Dieser Tag musste nicht sein! - Viola Maybach - E-Book

Dieser Tag musste nicht sein! E-Book

Viola Maybach

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Beschreibung

Diese Serie von der Erfolgsschriftstellerin Viola Maybach knüpft an die bereits erschienenen Dr. Laurin-Romane von Patricia Vandenberg an. Die Familiengeschichte des Klinikchefs Dr. Leon Laurin tritt in eine neue Phase, die in die heutige moderne Lebenswelt passt. Da die vier Kinder der Familie Laurin langsam heranwachsen, möchte Dr. Laurins Frau, Dr. Antonia Laurin, endlich wieder als Kinderärztin arbeiten. Somit wird Antonia in der Privatklinik ihres Mannes eine Praxis als Kinderärztin aufmachen. Damit ist der Boden bereitet für eine große, faszinierende Arztserie, die das Spektrum um den charismatischen Dr. Laurin entscheidend erweitert. »Es ist zum Verrücktwerden«, schimpfte Antonia Laurin. »Die Praxis ist fertig eingerichtet, wir könnten sofort loslegen, Maxi und ich – aber wir finden weder eine Haushälterin, die hier alles am Laufen hält, noch wenigstens eine Arzthelferin für die Praxis. Man könnte meinen, alles hätte sich gegen uns verschworen.« Leon Laurin konnte es nicht lassen, seine Frau ein wenig aufzuziehen. Mit todernster Miene sagte er: »Ja, das glaube ich auch. Es ist ein Zeichen, denke ich. Ein Zeichen dafür, dass ihr eure Pläne aufgeben solltet, denn das Schicksal ist eindeutig dagegen.« Einige Sekunden lang fiel sie auf seinen Tonfall herein, denn er war ja zu Beginn nicht gerade begeistert gewesen von ihren Plänen, nach mehr als fünfzehnjähriger Pause wieder in ihren Beruf als Kinderärztin einzusteigen – und dann auch noch gleich wieder mit eigener Praxis. Und begeistert war er zweifellos noch immer nicht. Eher konnte man wohl sagen, dass er sich mit ihren Plänen abgefunden hatte. Aber dann sah sie das Blitzen seiner Augen und musste lachen. »Du klingst wie diese eine Bewerberin auf die Stelle als Haushälterin, erinnerst du dich? Die von der Aura unseres Hauses gesprochen hat und dass sie, bevor sie zu uns kam, ihr Horoskop befragt hat.« »Die vergesse ich garantiert nicht«, sagte er mit leichtem Schaudern in der Stimme. »Ich weiß schon gar nicht mehr, mit wie vielen wir mittlerweile gesprochen haben«, murmelte Antonia und ließ ihren Kopf an Leons Schulter sinken. »Ehrlich gesagt, ich kann es nicht fassen, dass bisher keine einzige Frau dabei war, bei der wir zumindest überlegt haben, ob wir es nicht mal mit ihr versuchen sollten. Bei keiner konnte ich mir vorstellen, dass ich ihr unser Haus und unsere Kinder stundenweise anvertraue.

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Leseprobe: Prophezeiungen

Haben Sie auch, liebe Leserin, geschätzter Leser, die letzten vier Wochen gegrübelt, woher Chris denn nun den traumhaft attraktiven Polizeiobermeister Sebastian Huber kennt? Und ob er dieses Wissen an seinen Philipp weitergeben konnte? Ich verbinde ja damit die dringende Hoffnung, dass diese Erkenntnis irgendwie geeignet ist, Schwester Lily erneut das Leben zu retten! Gespannt bin ich auf die Show, die der Sohn des Patienten László de Bergh veranstalten wird. Immerhin wird sich zeigen, ob das Ergebnis der schwierigen Operation befriedigend ist. Und darauf, ob Frau Rixner recht hatte mit ihren Prophezeiungen. Keine Sorgen mache ich mir um Dagmar und Elenore. Die genießen bestimmt, dass sie sich endlich kennenlernen dürfen. Na gut. Nicht ganz klar ist, wie Valerian Ettenhuber reagieren wird, wenn Dagmar … Höre ich da Kirchenglocken? Tatsächlich! Es ist 11 Uhr, der Gottesdienst ist zu Ende. Schauen wir doch mal, ob Pfarrer Ettenhuber … Ja, in der Tat. Er ist gerade dabei, die Gemeinde zu verabschieden! Das Hochamt war beendet. Im Gestühl der Kirche hing das benebelnde Aroma des Weihrauchs. Valerian Ettenhuber positionierte sich zentral vor dem Altar und hob die Hände zum Abschlusssegen. »Es segne dich und es behüte dich – Gott Vater, Sohn, und heiliger Geist! Amen!« Der Organist gab all seine Seele in das Postludium hinein, das jetzt den Raum erfüllte.

Der neue Dr. Laurin – 5 –

Dieser Tag musste nicht sein!

Aber Annika findet am Ende ihr Glück

Viola Maybach

»Es ist zum Verrücktwerden«, schimpfte Antonia Laurin. »Die Praxis ist fertig eingerichtet, wir könnten sofort loslegen, Maxi und ich – aber wir finden weder eine Haushälterin, die hier alles am Laufen hält, noch wenigstens eine Arzthelferin für die Praxis. Man könnte meinen, alles hätte sich gegen uns verschworen.«

Leon Laurin konnte es nicht lassen, seine Frau ein wenig aufzuziehen. Mit todernster Miene sagte er: »Ja, das glaube ich auch. Es ist ein Zeichen, denke ich. Ein Zeichen dafür, dass ihr eure Pläne aufgeben solltet, denn das Schicksal ist eindeutig dagegen.«

Einige Sekunden lang fiel sie auf seinen Tonfall herein, denn er war ja zu Beginn nicht gerade begeistert gewesen von ihren Plänen, nach mehr als fünfzehnjähriger Pause wieder in ihren Beruf als Kinderärztin einzusteigen – und dann auch noch gleich wieder mit eigener Praxis. Und begeistert war er zweifellos noch immer nicht. Eher konnte man wohl sagen, dass er sich mit ihren Plänen abgefunden hatte. Aber dann sah sie das Blitzen seiner Augen und musste lachen.

»Du klingst wie diese eine Bewerberin auf die Stelle als Haushälterin, erinnerst du dich? Die von der Aura unseres Hauses gesprochen hat und dass sie, bevor sie zu uns kam, ihr Horoskop befragt hat.«

»Die vergesse ich garantiert nicht«, sagte er mit leichtem Schaudern in der Stimme.

»Ich weiß schon gar nicht mehr, mit wie vielen wir mittlerweile gesprochen haben«, murmelte Antonia und ließ ihren Kopf an Leons Schulter sinken. »Ehrlich gesagt, ich kann es nicht fassen, dass bisher keine einzige Frau dabei war, bei der wir zumindest überlegt haben, ob wir es nicht mal mit ihr versuchen sollten. Bei keiner konnte ich mir vorstellen, dass ich ihr unser Haus und unsere Kinder stundenweise anvertraue. Niemals hätte ich gedacht, dass das so schwierig ist.«

»Ich auch nicht«, gab Leon zu.

»Und in der Praxis ist es genau so. Maxi und ich verzweifeln an unseren Bewerberinnen. Aber wir brauchen eine Frau, die uns die Organisation abnimmt und den Überblick behält. Aber die meisten, die kommen, denken, sie sollen uns Ärztinnen ein bisschen zur Hand gehen, dabei haben wir das in der Anzeige deutlich formuliert.« Antonia rückte ein wenig von ihrem Mann ab. »Wie macht ihr das denn in der Klinik? Ihr scheint immer gute Leute zu finden.«

»Wir suchen aber auch lange. Unser Trick ist, dass wir schon suchen, bevor wir dringend jemanden brauchen – abgesehen von dem Unfallchirurgen für die Notaufnahme. Es ist überfällig, dass wir da jemanden finden, weil ich Eckart woanders brauche, er kann nicht dauernd Dienste in der Notaufnahme übernehmen. Da sind wir also auch unter Druck. Aber sonst sehe ich zu, dass wir solche Situationen vermeiden. Manchmal haben wir deshalb eine Schwester oder einen Pfleger zu viel, wenn man jetzt mal streng wirtschaftliche Maßstäbe anlegt, aber so ist es mir lieber. Bei euch ist das natürlich etwas völlig anderes, ihr sucht eine Fachkraft für die Praxisorganisation und vielleicht noch eine Arzthelferin, die euch beide bei der Betreuung eurer Patienten unterstützt. Bei einer so begrenzten Zahl an Leuten könnt ihr nicht auf Verdacht eine Person zu viel einstellen.«

»Offenbar können wir überhaupt niemanden einstellen, weil wir ja niemanden finden.« Antonia gähnte. »Ich bin müde, Leon, ich will ins Bett.«

Er zog sie in seine Arme und küsste sie. »Ich finde es auf unserem Sofa gerade sehr gemütlich. Endlich mal allein, ohne Kinder – und ich war sogar rechtzeitig zum Essen zu Hause.«

»Wenn man es so betrachtet, hast du natürlich Recht.«

»Sag mal, unser Konny …«

»Ja?«

»Hat er dir eigentlich mal erzählt, warum er da unten an der Würm war, als dieser Hund ihn angefallen hat? Warum er nicht mit Kaja gleich nach der Schule nach Hause gekommen ist?«

»Nein«, antwortete Antonia, »ich habe immer darauf gewartet, dass er etwas sagt, aber das hat er nicht getan. Die einzige Erklärung, die ich von ihm gehört habe, war, dass er über etwas nachdenken musste.«

»Er scheint sehr lange nachdenken zu müssen. Oder er hatte von Anfang an nicht vor, mit uns über das, was ihn bewegt, zu reden.«

»Beides ist möglich. Ich habe jedenfalls beschlossen, ihn nicht zu fragen, sondern abzuwarten, bis er von selbst auf uns zukommt.«

»Er ist verändert seit einiger Zeit«, sagte Leon nachdenklich.

Sie rückte ein Stück von ihm ab, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Ich habe mich schon gefragt, ob ich mir das einbilde, aber wenn es dir auch aufgefallen ist …«

»Er kommt mir nachdenklicher vor, manchmal auch traurig – oder ängstlich. Als dächte er über etwas nach, das ihn beunruhigt. Ich habe schon überlegt, ob ich ihn einfach mal fragen sollte. Wir sind seine Eltern, wir sind für ihn verantwortlich. Vielleicht hat er ein Problem, mit dem er allein nicht fertig wird.«

»Tu das«, sagte Antonia, nachdem sie eine Weile darüber nachgedacht hatte. »Ein Gespräch von Mann zu Mann ist vielleicht das, was ihm fehlt.«

»Von Mann zu Mann – meine Güte, es stimmt, er ist fast erwachsen. Wir werden bald Eltern erwachsener Kinder sein, dabei frage ich mich oft, ob wir selbst überhaupt schon richtig erwachsen sind.«

Sie musste lachen und legte den Kopf wieder an seine Schulter. »Na ja, verglichen mit den Menschen, die wir vor zwanzig Jahren waren, sind wir schon ziemlich erwachsen geworden, meinst du nicht?«

Er blieb ernst. »Ich hoffe es zumindest. Aber ich glaube, heute ist es noch schwerer, erwachsen zu werden als damals, weil man viel mehr lernen muss. Wenn ich sehe, in welcher Welt die Kinder sich heute zurechtfinden müssen, wird mir direkt schwindelig. Das ist alles so schnell geworden, so vielschichtig. Wenn ich sie morgens sehe, alle mit ihren Handys beschäftigt, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt, dann frage ich mich, was sie tun würden, wenn sie so leben müssten wie wir damals. Das Internet bietet natürlich großartige Möglichkeiten, aber ich schätze, dass die Gefahren mindestens ebenso groß sind. Hoffentlich haben wir sie gut genug darauf vorbereitet.«

»Wir haben uns jedenfalls sehr viel Mühe gegeben, und im Großen und Ganzen scheinen mir unsere Kinder ganz gut gelungen zu sein, und auch Kaja wird ja eines Tages der Pubertät entwachsen und wieder das friedliche Kind werden, das sie früher war.«

»Sie ist doch schon ruhiger geworden, und sie streitet längst nicht mehr so oft mit Kyra.«

»Was aber eher an Kyra liegt, der ich ein paar gute Ratschläge gegeben habe. Zum Beispiel den, ihrer großen Schwester nicht ständig nachzulaufen. Daran hält sie sich, und es scheint zu wirken. Freilich spielt Peter dabei auch eine große Rolle.«

»Der Junge ist wirklich bemerkenswert«, sagte Leon.

Peter Stadler war der Sohn der Architektin, die Antonias Praxisräume gestaltet hatte. Mit Britta Stadler war Antonia seitdem befreundet, während Peter der beste Freund ihrer jüngsten Tochter geworden war. Er war ein sehr intelligenter Junge, der zu seinem Leidwesen eine Brille mit ziemlich dicken Gläsern tragen musste, weil er Kontaktlinsen nicht vertrug und für eine Augenoperation noch zu jung war. Er wirkte reifer als seine elf Jahre und auf den ersten Blick eher unscheinbar, aber er war schlagfertig und konnte sehr witzig sein. Seitdem Kyra und er sich befreundet hatten, war sie viel selbstbewusster geworden. Jetzt kam es sogar vor, dass sie ihre große Schwester kritisierte, was früher undenkbar gewesen wäre.

»Ja«, bestätigte Antonia mit warmer Stimme. »Ich bin sehr froh, dass Kyra und er sich so gut verstehen.«

»Kevin mag ihn auch, das ist mir schon aufgefallen. Gar nicht so schlecht, finde ich. Falls Mike ihm in nächster Zeit entwachsen sollte.«

Antonia kicherte. Kevin, ihr Dreizehnjähriger, hatte in Mike Brönner seit vielen Jahren seinen besten Freund, die beiden waren durch dick und dünn gegangen, aber nun war Mike bereits in der Pubertät und träumte heftig von Mädchen, während Kevin in dieser Hinsicht noch recht uninteressiert wirkte. Es hatte deshalb zwischen den beiden Jungen bereits Konflikte gegeben. Kevin fand Mikes Verhalten Mädchen gegenüber ›blöd‹, Mike wiederum fand ihn ›zurückgeblieben‹ oder ›kindisch‹ – was natürlich schlimme Beleidigungen in Kevins Augen waren. Aber noch hielt ihre Freundschaft und da sie schon andere Stürme überstanden hatten, war noch nicht absehbar, wohin der schwelende Konflikt führen würde.

»Die beiden sind wahrscheinlich noch mit achtzig Freunde, Leon. Die haben sich gesucht und gefunden, auch wenn sie streiten. Aber ich fände es auch schön, wenn es neben Mike noch andere Freunde gäbe, mit denen Kevin gut auskommt.«

Nun gähnte auch Leon, und so beschlossen sie, ins Bett zu gehen. Als sie nach oben kamen, war alles ruhig, auch in Kajas Zimmer brannte kein Licht mehr. Antonia war dennoch nicht sicher, ob ihre ältere Tochter schon schlief, oder nur rasch das Licht gelöscht hatte, weil sie ihre Eltern hatte kommen hören.

Kaja war eine jener handy-süchtigen Jugendlichen, von denen sie vorhin gesprochen hatten. Handy-Verbot war die schlimmste Strafe, die man ihr auferlegen konnte.

Antonia verzichtete auf einen Kontrollblick ins Zimmer. Sie war einfach zu müde zum Streiten.

*

Annika Mittermaier kannte jedes Kind in ihrem Bus, alle wurden mit Namen begrüßt, wenn sie sie an den Haltestellen einsammelte. Sie fuhr große Strecken, um auch die Kinder abzuholen, die in weiter entfernten Münchener Vororten wohnten. Klar, dass sie dafür sehr früh aufstehen musste, aber das machte ihr zum Glück nichts aus, sie war ein Morgenmensch.

Bei vielen Kindern war das nicht so. Die standen blass und müde mit ihren schweren Schultaschen an den Haltestellen, einige schliefen im Bus gleich wieder ein. Andere frühstückten erst einmal, weil es direkt nach dem Aufstehen noch zu früh gewesen war. Annika wusste, wer gesunde Pausenbrote und etwas Obst dabeihatte, sie wusste aber auch, wer in der Regel hungrig zur Schule geschickt wurde. Ein paar Bananen und Äpfel hatte sie deshalb immer vorrätig – und manchmal auch einen Müsliriegel.

»Hallo, Robin«, sagte sie, als ein Erstklässler in den Bus stieg, der jeden Morgen von seinem Vater zur Haltestelle gebracht wurde, weil der Junge, um dorthin zu gelangen, eine viel befahrene Straße überqueren musste. Der Vater machte einen sehr sympathischen Eindruck, er fuhr seinem Sohn zum Abschied immer liebevoll durch die Haare, winkte ihr freundlich zu, wandte sich dann jedoch eilig zum Gehen. Sie nahm an, dass er zur Arbeit musste.

»Hallo, Frau Mittermaier«, sagte Robin Gerhardt und kletterte auf seinen Sitz in der ersten Reihe.

Um ihn musste sie sich keine Sorgen machen. Sie wusste, dass er gut gefrühstückt hatte und dass in seiner Schultasche nicht nur leckere Brote, sondern auch Obst steckten. Robin war einer ihrer Lieblinge. Er war meistens guter Dinge, und sie fand ihn sehr niedlich mit seinem dunklen Lockenkopf. Seine Mutter hatte sie noch nie gesehen.

Sie begrüßte auch die beiden anderen Kindern, die nach Robin in den Bus stiegen. Einem Jungen steckte sie eine Banane zu, der sie daraufhin anstrahlte, dann fuhr sie weiter. Im Bus wurde lebhaft geschnattert, so war es jeden Morgen. Die meisten Kinder wurden auf der Fahrt zur Schule munter, auch wenn sie beim Einsteigen noch völlig verschlafen gewirkt hatten.

Annika zog die Stirn kraus, als ein Sportwagenfahrer deutlich zu schnell an ihr vorbeischoss und sich dann sehr knapp vor ihr wieder rechts einordnete, so dass sie bremsen musste, um nicht aufzufahren. Manche Leute lernten es nie, aber es lohnte nicht zu hupen, das kümmerte solche Fahrer nicht, wie sie aus Erfahrung wusste.

»So ein Blödmann!«, sagte Robin, der das Manöver von seinem Platz aus gut hatte beobachten können. »Wenn du nicht gebremst hättest, Frau Mittermaier, hättest du ihn angefahren.«

Annika nickte ihm nur zu, denn die Ampel sprang auf grün. Mit röhrendem Motor schoss der Sportwagen über die Kreuzung. Sie folgte ihm gemächlich und steuerte die nächste Haltestelle an, an der nur ein kleines Mädchen wartete, Linnea, Robins beste Freundin.

Linnea war äußerlich das ganze Gegenteil von Robin mit ihren hellblonden Haaren und den leuchtend blauen Augen.

»Hallo, Frau Mittermaier«, sagte sie, »hallo, Robin.«

Annika wartete, bis Linnea saß, dann fuhr sie sachte an. Mit Kindern im Bus musste man anders fahren als mit Erwachsenen, jedenfalls war das ihre Überzeugung. Sie hatte Kollegen, die das nicht so sahen und sie damit aufzogen, dass sie ›ihre‹ Kinder in Watte packte, aber sie ließ sich nicht beirren, sie fuhr lieber vorsichtig. Wer wollte schon weinende Kinder im Bus haben, weil sie sich gestoßen hatten oder gefallen waren?

Nach und nach sammelte sie alle Schülerinnen und Schüler ein, dann steuerte sie die erste Schule an, ein Gymnasium. Drei Mädchen und zwei Jungs stiegen aus. »Ciao, Frau Mittermaier, bis morgen.«

Annika winkte ihnen zu und fuhr weiter.

*