: Bin ich in Schwierigkeiten?

RC: Wir haben darüber gesprochen, erinnern Sie sich? Wir versuchen herauszufinden, was heute Nacht in der Notaufnahme passiert ist. Ich weiß, Sie sind aufgeregt. Ich habe nur ein paar Fragen an Sie.

LK: Ich habe hier Blut. Warum ist da Blut an mir?

RC: Wissen Sie noch, was in der Notaufnahme passiert ist, Dr. Kyle?

LK: Ich bin müde. Warum bin ich so müde?

RC: Können wir Ihnen etwas bringen? Einen Kaffee vielleicht?

LK: Ich darf keinen Kaffee trinken. Ich bin schwanger.

RC: Aber Wasser? Möchten Sie ein Glas Wasser?

LK: Okay.

(Unterbrechung)

RC: Fangen wir ganz von vorne an. Sie haben heute Nacht in der Notaufnahme gearbeitet, ist das richtig?

LK: Nein, ich war oben.

RC: Aber Sie sind in die Notaufnahme heruntergekommen?

LK: Ja.

RC: Um welche Zeit?

LK: Ich weiß es nicht mehr genau. Gegen eins. Sie haben mich angepiepst.

RC: Warum hat man Sie angepiepst?

LK: Ich hatte orthopädischen Bereitschaftsdienst. Sie hatten einen Patienten mit einem gebrochenen Handgelenk.

RC: Und war dieser Patient Mr. Letourneau?

LK: Ich glaube, ja.

RC: Was hat man Ihnen sonst noch über ihn gesagt?

LK: Bevor ich hinunterging, meinen Sie?

RC: Ja.

LK: Er sei von irgendeinem Tier gebissen worden.

RC: Von einem Hund zum Beispiel?

LK: Ich nehme es an. Sie haben es nicht gesagt.

RC: Sonst noch etwas?

LK: Es hieß, er hätte hohes Fieber. Und er hätte sich übergeben.

RC: Und mehr hat man Ihnen nicht gesagt?

LK: Nein.

RC: Und was haben Sie gesehen, als Sie in die Notaufnahme kamen?

LK: Er lag im dritten Bett. Da waren nur zwei andere Patienten. Sonntags ist es meistens ruhig.

RC: Und wann wäre das gewesen?

LK: Viertel nach eins, halb zwei.

RC: Und haben Sie Mr. Letourneau untersucht?

LK: Nein.

RC: Ich stelle die Frage anders. Haben Sie den Patienten gesehen?

(Pause)

RC: Dr. Kyle?

LK: Entschuldigung, wie war die Frage?

RC: Haben Sie Mr. Letourneau heute Nacht in der Notaufnahme gesehen?

LK: Ja. Mark war auch da.

RC: Meinen Sie Dr. Mark Shin?

LK: Er war der diensthabende Arzt. Haben Sie mit ihm gesprochen?

RC: Dr. Shin ist tot, Dr. Kyle. Er ist eins der Opfer.

LK: (unverständlich)

RC: Könnten Sie bitte lauter sprechen?

LK: Ich bin einfach… ich weiß es nicht. Entschuldigung, was wollten Sie wissen?

RC: Was können Sie mir über Mr. Letourneau sagen? Wie wirkte er auf Sie?

LK: Wie er wirkte?

RC: Ja. War er wach?

LK: Ja, er war wach.

RC: Was haben Sie sonst noch beobachtet?

LK: Er war desorientiert. Erregt. Seine Gesichtsfarbe war merkwürdig.

RC: Wie meinen Sie das?

(Pause)

LK: Ich muss zur Toilette.

RC: Lassen Sie uns vorher ein paar Fragen klären. Ich weiß, Sie sind müde. Ich verspreche Ihnen, ich bringe Sie hier raus, so schnell ich kann.

LK: Haben Sie Kinder, Detective Chernow?

RC: Wie bitte?

LK: Ob Sie Kinder haben. Ich bin nur neugierig.

RC: Ja, ich habe zwei Söhne.

LK: Wie alt? Wenn ich fragen darf.

RC: Fünf und sieben. Ich habe nur noch wenige Fragen. Glauben Sie, das schaffen Sie?

LK: Ich wette, Sie wollen noch ein Mädchen, oder? Glauben Sie mir, nichts ist wie ein eigenes kleines Mädchen.

RC: Konzentrieren wir uns erst mal auf Mr. Letourneau, wäre das okay? Sie haben gesagt, er war erregt. Könnten Sie darauf genauer eingehen?

LK: Genauer eingehen?

RC: Ja. Was hat er getan?

LK: Er hat komische Geräusche gemacht.

RC: Können Sie die beschreiben?

LK: Ein Klicken, in der Kehle. Und er hat gestöhnt. Er schien starke Schmerzen zu haben.

RC: Hatte er etwas gegen die Schmerzen bekommen?

LK: Sie hatten ihm Tramadol gegeben. Ich glaube, es war Tramadol.

RC: Wer war noch da, außer Dr. Shin?

(Pause)

RC: Dr. Kyle? Wer war außerdem noch da, als Sie Mr. Letourneau untersucht haben?

LK: Eine der Schwestern. Sie hat versucht, ihn zu beruhigen. Er war ganz außer sich.

RC: Sonst noch jemand?

LK: Ich weiß es nicht mehr. Ein Pfleger? Nein, zwei.

RC: Und wie ging es weiter?

LK: Er bekam Krämpfe.

RC: Der Patient bekam Krampfanfälle?

LK: Ja.

RC: Was haben Sie da unternommen?

LK: Wo ist mein Mann?

RC: Er ist draußen. Er ist mit Ihnen gekommen. Wissen Sie das nicht mehr?

LK: Brad ist hier?

RC: Verzeihung. Wer ist Brad?

LK: Mein Mann. Brad Wolgast. Er ist beim FBI. Vielleicht kennen Sie ihn?

RC: Dr. Kyle, jetzt bin ich verwirrt. Der Mann, der mit Ihnen gekommen ist, heißt David Centre. Ist er nicht Ihr Ehemann?

(Pause)

RC: Dr. Kyle? Verstehen Sie meine Frage?

LK: Natürlich ist David mein Ehemann. Was reden Sie für seltsame Sachen? Woher kommt das ganze Blut? Hatte ich einen Unfall?

RC: Nein, Dr. Kyle. Sie waren im Krankenhaus. Darüber reden wir. Vor drei Stunden wurden in der Notaufnahme neun Menschen getötet. Wir versuchen herauszufinden, wie das passiert ist.

(Pause)

LK: Es hat mich angesehen. Warum hat es mich nur angesehen?

RC: Was hat Sie angesehen, Dr. Kyle?

LK: Es war furchtbar.

RC: Was?

LK: Als Erstes hat es die Schwester getötet. Da war so viel Blut. Ein ganzes Meer.

RC: Sprechen Sie von Mr. Letourneau? Er hat die Schwester getötet? Sie müssen sich klar ausdrücken.

LK: Ich habe Durst. Kann ich noch etwas Wasser bekommen?

RC: Gleich. Wie hat Mr. Letourneau die Schwester getötet?

LK: Es ging so schnell. Wie kann jemand sich so schnell bewegen?

RC: Sie müssen sich konzentrieren, Dr. Kyle. Womit hat Mr. Letourneau die Schwester getötet? Hatte er eine Waffe?

LK: Eine Waffe? Ich erinnere mich an keine Waffe.

RC: Wie hat er es dann getan?

(Pause)

RC: Dr. Kyle?

LK: Ich konnte mich nicht bewegen. Es hat mich nur… angesehen.

RC: Etwas hat Sie angesehen? War da noch jemand im Raum?

LK: Er hat seinen Mund benutzt. Damit hat er es getan.

RC: Sie wollen sagen, Mr. Letourneau hat die Schwester gebissen?

(Pause)

LK: Ich bin schwanger, wissen Sie. Ich bekomme ein Kind.

RC: Das sehe ich, Dr. Kyle. Ich weiß, das alles ist zu viel für Sie.

LK: Ich muss mich ausruhen. Ich will nach Hause.

RC: Wir versuchen, Sie von hier wegzubringen, so schnell wir können. Nur der Klarheit halber: Sie sagen aus, Mr. Letourneau habe die Schwester gebissen?

LK: Geht es ihr gut?

RC: Sie wurde enthauptet, Dr. Kyle. Sie hielten ihren Körper in den Armen, als wir Sie fanden. Wissen Sie das nicht mehr?

LK: (unverständlich)

RC: Können Sie bitte lauter sprechen?

LK: Ich verstehe nicht, was Sie von mir wollen. Warum stellen Sie mir diese Fragen?

RC: Weil Sie dabei waren. Sie sind unsere einzige Zeugin. Sie haben heute Nacht neun Menschen sterben sehen. Sie wurden in Stücke gerissen, Dr. Kyle.

LK: (unverständlich)

RC: Dr. Kyle?

LK: Diese Augen. Es war wie ein Blick in die Hölle. Als falle man endlos tief in die Dunkelheit. Glauben Sie an die Hölle, Detective?

RC: Wessen Augen?

LK: Das war kein Mensch. Das kann kein Mensch gewesen sein.

RC: Sprechen Sie immer noch von Mr. Letourneau?

LK: Ich kann daran nicht denken. Ich muss an das Baby denken.

RC: Was haben Sie gesehen? Sagen Sie mir, was Sie gesehen haben.

LK: Ich will nach Hause. Ich will darüber nicht mehr reden. Zwingen Sie mich nicht.

RC: Was hat diese Menschen getötet, Dr. Kyle?

(Pause)

RC: Dr. Kyle, ist alles in Ordnung?

(Pause)

RC: Dr. Kyle?

(Pause)

RC: Dr. Kyle?

4

Bernard Kittridge, der Welt bekannt als »Last Stand in Denver«, begriff, dass es Zeit war zu verschwinden, als am Morgen der Strom ausfiel.

Er fragte sich, wieso es so lange gedauert hatte. Die Elektrizitätsversorgung einer Stadt konnte man nicht aufrechterhalten, wenn man kein Personal mehr hatte, und soweit Kittridge es aus dem neunzehnten Stock erkennen konnte, war in der ganzen Stadt Denver keine Menschenseele mehr am Leben.

Was nicht hieß, dass er jetzt allein war.

Die frühen Morgenstunden– ein strahlender, klarer Morgen in der ersten Juniwoche, Temperatur um die fünfundzwanzig Grad, gegen Abend zunehmendes Auftreten von blutsaugenden Monstern nicht ausgeschlossen– hatte er in der Sonne auf dem Balkon des Penthouse verbracht, das er in der zweiten Woche der Krise bezogen hatte. Es war eine riesige Wohnung, ein Palast in luftigen Höhen. Allein die Küche war so groß wie Kittridges ganzes Apartment. Der Geschmack des Eigentümers war eher streng: elegante lederne Sitzgruppen, die sich zum Anschauen besser eigneten als zum Sitzen, blanke Fußböden aus funkelndem Travertin, kleine, flauschige Teppiche, Glastische, die zu schweben schienen. Hier einzubrechen war überraschend einfach gewesen. Als Kittridge sich dazu entschlossen hatte, war die halbe Stadt tot, geflohen oder verschollen gewesen. Die Polizei war längst weg. Er hatte erst vorgehabt, sich in einem der großen Häuser oben in Cherry Creek zu verbarrikadieren, aber aufgrund dessen, was er gesehen hatte, wollte er lieber etwas Hochgelegenes. Der Eigentümer des Penthouse war ein Mann, den er flüchtig kannte, ein regelmäßiger Kunde aus dem Geschäft. Er hieß Warren Filo. Wie das Glück es wollte, war Warren einen Tag, bevor die ganze Geschichte losbrach, ins Geschäft gekommen, um sich für einen Jagdausflug nach Alaska auszurüsten. Er war jung, zu jung für so viel Geld– Wall-Street-Geld wahrscheinlich oder Geld aus einem dieser Hightech-Börsengänge. An jenem Tag hatte die Welt noch munter vor sich hin gebrummt wie immer, und Kittridge hatte Warren geholfen, seine Einkäufe zum Wagen zu bringen. War natürlich ein Ferrari. Als Kittridge danebenstand, dachte er: Wieso besorgst du dir nicht gleich auch ein persönliches Nummernschild: 1«? Die Frage stand ihm offenbar ins Gesicht geschrieben, denn kaum war sie ihm durch den Kopf gegangen, wurde Warren rot vor Verlegenheit. Er trug nicht seinen gewohnten Anzug, sondern Jeans und ein T-Shirt mit der Aufschrift . Er hatte gewollt, dass Kittridge den Wagen sah, das war klar, aber jetzt sah er, wie blöd es war, mit einem solchen Auto vor einem Abteilungsleiter von Outdoor World anzugeben, der wahrscheinlich weniger als fünfzigtausend im Jahr verdiente. (Tatsächlich waren es sechsundvierzig.) Kittridge gestattete sich ein lautloses Lachen– mit dem, was dieser Bengel nicht wusste, konnte man ein Buch vollschreiben– und ließ den Augenblick in der Schwebe, damit kein Missverständnis aufkam. bekannte Warren.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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