Wild Rockstar - Cecilia Tan - E-Book

Wild Rockstar E-Book

Cecilia Tan

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Maddie Rofel liebt ihre Arbeit in Hollywood’s bestgehüteten Geheimnis: dem Governor’s Club. Doch ihr Leben gerät aus den Fugen, als sie dort eines Abends auf Chino Garcia trifft. Er ist der Drummer der Rockband »The Rough« und noch dazu extrem heiß und dominant. Maddie verbringt eine wilde Nacht mit dem verführerischen Rockstar.

Was als One-Night-Stand beginnt, entwickelt sich schnell zu so viel mehr: Maddie und Chino fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen und erkennen, dass sie gemeinsam ihre dunkelsten Fantasien ausleben können. Doch Chino verbirgt etwas vor Maddie, ein dunkles Geheimnis, das er noch nie mit jemandem geteilt hat. Um Maddie nicht zu verlieren, muss Chino die Dämonen seiner Vergangenheit hinter sich lassen - aber das ist leichter gesagt als getan ...

Heiße Rockstars, reiche Erbinnen und ein geheimer Privatclub - die eBook-Reihe von Cecilia Tan bietet prickelnde Liebesgeschichten voll knisternder Spannung.

Dieser Roman ist bereits in einer früheren Ausgabe unter dem Titel »The Rough - Harte Rhythmen« erschienen.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 459

Veröffentlichungsjahr: 2022

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber dieses BuchTitel12345678910111213141516171819EpilogEine Anmerkung der AutorinDanksagungÜber die AutorinWeitere Titel der AutorinImpressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an: be-heartbeat.de/newsletter

Viel Freude beim Lesen und Verlieben!

Dein beHEARTBEAT-Team

Über dieses Buch

Maddie Rofel liebt ihre Arbeit in Hollywood’s bestgehüteten Geheimnis: dem Governor’s Club. Doch ihr Leben gerät aus den Fugen, als sie dort eines Abends auf Chino Garcia trifft. Er ist der Drummer der Rockband »The Rough« und noch dazu extrem heiß und dominant. Maddie verbringt eine wilde Nacht mit dem verführerischen Rockstar.

Was als One-Night-Stand beginnt, entwickelt sich schnell zu so viel mehr: Maddie und Chino fühlen sich unwiderstehlich zueinander hingezogen und erkennen, dass sie gemeinsam ihre dunkelsten Fantasien ausleben können. Doch Chino verbirgt etwas vor Maddie, ein dunkles Geheimnis, das er noch nie mit jemandem geteilt hat. Um Maddie nicht zu verlieren, muss Chino die Dämonen seiner Vergangenheit hinter sich lassen – aber das ist leichter gesagt als getan …

Cecilia Tan

Wild Rockstar

Aus dem amerikanischen Englisch vonBianca von Kerenyi

1

MADISON

»Bist du dir da sicher?«, fragte ich Gwen, während ich die kurze Peitsche hin- und herschwang, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Das ganze Ding war so lang wie mein Arm, und das geflochtene schwarze Leder verlieh ihm das Aussehen einer Kobra mit einem langen, losen Stück Leder an der Spitze. Im Katalog hieß es ›Gerte‹, aber es war eindeutig eine Peitsche, so ein Mini-Indiana-Jones-Teil, gemacht, um Menschen damit zu treiben, nicht Vieh.

»Ach Maddie, die kann auch nicht schlimmer sein als der Ledergürtel, den Mal so gern benutzt«, sagte Gwen mit einem katzenartigen Leuchten in den Augen, als ich die Peitsche durch die Luft sausen ließ.

Ich schmunzelte. »Ich glaube, du bist es, die den Gürtel gernhat.«

Sie errötete mit einem strahlenden Lächeln. »Ja. Mein Lieblingsinstrument.« Seit ein paar Monaten war sie mit Mal verlobt, und sie waren die goldigsten Sadomasochisten, die ich kannte. Sie liebte Schmerzen, er liebte sie, und sie waren vernarrt ineinander. Ich reichte ihr die Gerte, und sie fuhr mit dem Finger daran entlang. »Ich habe eine für jeden Raum bestellt. Meinst du, die Leute finden sie zu krass?«

»Ich glaube, in Wirklichkeit ist es eigentlich eine Peitsche.« Bilder von Cowboys, die von sadistischen Sheriffs gezüchtigt wurden, gingen mir durch den Kopf. Ich war schon lange im SM-Geschäft und arbeitete nicht nur seit ein paar Jahren hier im Governor’s Club, sondern hatte, seit ich vor zehn Jahren nach L.A. gezogen war, irgendwie mit Kinksex oder mit sexlastigen Jobs zu tun. Sogar meine ehrenamtliche Arbeit bei einer Hotline für Opfer häuslicher Gewalt hatte entfernt damit zu tun. Es war nicht so, dass ich noch nie eine Peitsche gesehen hätte, aber an den großen versuchten sich eigentlich nur Leute, die über jahrelange Übung in ihrem Gebrauch verfügten. Diese hier war so klein, dass sie in den Händen irgendeines Amateurs Schaden anrichten konnte. Ich traute mir selber zu, sie verantwortungsvoll zu gebrauchen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich den Clubmitgliedern zutraute, sich nicht zu verletzen, vor allem den Neuen, die wir in letzter Zeit aufgenommen hatten.

»Vielleicht sollten wir sie erst mal ausprobieren, bevor wir sie in alle Spielzimmer legen.« Vielleicht machte ich mir auch zu viele Sorgen.

»Ooch, ich würde wirklich gern rausfinden, wie sie sich anfühlt«, sagte Gwen trotz meiner Bedenken träumerisch mit einem Seufzer. »Aber Mal ist erst in einer Woche wieder da. Was ist noch in der Schachtel? Ich habe ein paar Sachen für das Verlies bestellt, und ein paar als Anschub für deine neue Kolumne.«

Ich hörte auf, in der Schachtel zu kramen, und schaute hoch. »Ach wirklich? Das wäre doch nicht nötig gewesen, Gwen.«

In der nächsten Woche sollte meine erste wöchentliche Kolumne mit Sexspielzeug-Kritiken bei PlayPeople Network erscheinen, zum Teil gedruckt und zum Teil als Videoblog. Es war ein prestigeträchtiger, gut bezahlter Auftrag, und ich war ein bisschen nervös. In einem Laden für Sexspielzeug zu arbeiten, war eine Sache. Videos von mir zu drehen, die dann die ganze Welt sehen konnte, eine ganz andere. Nun ja, es war ja nicht so, dass ich für irgendein Amt kandidieren wollte, oder? »Die Sexspielzeug-Hersteller werden mir jede Menge Zeug zuschicken, wenn es sich erst mal rumspricht.«

Sie grinste. »Ich mach mir nur Sorgen, dass du nichts weiter als zehn Billigversionen des Rabbit-Pearl-Vibrators kriegst und nichts Interessantes. Du musst gleich richtig durchstarten, weißt du? Das ist ja eine riesen Chance für dich.«

»Ach, vielen Dank.« Ich umarmte sie kurz.

Gwen und ich waren uns richtig nahegekommen, seit ihr Großvater gestorben war. Ich hatte ihr Ratschläge in Sachen SM und feste Freunde gegeben, und sie wollte mir bei meiner festgefahrenen Journalistenkarriere helfen. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob es wirklich ein großer Karriereschritt war, wenn ich für eines der größten Medienunternehmen für ›Nicht jugendfreie Unterhaltung‹ Sexspielzeug besprach. Ich hatte das sichere Gefühl, dass mein mit Sexthemen angefüllter Lebenslauf allein der Grund dafür war, dass die Redakteure mich nicht ernst nahmen; eine bekannte Videobloggerin zu werden, würde wahrscheinlich den letzten Nagel in diesen Sarg treiben. Jedesmal, wenn ich etwas machte, was mit Sex zu tun hatte, schien ich Erfolg zu haben, während alle meine Versuche, ›ernsthaften‹ Journalismus zu betreiben, ins Leere gelaufen waren.

Nun, da mein dreißigster Geburtstag am Horizont heraufdämmerte, war es vielleicht an der Zeit, einem Beruf nachzugehen, von dem meine Eltern den Nachbarn erzählen konnten, und einfach mit dem weiterzumachen, was schon immer funktioniert hatte.

Die Tatsache, dass ich das war, was meine eigene Mom ›eine dralle Sexbombe‹ nannte, hatte mir im Lauf der Jahre eine Menge Aufmerksamkeit verschafft, und wenn diese Aufmerksamkeit auch vielleicht notwendig – und sogar willkommen – gewesen war, als ich versucht hatte, Engagements als Tänzerin zu bekommen, so wirkte sie sich in der Welt des Journalismus meist negativ aus. Um im politischen Journalismus einen Fuß in die Tür zu bekommen, war man am besten ein hochgewachsener Mann mit markantem Kinn.

Ich wühlte in der Schachtel und fand einen Satz neuer Lederpaddles. Sie waren schwarz und mit silbernen Nieten besetzt: à la Punkrock trifft Inquisition. Darunter lagen ein paar Sets Ledermanschetten mit Schafsfell gepolstert für Hand- und Fußgelenke und noch ein paar nützliche Bondageutensilien. Dann zog ich etwas Weißes heraus, das nach Hightech aussah. »Das muss ein Vibrator sein.«

»O ja. Den kann man mit einer Handy-App steuern. Ich weiß nicht, wie es ist, wenn man solo mit ihm spielt, aber ich hatte ihn schon mal drin, als Mal die Fernbedienung hatte.« Sie grinste und hüpfte davon, um die Vorräte an Laken und Handtüchern für den Abend zu überprüfen.

Ich machte mich daran, all die neuen Spielsachen auf die Spielzimmer zu verteilen, bevor die Gäste kamen. Gwen und ihre Schwester Ricki waren die offiziellen Gastgeberinnen, da sich das Verlies auf dem Anwesen ihrer Familie befand – das Familiengeheimnis –, während ich nur eine von drei bezahlten Angestellten war, die sich um die Gäste kümmerten und, wenn nötig, für einen unterhaltsamen Abend sorgten. Ich machte die Runde, überprüfte das Safer-Sex-Zubehör und stöpselte eines der anderen neuen Geräte ein, die Gwen kürzlich angeschafft hatte, den Rotorvator.

Da alles bereit zu sein schien, war es Zeit, mich selbst anzuziehen. Als ich den Umkleideraum für die Angestellten betrat, wurde ich von jemandem erschreckt, der herausgestürmt kam: Paul, Rickis Assistent. Drinnen fand ich einen meiner Kollegen, der mit etwas dümmlichem Gesicht auf einer Schuhbank saß. »Brad«, schimpfte ich ihn. »Bist du nicht hetero?«

»Nicht ganz«, sagte er achselzuckend und folgte - seinem Liebhaber? seiner Eroberung? – aus dem Raum. Ich hoffte, dass was immer sich hier abspielte kein großes Drama nach sich ziehen würde, und öffnete meinen Spind.

Während ich meine Tasche herausholte, um die neuen Spielsachen zu verstauen, die Gwen für mich gekauft hatte, kündigte mein Handy mit einem Summen eine neue Nachricht auf meiner Mailbox an. Ich nahm es, um zu sehen, von wem sie kam, und fluchte leise: ein Typ, bei dem ich vor ein, zwei Jahren versucht hatte, einen Artikel unterzubringen. Damals war er Redakteur bei einer großen Zeitung gewesen. Es wurde gemunkelt, er sei vor Kurzem gefeuert worden. Was sollte das, am Freitagabend anzurufen? Zweifellos versuchte er, mich wieder anzubaggern. Loser. Ich vergewisserte mich, dass der Klingelton abgeschaltet war, und stopfte meine Tasche wieder in den Spind. Rasch zog ich meine übliche Arbeitskleidung an: ein ledernes Überbrustkorsett, passende kniehohe Stiefel, einen ›Tennisrock‹ aus Leder und ein verruchtes Auftreten.

Das Auftreten war mir inzwischen zur zweiten Natur geworden. Bei allem ging es um Professionalität; ich hatte zuvor in jeder Menge Jobs gearbeitet, die entfernt etwas mit Sex zu tun hatten, unter anderem als Showgirl, Model und Kassiererin in einem Kaufhaus für Sexspielzeug. Hier, im Governor’s Club,demonstrierte ich zusammen mit Gwen und Chita Techniken und Accessoires – wobei ich ab und an auch nackt war – aber eigentlich war ich nicht hier, um mit Partygästen Sex zu haben. Okay, es sei denn, ich wollte es wirklich – und normalerweise wollte ich nicht. Alles lief reibungsloser, wenn sie das wussten. Sie kamen her, um ihren Spaß zu haben; ich war hier, um zu arbeiten. Es war nicht so, dass mich die Arbeit im Verlies sonderlich scharfmachte.

Die ersten Gäste trafen ein, und ich ging zum Eingang, um ein bisschen Gastgeberin zu spielen. Ich begrüßte Conrad Schmitt, eines der ältesten Clubmitglieder, und erkundigte mich nach seiner Frau, die nicht mitgekommen war. Sie habe sich erkältet und sei zu Hause geblieben, sagte er. In letzter Zeit schienen weniger der langjährigen Mitglieder herzukommen, während mehr Leute kamen, die Gwen und Ricki rekrutiert hatten.

Als Nächstes traf Sakura ein, eine enge Freundin von Ricki, die außerdem zeitweise als Model für Fetischmode und als Performancekünstlerin arbeitete. »Maddie, wie schön, dich zu sehen. Hilf mir doch, mein Korsett festzuziehen, ja?«

»Ich wollte dich gerade darum bitten, dasselbe bei mir zu machen«, sagte ich lachend.

Nachdem wir uns gegenseitig geholfen hatten, im Umkleideraum für Gäste unsere Schnüre enger zu ziehen, kam Gwen zu uns. »Sakura! Komm und schau dir den Rotorvator an! Bis jetzt hat ihn noch niemand ausprobiert.«

»Ich bin sicher, wenn du weiter damit angibst, wird irgendjemand nicht widerstehen können«, sagte ich zu ihr, während sie Sakura wegführte, um sich das Gerät anzuschauen.

Ich ging hinter die Bar, um Drinks auszuschenken, solange die Leute noch in Plauderstimmung waren. Die Bar aus poliertem Holz und rotem Samt lief an einer Wand entlang, mit Leder bezogene Sitze säumten den Hauptaufenthaltsbereich, und die Ecke gegenüber wurde von dem Katharinenrad beherrscht.

Verblüfft sah ich Chino Garcia hereinkommen. Ich hatte angenommen, wenn Mal nicht da war, wären alle Mitglieder von The Rough nicht in der Stadt, aber dem war offenbar nicht so. Chino kam ins Verlies, marschierte wie der Hahn über den Hühnerhof. Ein Badboy wie der will einfach nur seinen Schwanz in irgendwas Warmes stecken,hätte mein Vater mich gewarnt.

Als ich jünger war, hätte ich diese Warnung nicht beherzigt. Auf Badboys reagierte ich wie Katzen auf Baldrian, sie brachten mich dazu, mich auf dem Boden zu rollen und zu maunzen. Doch nach Jahren in Hollywood, Jahren voller Betrüger und Wichser, deren einzige Entschuldigung ihre Qualität im Bett war, hatten Tattoos und Machogehabe keinen Reiz mehr für mich. Wenn ich mich nicht so oft dadurch hätte aus der Bahn werfen lassen, mit solchen Typen eine Beziehung führen zu wollen, hätte ich es inzwischen möglicherweise zu etwas mehr gebracht, als nur Gastgeberin in einem Verlies und Expertin für Sexspielzeug zu sein.

Ich beobachtete Chino, der den Raum durchquerte, um Sakura und Ricki zu begrüßen, und sah, wie Sakura ihn von oben bis unten musterte. Versuchte sie etwa herauszufinden, ob dieses Stolzieren mehr auf Dom oder auf Sub hindeutete? Ich tat es jedenfalls.

Seit Axels Bandkumpels dem Club beigetreten waren, hatte ich Chino nie spielen sehen. Ja, klar, er spielte durchaus begeistert mit, wenn Ricki Geburtstag hatte und Axel sie wie ein Kindergärtner durch die ›Versohl -Maschine‹ krabbeln ließ, oder damals, als eine der älteren Managerfrauen sich gewünscht hatte, von allen Männern angewichst zu werden. Aber dass er sexuell experimentierfreudig war, verriet noch nicht, ob er Sadist oder Masochist war, Top oder Bottom, Dom oder Sub.

Normalerweise gab sich jeder, der in den Club kam, gleich am Anfang als eines von beidem aus, damit er einen Partner finden konnte. Chino hatte das nicht getan, und das fuchste mich ungeheuer. Ich war es gewohnt, dass Doms herrisch waren und Subs notgeil, und Chino war weder das eine noch das andere. Mein Verdacht war, dass er nur ein Blender war, der gern mit seinen kinky Freunden herumhing.

Er schlüpfte aus seiner Lederjacke, während er Axel und Ricki begrüßte. Er trug nichts darunter außer Lederhosen und Tattoos. Mir war, als hätte gerade eine kühle Brise meine nackten Schultern gestreift. Ich bekam Gänsehaut, und mir juckten urplötzlich die Finger, seine Tinte zu berühren.

Lass das, ermahnte ich mich. Der langweilt dich zu Tode, lass besser die Finger von ihm. Ich mochte es nicht, wie er immer über alles einen Witz machte. Doch als er den Kopf zurückwarf und über etwas lachte, was Sakura gesagt hatte, ertappte ich mich dabei, dass ich mein Korsett richtete, weil meine Brustwarzen unter dem weichen Leder hart geworden waren. Ich betrachtete seinen langen schlanken Hals, der in eine kräftige, mit Tattoos übersäte Brust überging. Das Schlagzeugspielen hielt ihn in lachhaft perfekter Form.

Meine Hormone mussten verrücktspielen oder so. Ich zwang mich, den Blick von ihm loszureißen, und machte meine Runde, um zu sehen, ob die Räume benutzt wurden und ob irgendwo Kondome oder Gleitmittel nachgefüllt werden mussten. Es war allerdings noch früh am Abend, und während Kresley Palmer seine Frau auf die neu gepolsterte Prügelbank im Inquisitionsraum schnallte, waren die anderen immer noch am Plaudern und Aufwärmen.

Als ich zurückkam, zeigte Gwen der Gruppe gerade die neuen Paddles. »Ich kann’s nicht abwarten herauszufinden, wie die sich anfühlen«, schwärmte sie, »aber ich muss damit warten, bis Mal zurückkommt.«

Chino griff nach einem und schwenkte es in Zeitlupe hin und her wie einen Tennisschläger bei der Vorhand. Und dann schaute der langweilige Wichser mich an. »Hey, Madison, bist du nicht die, die gewöhnlich hier die neuen Sachen vorführt?«

»Worauf du wetten kannst«, blaffte ich und streckte herausfordernd die Hand nach dem Paddle aus. Mal sehen, wie schnell der Witzbold den Schwanz einzieht. »Ich würd liebend gern sehen, wie viele du einstecken kannst, bevor du um Gnade winselst.«

Er ließ es an der Lederschlinge des Griffs kreisen, anstatt es mir zu geben. »Ach wirklich? Was meinst du, wer mehr verträgt, du oder ich?«

Sakuras Augen blitzten auf, und sie trat zwischen uns. »Wenn ihr faire Ausgangsbedingungen wollt, dann könnte ich euch beide versohlen.«

Chino spießte mich fast auf mit seinem Blick. Ohne auszuweichen. »Nee. Ich denke, die einzig faire Art ist, wenn wir uns abwechselnd schlagen. Meinst du, du kannst zehn am Stück einstecken? Zwanzig?«

»Zwanzig pro Satz, ohne Fesseln, Hände an der Wand, wenn du die Hände fallenlässt, hast du verloren«, sagte ich und schaute ihn unverwandt an. Ach, ich war dermaßen scharf darauf, ihm zu zeigen, wo er hingehörte, damit ihm dieses dreckige Grinsen verging.

»Einverstanden«, sagte er. »Sollen wir eine Münze werfen, wer anfängt?«

Ich schnalzte mit der Zunge. »Tss, nein. Du darfst mich zuerst schlagen, um sicherzugehen, dass der Wettkampf nicht zu schnell vorbei ist.«

Er zog eine Augenbraue hoch, wie um ›touché‹zu sagen, und Sakura schaute kichernd zwischen uns hin und her. »Oho. Und was bekommt der Sieger vom Verlierer, hm?«

»Wie wär’s mit fünfzehn Minuten unter vier Augen, um zu tun, was immer wir wollen?«, fragte Chino.

»Funktioniert der Rotorvator auch bei Männern?«, fragte ich zurück.

»Ganz eindeutig«, meinte Gwen.

»Dann weiß ich, worin meine fünfzehn Minuten Unterhaltung bestehen werden«, sagte ich mit einem gemeinen Grinsen. »Zieh dich warm an, Drummerboy. Sakura, willst du die Schiedsrichterin sein?«

»Aber sicher«, gab sie zurück, ebenfalls mit einem hinterhältigen Lächeln.

Chino deutete eine Verbeugung in meine Richtung an und zeigte dann auf die leere Stelle an der Wand gegenüber dem Katharinenrad. »Wenn du bitte die Position einnehmen möchtest.«

Ich zog meinen Rock aus, sodass mein Tanga darunter zum Vorschein kam, und legte die Hände an die Wand. Diesen Wettkampf würde ich auf keinen Fall verlieren. Gwen hatte mir den Spitznamen ›Eisenpopo‹ verliehen, nachdem sie zum ersten Mal neue Paddles aus Hartholz an mir ausprobiert hatte. Ich war mir sicher, dass Chino entweder ganz das Großmaul spielen und die Szene in einen Scherz verwandeln würde, wie er es bei jedem Gespräch mit mir machte. Oder er würde sich als ein heimlicher Sub herausstellen, der es liebte, mit dem Paddle verprügelt zu werden … was vielleicht noch mehr Spaß machen könnte, als zu gewinnen. Wie lange würde es dauern, bis er mich wirklich anbettelte, ihn zu versohlen?

So oder so konnte ich es kaum abwarten, ihm das dreckige Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Solche Gedanken beschäftigten mich, während ich darauf wartete, dass er anfing. Ich stellte mir seine pechschwarzen Haare vor, die nass vom Schweiß der Leidenschaft an seinem Hals klebten, als er auf den Knien liegend zu mir aufschaute …

Wieso brauchte er so lange? Ich warf einen Blick hinter mich: Er war dabei, eine Menge Zuschauer zu versammeln.

Und er hatte alles ausgezogen. Mir fiel die Kinnlade herunter. Das Original war noch besser als in meiner Fantasie. Sein ganzer Körper bestand aus schlanken, festen Muskeln, nicht der massige Klotz eines Gewichte stemmenden Spinners, sondern die kraftvolle Gestalt eines Mannes, der seine Muskeln wirklich zu etwas gebrauchte. Er hatte sogar seine Lederhose ausgezogen und zeigte das Drachentattoo auf seinem Bein, aber mein Blick wurde weiter unten von seinem stolz aufgerichteten Schwanz angezogen – der bereits hart war. Nur durch die Vorfreude darauf, mich zu schlagen? Wenn ja, dann war’s das mit meiner Theorie, er sei ein verhuschter kleiner Sub.

CHINO

Ich konnte das steife Leder des Paddles in meiner Hand spüren und das Leder ihres Korsetts riechen, aber der Geschmack in meinem Mund kam vom Rausch der Vorfreude. Endlich. Seit ich Madison bei dem Orientierungsrundgang durch das Verlies zum ersten Mal begegnet war, hatte ich versucht, einen Moment, einen Anknüpfungspunkt, eine Gelegenheit zu finden, mit ihr zu spielen. Da sie sich sehr stark gab – Typ unabhängige, sexy Frau –, wusste ich, dass der Zeitpunkt stimmen musste. Und jetzt, nach monatelangem Warten, war sie genau da, wo ich sie haben wollte, wo sie sich mir unterwarf.

Okay, nicht eigentlich unterwarf, da sie sich in diesem Augenblick – auch wenn sie sich für eine Tracht Prügel auf den Arsch bereitmachte – nicht im Mindesten unterwürfig benahm. »Bist du so weit?«, fragte ich.

Sie schnaubte. »Ich wart nur noch auf dich.«

Perfekt. Das würde einen Spaß geben. »Dann, los geht’s.« Ich steckte das Paddle unter den Arm, um mit den Händen über ihre nackten Hinterbacken zu streichen. Fest und rund, bereit für eine Tracht Prügel und in diesem Moment allein für mich, damit ich sie nach Herzenslust berühren konnte. Sie behielt die Hände an der Wand und ließ mich gewähren. Offenbar störte sie es nicht, angefasst zu werden, sonst hätte ich sicher noch einen Kommentar aus ihrem frechen Mund zu hören bekommen. Sie zuckte nicht zusammen, und ich fragte mich, ob ich es wagen könnte, sie zu küssen.

Später.

»Ich zähle mit«, sagte ich und trat zurück, um auszuholen. Sie hatte jede Menge Gelände da unten zu bieten: zehn auf jede Seite würden kaum genügen, um jede Backe von allen Seiten zu beklopfen. Aber ich hatte nicht vor, sie nur kräftig zu verprügeln. Ich wollte, dass etwas hängenblieb. Ich wollte eine Verbindung herstellen. Ich hatte so lange auf den rechten Augenblick gewartet, dass ich nicht die Absicht hatte, die Sache wie ein blutiger Anfänger in aller Eile durchzuziehen.

Ich schlug nicht besonders fest zu, nur fest genug, um ihre Haut aufzuwecken und ein bisschen rosa zu färben. Das Klatschen des Leders auf ihrem Hintern war erregender als die versautesten Reden, die ich im Leben gehört hatte, und beim Anblick ihres Rückens, der sich krümmte, während ich die Schläge platzierte, richtete sich mein Schwanz stramm in die Höhe. Oh, ja. Das war es, was ich wollte. Sehen, wie Madison einsteckte, was ich ihr zu bieten hatte, erweckte sämtliche Dom-Instinkte in mir.

Dom zu sein, macht, ehrlich gesagt, ziemlich viel Arbeit. Während der Zeit, die ich in der Szene verbrachte, hatte ich alles und alle ausprobiert – schließlich war der ›Unschuldstest‹ für jeden Rockstar praktisch ein Muss. Wenn man nicht gerade ein Kontrollfreak ist, gibt es einfachere Methoden, sich einen Abgang zu verschaffen, als zu dominieren. Man braucht dazu den richtigen Partner, der es auch wert ist, was mit der Grund war, weshalb ich nicht einfach mit jeder herumspielte, die zur Verfügung stand.

Doch in diesem Augenblick, als ich ihr den Arsch rötete und das Klatsch des Paddles hörte, stand es außer Frage für mich, dass Madison es wert war. Am liebsten hätte ich ihr die Hände zusammengebunden und sie in einen Privatraum gezerrt. Ich wollte sie. Nicht ›für Sex‹ oder ›als Freundin‹ – das war nicht meine Art zu denken. Eigentlich war es überhaupt kein Gedanke. Es war das reine Begehren.

Und dabei gab sie sich nicht einmal unterwürfig. Dadurch begehrte ich sie nur umso mehr. Viele der männlichen Kontrollfreak-Doms auf dieser Welt können mit so einer Frau gar nicht umgehen.

Ich schon.

MADISON

Chino schien entschlossen, meinen ganzen Hintern mit Rot zu überziehen. Er hatte mir kaum ordentlich Prügel auf jeden Zentimeter meines Hinterns versetzt, da war es auch schon Zeit zum Seitenwechsel.

Mit einer kleinen Verbeugung reichte er mir das Paddle und legte die Hände an die Wand. Ich machte es wie er und fuhr mit der Hand über den Pfirsichflaum auf seinem Hintern, ehe ich mit dem Paddle ausholte. Anders als ich, hatte er harte, knackige Backen, die man mühelos beide zugleich treffen konnte. Ich schwang den Schläger leicht aufwärts, um bei jedem Hieb die weiche Unterseite zu treffen. Er biss die Zähne zusammen, und als ich mich den zwanzig näherte, knurrte er bei jedem Schlag.

Nun wieder er. »Denk dran, Madison«, sagte er, während er mit der Hand über die Schlagfläche strich. »Wenn ich aufhören soll, musst du nur die Hände runternehmen.«

Ich konnte die warme Stelle an der Wand fühlen, wo seine Hände gewesen waren. »Unwahrscheinlich.«

»Wie du wünschst.« Er trat zurück.

Diesmal schlug er viel fester zu, und jetzt war ich es, die knurrte. Anscheinend hatte er es in der ersten Runde langsam für mich angehen lassen, aber da ich ihm nichts erspart hatte, hatte er die Samthandschuhe jetzt ausgezogen. Er holte bei jedem Schlag voll aus und ließ das Paddle auf meiner Haut ruhen, sodass die Nieten sich hineinbohrten. Trotzdem hatte ich schon mehr gelitten. So schlimm war das nicht …

Bis er bei elf angekommen war, und ich spürte, dass meine Handflächen vor Schweiß juckten. Was war da los? Urplötzlich gab es nicht mehr genügend Sauerstoff im Raum, aber als ich immer schneller atmete, wurde das Gefühl noch schlimmer anstatt besser.

Ich spürte seine Hand fest und warm auf meiner Schulter. Die Schläge hatten aufgehört, und seine Stimme klang ruhig in meinem Ohr. »Geht’s dir gut?«

»Natürlich geht’s mir gut.« Ich blinzelte. Oder nicht? Ich stieß einen Atemzug aus. Es war nur ein winziger Adrenalinstoß, sagte ich mir. Kleinigkeit.

Er hörte sich amüsiert an. »Du bist nämlich an der Reihe.«

»Oh.« Ich richtete mich auf, mein Herz pochte noch, aber im Kopf war ich high. »Ich bin beim Zählen durcheinandergekommen.«

Wieder dieses dreckige Grinsen. »Dann ist’s ja gut, dass ich ehrlich bin.« Er hielt mir das Paddle in, ich nahm es und besann mich auf mein Ziel. Ihm dieses Grinsen aus dem dreisten Posergesicht zu wischen. Seinem rot angelaufenen, erregten Gesicht. Es war nicht der einzige Körperteil, der rot geworden war. Die gierige Rundung seines Schwanzes zuckte, und an der Spitze fiel mir ein Tropfen Vorsaft auf. Ich rubbelte rasch ein paarmal an seinem Schaft, um ihn zu verblüffen – manchmal genügte eine kleine Aufmerksamkeit an genau dieser Stelle, um einen Kerl zum Sub zu machen, sobald er merkte, dass jemand anderes es ihm besorgte – aber nicht so Chino. Er antwortete mit einem tiefen, kehligen Knurren.

Ich fing an, ihn so fest ich konnte mit dem Paddle zu bearbeiten, wobei ich weit ausholte und es ihm voll auf den Arsch knallte. Aber schrie er etwa? Nein! Der Mistkerl fing an, bei jedem Schlag zu bellen wie ein Hund!

Als ich bei zwanzig war, hätte ich vor Ärger fast das Paddle zu Boden geworfen, aber ich atmete durch, weil ich den Wettkampf verlieren würde, wenn ich jetzt die Kontrolle verlöre. Ruhig bleiben und weitermachen, heißt es nicht so? Mit einem wütenden Blick reichte ich ihm das Paddle und legte wieder die Hände an die Wand.

Der Schmerz von dem Paddle strahlte von meinen Backen an meinen Beinen abwärts und an der Wirbelsäule entlang aus. Aber er war nicht so arg, dass er die Ursache für meine zugeschnürte Kehle oder den Knoten im Bauch sein konnte. Ich presste Luft in meine Lungen und wieder heraus, kniff die Augen zu und versuchte, den Grund herauszufinden. Vielleicht hätte ich zu Mittag doch mehr als einen Müsliriegel essen sollen. Vielleicht hatte ich eine Weile nicht daran gedacht, Wasser zu trinken. Ich klammerte mich an alles, wissend dass ich nicht mehr zu tun hatte, als länger auszuhalten als er. Auf dieses Ziel konzentrierte ich mich.

Ich spürte seine Hand in meinem Kreuz. Seine Stimme klang tief und fest in meinem Ohr. »Du bist dran.«

»Vielen Dank.« Ich riss die Augen auf und griff wieder nach dem Paddle.

Diesmal bearbeitete ich ihn ohne eine Pause zwischen den Schlägen, wamm wamm wamm, und diesmal gab es kein Hundegebell oder freches Gewackel mit dem Arsch. Er warf den Kopf zurück, und genau als ich bei zwanzig war, entfuhr ihm zwischen zusammengebissenen Zähnen ein langes Grunzen oder Knurren.

»Wow«, sagte er, während er langsam die Arme senkte. »Erinnere mich dran, dich niemals zu reizen.«

Mir fiel die Kinnlade herunter. War ihm nicht klar, dass ich schon wütend war? Ich legte die Hände an die Wand. Mir schwirrte der Kopf, aber es war schwer, einen Gedanken zu fassen, so wie mein Körper gerade ausrastete.

Der erste Schlag kam schnell, und plötzlich war ich konzentriert: Was genau machte ich da? Ich schüttelte den Kopf. Es war doch nicht meine Art, jemanden im Zorn zu schlagen. Das verstieß gegen alles, was ich wusste, und alles, was ich über SM gelernt hatte, gegen alles, was ich Missbrauchsopfern am Sorgentelefon geraten hatte. Meine Knie fingen an zu zittern, als mir das bei den folgenden Schlägen bewusst wurde. Ich hatte wirklich die Beherrschung verloren. Und wieso? Weil Chino nervte? Das war kein guter Grund, jemanden zu schlagen, selbst wenn er sich freiwillig dazu hergab.

Ein Schluchzer blieb mir in der Kehle stecken, als ich merkte, dass er langsamer wurde und nach jedem Schlag mit der Handfläche über meine Backen strich, worauf er mir einen scharfen Strafhieb mit dem Paddle versetzte, bevor er das Brennen erneut linderte. Das unerwartete Gefühl stieg in mir auf, ich hätte es verdient. Ich hätte es verdient, vor allen gezüchtigt, bestraft zu werden. Wie hatte ich mich so von meinen Gefühlen hinreißen lassen können? Ich sollte doch ein Vorbild sein. Ich sollte doch die Regeln vorleben, nicht sie brechen.

»Fünfzehn«, zählte er laut mit. »Sechzehn.« Ich schluckte schwer und versuchte, all meine Gefühle unter Verschluss zu halten. Ich würde nicht weinen. Nicht vor allen Leuten. »Chino«, stieß ich durch meine zugeschnürte Kehle hervor.

Er versetzte mir einen weiteren scharfen Hieb. »Siebzehn. Denk dran, Maddie. Wenn du genug hast, musst du nur die Arme fallenlassen.«

Ich drückte die Handflächen fest gegen die Wand. Konnte ich es tun? Konnte ich mich überwinden nachzugeben?

»Achtzehn.« Danach strich er nicht mehr lindernd über die Haut, und ein weiterer Schluchzer versuchte sich Bahn zu brechen. Wieso? Weil es mir mit einem Mal die Seele zerriss, dass mir dieses kleine tröstliche Tätscheln versagt blieb?

Was zum Teufel ging nur vor in meinem Kopf, meinem Herzen?

»Neunzehn«, sagte er direkt rechts neben mir, während er das Paddle schwang … doch dieses Mal berührte er nur ganz leicht meine Haut, als wüsste er, dass ich genug hatte, als wüsste er, dass es nur einen Luftstoß gebraucht hätte, um mich umzuwerfen. Als wäre selbst ein einziger zärtlicher Klaps zu viel.

Ich ließ die Arme fallen und sank in die seinen.

2

MADISON

In den SM-Ratgebern und SM-101-Seminaren wird immer davon geredet, wie Menschen während einer Nummer urplötzlich von unerwarteten Emotionen oder jähen Erinnerungen überwältigt werden. Mir war das noch nie passiert, aber als Chino mich in einen privaten Nebenraum führte – um sich seinen ›Preis‹ in Form von fünfzehn Minuten abzuholen, in denen er machen konnte, was er wollte – stellte ich fest, dass das gerade der Fall sein musste. Alle Gefühle, die ich mir vorstellen konnte, flitzten in mir hin und her wie Ping-Pong-Bälle: Zorn, Scham, Angst, Trauer, Verwirrung.

Und Lust. Am verwirrendsten war, dass ich tropfnass war und nicht wusste, was ich dagegen tun sollte.

Okay, vielleicht würde Chino mich rannehmen, wenn man seinen Kommentaren den Zuschauern gegenüber, als er mich halb wegschleppte, glauben konnte. Axel und Ricki und Sakura hatten ihm alle gratuliert, nachdem wir den Schauplatz verlassen hatten. Die Tür schloss sich hinter uns, als er mich in einen separaten Raum brachte. Dann fegte er mich buchstäblich von den Füßen – und ich bin nicht eben zierlich – packte mich und legte mich auf ein Bett. Ich war darauf gefasst, dass er anfangen würde, mir das Korsett aufzuschnüren, hörte ihn aber neben mir herumrumoren. Holte er etwa gerade Gleitmittel oder so was?

Nein, eine Flasche Wasser. Er öffnete sie und bot mir etwas zu trinken an. Ich konzentrierte mich aufs Schlucken, darauf, nichts zu verschütten, ihm die Flasche zurückzugeben, ohne sie fallenzulassen. Wir befanden uns im Prinzessinnenzimmer, dem mit dem Bett mit dem Baldachin. An allen vier Pfosten waren je zwei Ledermanschetten angebracht, die vom Stoff des Baldachins verdeckt wurden. Ich fragte mich, ob Chino davon wusste. Ich beschloss, es ihm nicht zu sagen.

Stattdessen sagte ich: »Vielen Dank. Äh, ich meine, tut mir leid.« Ich wusste selbst nicht, was ich meinte; so durcheinander war ich.

Er kletterte neben mir aufs Bett, und ich stellte fest, dass er ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte. Es kam mir komisch vor. Er breitete die Arme aus, und es fühlte sich richtig an, mich an ihn zu schmiegen. Sein warmer Körper und sein Herzschlag trösteten mich. Erdeten mich. Ich spürte, wie sich das wilde Flattern meines Pulsschlags beruhigte.

Dann sprach er. »Was tut dir leid?«

»Nichts. Ich weiß nicht.« Es tat mir leid, dass ich ausgerastet war, aber da das dazu geführt hatte, dass er gewonnen hatte, nahm ich an, es gebe keinen Grund, mich dafür zu entschuldigen. Genau, Moment, das hatte ich ja überhaupt nicht gemeint. »Ich meine, es tut mir leid, dass ich dich so hart rangenommen habe. Normalerweise bin ich gar nicht so. Ich hab ein bisschen die Beherrschung verloren.«

Er strich mir über die Haare, was sich anfühlte, als würde er mir verzeihen. Ich spürte wieder den Kloß im Hals und musste nachfragen. »Verzeihst du mir?«

»Nichts Schlimmes passiert, Süße«, sagte er und küsste mich auf die Haare. »Nichts Schlimmes passiert.«

Eine heftige Erleichterung, die an Euphorie grenzte, erfüllte mich, als so meine Schuld mit einem zärtlichen Kuss weggehaucht wurde. »Kann ich irgendwas tun, um es wiedergutzumachen? In den nächsten fünfzehn Minuten gehöre ich dir.«

Er stieß einen langen Seufzer aus. »Bist du dir sicher, dass du zu allem bereit bist?«

Ich wappnete mich. Nachdem ich meine eigenen Verhaltensgrundsätze heute schon einmal verletzt hatte, hatte ich nicht die Absicht, mich nochmals zu enttäuschen. »Zu allem. So war’s abgemacht.«

»Okay, denn es könnte sich ein bisschen abgedreht anhören.«

»Ich hab im Leben schon eine Menge abgedrehten Scheiß gesehen und gemacht, Chino.« Bedeutend abgedrehter, als mich von einem Rockstar fast bis zu Tränen mit dem Paddle versohlen zu lassen.

»Echt? Wie abgedreht?«

»Zum Beispiel als ich es mit ›exotischem Tanz‹ versucht habe. Da war so ein Typ, der für einen privaten Striptease bezahlte, bei dem ich eine Lucha-Libre-Wrestlermaske tragen musste.

»Echt?«

»Echt. Genau genommen war der einer von den Netteren. Der war nicht dran schuld, dass ich nach einem Monat wieder damit aufgehört habe.«

»Ohne Scheiß. Also, das, was ich möchte, ist auf andere Art und Weise abgefahren.«

Ich fing an, mich wieder mehr wie ich selbst zu fühlen, und hob den Kopf, um ihm in die Augen zu sehen. »Okay. Was ist es?«

Seine Pupillen waren dunkelbraun, umgeben von schwarzen Ringen, und ich hatte das Gefühl, in seine düsteren – schwindelerregenden, verwirrenden - Tiefen zu blicken. Als würde meine Welt sich verschieben. Besonders als ich hörte, wie seine Stimme stockte, während er sagte: »Ich möchte reden. Ich … muss mit jemandem reden.«

Ich ertappte mich dabei, wie ich die Hand ausstreckte, um seine Wange zu berühren und mit den Fingerspitzen über die Mundwinkel zu streichen. War es der ernste, leidende Ausdruck auf seinem Gesicht, der ihn wie einen anderen Menschen wirken ließ, oder lag es daran, dass ich ihn plötzlich mit anderen Augen sah? »Alles in Ordnung?«

»Mir geht’s gut.« Er erwiderte meinen fragenden Blick. »Aber ich hatte gerade eine Art Flashback, heißt das nicht so? Eine Eingebung jedenfalls. Du wirkst, als würdest du wissen, was es mit SM auf sich hat. Und es gibt da so einiges, worüber ich mit den Jungs in der Band nicht sprechen kann.«

Erstaunt und gespannt richtete ich mich etwas weiter auf und fragte mich, was um alles in der Welt er mir erzählen wollte. »Du kannst mit mir darüber reden.«

Er stemmte sich ganz hoch und sortierte die Kissen neu, sodass wir uns dagegenlehnen konnten, er mich aber immer noch festhalten konnte. Er fing nicht gleich an zu sprechen. Er streichelte meine Haare, schob mit den Fingerspitzen verirrte Locken hinter mein Ohr. Die bedächtige Zärtlichkeit stand in solchem Gegensatz zu der wilden Energie, mit der ich ihn geschlagen hatte, und erinnerte mich wieder daran, wie er mich an den Moment meiner Kapitulation herangeführt hatte.

»Mir ist bei unserem Spiel etwas klargeworden. Vielleicht etwas, was ich verdrängt habe, oder vielleicht denkt man als Kind an manche Sachen auch nicht«, sagte er.

Ich strich ihm jetzt wie er zuvor sich selbst mit den Fingerspitzen über die Haare, um ihn zum Reden zu ermutigen.

»Meine Eltern haben sich getrennt, als ich zehn war. Und weißt du, danach kam ich mir wie der Mann im Haus vor. Ein Zehnjähriger, der auf die Dreißig zuging, weißt du, was ich meine? Dann machten wir zwei harte Jahre durch, bis so ein reicher Typ meine Mutter einfach umhaute.«

Sein Blick verlor sich, als er es erzählte, und war auf die gegenüberliegende Wand gerichtet – auf eine Vergangenheit, die weit zurücklag. Ich versuchte, ihn mir als Elfjährigen vorzustellen, der dachte, er müsse der Mann im Haus sein. Ganz anders als die verantwortungslose Nervensäge, als die ich ihn abgestempelt hatte.

»Sie haben geheiratet, und wir sind von L.A. weg und zu ihm gezogen, in ein riesiges Haus in einem guten Viertel außerhalb von Toledo, sechs Zimmer, Garage für drei Autos. Aber das wollte ich dir gar nicht erzählen. Die Sache ist die, dass ich nach der Trennung meiner Eltern meinen Vater nie mehr gesehen habe.«

Ich zählte seine Atemzüge, während er daran zurückdachte. Sein Blick wirkte betrübt. »Was ist dir klar geworden?«, fragte ich.

»Ich war kein braves Kind. Ich war ein Teufelsbraten. Einmal, ich muss grade mal fünf oder sechs gewesen sein, Flor war noch ein Baby und Vincente noch nicht mal geboren. Mom war auf Arbeit, und ich machte irgendwas Schlimmes, vielleicht hab ich das Bier meines Vaters umgeschmissen, als ich durchs Fernsehzimmer rannte. Er war kein besonders kräftiger Mann, aber bei solchen Gelegenheiten schien er zum Riesen zu werden. Seine Haare wurden schon dünn, aber er trug sie zu einem langen Pferdeschwanz, und wenn er sauer war, dann kam es mir vor, als würden sein ganzes Gesicht und der Schädel rot anlaufen, und mit den sich lichtenden Stellen sah es so aus, als hätte er das Gesicht eines Teufels. Da kriegt man eine Scheißangst als Kind, weißt du? Egal, anstatt einfach auszuholen und mir eine zu scheuern, wie er es immer gemacht hatte, als ich noch ganz klein war, hat er diesmal gebrüllt: ›Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du im Haus nicht rennen sollst?‹ und mir befohlen, in die Küche zu gehen und mich an einer Stuhllehne festzuhalten.«

Ich hielt den Atem an, als sich Chino durch seine Erinnerung vortastete. Eine seiner Hände zitterte leicht.

»Ich hatte das total vergessen. Und während des Paddlespiels hab ich mich erinnert: Er befahl mir, stillzustehen, ich sei jetzt ein großer Junge, und wenn ich mich nicht wie einer benehmen würde, müsste ich lernen, meine Strafe auf mich zu nehmen wie einer. Und dann ist er ins Schlafzimmer gegangen und mit einem Paddle zurückgekommen und hat mich windelweich geprügelt.«

»O nein«, sagte ich und bekam Schuldgefühle, weil ich ihn auch so fest geschlagen hatte. »Ich habe einen Flashback bei dir ausgelöst, der dich an die Zeit erinnert hat, als man dich als Kind misshandelt hat. Es tut mir so leid. Du weißt ja, dass ich früher ehrenamtlich bei einer Hotline für Opfer häuslicher Gewalt gearbeitet habe, nicht? Du kannst mir davon erzählen …«

»Nein, nein, das ist es ja nicht mal, Madison.« Er lachte, ein leises, aber echtes Lachen. »So war das nicht. Das wurde nicht zur Gewohnheit. Das war wirklich gar nichts für einen rotznäsigen harten Knochen, wie ich mit sechs einer war.«

Das nahm ich ihm nicht ganz ab, aber er sprach weiter.

»Nein, das, was mir bewusst wurde, ist Folgendes. Er ist ins Schlafzimmer gegangen, um ein Paddle zu holen. Als Kind ist mir nie der Gedanke gekommen, es könnte zu irgendeinem anderen Zweck dort versteckt sein als dem, es herauszuholen, wenn ich böse war.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Aber wenn man drüber nachdenkt. Wozu hatten sie es? Es ist ganz klar.«

Aha. »Deine Eltern waren kinky.«

»Anscheinend. Wenn einem das klar wird, das ist doch was, hm?« Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Da muss man doch denken, dass meine Sexualität eine Art Rebellion ist oder ein Bruch mit der Tradition oder so ähnlich.«

»Du siehst das als Rebellion?«

»Wenn man bedenkt, wie religiös meine Mom wurde – ja, ich schätze schon. Mir ist nie der Gedanke gekommen, sie könnte nicht immer so gewesen sein.« Er bewegte das Kinn, als versuchte er, den Gedanken hinunterzuschlucken. »Das heißt, bis jetzt.«

»Niemand will wirklich über den Sex nachdenken, den seine Eltern haben.«

»Stimmt. Und es änderte sich alles so drastisch, als wir zu meinem Stiefvater gezogen sind. Das krasse Gegenteil von meinem Dad. Der Typ war ein prüder, kirchentreuer Schlipstyp, bei dem jeden Abend um sechs das Essen auf dem Tisch stehen musste und die Kinder um neun im Bett zu sein hatten. Das hieß allerdings, dass meine Mutter nicht mehr arbeiten musste und wir auf eine schicke Vorstadtschule gingen.«

»War das … gut? Das hört sich nicht an, als wärst du sehr froh darüber.«

»Ich hab’s gehasst. Ich hab die Vorstadt gehasst, ich hab den Mittleren Westen gehasst, ich hab meinen Stiefvater gehasst. Wir hatten ständig Streit, während meine Mutter mich immer wieder anbettelte, brav zu sein. Aber ich war nicht gut im Bravsein. Ich bekam Ärger in der Schule, mit Ämtern, mit der Polizei. Am Ende hatte es mein Stiefvater satt. Er hat mir gedroht, mich rauszuwerfen, als ich sechzehn war, weil ich mich immer mit allen angelegt habe. Ich habe ihm die Mühe erspart und bin von selbst gegangen.«

Chino hob meine Hand an seine Brust, und ich konnte sein Herz schlagen fühlen. »Und da bin ich und prügle dich grün und blau.« Er drehte sich um und schaute mir in die Augen. »Bringe dich dazu, dass du selbst einen Flashback hast.«

Sein Blick nagelte mich an meinem Platz fest, meine Zunge war im Mund erstarrt, mein Herz fing an zu flattern wie ein Vogel im Käfig. Jetzt, wo die Nummer gelaufen war, wollte ich mich meinen vertrauten Illusionen hingeben und mich der Wahrheit über meine Gefühle nicht stellen. Kummer und Verlegenheit färbten meine Wangen rot.

»Willst du mir davon erzählen?«, fragte er.

Ich schloss die Augen, spürte aber noch die Hitze seines Blicks. »Ich hatte keinen Flashback.« Ich fühlte seine Hand, die meinen Nacken massierte, und dann seine Finger, die sich in meine Haare vorarbeiteten.

Als sein Griff langsam fester wurde, empfand ich einen jähen Rausch der Erregung, als hätte er einen Hahn aufgedreht. Oh, Scheiße. Ich versuchte mir einzureden, dass beherrscht zu werden jetzt nicht das war, was ich brauchte, aber ich war stärker angeturnt als in den ganzen letzten Jahren.

»Ich habe immer noch sieben Minuten übrig«, sagte er mit seinem Gesicht dicht an meinem. »Bist du dir da sicher? Erzähl mir, was mit dir los ist, Madison.«

»Da gibt’s nichts zu erzählen, wirklich«, beharrte ich, aber bei der Lüge zog sich alles in mir zusammen. Wann war ich je scharf darauf gewesen, einem Dom zu gehorchen? Noch nie, so war das. Aber okay, hier war die Wahrheit … oder wenigstens eine Wahrheit: »Ich weiß nicht, was passiert ist. Ich hab einfach kurz aufgehört zu denken. Keine großen Erkenntnisse. Keine Erinnerungen. Endorphine. Mehr nicht.«

»Und wie fühlst du dich jetzt? Sei ehrlich.«

Ich spürte, wie ich rot wurde, als hätte er mich beim Lügen ertappt, und das hatte er ja vielleicht auch. Drängte er mich zuzugeben, dass ich eine Sub war und dass ich jetzt wieder unaufhaltsam da hineinschlitterte? Oder war es nur versautes Gerede? Irgendwie war es, als hielte er nicht nur meinen Körper, sondern auch meinen Willen in Händen, und ich konnte ihn nicht geradeheraus anlügen. »Ich bin scharf«, sagte ich. »Total scharf.«

»Ach, wirklich?«

Wenn er sich einen Spaß mit mir erlaubte, würde ich mich später rächen.

Er machte keinen Spaß. »Es ist allerdings vermutlich die falsche Zeit, dich zu ficken, bis du den Verstand verlierst.« Er knurrte ein bisschen, als er es sagte, dann zwang er sich, so ruhig und vernünftig wie möglich zu sprechen. »Ich glaube, die Nummer hat sich als heftiger herausgestellt, als wir beide wollten.«

Das stimmte. Aber ruhig und vernünftig war nicht, worauf ich jetzt scharf war. Ich konnte die Worte kaum glauben, die aus meinem Mund kamen. »Vielleicht ist es die perfekte Zeit zu ficken, bis wir den Verstand verlieren«, sagte ich. »Ich meine, unseren Verstand haben wir ja schon verloren.«

»Psst.« Er senkte den Mund auf meinen Hals und küsste und saugte zärtlich und jagte mir Wogen der Lust durch den Leib. Mmmh, wann hatte ein Mann zum letzten Mal solche Gefühle in mir geweckt? Als könnte er jede Art von Lust hervorrufen, wenn ich ihn nur ließ, wenn ich mich einfach nur hingeben würde. Sich hingeben war im richtigen Leben am Ende nie so gut, wie es sich in Büchern anhörte, aber innerlich brannte ich darauf, diese Theorie noch einmal zu überprüfen. Vielleicht ist Chino ja anders, vielleicht funktioniert es diesmal. Oder ich war einfach nur zu geil, um klar denken zu können.

Ich klammerte mich an ihn, als er mich losließ und anfing, sich von mir zu lösen. Ich hatte das Gefühl, dass er sich nicht nur körperlich zurückzog, sondern auch emotional, und ich war mir nicht sicher, was mehr wehtat. »Chino.«

»Maddie.«

»Du kannst … mich doch nicht einfach so hier sitzen lassen.«

»Ich habe noch vier Minuten übrig«, sagte er, während er zurückwich und sich auf die andere Seite des Betts setzte. »Wenn wir ficken, würde ich lieber an was anderes denken als die ganze Zeit an beschissene Vaterfiguren.«

»Wenn wir ficken«, sagte ich, überrascht nicht nur darüber, wie sehr ich ihn wollte, sondern auch, wie heftig ich ihn anmachte, »denkst du ja vielleicht gar nicht mehr an sie. Für eine Weile.«

Er sah mich erneut an. »Ich hätte nicht gedacht, dass du mich so sehr magst.«

Tu ich gar nicht, hätte ich am liebsten gesagt. Aber ich will dich trotzdem. Hormone. Horoskop. Hier läuft etwas ab, was ich nicht unter Kontrolle habe. Jetzt hatte ich nicht nur Schuldgefühle, weil ich ihn so fest geschlagen hatte, sondern weil ich ihn so hart beurteilt hatte. Trotzdem versuchte ich, es ihm heimzuzahlen. Ich nahm die Ecke des Handtuchs zwischen zwei Finger und zog es langsam beiseite, worauf eine zuckende, rote Erektion zum Vorschein kam. »Deinen Schwanz scheint es nicht zu scheren, was ich denke.«

Er ließ das Handtuch fallen und legte sich auf mich, wobei er mit seinem heißen, harten, langen Glied über meinen Oberschenkel strich. Er schob mir eine Hand zwischen die Beine und entdeckte, wie ungemein nass ich war. »Und deine Muschi auch nicht«, sagte er.

Ich stieß die Hüften nach oben. »Scheiße, es ist … es ist bescheuert, wie« – sehr ich dich will – »geil ich gerade bin. Ich bin … für gewöhnlich nicht so.« Ich zermarterte mir das Hirn, um mir etwas auszudenken, was ich sagen konnte, damit er nachgab.

»Hm-mh«, sagte er. »Und genau deshalb wird auch aus dieser Fick-und-Klammer-Nummer nichts werden.«

Ich wollte schon lautstark Einspruch erheben – so sehr begehrte ich ihn –, aber dann steckte er den Kopf zwischen meine Beine, zog mit einer Hand den Tanga zur Seite und hielt meine Beine gespreizt, während seine Zunge sich ans Werk machte. Ich bäumte mich so erregt auf, dass ich nicht glaubte, es würde lange dauern, bis ich kam. Was ein Glück war. Als er kurz innehielt, um Luft zu holen, sagte er: »Zwei Minuten«, und ich war mir nicht sicher, ob es eine Drohung war oder ein Versprechen.

Sein Mund war mehr als begabt, ein wahrer Kenner des weiblichen Körpers, und als er zwei Finger in mich hineinschob, kam ich zum Höhepunkt, und mein Orgasmus schoss mir den Rücken entlang und katapultierte meinen auch so schon schwirrenden Kopf in die Umlaufbahn. Er ließ nicht davon ab, mich von innen zu streicheln, und setzte die festen Schläge seiner Zunge fort, bis ich die volle Wucht meines Abgangs ausgekostet hatte.

Er hob den Kopf, um mich von unten zwischen meinen Beinen mit Katzenaugen anzuschauen, und leckte sich die Lippen. Dann legte er den Kopf in den Nacken und stieß eine Art Brüllen aus wie ein Tiger oder ein Löwe, und mir wurde klar, dass er sich mit der anderen Hand selbst gewichst hatte. Er kam auf das Laken und quer über das Bett und ließ dann keuchend den Kopf hängen.

Ich war sprachlos, aber mein ganzer Körper fühlte sich so matt und köstlich an, dass mir war, als könnte kein negatives Gefühl den Kokon der Lust durchdringen, der mich umgab. Noch vor fünfzehn Minuten hatte ich alles Schlimme für möglich gehalten, und jetzt konnte ich mir nicht einmal vorstellen, Enttäuschung oder Scham oder Angst oder Zorn oder Trauer zu empfinden. »Chino.«

Beim Klang seines Namens hob er den Kopf, und mein Kokon wurde von dem Ausdruck des Schmerzes auf seinem Gesicht durchbohrt. Er kaschierte ihn rasch mit einem Lächeln, aber ich hatte ihn gesehen.

»Hey«, sagte er. »Danke.«

»Äh, danke«, gab ich zurück, was sich lächerlich anhörte. »Du siehst aus, als könntest du ein bisschen Kuscheln gebrauchen.«

Er zog seine Augenbrauen hoch. »Wirklich? Und du bist sicher, dass nicht du es bist, die ein bisschen Kuscheln braucht?«

»Halt den Mund und kuschle mit mir«, befahl ich scherzhaft, und er lachte und kam zu mir hoch, um mich wieder festzuhalten.

»Darf ich dich noch um eine einzige Sache bitten?«, fragte er.

»Na klar. Was du willst.«

Er stockte, vielleicht als kunstvolle Pause, vielleicht auch nur, um mich warten zu lassen, dann sagte er: »Wohnungssuche. Ich brauche Hilfe bei der Wohnungssuche.«

»Im Ernst?«

»Im Ernst. Die Immobilienmakler ignorieren Alleinstehende und schenken Paaren viel mehr Beachtung. Im Laurel Canyon gibt es einen Haufen freier Häuser. Du musst nicht mit mir Händchen halten oder so, einfach nur mitkommen.«

Ich lachte. Vielleicht war ich immer noch von der Nummer und allem weich, aber ich stimmte sofort zu. Außerdem konnte es ja Spaß machen zu sehen, was für ein Haus ein Rockstar sich leisten konnte.

CHINO

Okay, so hatte ich mir den Abend nicht vorgestellt. Wir kamen unter dem Beifall unserer Freunde aus dem Spielzimmer, was dazu führte, dass Madison rot wurde und ich triumphierend meinen Bizeps spielen ließ. Es schien, als würden sie unsere augenscheinliche Affäre gutheißen, und ich fragte mich, ob sie irgendwie darauf gewartet hatten. Ich hatte geglaubt, mein Interesse an ihr ziemlich gut unter Verschluss gehalten zu haben, aber Axel kannte mich gut, und Sakura entging ohnehin nichts.

Bei meiner Arbeit – besonders auf diesem Erfolgslevel – lernte ich eine Menge atemberaubender Superfrauen kennen, und manche von ihnen waren ziemlich intelligent; was mir an Madison auffiel, war, dass sie, anders als die meisten Mädels, nicht versuchte zu verstecken, wie intelligent sie war. Das gefiel mir noch besser als die Art, wie ihr Korsett sich um ihre üppigen Hüften schmiegte. Ich hatte in der letzten Zeit kaum eine Party versäumt – bis auf die Monate, in denen The Rough durch Europa getourt war –, aber irgendwie hatte sich nie die Gelegenheit ergeben, sie zum Spielen einzuladen. Manchmal hatte ich sogar das Gefühl, dass sie mir aus dem Weg ging. Die Frage war allerdings, ob sie mir aus dem Weg ging, weil ich an ihr oder weil sie an mir interessiert war.

Ich würde sagen, angesichts dessen, was heute Abend abgelaufen war, hatte ich jetzt meine Antwort. Sie war mehr als interessiert, aber wenn die ganzen Stimmungsschwankungen, die sie während unserer Nummer durchgemacht hatte, irgendetwas aussagten, dann hatte die Frau Probleme. Schwere Probleme. Okay, sagte ich mir, ich schätze, ich werde rausfinden, ob diese Probleme alles kaputtmachen oder ob wir hier was am Laufen haben. Irgendetwas ging in ihrem hochroten Kopf vor. Madison war offensichtlich ein ganzes Stück komplizierter, als ich zuerst gedacht hatte.

Ich hatte schon immer auf Kinksex gestanden. Die ganze Vorstellung von Sklavenmädchen und Bondage und Auspeitschen hat mich schon immer angeturnt, schon als ich als Junge einen Blick in die Heftesammlung meines Dads gewagt hatte. Manche Typen lasen Penthouse oder was auch immer, stimmt’s? Mein Dad hat in einer abgeschlossenen Schublade in seinem Büro diese wilden europäischen, japanischen und amerikanischen Underground- und Indie-Comics versteckt gehabt, die voll waren mit Zeichnungen von Korsetts und Stiefeln und Fesseln mit Stricken und so abgefahrenem Zeug. Von europäischen Künstlern wie Moebius und Milo Manara und Amerikanern wie Michael Manning und Frank Gary.

Nachdem ich von zu Hause aus- und in die Stadt gezogen war, fand ich so einen Frank-Gary-Comic auf dem Flohmarkt und ließ mir entsprechende ›Bondage-Beauties‹ auf meine Oberarme tätowieren. Meine ersten Tattoos. Da ich mir kaum etwas zu essen leisten konnte, mochte es verrückt erscheinen, das Geld für Tattoos auszugeben, aber damals war es mir wichtiger gewesen, genau herauszufinden, wer ich sein wollte, als etwas zu essen.

Kurz darauf lernte ich Axel und Mal kennen. Wenn ich abergläubisch wäre, würde ich denken, die beiden Tattoos wären wie ein Zauberspruch gewesen, der die beiden Menschen herbeigerufen hatte, die ich zu dieser Zeit meines Lebens am dringendsten gebraucht hatte.

Die Tinte von meinem neuesten Tattoo – die Augen eines Wächters, hinten auf den Schultern - war noch frisch. Maddie machte eine Bemerkung darüber, als sie mir unter der Dusche den Rücken wusch. Sie hatte mich nicht in die riesige, auf sechs Personen ausgelegte Dusche des Verlieses gebracht, sondern in die immer noch große im Umkleideraum für das Personal. »Du schälst dich.«

»Ja, die Tinte wird noch ein, zwei Tage lang abgehen«, sagte ich. Das tiefe Schwarz würde aus meiner Haut rinnen und eine Schicht bilden, die dann abgehen würde. »Was ist mit dir? Ich kann mich nicht erinnern, irgendwelche Tattoos an dir gesehen zu haben.«

»Hab mich nie dazu durchringen können«, sagte sie. »Konnte mich nie für etwas entscheiden, das ich für immer auf mir haben wollte, weißt du? Haben deine alle irgendeine Bedeutung?«

»Ja«, sagte ich, hatte aber keine Lust, sie zu erklären. Ich beschloss, mich an die zu halten, die sie gerade betrachtete. »Die Augen sind das einzige Tattoo auf meinem Rücken. Als ich damit anfing, mir Tattoos stechen zu lassen, wollte ich sie noch irgendwo haben, wo ich sie selber sehen konnte.«

»Und wieso ist das jetzt anders?«

Ich zuckte die Achseln und hielt den Kopf unter das Wasser. Als ich fertig war, tauschte ich den Platz mit ihr und genoss den Anblick des Wassers, das über ihre blasse Haut und ihre üppigen Rundungen strömte. Atemberaubend. Ich hoffte inständig, dass dies nicht meine einzige Chance bei ihr sein würde und sie mich nicht in die Wüste schickte, sobald wir uns angezogen hatten. Da sie mich immer noch erwartungsvoll anschaute, beantwortete ich ihre Frage. »Sie sollen … das hört sich total bescheuert an.«

»Was?«

»Ich hab die Augen dorthin gemacht, damit immer jemand meinen Rücken bewacht.«

»Axel und die Jungs …?«

»Versteh mich nicht falsch. Die Jungs in der Band sind meine Brüder. Ich weiß, dass sie immer hinter mir stehen werden, und doch, weißt du, sie suchen sich Partnerinnen, denken daran, eigene Familien zu gründen …« Ich brach ab, weil ich keinen Scheiß über meine Waffenbrüder erzählen wollte. »Na ja, es ist, wie du sagst. Ein Tattoo ist für immer. Ich schätze, es soll mich daran erinnern, dass ich letztlich immer selbst auf mich aufpassen muss.«

Die Wahrheit war, dass die Jungs, obwohl sie mich liebten und wir eine Menge zusammen durchgestanden hatten, vieles nicht von mir wussten. Und wenn es nach mir ging, würden sie es auch nicht erfahren. Mal war superreich, stammte von altem Geldadel ab. Ford auch – sein Dad hatte Millionen in der Musikbranche verdient. Axel hatte es nicht immer leicht gehabt, aber er hatte nie Hunger gelitten oder war angeschrien worden, weil er einen Joghurtbecher weggeworfen hatte und seine Mutter eine Tasse brauchte und sich keine leisten konnte.

Das waren meine ersten Drums gewesen: umgedrehte Eimer und Kaffeekannen, Schuhschachteln, mit Reis gefüllte Plastik-Ostereier. Alles, was ich zu einem Perkussionsinstrument hatte machen können, hatte ich dazu gemacht. Während andere Jungs mit Spielzeugautos, Spielzeugsoldaten oder Spielzeugsauriern gespielt hatten, hatte ich auf selbstgebastelte Trommeln geschlagen und zur Stereoanlage meines Dads getrommelt und gesungen und im Wohnzimmer getanzt. Mein Vater war Künstler gewesen, ein Cartoonzeichner, und meine Mutter war putzen gegangen, aber ich war zu jung gewesen, um zu verstehen, wieso man mit Kunst nicht mehr Geld verdiente und wieso meine Mutter keine bessere Arbeit finden konnte. Als meine Schwester geboren wurde, konnte meine Mutter eine Weile nicht arbeiten, und Dad konnte das fehlende Geld nicht ausgleichen. Er hungerte mehr als ich – ich bekam wenigstens Mittagessen in der Schule. Ein Jahr später kam mein Bruder, und von da an ging’s bergab. Die Trennung folgte nicht lange danach.