Dionysos und die Lavendelfrau - Sabine Hoffelner - E-Book

Dionysos und die Lavendelfrau E-Book

Sabine Hoffelner

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Beschreibung

Kater Dionysos hat sich mit einer alten Dame angefreundet. Diese verhält sich aufgrund einer beginnenden Demenzerkrankung immer öfter seltsam und bringt sich in große Gefahr. Ein Unglück führt sie eines Tages ins Krankenhaus. Heimlich begleitet Dio sie an diesen fremden Ort, an dem sie beide sich nicht zurechtfinden und einigen Wirbel veranstalten.

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Seitenzahl: 105

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Ein Fast-Unglück
Seltsame Dinge
Wo ist die Lavendelfrau?
Das Unglück passiert
Ein Haus voll kranker Leute
Glück im Unglück
Wieder vereint
Verirrt
Ein neuer Begleiter
Heimatlos
Alles wird gut

Dionysos und die Lavendelfrau

Sabine Hoffelner

Von der Autorin außerdem erschienen:

Kater-Dionysos-Reihe:

„Dionysos und die neue Freiheit – ein Wohnungskater zieht aufs Land“, Eigenverlag

ISBN: 978-3-748526-05-6

„Vaterfreuden – Vatersorgen – Das zweite Abenteuer von Kater Dionysos“, Eigenverlag

ISBN: 978-3-7529-4508-9

„Dionysos und der schlimme Winter – das dritte Abenteuer von Kater Dionysos“, Eigenverlag

ISBN: 978-3-753157-78-8

Silberspiegel-Reihe (Fantasy):

„Die Ahnen des Silberspiegels“ - der erste Band der Silberspiegel-Reihe; Eigenverlag

ISBN: 978-3-748513-39-1

1. Auflage 2023

Autorin: Sabine Hoffelner

Zeichnungen und Covergestaltung: Sabine Hoffelner

Alle Rechte verbleiben bei der Autorin

Copyright © 2023 Sabine Hoffelner

Selbstverlag: Sabine Hoffelner; Schottenau 29 f; 85072 Eichstätt

Kontakt: [email protected]

Druck: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie

Ein Fast-Unglück

Kater Dionysos schlenderte in freudiger Erwartung einiger äußerst delikater Leckereien durch diesen Septembervormittag. Sein Ziel war das Haus einer neuen Freundin, die er im Sommer kennengelernt hatte.

Sie und die Leckerbissen, die sie ihm stets servierte, hatten ihn darüber hinweggetröstet, dass sein Sohn Harry inzwischen erwachsen geworden war. Zwar lebte Harry noch zusammen mit ihm bei dem pensionierten Philosophie-Professor, aber er ging seiner eigenen Wege. Dios Gefährtin Alesa tat das sowieso. Auch ihre beiden anderen Kinder Mimi und Poldi brauchten ihn nicht mehr. Denn sie waren bei Hilda eingezogen, einer Nichte des Professors, die sich liebevoll um die beiden kümmerte.

So war es gekommen, dass Dio ganz gegen seine Natur aus Langeweile angefangen hatte, in immer größer werdenden Runden die Umgebung seines Heimatdorfes zu erkunden. Das war jetzt wesentlich gefahrloser möglich als früher, denn sein Erzfeind Johnny hatte diese Gegend samt der Bande aus Raufbolden, die er um sich geschart hatte, verlassen.

Also schlenderte Dionysos wie so oft in letzter Zeit auch heute zwischen Wiesen und Feldern hindurch. Gleich musste das Haus seiner neuen Freundin auftauchen. Es lag etwas abseits der Dörfer rundum und versteckte sich hinter einer hohen Hecke.

Dio hatte dieses kleine Haus sofort gefallen. Denn es war von herrlichen Efeuranken überwuchert, an denen man wunderbar klettern konnte. Der Garten bot für einen Kater das reinste Paradies an Versteck- und Klettermöglichkeiten. In einigen Blumenbeeten rund um das Häuschen summten unzählige Insekten. Dionysos war nicht so ein leidenschaftlicher Jäger wie etwa sein Sohn Harry, aber auch er liebte es, hin und wieder nach einem Flattertier zu haschen. Er mochte den Duft der Blumen im Garten. Es gab sie dort in den unterschiedlichsten Farben, Formen und Aromen. Dio mochte sie alle. Am meisten jedoch das große Lavendelbeet hinter dem Haus.

Lavendel liebte auch die nette alte Frau, die in diesem Häuschen lebte. Nicht nur das Beet duftete nach den zarten lilafarbenen Blüten, sondern auch das Innere des Hauses und sogar die alte Dame selbst. Deshalb nannte Dionysos sie „Lavendelfrau“.

Mit ihr hatte ihn sofort etwas sehr Schönes verbunden. Ja, es waren auch die Leckereien, die er jeden Tag von ihr bekam. Und ihr Geruch, der ihn einhüllte, wenn sie sich bückte, um ihn zu streicheln. Außerdem ihre angenehme Stimme, mit der sie ihm schon so viel aus vergangenen Tagen erzählt hatte.

Wenn sie ihm von früher erzählte, hörte er ihr zu. Doch mit der Zeit achtete er nicht mehr auf ihre Worte, sondern nur noch auf den beruhigenden Klang ihrer Stimme. Und auf die Hand, die dabei sanft seinen wohlig satten Bauch streichelte. Meistens dauerte es dann nicht mehr lange, bis er eingeschlafen war.

Sie musste bereits sehr viele vergangene Tage erlebt haben, genauso wie sein Professor. Denn am Kopf hatten sie beide schon ein graues Fell. Doch anders als der alte Herr trug die Lavendeldame ihre Frisur immer zu einem ordentlichen Dutt aufgesteckt.

Sie war insgesamt bemerkenswert ordentlich. Nicht, dass er sich beispielsweise an den herumliegenden Socken seines Professors schon jemals gestört hätte. Ganz im Gegenteil, mit denen konnte man wunderbar spielen. Trotzdem hatte die Ordnung dieser Frau durchaus etwas, sagen wir, Beruhigendes.

Sie nannte ihn „Teufelchen“. Ja, das war kein schöner Name. Aber da seine Freundin ihn ihm gegeben hatte, nahm er ihn hin. Eines Tages hatte sie Dionysos erzählt, dass er sie an eine Katze erinnerte, die früher einmal bei ihr gelebt hatte. Und da diese Katze „Teufelchen“ geheißen hatte, nannte sie ihn ebenso. Na gut, wenn es sie glücklich machte, ...

Der Kater bog auf den gepflasterten Fußweg ein, der durch einen Rosenbogen hindurch zur Haustür führte. Da stutzte er. Anstelle des erwarteten Lavendeldufts lag heute ein unangenehm beißender Geruch in der Luft, der in den Atemwegen brannte.

Alarmiert blieb er stehen. Seine Instinkte drängten ihn, sofort von hier zu verschwinden. Doch sein besorgtes Herz zog ihn weiter vorwärts.

Die Tür war heute geschlossen, was seine Beunruhigung weiter steigerte. Seine Freundin kannte eigentlich die Zeiten sehr genau, zu denen sich sein Appetit normalerweise meldete und ihn zu ihr führte. Deshalb war ihre Tür stets für ihn offen gewesen. Meistens hielt sie die Dose mit den Leckerchen bereits in der Hand, während er freudig maunzend hier ankam. Heute war die Türe zu und von der alten Dame weit und breit nichts zu sehen. Und dann dieser beängstigende Geruch. Er kam dem Kater bekannt vor, auch wenn er noch immer nicht sagen konnte, weshalb.

Ratlos und mit klopfendem Herzen hockte er sich auf die Schwelle und dachte nach. Aber schnell musste er einsehen, dass es sich hungrig nur schwer denken ließ. Also hörte er damit wieder auf. Er erhob die Stimme und maunzte eine Weile herzzerreißend und laut genug, dass man es drinnen bestimmt hören konnte. Doch niemand kam zur Tür gelaufen, um ihm aufzumachen und sich dafür zu entschuldigen, dass er warten musste.

Dionysos‘ Kehle wurde eng. Hier stimmte heute etwas überhaupt nicht. Er blickte zum Küchenfenster hinüber, das nur ein kleines Stück neben der Tür aus dem Efeudickicht herauslugte. Schlängelte sich da nicht etwas zartes Graues aus dem Kippfenster nach draußen? Ja, da war Rauch! Und auf einmal wusste er, woher er diesen beißenden Geruch kannte: Genauso roch es, wenn seinem Professor beim Kochen etwas anbrannte. Und dann war der alte Mann sehr hektisch, schepperte herum und rief Worte, die er nur äußerst selten benutzte.

Der Kater lauschte. Aber obwohl das Küchenfenster gekippt war, drang aus dem Innern weder hektisches Scheppern noch Schimpfereien. Vielleicht schimpften Frauen nicht, wenn ihnen etwas anbrannte. Das konnte Dio nicht beurteilen, er kannte in dieser Hinsicht ja nur seinen Professor. Trotzdem sollte da drinnen doch eine gewisse Hektik zu hören sein.

Aber da war nichts. Stille. Und diese feine Qualmwolke, die mit jeder Minute, in der er sie beobachtete, dichter und dichter wurde. Er bekam Angst. Und er wusste, dass er keinen Augenblick länger zögern durfte, um etwas zu tun. Nur was?

Irgendwie musste er ins Haus hinein. Die Eingangstür war und blieb verschlossen. Der Spalt, durch den der Rauch heraus drang, war für seine Figur eindeutig zu schmal. Dio ging um eine Gebäudeecke herum und schaute sich die Sache von dort aus an. Tatsächlich stand im ersten Stock ein Fenster offen! Das war seine Chance! So schnell er konnte, kletterte er an den Ranken entlang nach oben, bis er ins Haus hinein schlüpfen konnte.

Und da sah er seine Freundin in ihrem Bett liegen. Fast so rund zusammengekuschelt, wie er das selbst gern tat, lag sie zwischen den geblümten Kissen und schlief. Mit Straßenschuhen an den Füßen. Dio spürte, dass auch dieser Anblick nicht so ganz in Ordnung war. Aber schnell schob er diesen Gedanken zur Seite. Er musste sie schleunigst aufwecken. Und dann mussten sie beide in der Küche nach dem Rechten sehen.

Er spannte all seine Muskeln an, sprang – und landete mitten auf dem Bauch der alten Frau. Sie schrie erschreckt auf und war sofort hellwach. Orientierungslos versuchte sie, sich aufzurichten und zu begreifen, was passiert war, während sie der Kater aufgeregt anmaunzte.

„Ach Teufelchen“, sagte sie benommen, „warst du das?“

Dionysos‘ Köpfchen schmiegte sich wie von selbst in die kraulende Hand. Doch dafür war jetzt nicht der passende Moment. Widerstrebend entwand er sich der liebevollen Begrüßung und sprang zu Boden, um in Richtung Zimmertür zu steuern. Auf halber Strecke blieb er stehen und blickte auffordernd zurück.

„Was ist denn heute los, mein Lieber?“

Ja, das wollte er ebenfalls herausfinden. Aber nicht hier oben im Schlafzimmer, sondern unten in der Küche. Dort, wo irgendetwas bedrohlich qualmte.

„Maaau!“, befahl er.

Sie lachte herzhaft. „Na, na, mein Kleiner. Hab ich Deine Leckerchen heute vergessen? Wie konnte das nur passieren? Ich muss müde geworden sein und hab mich etwas hingelegt. Und bin nicht rechtzeitig zu unserer täglichen Verabredung wieder aufgewacht. Das tut mir leid.“

Erneut ein lautes „Maaauuu!“ Eindringlicher als vorhin.

Die alte Dame setzte sich ächzend an die Bettkante und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Es brauchte eine dritte Aufforderung von Dio, bis sie sich endlich erhob.

„Ja, ja, ich hol Dir schon etwas Feines aus der Küche. Heute bekommst Du als Entschädigung einen besonderen Leckerbissen. Versöhnt uns das wieder?“

„Küche“ war das Wort, das Dio hören wollte. Das mit dem besonderen Leckerbissen klang auch nicht schlecht. Aber heute musste er seinen Appetit vergessen, bis die Sache in der Küche geklärt war. Er kratzte wie wild an der Schlafzimmertür. Als sie aufging, war der beißende Gestank sofort deutlich zu riechen. Viel intensiver als draußen.

Die Frau begann, die Treppe so schnell nach unten zu rennen, dass Dionysos Angst bekam, sie würde stürzen und sich dabei das Genick brechen.

Als sie die Küchentür öffnete, schlug den beiden sofort dichter Rauch entgegen. Dio konnte kaum atmen. Die Lavendelfrau hustete. Doch anders, als Dio es von seinem Professor in solchen Situationen kannte, brach bei ihr noch immer keine Hektik aus. Stattdessen verharrte sie regungslos in der Tür und starrte den Herd an, auf dem ein qualmender Topf stand.

„Was, wer, ...“, murmelte sie verunsichert vor sich hin. „Wer hat den Herd eingeschaltet?“

Das war Dionysos im Moment völlig egal. Jemand musste dafür sorgen, dass dieser Qualm aufhörte und alles nicht noch schlimmer wurde. Der einzige Mensch, der dafür in Frage kam, war seine Freundin.

„Maaauuu!“, schrie er sie an und versuchte, sie ein Stück weiter zu schubsen. Aber sie rührte sich nicht von der Stelle.

„War ich das? Nein, Teufelchen, das war ich nicht! Oder doch? Teufelchen, war ich das? Was wird die Mutter sagen?“

Was redete sie da? Und warum tat sie nichts? Verzweifelt fuhr er die Krallen aus und drückte sie, so sanft er konnte, in ihre beiden Waden. Das half.

„Au! Was tust du da?!“ Sie sprang einen Satz nach vorn. Endlich schien sie ebenfalls zu begreifen, dass hier jemand schnell etwas tun musste. Denn sie rannte auf den Herd zu, schaltete ihn aus und zog den Topf ins Spülbecken. Danach riss sie das Fenster weit auf und streckte hustend den Kopf ins Freie.

Dionysos sprang zu ihr aufs Fensterbrett. Auch er war für die frische Luft sehr dankbar. Da spürte er, wie seine Lavendelfreundin ihn hochhob und an sich drückte.

„Teufelchen, geht es dir gut?“, fragte sie und sein Fell wurde von ihren Tränen feucht. Ja, es ging ihm gut. Aber er war verwirrt. Weil er nicht verstand, warum sie heute so seltsam war. Er konnte sie nicht fragen, was los war. Nur hoffen, dass sie bald wieder die Alte sein würde. Er spürte, dass sie seinen Trost brauchte. Und er selbst brauchte das ebenfalls. Deshalb begann er, in ihren Armen laut zu schnurren, während sie ihr Gesicht in seinem Fell verbarg.

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Seltsame Dinge

Eine Weile später schlurfte der Kater nachdenklich nach Hause. Er war verwirrt und beunruhigt wegen des eigenartigen Verhaltens der alten Frau. So schnell, wie sie verzweifelt gewesen war, so schnell hatte sich das auch wieder gelegt. Sie hatte den angebrannten Topf nach draußen gebracht und in die Abfalltonne gesteckt. Danach hatte sie angefangen, erst den Herd und dann die ganze Küche zu putzen. Da war Dionysos lieber gegangen.

Menschliche Putzaktionen fand er schrecklich. Sie brachten mehr Durcheinander in ein Haus, als eine Katze ertragen konnte. Dass die alte Dame in dieser Hektik nicht mehr an die Leckerchen-Dose dachte, war nicht schön. Nach all dem Schrecken nahm er ihr das aber nicht übel. Vielleicht würde er abends nochmal zu ihr gehen. Er hatte sowieso das Gefühl, dass es gut wäre, wenn er sich momentan etwas öfter als sonst nach ihr umschaute.

Nun wollte er erst einmal zu Alesa. Denn er musste jemandem von diesem seltsamen Vormittag erzählen. Er fand seine Kameradin wie erhofft am Dorfteich, wo sie entspannt in der Sonne döste.