Dirty Rockstar - Cecilia Tan - E-Book
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Dirty Rockstar E-Book

Cecilia Tan

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Beschreibung

Der heißeste Rockstar der Welt, Axel Hawk, hat alles, was Frau sich nur wünschen kann: Er sieht wahnsinnig gut aus und hat noch dazu ein Bad-Boy-Image, das die Knie weichwerden lässt. Aber selbst seine treuesten Fans wissen nicht, wie gefährlich er wirklich sein kann.

Von dem Moment an, als er Ricki Hamilton trifft, weiß er, dass er nie wieder eine andere Frau will. Er spürt die glühende Leidenschaft, die hinter ihrer kühlen Fassade schlummert - und er ist fest entschlossen, dieses Feuer zu entfesseln.

Ricki lässt sich auf das heiße Spiel ein - und je weiter sie gehen, desto mehr sehnt sie sich nach Axel. Zum ersten Mal in ihrem Leben, weiß sie genau, was sie will - sie muss es sich nur nehmen ...

Heiße Rockstars, reiche Erbinnen und ein geheimer Privatclub - die eBook-Reihe von Cecilia Tan bietet prickelnde Liebesgeschichten voll knisternder Spannung.

Dieser Roman ist bereits in einer früheren Ausgabe unter dem Titel »The Rough - Dunkle Symphonie« erschienen.

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Inhalt

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Über dieses Buch

Der heißeste Rockstar der Welt, Axel Hawk, hat alles, was Frau sich nur wünschen kann: Er sieht wahnsinnig gut aus und hat noch dazu ein Bad-Boy-Image, das die Knie weichwerden lässt. Aber selbst seine treuesten Fans wissen nicht, wie gefährlich er wirklich sein kann.

Von dem Moment an, als er Ricki Hamilton trifft, weiß er, dass er nie wieder eine andere Frau will. Er spürt die glühende Leidenschaft, die hinter ihrer kühlen Fassade schlummert – und er ist fest entschlossen, dieses Feuer zu entfesseln.

Ricki lässt sich auf das heiße Spiel ein – und je weiter sie gehen, desto mehr sehnt sie sich nach Axel. Zum ersten Mal in ihrem Leben, weiß sie genau, was sie will – sie muss es sich nur nehmen …

Cecilia Tan

Dirty Rockstar

Aus dem amerikanischen Englisch vonBianca von Kerenyi

Prolog

RICKI

Der Katalog mit Sextoys sah aus wie ein Hochglanzmagazin, geschmackvoll, mit eleganten Schrifttypen und Streifen in coolem, professionellem Grau. Wenn man nicht genau hinschaute, hätte man ihn für eine Werbebroschüre für Büromöbel anstatt für Vibratoren und farblich abgestimmtes Bondage-Spielzeug halten können. Ich klappte ihn wieder zu, warf ihn auf meine Schreibtischunterlage und schob ihn meiner Schwester Gwen hin.

»Gibt unser Budget das her?«, war meine einzige Frage.

Gwens Lippen formten ein stummes »Versaut!«, bevor sie tatsächlich sprach. »Im Ernst, Ricki? Kannst du mal für eine halbe Sekunde aufhören, wie eine Betriebswirtin zu denken? Du bist nicht mal über die Dildos hinaus bis zur Lederabteilung gekommen. Da gibt es eine ganze Sammlung von handgefertigten Peitschen und neunschwänzigen Katzen …«

»Von mir aus können die aus fair gehandeltem Öko-Yakleder sein«, raunzte ich und wedelte mit der Hand, als wollte ich eine Rauchwolke vertreiben. »Sextoys sind Sextoys. Haben wir dafür Budget?«

»Ja, haben wir«, sagte sie beleidigt. Ihre Blicke wanderten durch mein Büro. Ich hatte mich bemüht, die Räumlichkeiten etwas aufzuhübschen, seit ich sie nach dem Tod meines Großvaters übernommen hatte, doch nach zwei Monaten war immer noch sein exzentrischer Geschmack spürbar. Ich war mir zum Beispiel noch nicht im Klaren, was ich mit der über zwei Meter hohen geschnitzten Holzstatue eines Adlers anstellen sollte. Und ich hatte seinen Schreibtisch aus massiver Eiche behalten, der so groß war wie ein Esstisch.

Der Schreibtisch gefiel mir. Ich lehnte mich in meinem Sessel zurück, kickte meine Pumps weg und legte meine bestrumpften Füße darauf. »Mach nicht so ein Gesicht, Gwen.«

»Du weißt, dass es eine gute Idee ist«, sagte sie versöhnlich. »Die Tochter von Kresley Palmer hat um ein Haar seine Vibratorsammlung hinten in seinem Wagen entdeckt. Außerdem reduzieren wir das Haftungsrisiko, wenn wir sie selbst pflegen und reinigen …«

»Habe ich nicht gerade gesagt, dass das Budget das hergibt? Kauf so viel Sexspielzeug, wie du willst, Gwen. Die Idee ist toll. Vielleicht sollten wir dann auch private Spinde für die Mitglieder aufstellen.« Es machte Sinn, unsere Mitglieder mit allem zu versorgen, was sie vor Ort brauchten, damit sie kein peinliches Zubehör transportieren mussten.

Was nicht so viel Sinn machte, obwohl ich versuchte, nicht lange darüber nachzudenken, war die Tatsache, dass wir, die beiden Mittzwanziger-Enkelinnen eines der reichsten Hollywood-Mogule, auf dem Familienanwesen einen geheimen Sexclub betrieben. Aber unser Großvater Raymond »Cy« Hamilton hatte in sein Testament ein paar sehr seltsame Klauseln eingebaut. Für einige konnte ich ja irgendwie Verständnis aufbringen. Zum Beispiel für die, dass ich, wenn ich für das Familienunternehmen – die ehemaligen Coast to Coast Pictures, inzwischen einfach als CTC bekannt – tätig werden wollte, vorher mindestens drei Jahre lang woanders würde arbeiten müssen. Ich hätte sogar noch verstanden, wenn das Testament verlangt hätte, alle Beweise für die Existenz des Verlieses zu vernichten und nie wieder ein Wort darüber zu verlieren. Aber nein. Der Preis für unser Erbe: »Haltet an der Tradition fest.«

»Du sagst ja, aber deine Körpersprache sagt etwas anderes«, meinte Gwen mit besorgt zusammengezogenen, schmalen blonden Augenbrauen. »Sehr begeistert siehst du nicht aus.«

»Meine Aufgabe ist nicht, begeistert zu sein.« Mir taten die Füße weh, und ich begann, einen zu massieren. »Ehrlich. Welchen Sinn macht es, einen geheimen S&M-Club zu betreiben, wenn man nicht mal einen jungen Sklaven hat, der einem die Füße massiert?«

Gwen lächelte kurz und listig. »Das ließe sich arrangieren, weißt du …«

»Das war ein Scherz!« Ich setzte meine Füße rasch auf den Boden. »Mal im Ernst, Gwen. Ausstattung, Arbeitssicherheit, dafür bist du zuständig. Verwaltung, Mitgliedschaft, dafür bin ich zuständig. Du machst das, was gerade anliegt, ich arbeite im Hintergrund. Haben wir das nicht so abgesprochen?«

»Ja«, seufzte sie.

»Also hör auf, mich weiter mit deinen Angelegenheiten zu belästigen. Ich bin nicht interessiert.«

»Du machst einfach nur den Eindruck, als hättest du nicht viel Spaß«, sagte sie.

Mir war nicht ganz klar, wie Gwen darauf kam, dass das Betreiben eines Sexclubs Spaß machen sollte. Für mich war es ein Damoklesschwert, das über unseren Köpfen hing, ein drohender PR-Albtraum. Hätte es »Spaß gemacht«, hätte Opa Cy es nicht für nötig befunden, unsere Erbschaft an Bedingungen zu knüpfen. Was sollte etwas, das ins Leben gerufen worden war, um die Ehe meiner Großeltern aufzupeppen, mit meinem Leben zu tun haben? Unsere Eltern hatten sich sogar auf einer der Clubpartys kennengelernt, als unsere Mutter eine große Karriere als Schauspielerin vor sich hatte und unser Vater damit beschäftigt war zu beweisen, dass er ganz nach seinem Vater kam. Wenn Dad doch nur Opa Cys Geschäftssinn geerbt hätte statt seiner sexuellen Vorlieben.

Ich bin sicher, die meisten Menschen wussten nicht so viel über das Sexualleben ihrer Eltern wie wir. Andererseits bestand das Familienerbe der meisten Menschen auch nicht in einem geheimen Verlies auf ihrem Grund und Boden. Obwohl ich irgendwie vermutete, dass das auch nicht viel schlimmer war als das Vermächtnis, das wir bereits mit uns herumschleppten – der Tod unserer Mutter, als wir klein waren. Ich zog es vor, nicht daran zu denken, wenn es sich vermeiden ließ.

»Schau, Gwen. Ich habe jede Menge Spaß …«, setzte ich an, ihr zu versichern, aber da brummte die alte Gegensprechanlage auf dem Schreibtisch, und die Stimme meines Assistenten Paul unterbrach mich.

»Grammy-Time, Ms Hamilton. In fünf Minuten ist die Stylistin da«, sagte er. »Dein Wagen ist gerade durchs Haupttor gefahren. Und Jamison sagt, die Garderobe bei deiner Freundin Sakura sei fertig.«

Mit einem frustrierten Stöhnen sprang ich auf. Wir hatten so viel Zeit mit unserem Gespräch über Sextoys verplempert, dass ich keine Gelegenheit gehabt hatte, das eigentliche Thema mit Gwen zu besprechen. Der Rest des Tages und die Nacht waren voll verplant: zuerst die Grammyverleihung, vielleicht kurz bei der Party bei Blue Star Entertainment reinschauen und dann die Anschlussparty hier auf dem Anwesen. Nicht so eine Party! Eine ganz normale Hollywood-Schickeria-Geschichte. Vielleicht würde ich heute Abend endlich David Meyers festnageln und ihm den Vorschlag einer neuen Abteilung bei Blue Star unterbreiten können. Ich war mir nicht zu schade abzuwarten, bis mein Boss mit Champagner abgefüllt war, um mich an ihn ranzumachen. Mit Gwen würde ich morgen reden müssen, wenn das Personal aufgeräumt hatte und wir das Haus wieder für uns hatten.

»Siehst du?«, sagte ich. »Ich werde Spaß haben. Grammyverleihung.«

Gwen warf mir einen skeptischen Blick zu. »Tja. Du wirkst wie im siebten Himmel.« Sie klaubte den Katalog auf. »Ich schau’s mir mit einer Schüssel Popcorn im Fernsehen an und ziehe mich dann später für die Party um.«

Ihr Plan hörte sich nach mehr Spaß an als meiner, aber ich hatte nicht vor, das zuzugeben. Die Gegensprechanlage brummte erneut.

»Äh«, kam Pauls Stimme, diesmal etwas vorsichtiger. »Code Blau.«

Das war die Warnung an uns, dass unser Vater, das nominelle Hamilton-Oberhaupt, sich auf dem Gelände aufhielt. Wieso war alles in meinem Leben ein gefundenes Fressen für die Presse? Was wäre schlimmer, überlegte ich verärgert: Wenn die Presse Dad betrunken bei einer seiner Tiraden erwischen würde oder wenn sie etwas über das Bondage-Sortiment herausfand, das unseren Keller füllte? Der Worst Case wäre: Sie entdecken das Verlies während er sich betrunken in einer seiner Schimpftiraden ergeht … Mein Kopf fing an zu schmerzen, als Gwen und ich uns leicht alarmiert anschauten. »Ich dachte, Dad sei in der Karibik.«

»Dachte ich auch.«

Sie sprang auf. »Du ziehst dich an. Ich kümmere mich um ihn.«

»Bist du dir sicher?«

Mit hastigen Handbewegungen scheuchte sie mich aus dem Büro. »Raus, raus, raus. Wahrscheinlich ist er sowieso schon halb angeschickert. Mit ein bisschen Glück ist er besinnungslos, ehe der erste Gast ankommt. Mach dir keine Sorgen, Ricki.«

Mach dir keine Sorgen. Mach dir keine Sorgen. Wieso sagten mir die Leute ständig, ich solle mir keine Sorgen machen? Dadurch machte ich mir nur noch mehr Sorgen. Wie standen die Chancen, dass Dad überhaupt mitbekam, dass heute Abend die Grammyverleihung war? Das Personal wusste, wie es mit ihm fertig wurde. Gwen hatte recht. Sie würden ihm, um ihn zu beschäftigen, entweder eine Flasche oder eine Frau besorgen – oder beides. Wir kannten es eigentlich nicht anders, und das war der Hauptgrund, weshalb Opa Cy die Verwaltung des Nachlasses direkt in die Hände von Gwen und mir gelegt hatte anstatt in die unseres Vaters. Wie viele Jahre würde ich diesen Drahtseilakt überstehen müssen, bevor ich das Leben leben konnte, das ich wirklich wollte, und eine Produktionsabteilung von CTC leiten? In diesem Moment wäre ich am liebsten nach oben gegangen und hätte mich mit einem guten Buch zusammengerollt, aber es war mein Job, auszugehen und gute Miene zum bösen Spiel zu machen, damit die Branche in mir nicht die arme Halbwaise und Enkelin von Cy Hamilton sah oder aber die Gebieterin über das berüchtigste, perverse Geheimnis Hollywoods.

Über Dad würde ich mir später Gedanken machen müssen. Im Augenblick stand ganz oben auf der Liste, mich in eine Designerrobe hineinzuzwängen. Tief durchatmen, Ricki. Du schaffst das.

AXEL

Grammy-Night. Ich schätze, ich hätte innehalten sollen, um darüber nachzudenken, welch ein bedeutender Moment in meiner Karriere das gerade war, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, mich mit meiner Managerin zu streiten. Es geht nichts über einen anständigen Krach mit deiner Managerin, während deine Stylistin versucht, an dir herumzumachen. Ich stellte mein Telefon auf Lautsprecher und legte es neben den riesigen Schminkspiegel vor mir, sodass ich das Ding nicht ans Ohr halten musste, während Tashonda sich an meinen Haaren zu schaffen machte.

»Christina«, sagte ich zu ihr, »du bist jetzt auf Lautsprecher.«

»Axel, wenn du glaubst, das würde mich davon abhalten, vor Tashonda zu fluchen, dann liegst du totalfalsch.« Ihre Stimme klang blechern, war aber perfekt zu verstehen. »Hey, Tashonda – wie geht’s?«

»Gut geht’s.« Tashonda hantierte mit der Spraydose und wühlte mit den Fingern in meinen Haaren, um den perfekten »Total zerzaust«-Look hinzukriegen. Sie hatte bereits blonde Strähnen eingearbeitet. Ich seufzte. Ich bin nicht ins Rock-’n’-Roll-Business eingestiegen, weil ich gern an mir herummachen und mich stylen lasse. »Ich habe mir überlegt, die Augenbrauen mit Strass-Steinchen zu verlängern, was meinst du?«

»Nein, verflucht«, sagte ich, aber Christina heulte geradezu auf. »Ah, das ist fantastisch! Axel, du wirst doch den Diamantstecker im Ohr tragen, stimmt’s? Und die Manschettenknöpfe?«

Ächz. Diese Weiber. »Ja, Ma’am«, sagte ich in meiner besten »Braver Junge«-Stimme. Ich kam mir schon mit einem Strass-Halsband wie ein Pudel vor, und ich schätze, ich würde auch genauso aussehen. Aber wie Christina schon des Öfteren betont hatte, waren meine Fans Frauen, und sie waren es, die die Plätze in der ersten Reihe und die VIP-Pakete kauften und die dafür gesorgt hatten, dass das Album Platin bekommen hatte: Frauen. Und woran sie mich ständig erinnerte: Sie war auch eine Frau und wusste, worauf Frauen abfuhren. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich selbst ganz gut wusste, worauf Frauen abfuhren, aber, okay, bis jetzt hatte sie mich nicht falsch beraten. »Ich weiß nicht so recht, ob die Diamanten ›trendy-sexy‹ sagen, weißt du.«

»Aber sie sagen ›Glamour‹. Und ich glaube, wir brauchen mehr Glamour, wenn wir diese englische Plattenfirma dazu bringen wollen, ein Angebot für das nächste Album zu machen. Tashonda, du sorgst dafür, dass er zum ›Das-Höschen-Nassmachen‹ aussieht, aber dabei nur eine Spur verrucht, klar? Mit dem Gassenjungen-Look sind wir mehr als durch.«

»Yep. Ich richte ihn dir schön her – du wirst das Blond lieben – aber ein paar kleine Bartstoppeln lass ich stehen«, sagte die Visagistin. »Das willst du doch, oder? In deinem Memo stand, ich soll seinem üblichen ›Badboy-Look‹ mehr Klasse verleihen.«

Christina wartete nicht weiter ab, sondern plapperte munter weiter. »Genau. Das ist die Trendy-sexy-Phase zwei, vom Badboy zum Playboy, okay? Zurück zu dem, was ich sagte. Axel, mir gefällt die Begleitung nicht, die du heute Abend mitbringst. Das ist etwas ganz Großes.«

»Und ich habe dir gesagt, dass es für Änderungen zu spät ist. Du weißt, wie pingelig die bei diesen Preisverleihungen sind. Die Security im Buckingham Palast ist ein Klacks dagegen. Außerdem denke ich, dass Sakura ihr gesamtes Monatsgehalt in ein Kleid investiert hat. Chris, ich werde sie nicht versetzen, selbst wenn du Scarlett Johansson aufbietest.«

»Aber Axel …«

»Kein Aber, Chris. Ich weiß, dass hier alles ums Image geht …«

»Das ist die Grammyverleihung! Da wird es eine Milliarde Fotos von dir und ihr geben! Es gibt Gerüchte über sie, wie du weißt.«

Ich schloss die Augen, während Tashonda ihre Handfläche gegen meine Stirn legte und mir meine Haartolle fixierte. Offensichtlich war der »Wet-Look« zurück. Als ich wieder atmen konnte, sagte ich: »Komm schon, Chris, diese Gerüchte passen doch genau zu dem trendy-sexy Image, stimmt’s?« Wenn die wüsste …

»Wir müssen ja nicht gleich übertreiben! Bezahlst du sie, damit sie da mitgeht?«

»Nein, ich bezahle sie nicht! Wir sind befreundet, Chris! Ich darf Freunde haben. Und ich darf mir meine Freunde selbst aussuchen. Am Tag, an dem das nicht mehr gilt, gehe ich.« Genau. Als ob ich mich von einer Rockband mit Platin-Status und einer Musikerkarriere hätte abseilen können. Ich bluffte, aber irgendwo musste man eine Grenze ziehen.

Christina gab eine Reihe katholischer Verwünschungen von sich, die ihre philippinische Herkunft verrieten. Einige der Heiligen, die sie anrief, kannte ich nicht einmal. Aber sie gab nach. »Wehe, ich bereue das später.«

»Wirst du nicht. Außerdem ist es ein Doubledate mit Sakuras ehemaliger Mitbewohnerin. Vielleicht hast du von ihr gehört. Ricki Hamilton?«

»Was? Die Hamilton-Erbin?« Christina kreischte vor Entzücken. »Sie und ihre Schwester sind milliardenschwer! Warum hast du mir nichts davon gesagt?«

»Habe ich doch gerade.«

»Und wer ist ihr Begleiter – wer, wer, wer?«

»Keine blasse Ahnung, Chris. Die Limo ist hier in …?«

»Zwanzig Minuten«, sagte Tashonda entschieden. Sie musterte mich kritisch, wobei sie ein Strass-Steinchen auf der Spitze ihres Zeigefingers balancierte.

Ich warf ihr einen vernichtenden Blick zu und murmelte so leise wie möglich, damit Christina es nicht hören konnte: »Badboys tragen keine Strass-Steinchen. Komm schon.«

»Hm«, sagte sie und neigte ihr Gesicht in Richtung Telefon. »Christina, bin mir nicht sicher, ob diese Strassidee funktioniert.«

»Nein? Meinst du wirklich?«

»Will’s nicht übertreiben, weißt du? Bei den Nahaufnahmen in HD-Auflösung könnten sie tatsächlich zu stark glitzern. Das blendet.«

»Och.« Christina hörte sich ernüchtert an. »Na dann, wir sehen uns bei den Anschlusspartys. Bis später, Axel.«

»Bis später, Christina.« Ich schaltete das Handy aus und sprang von dem Stuhl auf, packte Tashonda um die Hüfte und wirbelte sie herum, als wären wir beim Eiskunstlauf. Dann setzte ich sie ab und drückte ihr einen Kuss genau aufs Brustbein, wo der Halsausschnitt von ihrem Shirt endete. »Danke«, sagte ich, als ich sie wieder losließ. »Für alles.«

Sie sagte nichts, sondern fächelte sich mit der Hand Luft zu, während ich davonschlenderte.

1

Overture

RICKI

»Ms Hamilton. Der Wagen steht bereit.«

Ich wandte mich zu Jamison um, der in seiner üblichen untadelig-ausdruckslosen Haltung in der Tür stand. »Sehe ich gut aus?«, fragte ich ihn.

»Blendend, wie immer, Ms Hamilton«, sagte er mit leiser, geschmeidiger Stimme.

»Sie haben nicht mal hingesehen«, beklagte ich mich. Ich betrachtete mich ein letztes Mal in dem deckenhohen Spiegel in dem zwei Geschosse hohen Foyer. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich mir von einer von Sakuras Designer-Freundinnen irgendetwas Schickes, Avantgardemäßiges anfertigen lassen. Aber wo Image alles ist, musste es ein teures Designerstück von einem großen Namen sein. Es war ein weißgrauer, perlenbesetzter Klassiker. Wenn das für die Paparazzi nicht gut genug war, dann konnte ich es auch nicht ändern. »Wo ist Sakura?« Das letzte Mal als ich nachgesehen hatte, hatte die Visagistin ihr irgendwelche Glasperlen in die Frisur eingearbeitet.

»Sie sitzt bereits im Wagen«, sagte Jamison mit einer knappen Verbeugung. Näher würde er einer Ermahnung zur Eile im Leben nicht kommen. Bevor er die Stelle als Butler bei meinem Großvater angetreten hatte, war er auf der Butlerschule gewesen. Ich fragte mich, ob er dort gelernt hatte, so zu sein, so … penetrant-höflich, höflich-penetrant? Vielleicht hatte es etwas mit Kuba zu tun. Er war auf der Flucht vor Castro in die Staaten gekommen, und zuerst hatte mein Großvater seinen älteren Bruder eingestellt. Jamison war nicht sein richtiger Name: Es war ein Name, den er sich selbst ausgesucht hatte. Er passte zu ihm. Seine gewellten schwarzen Haare klebten dicht an seinem Schädel, und ich hatte das Gefühl, er sei tausendmal kultivierter als ich. Er wies in Richtung Tür.

»Schon gut, schon gut.« Ich eilte durch den Flur zur Vordertür, wobei ich mich ermahnte, nichts zu tun, was meine Kleidung oder meine Frisur in Unordnung bringen konnte. Einige Mitarbeiter drängten hinaus, um das Anwesen für den Abend herzurichten. Wir veranstalteten solche Soireen nicht mehr so oft, nur noch ein paar wenige Male im Jahr, anders als zur Glanzzeit meines Großvaters, als das Governor’s Mansion noch einen ständigen Strom der Elite Hollywoods bewirtet hatte. Cy Hamilton, der Mann, den man den »Gouverneur von Hollywood« nannte, hatte gern gefeiert.

Sarah – Sakura, meine ich – wartete, makellos wie immer, in der Limousine. Irgendwie schaffte sie es, einen asiatischen Stil zu pflegen, ohne wie die Parodie einer Geisha oder einer Kurtisane aus einem Kung-Fu-Film zu wirken. Sie war halb Japanerin und ganz Business, wenn es darum ging, die richtige Kleidung zu finden. Meine musste einfach nur teuer aussehen, sonst würden die Leute anfangen zu reden. Die von Sakura musste ausgefallen und dennoch geschmackvoll und aussagekräftig und künstlerisch-kreativ zugleich wirken. Ich setzte mich in der Stretchlimo ihr gegenüber, und los ging es, um ihre Begleitung abzuholen und danach meine.

Sie grinste. »Das ist wie beim Abschlussball, nur noch besser.«

Ich zuckte die Achseln. »Der Abschlussball, auf dem ich nie war.« Als Hamilton-Erbin hatte ich nicht gerade die amerikanische Standarderziehung genossen. »Es ist nur eine Preisverleihung, Sarah.«

»Sakura«, verbesserte sie mich.

»Keine Angst, wenn’s drauf ankommt, kriege ich’s schon richtig hin.«

»Und verdirb mir nicht den Abend. Für dich mag das ja alles öde und langweilig sein, aber für mich ist es das erste Mal bei der Grammyverleihung.«

»Du warst letztes Jahr bei den Oscars«, gab ich zu bedenken.

»Als offizielles Anhängsel von einem totalen Langweiler. Und der war noch nicht mal nominiert. Die Band von Axel könnte als ›Bester Neuer Künstler‹ abräumen.« Sie tippte aufgeregt mit den Schuhspitzen auf den Teppichboden der Limousine. »Und außerdem mag ich ihn wirklich.«

»Du magst ihn? So richtig?«, fragte ich betont. Es war nicht das erste Mal, dass Sakura den Typen erwähnte. Ich muss gestehen, ich kannte ihn nur aus den Fachblättern der Unterhaltungsbranche, wo er, zugegeben, einer der wenigen Rockstars war, die ich gutaussehend fand. Für Sakuras Karriere konnte es nicht schaden, mit einem Rockstar auszugehen.

Aber sie winkte ab. »So doch nicht. Als Freund, meine ich.« Sie schaute aus dem Fenster, auch wenn sie durch die getönten Scheiben nicht viel sehen konnte. »Er ist wirklich toll. Ein echt toller Typ.«

»Aber war er nicht mal einer deiner Kunden?« Ich versuchte, mich nicht wertend anzuhören, wirklich.

Sie seufzte. »Ich arbeite nicht mehr als professionelle Domina, Ricki.«

»Das beantwortet nicht meine Frage.«

»Ich habe ihn bei einem Fototermin kennengelernt, wenn du’s genau wissen willst«, schnaubte sie.

»Dem Fototermin, bei dem du einen Latexanzug trägst und eine Peitsche in der Hand hältst und er in einem Käfig sitzt?« Das Bild hatte ich natürlich gesehen. Nachdem wir die testamentarischen Verfügungen erfahren hatten, fand ich heraus, dass das Personal regelmäßig sämtliche Illustrierte auf S&M überprüfte, um sicherzugehen, dass unsere Familie nicht damit in Verbindung gebracht wurde. Sie zeigten mir alles, was auch nur entfernt mit Perversion und Popkultur zu tun hatte.

Sie seufzte. »Ja, genau. Aber er ist überhaupt kein bisschen Sub.«

»Nein?«

»Garantiert nicht. Ich würde viel eher sagen, dass er dominant ist, aber darauf würde man bei dem zuckersüßen Supermodel-Anhängsel, mit dem er gesehen wurde, nicht kommen.«

»Seine perverse Ader wird er ja nicht gerade der Presse vorführen.«

Sie schnalzte mit der Zunge. »Ausgerechnet du solltest wissen, dass die meisten das nicht tun.«

»Ja, ja.« Der einzige Grund, weshalb mein Großvater das geheime Verlies in unseren Keller hatte einbauen lassen, war, um für perverse VIPs einen Ort zu schaffen, an dem sie sich ungestört treffen und den Hintern versohlen konnten. Okay, und damit er ihnen selber den Hintern versohlen konnte, ehrlich gesagt. Heutzutage waren die meisten VIPs wegen ihres Geldes VIPs, nicht weil sie berühmt waren. Viele Präsidenten und Vizepräsidenten von großen Filmstudios und Unterhaltungsfirmen kamen zu uns. Ich weiß, dass Opa Cy es gut gemeint hatte, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass es mein Job war, dafür zu sorgen, dass diese auserwählten Führungskräfte sich auf möglichst exotische Weise die Stange polieren lassen konnten. »He, Moment mal. Ist das alles nur so eine abgekartete Sache, damit ich ihn für die Mitgliedschaft in Erwägung ziehe?«

Sakura hob kapitulierend ihre perfekt manikürten Hände. »Ich schwöre, dass ich es so nicht geplant hatte. Er ist wirklich ein guter Freund geworden und hat mich gebeten, mit zur Verleihung zu kommen, und da ich wusste, dass du auch hingehst, hielt ich ein Doubledate für eine gute Idee.«

»Und du hast nichts gesagt …?«

»Natürlich nicht. Ricki, deine Geheimnisse sind bei mir immer gut aufgehoben. Alles, was er weiß, ist, dass du die Oberzicke von Hollywood bist.«

»Bin ich nicht!«

»Du hast den schwersten Fall von chronischer Zickenfresse im ganzen Staat Kalifornien.« Sakura nahm mein Gesicht zwischen Daumen und Zeigefingern. »Meine ja nur.«

Ich unterdrückte den Impuls, die Arme vor der Brust zu verschränken, weil ich wusste, dann würde ich nur noch zickiger wirken. Sakura kapierte einfach nicht, wie wichtig es war, dass ich nicht als leichtfertiges Dummchen oder als potenzieller Flirt rüberkam. Leider schien das einzige andere Stereotyp, das die Medien für Frauen reserviert hatten, die »eiskalte Königin« zu sein.

Eiskalte Königin hatte bisher bei mir funktioniert. Ich hatte mir in der Geschäftsentwicklung bei Blue Star einen guten Job gesichert, der ein super Sprungbrett sein würde, um irgendwann die Leitung bei CTC zu übernehmen. Und von ein paar »Society«-Fotos hier und da abgesehen, hatte ich mich aus den Medien überwiegend herausgehalten, denn eiskalte Königinnen waren eigentlich nicht interessant für sie. Ihnen waren die Partygirls und die Verkorksten, die Paris Hiltons und Lindsay Lohans weit lieber.

Sakura versuchte, das Thema zu wechseln. »Erzähl mir doch mal was von deinem Begleiter. Du hast mir noch gar nicht gesagt, wen du mitnimmst.«

»Kennst du Milford Randolph?«

»Den Präsidenten von Blue Star Entertainment? Natürlich kenne ich den! Aber der ist doch mehr als doppelt so alt wie du!«

»Nicht er. Sein Neffe, Grant.«

»Oh«, sagte sie, weit weniger begeistert. Ich schätze, sie fand einen einfachen Manager bei Blue Star Pictures weniger beeindruckend. Oder weniger aufregend. Ich hatte es schon aufgegeben, Sarahs Stimmungen zu ergründen, als wir uns auf dem College noch ein Zimmer teilten.

»Ja.« Ich beschloss, ihn ihr nicht weiter zu beschreiben. In ein paar Minuten würde sie ihn ohnehin kennenlernen. »Er ist ein ziemlich netter Typ.«

»Wenn du meinst«, sagt sie, zwar mit skeptischem Unterton, aber sie widersprach mir auch nicht. Der einzige Grund, weshalb wir zusammen waren, war Politik, aber das hätte keiner von uns laut gesagt.

Wir fuhren vor Axels Hotel vor. Ich ließ mich in meinen Sitz sinken und holte das Handy aus meiner Handtasche, weil ich damit rechnete, dass es eine Weile dauern würde, bis er herunterkam. Zu meiner Überraschung jedoch öffnete Riggs, mein Chauffeur, sofort die Tür.

Axel Hawke ließ sich auf dem Sitz mir gegenüber nieder wie eine Katze, die auf ihren Lieblingsplatz springt – geschmeidig, wie geleckt und selbstbeherrscht. Er küsste Sakura auf die Wange. Er hatte einen diamantenen Ohrstecker, einen kaum gebändigten Haarschopf mit blonden Strähnen, und er trug einen Smoking, der so geschnitten war, dass es aussah, als könnte der Stoff seine Arm- und Brustmuskeln kaum im Zaum halten. Was in den Illustrierten süß rüberkam, sah aus der Nähe schlichtweg atemberaubend gut aus. Er roch sogar gut. Ich ertappte mich plötzlich dabei, dass ich mich ärgerte, nichts Interessanteres angezogen zu haben, nichts Aussagekräftigeres, etwas, das es wert war, von ihm registriert zu werden, anstatt des klassischen, aber langweiligen Kleides, das ich trug.

Sakura lächelte schüchtern, als unterdrücke sie ein fröhliches Grinsen bei seinem Anblick. Er nahm ihre Hand und küsste sie auf den Handrücken. »Wie schön, dich zu sehen.«

»Danke, gleichfalls, Süßer«, sagte Sakura. »Das ist also der neue ›Playboy‹-Look, den deine Imageberaterin dir verpassen wollte, wie du mir erzählt hast?«

»Genau. Badboy ist nicht mehr gut genug, meint sie. Jetzt bin ich also ein guter Badboy. Oder war es vielleicht ein böser Goodboy? Ich weiß es nicht mehr.«

Sie zuckte anerkennend mit den Achseln. »Steht dir jedenfalls. Axel, darf ich dir meine Freundin Ms Rickanna Hamilton vorstellen?«

Ich streckte die Hand aus. Anstatt sie anzusehen, als er sie ergriff, erwiderte er meinen Blick. Seine Augen waren achatgrün. Er nahm meine Finger mit sanfter Entschlossenheit, hob sie an seine Lippen und sagte: »Darf ich Sie Ms Hamilton nennen?« Und dann drückte er einen intensiv warmen, sanften Kuss auf meinen Handrücken. Ich hatte nicht gemerkt, dass meine Hände durch die Klimaanlage der Limo so kalt geworden waren, und die Wärme seines Mundes schickte eine Hitzewelle durch meinen Körper.

»Sie dürfen«, antwortete ich, etwas verdattert von der Intensität seines Blicks und von der Frage, ob er mich Ms Hamilton nennen dürfe, nicht Ricki. Er war demonstrativ höflich gewesen – und doch traf mich die Wucht seines Charismas wie ein Suchscheinwerfer. Es war zu viel, ich musste in Deckung gehen, musste dieses Licht irgendwie abschwächen und eine Stufe herunterregeln. »Tief im Herzen sind Sie also ein braver Junge?«

Das Licht wurde nicht im Mindesten schwächer. Wenn überhaupt, dann konzentrierte sich der Strahl noch direkter auf mich. »Oh, nein, ich bin ganz eindeutig ein Badboy«, sagte er mit leiser, aber fester Stimme.

Gegen meinen Willen spürte ich beim Klang seiner Stimme, wie mich ein leiser Schauer ergriff. Einerseits wollte ich ganz plötzlich herausfinden, wie böse genau er werden konnte. Kleine Fantasien blitzten durch meinen Kopf wie Sonnenlicht, das durch einen bewölkten Himmel fällt – welcher Teil von ihm war der böseste? Seine Zunge oder seine Finger oder etwas weiter unten …?

Und dann fiel mir ein, was Sarah gesagt hatte. Er war ein verkappter Sado?

Bäh. Das Letzte, was ich brauchte, war noch so ein verzogener Faulenzer, der mich herumkommandierte. Und ganz gewiss brauchte ich nicht noch mehr S&M in meinem Leben, wenn man bedachte, wie schwer es schon war, den verflixten Club geheimzuhalten.

Aber das hieß ja nicht, dass ich nicht ein kleines bisschen Spaß haben konnte, oder? Sie hatte recht. Heute ging es darum, in Glanz und Glamour zu feiern, nicht darum, eine chronische Zickenfresse zu ziehen. Ein bisschen Flirten wäre höflich und würde niemandem wehtun, solange ich meine Hormone im Zaum hielt. Ich bedachte ihn mit einem kleinen »Katze-Kanarienvogel«-Lächeln. »Wenn das so ist, soll ich Sie dann Axel nennen? Oder Mr Hawke?«

Ich sah, wie sein Blick einen Moment lang zu Sakura wanderte, als fragte er sich, ob sie mir etwas erzählt hatte. Die Intensität in diesen graugrünen Augen war wieder da, und es fühlte sich beinahe an, als würde er mich in unsichtbaren Samt hüllen. »Unbedingt Mr Hawke«, sagte er entschlossen, und es war, als würde sich mit jeder Silbe, die er sprach, der unsichtbare Samt immer enger um mich schlingen. Als würde ich in seinen Bann gezogen.

Nein. So weit lassen wir es nicht kommen, ermahnte ich mich. Vor allem nicht, weil Sakura daneben saß und meine eigentliche Begleitung gleich zusteigen würde. Es war an der Zeit, die Sache eine Stufe runterzukochen. Ich versuchte, die Plauderei wieder aufs Geschäftliche zu bringen. »Nominiert als ›Bester neuer Künstler‹, also? Dürfen wir Glück wünschen? Oder bringt das Pech?«

Er lachte ein tiefes, unerwartet aufrichtiges Lachen, setzte sich zurück und legte die Hände auf die Knie. Seine kunstvoll zerzausten Haare waren nicht so wild und so voll wie eine Löwenmähne, aber trotzdem erinnerte er mich an eine Großkatze, träge, aber wachsam. »Keine Ahnung. Das ist mein erster Ritt. Der einzige Aberglaube, den ich kenne, ist der, den Stevie Wonder in Superstition besungen hat.«

Sarah fing an, den Song zu singen, und er klatschte dazu in die Hände und schnippte ein paar Takte lang mit den Fingern, obwohl sie nur ein paar Worte kannte, und Axel kannte eigentlich auch nicht viel mehr. Dann boxten sie sich wie Geschwister spielerisch auf die Schulter.

»Oha, Vorsicht«, sagte sie und fasste sich ins Haar, um sicherzugehen, dass die Glasperlen, die eingeflochten worden waren, sich nicht gelockert hatten. »Wir wollen doch jetzt nicht grob werden.«

»Ja, Ma’am«, sagte er mit einem weiteren tiefen Glucksen. Ich hatte allerdings den Eindruck, dass er, wenn er »Ja, Ma’am« sagte, eigentlich das Gegenteil meinte. Ich fragte mich, ob Axel Hawke in seiner Jugend nicht ein ziemlicher Rabauke gewesen war.

Dann fuhren wir vor dem Gebäude von Blue Star vor. Unter Randolph hatte die Firma mehrere der wichtigsten Studios und Plattenfirmen geschluckt. Ich brauchte eine Tabelle, um auf dem Laufenden zu bleiben, wer inzwischen zu wem gehörte. Riggs stieg aus, und ich erwartete, dass die Tür sich öffnen würde, aber das tat sie nicht. Ich spähte durch das getönte Glas. Er stand neben dem Wagen und wartete auf unseren letzten Fahrgast. Bis jetzt war keine Spur von ihm zu sehen.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder Axel zu. Mal sehen. Ich war neugierig, ob Axel Hawke ein Künstlername oder sein echter Name war, aber es wäre taktlos gewesen, danach zu fragen. Worüber konnten wir ohne Risiko plaudern?

Ich entschied mich für: »Und, wo kommen Sie her?«

»Von überall, schätze ich.« Er zuckte die Achseln. »Mein Dad war Waffenausbilder bei der Air Force, deshalb kamen wir viel herum, als ich klein war. Japan, Texas, Deutschland, ein paar Jahre in England. Als ich dann Teenager war, trennten sich meine Eltern, und meine Mom und ich zogen nach Boston. Also käme das einer Antwort auf die Frage am nächsten. Hängt wohl davon ab, was Sie damit meinen.«

»Ich betreibe nur Konversation«, sagte ich. »Obwohl es vermutlich erklärt, wieso ich Ihren Akzent nicht richtig einordnen kann.«

»Manchmal, wenn ich richtig müde werde, vergesse ich, Englisch zu sprechen«, sagte er. »Aber ich erinnere mich nur an ein wenig Japanisch, ein wenig Deutsch. Meine Bandmitglieder sagen, in solchen Momenten bräuchte ich Untertitel.«

Ich musste leise lachen. Er hörte sich jetzt so bodenständig, so echt und ehrlich an, dass es den Eindruck von Selbstsicherheit nur verstärkte, anstatt ihn zu zerstreuen. Ich konnte verstehen, dass Sarah ihn mochte. Waren sie nur kein Paar, weil beide dominant im Bett waren? Vielleicht hätte er eine recht witzige Ergänzung des Governor’s Clubs abgegeben. Ich hatte unter dem Personal ein paar Frauen, die sicher ihren Spaß an ihm gehabt hätten. Er konnte nicht viel älter oder jünger sein als ich, und wenn ich es schon satthatte, die Nervensägen mittleren und höheren Alters zu bedienen, die die Mehrheit der Clubmitglieder bildeten, dann die Mädels garantiert noch mehr. Ich stellte mir vor, wie er wie ein hungriger Tiger durch das Verlies streifte. Ein hungriger, sexy Badboy-Tiger.

»Sie starren, Ms Hamilton«, riss Axel mich aus meinem Tagtraum.

»Oh, entschuldigen Sie. Ich war mit den Gedanken gerade eine Million Meilen weit weg.« Ach, Gott sei Dank, dachte ich. Da kommt Grant, der alle von der Tatsache ablenken wird, dass ich gerade einen Rockstar einfach nur angestarrt und meiner Fantasie freien Lauf gelassen habe.

Riggs öffnete die Tür, und Grant fiel halb in den Sitz, den ich für ihn freigehalten hatte. Er zog die Beine an, schüttelte sich und hielt eine Flasche Champagner in die Höhe. Eine halbe Sekunde lang fragte ich mich, ob er daraus getrunken hatte, aber nein, sie war noch verkorkt, und er war nicht betrunken, sondern lediglich ein ungehobelter Klotz. »Hoppla, da wären wir. Hallo, ich bin Grant. Alex, richtig?«

»Axel«, korrigierte dieser und schüttelte Grant die Hand. »So ähnlich wie das lange Ding zwischen den Rädern.«

»Wie bitte?« Grant schien auf eine Erklärung nicht gefasst gewesen zu sein.

»Oder der Sprung beim Eiskunstlauf«, fügte ich hinzu. »Der, bei dem man sich in der Luft dreht.«

»Ja, genau«, sagte Axel mit einem Lächeln wie warmer Sonnenschein. Mein Gott, immer, wenn er mich anschaute, ging es mir durch und durch, als wäre ich irgendein doofer Teenager.

Grant sah einen Augenblick zu mir, dann wieder zu Axel. »Ich bin anscheinend mitten in eine Unterhaltung geplatzt, oder?«

»Grant, darf ich vorstellen: meine Freundin Sakura …«

»Angenehm, angenehm.« Er schüttelte ihr kräftig die Hand.

»… und Axel Hawke, der Leadsänger von The Rough.«

»Ja, ja, ein namhafter Grammyanwärter! Nun denn, feiern wir.« Er öffnete die Bordbar, klappte die Ablage herunter, holte ein paar Champagnerflöten heraus und verteilte sie, bevor er versuchte, die Flasche zu öffnen. Er umfasste den Korken und zog. Sakura wich zurück.

Nachdem er sich etwa eine Minute lang abgemüht hatte, sagte Axel: »Dürfte ich es mal versuchen?«

»Nein, nein, ich hab’s gleich. Er sitzt nur fest«, beteuerte Grant.

Er bemühte sich noch eine Weile, bis ihm deutlich der Schweiß auf der Stirn stand.

»Gib her, Grant«, sagte ich. Er reichte mir die Flasche.

Ich reichte sie an Axel weiter, der ein Taschentuch aus seiner Hosentasche zog, es um den Korken wickelte, damit es sich nicht lockern konnte, und dann, mit dem Korken in einer Faust, die Flasche drehte. Sofort machte es plopp, und Axel schaute mir in die Augen, wobei er trocken meinte: »Frohes neues Jahr.«

Er schenkte ein Glas ein und reichte es mir. Es fiel mir schwer, die Finger nicht dort zu lassen, wo sie seine berührten. Nachdem er allen anderen Champagner ausgeschenkt hatte, stellte er die offene Flasche in den Halter im Regal der Bar, der eindeutig diesem Zweck diente. Wir tranken alle ein Schlückchen.

Dann sprach Axel mit mir, als setzte er eine Unterhaltung fort, was er ja auch tat. »Wir treten heute Abende gegen eine scharfe Konkurrenz an. Jamie Goode ist unglaublich begabt. Kaptain Krunk ist total einzigartig, echt originell. Und ich bin auch ein großer Fan von Duwanna.«

»Dann möge also die beste Band gewinnen«, sagte ich und stieß mit ihm an. »Obwohl ich immer noch hoffe, dass Sie der Gewinner sein werden.«

Er senkte, die moosgrünen Augen abgewandt, leicht den Kopf und schaute mich dann wieder an. »Vielen Dank. Aber wieso?«

Weil du ein sexy Teufel bist und ich mich damit zufriedengeben muss, dir die Daumen zu drücken, denn ich weiß, dass ich dich nie bekommen kann. »Weil ich Sie kenne und die anderen nicht«, sagte ich und beschrieb mit dem Zeigefinger einen Kreis um uns vier. War ich so verzweifelt, dass ich eine Art Verbindung zwischen ihm und mir schaffen wollte? Ja. Aber ich wollte eine Verbindung ohne Risiko. »Sie sind jetzt unser Grammy-Kandidat.«

Der Blick in seinen Augen verriet, dass auch er eine Verbindung mit mir wünschte, und zwar keineswegs eine »ohne Risiko«. Meine Hormone machten mich ganz schwindelig. Doch ich tätschelte Grant den Arm und spürte, dass Axel sich zurückzog. Er verlagerte leicht sein Gewicht und schaute statt meiner Sakura an.

»Wie ist der Champagner? Ist er gut?«, fragte Grant und fuhr fort, ohne auf eine Antwort zu warten. »Sollte er sein. Ich habe ihn aus dem Versteck des Caterers geklaut, der für die Anschlussparty meines Onkels aufbaut. Er wird ihn schon nicht vermissen.«

Sakura und Axel murmelten, er sei gut. Für mich schmeckten alle Champagner ziemlich gleich, mehr nach Brause als nach Wein.

»Der wird sonst schal, wisst ihr, da trinken wir ihn besser aus«, sagte Grant und schwenkte die Flasche. Er leerte sein Glas und wollte allen nachschenken.

»Ich habe noch genug, Grant«, sagte ich.

»Komm schon, der wird bald schal«, beharrte er, als hätte ich ihn vielleicht beim ersten Mal nicht verstanden. »Runter damit.«

Wenn ich eins gelernt hatte, dann einen Mann bei Laune zu halten, wenn er einen sitzen hat. Mir schwante, dass Grant nicht gerade ein Traumprinz war, aber besser ein Teufel, den man kennt, als einer, den man nicht kennt, stimmt’s? Ich trank entschlossen einen kleinen Schluck, und Grant goss einen winzigen Spritzer in mein Glas, um es wieder aufzufüllen.

Wir standen mit den anderen Limousinen in einer Reihe und warteten eine gute halbe Stunde, vielleicht noch länger, bis wir am roten Teppich ankamen, was Grant jede Menge Zeit verschaffte, mich dazu zu nötigen, noch mehr zu trinken. Ich fuhr fort, winzige Schlucke zu trinken, und er fuhr fort, sein Glas zu leeren und es wieder aufzufüllen.

Als sich die Tür schließlich öffnete, war die Flasche leer. Grant steckte sie mit großer Geste umgekehrt in den Halter. »Ta-taa«, verkündete er feierlich.

Plötzlich begegnete ich Axels Blick. Sein Ausdruck war voller Mitgefühl, weil mein Begleiter jetzt so sturzbetrunken war, aber auch voller Geringschätzung für ihn. Ich hoffte, dass das Mitgefühl wenigstens mir galt und die Geringschätzung Grant – mir rutschte das Herz in die Hose. Auch wenn ich mir sagte, ich sollte die Finger von Axel Hawke lassen, so war das Letzte, was ich wollte, dass er annahm, ich hätte irgendetwas mit Grant Randolph gemein. Verzogen, besoffen, aufdringlich und ein Idiot. Vielleicht war es doch nicht die beste Entscheidung, sich zusammen mit Grant fotografieren zu lassen, dachte ich, auch wenn das bei der PR-Abteilung von Blue Star gut ankommen würde.

Kurz darauf wurde die hintere Wagentür der Limo geöffnet, und wir konnten aussteigen. Grant sprang heraus wie ein Junge vom Karussell und schwenkte weit die Arme, als würde er Küsse in die Menge werfen. Dann stolperte er über seine eigenen Füße und machte eine Bauchlandung.

Wir anderen konnten uns das Lachen wirklich nicht verkneifen. Es war einfach zu komisch. Sakura und ich hielten uns beide wegen der offenen Wagentür die Hände vors Gesicht. »Um Himmels willen«, sagte sie. Ich hörte einige Kameras klicken, und als ich mich traute zu linsen, sah ich, dass Grant immer noch bäuchlings auf dem Boden lag.

»Ich glaube, meine Imageberaterin würde sagen: ›Wartet noch einen Moment, bevor ihr aussteigt!‹«, meinte Axel.

Dann half Riggs, der gute alte Riggs, Grant beim Aufstehen. Da Riggs, als ehemaliger Türsteher und ehemaliger Verteidiger in der Collegemannschaft, alles andere als schmächtig war, blieb Grant keine andere Wahl.

»Bäh. Geht ihr schon mal. Ich bleibe im Wagen und komme durch den Seiteneingang«, sagte ich.

»Sei nicht blöd«, meinte Sakura. »Schau, Riggs zerrt ihn gerade auf die Seite. Es ist noch ein ganzes Stück, bis wir in den eigentlichen Publikumsbereich am roten Teppich kommen. Lass uns einfach zu dritt losmarschieren, ehe jemand merkt, dass er eigentlich zu uns gehört.«

»Aber wird das nicht seltsam aussehen, wenn ich keinen Begleiter habe?«, fragte ich.

»Nein, denn ihr werdet beide einen meiner Arme nehmen«, sagte Axel. »Das heißt, wenn es Ihnen recht ist, mir dabei zu helfen, den Playboy zu spielen, Ms Hamilton.«

»Sind Sie sicher, dass Sie das wollen?«, fragte ich, obwohl ich mich eigentlich selbst fragte, ob ich bereit war, das durchzuziehen.

»Komm, das macht doch Spaß«, drängte Sakura.

Wir wollten alle nur noch raus aus der Limo, und der Ordner spähte schon herein und versuchte herauszufinden, was da so lange dauerte; und ich wollte wirklich an den Kameras vorbei sein, bevor Grant uns einholte. Ich bekam plötzlich Panik, die PR-Abteilung von Blue Star könnte mir die Schuld geben, wenn wir beide – Blue Stars Lieblingssohn und die neueste heiße Angestellte – zusammen fotografiert wurden, während Grant mir gerade auf mein grauweißes Kleid kotzte. »Ach, schon gut. Gehen wir.«

Wir reihten uns in die Schlange vor einem Bereich ein, wo Produktionsassistenten die Wartenden ordneten, Namen notierten und Einladungen prüften.

Dann war es endlich so weit, ins Licht der Scheinwerfer zu treten. Ein Platzanweiser half mir um die Absperrung herum, während wild die Auslöser der Kameras klickten. Axel folgte unter dem Gekreisch des Publikums Er trug eine dunkle Sonnenbrille, die ihm meines Erachtens eher das Aussehen eines Killers aus einem Hongkong-Film als das eines Rockstars verlieh. Er streckte die Hand nach Sakura aus, die diese ergriff.

Während sie sich an seine eine Seite schmiegte, schob er mir den Arm um die Taille und zog mich eng an seine andere. Um mein Gleichgewicht nicht zu verlieren, landete meine Hand auf seinem Bauch. Wow! Der Smoking ließ nur erahnen, wie muskulös er war, wie stark seine Arme waren.

Mit uns beiden im Schlepptau bahnte Axel sich den Weg zwischen den Fernsehkameras hindurch und blieb für ein paar Kurzinterviews stehen. Die Scheinwerfer waren sehr hell, und ich wunderte mich, wie er es schaffte, nicht zusammenzuzucken, wenn jemand ihm ein Mikrofon direkt vor die Nase hielt.

»Axel Hawke, wie schön, dass wir Sie erwischt haben. The Rough ist die allerschärfste neue Band.«

»Vielen Dank«, sagte er mit einem breiten Lächeln.

»Aber The Rough war ja nicht der erste Name der Band …«

»Oh, ganz sicher nicht. Wir haben eine Menge Sachen ausprobiert, bevor wir uns darauf einigten. Mir gefiel irgendwie Bandit, aber eine Band mit diesem Namen gab es schon mal. Mein nächster Vorschlag war Ass Bandit, aber den fand unser Manager scheiße.«

Sakura bemühte sich, nicht laut herauszuprusten.

»Stimmt es, dass Sie als Teenager obdachlos waren?«

Axel begleitete seinen Scherz mit einem kurzen Lachen: »Nein, ich sah auf unseren frühen Aufnahmen nur so aus wie ein obdachloser Teenager.« Dann sprach er ernster, fast eindringlich weiter. »Setzen Sie den Jugendlichen, der wirklich da draußen durchzukommen versucht, nicht herab, indem Sie ihn mit mir vergleichen. Ausreißer zu sein, ist kein Vergnügen, und ich bin jedem dankbar, der mir geholfen hat, dahin zu kommen, wo ich heute bin.«

Ein Stück weiter wurden wir von einem anderen angehalten, der fragte: »Kidnap My Heart ist inzwischen in drei Ländern Nummer eins. Was wird die nächste Single sein?«

»Oh, da müssen Sie die Plattenfirma fragen, aber ich tippe entweder auf Razor Sharp oder auf Knockout.«

Ich fragte mich, ob sie diese Interviewschnipsel je senden würden. Ich lächelte nur und bewunderte, wie geschickt er mit so vielen verschiedenen Fragen in so kurzer Zeit fertig wurde. Kaum waren wir am letzten Interviewer vorbei, ließ Axel Sakura einen Moment los, nahm die Sonnenbrille ab und warf sie wie ein Frisbee in die begeisterte Menge. Als wir uns dann umdrehten, um die Stufen des Theaters zu erklimmen, verlor ich das Gleichgewicht und wäre fast gestürzt.

Der stählerne Arm um meine Taille verhinderte, dass ich zu Boden ging, und bewahrte mich damit vermutlich vor einem verstauchten Knöchel. Von einem meiner Schuhe war der Absatz abgebrochen, wie wir alle sehen konnten, als ich ihn anhob.

Sakura streifte ihn mir vom Fuß und hielt ihn angewidert hoch. »Ach, um Himmels willen … und so ein Absatz kostet mehr als diese Flasche Champagner, wette ich.«

Axel hatte mich noch nicht losgelassen. Er schaute zurück, von wo wir gekommen waren, als ich eine laute Stimme hörte, die, wie ich fürchtete, Grant gehörte.

Axel räusperte sich. »Wenn Sie gestatten, Ms Hamilton.« Er hob mich hoch, bevor ich ganz verstanden hatte, worum er gebeten hatte. Man sah ihm nicht an, wie kräftig er war, aber ich hatte die stählerne Kraft seines Arms bereits gespürt – jetzt waren es zwei, einer unter meinen Knien, einer in meinem Rücken. Ich im weißen Kleid, er in seinem schwarzen Smoking wirkten wir fast wie frisch Vermählte, die die Schwelle überschritten. Ich legte ihm die Arme um den Hals, so als könnte ich nicht anders.

Und so war es auch.

Ich lachte, als er mich den Rest des Weges trug, gefolgt von Sakura, die den kaputten Schuh schwenkte. »Mein Held«, sagte ich.

Er gab nur ein zustimmendes Brummen von sich, fast ein Schnurren, und ich hätte vielleicht meinen Griff um seinen Hals verstärkt, wenn er seinen verstärkt hätte. Am liebsten hätte ich meine Nase in seinen Kragen gesteckt und einfach nur seinen Duft eingeatmet und mir vorgestellt, er würde mich irgendwohin tragen, wo es düster und abgeschieden war, um Badboy-Dinge mit mir anzustellen. Genieß es, solange du kannst, sagte ich mir.

Als wir im Foyer ankamen, wo ein riesiger Empfang stattfand, zog mir Sakura auch meinen anderen Schuh aus, und Axel stellte mich sanft auf meine bestrumpften Füße. »Sie sind garantiert nicht die Erste, der so etwas passiert ist«, sagte er, schaute sich um und winkte jemandem zu.

Eine Frau mit asiatisch-amerikanischem Aussehen kam zu uns herübergeeilt und umarmte ihn kurz. »Ah, ihr habt es geschafft! Gut.«

Axel stellte sie mir und Sakura als seine Managerin vor, Christina Pempengco, worauf sie einen kurzen Redeschwall über uns ergoss und dann fragte: »Welche Schuhgröße haben Sie?«

»Vierzig, warum?«

»Warten Sie hier. Ich habe Schuhe für Sie.«

»Wie b …?«

Axel lachte, als Christina in der Menge verschwand. Er winkte einem Kellner ab, der mit einem Tablett voller Champagnergläser auf uns zusteuerte, ehe der Kerl auch nur in unsere Nähe kommen konnte. »Christina ist eine Extrem-Problemlöserin, und deshalb ist sie auch eine tolle Managerin«, erklärte er. »Es muss noch nicht mal ihr eigenes Problem sein, sie löst es trotzdem.«

Wir blieben, wo wir waren, meine unbeschuhten Füße durch die Tatsache verborgen, dass mein Kleid ohne High Heels auf dem Boden schleifte. Irgendwann trieb Axel ein paar nicht-alkoholische Drinks auf und sorgte dafür, dass ein stetiger Strom von Horsd’œuvres seinen Weg zu uns fand.

»Ich schwöre, es ist, als hätte er einen magischen Blick«, flüsterte Sakura mir irgendwann zu.

Ich weiß, was du meinst, dachte ich.

»Da ist Mal«, sagte Axel. »Der da drüben, der aussieht, als sei er einem Vampirfilm entsprungen.«

Ich konnte nicht sehen, wen er meinte, da ich ohne Absätze über die meisten Leute nicht hinwegblicken konnte. Aber dann kam ein großer Mann mit langen schwarzen Haaren zu uns. Er und Axel umarmten sich wie Brüder, und der Mann musterte Axel von oben bis unten. »Was ist denn das für ein Outfit? Ganz schön rausgeputzt.«

»Mal, ich möchte dir Ricki Hamilton vorstellen, und Sakura kennst du natürlich bereits.«

»Bezaubernd, wirklich«, sagte Mal. Er hatte eine tiefe Stimme und einen leichten britischen Akzent, und sein Smoking war dezent mit Silber und Grün paspeliert. »Hast du Chino gesehen? Ich habe ihn und unsere Begleitung anscheinend verloren.«

»Nein. Du bist hier der Große«, verneinte Axel. »Was kannst du sehen von da oben?«

»Ah. Dort ist er.« Mal winkte jemandem, und kurz darauf kam ein kleinerer Mann mit einer schwarzen Igelfrisur und einer Frau an jedem Arm zu uns. Er grinste von Ohr zu Ohr, aber bevor ich ihm oder den Frauen ordentlich vorgestellt werden konnte, kam Christina zurückgeeilt.

In der Hand hatte sie ein Paar Pumps, die wunderbarerweise fast dieselbe Farbe hatten wie mein Kleid. »Hier, probieren Sie die an.«

Ich streifte sie über. Sie waren nicht ganz so hoch wie die vorherigen, und sie waren ein winziges bisschen zu klein, aber bis zu meinem Platz und zurück würden sie reichen. »Hervorragend. Vielen Dank.«

»Kein Problem. Es ist übrigens ganz toll, Sie kennenzulernen. Ich bin die Schatzmeisterin von AWESM, der Association of Women in Entertainment Studios and Media, und möchte Ihnen für Ihre großzügige Spende danken!«

»Es war mir ein Vergnügen«, sagte ich. »Das ist eine sehr nützliche Organisation.«

»Haben Sie von der Modenschau gehört, die wir vor dem Valentinstag organisieren? Wir haben VIP-Plätze für unsere Hauptsponsoren! Wahrscheinlich haben Sie eine Einladung mit der Post erhalten.«

Ich lächelte sie an. »Ich werde nachsehen, ganz bestimmt.« Sakura hatte die Show auch schon erwähnt. Einige ihrer Designer-Freundinnen zeigten da ihre Sachen. Paul, mein Assistent, hatte die Einladung vermutlich in einem Stapel weniger wichtiger Angelegenheiten zum Durchsehen für mich.

»Und jetzt, Axel, suche ich Errold Rothschild, damit du Eindruck bei ihm schinden kannst.«

»Sagst du mir noch mal, wer das ist?«, fragte Axel mit skeptischem Blick.

Christina verdrehte die Augen. »Der Leiter der Abteilung für britische Musik? Ich will ihm damit imponieren, wie toll ihr alle ausseht.« Sie lächelte mir kurz zu. Ich hatte den Eindruck, sie freute sich, dass Axel mit mir gesehen wurde. Interessant.

Sie huschte wieder davon, um den Manager der Plattenfirma zu suchen, war aber noch nicht zurück, als die Platzanweiser uns aufforderten, uns in den Zuschauerraum zu begeben.

Als wir zu unseren Plätzen kamen, bemühte ich mich, im Publikum zu verschwinden. Ich habe noch nie besonders gern im Rampenlicht gestanden, und auch wenn niemand uns besonders beachtete, sobald wir den roten Teppich hinter uns gelassen hatten, hatte ich das Gefühl, von allen angestarrt zu werden.

Wir saßen im Parkett, zwanzig bis dreißig Reihen weit hinten, nah am Gang, für den Fall, dass Axels Band unter den Gewinnern war und er auf die Bühne musste. Neben uns waren allerdings drei Sitze leer, was mich wunderte. Der von Grant – und von wem noch?

Ich bekam meine Antwort, als noch zwei Gestalten zusammen durch den Gang geeilt kamen und von Chino und Axel begeistert begrüßt wurden. Axel stellte sie mir und Sakura als »Samson, unser Keyboarder« und »Ford, Bass« vor. Ford hatte seine blonden Haare zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, den er aber löste, sobald er sich setzte. Samson hatte braune Haare, blaue Augen und ein stilles Lächeln. Beide hatten einen kräftigen Händedruck, auch wenn sie von dem ganzen Schauplatz ziemlich überwältigt zu sein schienen.

Chino amüsierte sich offensichtlich von allen am meisten. »Wer, meint ihr, hat beim letzten Mal auf diesem Platz gesessen, hm? Madonna? Beyoncé?« Er zappelte auf seinem Sitz herum. »Ich werd so tun, als würd mein Hintern ’ne Langstrecken-Zeitreise in dem Sitz unternehmen, der Beyoncés Hintern berührt hat.«

Mal verdrehte die Augen. »Also ehrlich.«

Axel aber lachte. »Und was ist mit dir, Sakura? Wer hat auf deinem Platz gesessen? Hast du immer noch diesen Traum mit David Bowie?«

»Also bitte, der ist dreimal so alt wie ich«, sagte Sakura, wurde aber ein bisschen rot dabei.

»Mal, was ist mit dir?«

Mal warf seinem Freund einen finsteren Blick zu. »Promis sind die Letzten, mit denen ich Lust hätte zu ficken.«

Axel richtete sich zu voller Höhe auf. »Nein, die eigentliche Frage ist, wer will auf meinem Platz sitzen?« Es war, als würden Sexgott-Schwingungen von ihm ausgehen.

Aber vielleicht war ich ja die Einzige, der es so ging. Alle anderen waren ja daran gewöhnt, mit ihm zusammen zu sein. Sie zuckten die Achseln, als er kurz darauf alle aufstehen und die Plätze tauschen ließ, angeblich, damit die Bandmitglieder leichter den Gang erreichen konnten, aber mir fiel auf, dass ich am Ende auf dem Sitz landete, auf dem er gesessen hatte. Er war so warm, als hätte er mir seine Hand auf den Rücken gelegt.

Dann wurde für den Beginn der Show das Licht gedämpft, und als die Musik einsetzte, machte ich es mir bequem. Schon ziemlich am Anfang der Preisverleihung kam eine Kategorie an die Reihe, in der ein Song der Band nominiert war, und ich merkte, dass Ford Axels Hand so fest drückte, dass ich dachte, seine Finger müssten taub werden.

Und kurz darauf wurde von einem Ordner die gesamte Band entführt. Ich warf Sakura einen fragenden Blick zu.

»Sie treten mit einer Nummer auf«, erklärte sie.

Fein, dachte ich, wenigstens etwas, das sich anzuschauen lohnt bei dieser Show.

2

Short Fuse

AXEL

Ist es ein Klischee, darüber zu reden, wie gut eine Frau riecht? Als ich Ricki in meinen Armen auffing, füllte sich meine Lunge mit ihrem Duft. Wenn so Kokain roch, dann verstand ich, warum Menschen danach süchtig wurden. Ich hätte sie am liebsten gar nicht mehr losgelassen. Ich hätte sie am liebsten direkt nach hinten in die Garderobe gebracht um zu sehen, ob sie so gut schmeckte, wie sie roch.

Sakura, die Löwenbändigerin, warf mir allerdings einen Komm-mal-runter-Junge-Blick zu, als ich Ms Hamilton auf ihre kleinen Füße absetzte. Okay, fein. Ich erinnerte mich daran, dass ich zum Arbeiten hier war und nicht zum Spielen und dass sie nicht irgendein Groupie war – sie war eine Frau, die mich und meine Band zehnmal hätte kaufen und verkaufen können.

Dennoch war sie eine Frau – kein Roboter oder wirklich aus Eis gemacht, auch wenn sie den Ruf hatte, eine eiskalte Königin zu sein. Ich ertappte sie ein paarmal dabei, wie sie mich ansah. Ich ertappte sie, dass sie sich an mich lehnte.

Vielleicht hatte das Playboy-Image letztlich doch etwas für sich.

Von ihr zu träumen war eine prima Methode, um mich von meiner Nervosität wegen der Verleihung abzulenken. Als ihr Begleiter es bis zum Beginn der Show nicht zu seinem Sitz geschafft hatte, hielt ich es für angemessen, alle die Plätze wechseln zu lassen und dafür zu sorgen, dass sie günstigerweise neben mir saß. Die Veranstaltungsleitung besetzte den leeren Platz mit irgendjemandem, den ich nicht kannte und auf den ich nicht achtete. Worauf ich achtete, war, wie sehr zum Anknabbern Rickis schlanke, nackte Schultern aussahen. Ihr Abendkleid ließ ihren Hals und ihre Arme frei bis auf die Diamanten, die sie trug und von denen ich glaubte, dass sie echt waren. Was mich nicht davon abhielt, davon zu träumen, ihr das Kollier abzunehmen, um an die zarten Stellen an ihrem Hals zu kommen und sie zum Seufzen und Stöhnen zu bringen. Komm runter, Junge.

Wie sollte ich meine Libido in Schach halten, wenn es heute Abend meine Aufgabe war, Sex pur zu verkörpern?

Ehe ich es mich versah, brachten sie uns backstage, damit wir uns für den Auftritt fertigmachten. Ich zog den Smoking aus und das an, was auf mich wartete.

Christina beäugte kritisch das Kunstleder, das sich hauteng an meine Beine schmiegte, und ging um mich herum, um meinen Arsch zu inspizieren. Ich verschränkte die Arme. »Wenn’s nicht eng genug ist, dann fällt mir als Alternative für nächstes Mal nur ein, es mir direkt auf den Leib zu pinseln«, sagte ich.

»Tolle Idee«, zwitscherte sie. »Das können sie mit flüssigem Latex machen, weißt du? Aber es braucht lange zum Auftragen und zum Trocknen. Für eine Show wie die hier nicht so praktisch.«

Sie versteht meine Scherze nie.

»Und? Musterung bestanden?«

Sie tippte sich mit ihren manikürten Nägeln an die Lippen. »Irgendetwas fehlt noch.«

Mal kam dazu und schaute ihr über die Schulter. »Was soll denn da noch fehlen?«

»Irgendwas. Ich weiß auch nicht.«

»Mach dir keine Gedanken, Chris. Du weißt doch, dass er’s bringt, wenn die Lichter angehen«, sagte Mal zu ihr.

Das stimmte. Die Leute sagten oft, dass ich auf der Bühne in einen ganz anderen Modus umschaltete. Wilder, sexier, total abgefahren. Das ist mein wahres Ich, hätte ich ihnen gerne gesagt. Das ist der, der ich schon immer sein wollte. Aber manchmal musste ich mich daran erinnern, dass ich nicht mehr wie der schüchterne Außenseiter aussah, wie damals, als Mal und ich als Jungs angefangen hatten, Songs zu schreiben.

»Ich weiß, was dem Outfit noch fehlt«, sagte ich.

»Was?«, wollte Christina wissen.

»Geh und schau bei Ford und Sam nach, und ich zeig’s dir, wenn du zurückkommst.«

Schmollend ging sie, um zu sehen, ob die anderen fertig waren, während ich die Augen schloss und mir vorstellte, die Erbin Ricki Hamilton trage keine Unterwäsche unter ihrem Designerkleid. Ich schob die Hand unter den Hosenbund und hörte Mal kichern, während ich mich »herrichtete«.

Als Christina zurückkam, musterte sie mich von oben bis unten. »Jetzt siehst du gut aus! Brandheiß! Was ist der Untersch …? Oh!« Sie registrierte die Umrisse. »Du meine Güte, Axel, ich wusste ja gar nicht, dass du beschnitten bist!«

Tja, so eng war das Kostüm.

»Perfekt«, jubelte sie. »Du weißt, die Kamera unten an der Treppe ist genau da drauf gerichtet!«

Ja, das wusste ich. Es hatte schon einen großen Streit darüber gegeben, weil die Produzenten nicht wollten, dass ich wie üblich die Gitarre spielte, die den Rhythmus vorgab, wenn wir live auftraten. Sie wollten mehr »Dynamik«, mehr »Bewegung« von mir sehen. Einmal hatten wir sogar mit einem Headset-Mikro geprobt, aber ohne Mikro und ohne Gitarre hatte ich das Gefühl, nicht zu wissen, wohin mit den Händen. Ich bekam also ein drahtloses Mikro für die Hand. Wenigstens zwangen sie mich nicht zum Playback.

Ein Klemmbrett schwingender Produktionsassistent führte uns zu unseren Plätzen. Die Band stand auf einem Teil der Bühne, ich auf einem anderen. Ich war dort vor dem Publikum hinter Kulissen versteckt, die sich heben würden, wenn die Plattformen, auf denen wir standen, nach vorne fuhren. Diese Plattformen bestanden aus Plexiglas, in das winzige Lämpchen eingelassen waren. Es war, als stünde man auf einem riesigen Zirkoniawürfel.

Vor jedem Auftritt kommt ein Moment, in dem sich in meiner Kehle vor lauter Nervosität eine Blase bildet, die mich zu ersticken droht. À la diesmal geht alles schief. Diesmal werd ich’s verhauen. Diesmal werd ich stürzen. Diesmal wird rauskommen, dass ich eigentlich nur ein nerviger, einzelgängerischer Außenseiter bin, den keiner leiden mochte, und nicht der Mann, der mit seiner Stimme und seinen Bewegungen die ganze Welt in Brand setzen kann.

Aber dann gehen die Lichter an, das Schlagzeug legt los, und die Blase platzt. Und ich explodiere wie der Feuerwerkskracher, der ich für die Band sein muss.

Dieses Mal war es nicht anders. Ich hörte, wie die Moderatorin uns ankündigte. »Und jetzt mit ihrem Nummer-eins-Hit Kidnap My Heart, hier sind The Rough!« Die Kulisse hob sich genau wie in der Generalprobe, und ich traf den Anfangston klar und deutlich.