Doch du wirst nie vergessen - Lesley Pearse - E-Book
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Doch du wirst nie vergessen E-Book

Lesley Pearse

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Beschreibung

Eine stolze junge Frau. Ein hartes Schicksal. Ein großer Traum.

London, 1910: Obwohl Belle in einer verruchten Gegend in einem Bordell aufwächst, erlebt sie eine behütete Kindheit. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, als sie mit fünfzehn Jahren selbst in die Fänge von Mädchenhändlern gerät und zur Prostitution gezwungen wird. Für Belle beginnt eine grauenvolle Odyssee, die sie von Paris bis New Orleans führt. Kraft schöpft sie nur aus der Hoffnung, eines Tages wieder in der Heimat zu sein - und einen eigenen kleinen Hutladen zu eröffnen. Mit nichts weiter als Mut und Einfallsreichtum kämpft sie mit aller Kraft für ihre Freiheit ...

"Diese wundervoll erzählte Geschichte über Träume und Willenskraft trifft mitten ins Herz!" THE SUN

"Kein Zweifel - Sie werden diesen Roman lieben!" EXPRESS ONLINE

"Eine wunderbare, herzerwärmende Saga" WOMAN AT HOME

Nr.-1-Bestseller in England, Irland, Südafrika und Neuseeland - jetzt neu als eBook bei beHEARTBEAT.

Dieser Roman ist in sich abgeschlossen - doch die fesselnde und dramatische Geschichte um die junge Belle geht weiter! Band 2 der Belle-Trilogie: Der Zauber eines frühen Morgens.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.


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Inhalt

Cover

Titel der Autorin

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

KAPITEL 26

KAPITEL 27

KAPITEL 28

KAPITEL 29

KAPITEL 30

KAPITEL 31

KAPITEL 32

KAPITEL 33

KAPITEL 34

KAPITEL 35

KAPITEL 36

KAPITEL 37

KAPITEL 38

EPILOG

DANKSAGUNGEN

Leseprobe – Der Zauber eines frühen Morgens

Titel der Autorin

Die Belle Trilogie:

Band 1: Doch du wirst nie vergessen

Band 2: Der Zauber eines frühen Morgens

Band 3: Am Horizont ein helles Licht

Camellia – Im zarten Glanz der Morgenröte

Adele – Der Wind trägt dein Lächeln

Beth – Das Echo glücklicher Tage

Ellie – Als wir Freundinnen waren

Glorias Geheimnis

Hope – Mein Herz war nie fort

Matilda – Wo das Glück zu Hause ist

Bis dein Herz mich findet

Das Geheimnis von Carlisle

Das helle Licht der Sehnsucht

Das Mädchen aus Somerset

Den dunkel ist dein Herz

Der Wind trägt dein Lächeln

Durch stürmische Zeiten

In der Ferne ein Lied

Jeden Tag ein bisschen Zuversicht

Schatten der Erinnerung

Wenn tausend Sterne fallen

Wo die Hoffnung blüht

Zeiten voller Hoffnung

Weitere Titel in Planung.

Über dieses Buch

Eine stolze junge Frau. Ein hartes Schicksal. Ein großer Traum.

London, 1910: Obwohl Belle in einer verruchten Gegend in einem Bordell aufwächst, erlebt sie eine behütete Kindheit. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, als sie mit fünfzehn Jahren selbst in die Fänge von Mädchenhändlern gerät und zur Prostitution gezwungen wird. Für Belle beginnt eine grauenvolle Odyssee, die sie von Paris bis New Orleans führt. Kraft schöpft sie nur aus der Hoffnung, eines Tages wieder in der Heimat zu sein – und einen eigenen kleinen Hutladen zu eröffnen. Mit nichts weiter als Mut und Einfallsreichtum kämpft sie mit aller Kraft für ihre Freiheit …

»Diese wundervoll erzählte Geschichte über Träume und Willenskraft trifft mitten ins Herz!« THE SUN

eBooks von beHEARTBEAT – Herzklopfen garantiert.

Über die Autorin

Lesley Pearse wurde in Rochester, Kent, geboren und lebt mit ihrer Familie in Bristol. Ihre Romane belegen in England regelmäßig die ersten Plätze der Bestsellerlisten. Neben dem Schreiben engagiert sie sich intensiv für die Bedürfnisse von Frauen und Kindern und ist Präsidentin des Britischen Kinderschutzbundes für die Regionen Bath und West Wiltshire.

L E S L E Y P E A R S E

DOCHDU WIRST NIEVERGESSEN

Aus dem britischen Englisch von Britta Evert

beHEARTBEAT

Digitale Neuausgabe

»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2011 by Lesley Pearse

Published by Arrangement with Lesley Pearse

Titel der englischen Originalausgabe: »Belle«

Originalverlag: Penguin Books Ltd.

Dieses Werk wurde vermittelt durch dieLiterarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover

Für diese Ausgabe:

Copyright © 2012/2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Anne Fröhlich, Bremen

Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven von © shutterstock/Refat; © Nataliwing/iStock/Getty Images

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7517-1534-8

be-ebooks.de

lesejury.de

FÜR HARLEY MACDONALD, MEINEN BEZAUBERNDEN NEUEN ENKELSOHN, GEBOREN AM 5. MÄRZ 2010.

UND FÜR JO UND OTIS, DIE MICH NOCH EINMAL ZU SOLCH EINER GLÜCKLICHEN UND STOLZEN OMA GEMACHT HABEN.

KAPITEL 1

LONDON, 1910

»Du bist bestimmt eine Hure, du wohnst doch in einem Bordell!«

Die fünfzehnjährige Belle wich einen Schritt vor dem rothaarigen, sommersprossigen Jungen zurück und starrte ihn erzürnt an. Er war ihr auf der Straße nachgelaufen, um ihr das Haarband zurückzugeben, das ihr heruntergefallen war. Das war an und für sich schon ungewöhnlich genug in dem Gedränge auf den Straßen von Seven Dials, wo praktisch jeder alles mitgehen ließ, was nicht niet- und nagelfest war. Dann hatte er sich als Jimmy Reilly vorgestellt, der Neffe von Garth Franklin, dem Wirt des Ram’s Head. Er war erst vor Kurzem nach Seven Dials gekommen. Nachdem sie eine Weile geplaudert hatten, fragte Jimmy sie, ob sie nicht Freunde werden könnten. Belle war hingerissen; ihr gefiel sein Aussehen, und er schien ungefähr in ihrem Alter zu sein. Aber dann hatte er mit seiner Frage, ob es ihr nichts ausmache, eine Hure zu sein, alles verdorben.

»Wenn ich in einem Palast lebte, wäre ich deshalb nicht gleich eine Königin«, gab sie zornig zurück. »Stimmt, ich wohne in Annie’s Place, aber ich bin keine Hure. Annie ist meine Mutter!«

Jimmy sah sie zerknirscht aus seinen samtbraunen Augen an. »Tut mir leid, da hab ich wohl irgendwas nicht richtig mitbekommen. Mein Onkel hat mir erzählt, dass Annies Laden ein Bordell ist, und als ich dich rauskommen sah …« Er brach verlegen ab. »Ich wollte bestimmt nicht deine Gefühle verletzen.«

Jetzt war Belle noch verwirrter. Noch nie war ihr jemand begegnet, der auf ihre Gefühle Rücksicht nahm. Ihre Mutter ganz sicher nicht, und die Mädchen im Haus schon gar nicht. »Schon gut«, erwiderte sie leicht verunsichert. »Du wohnst noch nicht besonders lange hier, woher hättest du es wissen sollen? Behandelt dein Onkel dich gut?«

Jimmy zuckte die Achseln.

»Er ist gemein«, stellte Belle fest, die vermutete, dass Jimmy schon Bekanntschaft mit den Fäusten seines Onkels gemacht hatte. Dass Garth Franklin ein aufbrausendes Temperament hatte, war kein Geheimnis. »Musst du bei ihm bleiben?«

»Meine Mutter hat immer gesagt, dass ich zu ihm gehen soll, wenn ihr irgendwas passiert. Sie ist letzten Monat gestorben, und Onkel hat die Beerdigung bezahlt und gemeint, dass ich zu ihm kommen soll, um sein Gewerbe zu erlernen.«

Belle merkte an seinem bedrückten Tonfall, dass Jimmy sich verpflichtet fühlte, bei seinem Onkel zu bleiben. »Das mit deiner Mutter tut mir leid«, sagte sie. »Wie alt bist du?«

»Fast siebzehn. Mein Onkel sagt, ich soll boxen, um Muskeln aufzubauen«, antwortete Jimmy mit einem veschmitzten Grinsen. »Ma hat immer gesagt, dass es für einen Mann besser ist, Verstand zu haben statt Muskeln, aber vielleicht kann ich ja beides haben.«

»Dann geh lieber nicht davon aus, dass alle Mädchen Huren sind, sonst lebst du nicht lange genug, um Muskeln zu kriegen«, zog Belle ihn auf. Jimmy gefiel ihr immer besser; er hatte ein nettes Lächeln und eine freundliche Art, die ihn von allen anderen Jungen in der Gegend unterschied.

Seven Dials war zwar nicht weit von den schicken Läden der Oxford Street, den Theatern der Shaftesbury Avenue oder der Pracht des Trafalgar Square entfernt, doch Millionen Meilen von Vornehmheit. Innerhalb der letzten zwanzig Jahre mochten unzählige verschachtelte Mietskasernen und Zinsburgen abgerissen worden sein, doch mit dem Obst- und Gemüsemarkt von Covent Garden im Zentrum und all den engen Gassen und Hinterhöfen ringsum waren die neueren Gebäude bald genauso schäbig geworden, wie es die alten gewesen waren. Ihre Bewohner waren zum Großteil der Bodensatz der Gesellschaft – Diebe, Prostituierte, Bettler, Ganoven und Schläger – und lebten Seite an Seite mit den Ärmsten der Armen, die die niedrigsten Arbeiten verrichteten – Straßenkehrer, Lumpensammler und Hilfsarbeiter. An diesem grauen, kalten Januartag, an dem sich die meisten Leute mit kaum mehr als Lumpen gegen die Kälte schützen konnten, bot der Stadtteil einen deprimierenden Anblick.

»Wenn ich das nächste Mal das Haarband eines hübschen Mädchens rette, passe ich gut auf, was ich zu ihr sage«, sagte Jimmy. »Du hast wirklich schönes Haar. So glänzende schwarze Locken habe ich noch nie gesehen, und du hast auch sehr schöne Augen.«

Belle lächelte. Sie wusste, dass ihr langes, lockiges Haar das Beste an ihr war. Die meisten Leute glaubten, dass sie es über Nacht eindrehte und mit Öl bestrich, damit es so glänzte, aber es war von Natur aus so – sie brauchte es nur zu bürsten. Ihre blauen Augen hatte sie von Annie, aber für ihr Haar musste sie wohl ihrem Vater danken, denn die Haare ihrer Mutter waren hellbraun.

»Vielen Dank auch, Jimmy«, sagte sie. »Mach nur weiter den Mädchen Komplimente, dann wirst du hier ganz schnell Erfolg haben.«

»Daheim in Islington, wo ich herkomme, reden die Mädchen nicht mit einem wie mir.«

Belle war kaum jemals aus Seven Dials herausgekommen, aber sie wusste, dass in Islington angesehene Bürger der Mittelschicht lebten. Aufgrund seiner Bemerkung und der Tatsache, dass sein Onkel für die Beerdigung aufgekommen war, nahm sie an, dass Jimmys Mutter dort als Hausangestellte gearbeitet hatte.

»War deine Mutter Köchin oder Haushälterin?«, erkundigte sie sich.

»Nein, sie war Schneiderin und hat ganz gut verdient, bis sie krank wurde«, sagte er.

»Und dein Vater?«

Jimmy zuckte die Achseln. »Ist abgehauen, ungefähr zu der Zeit, als ich geboren wurde. Ma hat gesagt, dass er ein Künstler war. Onkel Garth bezeichnet ihn als Arschloch. Wie auch immer, ich kenne ihn nicht und will ihn auch gar nicht kennenlernen. Ma hat immer gesagt, was für ein Glück es sei, dass sie eine gute Schneiderin ist.«

»Sonst hätte sie vielleicht auch in Annies Laden arbeiten müssen, hm?«, erwiderte Belle verschmitzt.

Jimmy lachte. »Du bist schlagfertig, das gefällt mir«, sagte er. »Na, wie ist es? Können wir Freunde sein?«

Belle sah ihn einen Moment lang nur an. Er war ein paar Zentimeter größer als sie, hatte feine Gesichtszüge und auch eine ziemlich feine Sprache. Nicht vornehm wie bei einem echten Gentleman, aber jedenfalls war es nicht die derbe, mit Londoner Slang durchsetzte Ausdrucksweise, die sich fast alle jungen Burschen in Seven Dials aneigneten. Sie vermutete, dass er seiner Mutter sehr nahegestanden hatte und von den Alkoholexzessen, der Gewalt und den Lastern, die hier an der Tagesordnung waren, ferngehalten worden war. Er gefiel ihr, und sie konnte einen guten Freund genauso dringend brauchen wie er.

»Sehr gern«, sagte sie und streckte ihren kleinen Finger aus, genau wie Millie daheim in Annies Laden es immer tat, wenn sie mit jemandem Freundschaft schloss. »Du musst mir auch deinen kleinen Finger geben«, sagte sie mit einem Lächeln, und als sich sein kleiner Finger um ihren wand, schüttelte sie seine Hand. »Freundschaft für immer! Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen«, deklamierte sie.

Jimmy reagierte mit einem leicht verklärten Grinsen, das ihr verriet, dass ihm gefiel, was sie gesagt hatte. »Gehen wir doch irgendwohin«, schlug er vor. »Gefällt dir der St. James’s Park?«

»Da bin ich noch nie gewesen«, erwiderte sie. »Aber ich sollte jetzt lieber wieder nach Hause gehen.«

Es war kurz nach neun Uhr morgens, und Belle hatte sich wie so oft heimlich hinausgestohlen, um frische Luft zu schnappen, während alle anderen im Haus noch schliefen.

Vielleicht spürte er, dass sie keine große Lust hatte, nach Hause zu gehen, und einen Spaziergang recht verlockend fand, denn er nahm ihre Hand, legte sie in seine Armbeuge und ging los. »Es ist wirklich noch früh, niemand wird uns vermissen«, sagte er. »Im Park gibt es einen See und Enten, und ein bisschen frische Luft wird uns guttun. Es ist nicht weit.«

Freudige Erregung stieg in Belle auf wie kleine Luftblasen. Alles, was sie zu Hause erwartete, war Nachttöpfe zu leeren und Kohle zu schleppen, um Feuer zu machen. Es bedurfte keiner weiteren Überredung von Jimmy, um sie zum Mitgehen zu bewegen, und das Einzige, was sie bedauerte, war, dass sie nicht ihren schönen königsblauen Umhang mit der pelzgefütterten Kapuze angezogen hatte. In dem alten grauen kam sie sich furchtbar schäbig vor.

Während sie durch die schmalen Gassen Richtung Charing Cross und von dort weiter zum Trafalgar Square liefen, erzählte Jimmy ihr mehr von seiner Mutter und brachte Belle mit seinen kleinen Geschichten über die reichen Kundinnen, für die sie geschneidert hatte, zum Lachen.

»Also, diese Mrs. Colefax hat Ma echt wahnsinnig gemacht. Sie war ungeheuer fett, mit Hüften wie ein Nilpferd, aber sie behauptete ständig, Ma würde ihr zu viel für den Stoff berechnen und aus den Resten etwas für sich selbst anfertigen. Eines Tages platzte Ma der Kragen. ›Mrs. Colefax‹, sagte sie, ›ich muss schon mein ganzes Geschick aufwenden, um aus sechs Ellen Crêpe ein Kleid für Sie zu nähen. Was dabei übrig bleibt, würde nicht einmal reichen, um eine Jacke für einen Grashüpfer zu machen.‹«

Belle kicherte, als sie sich die dicke Frau im Korsett bei der Anprobe vorstellte. »Und was hat sie dazu gesagt?«

»›Ich bin noch nie im Leben so beleidigt worden‹«, äffte Jimmy Mrs. Colefax nach, indem er mit hoher Stimme sprach und tat, als ränge er nach Luft. »›Vergessen Sie gefälligst nicht, wen Sie vor sich haben‹.«

Sie blieben kurz stehen, um den Springbrunnen auf dem Trafalgar Square zu betrachten, bevor sie die Straße zur Mall überquerten.

»Ist der Palast nicht großartig?«, sagte Jimmy, als sie durch den Admiralty Arch gingen und den Buckingham Palace in all seiner strahlenden Pracht am unteren Ende der Mall sahen. »Ich liebe es, mich aus dem Ram’s Head zu stehlen und schöne Orte zu sehen. Das gibt mir das Gefühl, dass ich mehr verdient habe, als nur der Laufbursche meines Onkels zu sein.«

Bis zu diesem Moment hatte Belle noch nie darüber nachgedacht, ob schöne Orte einen Menschen inspirieren könnten, aber als sie den St. James’s Park betraten und ihr auffiel, dass der Raureif kahle Zweige, Sträucher und Gras in glitzernde Wunderwerke verwandelt hatte, verstand sie, was Jimmy meinte. Fahler Sonnenschein brach durch die dicke Wolkendecke, und auf dem See glitten Schwäne, Gänse und Enten scheinbar schwerelos über das Wasser. Es war eine ganz andere Welt als Seven Dials.

»Ich wäre gern Hutmacherin«, gestand sie. »Immer wenn ich ein bisschen Zeit habe, entwerfe ich Hüte. Ich träume von einem kleinen Laden in der Strand, aber das habe ich noch nie jemandem erzählt.«

Jimmy nahm ihre Hände in seine und zog Belle näher zu sich heran. Sein Atem stand wie eine kleine Wolke in der klirrend kalten Luft und streifte warm ihre Wange. »Ma hat immer gesagt, dass man alles bekommen kann, wenn man fest genug daran glaubt«, sagte er. »Man muss nur gut überlegen, wie man sein Ziel erreichen kann.«

Belle sah in sein lächelndes sommersprossiges Gesicht und fragte sich, ob er sie küssen wollte. Sie hatte in solchen Dingen keine Erfahrung; da sie ausschließlich mit Frauen aufgewachsen war, waren Jungen für sie ein Buch mit sieben Siegeln. Aber sie hatte so ein komisches Gefühl in ihrem Inneren, als würde sie schmelzen, was lächerlich war, weil sie vor Kälte zitterte.

»Machen wir schnell eine Runde durch den Park, dann muss ich aber wirklich nach Hause. Mog wundert sich bestimmt schon, wo ich bin«, sagte sie schnell, weil das seltsame Gefühl sie nervös machte.

Rasch überquerten sie die Brücke, die über den See führte. »Wer ist Mog?«, fragte er.

»Na ja, man könnte sie wohl als Hausmädchen oder Haushälterin bezeichnen, aber für mich ist sie viel mehr als das«, antwortete Belle. »Es ist, als wäre sie Mutter, Tante und ältere Schwester in einem. Sie hat sich schon immer um mich gekümmert.«

Während sie mit schnellen Schritten durch den Park gingen, redete Jimmy darüber, wie schön es im Sommer sein würde, und über Bücher, die er gelesen hatte, und über die Schule, die er in Islington besucht hatte. Er fragte Belle nicht nach ihrem Zuhause; sie nahm an, er hatte Angst, das Falsche zu sagen.

Viel zu früh waren sie wieder im verdreckten Seven Dials, und Jimmy sagte, seine erste Aufgabe daheim wäre, seinen Onkel mit einer Tasse Tee zu wecken und dann im Keller den Boden aufzuwischen.

»Sehen wir uns wieder?«, fragte er und sah sie ängstlich an, als erwartete er, eine Abfuhr zu bekommen.

»Morgens um diese Zeit kann ich fast immer rausgehen«, antwortete Belle. »Und meistens auch so gegen vier Uhr nachmittags.«

»Dann werde ich nach dir Ausschau halten«, sagte er lächelnd. »Es war schön heute. Ich bin wirklich froh, dass dir dein Haarband heruntergefallen ist.«

KAPITEL 2

Belle kam sich fast ein bisschen verlassen vor, als sie Jimmy die Monmouth Street hinunterlaufen sah. In der letzten Stunde hatte sie sich frei und unbeschwert gefühlt, aber sie wusste, sowie sie wieder im Haus war, galt es etliche Hausarbeiten zu erledigen, unter anderem Nachttöpfe zu leeren, Kamine zu säubern und neue Feuer zu entfachen.

Sie hatten mehr gemeinsam, als Jimmy ahnte. Er musste mit seinem reizbaren Onkel auskommen; sie hatte eine reizbare Mutter. Sie beide waren ständig von Menschen umgeben, aber es bestand kein Zweifel, dass Jimmy genauso einsam war wie sie und keine gleichaltrigen Freunde hatte, mit denen er reden konnte.

Die Sonne, die kurz hervorgelugt hatte, als sie im Park spazieren gingen, war wieder hinter düsteren Wolken verschwunden, und als sie an dem Mann vorbeikamen, der an der Ecke Streichhölzer verkaufte, hatte er ihnen nachgerufen, dass es bald zu schneien anfangen würde. So sehr es Belle auch widerstrebte, das Haus zu betreten, es war zu kalt, um noch länger draußen zu bleiben.

Sie wusste sehr wenig über die Welt außerhalb von Seven Dials. Sie war in demselben Haus geboren worden, in dem sie immer noch lebte. Es hieß, ihre Mutter hätte sie im oberen Stockwerk allein zur Welt gebracht, das Baby in eine alte Decke gewickelt, in eine Kommodenschublade gelegt und sich dann wieder zu den anderen Mädchen im Salon gesellt, als wäre nichts geschehen.

Belle hatte schon sehr früh im Leben gelernt, dass sie praktisch unsichtbar sein musste. Nachdem sie zu groß geworden war, um in der Schublade zu schlafen, bekam sie unten im Souterrain ein Zimmer, und sie durfte nie, wirklich niemals, nach fünf Uhr nachmittags die Treppe hinaufgehen oder ihre Mutter fragen, was dort oben vorging.

Sie besuchte von ihrem sechsten bis zum zehnten Lebensjahr eine kleine Schule am Soho Square, wo sie Lesen, Schreiben und Rechnen lernte, aber damit war nach einer Auseinandersetzung zwischen ihrer Mutter und der Lehrerin abrupt Schluss. Danach musste sie auf eine wesentlich größere Schule gehen, die sie hasste, und sie war froh, als sie ihre Schullaufbahn mit vierzehn beenden konnte. Aber seit damals waren ihre Tage lang und langweilig. Doch als sie das einmal laut aussprach, war ihre Mutter sofort auf sie losgegangen und hatte sie gefragt, ob es ihr besser gefallen würde, als Küchenmagd zu arbeiten oder auf der Straße Blumen zu verkaufen, wie es so viele Mädchen in ihrem Alter notgedrungen taten. Belle hätte weder das eine noch das andere gern getan; das Mädchen, das ein Stück die Straße hinunter Blumen verkaufte, war so dünn und zerlumpt, dass man meinte, ein kräftiger Windstoß könne sie umwehen.

Annie schätzte es auch nicht, dass Belle »sich auf der Straße herumtrieb«, wie sie es nannte. Belle war sich nicht sicher, ob ihre Mutter etwas dagegen hatte, weil sie befürchtete, ihre Tochter könnte in Schwierigkeiten geraten, oder weil sie nicht wollte, dass Belle Klatsch über Annie und ihren Laden hörte.

In einem ihrer seltenen sentimentalen und mitteilsamen Momente hatte Annie Belle erzählt, dass sie der Liebling der »Gräfin« gewesen war, die das Haus zu der Zeit geführt hatte, als Belle zur Welt kam. Hätte diese Frau nicht eine Vorliebe für Annie gehabt, wäre diese auf die Straße gesetzt worden und im Armenhaus gelandet. Annie erzählte, dass die Gräfin ihren Spitznamen ihrem vornehmen Auftreten und der Tatsache verdankte, dass sie in ihrer Jugend eine echte Schönheit gewesen war, mit vielen Bewunderern aus der guten Gesellschaft. Einer von ihnen – angeblich ein Mitglied des Königshauses – hatte sie in dem Haus in Jake’s Court untergebracht.

Als Belle noch klein war, wurde die Gräfin sehr krank, und Annie pflegte sie über ein Jahr lang. Bevor die Frau starb, setzte sie ein Testament auf und hinterließ alles, was sie besaß, Annie.

Seit damals führte Annie das Haus. Sie stellte Mädchen ein und feuerte sie wieder, trat als Gastgeberin auf und kümmerte sich um die Finanzen. In Seven Dials hieß es, dass sie zwar stahlhart sei, aber ein gutes Haus führte.

Belle kannte das Wort »Bordell« seit ihrer Kindheit, aber über die genaue Bedeutung war sie sich nicht im Klaren. Sie wusste nur, dass es etwas war, worüber man in der Schule nicht reden durfte. Annies Laden wurde auch »Hurenhaus« genannt. Belle hatte ihre Mutter vor Jahren einmal gefragt, was das bedeutete, und hatte zur Antwort bekommen, dass es ein Ort sei, wo sich Gentlemen amüsierten. Allein die schroffe Art, wie Annie antwortete, hatte Belle klargemacht, dass sie lieber nicht weiter nachfragen sollte.

In Seven Dials und Umgebung wurde praktisch jede Frau, die sich aufreizend kleidete, ein bisschen leichtfertig oder keck auftrat und gern ein Gläschen trank und tanzte, als Hure bezeichnet. Es war natürlich eine abfällige Bezeichnung, aber so gebräuchlich, dass beinahe etwas Liebevolles darin mitschwang, als würde jemand ein Mädchen »Hexe« oder »Luder« nennen. Deshalb hatte Belle bis vor einigen Monaten geglaubt, das Geschäft ihrer Mutter wären einfach nächtliche Partys, auf der Gentlemen kecke, fröhliche Mädchen trafen, um mit ihnen zu trinken und zu tanzen.

Aber in letzter Zeit hatte Belle durch derbe Lieder, Scherze und belauschte Gespräche die Entdeckung gemacht, dass Männer einen bestimmten Drang hatten und Häuser wie das von Annie aufsuchten, um diesen Drang zu befriedigen.

Wie das genau ablief, hatte Belle noch nicht herausgefunden. Weder Annie noch Mog konnten zu diesem Thema befragt werden, und die Mädchen selbst hatten viel zu viel Angst, Annies Zorn auf sich zu ziehen, um Belle in irgendwelche Geheimnisse einzuweihen.

Wenn Belle nachts im Souterrain in ihrem Bett lag, drangen die Laute fröhlicher Geselligkeit zu ihr herunter, die schwungvollen Weisen, die auf dem Klavier gespielt wurden, das Klirren von Gläsern, schallendes Lachen von Männern, das Stampfen tanzender Füße und sogar Gesang – es klang, als ob die Leute dort oben viel Spaß hätten. Manchmal wünschte Belle, sie wäre mutig genug, sich die Treppe hinaufzuschleichen und um die Ecke zu spähen.

Aber so sehr sie sich danach sehnte, die volle Wahrheit über das Geschäft ihrer Mutter zu erfahren, warnte sie eine innere Stimme, dass es auch eine dunkle Seite daran gab. Gelegentlich hörte sie Weinen, Wimmern und manchmal sogar Schreie, und ihr war durchaus bewusst, dass die Mädchen nicht immer glücklich waren. Oft kamen sie abends mit geröteten Augen zum Essen und verzehrten stumm und bedrückt ihr Dinner. Manchmal hatte die eine oder andere ein blaues Auge oder Blutergüsse an den Armen, und selbst an guten Tagen waren die Mädchen blass und matt. Und für Belle schienen sie keine große Sympathie zu empfinden. Mog sagte, der Grund dafür sei Neid und der Verdacht, Belle wäre Annies Spionin. Belle konnte sich nicht vorstellen, worum die Mädchen sie beneideten – sie bekam nicht mehr als sie –, aber sie ließen sie nie an ihren Gesprächen teilhaben und hörten sofort auf, miteinander zu reden, wenn Belle hereinkam.

Nur Millie, die älteste von ihnen, war anders. Sie lächelte Belle an und plauderte gern mit ihr. Aber Millie war ziemlich wirr im Kopf; wie ein Schmetterling flatterte sie von einem Thema zum nächsten und schaffte es nie, ein richtiges Gespräch zu führen.

Tatsächlich war Mog Belles einzige Freundin und weit eher eine Mutter für sie als Annie. Ihr richtiger Name war Mowenna Davis, und sie stammte aus Wales. Als Belle klein war, konnte sie den Namen Mowenna nicht aussprechen und hatte stattdessen Mog zu ihr gesagt, und jetzt nannte sie jeder so. Sie hatte Belle einmal gestanden, dass sie gar nicht mehr reagieren würde, wenn jetzt jemand Mowenna riefe.

Mog war eine unscheinbare, schmächtige Frau Ende dreißig mit mattbraunem Haar und hellblauen Augen. Seit ihrem zwölften Lebensjahr arbeitete sie als Magd im Haus. Vielleicht war ihr unscheinbares Äußeres der Grund, dass sie keine anderen Aufgaben hatte, als die Zimmer zu putzen und Feuer zu machen, und dass sie ein schwarzes Kleid mit weißer Schürze und weißem Häubchen trug, nicht bunten Satin und Bänder in den Haaren wie die Mädchen. Aber sie war als Einzige im Haus verlässlich und ausgeglichen. Sie bekam keine Wutanfälle, schimpfte und schrie nicht. Sie erfüllte ihre Pflichten mit heiterer Gelassenheit und unerschütterlicher Loyalität und Verehrung für Annie und Liebe zu Belle.

Die Vordertür von Annies Laden befand sich in der Monmouth Street, das heißt in einer kleinen Hintergasse dieser Straße, aber nur die männlichen Besucher betraten auf diesem Weg das Haus: vier Stufen hinauf bis zur Eingangstür und von dort in die Diele und den Salon. Der Eingang, der von allen anderen Bewohnern benutzt wurde, befand sich um die Ecke in Jake’s Court, und dort ging es in den kleinen Hinterhof, dann sechs Stufen hinunter zur Hintertür und ins Souterrain.

Mog schnitt gerade auf dem Küchentisch Fleisch klein, als Belle durch die Spülküche hereinkam. Die Küche war ein großer Raum mit niedriger Decke und gekacheltem Boden und wurde von dem riesigen Tisch in der Mitte beherrscht. An einer Wand stand ein Schrank, in dem das Porzellan aufbewahrt wurde, auf der gegenüberliegenden Seite der Herd, über dem an Haken Töpfe und Pfannen hingen. Wegen des Herds war es immer angenehm warm hier drinnen, aber weil die Küche im Untergeschoss lag, auch immer ein bisschen dunkel, und in den Wintermonaten brannte den ganzen Tag die Gasbeleuchtung. Außerdem befanden sich im Souterrain noch ein paar andere Räume, die Waschküche, Belles und Mogs Schlafzimmer und mehrere Vorratskammern sowie der Kohlenkeller.

»Komm, wärm dich ein bisschen am Herd auf«, sagte Mog, als sie Belle sah. »Es ist mir ein Rätsel, was du an den Straßen da draußen findest. Ich kann all den Lärm und das Geschiebe und Gedränge nicht leiden.«

Mog entfernte sich kaum jemals aus der direkten Umgebung, weil sie Angst vor Menschenmengen hatte. Sie sagte, sie sei, als sie vor neun Jahren Königin Victorias Trauerzug anschauen ging, so von Menschen eingezwängt worden, dass sie Herzflattern bekam und dachte, sie würde sterben.

»Hier ist auch viel Lärm, aber das scheint dich nicht zu stören«, bemerkte Belle, während sie Umhang und Schal ablegte. Von oben konnte sie Sally, das neueste Mädchen, zetern und kreischen hören.

»Die wird sich hier nicht lange halten«, meinte Mog weise. »Zu viel Pfeffer im Hintern!«

Es kam so gut wie nie vor, dass Mog sich zu den Mädchen äußerte, und Belle hoffte, dass sie sich vielleicht noch mehr entlocken lassen würde.

»Was meinst du damit?«, fragte sie und wärmte ihre Hände über der Herdplatte.

»Sie bildet sich ein, dass sie im Mittelpunkt stehen muss«, antwortete Mog. »Ist dauernd am Zanken und Vordrängeln. Das mögen die anderen Mädchen nicht, und ihnen gefällt auch nicht, wie sie sich an die Gentlemen ranmacht.«

»Wie denn?«, fragte Belle und hoffte, nicht zu neugierig zu klingen.

Aber Mog, der anscheinend bewusst geworden war, dass sie mit ihrer Schutzbefohlenen über Dinge sprach, von denen sie nichts wissen sollte, versteifte sich sichtlich. »Genug damit, wir haben noch einiges zu tun, Belle. Sowie der Eintopf auf dem Herd steht, will ich mir den Salon mal richtig gründlich vornehmen. Du hilfst mir doch, oder?«

Belle wusste, dass ihr kaum etwas anderes übrig blieb, aber es gefiel ihr, dass Mog ihre Anweisungen immer in der Form von Bitten formulierte.

»Na klar, Mog. Haben wir vorher noch Zeit für eine Tasse Tee?«, fragte sie. »Ich habe vorhin Garth Franklins Neffen kennengelernt. Er ist ein richtig netter Junge!«

Beim Tee erzählte Belle Mog alles über Jimmy und ihren gemeinsamen Spaziergang im Park. Sie hatte Mog schon immer alles anvertraut, weil sie ihr viel näherstand als Annie. In den Augen der meisten Leute war Mog eine alte Jungfer, aber Belle fand, dass sie in vielen Dingen eine sehr moderne Frau war. Sie las regelmäßig Zeitung und verfolgte mit großem Interesse das politische Geschehen. Sie war eine Anhängerin von Keir Hardie, dem sozialistischen Parlamentsmitglied, und der Suffragetten, die sich für das Wahlrecht der Frauen einsetzten. Kaum ein Tag verging, ohne dass Mog sich zu ihrer letzten Versammlung oder einem Aufmarsch vor dem Parlament äußerte oder berichtete, dass sie im Gefängnis zum Essen gezwungen worden waren, als sie in Hungerstreik traten, und sie erwähnte häufig, dass sie sich ihnen gern anschließen würde.

»Freut mich, dass du einen Freund gefunden hast«, sagte Mog liebevoll. »Aber pass auf, dass er sich keine Frechheiten erlaubt, sonst bekommt er es mit jemand Schlimmerem als Garth Franklin zu tun! Aber jetzt machen wir uns lieber an den Salon.«

Annie rühmte sich gern, den feinsten Salon außerhalb Mayfairs zu haben, und tatsächlich hatte sie für die italienischen Spiegel, den Kristalllüster, den Perserteppich und die schönen Samtvorhänge ein kleines Vermögen ausgegeben. Aber bei all dem Kommen und Gehen der Mädchen und den mindestens zwanzig Herren, die pro Abend zu Besuch kamen und Pfeifen und Zigarren rauchten, hatte der Salon oft einen Frühjahrsputz nötig.

Belle dachte bei sich, dass der Salon nachts vielleicht gut aussah, aber tagsüber nicht viel hermachte. Die Vorhänge wurden so gut wie nie zurückgezogen, die Fenster kaum jemals geöffnet, und die goldene Tapete wirkte bei Tageslicht eher schmutzig gelb. In den pflaumenblauen Vorhängen hingen Spinnweben und Staub und der abgestandene Geruch von kaltem Rauch. Aber ein gründlicher Frühjahrsputz machte Belle Spaß. Es war zutiefst befriedigend, den Dreckfilm eines ganzen Monats von den Spiegeln zu wischen und sie wieder funkeln zu sehen oder den Teppich draußen im Hof auszuklopfen, bis seine Farben leuchteten. Und sie arbeitete gern mit Mog zusammen, weil sie ein heiteres Wesen hatte, hart arbeitete und sich über die Hilfe anderer freute.

Wie immer beim Großreinemachen schoben sie zuerst die Sofas und die Tische in die Ecken, rollten dann den Perserteppich zusammen und schleppten ihn zu zweit nach unten.

Der Salon nahm im Erdgeschoss den meisten Raum ein. Es gab noch eine kleine Garderobe für Hüte und Mäntel bei der Eingangstür, die Mog öffnete, wenn jemand klingelte. Hinter der Treppe, die zu den übrigen drei Stockwerken führte, befand sich ein L-förmiger Raum, der als Büro diente und gleichzeitig Annies Zimmer war. Hier war auch die Tür zur Hintertreppe und dem Untergeschoss. Mog hatte schon oft festgestellt, dass der Grundriss des Hauses ideal war. Belle nahm an, dass sie damit meinte, dass Belle nie sehen konnte, wer zu Besuch kam, und dass die Gentlemen nicht sahen, wie sie lebten.

Im Erdgeschoss befand sich auch eine Toilette. Sie war erst vor ein paar Jahren eingebaut worden; vorher hatten alle das Klosett draußen im Hof benutzen müssen. Belle ärgerte sich häufig, dass die Mädchen nicht immer auf die Toilette gingen, sondern stattdessen die Nachttöpfe in ihren Zimmern benutzten. Sie fand, wenn sie in einer kalten, stürmischen Nacht den Weg zum Außenklo schaffte, statt den Nachttopf zu nehmen, konnten die Mädchen wohl die paar Treppen innerhalb des Hauses hinuntergehen.

Aber Mog ergriff niemals ihre Partei, wenn Belle schimpfte, weil sie die Nachttöpfe ausleeren musste, sondern zuckte bloß mit den Achseln und meinte, vielleicht hätten die Mädchen keine Zeit gehabt. Belle fand dieses Argument absurd; wenn sie die Herren im Salon unterhielten, dauerte es schließlich viel länger, in ihre Schlafzimmer zu gehen und in den Nachttopf zu pinkeln, als die Toilette im Erdgeschoss zu benutzen.

Es war bitterkalt, als sie den Teppich über die Wäscheleine im Hinterhof hängten, und ihr Atem bildete in der eisigen Luft kleine Wölkchen. Aber als sie erst einmal anfingen, den Teppich mit den Bambusklopfern zu bearbeiten, wurde ihnen bald warm.

»Wir lassen ihn hier, bis der Boden getrocknet ist«, sagte Mog, als sie fertig und alle beide mit einer grauen Staubschicht überzogen waren.

Erst als sie wieder oben waren, sah Belle ihre Mutter zum ersten Mal an diesem Tag. Annie trug wie jeden Morgen einen Morgenmantel aus dunkelblauem Samt über ihrem Nachthemd und ein Spitzenhäubchen über ihren Lockenwicklern.

Mog und Annie waren in etwa gleichaltrig, Ende dreißig, und hatten, wie Mog es nannte, als junge Mädchen eine Allianz geschlossen, weil sie ungefähr zur selben Zeit in dieses Haus gekommen waren, das damals noch von der Gräfin geführt wurde. Belle wunderte sich manchmal, warum Mog nicht sagte, sie wären Freundinnen geworden, aber schließlich war Annie kein besonders warmherziger Mensch und wollte vielleicht keine Freundin haben.

Geschminkt und elegant gekleidet war Annie immer noch schön. Sie hatte eine schmale Taille, einen straffen, hoch angesetzten Busen und eine königliche Haltung. Aber in ihrem Morgenmantel wirkte ihr Teint fahl, ihre Lippen dünn und blutleer, ihre Augen matt. Ohne das Korsett war auch ihre kurvenreiche Figur verschwunden. Vielleicht ging sie mit den Mädchen deshalb oft so schroff und unfreundlich um, weil es an ihr nagte, dass ihr gutes Aussehen dahinschwand, während die Mädchen noch in ihrer Blütezeit waren.

»Hallo, Ma«, sagte Belle, die gerade auf den Knien kauerte und den Boden schrubbte. »Wir machen Frühjahrsputz. War auch höchste Zeit, der Salon ist völlig verdreckt.«

»Den Teppich lassen wir draußen, bis wir fertig sind«, fügte Mog hinzu.

»Du solltest den Mädchen etwas über das Saubermachen beibringen«, sagte Annie schroff zu Mog. »In ihren Zimmern sieht es aus wie auf einer Müllkippe. Sie machen gerade mal ihre Betten. Das reicht nicht.«

»Ist nicht gut fürs Geschäft«, pflichtete Mog ihr bei. »Hat keinen Sinn, den Salon auf Vordermann zu bringen und dann die Gentlemen in einen Schweinestall mitzunehmen.«

Belle, die immer noch ihre Mutter ansah, während Mog sprach, fiel auf, dass sich Annies Augen bei Mogs Bemerkung vor Schreck weiteten. Auch Mog bemerkte den Blick und wurde blass, und als Belle von einer zur anderen schaute, wurde ihr klar, dass ihre Mutter nicht wollte, dass sie wusste, was in den Zimmern der Mädchen vorging.

Belle hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass es am besten war, sich dumm zu stellen, wenn sie bei ihrer Mutter nicht in Ungnade fallen wollte. »Ich kann doch die Zimmer der Mädchen sauber machen«, bot sie an. »Ich könnte mir jeden Tag eins vornehmen und sie bitten, mir zu helfen.«

»Lass sie ruhig machen«, meinte Mog. »Sie hat gern was zu tun.«

Ein paar Sekunden stand Annie regungslos da, starrte Mog und Belle an und sagte kein Wort. Belle hatte den Eindruck, dass sie überlegte, wie sie sich wegen der Information, die Mog unabsichtlich entschlüpft war, verhalten sollte.

»Gute Idee. Sie kann heute bei Millie anfangen, weil es dort am schlimmsten aussieht. Ich befürchte allerdings, dass Millie keine große Hilfe sein wird, weil sie sich nie lange auf etwas konzentrieren kann.«

Um halb zwei, als der Salon in frischem Glanz erstrahlte und angenehm duftete, machte sich Belle daran, Millies Zimmer im Dachgeschoss des Hauses aufzuräumen. Millie war irgendwo mit Sally unterwegs, und die anderen Mädchen saßen in einem der unteren Zimmer. Belle hatte zu Mittag einen großen Teller Eintopf, gefolgt von Sirupkuchen, verdrückt, und der Reiz des Frühjahrsputzes verflog rasch. Aber da es gerade angefangen hatte zu schneien, konnte sie nicht ausgehen, und Millies Zimmer war das wärmste im Haus, weil die Wärme aus sämtlichen Kaminfeuern hier heraufdrang.

Millie nahm innerhalb des Hauses eine einzigartige Stellung ein. Obwohl sie mit achtundzwanzig viel älter war als alle anderen Mädchen, war sie mit ihrem seidigen, langen blonden Haar, den großen blauen Augen und dem weichen, kindlichen Mund immer noch auffallend schön. Im Denken war sie eher langsam, aber jeder mochte sie; vielleicht war gerade ihr kindlich-naiver Charme der Grund, warum alle sie gern hatten.

Millie war außerdem das einzige Mädchen, das noch aus der Zeit stammte, als die Gräfin das Haus geführt hatte. Belle spürte, dass Annie und Mog wegen ihrer gemeinsamen Vergangenheit Millies Trägheit tolerierten. Und öfter als einmal war erwähnt worden, dass sie wegen ihres sanften Wesens bei den Herren sehr beliebt war.

Auch Belle hatte Millie in ihr Herz geschlossen. Sie mochte ihr sonniges, liebenswertes Naturell, ihre Güte und Großzügigkeit. Immer wieder machte sie Belle kleine Geschenke – ein paar Glasperlen, Bänder fürs Haar oder Schokolade – und nahm sie in die Arme, wenn sie traurig oder verletzt war.

Millies Zimmer spiegelte ihr kindliches Wesen wider. Sie hatte aus den Deckeln von Pralinenschachteln Bilder von Kätzchen und kleinen Hunden ausgeschnitten und an die Wand genagelt. An eine Sessellehne hatte sie mit rosa Band ein Sonnenschirmchen aus Spitze gebunden, unter dem mehrere Puppen saßen. Die meisten waren einfache Stoffpuppen in bunten Baumwollkleidern, die so aussahen, als hätte Millie sie selbst gemacht, aber eine war eine hochelegante Puppe mit Porzellankopf, welligem Blondhaar und einem rosa Satinkleid.

Als Belle sich in dem Zimmer umschaute, stellte sie fest, dass Millie zehnmal mehr Dinge besaß als jedes andere Mädchen: Nippes aus Porzellan, Bürsten mit versilbertem Griff, eine Spielzeugeisenbahn aus Holz, eine Kuckucksuhr, die nicht ging, und viele mit Rüschen verzierte Kissen.

Belle machte sich an die Arbeit und nahm sich zuerst das große Messingbett vor, das sie anschließend mit einem großen Tuch abdeckte und so viel wie möglich von Möbeln und Zierat darauf stellte, wie sie konnte.

Auf dem Boden lag eine dicke Staubschicht, und der einzige Teppich war sehr klein und konnte im offenen Fenster ausgeschüttelt werden. Nachdem Belle den Kamin gereinigt und den Boden gekehrt und aufgewischt hatte, machte sie Feuer im Kamin, damit der Fußboden schneller trocknete.

Eine Stunde später war sie fast fertig. Die Möbel waren gesäubert und abgestaubt, Spiegel und Fenster glänzten, und alle Habseligkeiten Millies waren wieder sorgsam an ihren Platz gestellt worden.

Mittlerweile war es dunkel geworden, und draußen fiel dichter Schnee. Als Belle aus dem Fenster sah, fiel ihr auf, dass der Schnee Jake’s Court verwandelt hatte. Seven Dials war berüchtigt dafür, in London die meisten Bordelle, Spielhöllen, Wirtshäuser und sonstigen Spelunken pro Quadratmeile zu haben. Da der Betrieb auf dem Covent Garden Markt mitten in der Nacht begann, wenn die Trinker und Spieler nach Hause gingen, war es in dem Stadtviertel nie ruhig. Ständig hieß es, die Slums von London würden bald der Vergangenheit angehören, und es stimmte, dass viele Elendsviertel geräumt worden waren, aber bei den Behörden schien niemand einen Gedanken daran zu verschwenden, was aus den jeweiligen Bewohnern werden sollte. Zurzeit fanden sie sich hier in Seven Dials ein und suchten mit Hunderten anderer verzweifelter Männer, Frauen und Kinder in den unzähligen Hinterhöfen, schmutzigen Gassen und schmalen, gewundenen Straßen ein Mindestmaß an Schutz. Selbst für Belle, die nie woanders gelebt hatte, war es ein schmutziger, stinkender, lärmender Ort, und sie konnte verstehen, wie erschreckend er auf jemanden wirken musste, der von einer der benachbarten eleganteren Straßen falsch abbog und sich versehentlich hierher verirrte.

Aber jetzt, im gelben Schein der Gaslaterne, sah Jake’s Court unter der dicken Schneeschicht wie verzaubert und wunderschön aus. Außerdem war die Straße menschenleer, was kaum jemals vorkam, und Belle nahm an, dass heute Abend im Haus kaum Betrieb sein würde.

Im Zimmer war es mittlerweile schön warm. Die Vorhänge waren zugezogen, das Gaslicht heruntergedreht, und der Raum, der nur vom Kaminfeuer erhellt wurde, wirkte so anheimelnd, dass Belle der Versuchung, sich kurz aufs Bett zu legen und auszuruhen, nicht widerstehen konnte. Sie erwartete Millie jeden Moment zurück. Sicher würde das Mädchen außer sich vor Freude sein, weil das Zimmer so schön geputzt war.

Belle spürte, dass sie schläfrig wurde, und versuchte sich aufzuraffen, aus dem Bett zu steigen und nach unten zu gehen, aber es war einfach zu warm und gemütlich.

Das Geräusch von Schritten auf der Treppe riss sie abrupt aus dem Schlaf. Sie hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber das Feuer war fast erloschen, was nur bedeuten konnte, dass es inzwischen Abend war und sie sehr lang geschlafen hatte. Ihr Magen schnürte sich vor Aufregung zusammen, denn dass sie nach fünf Uhr nachmittags nicht mehr nach oben durfte, war eine von Annies striktesten Regeln. Belle konnte sich immer noch an die Tracht Prügel erinnern, die sie mit sechs Jahren einmal bezogen hatte, weil sie dieses Verbot missachtet hatte.

Blinde Panik ließ sie aufspringen, die Decke glatt streichen und hastig unters Bett schlüpfen. Wenn Millie allein war, könnte sie ihr erklären, warum sie in ihrem Zimmer war, sagte Belle sich. Bestimmt würde Millie ihr helfen, sich unbemerkt in die Küche zurückzustehlen.

Ihr sank der Mut, als die Tür aufging und Millie, gefolgt von einem Mann, hereinkam. Millie drehte das Gaslicht hoch und zündete zusätzlich noch ein paar Kerzen an. Von ihrem Versteck unter dem Bett aus konnte Belle nicht mehr als die untere Hälfte von Millies hellblauem, mit Spitzenrüschen besetzten Kleid und die dunkelbraunen Hosen und seitlich geknöpften Halbstiefel des Mannes erkennen.

»Warum hast du dich letzte Woche, als ich hier war, verleugnen lassen?«, fragte der Mann. Seine Stimme war schroff, und er klang böse.

»Ich war wirklich nicht hier«, erwiderte Millie. »Ich hatte den Abend frei und war meine Tante besuchen.«

»Heute habe ich jedenfalls für die ganze Nacht mit dir bezahlt«, sagte er.

Belles erste Reaktion war der Schock darüber, dass der Mann bezahlt hatte, um bei Millie im Zimmer bleiben zu dürfen. Aber dann machte ihr Herz einen Satz, als ihr klar wurde, was das bedeutete: Sie saß in der Falle! Wie sollte sie hier herauskommen? Sie konnte unmöglich bleiben, aber ebenso wenig konnte sie einfach unter dem Bett hervorkriechen, sich für ihr Eindringen entschuldigen und verschwinden.

»Die ganze Nacht«, wiederholte Millie, und es klang, als wäre sie über diese Aussicht genauso entsetzt wie Belle.

Dann herrschte Schweigen, und Belle nahm an, dass die beiden sich küssten, weil sie eng beieinander standen. Sie konnte schweres Atmen und das Rascheln von Kleidern hören, und auf einmal landete Millies Kleid nur ein paar Zentimeter von Belle entfernt auf dem Boden. Ein Unterrock folgte, dann die Stiefel und Hosen des Mannes, und plötzlich dämmerte Belle, was es genau bedeutete, eine Hure zu sein. Männer bezahlten Huren, um mit ihnen das zu tun, was sie eigentlich nur mit ihren Ehefrauen machen sollten, um Kinder zu bekommen. Sie konnte nicht begreifen, warum ihr das nicht schon früher klar geworden war. Aber nun, da sie es wusste, wurde ihr elend bei dem Gedanken, dass Jimmy und alle anderen, die sie kannte, dachten, sie würde Männern erlauben, dasselbe mit ihr zu tun.

Millie war nur noch mit ihrem Hemd, ihren Strümpfen und ihren spitzenbesetzten weißen Höschen bekleidet. Der Mann hatte zusammen mit Hose und Stiefeln seine Jacke abgelegt, sein Hemd aber angelassen. Es reichte ihm fast bis zu den Knien und gab den Blick auf sehr muskulöse, behaarte Beine frei.

»Ich lege noch ein bisschen Kohle nach, das Feuer ist beinahe aus«, sagte Millie plötzlich. Als sie sich vorbeugte, um die Schaufel in den Kohlenkübel zu stecken, spielte Belle mit dem Gedanken, ihr irgendwie ein Zeichen zu geben, damit sie den Mann unter einem Vorwand aus dem Zimmer schicken könnte, aber bevor sie es auch nur versuchen konnte, trat der Mann einen Schritt vor, packte Millie an der Taille und riss so grob an ihrer Unterhose, dass sie zerriss.

Belle war wie gelähmt vor Schreck. Noch immer konnte sie das Pärchen nur von der Taille abwärts sehen, aber schon das war zu viel. Sie wollte nicht Millies mollige Schenkel und Pobacken sehen, oder wie der Mann sie zwang, sich weiter vorzubeugen, so dass er seinen Schwanz in sie hineinstoßen konnte. Belle hatte erst einmal im Leben männliche Geschlechtsteile gesehen, bei kleinen Jungen, die von ihren Müttern unter einer Straßenpumpe gewaschen worden waren. Aber das Glied dieses Mannes musste achtzehn bis zwanzig Zentimeter lang sein und so hart wie eine Metallstange. Belle sah, dass Millies Knöchel weiß hervortraten, als sie sich mit den Händen auf den Kaminsims stützte, und wusste, dass der Mann ihr wehtat.

»Schon besser, meine Hübsche«, keuchte er, während er unablässig in sie hineinstieß. »So hast du es gern, stimmt’s?«

Belle machte die Augen zu, um nichts mehr zu sehen, hörte aber, wie Millie antwortete, dass sie nichts auf der Welt lieber hätte. Das war eindeutig gelogen, denn als Belle die Augen wieder aufmachte, hatte Millie sich bewegt, so dass sie ihr Gesicht von der Seite sehen konnte, und es war schmerzverzerrt.

Plötzlich begriff Belle, warum die Mädchen oft so düster und niedergeschlagen aussahen. Bisher war ihr das ein Rätsel gewesen, denn die Partys klangen immer nach viel Spaß. Aber offensichtlich galt das nicht für die Mädchen. Sie wurden irgendwann auf ihre Zimmer geschickt, um so etwas über sich ergehen zu lassen.

Als sich der Mann tiefer über Millies Rücken neigte, sah Belle sein Gesicht im Profil. Er hatte dunkles, an den Schläfen leicht ergrautes Haar und einen dichten, militärisch wirkenden Schnauzbart. Seine Nase war ziemlich markant und leicht gebogen. Sie schätzte ihn auf Anfang dreißig, obwohl sie es immer schwer fand, das Alter von Männern zu erraten.

Jetzt bewegten sich die beiden zum Bett. Das Quietschen der Sprungfedern direkt über Belles Kopf und die widerlichen Dinge, die der Mann zu Millie sagte, waren grauenhaft. Schlimmer noch war, dass sie die beiden in dem Spiegel über dem Kamin sehen konnte. Nicht ihre Gesichter, nur ihre Körper vom Nacken bis zu den Knien. Der Mann hatte einen behaarten, sehr knochigen Rücken, und er presste seine Hände auf Millies Knie und drückte sie anscheinend immer weiter auseinander, um noch tiefer in sie einzudringen.

Gnadenlos ging es weiter und weiter, das Klatschen von Fleisch auf Fleisch, die quietschenden Sprungfedern, das Grunzen, Fluchen und Keuchen. Von Zeit zu Zeit schrie Millie vor Schmerz – einmal flehte sie ihn sogar an aufzuhören –, aber er machte einfach weiter.

Belle begriff, dass es das war, was man unter »Ficken« verstand. Dieses Wort hörte sie jeden Tag draußen auf der Straße, wo es ein unflätiger Ausdruck war – manche Männer gebrauchten es in jedem Satz, den sie von sich gaben –, und sie hatte es auch im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Mann und Frau gehört. Jetzt wusste sie, was es tatsächlich bedeutete.

Sie fand es furchtbar, Zeugin dieses Schauspiels zu sein, und hätte am liebsten riskiert, unter dem Bett hervor und zur Tür zu kriechen. Aber ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, dass sie sich damit einen Riesenärger einhandeln würde, sowohl von dem Mann als auch von Annie. Sie fragte sich, warum Mog nicht bemerkt hatte, dass sie verschwunden war, und nach ihr suchte.

Gerade als sie dachte, Millies Leiden würden nie ein Ende nehmen, schien der Mann so etwas wie einen Endspurt einzulegen, denn er atmete immer schwerer und bewegte sich noch schneller. Dann war es auf einmal vorbei; er rollte sich von Millie und ließ sich neben sie auf die Matratze sinken.

»War das nicht großartig?«, fragte er.

»Oh ja«, erwiderte Millie mit so matter, dünner Stimme, dass sie kaum zu hören war.

»Dann also Schluss mit der ewigen Unschlüssigkeit«, sagte er. »Du verlässt morgen dieses Haus und gehst mit mir nach Kent?«

»Das kann ich nicht«, sagte sie schwach. »Annie lässt mich bestimmt nicht gehen, sie braucht mich hier.«

»Unsinn! Huren gibt es an jeder Ecke, die meisten wesentlich jünger als du. Und warum hast du mich wegen letzter Woche belogen?«

Seine Stimme, die nie freundlich geklungen hatte, wurde jetzt unverkennbar drohend.

»Ich habe nicht gelogen«, sagte sie.

»Doch. Du hast hier nie einen freien Abend, und du hast keine Tante. Du bist mir letztes Mal absichtlich aus dem Weg gegangen. Und du hattest nie die Absicht, mitzukommen und bei mir zu leben.«

Millie leugnete es. Dann verriet ein kurzes, scharfes Klatschen, gefolgt von einem Schrei, dass er sie geschlagen hatte. »Damit du siehst, was passiert, wenn man mich anlügt«, zischte er.

»Deshalb bin ich dir aus dem Weg gegangen«, rief sie. »Warum tust du mir weh, wenn du willst, dass ich bei dir lebe?«

»Eine Hure muss mit so etwas rechnen«, sagte er. Ihr Protest schien ihn zu überraschen. »Außerdem magst du es, von mir gefickt zu werden.«

Plötzlich sprang Millie vom Bett, und Belle sah, dass sie nichts als ihr spitzenbesetztes Mieder trug. Ihre vollen, weichen Brüste quollen aus dem Ausschnitt, und unten lugte ihr dichtes Schamhaar hervor. »Ich mag es kein bisschen! Ich tue nur so, weil es von mir erwartet wird«, sagte sie trotzig.

Belle wusste instinktiv, dass eine derartige Bemerkung diesem Mann bestimmt nicht gefallen würde und Millie vielleicht sogar Gefahr von ihm drohte. Sie beschwor Millie im Geiste, zur Tür zu laufen und zu fliehen, solange sie es noch konnte.

Aber noch bevor das Mädchen auch nur an Flucht denken konnte, packte der Mann sie am Arm und zerrte sie aufs Bett zurück.

»Miststück«, knurrte er sie an. »Du hast mich mit schönen Worten an der Nase herumgeführt und mir eine Lüge nach der anderen aufgetischt. Ich hatte Pläne für uns, und jetzt sagst du, dass alles nur gespielt war!«

»Wir Mädchen müssen nett zu unseren Kunden sein«, entgegnete Millie.

Er schlug sie, und diesmal schrie sie vor Schmerz und flehte ihn an, sie gehen zu lassen.

»Oh, ich lasse dich gehen«, gab er zurück. »Direkt zur Hölle, wo du hingehörst.«

Allein der Klang seiner Stimme verriet Belle, dass er vorhatte, Millie zu töten. Sie wünschte so sehr, sie wäre mutig genug, unter dem Bett hervorzukommen, ihm eins mit dem Nachttopf überzuziehen und dann Annie zu sagen, was hier los war. Aber sie war wie gelähmt vor Angst und außerstande, auch nur einen Muskel zu bewegen.

»Nein, bitte nicht!«, flehte Millie, und man konnte Gerangel hören, als würde sie versuchen, sich aus seinem Griff zu befreien. Aber allmählich wurde es wieder still, und als Belle über sich schweres Atmen hörte, glaubte sie, ihre Befürchtungen wären grundlos gewesen, weil der Mann Millie wieder küsste.

»Schon besser«, sagte er leise. »Gib einfach nach. So wie ich es mag.«

Belle hatte sich in ihrer Angst unter die Mitte des Betts verkrochen, damit sie die beiden nicht mehr im Spiegel sehen musste. Aber die Art, wie der Mann sprach, schien anzudeuten, dass der Streit ausgestanden und er im Begriff war, wieder mit Millie zu schlafen. Belle wollte warten, bis das Stoßen und Klatschen anfing, dann aus ihrem Versteck kriechen und einen Satz zur Tür zu machen.

Aber nachdem einige Zeit verstrichen und immer noch kein Stoßen, sondern nur das schwere Atmen zu hören war, schob sie sich zur Seite des Betts, um wieder zum Spiegel zu spähen. Was sie sah, war so grauenhaft, dass sie beinahe laut geschrien hätte.

Der Mann, der jetzt völlig nackt war, kniete auf dem Bett und rieb seinen Schwanz an Millies Gesicht. Ihr Kinn war nach oben gereckt und gab den Blick auf ihren weißen Hals frei, aber sie reagierte nicht auf das, was er tat. Ihre Augen schienen fast aus den Höhlen zu quellen, und sie sah aus, als würde sie schreien, nur dass kein Laut aus ihrem weit aufgerissenen Mund kam.

In ihrer Angst um Millie vergaß Belle ihr Entsetzen. Leise drehte sie sich unter dem Bett um, bis ihr Gesicht der Tür zugewandt war, krabbelte ans Ende des Betts und raffte all ihren Mut für den rettenden Satz zur Tür zusammen.

Mit einer einzigen raschen Bewegung sprang sie auf, rannte zur Tür und schob den Riegel zurück. Sie hörte, wie der Mann etwas brüllte, aber inzwischen war die Tür offen, und sie rannte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nach unten.

»Ein Mann tut Millie weh! Hilf ihr!«, schrie sie, als sie auf dem untersten Treppenabsatz stand und Annie aus ihrem Büro kommen sah.

Den Bruchteil einer Sekunde war der Gesichtsausdruck ihrer Mutter so grimmig, dass Belle dachte, sie würde ihr eine Ohrfeige geben. Aber Annie eilte, ohne ein Wort zu sagen, zum Salon.

»Jacob!«, rief sie. »Komm, wir müssen nach Millie schauen!«

Der kahlköpfige, kräftige Mann war neu im Haus. Belle hatte ihn erst einmal gesehen, vor zwei Wochen, als er einen neuen Dichtungsring am Wasserhahn in der Spülküche angebracht hatte. Mog hatte gesagt, er wäre eingestellt worden, um im Haus anfallende Arbeiten zu erledigen, aber auch, um dafür zu sorgen, dass es oben im Salon abends keinen Ärger gab. Heute Abend sah er in seinem dunkelgrünen Jackett richtig schick aus, und er reagierte blitzschnell auf Annies Befehl, indem er sofort die Treppe hinauflief.

Annie folgte ihm, blieb aber kurz bei Belle stehen und zeigte auf die Kellertür. »Wir sprechen uns nachher. Und jetzt runter mit dir!«, herrschte sie ihre Tochter an.

Belle saß am Küchentisch, den Kopf auf die Hände gestützt, und wünschte sich, Mog würde kommen und ihr erklären, wie und warum das alles passieren konnte.

Die Küchenuhr zeigte zehn nach zehn. Anscheinend hatte sie viel länger, als sie gedacht hatte, in Millies Zimmer geschlafen. Aber sie konnte nicht verstehen, warum sie nicht aufgewacht war, als sich die Mädchen für den Abend zurechtmachten, oder warum Mog nicht nach oben gekommen war, um sie zu suchen, als Belle vom Saubermachen nicht zurückkam. Mog war eine richtige Glucke; normalerweise drehte sie schon durch, wenn Belle nur eine Stunde verschwunden war, und um sechs Uhr aßen sie immer zusammen, bevor Mog nach oben ging, um alles für den Abend vorzubereiten.

Die Abende waren für Belle sehr langweilig, weil sie immer allein war. Sie wusch das Geschirr ab und las die Zeitung, wenn einer der Gentlemen am Vorabend eine liegen gelassen hatte. Wenn keine Zeitung da war, nähte oder strickte sie. Aber meistens lag sie schon um halb neun im Bett, weil sie es allein nicht mehr aushielt. Heute Abend allerdings fühlte sie sich nicht nur einsam, sondern völlig verängstigt. Sie hatte keine Angst um sich selbst, auch wenn sie sich vor Annie fürchtete, sondern um Millie. Sie sah sie im Geiste deutlich vor sich, diesen stummen Schrei, die Art, wie ihr Kopf nach hinten gesunken war und ihre Augen hervorquollen. Hatte der Mann sie umgebracht?

Kein Laut kam von oben aus dem Salon, also war außer Jacob vielleicht niemand drin gewesen, als sie die Treppe hinuntergelaufen kam. Angesichts des Schneefalls wäre das nicht weiter verwunderlich, aber sie fragte sich, wo Mog und die Mädchen steckten. Außer Millie waren sieben weitere Mädchen im Haus, aber selbst wenn sie alle, ob mit oder ohne Herrenbesuch, auf ihren Zimmern waren, hätte doch bestimmt die eine oder andere hinausgeschaut, als Annie und Jacob die Treppe hinaufrannten.

Aber noch größer als ihre Angst um Millie und die möglichen Konsequenzen des heutigen Vorfalls waren der Schock und der Ekel, den sie über das, was Nacht für Nacht über ihrem Kopf vorging, empfand. Wie hatte sie nur so dumm sein können, nicht zu wissen, was in dem Haus, in dem sie lebte, passierte?

Wie sollte sie je wieder mit erhobenem Kopf auf die Straße gehen? Wie konnte sie sich mit Jimmy anfreunden, ohne sich zu fragen, ob er nicht dasselbe mit ihr machen wollte? Kein Wunder, dass Mog gesagt hatte, er solle sich bei Belle lieber nichts herausnehmen!

Als Belle vom Hinterhof her einen lauten Schrei hörte, gefolgt von Klappern und Scheppern, als hätte jemand die Mülleimer umgeworfen, und dann noch mehr Geschrei von mehreren Leuten, lief sie in die Spülküche und zur Hintertür. Sie sperrte sie nicht auf und ging hinaus, weil sie wusste, dass sie schon genug Ärger hatte, aber sie spähte aus dem Fenster neben der Tür.

Draußen war nichts zu sehen, nur der Schnee, der all die alten Schachteln und Kisten bedeckte. Es schneite immer noch stark und der Wind ließ die Flocken durch die Luft wirbeln.

»Belle!«

Belle fuhr herum, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte. Sie war in die Küche gekommen und stand, eine Hand in die Hüfte gestemmt, neben dem Tisch.

»Tut mir leid, Ma, ich bin in Millies Zimmer eingeschlafen. Ich wollte nicht da oben bleiben.«

Annie trug abends immer schlichtes Schwarz. Aber ihr langärmeliges Seidenkleid hatte rund um den tiefen Ausschnitt einen breiten Besatz aus kunstvoller Silberstickerei, ihr Haar war mit silbernen Kämmen hochgesteckt, und mit den Brillanthängern in ihren Ohren sah sie geradezu königlich aus.

»Komm mit. Du musst mir ganz genau erzählen, was du gesehen hast«, sagte sie schnell.

Belle fand es sehr seltsam, als Annie sie, statt sie anzuschreien und ihr Vorhaltungen zu machen, an der Hand nahm und mit ihr in Belles winziges Schlafzimmer ging. Sie schlug das Bett auf und bedeutete Belle, ihre Sachen auszuziehen, ins Nachthemd zu schlüpfen und sich ins Bett zu legen. Sie half Belle sogar, ihr Kleid aufzuknöpfen, und zog ihr das Nachthemd über den Kopf. Erst als ihre Tochter gut zugedeckt im Bett lag, setzte sie sich zu ihr.

»Und jetzt erzähl mir alles«, forderte Annie sie auf.

Belle erklärte, warum sie im Zimmer gewesen war, als Millie mit dem Mann hereinkam, und dass sie sich in ihrer Panik unter dem Bett versteckt hatte. Sie wusste nicht, wie sie Annie sagen sollte, was die beiden gemacht hatten, deshalb erwähnte sie nur Küssen und Schmusen. Annie machte eine ungeduldige Handbewegung und verlangte von Belle, zu dem zu kommen, was der Mann zu Millie gesagt hatte.

Belle wiederholte alles, woran sie sich erinnern konnte, und erzählte, wie er Millie geschlagen hatte, wie es dann auf einmal ganz still geworden war und sie unter dem Bett hervorgespäht hatte. »Er hatte seinen …« Belle brach ab und zeigte nach unten auf ihren Bauch. »Er hielt ihn in der Hand und legte ihn an ihr Gesicht. Sie rührte sich nicht, und da bin ich weggerannt. Wie geht es Millie?«

»Sie ist tot«, sagte Annie. »Sieht so aus, als hätte er sie erwürgt.«

Belle starrte ihre Mutter entsetzt an. Sie hatte sich zwar schon gefragt, ob der Mann Millie umgebracht hatte, aber es war etwas ganz anderes, diese Befürchtung bestätigt zu sehen. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr Kopf zerspringen. Das war schlimmer als der schlimmste Albtraum!

»Nein! Sie kann nicht tot sein.« Belles Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. »Er hat ihr wehgetan, aber das hat sie doch bestimmt nicht umgebracht!«

»Belle, du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass ich so etwas nicht sagen würde, wenn es nicht wahr wäre«, sagte Annie tadelnd. »Aber wir haben jetzt nicht viel Zeit. Die Polizei wird bald hier sein. Jacob geht sie gerade holen. Du musst vergessen, dass du in Millies Zimmer warst, Belle.«

Belle begriff nicht, was ihre Mutter meinte, und starrte sie verständnislos an.

»Hör zu, ich werde der Polizei erzählen, dass ich Millie gefunden habe. Ich werde sagen, dass ich zu ihr nach oben gegangen bin, weil ich gehört habe, wie jemand aus dem Fenster gestiegen ist«, erklärte Annie. »Siehst du, ich möchte nicht, dass sie dich verhören. Deshalb werde ich behaupten, dass du hier unten warst und schon im Bett gelegen hast. Und genau das musst du auch sagen, wenn sie mit dir sprechen wollen. Du bist um halb neun zu Bett gegangen und erst vor einer Weile aufgewacht, weil du draußen ein Geräusch gehört hast. Kannst du das machen?«

Belle nickte. Es kam so selten vor, dass ihre Mutter so nett und freundlich mit ihr sprach, dass sie bereit war, alles zu sagen, was sie verlangte. Natürlich war ihr nicht klar, warum sie nicht die Wahrheit sagen konnte, aber sie nahm an, dass es dafür gute Gründe gab.

»Braves Mädchen.« Annie legte einen Arm um Belles Schultern und drückte sie. »Ich weiß, dass du unter Schock stehst. Du musstest Dinge mit ansehen, von denen ich nie wollte, dass du sie siehst. Aber wenn du der Polizei sagst, dass du im Zimmer warst und gesehen hast, was passiert ist, wird das Ganze für dich zu einem furchtbaren Albtraum werden. Du müsstest bei der Gerichtsverhandlung als Zeugin gegen den Mann antreten und dich ins Verhör nehmen lassen. Man würde alle möglichen hässlichen Sachen zu dir sagen. Dein Name würde in der Zeitung stehen. Und dir könnte von dem Mann, der Millie das angetan hat, große Gefahr drohen. All dem kann ich dich unmöglich aussetzen.«

Belle, die mit einer harten Strafe gerechnet hatte und stattdessen feststellte, dass ihre Mutter ihr weiteren Kummer ersparen wollte, fühlte sich ein klein wenig besser.

»Wo ist Mog?«, fragte sie.

»Ich habe ihr erlaubt, ihre Freundin in der Endell Street zu besuchen, weil ich wusste, dass heute wegen des Schnees nicht viel los sein würde«, sagte Annie und verzog den Mund. »Zum Glück. Aber sie wird bald nach Hause kommen. Sei so gut und bleib auch ihr gegenüber bei deiner Geschichte.«

Belle nickte. »Aber wenn die Polizei den Mann fasst, sagt er vielleicht, dass ich im Zimmer war«, flüsterte sie.

»Sie werden ihn nicht fassen, weil ich sagen werde, dass ich nicht weiß, wer er war«, sagte Annie. »Aber darüber musst du dir nicht den Kopf zerbrechen. Nur Jacob und ich wissen, dass du oben warst, und Jacob wird nichts verraten.«

»Aber wenn die Polizei den Mann nicht erwischt, wird er doch nicht dafür bestraft, dass er Millie umgebracht hat«, wandte Belle ein.

»Oh, er wird seine Strafe bekommen, verlass dich drauf«, sagte Annie grimmig.

KAPITEL 3

Belle war immer noch hellwach, als sie Mogs vertraute Schritte auf der Treppe hörte. Mog hatte ein steifes Knie und ging immer langsam die Stufen hinunter.

»Mog!«, wisperte Belle, die nicht wusste, ob die Polizei immer noch im Haus war. Vorhin hatte sie das Geräusch von schweren Schritten gehört und sich seelisch und geistig darauf vorbereitet, als Nächste befragt zu werden. »Kommst du bitte noch zu mir?«