Doppelmord - Frank Goyke - E-Book

Doppelmord E-Book

Frank Goyke

4,8

Beschreibung

Ostern 1857, auf dem Weg von Stargard nach Neubrandenburg. Der bekannte Schriftsteller Fritz Reuter und seine Freunde kehren von einem Ausflug zurück. Sie werden Zeugen, wie der Leichnam eines Säuglings im Teich einer Papiermühle gefunden wird. Es zeigt sich schnell: Das Kind wurde kurz nach seiner Geburt ermordet. Reuter lässt das schreckliche Erlebnis keine Ruhe. Derweil brodelt die Gerüchteküche in Neubrandenburg. Auf den Straßen und auf dem Markt, in den Gasthäusern und Schenken gibt es bald kein anderes Thema mehr: "Handelt es sich etwa um einen Ritualmord?" Plötzlich brennt die Mühle. Der Mob hält ihren Besitzer, Daniel Davidson, einen Christen, dessen Eltern jüdischen Glaubens waren, für den Schuldigen. Wenig später wird ein weiteres totes Kind gefunden. Mecklenburg-Strelitz ist in Aufruhr, und Fritz Reuter beginnt, eigene Ermittlungen anzustellen.

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Frank Goyke

DOPPELMORD

Fritz Reuterserster Fall

Stadtkarte Neubrandenburg um 1860

1 Fürstenkeller

2 Wohnhaus Fritz Reuter

3 Photographisches Studio Bahr

4 Rathaus

5 Großherzogliches Palais

6 Apotheke Siemerling

7 Stellmacher Kilian

8 Marienkirche

9 Markt

Für Ina Strübing(1961–2014)langjährige Mitarbeiterin desHinstorff Verlages in Rostock

Inhalt

Stadtkarte Neubrandenburg um 1860

Erstes Kapitel

Sonntag, 12. April 1857

Zweites Kapitel

Montag, 13. April 1857

Drittes Kapitel

Dienstag, 14. April 1857

Viertes Kapitel

Mittwoch, 15. April 1857

Fünftes Kapitel

Donnerstag, 16. April 1857

Sechstes Kapitel

Donnerstag, 16. April 1857, nachts

Siebentes Kapitel

Freitag, 17. April 1857

Achtes Kapitel

Donnerstag, 23. April 1857

Mecklenburg-Strelitz

Verzeichnis der wichtigsten existierenden und fiktiven Personen des Romans

Glossar

Impressum

Erstes Kapitel

Sonntag, 12. April 1857

Die Reflexe des Sonnenlichts zitterten leicht auf der Oberfläche der durchscheinenden Flüssigkeit, die einen grünlich-goldenen Schimmer hatte. ›Sie zittern nicht auf der Oberfläche der Mosel, sondern des Mosels‹, dachte amüsiert der Mann, der sein Weinglas betrachtete. Der Mann war ein Dichter, die Niederschrift solcher Gedanken gehörte zu seinem Geschäft. Moselwein zu trinken, war sein Vergnügen, besonders während der Rast auf einem Osterspaziergang, den er mit Freunden unternommen hatte.

Fritz Reuter hob zuerst das Glas und dann den Blick. Ihm gegenüber saß der Apotheker Viktor Siemerling, vor sich einen Seidel mit in Mecklenburg gebrautem bayerischem Bier – oder sollte man besser sagen: Nach bayerischer Art gebrautes Mecklenburger? Reuters Vater kam das Verdienst zu, diese Brauart nicht nur in Stavenhagen, sondern für das ganze Land eingeführt zu haben, und unter all seinen Meriten war es zweifellos jene, mit der er sich einen Anspruch auf Unsterblichkeit erworben hatte. Bier war kein Göttertrunk, aber dem Landmann war es lieb und teuer. Was nicht bedeutete, dass nicht auch angesehene Bürgersleute und Rittergutsbesitzer mit Sitz und Stimme im Landtag dem Gerstensaft zusprachen; das nachgerade Gegenteil war der Fall.

Siemerling langte nach dem Seidel. Der neben ihm sitzende Wilhelm Bahr, Stargarder von Geburt, folgte dem Beispiel. Gemeinsam prosteten sie Reuter zu, der ihnen seinerseits ein Wohlsein entbot. Bahr war Maler und Fotograf, der erste, der sich in Neu-Brandenburg niedergelassen hatte, vor Jahren schon. Reuter selbst lebte erst seit einem Jahr in der größten Stadt des kleinen Großherzogtums Mecklenburg-Strelitz, war um Ostern 1856 von Treptow an der Tollense hergezogen. Das war mit einigem Papierkram verbunden gewesen. Ein preußischer Staatsbürger hatte das Land gewechselt, denn Treptow gehörte als vorpommersche Stadt zu Preußen. ›Wenn das alles nicht so traurig und wenn man im tiefsten Herzen nicht Patriot wäre, müsste man sich wohl wünschen, der liebe Gott möge die deutschen Lande und Ländchen von der Weltkarte lachen …‹

Auf den Gesichtern von Reuters Freunden tänzelten die Schatten, die von den Blättern der großen Eichen stammten, welche ein kaum wahrnehmbarer Windhauch bewegte. Das Gartenlokal des Gasthofes Zum Weißen Hirsch in Stargard war bis auf den letzten Platz besetzt, denn nicht nur der Ostersonntag lockte die Menschen aus ihren Stuben, es war auch das schöne Wetter. Für Reuter kamen noch zwei Gründe dazu, eine Wanderung zu wagen: Sein einjähriger Aufenthalt in Neu-Brandenburg, der gebührend gefeiert werden musste, und der Umstand, dass der Wirt des Weißen Hirsches einen guten Moselwein ausschenkte, was in dieser Gegend keineswegs selbstverständlich war.

Reuter begehrte Nachschub und wollte gerade den Arm heben, um eines der Schankmädchen auf sich aufmerksam zu machen, als er jemanden an einem Nachbartisch fragen hörte: »Was will denn der Saupreuß’ hier?«

Für ein, zwei Lidschläge bezog Reuter die Frage auf sich, aber es war unmöglich, dass der unbekannte Ausflügler wusste, dass er – von Geburt ein Mecklenburg-Schweriner – aus Preußen übergesiedelt war. Dann sah er, wem die wenig schmeichelhafte Frage gegolten hatte: Am Rande der mit Tischen und Gartenstühlen bestandenen Fläche hatten sich zwei Männer erhoben, die Ausgehuniform trugen. Normalerweise war das kein Grund für eine derartige Unmutsäußerung, schließlich hätte es sich ja auch um Distrikthusaren oder um Gendarmen handeln können, die in erster Linie bei den Ganoven unbeliebt waren. Der Mann am Nebentisch sah nicht wie ein solcher aus. Er trug ein mittelbraunes Sakko, ein helles Hemd mit umgeschlagenem Kragen sowie ein Halstuch und balancierte eine runde Brille mit dünnem Rahmen auf der Nase. ›Obwohl‹, dachte Reuter, ›er könnte natürlich ein Advokat sein, und vom Advokaten zum Ganoven ist es kein großer Schritt.‹

Die beiden Männer trugen keine Uniformen Mecklenburg-Strelitzscher Provenienz, sondern eindeutig preußisches Tuch, durch das sie als Rittmeister und Gefreiter der Kavallerie zu erkennen waren. Der Offizier war eine durchaus stattliche Person, jung, vielleicht dreißig, und recht groß gewachsen; den Subalternen an seiner Seite überragte er um Haupteslänge. Er schien unbewaffnet zu sein, vielleicht, weil auch er einen Sonntagsausflug machte, für den es sich nicht schickte, einen Dolch oder gar den unpraktischen Kavalleriesäbel mit sich herumzutragen. Was die beiden preußischen Militärs in das Großherzogtum verschlagen hatte, war ihnen natürlich nicht anzusehen. Hatte der Preußenkönig sie geschickt, um seinen Verwandten, den Großherzog Georg für irgendeine gemeinsame Sache zu gewinnen? Denn Serenissimus waren zwar der Onkel von Friedrich Wilhelm IV., aber von übergroßer Liebe konnte man kaum sprechen. Für Georgs Geschmack gab es bei den Borussen zu viel neumodischen Kram, den er in seinem mikroskopisch kleinen Land nicht haben wollte, zu viel »Reformerei« und »Abgeordnetenhausieren«, was er so gar nicht verknusen konnte. Nur, einen Rittmeister würde man wohl kaum mit einer militärisch-diplomatischen Mission betrauen …

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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