Dr. Stefan Frank 2535 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2535 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Wir tun nur so, als ob

Als die Freunde Hochzeitskleidung anprobieren, wird aus Spaß plötzlich Ernst


Melanie und Thorsten sind seit ihrer Schulzeit eng befreundet. Sie verstehen sich blendend, teilen die gleichen Interessen, haben denselben Humor und vertrauen sich bedingungslos. Doch seit einigen Wochen hat sich etwas zwischen ihnen verändert. Wenn sie zusammen sind, ist die Stimmung irgendwie angespannt, und sie gehen nicht mehr so unbefangen miteinander um wie früher. Das fällt auch ihren gemeinsamen Freunden auf, mit denen sie seit vielen Jahren eine feste Clique bilden.
Ein Maskenfest, zu dem die beiden eingeladen sind, soll dafür sorgen, dass wieder Normalität in ihre Freundschaft einkehrt. Doch als die beiden den Vorschlag ihrer Clique aufgreifen und sich als Braut und Bräutigam verkleiden, kochen plötzlich unterdrückte Gefühle in ihnen hoch ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Wir tun nur so, als ob

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Blue Planet Studio / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9198-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Wir tun nur so, als ob

Als die Freunde Hochzeitskleidung anprobieren, wird aus Spaßplötzlich Ernst

Melanie und Thorsten sind seit ihrer Schulzeit eng befreundet. Sie verstehen sich blendend, teilen die gleichen Interessen, haben denselben Humor und vertrauen sich bedingungslos. Doch seit einigen Wochen hat sich etwas zwischen ihnen verändert. Wenn sie zusammen sind, ist die Stimmung irgendwie angespannt, und sie gehen nicht mehr so unbefangen miteinander um wie früher. Das fällt auch ihren gemeinsamen Freunden auf, mit denen sie seit vielen Jahren eine feste Clique bilden.

Ein Maskenfest, zu dem die beiden eingeladen sind, soll dafür sorgen, dass wieder Normalität in ihre Freundschaft einkehrt. Doch als die beiden den Vorschlag ihrer Clique aufgreifen und sich als Braut und Bräutigam verkleiden, kochen plötzlich unterdrückte Gefühle in ihnen hoch …

„Ich weiß, Sie werden nicht kommen, Herr Dr. Frank, aber ich gebe Ihnen die Einladung trotzdem“, sagte Angelika Großmann, als sie Stefan Frank gleich nach dem Betreten seines Sprechzimmers einen zartgrauen, länglichen Umschlag auf den Schreibtisch legte.

„Ihr Maskenball?“

„Wie immer im Januar“, erwiderte sie. „Sie und Frau Dr. Schubert hätten bestimmt viel Spaß, aber Sie werden natürlich wieder absagen.“

„Ich fürchte ja, Frau Großmann. Trotzdem bedanke ich mich herzlich für die Einladung. Es wird bestimmt auch ohne uns wieder ein großartiger Abend.“

„An dem Sie nicht teilhaben wollen.“

„So würde ich es nicht ausdrücken. Ich vermische nur die Ebenen nicht gern, also das Private und das Berufliche. Es gibt Ausnahmen, aber lieber ist es mir, wenn ich das trennen kann.“

„Schade, mein Mann und ich hätten gern zu den Ausnahmen gehört.“

Stefan beschloss, dem Gespräch behutsam eine andere Richtung zu geben.

„Wie geht es Ihrem Mann?“

„Gut, so weit. Er hört schlechter.“

„Dagegen lässt sich ja zum Glück etwas unternehmen.“

„Bis jetzt will er sein Gehör nicht einmal testen lassen, er ist eitel. Aber das bin ich auch, ich kann das gut nachvollziehen. Wir sind alt, wollen es aber immer noch nicht wahrhaben. Übrigens feiern wir dieses Jahr am Tag des Balls unsere goldene Hochzeit, aber das werden wir nicht an die große Glocke hängen.“

Dr. Frank musste lachen.

„Sie wollen meinen Entschluss ins Wanken bringen, glauben Sie nur nicht, dass ich das nicht merke.“

Sie lachte auch, als sie zugab, dass er mit dieser Vermutung richtiglag. Angelika Großmann war einundsiebzig Jahre alt, was niemand glaubte, der es nicht besser wusste. Ihre Haare waren von einem schönen, dunkel unterlegten Grau, die blauen Augen blickten so klar wie eh und je.

Da sie und ihr Mann passionierte Wanderer waren, die oft ausgedehnte Touren in der Umgebung Münchens unternahmen, waren sie schlank und beweglich geblieben, dazu kulturell interessiert und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen.

Freilich hatten sie auch das Glück, vermögend zu sein, sodass sie sich das Leben einrichten konnten, wie es ihnen gefiel. Sie bewohnten eine große Villa im Münchner Vorort Grünwald, in dem auch Stefan wohnte und praktizierte – freilich in einem sehr viel bescheideneren Haus in der Gartenstraße.

Bei den Großmanns wurde oft und gern gefeiert, ihr jährlicher Maskenball war ein gesellschaftliches Ereignis, über das in den lokalen Medien ausführlich berichtet wurde.

„Überlegen Sie es sich noch einmal wegen der Einladung. Wir würden uns wirklich sehr freuen, mein Mann und ich. Und bedenken Sie: Niemand wird Sie erkennen, zumindest nicht vor Mitternacht. Erst dann werden bei uns die Masken abgenommen. Das ist jedes Mal ein magischer Moment.“

Stefan gestand sich ein, dass sein Versuch, das Thema zu wechseln, nicht erfolgreich gewesen war, also ging er nun ein wenig energischer vor.

„Wie wäre es, wenn ich Sie jetzt untersuche, Frau Großmann? Denn eigentlich sind Sie doch deshalb hier, oder nicht?“

Lachend verschwand sie in der Umkleidekabine und kam sehr viel schneller wieder heraus als andere Frauen ihres Alters. Sie hatte sich wirklich bemerkenswert gut gehalten.

Die Untersuchungen ergaben nichts Auffälliges, so hatten sie es beide erwartet.

„Das hätte mir gerade noch gefehlt“, bemerkte Angelika, „dass Sie mir jetzt sagen: ‚Es gibt da ein Problem, Frau Großmann, Sie können auf keinen Fall am Wochenende in die Berge.‘ Wir waren nämlich etwas faul in letzter Zeit, deshalb haben wir uns mal wieder eine Tour vorgenommen.“

„Wo soll‘s denn hingehen?“

Sie seufzte. „Wir konnten uns bislang noch nicht einigen. Mein Mann will gern zum Watzmann, ich würde lieber zur Kampenwand. Mal sehen. Wir wollen wandern, nicht Skilaufen. Seit mein Mann letztes Jahr beim Skilaufen diesen Unfall hatte, fühlt er sich nicht mehr ganz sicher auf der Piste. Ich schätze, die Skier motten wir demnächst ein.“

Theo Großmann war von einem rücksichtslosen Skifahrer quasi überrannt worden und hatte danach eine Woche im Krankenhaus verbringen müssen. Es wunderte Stefan nicht, dass dieses Erlebnis nicht ohne Folgen geblieben war.

Bei jedem Besuch in seiner Praxis sprach der alte Herr seitdem darüber, wie hilflos und ausgeliefert er sich nach dem Sturz gefühlt hatte. Ganz vergangen war dieses Gefühl offenbar immer noch nicht, obwohl der Unfall mehr als ein Jahr zurücklag.

„Wenn ich ehrlich sein soll, Herr Dr. Frank: Ich fühle mich auf vielen Pisten auch nicht mehr wohl, jedenfalls nicht, wenn sie voll sind. Ich kann wirklich gut Skilaufen, aber die Leute werden immer rücksichtsloser, sie achten überhaupt nicht mehr auf andere, sehen nur noch sich selbst. Kein Wunder, dass die Unfälle Jahr für Jahr zunehmen und immer schlimmere Folgen haben. Aber das gilt ja auch für den Autoverkehr. Mein Mann fährt kaum noch, meistens sitze ich am Steuer. Was man da manchmal erlebt, ist unbeschreiblich. Nicht nur auf den Autobahnen übrigens, aber da ist es natürlich noch schlimmer.“

Stefan konnte ihr nur zustimmen. Er fuhr ja jeden Tag von Grünwald nach Schwabing in die Waldner-Klinik, in der er Belegbetten hatte. Die Klinik war von seinem ältesten und besten Freund Ulrich Waldner gegründet worden, mit dem er seitdem zusammenarbeiten konnte. Er legte Wert darauf, seine stationär aufgenommenen Patienten gut zu betreuen, und so machte er sich jeden Tag auf den häufig durchaus beschwerlichen Weg von Grünwald nach Schwabing.

„Ich weiß, was Sie meinen, Frau Großmann.“ Stefan Frank geleitete seine Patientin zur Tür, trug ihr Grüße an ihren Mann auf und kehrte zu seinem Schreibtisch zurück, um sich Notizen zu dem Besuch zu machen.

Er war gerade damit fertig geworden, als seine langjährige Mitarbeiterin Martha Giesecke die Tür öffnete.

„Bereit für die nächste Patientin, Chef? Frau Hohenecker kommt wegen ihrer schlimmen Hüfte. Sie kann kaum noch laufen.“

Stefan sah auf und begegnete Martha Gieseckes Blick. Sie dachten beide das Gleiche. Frau Hohenecker hatte Angst vor der anstehenden Operation. Sie brauchte zwei neue Hüftgelenke, da sie an starker Arthrose litt, aber ihre Angst ließ sie den Eingriff seit zwei Jahren immer wieder verschieben. Das hatte dazu geführt, dass sie kaum noch aus dem Haus ging, der starken Schmerzen wegen.

Dr. Frank hatte ihr schon öfter gesagt, dass sie bald eine Entscheidung fällen musste, sonst würde es nämlich zu spät sein. Frau Hohenecker war nicht mehr die Jüngste.

„Ich glaube, sie ist jetzt so weit“, sagte Martha halblaut. „Der Leidensdruck ist zu groß geworden, sie wird ihre Angst überwinden.“

Es wunderte Stefan immer wieder, wie gut Schwester Martha Situationen einschätzen konnte. Die Patientinnen und Patienten vertrauten ihr vieles an, wenn sie ihnen Blut abnahm, sie wog oder ihnen eine Spritze gab. Und Marthas unfehlbares Gedächtnis speicherte alle Informationen sorgfältig ab und setzte sie wie ein Puzzle zu einem Gesamtbild zusammen.

Sie war ihm mit den Jahren eine unschätzbare Hilfe geworden. Zusammen mit der sehr viel jüngeren Marie-Luise Flanitzer, die in der Regel vorn am Empfang saß und die Praxis perfekt organisierte, bildete sie ein perfektes Team.

Wenn er von Kolleginnen oder Kollegen hörte, in deren Praxis es Neid, Eifersucht und Rangeleien gab, empfand er tiefe Dankbarkeit dafür, dass es so etwas bei ihm nicht gab.

„Schicken Sie sie bitte herein, Schwester Martha.“

Es erwies sich schon in der ersten Minute, dass seine Mitarbeiterin auch dieses Mal mit ihrer Voraussage richtiggelegen hatte: Anna Hohenecker weinte vor Schmerzen und war bereit, sich endlich, nach mehr als zwei Jahren guten Zuredens, in der Waldner-Klinik zwei neue Hüftgelenke einsetzen zu lassen.

***

„Lasst uns am Wochenende mal wieder in die Berge fahren“, schlug Baby vor.

Baby hieß eigentlich Tanja Haller. Ihren Spitznamen verdankte sie der Tatsache, dass sie ein glühender Fan des Films Dirty Dancing war, dessen Hauptdarstellerin sie ähnelte.

Die anderen zogen sie regelmäßig damit auf, dass sie sich den alten Streifen noch immer mindestens einmal im Jahr ansah und jedes Mal an bestimmten Stellen weinen musste oder Gänsehaut bekam. Von den anderen teilte niemand ihre Vorliebe, aber Baby war das gleichgültig. Sie war ein treuer Fan.

„Wir waren ewig nicht mehr wandern“, setzte sie hinzu.

Die anderen grinsten. Wenn Baby „wandern“ sagte, meinte sie vor allem ausgedehnte Aufenthalte in gemütlichen Hütten. Die Bewegung nahm sie Kauf, aber darum ging es ihr nicht in erster Linie. Bewegung, wenn auch ganz anderer Art, hatte sie in ihrem Beruf genug: Sie war Altenpflegerin und das mit ganzer Kraft. Ihre Freizeit musste daher ein Kontrastprogramm sein.

„Von mir aus“, sagte Zipp, der eigentlich Moritz Zippenthal hieß. Er hatte feuerrote, wilde Haare und grüne Augen. „Ich hab nichts anderes vor. Arbeiten will ich jedenfalls nicht.“ Er verdiente sein Geld als Taxifahrer, aber eigentlich war er Schriftsteller. Seit Jahren schrieb er an seinem ersten Roman. Er zweifelte nicht daran, dass dieser eines Tages fertig vor ihm liegen würde. Seine Freunde bemühten sich, ebenfalls daran zu glauben.

„Ich auch nicht“, warf Melanie Burgmüller ein. „Am Samstag ist Elisabeth Hauschild im Laden.“ Sie warf Kristin Carstensen und Thorsten Ehlert, mit denen sie am engsten befreundet war, einen fragenden Blick zu.

„Bin dabei“, sagte Kristin. „Die Tanzschule ist ja wegen des Umbaus noch geschlossen.“

„Ich schließe mich an“, murmelte Thorsten. Kristin und er betrieben die Tanzschule gemeinsam.

Melanie hatte zwei Jahre zuvor einen Laden für italienische Strickmode eröffnet, der sie bereits ernährte. Sie trug daher immer die schönsten Pullover und Strickjacken und versorgte auch Baby und Kristin zu günstigen Preisen damit. Melanie hatte ein schönes, klares Gesicht und trug ihre dunkelblonden glatten Haare schulterlang. Sie trug ihre Strickjacken zu modischen Jeans und Stiefeletten, darin fühlte sie sich am wohlsten.

Kristin dagegen war in ihrer Clique „die Elegante“, was natürlich auch mit ihrem Beruf zu tun hatte. Beim Tanzen brauchte sie schöne Kleider, in denen sie sich bewegen konnte, und dazu gehörten Pumps. Das war ihre Berufskleidung, die sie jedoch oft auch privat trug, weil sie sich daran gewöhnt hatte.

Thorsten jedoch „verkleidete“ sich in der Tanzschule und bevorzugte als Privatmann eher lässige Kleidung. Er hatte schwarze Haare und trug seit Neuestem einen schwarzen Bart, der ihm sehr gut stand.

„Ich würde auch gern einen Bart tragen, aber dann habe ich einfach zu viel Rot am Kopf“, hatte Zipp kürzlich bemerkt. „In dieser Hinsicht fühle ich mich echt benachteiligt.“

Thorsten hatte nur gelacht.

Kristin und er waren kein Paar, sondern lediglich Geschäftspartner, weil sie beide leidenschaftlich gern und sehr gut tanzten – eine Zeit lang auch bei Wettkämpfen.

Sie alle kannten sich seit Langem. Sie waren in München aufgewachsen und zur Schule gegangen, hatten die Stadt für eine Weile verlassen, waren mit Mitte zwanzig zurückgekehrt und hatten ihre Freundschaft wiederbelebt. Sie unternahmen viel gemeinsam, nicht immer waren alle dabei, aber doch häufig.

Kristin hatte seit Kurzem einen Freund, den sie aber noch nicht in den Kreis „eingeführt“ hatte, wie Baby es ausdrückte. Alle anderen waren zurzeit solo und ganz zufrieden damit. Jeder von ihnen hatte schon schmerzhafte Erfahrungen mit der Liebe machen müssen, aber nachhaltigen Schaden hatte niemand davongetragen.

„Wohin wollen wir denn?“, fragte Melanie. „In den Chiemgau?“

Baby strahlte. „Ja, und auf der Sonnenalm einkehren!“, rief sie. Die anderen lachten schallend, sie war jedoch nicht beleidigt. „Tut bloß nicht so! Ihr seid doch auch immer froh, wenn die nächste Hütte erreicht ist.“

Es gab noch ein paar andere Vorschläge, die aber nur halbherzig vorgebracht wurden, und damit war die Entscheidung gefallen.

***

„Ich habe die Wandersachen schon mal rausgelegt, Herr Großmann“, erklärte Antonia Brambach. „Soll das eine Tagestour werden, oder bleiben Sie übers Wochenende?“

„Wir haben ja noch nicht einmal entschieden, wohin wir fahren“, erklärte Theo Großmann. „Aber es ist gut, Toni, dass Sie schon mal alles rausgelegt haben. Meine Frau und ich entscheiden heute Abend, wohin es gehen soll.“

„Hier, bitte, Ihre Milch“, sagte Antonia.

Sie arbeitete schon ihr halbes Leben als Haushälterin bei den Großmanns, und ihr war bewusst, dass ihr nichts Besseres hätte passieren können. Ihr Arbeitsplatz war ein sehr großes, sehr schönes Haus, ihre Arbeitgeber waren gebildete und sympathische Leute, die sich ihren Angestellten gegenüber niemals herablassend benahmen, und sie wurde gut bezahlt.

Allerdings war ihr im letzten Jahr, als Theo Großmann den Skiunfall gehabt hatte, bewusst geworden, dass sie ihren Arbeitsplatz vielleicht nicht bis zur Rente würde behalten können. Das ging ja manchmal ganz schnell – und wenn die Großmanns sich entschieden, ihr großes Haus aufzugeben und vielleicht in eine Seniorenresidenz zu ziehen, dann brauchten sie natürlich keine Haushälterin mehr.

Das betraf nicht nur sie, sondern auch die Gärtner und die Reinigungskräfte, die ähnliche Befürchtungen hegten. Seltsam, bis zu dem Unfall hatte sie nie über solche Möglichkeiten nachgedacht, weil ihr die Großmanns unverwüstlich vorgekommen waren, was aber natürlich nicht den Tatsachen entsprach. Der Unfall hatte enthüllt, dass auch sie verletzlich waren. Seitdem lag sie abends manchmal wach und dachte über ihre berufliche Zukunft nach.

Sie sah Frau Großmann, leichtfüßig wie immer, sich dem Haus nähern. Sie war bei Herrn Dr. Frank gewesen, zur Vorsorgeuntersuchung.

„Ihre Frau kommt nach Hause“, verkündete sie und eilte zur Tür, um diese zu öffnen.