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Monty Cooke setzte die Taschenflasche an die Lippen. Als er den Kopf leicht nach hinten bog, sah er unwillkürlich in den etwas fleckigen Spiegel über dem Schminktisch. Und plötzlich hatte er das Gefühl, dass seine Handpuppen ihn belauerten. Ihre eben noch toten Augen funkelten spöttisch und wissend.
Monty Cooke sprang auf und wandte sich hastig zu seinen Geschöpfen um. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Die Puppenaugen folgten seinen Bewegungen, voll Hohn und Spott.
Er wusste, im nächsten Augenblick würden sie vom Koffer herabsteigen und ihn angreifen!
Während Dorian Hunters Aufenthalt in Südamerika schießen in London mehrere Clubs aus dem Boden, in denen angeblich schwarzmagische Riten vollzogen werden. Marvin Cohen übernimmt die Ermittlungen und gerät auf die Spur des Puppenspielers Monty Cooke - der selbst nur ein Opfer dämonischer Mächte zu sein scheint ...
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
DER SATANSKULT
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
mystery-press
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Mark Freier
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-9794-9
www.bastei-entertainment.de
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Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den gesamten Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen. Unterstützung in seinem Kampf erhält er zunächst durch den englischen Secret Service, der auf Hunters Wirken hin die Inquisitionsabteilung gründete.
Bald kommt Dorian jedoch seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als französischer Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren.
Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten. Er jagt die Dämonen auf eigene Faust, und als die Erfolge ausbleiben, gerät Trevor Sullivan, der Leiter der Inquisitionsabteilung, unter Druck. Die Abteilung wird aufgelöst.
Hunter bleibt nur sein engstes Umfeld: die junge Hexe Coco Zamis, die früher selbst ein Mitglied der Schwarzen Familie war, bis sie wegen ihrer Liebe zu Dorian den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten verlor; weiterhin der Hermaphrodit Phillip, der weder Mann noch Frau ist und dessen hellseherische Fähigkeiten ihn zu einem lebenden Orakel machen – sowie die Ex-Mitarbeiter des Secret Service Marvin Cohen und Donald Chapman. Letzterer wurde bei einer dämonischen Attacke auf Zwergengröße geschrumpft.
Trotz der Rückschläge ist es Dorian schließlich gelungen, Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie, zu vernichten. Doch mit Olivaro steht schon ein Nachfolger bereit, der in der Vergangenheit keinerlei Skrupel hatte, sogar mit Dorian zusammenzuarbeiten, wenn es seinen eigenen Interessen diente. In der Zwischenzeit folgt Dorian der Spur seines verschwundenen Freundes in den südamerikanischen Dschungel – und begegnet dort der Inka-Prinzessin Machu Picchu, die er bereits vor 500 Jahren in seinem Leben als Georg Rudolf Speyer kennengelernt hat. Machu Picchu verfügt über die Fähigkeit, ihre Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Mehr noch, sie selbst ist nur ein Traum, während ihr Körper nach der Zerstörung der goldenen Stadt El Dorado im Orinoco treibt.
In London gehen in Dorians Abwesenheit Gerüchte von einem Satanskult um, und ein Bauchredner namens Monty Cooke wird von Dämonen heimgesucht …
DER SATANSKULT
von Gay D. Carson
Albert Einstein machte Schwierigkeiten wie immer. Der Schöpfer der Relativitätstheorie verhedderte sich diesmal mit seinen Beinen und wollte um keinen Preis aus dem großen Schließkoffer. Erst nach einem energischen Ruck gab er seinen Widerstand auf und nahm oben auf der Kante des hochgeklappten Kofferdeckels Platz. Jerry Lewis grinste und schielte wie gewöhnlich, als er auf dem Deckel abgesetzt wurde. Churchill verlor seine Zigarre, Charlie Chaplins Melone landete auf der Erde, Maria Stuart flirtete gekonnt mit Napoleon, während Heinrich VIII. sehr ungeniert in den tiefen Ausschnitt von Liz Taylor schaute.
Monty Cooke übersah diese Feinheiten. Er hatte täglich mit diesen Personen der Zeitgeschichte zu tun. Sie waren seine Geschöpfe, die ihre Existenz seinem Können und seiner Geschicklichkeit verdankten. Er allein hatte sie geschaffen und gekleidet. Er verteilte sie auf dem Deckel des großen Schließkoffers und kontrollierte sie wie immer vor seinem Auftritt. Es handelte sich um Handpuppen, die etwas über einen Meter groß waren.
1. Kapitel
Sie konnten die Augen bewegen und den Mund öffnen, sie vermochten Grimassen zu schneiden und waren in der Lage, mit ihrem Schöpfer zu reden. Doch das schafften sie nur, wenn Monty Cooke es wollte. Er war nämlich Bauchredner und in seinem Fach absolute Spitzenklasse. Monty Cooke war siebenundzwanzig Jahre alt, etwa einen Meter siebzig groß, hatte rotes Haar und eine prägnante Nase. Sein Gesicht erinnerte an das einer Marionette aus kantigem Holz. Nachdenklich und ein wenig verträumt war der Blick der dunklen Augen.
Monty Cooke war an diesem späten Nachmittag ein wenig nervös. In wenigen Stunden sollte die Premiere hier in London stattfinden. Er wusste, dass er es mit einem äußerst verwöhnten und kritischen Publikum zu tun hatte. Er musste perfekt sein, wenn er bestehen wollte. Monty Cooke hatte bisher nur in den Staaten gearbeitet und war dort auch im Fernsehen aufgetreten; doch das alles war nichts gegen diese Premiere hier im Piccadilly.
Er setzte sich vor den Schminkspiegel und versuchte sich zu entspannen. Das Licht in der halbdunklen Garderobe schaltete er bewusst nicht ein. Cooke griff nach der Reisetasche, die neben dem Garderobentisch auf dem Boden stand, öffnete sie und holte eine flache Taschenflasche hervor. Er schraubte den Verschluss auf und trank einen Schluck von dem einfachen, billigen Brandy, den er bevorzugte. Der Alkohol wärmte seinen Magen, schuf ein wohliges Gefühl, konnte die Nervosität allerdings nicht betäuben.
Nun, im Grunde kannte er diesen Zustand. Vor jedem Auftritt schüttelte ihn das Lampenfieber; erst auf der Bühne war die Angst schlagartig verschwunden. Dann brillierte er und riss sein Publikum zu Stürmen der Begeisterung hin. Wenn seine großen Handpuppen auf seine Fragen reagierten und antworteten, dann fühlte er sich in seinem Element. In diesen Augenblicken wurde er zu Churchill oder Napoleon, zu Heinrich VIII. oder zu Liz Taylor. In solchen Augenblicken überschritt er die Grenzen seiner eigenen Identität. Er schlüpfte in seine Puppen hinein, war dann wie selbstverständlich in der Lage, selbst den Tonfall seiner Geschöpfe perfekt zu variieren.
Nein, das Lampenfieber blieb. Und hinzu kam jetzt noch eine Angst, für die er keine Erklärung fand. Sie hatte nichts mit einem möglichen Versagen zu tun. Es war die Angst vor einer unheimlichen Bedrohung. Sie nistete in den dunklen Winkeln des Raumes, war nicht fassbar.
Monty Cooke setzte die Taschenflasche noch einmal an die Lippen. Als er den Kopf leicht nach hinten bog, sah er unwillkürlich in den etwas fleckigen Spiegel über dem Schminktisch. Und plötzlich hatte er das Gefühl, dass seine Handpuppen ihn belauerten. Ihre eben noch toten Augen schienen voller Leben zu sein. Sie fixierten ihn, wirkten aggressiv. Sie funkelten spöttisch und wissend.
Monty Cooke sprang auf und wandte sich hastig zu seinen Geschöpfen um. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Die Puppenaugen folgten seinen Bewegungen, voll Hohn und Spott. Monty Cooke reagierte automatisch. Er nahm die Flasche hoch und warf sie auf die Puppen. Er konnte das Ziel an sich nicht verfehlen; dazu war die Distanz viel zu gering.
Und dennoch! Die Taschenflasche traf nicht eine Puppe. Die Geschöpfe des Bauchredners rückten fast lässig zur Seite. Wenigstens glaubte Monty, das gesehen zu haben.
Panik erfasste ihn. Er lief zur Tür, riss sie auf. Flucht!, war sein einziger Gedanke. Er glaubte zu wissen, dass seine Puppen im nächsten Augenblick vom Koffer herabsteigen würden, um ihn anzugreifen.
Der Türknauf zum Wandschrank bewegte sich. Langsam schwenkte die Tür auf, bewegt wie von einer unsichtbaren Hand. Cooke wollte weglaufen, doch er konnte es nicht. Wie festgeschmiedet blieb er stehen, starrte auf die Tür, wartete, dass sie grauenhafte Dinge preisgab.
Nichts tat sich. Sie hatte sich nun vollends geöffnet und gab den Blick frei auf seine Bühnengarderobe. Da hingen der Frack, sein Schminkmantel, sein Straßenmantel und das Bajazzokostüm für die Kindervorstellungen. Normaler konnten keine Dinge sein.
Cooke aber wusste, dass die Schranktür sich unmöglich von allein geöffnet haben konnte. Hatte er nicht das Drehen des Türknaufs gesehen?
Der Frack bewegte sich jetzt; nur ein wenig zwar, aber deutlich genug. Er begann ganz leicht zu schaukeln. Und dann hob sich langsam der leere Ärmel, straffte sich und deutete warnend und zugleich anklagend auf ihn.
Diesem Anblick war Monty nicht mehr gewachsen. Er stöhnte auf, konnte sich plötzlich wieder bewegen, drehte sich um und stürzte aus seiner Garderobe, ohne die Tür hinter sich zu schließen. Er stieß mit einem großen, kompakten Mann zusammen, dessen fleischiges Gesicht gekünsteltes Wohlwollen ausstrahlte.
»Was ist denn los, Monty?«, fragte der Mann, während er den Bauchredner an den Schultern festhielt und schnupperte. »Lampenfieber?«
»Da – in der Garderobe«, stammelte Monty Cooke und wagte nicht, sich umzudrehen. »Da – in der Garderobe!«
»Schön. Und was ist in der Garderobe?«
David Hyde, der Mann mit dem fleischigen Gesicht, übte sich in Geduld, obwohl es ihm sichtlich schwerfiel.
»Die Puppen! Und dann die Tür, David!«
»Komm, sei ein braver Junge!«, bat Hyde. »Ich werde mal nachsehen, was los ist. Bleib hier!«
Monty Cooke lehnte sich gegen die Wand des Korridorganges und sah zur Seite. Er hasste diesen Hyde, der sein Manager war und von dem er nicht loskam; er hasste ihn und brauchte ihn gleichzeitig. Hyde, der jetzt die Garderobe betrat, war der Mann, der ihm die Steine des Alltags aus dem Weg räumte.
»Alles in bester Ordnung, Monty«, rief Hyde aus der Garderobe. »Du kannst reinkommen.«
Monty überwand seine Angst. David war ja nun da. Er drückte sich mit dem Rücken von der Korridorwand ab und ging sehr zögernd in die Garderobe zurück. Monty glich jetzt einem ängstlichen Kind.
Zuerst sah er zu seinen Handpuppen hinüber. Aufgereiht saßen sie nebeneinander auf dem geöffneten Kofferdeckel, wirkten normal wie sonst. Und die Tür war geschlossen.
»Hast du sie zugemacht?«, fragte er Hyde und deutete auf die Tür des Wandschranks.
»Warum sollte ich?«, fragte Hyde erstaunt. »Sie war ja zu.«
Die Stimmung im Haus war gereizt. Marvin Cohen benahm sich besonders unausstehlich. Er hielt ein Glas in der Hand, stand am Kamin und musterte Phillip, der bereits unruhig geworden war.
Der Hermaphrodit blätterte in einem dicken Bildband, war aber nicht ganz bei der Sache. Er schien zu ahnen, dass er wieder einmal herhalten musste, wie es in den vergangenen Tagen bereits mehrfach der Fall gewesen war.
»Kapierst du überhaupt, was du da liest?« Marvin Cohen baute sich vor ihm auf und riss ihm den dicken Bildband aus der Hand. Er sah einen kurzen Moment hinein, blätterte darin herum und verzog dann spöttisch das Gesicht. »Machst wieder mal auf Bildung, Kleiner?«
Cohen war eine einzige Provokation, doch Phillip ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er lächelte milde, wie geistesabwesend, und sah durch Cohen hindurch, der den Bildband verächtlich auf einen Beistelltisch warf.
Phillip erinnerte an einen grazilen Boticelli-Engel. Er war groß und schlank und zerbrechlich, was durch seine blasse Haut noch unterstrichen wurde. Beherrschend in dem fein und aristokratisch geschnittenen Gesicht waren die Augen, die einen überirdischen, golden schimmernden Glanz hatten.
»Ich werde dir ein paar Comics mitbringen«, stichelte Marvin Cohen weiter. »Die wirst du wenigstens geistig verdauen.«
»Cohen, bitte!« Trevor Sullivan räusperte sich warnend. Der ehemalige Observator Inquisitor saß weit entfernt in einer Zimmerecke und beobachtete die Szene. Cohen war ihm noch nie sonderlich sympathisch gewesen. Aber wie Dorian Hunter wusste er, dass auf Cohen in den entscheidenden Situationen Verlass war.
»Halten Sie sich da raus, O.I.!«, schnauzte Cohen zurück. Er betonte ironisch die beiden Buchstaben O und I; er wollte Trevor Sullivan bewusst daran erinnern, dass er eben nicht mehr der Observator Inquisitor war, seit diese Dienststelle aufgelöst worden war.
»Dein Benehmen ist wieder einmal vorbildlich«, schaltete sich Donald Chapman ein. Der Puppenmann saß neben dem Kamin auf einer kleinen Fußbank. Der Körper des einst großen und stattlichen Mannes war durch den Zauber übermächtiger Dämonen geschrumpft. Donald sah aber nicht grotesk aus wie ein Zwerg oder Liliputaner. Die Proportionen stimmten nach wie vor. Und Chapman hatte sich inzwischen mit seiner Größe längst abgefunden.
Marvin Cohen beugte sich vor und dann hinunter, maß den Puppenmann mit bösen Blicken, verkniff sich erstaunlicherweise aber eine Antwort, die ihm offensichtlich auf der Zunge lag.
»Deine Ruhe möchte ich haben, Donald«, sagte er endlich. »Wir hocken hier in der Villa herum, drehen Däumchen und warten höflichst auf die Rückkehr unseres Herrn und Meisters.«
»Ist er dein Herr und Meister?«, fragte der Puppenmann interessiert zurück.
»Natürlich nicht«, brauste Marvin Cohen auf. »Komm mir bloß nicht mit deinen Fangfragen! Aber warum treibt Dorian sich in der Welt herum, während seine Frau ihn braucht?«
»Er sucht eben die Herausforderung.«
»Natürlich, Donald. Natürlich.« Cohen nickte abwesend. »Ich kann mir sogar verdammt genau vorstellen, wie die aussieht.«
»Kommen Sie doch nicht schon wieder mit diesen Unterstellungen, Cohen!«, schaltete Trevor Sullivan sich missmutig ein. »Diese Platte kennen wir inzwischen in- und auswendig.«
»Du kümmerst dich doch um Dorians Frau, Marvin«, stellte der Puppenmann fest. Seine volltönende, männliche Stimme war überraschend. Sie passte im Grunde nicht zu diesem kleinen Körper.
»Was willst du damit sagen?« Cohen bekam einen roten Kopf.
»Ich stelle nur eine Tatsache fest«, antwortete Chapman gelassen.
»Einer muss sich ja schließlich um Lilian kümmern«, meinte Cohen eifrig. »Es besteht immerhin eine echte Chance, dass sie wieder gesund wird.«
»Wirklich?«, fragte Trevor Sullivan, Skepsis in der Stimme.
»Ja, wirklich!« Marvin Cohen, leidenschaftlich im Ausdruck, nickte nachdrücklich.
»Dann kümmern Sie sich doch weiter um sie!«, schlug Sullivan vor. »Dorian wird Ihnen dankbar sein.«
»Er hat eine Frau wie Lilian doch überhaupt nicht verdient«, sagte Cohen aufbegehrend, verließ mit schnellen Schritten den großen Wohnraum und warf die Tür hinter sich ins Schloss.
»Was war denn das?«, wunderte sich der ehemalige O.I.
»Armer Marvin«, murmelte der Puppenmann leise und wissend.
»Wieso armer Marvin?«
»Ihn scheint’s gepackt zu haben. Erstaunlich, dass dieser grobe Klotz plötzlich Gefühle zeigt.«
»Das höre ich aber gar nicht gern. So etwas führt immer zu Komplikationen.«
»Die wir uns im Moment leisten können. Eine Idylle ist ja noch direkt aufregend gegen unser tägliches Einerlei.«
Trevor Sullivan hörte nur halb zu. Er sah zu Phillip hinüber und alarmierte den Puppenmann durch ein schnelles Handzeichen.
Der Hermaphrodit wirkte plötzlich noch ätherischer als sonst. Er hatte seine Augen geschlossen und wiegte den Oberkörper kaum merklich hin und her. Eine unsichtbare Ausstrahlung schien ihn getroffen zu haben. Er murmelte unverständliche Worte und befand sich offenbar in einem somnambulen Zustand.
Trevor Sullivan stand vorsichtig auf, ging zu ihm hinüber und beugte sich vor, um besser hören zu können.
»Puppen«, flüsterte Phillip jetzt. »Marionetten in der Hand des Satans. Marionetten überall. Kirchen und Glocken. Und Marionetten. Wasser und Nebel. Wasser.«
Phillips Worte wurden zu einem unverständlichen Murmeln. Er fiel plötzlich in sich zusammen, öffnete übergangslos die Augen, sah sich verwirrt um, lächelte abwesend und griff nach dem Bildband, als sei nichts geschehen.