Dr. Stefan Frank 2509 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2509 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Schwester oder Todesengel?
Dr. Frank und ein furchtbarer Verdacht

Fünf Jahre ist es her, dass die attraktive Krankenschwester Jasmin den schlimmsten Verlust erlitten hat, den man sich nur vorstellen kann: Ihre damals dreijährige Tochter Emma wurde von einem betrunkenen Autofahrer getötet. Die großen Qualen und die unendliche Trauer, die Jasmin und ihr Mann damals bewältigen mussten, haben auch ihre Ehe zerstört. Die Beziehung ist trotz großer gegenseitiger Liebe gescheitert.
Gerade als Jasmin ihr Leben allmählich wieder in den Griff zu bekommen scheint, geschieht etwas Unvorstellbares: Ausgerechnet der Todesfahrer von damals, der die kleine Emma auf dem Gewissen hat, wird auf Jasmins Station in der Waldner-Klinik gebracht, und sie soll sich nun um den Mörder ihres Kindes kümmern.
Zunächst scheint es so, als würde ihr das auch gelingen. Doch dann stirbt der Mann. Wie es aussieht, hat ihm jemand absichtlich eine Überdosis eines Medikaments gespritzt. Natürlich fällt der Verdacht schnell auf Jasmin. Sie hat ein klares Motiv! Verzweifelt beteuert die junge Frau ihre Unschuld, doch irgendwann zweifelt sie selbst an sich. Womöglich hat sie unbewusst einen Fehler begangen und kann sich nur nicht daran erinnern? Wer oder was ist sie - Krankenschwester oder Todesengel?

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Inhalt

Cover

Impressum

Schwester oder Todesengel?

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: MilanMarkovic / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8277-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Schwester oder Todesengel?

Dr. Frank und ein furchtbarer Verdacht

Fünf Jahre ist es her, dass die attraktive Krankenschwester Jasmin den schlimmsten Verlust erlitten hat, den man sich nur vorstellen kann: Ihre damals dreijährige Tochter Emma wurde von einem betrunkenen Autofahrer getötet. Die großen Qualen und die unendliche Trauer, die Jasmin und ihr Mann damals bewältigen mussten, haben auch ihre Ehe zerstört. Die Beziehung ist trotz großer gegenseitiger Liebe gescheitert.

Gerade als Jasmin ihr Leben allmählich wieder in den Griff zu bekommen scheint, geschieht etwas Unvorstellbares: Ausgerechnet der Todesfahrer von damals, der die kleine Emma auf dem Gewissen hat, wird auf Jasmins Station in der Waldner-Klinik gebracht, und sie soll sich nun um den Mörder ihres Kindes kümmern.

Zunächst scheint es so, als würde ihr das auch gelingen. Doch dann stirbt der Mann. Wie es aussieht, hat ihm jemand absichtlich eine Überdosis eines Medikaments gespritzt. Natürlich fällt der Verdacht schnell auf Jasmin. Sie hat ein klares Motiv! Verzweifelt beteuert die junge Frau ihre Unschuld, doch irgendwann zweifelt sie selbst an sich. Womöglich hat sie unbewusst einen Fehler begangen und kann sich nur nicht daran erinnern? Wer oder was ist sie – Krankenschwester oder Todesengel?

Manche Nächte sind dunkler als andere.

Wenn die Erinnerungen ihre Schatten über die Seele breiten, scheint es kein Licht mehr zu geben. Keine Wärme.

So empfand es auch Jasmin an diesem Abend. Sie fror bis ins Mark.

Ihre Hand zitterte, als sie das Zündholz anstrich und es an die Kerze hielt. Die goldene Flamme warf in der Dunkelheit flackernde Schatten an die Wand.

Jasmins Wohnung war komplett in Weiß eingerichtet. Die Wände, Möbel und Kissen: alles war weiß gehalten, aber nicht einmal das konnte die Dunkelheit vertreiben, die ihr überallhin folgte.

Auf dem Fensterbrett stand ihre Kakteensammlung. Ein kugeliger Kaktus blühte in üppigem Rot. Er war ein Geschenk ihres Vaters zum Abschluss ihrer Ausbildung gewesen. Damals schien die Welt noch in Ordnung zu sein. Jasmin war voller Hoffnungen und Träume für die Zukunft gewesen. Wie unbekümmert sie gewesen war!

Jasmin schüttelte kaum merklich den Kopf. Manchmal schien es ihr, als würden die Erinnerungen an diese glückliche Zeit einer anderen Frau gehören.

Eine Trennwand aus Bambusholz teilte den Wohnraum von ihrem Schlafbereich ab. Jasmin hatte sie weiß lackiert. Ebenso wie das Bücherregal in der Ecke.

Am Fenster stand ihr Laufband. Es hatte sie schon oft davor bewahrt, vor lauter Verzweiflung den Verstand zu verlieren. Wenn sie sich beim Training verausgabte, konnte sie ihre Gedanken darauf fokussieren. Das half. Ein wenig.

Ein funkelndes Sternenmeer füllte den Himmel.

Jasmin sank auf die Bettkante nieder und nahm die gerahmte Fotografie vom Nachtschränkchen. Mit bebenden Fingern strich sie über das Bild.

Auf dem Foto strahlte ein dreijähriges Mädchen auf einem Laufrad in die Kamera. Seine braunen Haare waren zu süßen Zöpfchen geflochten. Ein Band aus Sommersprossen zog sich quer über die fröhlich gekräuselte Nase.

Sanft streichelte Jasmin über das Foto, als wären es die weichen Wangen des Kindes. Heiße Tränen ließen ihre Sicht verschwimmen.

„Ich vermisse dich so sehr, Spätzchen“, wisperte sie.

Die Stille in ihrer Wohnung dröhnte in ihren Ohren.

Die Fenster waren geschlossen und ließen nichts vom Rauschen des Münchner Verkehrs hören. Es war, als würde sich die junge Krankenschwester im Inneren einer Blase befinden, aus der es kein Heraus gab.

Neben ihr auf dem weiß bezogenen Bett lag ein aufgeschlagenes Exemplar der Münchner Tageszeitung.

Schwester oder Todesengel?, fragte die Überschrift.

Jasmin legte die Fotografie zur Seite und griff nach der Zeitung. Unsicher strich sie die Seite glatt und starrte auf die unscharfe Schwarz-Fotografie nieder. Ihr eigenes Konterfei war neben dem Artikel abgedruckt.

Eine Träne tropfte auf das raue Papier der Zeitung nieder.

Jasmin wurde von dem Artikel gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Ein namenloses Grauen schnürte ihr die Kehle zu, und sie stöhnte erstickt auf.

In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander wie Blätter im Sommerwind. Sie war so durcheinander, dass sie nicht wusste, was sie denken oder glauben sollte.

„Was habe ich getan?“, wisperte sie. „Was habe ich nur getan?“

***

Drei Wochen zuvor

Die Tür zur Praxis von Dr. Frank stand weit offen und signalisierte: Jeder Patient ist willkommen.

Drinnen war es drückend warm. Die Ventilatoren auf dem Empfangstresen und die geschlossenen Jalousien brachten ein wenig Erleichterung, aber nicht einmal sie vermochten die sommerliche Hitze komplett auszusperren. Seit Wochen herrschte bestes Sommerwetter – und das sorgte für ein volles Wartezimmer bei Stefan Frank.

Sonnenbrand, Kreislaufbeschwerden und Blasenentzündungen nach zu langem Baden waren die Schattenseiten des heißen Wetters.

Als Dr. Frank eine Patientin aus seinem Sprechzimmer begleitete – Frau Olsen hatte ihn wegen einer hartnäckigen Ohrenentzündung aufgesucht –, kratzte sich Schwester Martha gerade ausgiebig den Nacken.

„Diese Mücken fressen mich noch auf“, seufzte sie mit einem leichten Dialekt, der ihre Berliner Herkunft verriet. „Allmählich sehe ick aus wie ein Streuselkuchen.“

„Sie sind eben zu süß, Martha“, erwiderte ihre Kollegin Marie-Luise neckend.

„Im Moment bin ick eher sauer“, brummelte Martha. „Ick hab schon alles probiert, aber nichts vertreibt die Plagegeister dauerhaft: weder mein Hautöl mit Zitronengras noch der Minzkaugummi oder das Ausräuchern.“

„Ach, das haben Sie vorhin also versucht? Ich dachte schon, Sie wollten böse Geister austreiben, als Sie den getrockneten Salbei in der Schale verbrannt haben.“

„Keine Geister. Nur Mücken“, schnaufte Schwester Martha.

„Knoblauch soll Mücken wirksam fernhalten“, meinte Dr. Frank. „Essen Sie heute Abend einfach etwas davon. Dann haben Sie morgen Ihre Ruhe.“

„Det kann ick den Patienten nicht antun. Wenn ick aus allen Poren nach Knoblauch rieche, kommt ja keiner mehr in die Praxis.“ Sie winkte ab. „Da halte ick det Jucken lieber aus.“

„Ich bringe morgen ein paar Blumentöpfe mit Lavendel mit“, begütigte ihre Kollegin. „Den Duft mögen Mücken angeblich nicht. Dann suchen sie sich ein anderes Haus, das sie umschwirren können.“

„Det klingt gut.“ Schwester Martha kratzte sich den linken Unterarm, der tatsächlich mit etlichen roten Schwellungen übersät war.

Dr. Frank verabschiedete sich von Frau Olsen und bat sie, in fünf Tagen zur Kontrolle wiederzukommen. Dann trat er zu seinem Medikamentenschrank und nahm eine Salbe heraus.

„Das Kratzen macht es nur schlimmer, Martha. Probieren Sie lieber die Salbe hier. Sie sollte gegen den Juckreiz helfen.“

„Vielen Dank, Chef. Und dabei hatte ick nicht mal einen Termin.“ Ein Lächeln huschte über das sonnengebräunte Gesicht seiner Arzthelferin. Dann schraubte sie die Tube auf und strich etwas von dem Gel auf ihren Arm. Sogleich legte sich ein wohliger Ausdruck auf ihre Züge. „Ah, schon viel besser. So schön kühl!“

Stefan Frank nickte zufrieden. Er überlegte gerade, ob er sich noch einen Kaffee genehmigen konnte, bevor er seinen nächsten Patienten aufrief, als schnelle Schritte einen Neuankömmling ankündigten.

Felix Reuther eilte in das Vorzimmer. Er war ein junger Mann mit zerzausten blonden Haaren, der nun seine Sonnenbrille abnahm. Felix studierte Maschinenbau und jobbte nebenher als Taxifahrer, um Geld für die Uni zu verdienen.

„Guten Tag, Herr Doktor. Entschuldigen Sie bitte, dass ich hier so hereinplatze, aber ich habe draußen eine Frau im Taxi sitzen, der es nicht gut geht. Sie ist am Zoo eingestiegen und wollte zu einer Adresse hier ganz in der Nähe, aber als wir dort ankamen, war sie eingenickt. Und nun bekomme ich sie nicht wach.“

„Sie schläft also in Ihrem Taxi?“

„Vielleicht ist sie auch bewusstlos. Ich bin mir nicht sicher.“ Felix wirkte aufgewühlt. „Bei der Adresse, zu der sie wollte, war niemand daheim. Ich hab schon überlegt, sie ins Krankenhaus zu fahren, aber dann ist mir eingefallen, dass Ihre Praxis viel näher ist. Könnten Sie sie sich vielleicht einmal anschauen?“

„Selbstverständlich.“ Dr. Frank begleitete den Taxifahrer nach draußen.

Das Taxi parkte unmittelbar vor seinem Grundstück.

Stefan Frank öffnete die hintere Wagentür und beugte sich hinein. Auf den Polstern saß eine junge Frau mit kurzen roten Haaren. Sie trug ein grünes Etuikleid und wirkte gepflegt und sportlich. Alarmiert erkannte er in ihr eine seiner Patientinnen.

Gesa Mangold arbeitete in einer Apotheke nicht weit von hier. Sie war Diabetikerin und spritzte sich mehrmals täglich Insulin. Das konnte auch der Grund für ihren Zustand sein. Hatte sie womöglich eine Unterzuckerung?

„Gesa? Können Sie mich hören?“

Sie murmelte etwas, was nicht zu verstehen war, und ließ die Augen geschlossen.

Dr. Frank tastete nach ihrem Puls. Ihr Herz schlug kräftig, allerdings viel zu schnell, und ihre Benommenheit war ebenfalls kein gutes Zeichen.

„Ich werde Sie jetzt in meine Praxis bringen und untersuchen, Gesa. In Ordnung?“ Behutsam hob er sie aus dem Wagen und trug sie zu seinem Sprechzimmer.

Felix blieb im Vorraum zurück und schloss die Tür hinter ihnen. Er wirkte ebenfalls reichlich blass um die Nase.

Stefan Frank legte die junge Apothekerin auf die Liege. Sie zitterte, und ihre Haut fühlte sich kühl und feucht an.

Stefan Frank nahm ihr eine Blutprobe ab und maß ihren Blutzucker. Dann nickte er kaum merklich. Hatte er es doch geahnt: Der Wert war viel zu niedrig!

Zucker war der wichtigste Energielieferant und unverzichtbar für zahlreiche Körperfunktionen. Auch das menschliche Gehirn war auf genügend Glukose im Blut angewiesen. Fehlte der Zucker, konnte es zu lebensgefährlichen Ausfallerscheinungen kommen. Gesa stand am Rand eines Zuckerkomas!

Dr. Frank legte einen venösen Zugang und führte seiner Patientin eine Infusion mit einer Glukose-Lösung zu. Es dauerte nicht lange, dann flatterten ihre Lider – und sie schlug die Augen auf.

Verwundert schaute sie sich um.

„Dr. Frank? Was … was mache ich denn hier in Ihrer Praxis?“

„Der Taxifahrer hat Sie zu mir gebracht, weil es Ihnen nicht gut ging. Sie hatten eine Unterzuckerung.“

„Oh, jetzt fällt es mir wieder ein. Mir war im Taxi ganz furchtbar flau.“

„Haben Sie vielleicht eine Mahlzeit ausfallen lassen?“

„Das Mittagessen“, bejahte sie. „Ich habe mich mit einer Freundin getroffen und beim Bummeln die Zeit vergessen.“

„Das erklärt Ihren Zustand. Ich möchte Sie zur Beobachtung in die Waldner-Klinik bringen lassen und …“

„Oh! Nein, bitte nicht.“ Sie setzte sich vorsichtig auf der Liege auf. „Es geht mir schon besser. Wirklich.“

„Sie sollten aber vorsichtshalber ein paar Stunden lang überwacht werden.“

„Das wird nicht nötig sein. Ich hatte nur zu wenig gegessen. Ich möchte jetzt lieber wieder nach Hause.“ Gesa strich sich eine rötliche Strähne aus dem Gesicht. Und mit einem Mal wirkte sie unendlich traurig.

Stefan Frank zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu ihr.

„Bekümmert Sie etwas? Möchten Sie vielleicht darüber sprechen? Ich werde Ihnen helfen, wenn ich kann.“

„Ich weiß.“ Sie lächelte matt. „Mich bekümmert so einiges. Vermutlich habe ich deswegen auch nicht an das Mittagessen gedacht. Ich bin ständig am Grübeln.“

„Was bedrückt Sie denn?“

„Es ist wegen Lambert …“

„Ihrem Freund?“

„Ja. Wir wollen heiraten und eine Familie gründen. Das ist zumindest der Plan, aber daraus wird nichts, solange er noch mit Jasmin verheiratet ist. Seine Frau und er leben schon seit fünf Jahren getrennt, aber er zögert die Scheidung immer wieder hinaus. Das macht mich fix und fertig.“

„Hat er Ihnen gesagt, warum er den letzten Schritt aufschiebt?“

„Oh, er ist beruflich sehr eingespannt. Lambert ist Anwalt und arbeitet oft bis in die Nacht hinein. Er hat viel um die Ohren, und das verstehe ich auch, aber ich möchte endlich klare Verhältnisse haben. Was soll ich nur tun, Herr Doktor?“

„Es wird wohl am besten sein, wenn Sie ihm erklären, was Sie empfinden. Bitten Sie ihn, zu handeln, weil die Situation Sie belastet.“

„Und wenn er es weiter aufschiebt?“

„Dann müssen Sie sich fragen, ob Sie auf Dauer wirklich damit leben können.“

Gesa blickte auf die Infusionsnadel in ihrer Hand. Dann ging ein Ruck durch sie hindurch.

„Sie haben recht. Ich muss Lambert erklären, dass ich mich nicht wohlfühle mit unserer Situation. Woher soll er es sonst wissen?“

„Ich wünsche Ihnen beiden, dass alles gut wird.“

„Vielen Dank, Herr Doktor. Für alles.“

„Sind Sie sicher, dass Sie nicht in die Klinik möchten?“

„Ganz sicher. Ich werde heimfahren und mich dort ausruhen.“

„Also gut. Dann schaue ich heute Abend bei Ihnen vorbei und vergewissere mich, dass es Ihnen gut geht. Sie können mich auch jederzeit anrufen, wenn Sie sich nicht wohlfühlen.“ Stefan Frank maß den Blutdruck und den Puls seiner Patientin. Tatsächlich hatte sich ihr Zustand stabilisiert.

Was jedoch ihre Sorgen betraf, so gab es dagegen leider kein Medikament. Er konnte nur hoffen, dass ihr Freund und sie ihre Lage klären konnten und nicht alles noch schlimmer wurde.

***

Lambert Stadler war erschöpft. Hinter ihm lag ein langer Arbeitstag, an dem er zwischen seiner Kanzlei und dem Gericht gependelt war. Mehrere Verhandlungen, etliche Gespräche und zahllose E-Mails und Briefe, die es zu lesen und zu beantworten galt, lagen hinter ihm. Nun sehnte er sich nach etwas zu essen und Ruhe, damit das ständige Rumoren in seinem Kopf endlich nachließ.

Er schloss die Wohnungstür auf und stutzte. Anstatt der gewohnten gedämpften Radiomusik und würzigen Essensdüften empfing ihn nichts als pure Stille.

War Gesa gar nicht daheim?

Er legte seine Mappe in der Diele ab. Das Parkett knackte leise unter seinen Sohlen, als er seine Schritte in die Küche lenkte.

Niemand zu sehen.

Nebenan im Wohnzimmer putzte sich Nepomuk, der Papagei seiner Freundin, das Gefieder.

„Na du? Weißt du, wo dein Frauchen ist?“ Lambert strich über den Vogelkäfig und hörte dann draußen eine helle Stimme rufen.

„Lambert? Ich bin hier.“ Gesa hatte sich auf dem Balkon auf einer Sonnenliege ausgestreckt. Sie war auffallend fahl im Gesicht und lächelte matt zu ihm hoch, als er neben sie trat.

„Gesa?“ Alarmiert sah er sie an. „Geht es dir nicht gut? Du siehst blass aus.“

„Inzwischen geht es wieder, aber vorhin bin ich im Taxi zusammengebrochen. Ich hatte das Mittagessen ausgelassen.“

„Himmel, Gesa, was machst du denn für Sachen? Du weißt doch, wie gefährlich das ist.“

„Zum Glück hat mich der Fahrer gleich zu Dr. Frank gefahren. Der hat mich wieder auf die Beine gebracht.“

„Da bin ich froh. Geht es dir wirklich besser?“

„Ja, wirklich.“ Sie nickte kaum merklich.

Lambert setzte sich auf den Rand ihrer Liege.

„Warum hattest du denn nichts gegessen? Ist etwas vorgefallen?“

„Nein, das nicht …“ Sie wich seinem Blick aus.

Das kannte er. Seine Mandanten schauten so zur Seite, wenn ihnen etwas auf der Seele brannte, das nicht recht über ihre Lippen wollte.

„Aber?“, hakte er sanft nach.

„Ich war abgelenkt. Nina und ich waren zusammen einkaufen, und sie hat die ganze Zeit über ihre bevorstehende Hochzeit gesprochen. Ich musste immerzu darüber nachdenken, ob wir beide wohl auch jemals heiraten werden. In letzter Zeit bin ich mir nicht mehr sicher, ob du im Notfall auch wirklich zu mir stehen würdest.“

Bestürzt sah Lambert seine Freundin an.

„Ich wusste nicht, dass du so empfindest. Du kannst mir vertrauen. Das weißt du.“

„Aber du bist immer so abweisend, wenn ich vom Heiraten rede. Dann siehst du mich an, als käme ich von einem anderen Stern. Denkst du denn nie daran, dass wir beide endlich ernst machen sollten?“