DSA 009: Der Göttergleiche - Ulrich Kiesow - E-Book

DSA 009: Der Göttergleiche E-Book

Ulrich Kiesow

4,7

Beschreibung

In diesem Band berichten die bekanntesten KennerInnen Aventuriens von merkwürdigen, unheimlichen und unterhaltsamen Begebenheiten in der Welt des Schwarzen Auges. Mit Erzählungen von: Petra Baum - Lena Falkenhagen - Ulrich Kiesow - Ina Kramer - Jörg Raddatz - Christel Scheja Für diesen Band war Ulrich Kiesow als Autor einer der Geschichten und als Herasugeber tätig.

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ULRICH KIESOW

DER GÖTTERGLEICHE

Ein Roman in der Welt von Das Schwarze Auge©

Originalausgabe

Impressum

Ulisses SpieleBand 09

Kartenentwurf: Ralf Hlawatsch E-Book-Gestaltung: Nadine Hoffmann

Copyright © 2014 by Ulisses Spiele GmbH, Waldems.DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE,MYRANOR, RIESLAND, THARUN und UTHURIA sind eingetragene Marken der Significant GbR.

Titel und Inhalte dieses Werkes sind urheberrechtlich geschützt.

Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Bearbeitung, Verarbeitung, Verbreitung und Vervielfältigung des Werkes in jedweder Form, insbesondere die Vervielfältigung auf photomechanischem, elektronischem oder ähnlichem Weg, sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Ulisses Spiele GmbH, Waldems, gestattet.

Print-ISBN3-453-09494·8(vergriffen) E-Book-ISBN 9783957524300

Maligno

PETRA BAUM

Vor ihm erstreckte sich über sanfte Hügel eine endlos erscheinende Graslandschaft. Die Halme reichten ihm schon bis an den Bauch, und dabei hatte der Frühling gerade erst begonnen. Ein leichter Wind umschmeichelte seinen Körper und umhüllte ihn mit dem betäubenden Duft von Tausenden wilder Wiesenblüten. Das Grün wogte sacht, fast wie ein Ozean, hin und her. Am tiefblauen Himmel zogen träge einige weiße Wolken dahin, und die Luft war erfüllt vom geschäftigen Schwirren der Bienen, Hummeln und Tsafalter.

Er war sicher, dass es ein gutes Jahr werde würde. Er liebte dieses Land mit jeder Faser seines Herzens. Trotzdem war eine tiefe Traurigkeit in ihm, denn er wusste jetzt, dass er seine Familie, die Freunde und den Stamm verlassen würde. Voller Verzweiflung dachte er an seine Kinder, und ihm wurde mit jähem Schmerz bewusst, was er aufgab, wenn er in die Fremde zog.

Er würde sie nicht aufwachsen sehen, würde seinen beiden Söhnen das Jagen nicht beibringen können und nicht sehen, wen sich seine kleine Rana als Gefährten erwählen würde. Aber er wusste auch, dass er nicht länger bleiben konnte. Es war viel zu riskant, seinen Aufbruch noch hinauszuzögern. Er war eine Gefahr für die Allgemeinheit, und das wusste er.

Eine innere Unruhe, die mit der Zeit immer mehr zugenommen hatte, drängte ihn zu verschwinden. Er wollte ihr gerade nachgeben, als er hinter sich leise Schritte vernahm, die sich langsam näherten.

Er musste sich nicht umschauen, um zu wissen, wer da an ihn herantrat. Ohne ein Wort zu sagen, ließ sich sein ›Bruder vom Blute‹, Antarh, neben ihm im Gras nieder. Der Freund sah ihn an und wartete darauf, dass er das Schweigen bräche. Seine Stimme klang fest, als er endlich das Wort an Antarh richtete: »Du kannst mich nicht von meinem Entschluss abbringen. Wenn du also deswegen gekommen bist, so muss ich dich enttäuschen. Ich breche noch heute auf, bevor die Sonnenscheibe ihren Weg vollendet hat.«

Antarh seufzte. »So denk doch an deine Familie! Wer wird sich denn um sie kümmern?«

»Ja, ich denke an meine Familie - und an meine Freunde, und genau deswegen muss ich euch verlassen.«

Betroffen senkte Antarh den Blick. Er wusste, er konnte den Freund von seinem Entschluss nicht mehr abbringen. »Es ist also schlimmer geworden«, erwiderte er leise, »ganz, wie du vermutet hattest. Aber warum vertraust du dich nicht der weisen Manera an? Sie weiß viel über Krankheiten, vielleicht kann sie dir helfen, Maligno!«

Antarh wollte sich allem Anschein nach nicht mit dem Verlust des Freundes abfinden.

»Kannst du mich denn nicht verstehen, Antarh? Ich bin eine Gefahr für euch alle. Selbst wenn mein Leiden nicht ansteckend sein sollte, so muss ich dir doch sagen, dass ich mich wahrscheinlich nicht mehr lange werde beherrschen können. Und wenn es eines Tages dazu kommt, dass ich nicht mehr Herr meiner selbst bin, dann möchte ich weit fort von euch sein. Wenn ich Manera aufsuche, verliere ich nur wichtige Zeit, und ich habe das Gefühl, dass ich mir das nicht mehr erlauben kann.«

Maligno sog tief die würzige Frühlingsluft ein, und plötzlich sehnte er sich danach, Antarh ins Vertrauen zu ziehen. Von den beängstigenden Träumen wollte er dem Freund berichten, die in letzter Zeit immer häufiger wurden, von der inneren Unruhe, von dem seltsamen Verlangen und vor allem davon, dass er in seinem Körper etwas spürte, das er nicht verstand und das ihm angst machte; und Antarh würde ihm zuhören und ihm Trost spenden... Aber der Zauber des Augenblicks war verschwunden, ehe er ihn hätte nutzen können. Maligno erhob sich.

»Ich muss nun aufbrechen, wenn ich heute noch weit kommen will. Vielleicht werde ich irgendwo Hilfe finden und bald zurückkommen können. Mögen die Himmelswölfe über euch wachen.«

So machte er sich auf den Weg. Lange noch spürte er den Blick des Freundes auf sich ruhen, und das Herz war ihm schwer. Doch er wusste, dass seine Entscheidung richtig war.

Den ganzen Tag lang ging er nach Norden. Er kam gut vorwärts und bemerkte es doch kaum, sosehr war er mit sich selbst beschäftigt. Erst als das Tageslicht schwächer wurde und die flammendrote Sonne ihre Bahn vollendet hatte, verlangsamte Maligno zum ersten Mal seine Schritte.

Er suchte eine geschützte Stelle für die Nacht und ließ sich dort nieder, immer noch in Gedanken versunken. Er bemerkte nicht einmal, welche Schönheit seine Ruhestätte umgab, das Ufer eines kleinen Teichs, der sich zwischen die Hügel schmiegte. Maligno war allein und würde es auch für den Rest seines Lebens bleiben. Zwar hatte er Antarh versichert, er werde Hilfe suchen und zurückkehren, aber in Wahrheit glaubte er nicht daran, dass seine Krankheit mit Gras oder scharfen Kräutern bekämpft werden könne. Dennoch hatte er es nicht fertiggebracht, dem Freund die Hoffnung zu nehmen.

So fiel Maligno in einen kurzen, unruhigen Schlaf.

Von wilden Träumen gepeinigt, erwachte er in der Nacht, und sein Herz raste. Er sah die bleiche Scheibe des Madamais über sich stehen, und ein Schauder lief ihm das Rückgrat entlang.

Wieder spürte er die Veränderung in seinem Körper, fast schmerzhaft diesmal. Er kämpfte dagegen an, aber die fremde Macht war stärker. Maligno fühlte, wie sein Wille erlahmte. Nur mühsam raffte er sich auf und schleppte sich zu dem kleinen Teich in der Nähe seines Lagers.

Seine Sehnen waren bis zum äußersten gespannt, und seine Muskeln rebellierten. Ihn dürstete nach Blut, und er wollte töten, nicht aus Hunger wollte er jagen, sondern aus Lust, aus reiner Mordgier, und nur ein kleiner Funke in seinem Innern hatte noch Angst davor. Plötzlich, aus einer Eingebung heraus, riss er den Kopf hoch, und mit einem schauerlich klingenden Heulen begrüßte er die volle Scheibe des Madamais. Langsam senkte er den Blick wieder, um seine Verwandlung im ruhigen Wasser des Teiches zu betrachten - ohne Angst, nur noch neugierig, was sich ihm zeigen würde. Er sah sein Gesicht: Es verlor langsam die typische Dreiecksform. Er sah, wie seine Augen dunkler wurden, wie das Weiße beiderseits der Pupille hervortrat. Er hörte seine Knochen knacken wie Holz, und Wellen des Schmerzes, eine heftiger als die andere, jagten ihm durch den Körper.

Etwas in ihm schrie, doch er verstand es nicht. Seine Gliedmaßen streckten sich, und ein Geräusch erklang, als zerrisse Tuch. Er sah, wie sein Haar kürzer wurde, und bald war von dem einst so prächtigen grauen Fell nichts mehr zu spüren. Die kräftigen Muskeln versagten ihm den Dienst, und er stürzte. Seine Krallen wurden kurz und weich, die Hinterläufe sehr lang. Aus den Vorderpfoten wuchsen jeweils fünf dünne, äußerst bewegliche Glieder. Überall war er von einer sehr hellen, fast haarlosen Haut bedeckt. Nur sein Haupthaar war lang und von leuchtend kupferroter Farbe. Er hörte kaum noch etwas, und richtig riechen konnte er auch nicht mehr. Auch sah alles ringsumher plötzlich ganz fremdartig aus: Widernatürlich klare Formen umgaben ihn und geradezu stechende Farben.

Langsam richtete er sich auf, und eine fremde Gestalt schaute ihn aus leicht schräggestellten, mandelförmigen, gelben Augen neugierig an.

Er riss sich von diesem Bild los und machte die ersten vorsichtigen Schritte. Er hatte Mühe zu gehen, es war schwierig, sich auf nur zwei Beinen zu halten, doch allmählich gewöhnte er sich daran. Die Schmerzen waren fast ganz verschwunden, und er fühlte sich großartig, ja, überlegen. Er wollte nun den neuen Körper prüfen, sein Können auf die Probe stellen... und irgend etwas jagen.

Er wollte töten!

Er machte sich auf den Weg in Richtung Süden, und tief in seinem Innern verhallte ungehört ein verzweifelter Schrei.

Der Göttergleiche

ULRICH KIESOW

Über den hohen Gipfeln des Eisenwaldes entlud sich der göttliche Zorn der Herrin Rondra in einem urgewaltigen Gewitter: Allerorten flackerten Blitze wie auf dem Kopf stehende kahle Bäume über den Himmel. Überall in den bleigrauen Wolken zuckten unruhige Lichter.

Tief unten in einem Tal am Südrand der Berge hatten sich die Hühner unter einem Planwagen verkrochen, und die Pferde schnauften und wieherten im Stall einer Herberge, die im Schutz von uralten Kastanien an der Landstraße stand. Man konnte zwar lange zählen, bis nach einem Blitz in den Bergen der Donner das Gasthaus erreichte, aber wenn er dann kam, bebte der Dielenboden, und das Geschirr klirrte im Schrank.

Gemeinsam mit dem Fuhrmann Jago war Thornhild um Schankhaus und Scheune herumgegangen, um das ferne Schauspiel zu beobachten. Neben der hünenhaften Frau und dem eher zierlich gebauten Fuhrknecht stand Liska, eine große schwarzbraune Bornländerhündin, und rieb die Lefzen an Thornhilds Schenkel. Die Thorwalerin kraulte die Hündin gedankenverloren hinter den Ohren, was ihr Liska mit eigentümlichen Grunzlauten dankte.

»Das Wetter sieht zum Fürchten aus«, stellte der Fuhrknecht fest, den Blick starr nach Norden gewandt. »Seid Ihr sicher, dass es an uns vorüberzieht?«

»Eigentlich schon«, gab Thornhild zurück. »Doch andererseits: Was ist schon sicher auf dieser Welt? Aber damit Du Euch nicht furchtet, habt Ihr schließlich Dajin und mich in Dienst genommen, nicht wahr, Daj?«

Der Fuhrmann zuckte zusammen, als plötzlich Dajins dunkle Gestalt neben ihn trat. »Ihr habt mich wieder zu Tode erschreckt«, sagte er in vorwurfsvollem Ton. »Nie hört man Euch kommen.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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