Dr. Stefan Frank 2548 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2548 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Seit einem halben Jahr ist die dreiundzwanzigjährige Isabella mit dem zwölf Jahre älteren Ansgar verheiratet. Die beiden leben in einem schicken Haus und wirken überglücklich miteinander. Doch der Schein trügt, denn Isabella verheimlicht eine große Sehnsucht vor ihrem Mann. Eine Sehnsucht, die so stark ist, dass sie ihr ganzes Denken bestimmt. Obwohl sie gerne aufrichtig zu ihm wäre, kann sie sich Ansgar nicht anvertrauen. Sie weiß, dass er sie nicht verstehen würde. Doch dieses Geheimnis führt dazu, dass Isabella einen beinahe unverzeihlichen Betrug begeht.
Reden kann sie über all das nur mit ihrem Hausarzt Dr. Stefan Frank. Und der hat seine ganz eigene Meinung zu Isabellas Problem ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Wovon ich träume

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Kaponia Aliaksei / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9572-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Wovon ich träume

Nur Dr. Frank kannte Isabellas geheimste Sehnsucht

Seit einem halben Jahr ist die dreiundzwanzigjährige Isabella mit dem zwölf Jahre älteren Ansgar verheiratet. Die beiden leben in einem schicken Haus und wirken überglücklich miteinander. Doch der Schein trügt, denn Isabella verheimlicht eine große Sehnsucht vor ihrem Mann. Eine Sehnsucht, die so stark ist, dass sie ihr ganzes Denken bestimmt. Obwohl sie gerne aufrichtig zu ihm wäre, kann sie sich Ansgar nicht anvertrauen. Sie weiß, dass er sie nicht verstehen würde. Doch dieses Geheimnis führt dazu, dass Isabella einen beinahe unverzeihlichen Betrug begeht.

Reden kann sie über all das nur mit ihrem Hausarzt Dr. Stefan Frank. Und der hat seine ganz eigene Meinung zu Isabellas Problem …

„Und? Was ist?“

Isabellas Mann Ansgar setzte sich im Bett auf und blickte ihr voller Erwartung entgegen.

Es war Sonntag, sie hatten den Morgen für sich, und Isabella war in die Küche gegangen, um ihnen Kaffee ans Bett zu holen. Sie hatte sich Mühe gegeben, alles hübsch mit Gebäck und frischer Sahne zu arrangieren. Sie hatte sogar extra die beiden Meissner Tassen, die Ansgars Großmutter ihnen zur Hochzeit geschenkt hatte, herausgeholt, aber Ansgar hatte dafür keinen Blick.

Seiner Überzeugung nach hatte seine junge Frau ja aus einem ganz anderen Grund das Schlafzimmer verlassen: um ins Bad zu gehen und den Test zu machen, den er gestern vom Einkaufen mitgebracht hatte.

„Jetzt sag schon!“, rief er aufgeregt. „Werde ich endlich Vater?“

„Tut mir leid, Liebling“, murmelte Isabella und senkte den Blick zu Boden. „Diesen Monat hat es wohl leider nicht geklappt.“

„Verdammter Mist“, entfuhr es Ansgar. „Ich verstehe einfach nicht, warum alle anderen Kinder kriegen und wir es einfach nicht schaffen.“

„So lange probieren wir es doch noch gar nicht“, wandte Isabella ein. Sie stellte das Tablett mit dem liebevoll zubereiteten Kaffee auf ihren Nachttisch und wusste jetzt schon, dass er nicht getrunken werden würde. Auch aus dem romantischen Sonntagmorgen zu zweit, den sie sich erhofft hatte, würde nichts werden. Wenn Ansgar sich in dieses Thema erst einmal verbissen hatte, dann gab es nichts anderes mehr für ihn.

„Ein halbes Jahr!“, rief er aus. „Das nennst du nicht lange? Ich habe gedacht, du würdest sofort in der Hochzeitsnacht schwanger werden.“

„Es tut mir leid, dass ich dich enttäusche“, sagte Isabella leise.

„Ach komm, Isi, darum geht es doch nicht“, widersprach Ansgar halbherzig. „Aber Tatsache ist nun einmal, dass wir uns sehnlichst ein Kind wünschen und unser Traum sich einfach nicht erfüllt. Ich denke, es ist an der Zeit, dass du dich einmal gründlich untersuchen lässt. Vielleicht bist du nicht ganz gesund, und die Ärzte können das mit einem kleinen Eingriff in Ordnung bringen.“

„Aber ich fühle mich doch ganz gesund!“, protestierte Isabella. „Es dauert eben einfach noch ein bisschen, das ist doch nicht so schlimm.“

„Für dich vielleicht nicht“, knurrte Ansgar. „Aber ich habe nun einmal nicht alle Zeit der Welt wie du.“

Damit spielte er zum einen auf ihren Altersunterschied an. Ansgar war mit seinen fünfunddreißig Jahren zwölf Jahre älter als die dreiundzwanzigjährige Isabella. Das Alter war es jedoch nicht allein. Ansgar hatte sich aus eigener Kraft und durch harte Arbeit eine Anwaltskanzlei aufgebaut, und er wollte dafür einen Erben.

Mertens und Sohn, sah er in seinen Träumen bereits auf seinem Firmenschild stehen.

Isabella hatte er erklärt:

„Mein Vater hat mir nichts mit auf den Weg gegeben, nichts hinterlassen. Von klein auf habe ich mir gewünscht, es einmal ganz anders zu machen und meinem Sohn ein Erbe zu schaffen, das ihm das Leben erleichtert.“

Isabella fand das schön. Sie hatte sich unter anderem deshalb in Ansgar verliebt, weil er so reif und väterlich auftrat und so vernünftig und fürsorglich dachte. Er war kein grüner Junge wie Isabellas Altersgenossen.

Ihr Nachbar Bastian Wegener zum Beispiel arbeitete als Clown und war ein lustiger, sympathischer Typ. Aber seine ganze Art war noch jungenhaft, und in Alltagsdingen stellte er sich hilflos an wie ein kleines Kind. Ständig borgte er sich irgendwelche Lebensmittel von ihnen, die er vergessen hatte, einzukaufen. Und dann vergaß er, sie zu ersetzen.

Ansgar war das genaue Gegenteil. Er war zuverlässig und erwachsen. Ein gestandener Mann.

„Bemerke ich da womöglich einen klitzekleinen Anflug von Vaterkomplex?“, hatte ihre Chefin und beste Freundin Johanna frech nachgefragt, nachdem Isabella ihr Ansgar vorgestellt hatte.

Vielleicht hatte sie damit ja nicht ganz unrecht gehabt. Isabella sprach nicht darüber, nicht einmal mit Ansgar, aber insgeheim hatte sie sich immer einen Vater gewünscht.

Offiziell hatte sie natürlich einen. Er war auch nicht tot oder vom Erdboden verschwunden, sondern lebte mitten in München. Er interessierte sich nur nicht für sie. Gerhard Ahrendt hatte ihre Mutter verlassen, als Isabella ein Jahr alt gewesen war, und er hatte wenig später eine neue Familie gegründet. Seine Frau und seinen Sohn hatte Isabella nie kennengelernt. Zwar hatte sie mehrmals versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen, aber er hatte sie eiskalt abblitzen lassen.

Eines Tages hatte sie es aufgegeben. Sie hatte ihre Mutter, die sie mit ihrer Liebe überhäufte und ihr eine schöne Kindheit geschenkt hatte. Und jetzt hatte sie Ansgar. Im letzten Herbst hatten sie geheiratet, und das wunderschöne Reihenhaus, in dem sie jetzt lebten, hatte Angsar ihr als Überraschung zur Hochzeit präsentiert.

Sie war wirklich vom Glück verwöhnt, auch wenn sie sich anfangs erschrocken hatte: Das Haus verfügte über ein vollständig eingerichtetes Kinderzimmer. Blau-weiße Jungenmöbel aus dem teuersten Einrichtungshaus der Gegend.

„Und wenn wir ein Mädchen bekommen?“, hatte sie ein wenig besorgt gefragt.

„Dann bekommen wir unseren Jungen eben hinterher“, hatte er leichthin erwidert und sie an sich gezogen. Der Sohn, für den er den Namen Maximilian bereits ausgewählt hatte, war nun einmal sein Lebenstraum.

Isabella griff nach ihrer Tasse, in der die Sahne inzwischen geschmolzen und der Kaffee kalt geworden war.

„Ich bin wirklich nicht krank, Ansgar“, sagte sie. „Ich brauche einfach noch ein bisschen Zeit.“

„Was meinst du damit, du brauchst noch ein bisschen Zeit?“ Misstrauisch runzelte Ansgar die Stirn. „Du hast doch gesagt, dass du dir auch sehnlichst ein Kind wünschst. Ich habe dich gefragt, bevor ich dir einen Antrag gemacht habe – und du hast gesagt, es ist dein größter Wunsch.“

„Das ist es doch auch“, beschwichtigte ihn Isabella. Es stimmte. Sie hatte sich schon als Kind eine Familie aus Vater, Mutter und Kindern gewünscht, in der alle sich liebten und zusammenblieben. „Ich habe es nur nicht so eilig“, fuhr sie fort. „Noch eine kleine Weile allein mit dir zu sein, ist auch schön. Und meinen Beruf mag ich auch gern.“

Ansgar hatte deutlich gemacht, dass er für sein Kind keine berufstätige Mutter wollte. Er verdiente ja genug, und ein Kind brauchte in seinen Augen eine Mutter, die Zeit für es hatte und rund um die Uhr für es da war.

Isabella wollte natürlich auch, dass ihr Kind einmal eine rundum glückliche Kindheit bekam. Aber sie liebte auch ihren Beruf. Sie war Floristin, arbeitete in einem zauberhaften Blumengeschäft und freute sich jeden Tag auf die Arbeit. Johanna, die Inhaberin, die zugleich ihre beste Freundin geworden war, hatte sie vom Fleck weg eingestellt, nachdem Isabella einen einzigen Strauß zur Probe gebunden hatte.

„Mädchen, du hast ein Händchen mit Blumen“, hatte sie gesagt. „Das macht dir so schnell keiner nach. Also los, nenn‘ mir deine Gehaltsvorstellungen. Besser, ich schnappe dich mir, bevor die Konkurrenz es tut.“

Vermutlich würde sie die Arbeit nicht vermissen, wenn sie erst einmal ein Kind hatte, und sooft sie sich nach Blumen sehnte, hatte sie ja ihren eigenen Garten. Dennoch genoss sie ihren Beruf, solange sie ihn noch ausüben konnte. Und sie genoss es, Zeit mit Ansgar zu verbringen und als Paar zusammenzuwachsen.

„Mir wäre es doch lieber, wenn du zum Arzt gehen würdest“, sagte er jetzt. „Könntest du das mir zuliebe nicht tun?“

Isabellas Herz begann, schnell und dumpf zu schlagen. Sie hätte Ansgar zuliebe alles Mögliche getan – aber dieses eine wollte sie auf gar keinen Fall tun!

„Lass es uns doch erst noch eine Weile versuchen“, bat sie ihn. „Wenn es dann nicht klappt, kann ich doch immer noch zu einem Arzt gehen.“

„Ich weiß nicht, warum du mich nicht verstehst“, erwiderte Ansgar gereizt. „Monat für Monat werden meine Hoffnungen enttäuscht, ich kann kaum noch an etwas anderes denken, und du weigerst dich, dich untersuchen zu lassen, damit ich beruhigt bin. Wenn dann bestätigt wird, dass alles in Ordnung ist, versuchen wir es eben weiter. Aber es macht mich fertig, zu denken, dass mit deiner Fruchtbarkeit vielleicht etwas nicht stimmt.“

Und was tust du dann?, durchfuhr es Isabella. Verlässt du mich?

Aber solche Gedanken waren natürlich blanker Unsinn. Ansgar liebte sie, und sie liebte ihn. Sie würden immer zusammenbleiben. Außerdem war mit ihrer Fruchtbarkeit höchstwahrscheinlich alles in bester Ordnung.

„He, wenn du solche Angst vor fremden Ärzten hast, warum gehst du denn dann nicht zu deinem Patenonkel?“, schlug Ansgar vor. „Dem, der bei unserer Hochzeit die Rede gehalten hat. Ist der nicht Frauenarzt?“

„Dr. Frank?“, fragte Isabella. „Er praktiziert als Allgemeinmediziner. Aber er ist auch Geburtshelfer.“

„Na wunderbar, dann wird er sich mit der Materie ja auskennen. Also – was sagst du? Tust du mir den Gefallen und machst bei deinem Dr. Frank einen Termin?“

Isabella überlegte. Im Grunde wollte sie auf gar keinen Fall zu irgendeinem Arzt gehen. Aber vielleicht war die Idee mit Dr. Stefan Frank tatsächlich nicht so schlecht. Wenn ihr jemand helfen konnte, dieses Dilemma zu lösen, dann war er es.

Nicht weil seine Fähigkeiten als Arzt dazu benötigt wurden. Sondern weil er vermutlich der einzige Mensch war, dem sie verständlich machen konnte, wovon sie träumte.

Würde der Arzt, der ihr auf die Welt geholfen hatte und sie schon ihr ganzes Leben kannte, sie verurteilen? Oder würde er Verständnis dafür haben, dass der Traum von der eigenen Familie bei ihr anders aussah als bei Ansgar?

Sie musste den Mut aufbringen und es versuchen. Ihr Mann durfte nicht länger darunter leiden, dass diese Sache sie quälte. Vielleicht gab es einen Weg, ihr Problem zu einem guten Ausgang zu bringen, und sie und Ansgar konnten entspannt und voller Vorfreude in die Elternschaft starten.

„Ich rufe bei Stefan Frank in der Praxis an und mache für nächste Woche einen Termin aus“, versprach Isabella.

Ansgar rollte herüber und nahm sie in die Arme.

„Danke, meine Süße. Du musst einfach verstehen, dass ein Kind für mich das Wichtigste auf der Welt ist.“

„Ich glaube, ich verstehe das“, erwiderte Isabella leise und hoffte inständig, dass auch sie auf Verständnis stoßen würde.

***

„Isabella! Wie schön, dich zu sehen.“ Schon als Stefan Frank den Namen seiner Patentochter auf der Patientenliste für den Tag entdeckt hatte, hatte er sich gefreut. Die junge Frau lag ihm am Herzen. Natürlich galt das für alle Babys, denen er auf die Welt geholfen hatte, doch mit Isabella Ahrendt – inzwischen Isabella Mertens – hatte es eine besondere Bewandtnis.

„Ich freue mich auch“, sagte Isabella und reichte ihm die Hand. Sie lächelte über ihr apartes, von hellen Locken eingerahmtes Gesicht, wirkte jedoch blass und angespannt.

„Ich hoffe, es ist kein unschöner Grund, der dich zu mir führt“, sagte Stefan. „Sondern vielleicht sogar das Gegenteil?“

Isabella hatte vor einem guten halben Jahr geheiratet. Ihr Bräutigam, ein aufstrebender Anwalt, der deutlich älter war als sie, hatte auf der Feier keinen Hehl daraus gemacht, dass das Paar sich sofort Kinder wünschte. War Isabella zu ihm gekommen, um sich eine Schwangerschaft bestätigen zu lassen?

Sie war erst dreiundzwanzig und damit noch reichlich jung für die Verantwortung, die die Elternschaft mit sich brachte. Aber Stefan kannte sie als ein warmherziges, besonnenes und pflichtbewusstes Mädchen, das sich in eine solche Aufgabe nicht stürzen würde, wenn es sich ihr nicht gewachsen fühlte.

„Leider bin ich nicht wegen einer Schwangerschaft hier“, sagte sie jetzt. „Oder eigentlich doch. Ich bin nur nicht schwanger. Darin besteht das Problem.“

„Warum setzt du dich nicht erst einmal?“, schlug Stefan vor und bot ihr den bequemen Stuhl gegenüber seinem Schreibtisch an. „Habe ich das richtig verstanden? Du und Ansgar, ihr wünscht euch ein Kind, aber es hat bisher nicht geklappt?“

Isabella nickte und setzte sich hin. Stefan entging nicht, dass sie die Lippen fest zusammenpresste.

„Ein halbes Jahr ist noch keine allzu lange Zeit“, sagte er. „Bei vielen Paaren klappt es nicht sofort mit der Schwangerschaft. Das bedeutet nicht, dass eine Krankheit vorliegen muss. Meist wird nur ein bisschen mehr Geduld benötigt. Und Entspannung. Versucht, euch nicht auf euren Kinderwunsch zu versteifen. Natürlich kann ich dich untersuchen, wenn du das möchtest, aber mein Rat wäre, erst noch eine Weile euer Leben zu zweit zu genießen und abzuwarten, ob der ersehnte Nachwuchs sich nicht ganz von selbst einstellt.“

„Das habe ich Ansgar auch gesagt.“ Isabellas Stimme klang seltsam gepresst. „Aber für ihn ist der Wunsch nach einem Kind so wichtig, dass er sich nicht entspannen und genießen kann.“

„Kinder gibt es nun einmal nicht auf Bestellung“, mahnte Stefan. „Wir sollten nie vergessen, dass sie ein Geschenk sind und dass viele Menschen unglaublich kämpfen müssen, um am Ende so ein geliebtes kleines Geschöpf in den Armen zu halten. Wie gesagt, ich untersuche dich gerne, Isabella. Aber meine Meinung bleibt davon unberührt: Ein halbes Jahr ist noch keine lange Zeit. Invasive Untersuchungen würde ich nicht vornehmen wollen, wenn kein zwingender Grund zu dem Verdacht besteht, dass du keine Kinder bekommen kannst.“

Er machte eine Pause und suchte ihren Blick.

„Besteht Grund zu einem solchen Verdacht?“

„Nein“, sagte Isabella. „Auf keinen Fall. Oder andererseits doch. Aber …“

„Nun wüsste ich aber doch gern, was eigentlich los ist“, sagte Stefan. Es war nicht zu übersehen, wie sehr die junge Frau sich innerlich quälte.

„Nun, es ist tatsächlich so, dass ich keine Kinder bekommen kann“, brachte sie mühsam heraus. „Aber nicht, weil ich von Natur aus nicht kann. Sondern weil ich nicht will.“ Sie hatte das letzte Wort kaum ausgesprochen, als sie die Hände vors Gesicht warf und in haltloses Weinen ausbrach.

Als ihr Arzt hätte Stefan eine gewisse professionelle Distanz wahren müssen. Als ihr Patenonkel sprang er jedoch einfach auf, eilte zu ihr und schloss sie in die Arme. Er hielt sie und ließ sie sich ausweinen, bis das Schluchzen allmählich leiser wurde und schließlich ganz verebbte.

Es war ein Weinen wie eine Frühlingsflut in den Bergen gewesen: Wasser, das zu Eis erstarrt und über lange Zeit angestaut gewesen war, ergoss sich im Schwall und sprengte alle Staudämme.

„Ich schlage vor, du erzählst mir alles der Reihe nach“, sagte er, als Isabella sich endlich beruhigt hatte. Aus der Mineralwasserflasche, die immer bereitstand, füllte er ihr ein Glas, von dem sie dankbar trank. „Dein Ansgar will also ein Kind, und du willst keines, habe ich das richtig verstanden?“

Isabella nickte.

„Und was tust du, um zu verhindern, dass du schwanger wirst?“

„Ich habe die Pille nicht abgesetzt“, murmelte Isabella kaum hörbar.

Ihre Scham war ihr anzusehen. Stefan kannte sie – sie war ein gerader, aufrichtiger Mensch, der Schwierigkeiten nicht aus dem Weg ging. Wie verzweifelt musste sie sein, wenn sie ihren Mann in dieser so wichtigen Frage hinterging?