Dr. Stefan Frank 2415 - Stefan Frank - E-Book

Dr. Stefan Frank 2415 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Seit ihr Baby auf der Welt ist, weiß Liane nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Obwohl Sarah erst ein halbes Jahr alt ist, arbeitet die junge Mutter schon wieder. Einerseits brauchen sie das Geld, und andererseits möchte die Journalistin auch nicht ihre gute Stelle als Ressortleiterin verlieren. Doch der Alltag mit Kind und Beruf gestaltet sich mehr als schwierig, zumal auch Sarahs Vater Paul einem fordernden Beruf nachgeht. Wenn dann kurzfristig die Tagesmutter ausfällt - was leider immer wieder vorkommt -, ist das Chaos schon vorprogrammiert.

Als Liane verschiedene Krankheitssymptome entwickelt, sucht sie den Grünwalder Arzt Dr. Stefan Frank auf. Der Mediziner erkennt sofort, dass die Journalistin extrem gestresst ist, und legt ihr dringend nahe, diesen Stress zu reduzieren. Andernfalls kann die ständige Belastung ihrer Gesundheit dauerhaft schaden.

Liane sieht ein, dass es so auf Dauer nicht weitergehen kann. Aber wie soll sie etwas ändern? Dass dann auch noch eine bildschöne neue Nachbarin in ihrem Haus einzieht, macht die Sache nur noch schlimmer. Die Fremde ist ganz offensichtlich völlig fasziniert von Paul und scheint alles daranzusetzen, Liane den Mann auszuspannen ...

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Seitenzahl: 119

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Inhalt

Cover

Impressum

Zwischen Büro und Familie

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: iStockphoto/SbytovaMN

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5464-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Zwischen Büro und Familie

Liane will allen gerecht werden, doch dabei vergisst sie sich selbst

Seit ihr Baby auf der Welt ist, weiß Liane nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Obwohl Sarah erst ein halbes Jahr alt ist, arbeitet die junge Mutter schon wieder. Einerseits brauchen sie das Geld, und andererseits möchte die Journalistin auch nicht ihre gute Stelle als Ressortleiterin verlieren. Doch der Alltag mit Kind und Beruf gestaltet sich mehr als schwierig, zumal auch Sarahs Vater Paul einem fordernden Beruf nachgeht. Wenn dann kurzfristig die Tagesmutter ausfällt – was leider immer wieder vorkommt –, ist das Chaos schon vorprogrammiert.

Als Liane verschiedene Krankheitssymptome entwickelt, sucht sie den Grünwalder Arzt Dr. Stefan Frank auf. Der Mediziner erkennt sofort, dass die Journalistin extrem gestresst ist, und legt ihr dringend nahe, diesen Stress zu reduzieren. Andernfalls kann die ständige Belastung ihrer Gesundheit dauerhaft schaden.

Liane sieht ein, dass es so auf Dauer nicht weitergehen kann. Aber wie soll sie etwas ändern? Dass dann auch noch eine bildschöne neue Nachbarin in ihrem Haus einzieht, macht die Sache nur noch schlimmer. Die Fremde ist ganz offensichtlich völlig fasziniert von Paul und scheint alles daranzusetzen, Liane den Mann auszuspannen …

Es musste mitten in der Nacht sein. Vielleicht war ja der Wecker kaputt? Völlig gerädert tastete Liane Wagner nach dem nervigen Piepton. Ihre Augen waren verklebt, und ihr Rücken schmerzte.

Sie war nachts mehrfach aus Albträumen hochgeschreckt. Erst weit nach Mitternacht hatte sie in einen unruhigen Schlaf gefunden. Dann hatte die kleine Sarah nach ihrem Fläschchen verlangt. Erst im Morgengrauen war Liane völlig erschöpft eingeschlafen.

Wie sie jetzt feststellen musste, war der Wecker nicht kaputt. Es war punkt sechs Uhr und damit höchste Zeit, aufzustehen.

Sie hörte Paul bereits in der Küche hantieren. In seiner Firma wurde heute ein neues Produkt eingeführt. Seit Wochen fieberte er dem wichtigen beruflichen Termin entgegen. Wahrscheinlich hatte er sich schon vor einer Stunde aus dem Bett geschlichen und zum letzten Mal seine kleine Rede geprobt. Er musste sie inzwischen hundert Mal gehalten haben!

Liane schloss für einen Moment die Augen. Wann eigentlich hatten sie beide das letzte Mal ausgeschlafen? Wann hatten sie zuletzt Zärtlichkeiten miteinander ausgetauscht? Seit Sarahs Geburt war ihr Leben zu einer Art Hamsterrad geworden. Sie hatten für gar nichts mehr Zeit, und langsam aber sicher blieb ihre Liebe auf der Strecke.

Endlich quälte sich Liane aus dem warmen Bett. Sarah brabbelte in ihrer Wiege vor sich hin. Es würde nicht lange dauern und sie würde lautstark nach ihrem Frühstück verlangen.

Hoffentlich war Sarahs Tagesmutter Bernadette heute pünktlich. In der Redaktion war Abgabeschluss. Es würde ein stressiger Tag auf der Arbeit werden.

Gerade als Liane übermüdet in Richtung Klo schlurfte, läutete das Telefon. Wenn jemand um diese frühe Uhrzeit anrief, konnte das eigentlich nichts Gutes bedeuten.

Es war tatsächlich die Tagesmutter. Schon an Bernadettes heiserem Gruß konnte Liane erkennen, dass sie krank war. Die patente Kinderfrau brachte kaum einen Ton heraus. Sie hustete kratzig in den Hörer.

Liane merkte, wie Panik in ihr aufstieg. Ausgerechnet heute durfte nichts schiefgehen! Sowohl sie als auch Paul hatten wichtige berufliche Termine, die sie auf gar keinen Fall sausen lassen konnten. Und es gab keine Menschenseele, die Bernadette so kurzfristig ersetzen könnte. Liane wurde es schwindelig.

„Bernadette, und wenn ich Ihnen unsere Sarah vorbeibringe?“, fragte Liane hoffnungsvoll. „Sie müssen ja nicht extra hierherkommen. Mein Mann fährt Sarah auf dem Weg zur Arbeit bei Ihnen vorbei.“

Sarah begann in ihrer Wiege zu schreien. Paul schob sich an der telefonierenden Liane vorbei, um das brüllende Kind in die Küche zu holen.

Müde schloss Liane die Augen.

„Ich hole die Kleine auch garantiert schon nach drei Stunden bei Ihnen ab, Bernadette. Aber ich kann unmöglich heute Vormittag zu Hause bleiben.“

Bernadette, die sehr wohl wusste, dass sie für die Familie Wagner unersetzlich war, gab ein schnaubendes Geräusch von sich.

„I hob Fieber und starken Husten“, krächzte sie in ihrem unvergleichlichen bayerischen Dialekt. „Des wär unverantwortlich, des Wutzerl zu mir zu bringen. Sie ham doch no den anderen Babysitter? Was is’ n mit der Studentin in der Nachbarwohnung? Vielleicht springt des Maderl heut ausnahmsweise a mol ein.“

Im Hintergrund weinte Sarah aus Leibeskräften. Offenbar spürte sie, dass es um sie ging und ihr Schicksal bereits morgens um sechs Uhr verhandelt wurde.

„Die Studentin ist vor zwei Wochen ausgezogen“, erwiderte Liane zerknirscht. Die junge Frau war tatsächlich hin und wieder eingesprungen. Aber nun war sie für ein Auslandssemester nach England gezogen, und Liane war vollends auf Bernadette angewiesen.

„Bernadette, ich flehe Sie an!“ Lianes Stimme brach. Sie war ehrlich verzweifelt. „Sollen wir über Ihren Stundenlohn diskutieren?“

Bernadette hustete trocken.

„Frau Wagner, da gibt’s nix zu diskutieren!“, sagte sie unerbittlich. „I bin krank und damit basta. Dann rufens halt die Großeltern von ihrer Kloanen an!“

Damit legte sie einfach auf, und Liane starrte entgeistert auf den toten Hörer.

Es gab keine Großeltern, die man um Hilfe bitten konnte. Paul war im Kinderheim aufgewachsen und erst als Sechsjähriger in eine Pflegefamilie gekommen. Doch er und seine Pflegeeltern hatten nie wirklich einen Draht zueinander gefunden. Inzwischen sah man sich nur noch bei größeren Familienfesten.

Sie waren zu Lianes und Pauls Hochzeit vor drei Jahren angereist. Und natürlich waren sie auch nach Sarahs Geburt zwei Tage in München gewesen. Aber davon abgesehen war der Kontakt eher spärlich. Außerdem wohnten die beiden über eine Stunde entfernt. Und Lianes Eltern lebten oben im hohen Norden. Liane war damals wegen Paul und ihrer gemeinsamen Zukunft nach München gezogen.

Vielleicht war dieser Schritt ein Fehler gewesen. Liane hatte zwar einen tollen Job in der Redaktion einer Zeitschrift gefunden und betreute dort inzwischen ein eigenes Ressort, aber privat hatte sich die Entscheidung als schlecht erwiesen. Da sie beide Arbeitstiere waren, hatten sie nur an den Wochenenden Zeit füreinander. Ein wirkliches soziales Umfeld hatte sich Liane in den wenigen Jahren nicht aufbauen können. Sie fühlte sich häufig verloren und einsam.

Dass sie just in ihrem dreißigsten Lebensjahr mit Sarah schwanger geworden war, war zwar die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches gewesen, aber der ursprüngliche Plan, so bald wie möglich in ihren Beruf zurückzukehren, erwies sich als mehr als kompliziert.

Jetzt raste sie unermüdlich zwischen Sarahs Wickeltisch, der unaufgeräumten Wohnung, der Tagesmutter Bernadette und ihrem Schreibtisch im Büro hin und her. Und sie hatte keine Zeit, um zu verschnaufen. Aber sie konnten es sich im teuren München einfach nicht leisten, auf Lianes Einkommen zu verzichten.

Oder wollten sie es nicht? Liane starrte verstört auf den Hörer. In Momenten wie diesem ging scheinbar der Boden unter ihr auf. Sie hatte ein Baby zu versorgen und niemanden, der ihr helfen konnte.

Sie musste in knapp einer Stunde an ihrem Arbeitsplatz sein. Sie durfte heute auf keinen Fall fehlen. Die Wohnung war nicht geputzt, der Kühlschrank war leer. Die Beziehung zu Paul war merklich lieblos geworden.

Vielleicht sollte sie doch zurück in die Elternzeit kehren? Sie könnten die Urlaube streichen und womöglich auf das Auto verzichten. Aber es würde auch den Verzicht auf ihre Stelle als Ressortchefin bedeuten. Liane hatte so hart gekämpft, um in der Redaktion aufzusteigen. Sollte sie das alles opfern, um wieder ganz am Anfang zu stehen?

Sie legte das Telefon wütend zur Seite. Nein, sie würde es irgendwie schaffen. Wo ein Wille war, war auch ein Weg. Sie war nicht die erste berufstätige Frau mit einem Baby.

Sie ging zielstrebig in die Küche, wo Paul Sarah durch die Gegend trug. Er hatte seinen besten Anzug an und gab höllisch acht, von der Kleinen nicht voll gesabbert zu werden.

Liane nahm ihm ihr gemeinsames Kind ab und drückte die kleine Sarah zärtlich an sich. Eine Welle von Liebe durchflutete sie. Sie fühlte sich schlagartig schuldig. Warum nur war ihr der Beruf derart wichtig? Warum genügte ihr ein Leben als Hausfrau und Mutter nicht?

Aber die Zeiten hatten sich eben geändert. Heute wurde von Müttern erwartet, für ihr Kind da zu sein und trotzdem auf eigenen Beinen zu stehen. Und Liane wollte auch nicht vollkommen vom Einkommen ihres Mannes abhängig sein.

Zu oft hatte sie es in ihrem Umfeld erlebt, dass Männer ihre Frauen von heute auf morgen verließen. Dann standen sie da, waren alleinerziehend und hatten beruflich alle Perspektiven verloren. Nein, auf diesen Albtraum konnte sie gerne verzichten.

Als sie Sarah einen Kuss auf die Stirn drückte, gab diese ein zufriedenes Gurren von sich.

Paul schenkte Liane eine Tasse Kaffee ein.

„Hat Bernadette schon wieder abgesagt?“ Offenbar konnte er die Hiobsbotschaft an Lianes Gesicht ablesen.

Sie nickte bedrückt.

„Ausgerechnet heute! Wir haben Deadline, und um fünfzehn Uhr ist Druckabgabe. Bis dahin muss alles eingetütet sein. Ich kann auf keinen Fall fehlen.“

„Ich auch nicht …“, warf Paul augenblicklich ein. „Du weißt ja, wir haben heute das entscheidende Meeting.“

„Und was machen wir jetzt?“ Lianes Stimme zitterte.

Paul sah hektisch auf die Uhr.

„Es tut mir leid, Lilli, aber mit dieser Frage muss ich dich wohl oder übel allein lassen. Ich muss jetzt wirklich los in die Firma.“

Ungläubig sah Liane ihren Ehemann an.

„Aber Sarah ist auch dein Kind. Wir müssen zusammen eine Lösung finden!“

Paul wirkte schuldbewusst. Aber er schüttelte dennoch den Kopf.

„Ich verliere meinen Job, wenn ich heute nicht pünktlich bin. Ich habe mich seit Monaten auf diesen Termin vorbereitet.“

„Aber ich verliere auch meinen Job, wenn ich heute fehle!“, fuhr Liane ihn aufgebracht an. „Wo ist der Unterschied? Wir sitzen beide im gleichen Boot. Du kannst mich nicht allein mit dem Problem hier sitzen lassen!“

„Im Notfall können wir von meinem Einkommen leben“, konterte Paul. „Ich bin der Haupternährer. Wenn alle Stricke reißen, können wir auf dein Einkommen verzichten.“

Der Hieb hatte gesessen. Denn obwohl Liane in der Redaktion einen anspruchsvollen und aufreibenden Job machte, lag ihr Einkommen weit unter dem von Paul. Aber bedeutete das, dass sie deshalb ihren Posten riskieren sollte? Wusste er nicht, wie wichtig Liane ihre Anstellung war? Ahnte er nicht, wie sehr sie ihren Job liebte?

„Du kannst doch eurer Sekretärin Geld geben, damit sie ein paar Runden mit Sarah um den Block dreht!“, schlug Liane Paul flehend vor. Aber er hatte bereits nach seiner Jacke gegriffen.

„Liane, bleib realistisch. Heute trifft sich der komplette Aufsichtsrat in der Firma. Ein schreiendes Baby ist wirklich das Allerletzte, was wir in dieser Situation brauchen können.“

Mit diesen Worten verschwand er durch die Tür. Völlig verstört drückte Liane ihr Baby an sich.

***

Dr. Stefan Frank streckte sich genüsslich und wandte sich dann vom Fenster ab. Der Sonnenaufgang hatte ein herrliches Bild abgegeben. Er liebte diese frühe Stunde in der Praxis. Der Tag lag geheimnisvoll und in seiner ganzen Fülle vor ihm. Und er war gespannt, was ihn erwarten würde. Er war ausgeschlafen und fühlte sich pudelwohl. In diesem Zustand würde er seinen Patienten am besten helfen können.

Der Grünwalder Arzt nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Schon im nächsten Moment klopfte es resolut an der Türe.

Frau Dr. Riedel trat hoch erhobenen Hauptes ins Zimmer. Die dreiundsiebzigjährige Rentnerin war in ihrem früheren Leben eine viel beschäftigte Firmenchefin gewesen. Sie hatte Filialen in ganz Europa betreut und war überall in der Welt herumgekommen. Sie war belesen und nach wie vor ein gern gesehener Gast bei Opernpremieren, Ausstellungseröffnungen und Gala-Dinners.

Ihrem unermüdlichen Einsatz war es zu verdanken, dass das namhafte Unternehmen heute so erfolgreich war wie nie. Das hatten ihre ehemaligen Mitarbeiter und Weggefährten nicht vergessen.

Die attraktive Dame setzte sich ihm gegenüber. Nach Dr. Franks erstem Eindruck sah sie blendend aus. Ihr graues Haar hatte sie dezent getönt, und die Locken umrahmten kokett ihre Schläfen. Sie trug ein maßgeschneidertes Kostüm. In der Tasche ihrer Bluse steckte ein seidenes Tüchlein.

Mit Frau Dr. Riedel war ein Geruch nach Chanel No 5 ins Zimmer geweht. Ein Hauch von Stil und Dolce Vita legte sich über die Praxis.

„Frau Dr. Riedel! Sie sehen zauberhaft aus!“ Er reichte seiner eleganten Patientin die Hand, und sie streckte ihm ihre perfekt manikürten Finger entgegen. Die ganze Frau war von Kopf bis Fuß gestylt. Sie schien den Großteil ihres Ruhestandes auf ihr Aussehen zu verwenden.

Aber es war ihre Sache, und Dr. Frank verurteilte es nicht. Am wichtigsten war, dass Menschen in diesem Alter noch Lebensfreude verspürten.

Frau Dr. Riedel setzte sich jetzt und rückte etwas unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Verlegen starrte sie zum Bücherregal und wich Dr. Franks Blick aus.

„Frau Dr. Riedel! Was führt sie an diesem schönen Herbsttag zu mir?“, fragte Dr. Frank beschwingt. Es schien auf den ersten Blick nichts Dramatisches zu sein, aber ihr etwas angespannter Gesichtsausdruck ließ auf das Gegenteil schließen. Verunsichert sah der Arzt sie an.

„Haben Sie schon von der neuen Foto-Ausstellung in der Kunsthalle gehört?“, fragte Frau Dr. Riedel. Sie war seiner Frage geschickt ausgewichen.

Dr. Frank nickte.

„Ja, aber leider kommen ich und meine Freundin Alexandra selten dazu, Kunst zu genießen. Wir arbeiten beide ziemlich viel, und am Wochenende sind wir dann oft zu geschafft, um das Haus zu verlassen.“

„Oh, das erinnert mich an mein altes Leben …“, dachte Frau Dr. Riedel laut nach. „Damals war mein Beruf mein ein und alles. Sogar nachts habe ich von meiner Tätigkeit geträumt. Statt Urlaub zu machen, habe ich lieber Fortbildungen besucht. Statt Freundschaften zu pflegen, habe ich mich lieber mit meiner Belegschaft getroffen.“

Sie lächelte.

„Na ja, und dass die Liebe einen großen Bogen um mich gemacht hat, das wissen Sie ja. Ich habe einen hohen Preis für meine Karriere bezahlt. Aber ich will mich trotzdem nicht beklagen. Ich habe es nicht anders gewollt. Und mein Leben war reich an schönen Momenten!“

Gerührt lauschte Dr. Frank seiner Patientin. Wie schön wäre es, wenn alle seine betagten Besucherinnen derart versöhnt mit ihrem Schicksal wären! Aber allzu oft beklagten die alten Damen verpasste Chancen und wünschten sich einen anderen Lebenslauf.

„Es freut mich, dass Sie mit sich selbst im Reinen sind“, sagte Dr. Frank also. „Man sieht Ihnen Ihre Zufriedenheit auch regelrecht an. Aber es muss ja einen Grund geben, der Sie hierhergeführt hat, oder?“

Eine sanfte Röte färbte die Wangen der sorgfältig geschminkten Dame dunkelrot. Verlegen senkte sie den Kopf.

„Es ist mir sehr unangenehm, Dr. Frank. Und eigentlich war ich kurz davor, den leidigen Termin wieder abzusagen …“ Sie hielt inne.