Du – Ich – Wir - Silke Heimes - E-Book

Du – Ich – Wir E-Book

Silke Heimes

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Beschreibung

Was ist das Geheimnis einer glücklichen Beziehung? Wie schafft man es im Alltag, Zeit und Raum für die Partnerschaft zu finden? Lassen sich typische Beziehungsfallen vermeiden? Wenn Ihnen die Fragen bekannt vorkommen, haben Sie mit diesem Buch den richtigen Griff getan. Schreibend kann es gelingen, einander im Blick zu behalten, sich selbst und den anderen zu erkunden und zu verstehen. Schreibend können wir einander Wünsche, Träume und Sehnsüchte mitteilen, aber auch Probleme, Schwierigkeiten und Verletzungen. Schreibend können wir unseren Partner an unseren tiefsten Geheimnissen teilhaben lassen und mitteilen, was wir brauchen. Schreibend lassen sich Sprachlosigkeiten überwinden und geraten wir weniger schnell in einen hitzigen Streit. Schreibend können wir grundlegenden Fragen nachgehen: Welche Werte sind uns wichtig? Wie nah oder fern wollen wir uns sein? Wie wollen wir lieben, leben und reden?

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Silke Heimes

Du – Ich – Wir

Kreatives Schreiben für die Liebe

Vandenhoeck & Ruprecht

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in derDeutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sindim Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-647-99804-6

Umschlagabbildung: beeboys/shutterstock.com

© 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG,Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen /Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.www.v-r.deAlle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällenbedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Satz: SchwabScantechnik, Göttingen EPUB-Erstellung: Lumina Datamatics, Griesheim

Ich mache meine Sache,ich bin ich,du machst deine Sache,du bist du.Es ist nicht meine Aufgabe,deine Erwartungen zu erfüllen,und du musst meine nicht erfüllen.

Ich bin ich und du bist du,und wenn wir einander begegnen,ist das wunderschön,wenn nicht,ist das so.

»Gestaltgebet« von Fritz Perls (1976)(Übersetzung aus dem Amerikanischen durch die Autorin)

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Die hohe Kunst der Beziehung

Was Hänschen gelernt hat

Ordnungsdienst bitte!

Spieglein, Spieglein an der Wand

Wasch mich, aber mach mich nicht nass

Keine Gebrauchsanweisung

Was uns prägt

Auf keinen Fall wie die Eltern?

Schau mir in die Augen, Kleines

Ich vertraue dir, wenn ich kann

Irgendjemand muss doch wissen, wie es geht

Was heißt hier Liebe?

Alles so schön rosa hier

Phase zwei der Verliebtheit

Ich brauche Geborgenheit

Vertrauen: ein weites Feld

Liebe ist ...

Wie wir lieben wollen

Ich bin dir treu!?

Begegnung auf Augenhöhe

Wie sehr ich dich schätze

Menschenwürde in der Partnerschaft

Gibt es Gerechtigkeit?

Beziehungswerte kompakt

Wer wir sind

Wir sind uns ja so (un-)ähnlich

Ich und Du, das sind Viele

Mein Partner, der Vertraute/der Fremde

Wie der Herr, so’s Gescherr

Beständig verändert?

Wie nah wir uns sind

Alles autonom oder was?

Zusammen und doch für sich

Die Medaille Nähe und Distanz

Liebevolle Abgrenzung

Wie wir reden wollen

Am Anfang war das Wort

Ich versteh dich nicht

Lass uns miteinander reden

Was ich eigentlich sagen will

Was wir uns wünschen

Vom Wünschen und Wundern

Ich sehn mich so

Bedürfnisse sind menschlich

Das Ziel vor Augen

Was zu schreiben bleibt

Schreiben als Paar im Alltag

Beziehungsarbeit ist Arbeit

Schreiben ersetzt keine Therapie

Gespräche und Schreiben mit anderen Paaren

Ende gut, alles gut?

Literatur

Vorwort

Wer bitte ist Silke Heimes, dass sie sich befugt fühlt, ein Buch über Beziehungen zu schreiben? Wer fühlt sich überhaupt befugt, ein Buch über Beziehungen zu schreiben? Oder über Liebe? Sicher doch nur jemand, der selbst eine stabile und glückliche Beziehung hat – langjährig, versteht sich. Oder jemand, der wenigstens theoretisch Bescheid weiß, von Berufs wegen gewissermaßen, ein Paartherapeut1, ein Sexualtherapeut, ein …

Aber es soll ja durchaus Chirurgen geben, die einen Blinddarmdurchbruch operieren, ohne selbst einen gehabt zu haben. Hebammen, die zum sanften Atmen einladen, ohne je ein eigenes Kind bekommen zu haben. Oder Automechaniker, die … Aber lassen wir das. Ich bin mir sicher, niemand weiß wirklich, wie man eine glückliche Beziehung führt, weil es die glückliche Beziehung nicht gibt. Es gibt immer nur individuelle Lösungen für Beziehungen, für das Zusammenleben, dafür, wie etwas funktionieren könnte.

Und um es noch ein wenig komplizierter oder beliebiger zu machen: Was bei einem Paar eine Zeitlang funktioniert hat, kann zu einer anderen Zeit plötzlich nicht mehr funktionieren. Menschen verändern sich, Beziehungen verändern sich. Etwas fällt weg, etwas kommt hinzu. Gemeinsame Pläne oder Träume können sich zu einsamen Plänen und Träumen entwickeln – oder zerplatzen.

Also kein Buch? Keine Therapie? Einfach alles hinschmeißen, wenn es nicht mehr flutscht? Auch das wäre natürlich eine Möglichkeit, zu der ich Ihnen allerdings nicht unbedingt rate, weil ich sonst kaum dieses Buch geschrieben hätte. Was ich in Wahrheit sagen will, ist, dass es niemanden gibt, der weiß, wie Ihre Beziehung am besten zu führen wäre. Nicht einmal Sie oder Ihr Partner wissen das mit Sicherheit. Aber Sie sind zumindest diejenigen, die es herausfinden können, Schritt für Schritt und zu jeder Zeit aufs Neue.

Und genauso sollten Sie dieses Buch nutzen. Ausprobieren, was für Sie stimmig ist, was Ihnen hilft, was Ihnen gute Anregungen gibt. Vielleicht finden Sie auch heraus, dass Sie einige Übungen verändern müssen, damit diese für Sie Sinn machen. Oder Sie merken, dass das Buch für Sie vielleicht einen Anreiz bietet, Sie aber noch etwas anderes oder mehr brauchen.

Versuchen Sie, achtsam für sich, für Ihren Partner und für den Prozess zu sein. Offen, neugierig und bereit, sich allein, gemeinsam oder auch mit Hilfe auf die Suche nach einer gelingenden Beziehung zu machen. Sie sind auf dem besten Weg, mehr über sich, Ihren Partner und Ihre Beziehung zu verstehen, indem sie sich respektvoll miteinander auseinandersetzen – schriftlich.

Und denken Sie daran: Wunder passieren in der Regel woanders. Beziehungsarbeit ist anstrengend – aber auch lohnend. Denn wenn wir sie nicht leisten, ist die Gefahr groß, dass wir mit immer denselben Mustern von Beziehung zu Beziehung taumeln oder frustriert allein bleiben. Das wäre natürlich in Ordnung, so lange Sie sich damit arrangieren können und es Ihnen gut damit geht. Doch dass Sie dieses Buch lesen, zeigt, dass Sie neugierig sind, etwas erfahren, verstehen und vielleicht auch verändern wollen.

Dieses Buch ist aber nicht nur für Paare, sondern für alle, die sich mit dem Thema Beziehung auseinandersetzen und verstehen wollen, wie sie Beziehungen leben, warum Beziehungen in der Vergangenheit vielleicht auseinandergegangen sind und wie man unter Umständen reflektierter in eine neue Beziehung starten könnte.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß und gute Schreibenergie!

Ihre Silke Heimes

1 Es wurde im gesamten Text die männliche Schreibweise gewählt. Genauso gut hätte die weibliche gewählt werden können. Es geht dabei nur um die bessere Lesbarkeit.

Einleitung

Eine Beziehung zu führen, ist nicht immer leicht. Keine Beziehung zu führen, ebenfalls nicht. Allein bleiben hat seine Vorteile, in einer Beziehung zu sein, hat seine Vorteile. Und beides hat natürlich seine Nachteile.

Es ist ein bisschen wie mit dem Fernweh und dem Heimweh. Sind wir zu Hause, wünschen wir uns in die Ferne, sind wir in der Ferne, wünschen wir uns nach Hause. Sind wir in einer Beziehung, kann es schnell eng werden und wir wünschen uns auf eine einsame Insel. Sind wir allein, sehnen wir uns nach jemandem, der uns in den Arm nimmt und uns versteht.

Die hohe Kunst der Beziehung

Wir alle haben schon einmal den Satz gehört: »Beziehung ist Arbeit.« Oder: »Für eine gute Beziehung muss man etwas tun.« Dabei möchte man sich doch nur zurücklehnen, ankommen, sich aufgehoben, verstanden und geborgen fühlen.

Nur? Ganz schön hohe Erwartungen. Wünsche, Sehnsüchte und Bedürfnisse, die sich nicht immer verwirklichen lassen. In einer Beziehung seine Individualität, seine Zeithoheit und seinen Raum zu wahren und zugleich Zeit und Raum für den anderen und das Gemeinsame einzuräumen, ist nicht leicht. Bei sich zu bleiben und zugleich auf den anderen einzugehen und ihn anzunehmen, ist wahrlich die hohe Kunst der Beziehung.

Was Hänschen gelernt hat

Zudem sind da noch die alten Beziehungsmuster, die wir mit uns herumschleppen. Da kann es schon mal passieren, dass wir uns ineinander verhaken und dem Partner Dinge überstülpen, die mit ihm nicht viel zu tun haben, und umgekehrt. Und obwohl uns viele dieser Muster nicht bewusst sind, haben sie oft einen starken und lang anhaltenden Einfluss auf unser Leben und verursachen schon mal das eine oder andere Beziehungschaos.

Weder vor noch zurück geht es und am Ende manch eines Streits weiß man nicht mehr genau, um was es am Anfang eigentlich ging und ob der Streit überhaupt lohnt. Der Streitanlass erscheint lächerlich und klein. Zumal man den anderen doch liebt und alles so gut wie möglich machen will. Harmonie möchte man und nicht diese ewigen Streitereien.

Das nimmt man sich jedes Mal vor. Und dann ist alles nur mühsam. Man versteht den anderen nicht und sich selbst noch viel weniger. Und es geht auch immer wieder um die gleichen Dinge – oder täuscht man sich?

Ordnungsdienst bitte!

Kann hier bitte mal jemand Ordnung in das Chaos bringen? Kann mal jemand sagen, um was es geht? Sollen wir zusammenbleiben oder uns trennen? Hat es überhaupt einen Sinn zusammenzubleiben, wenn wir dauernd streiten und scheinbar keinen Schritt weiterkommen? Was wird aus den Kindern, dem gemeinsamen Haus oder dem, was wir uns zusammen aufgebaut haben? Was wird aus unseren Plänen und Träumen?

Gelegentlich gelingt es uns, über die Schwierigkeiten zu sprechen und das Durcheinander an Gefühlen und Gedanken zu entwirren. Aber oftmals sind wir nur erleichtert, wenn die See nach einem Streit wieder ein wenig ruhiger wird, und halten still, um das Boot nicht gleich in die nächste Welle zu treiben.

Zugleich wünschen wir uns, etwas zu verändern, uns gemeinsam in eine Richtung oder voller Respekt auseinander zu entwickeln, wenn das Zusammensein nicht mehr funktioniert. Manchmal wünschen wir uns auch nur, die Dinge besser zu verstehen und einen Umgang damit zu finden. Uns selbst und dem Partner gegenüber toleranter zu sein und eine akzeptierende Haltung zu gewinnen.

Wir möchten erkennen, was uns mit dem Partner zusammengeführt hat, und wissen, ob davon noch etwas vorhanden ist. Ob es möglich ist, zu den Gefühlen zurückzufinden, die am Anfang da waren. Ob es gelingen kann, einen Alltag zu leben und sich zugleich besondere Momente zu bewahren.

Spieglein, Spieglein an der Wand

Wenn wir uns mit unserem Partner und unserer Partnerschaft auseinandersetzen, setzen wir uns immer auch mit uns selbst auseinander. Wir versuchen zu verstehen, was unser Anteil an Beziehungsthemen ist, und kommen dabei nicht umhin, über die eigenen Stärken und Schwächen nachzudenken.

Eine solche Auseinandersetzung kostet Mut, Neugier und Zeit. Das alles ist man bereit zu geben, weil einem der andere am Herzen liegt, weil einem das Gelingen der Beziehung wichtig ist. Weil es etwas gibt oder zumindest gab, das es wert ist. Schloss und Schlüssel: Etwas hat offensichtlich einmal zusammengepasst.

Sich selbst, den anderen und die Beziehung anzusehen und zu verstehen, kann zu einer Fortsetzung der Beziehung führen, aber ebenso zu einer respektvollen Trennung. Denn selbst wenn man den anderen liebt, heißt das nicht, dass man einen lebbaren Alltag mit ihm gestalten kann. Oder es kann sein, dass man von bestimmten Idealen und Vorstellungen Abschied nehmen muss, um neue Grundlagen zu schaffen.

Wasch mich, aber mach mich nicht nass

In der Beschäftigung mit sich, dem Partner und der Partnerschaft geht es darum, zu erkennen, wer man selbst ist, was man sich wünscht und braucht, was man geben kann und bereit ist zu geben, wer der Partner ist, was man für ihn empfindet und was man sich mit ihm vorstellen kann. Es geht darum, zu verstehen, wie man miteinander umgeht und ob in der Beziehung Veränderungen gewünscht und inwieweit diese möglich sind.

Denn obgleich man vielleicht mit einem Veränderungswunsch in die Auseinandersetzung gegangen ist, kann sich nach achtsamer Betrachtung unter Umständen herausstellen, dass es gut ist, wie es ist. Wichtig sind Neugier und Ergebnisoffenheit, um sich möglichst vorurteilsfrei in den Prozess zu begeben.

Keine Gebrauchsanweisung

Dieses Buch möchte Ihnen beim Prozess des Erkennens Hilfestellung geben. Sie können es von vorn nach hinten lesen oder als Arbeitsbuch verwenden, je nachdem, ob Sie sich mit Beziehungsthemen im Allgemeinen auseinandersetzen wollen oder aktuelle Themen Sie besonders umtreiben. Manchmal kann es auch hilfreich sein, einzelne Übungen zu verschiedenen Zeitpunkten zu wiederholen.

Ob Sie die Übungen für sich allein oder gemeinsam mit Ihrem Partner durchführen, kann ebenfalls von Situation zu Situation unterschiedlich sein, zumal es manchmal gute Gründe gibt, bestimmte Themen erst einmal für sich selbst zu beleuchten und zu klären, bevor man damit in den Austausch geht.

Was uns prägt

»Du bist deine eigene Grenze. Erhebe dich darüber.«(Schamsoddin Mohammad Hafis)

Auf keinen Fall wie die Eltern?

Wie wir uns Beziehungen und Partnerschaften vorstellen und leben, hängt unter anderem davon ab, wie unsere Eltern Partnerschaft gelebt haben und was wir an Beziehungsmodellen im Kreis von Verwandten, Freunden und Bekannten kennengelernt haben. Zudem hängt es davon ab, wie sich unsere eigene Beziehung zu unseren Eltern und anderen wichtigen Personen gestaltet hat. Schon Sigmund Freud wies darauf hin, dass die frühe Eltern-Kind-Beziehung ein Prototyp aller späteren Liebesbeziehungen sei.

Vorstellungen und Beziehungsideen

Im Kontakt zur ersten Bezugsperson entwickelt der Mensch Vorstellungen über sich und den anderen sowie die gemeinsame Beziehung. Es entstehen Ideen, wie Beziehung funktioniert, was möglich ist, was man erwarten kann und was man dafür selbst einbringen muss. Außerdem kristallisiert sich heraus, was nicht funktioniert und was schmerzlich oder sinnlos ist.

Mitunter gefällt uns, was wir im Kontakt zur ersten Bezugsperson, meist Vater oder Mutter, erleben, mitunter nicht. Was uns nicht gefällt, wollen wir in jedem Fall anders machen. In diesen Punkten wollen wir nicht so werden wie unsere Mutter oder unser Vater.

In die frühen Vorstellungen von Beziehungen eingeschlossen ist meist auch das Partnerschaftsmuster unserer Eltern, das wir in der Regel lange erlebt haben und zu dem wir in der Anfangszeit nur wenige Vergleichsmöglichkeiten hatten.

Beziehungsmuster ade?

Obwohl man vieles oder einiges anders machen möchte, als man es in der Herkunftsfamilie erlebt hat, werden gerade die in der Familie erfahrenen Beziehungsmuster oft in den eigenen Beziehungen wiederholt oder fortgeführt. Dafür gibt es viele gute Gründe. Einer ist, dass uns Vertrautes Halt und Sicherheit gibt. Nach dem Motto: Besser schlecht als unvertraut.

Oftmals ist uns gar nicht bewusst, dass wir Beziehungsmuster unserer Eltern wiederholen. Es ist wie ein blinder Fleck, eine Prägung auf dem Rücken, die wir selbst nicht sehen. Meist sind es andere, die uns entweder direkt oder indirekt auf bestimmte Muster aufmerksam machen, sie uns widerspiegeln.

Da wir die Beziehung unserer Eltern die meiste Zeit eher unreflektiert erleben, fällt es uns vielleicht schwer, sie differenziert zu betrachten. Aber genau das wäre gut. Denn mit Sicherheit gibt es nur wenige Beziehungen, in denen alles schlecht oder alles gut läuft. Sondern meist besteht eine gewisse Balance zwischen den Dingen, die schwierig sind, und denen, die gut funktionieren.

Vielleicht ist es am Ende auch gar nicht so entscheidend, wie wir die Beziehung unserer Eltern bewerten, sondern dass wir uns bewusst machen, dass sie einen mehr oder weniger großen Einfluss auf uns hat. Vielleicht sollte man sich zugleich bewusst machen, dass man als Erwachsener die Freiheit hat zu wählen, wie man seine Beziehungen leben will.

Damit will ich nicht sagen, dass es leicht ist, alten Beziehungsmustern zu entkommen, aber der erste Schritt ist ein Erkennen der Muster und eine Auseinandersetzung mit diesen Mustern. Dafür kann es hilfreich sein, sich die Beziehungsmuster anzusehen, die in der Kindheit und Jugend einen Einfluss auf uns hatten.

Wie erinnern Sie die Beziehung Ihrer Eltern?

Vielleicht mögen Sie darüber schreiben, wie Sie die Beziehung Ihrer Eltern erlebt haben. Was erinnern Sie, wenn Sie daran denken, wie Ihre Eltern miteinander umgegangen sind? Vermutlich gibt es Dinge, die Ihnen am Umgang Ihrer Eltern gut gefallen, und welche, die Sie gestört haben. Vielleicht gibt es Erfahrungen aus der elterlichen Beziehung, die Sie für Ihre eigene Beziehung übernehmen, und solche, die Sie vermeiden wollen.

Unter Umständen gibt es in Ihrem Verwandten-, Freundes- oder Bekanntenkreis Beziehungen, die für Sie Vorbildcharakter haben könnten. Was hat Ihnen an diesen Modellbeziehungen gefallen oder gefällt Ihnen noch immer? Vielleicht haben Sie auch Vermutungen, warum eine Beziehung, die für Sie als Vorbild dienen könnte, gut funktioniert.

Schreiben Sie auf, was Ihnen zu diesem Thema einfällt. Verlassen Sie sich dabei darauf, dass Ihnen schon das Passende einfallen wird, und versuchen nicht zu angestrengt, Ordnung in Ihre Gedanken zu bringen.

Schau mir in die Augen, Kleines

Auch was wir in Filmen sehen und in Romanen lesen, prägt unsere Vorstellungen und Einstellungen zur Partnerschaft. Möglicherweise haben wir Bilder im Kopf, die als romantische Sehnsuchtsphantasie dienen oder als Gegenentwurf zu einer möglicherweise weniger perfekten Welt.

Leicht verlieren wir dabei aus dem Blick, dass Filme und Romane Dinge verdichten und zuspitzen, Details ein- und ausblenden, bestimmte Abschnitte und Phasen bewusst darstellen, während anderes weggelassen wird. Wenn wir etwas von diesen Beziehungsmodellen übernehmen wollen, sollten wir uns bewusst machen, dass es mehrere Aspekte und Perspektiven gibt und wir nur selten das Gesamtbild sehen.

Humphrey Bogart oder Cary Grant?

Marilyn Monroe oder Brigitte Bardot? Oder wer immer Ihre Beziehungs- und Sehnsuchtsphantasien angeregt hat oder noch immer anregt. Was mit Sicherheit davon abhängt, wie alt Sie sind und welche Kultfilme Sie gesehen haben.

Ich weiß nicht, wie viele Filme wir in unserem Leben sehen und wie viele Bücher wir lesen, die uns Beziehungsbilder präsentieren, die dann in unseren Köpfen herumgeistern. Mal nehmen sie uns mehr, mal weniger gefangen, mal begleiten sie uns eine längere, mal eine kürzere Zeit unseres Lebens. Selbst wenn wir wissen, dass es nur Film- und Romanbeziehungen sind, haben diese Bilder doch Einfluss auf unsere Beziehungsvorstellungen.

Schreiben Sie, welche Film- und Romanbeziehungen Sie besonders beeinflusst haben. Nehmen Sie entweder die, die Ihnen als Erstes in den Sinn kommen, oder wählen Sie einige, die Sie in Ihrer Jugend beeinflusst haben, und einige, die Sie kürzlich beeindruckt haben. Notieren Sie alles, was Ihnen dazu einfällt.

Wenn Sie mögen, bitten Sie Ihren Partner, die gleiche Übung zu machen, und tauschen Sie die Texte aus oder unterhalten Sie sich darüber.

Wenn Ihnen zu Beginn keine konkreten Beispiele einfallen, vertagen Sie die Schreibidee und tragen Sie sie eine Weile in sich, bis Ihnen etwas einfällt. Oder warten Sie, bis Sie den nächsten Film gesehen beziehungsweise das nächste Buch gelesen haben, das Beziehungsideen oder Sehnsüchte in Ihnen wachruft. Vielleicht sind es auch Filme, die Sie zusammen mit Ihrem Partner gesehen haben, oder ein Buch, das Sie gemeinsam gelesen oder sich wechselseitig empfohlen haben.

Ist »bürgerlich« ein Schimpfwort?

Auch gesellschaftliche Konzepte von Beziehung und Partnerschaft sowie bestimmte Konventionen, die landes- und kulturabhängig sind, haben Einfluss auf unsere Beziehungsvorstellungen. Ob wir wollen oder nicht, sind wir von ihnen umgeben, werden mit ihnen konfrontiert und müssen uns auf irgendeine Weise zu ihnen verhalten.

Wir können diese Vorstellungen erfüllen und uns den herrschenden Ideen unterwerfen oder wir können uns verweigern beziehungsweise die gesellschaftlichen Vorstellungen ignorieren. Natürlich können wir auch einen Mittelweg wählen oder uns situativ entscheiden. Alles ist möglich. Aber auch das Ignorieren von etwas bedeutet, eine Haltung dazu einzunehmen.

Besonders schwierig wird es, wenn die gesellschaftlichen Werte und Normen auf einen der beiden Beziehungspartner einen stärkeren Einfluss haben als auf den anderen. Oder wenn sogar die Familie eines Partners Druck ausübt (denken Sie an Romeo und Julia). Dann wird es schwer, sich eine eigene Position zu erarbeiten, weil diese nicht mehr nur mit der des Partners kompatibel sein muss, sondern mit seinem gesamten Umfeld.

Was glauben Sie, welche Beziehungsvorstellungen in der Gesellschaft vorherrschen, in der Sie aktuell leben? Haben Sie eine Ahnung, wie sehr diese Konventionen Sie und Ihre Beziehung beeinflussen? Schreiben Sie etwas dazu, wie frei Sie sich fühlen, Ihre eigenen Beziehungsmodelle zu entwickeln, oder wie gefangen Sie sich in den Beziehungsmustern fühlen, die von der Mehrheit der Sie umgebenden Paare gelebt werden.

Ich vertraue dir, wenn ich kann

Die Entwicklung von Urvertrauen kann als Basis für eine gute Beziehung zu sich selbst sowie für die Entwicklung von Selbstwert und Selbstvertrauen verstanden werden. Sie gilt zudem als Voraussetzung für das Gefühl von Sicherheit in der Kindheit und Jugend und dafür, später in sich selbst das Gefühl von Sicherheit zu entwickeln, ohne dabei von anderen Menschen abhängig zu sein. Fehlt das Urvertrauen, kann es sein, dass man in späteren Beziehungen immer wieder nach dem Gefühl der Sicherheit sucht oder davon abhängig ist.

Sicherheit bei einem Partner zu suchen und zu finden, ist natürlich nichts Schlechtes, aber eine gleichberechtigte Partnerschaft im Erwachsenenleben unterscheidet sich von der Mutter-Kind-Symbiose, die von einer bedingungslosen Innigkeit und Liebe ausgeht, die das Kind in den frühen Jahren zum Überleben braucht.

Der Wunsch, dass jemand ganz für einen da ist, kann in einer Partnerschaft leicht zum Gefühl der Überforderung für den Partner werden, an den diese Ansprüche gestellt werden. Deswegen ist es hilfreich, sich immer wieder vor Augen zu führen, dass jeder für sein Leben selbst verantwortlich ist und ein Partner sich auch um seine eigenen Bedürfnisse kümmern muss.

Wie steht es mit Ihrem Urvertrauen? Sicher haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie viel Urvertrauen Sie am Start Ihres Lebens mitbekommen haben. Manche Menschen haben ein so ausgeprägtes Urvertrauen, dass es sich auch durch schlechte Erfahrungen nicht erschüttern lässt, während das Urvertrauen anderer Menschen so fragil ist, dass schon kleine Enttäuschungen reichen, um es zunichte zu machen.

Sie kennen sich mittlerweile gut genug, um zu wissen, ob Sie eher ein vertrauensseliger Mensch sind oder tendenziell misstrauisch.

Was für eine Wirkung hat der Satz »Am Ende wird alles gut« auf Sie? Schreiben Sie einen Text darüber, wie gut Sie vertrauen können. Wählen Sie dafür mehrere konkrete Situationen. Versuchen Sie am Ende, die Frage zu beantworten, welcher Typ Mensch Sie tendenziell sind: der vertrauensselige oder der misstrauische.

Irgendjemand muss doch wissen, wie es geht

Oft im Leben wünschen wir uns einen Mentor. Jemand, der weiß, wo es langgeht und wie das Leben sich am besten leben lässt. Aber wie schrieb Richard David Precht: »Liebe, ein unordentliches Gefühl«. Das ganze Leben ist eine unordentliche Angelegenheit. Seien Sie versichert, dass Ihnen in dieser Hinsicht niemand einen wirklich guten Rat geben kann, weil niemand das erlebt und empfindet, was Sie erleben und empfinden.