Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel - Gisela Garnschröder - E-Book

Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel E-Book

Gisela Garnschröder

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  • Herausgeber: Midnight
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Verbrecher machen keine Ferien Endlich Urlaub! Das denken sich nicht nur Isabella Steif und Charlotte Kantig, als sie auf Langeoog ankommen, sondern auch Hauptkommissar Meier, der ebenfalls an der Nordsee weilt. Doch nach einem Glas zu viel wacht der Polizist eines Morgens in einem Strandkorb auf: Dienstausweis, Handy, Geld und Uhr sind weg. Nicht nur ärgerlich, sondern auch peinlich, weil ausgerechnet Steif und Kantig ihn dort finden. Noch schlimmer: Als am Tag darauf eine Leiche in den Dünen entdeckt wird, sind die beiden Seniorinnen auch nicht weit. Währenddessen geht in Oberherzholz auch noch eine Betrügerbande um. Die örtlichen Dorfpolizisten haben alle Hände voll zu tun. Zum Glück steigen Isabella und Charlotte mit Balu direkt in die Ermittlungen ein. Doch jede Spur scheint ins Leere zu laufen und die Verbrecher zeitgleich überall zu sein … Entdecken Sie auch die weiteren Fälle von Steif und Kantig: - Band 1: Steif und Kantig - Band 2: Kühe, Konten und Komplotte - Band 3: Landluft und Leichenduft - Band 4: Hengste, Henker, Herbstlaub - Band 5: Felder, Feuer, Frühlingsluft - Band 6: Schnäpse, Schüsse, Scherereien - Band 7: Mondschein, Morde und Moneten - Band 8: Gärtner, Gauner, Gänseblümchen  - Band 9: Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel - Band 10: Printen, Plätzchen und Probleme - Band 11: Komplizen, Kappen, Karneval - Band 12: Halunken, Horror, Halloween - Band 13: Blüten, Birken, Bösewichter

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Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel

Die Autorin

Gisela Garnschröder ist 1949 in Herzebrock/Ostwestfalen geboren und aufgewachsen auf einem westfälischen Bauernhof. Sie erlangte die Hochschulreife und studierte Betriebswirtschaft. Nach dem Vordiplom entschied sie sich für eine Tätigkeit in einer Justizvollzugsanstalt. Immer war das Schreiben ihre Lieblingsbeschäftigung. Die berufliche Tätigkeit in der Justizvollzugsanstalt brachte den Anstoß zum Kriminalroman. Gisela Garnschröder wohnt in Ostwestfalen, ist verheiratet und hat Kinder und Enkelkinder. Sie ist Mitglied bei der Krimivereinigung Mörderische Schwestern, beim Syndikat und bei DeLiA.

Das Buch

Endlich Urlaub! Das denken sich nicht nur Isabella Steif und Charlotte Kantig, als sie auf Langeoog ankommen, sondern auch Kommissar Frisch, der ebenfalls an der Nordsee weilt. Doch nach einem Glas zu viel wacht der Polizist eines Morgens in einem Strandkorb auf: Dienstausweis, Handy, Geld und Uhr sind weg. Nicht nur ärgerlich, sondern auch peinlich, weil ausgerechnet Steif und Kantig ihn dort finden. Noch schlimmer: Als am Tag darauf eine Leiche in den Dünen entdeckt wird, sind die beiden Seniorinnen auch nicht weit. Währenddessen geht in Oberherzholz auch noch eine Betrügerbande um. Die örtlichen Dorfpolizisten haben alle Hände voll zu tun. Zum Glück steigen Isabella und Charlotte mit Balu direkt in die Ermittlungen ein. Doch jede Spur scheint ins Leere zu laufen und die Verbrecher zeitgleich überall zu sein …Von Gisela Garnschröder sind bei Midnight erschienen:In der Steif-und-Kantig-Reihe:Steif und KantigKühe, Konten und KomplotteLandluft und LeichenduftHengste, Henker, HerbstlaubFelder, Feuer, FrühlingsduftSchnäpse, Schüsse, ScherereienMondschein, Morde und MonetenGärtner, Gauner, GänseblümchenDünen, Diebe, DorfgeplänkelIn der Hannah-Seelfeld-Reihe:Rotkäppchen muss sterbenAußerdem:WinterdiebeWeiß wie Schnee, schwarz wie Ebenholz

Gisela Garnschröder

Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel

Der neunte Fall für Steif und Kantig

Midnight by Ullsteinmidnight.ullstein.de

Originalausgabe bei MidnightMidnight ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinNovember 2020 (1)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2020Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95819-300-0

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

Leseprobe: Rotkäppchen muss sterben

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Cover

Titelseite

Inhalt

1. Kapitel

1. Kapitel

Charlotte Kantig stand in der Haustür und wartete auf ihre Schwiegertochter Marita, die an diesem Nachmittag mit den einjährigen Zwillingen Annabell Charlott und Marvin Alexander zu Besuch kommen wollte. Seit einem Jahr wohnten Sohn und Schwiegertochter in Münster, weil beide dort eine Anstellung an der Universität gefunden hatten.

Es war ein warmer Frühlingstag Anfang Mai, und Charlotte klingelte bei ihrer Schwester Isabella Steif, die genau nebenan in der anderen Hälfte ihres gemeinsamen Doppelhauses wohnte. Wie Charlotte war auch ihre Schwester Lehrerin gewesen und seit einigen Jahren im Ruhestand.

Isabella steckte ihren Kopf durch die Tür, blickte suchend zur Einfahrt hin und sagte leicht empört: »Warum klingelst du? Marita ist doch noch gar nicht da.«

»Ich dachte, du wolltest die drei begrüßen, wenn sie kommen«, sagte Charlotte. »Annabell und Marvin können schon laufen.«

»Mein Gott, Charlotte«, moserte Isabella. »Das sehe ich früh genug. Ich muss packen.« Die Tür flog wieder zu, und Charlotte ging kopfschüttelnd auf und ab.

Zu ihrer Freude kam jetzt das Auto angefahren, und Marita parkte direkt vor der Garage. Begeistert stürzte Charlotte darauf zu und riss die hinter Tür auf.

»Wie schön, dass ihr da sein«, sagte sie und hob ihre Enkelkinder nacheinander aus dem Sitz.

»Hast du schon gewartet, Charlotte?«, fragte Marita und setzte gleich erklärend hinzu: »Wie immer ist es mal wieder später geworden als geplant. Die beiden mussten direkt vor der Fahrt noch einmal gewickelt werden.«

»Das macht doch nichts.« Charlotte lachte, und in diesem Moment wurde nebenan die Tür aufgerissen, und Isabella kam heraus

»Ihr seid schon da«, rief sie begeistert aus und nahm erst Annabell und dann Marvin für einen kurzen Moment auf den Arm. Lachend und schwatzend gingen dann alle zusammen zu Charlotte ins Haus.

Bei einer fröhlichen Kaffeetafel saßen die Frauen später zusammen und sprachen über den Urlaub, während die Kinder auf dem Teppich friedlich mit ihren Klötzchen spielten, die Charlotte schon vorher aufgebaut hatte.

Charlotte und Isabella wollten zwei Wochen an die Nordsee fahren, und in dieser Zeit würden Charlottes Sohn Thomas und seine Frau Marita regelmäßig im Haus nach dem Rechten sehen.

»Soll ich auch den Rasen mähen, oder macht das jemand anders?«, fragte Marita, während sie sich ein weiteres Stück von Charlottes Stachelbeerkuchen nahm.

»Schaffst du das denn?«, fragte Isabella. »Du hast doch mit den beiden Kindern schon genug zu tun.«

»Am Wochenende kommt Thomas doch auch mit, dann macht er das«, sagte Marita. »In ein paar Wochen ist er in Elternzeit, dann beginnt für mich die Arbeit an der Uni wieder.«

»Da wird er sich aber wundern, wie viel Arbeit zwei Kinder machen«, sagte Charlotte schmunzelnd.

»Thomas bringt sie jeden Abend zu Bett und liest ihnen eine Geschichte vor«, erzählte Marita.

»Eine Geschichte? Ist das nicht etwas früh?«, fragte Isabella erstaunt. »Sie können doch noch nicht richtig sprechen.«

Marita lachte. »Ich dachte das erst auch, aber Thomas war der Ansicht, man kann nie früh genug damit anfangen«, sagte sie. »Sie verstehen zwar nicht den Inhalt, aber sie lauschen seiner Stimme und schlafen innerhalb von zehn Minuten ein.«

»Ich finde die Idee gut«, sagte Charlotte.

»Thomas liest ja auch keine Romane vor, Isabella«, ergänzte Marita lachend. »Es sind nur wenige kurze Sätze, die er ihren vorliest. Er wiederholt auch viel.«

»Ihr müsst es ja wissen«, sagte Isabella, als sie durch ein ohrenbetäubendes Geschrei unterbrochen wurde und Marita hastig aufsprang und ihren Sohn hochhob.

»Was ist denn passiert?«, fragte Isabella beunruhigt.

Marita herzte und küsste ihren Sohn, und schon waren die Tränen verschwunden, und sein kleiner Mund verzog sich zu einem Lächeln.

»Annabell hat ihm ein Klötzchen weggenommen«, erklärte Charlotte, stand auf und nahm nun Annabell auf den Arm, die ebenfalls ihr Gesicht zu einem Geheul verzog und die Arme reckte, weil sie auch hochgenommen werden wollte.

»Ist ja gut, wir haben noch viel mehr von den Klötzen«, tröstete Charlotte, gab eines Marvin und das andere Annabell, und nun herrschte wieder Ruhe.

Der Tag war schnell vergangen, und Isabella und Charlotte winkten dem Auto nach, als Marita mit den Kinder wieder nach Hause fuhr.

»Heute Abend mache ich noch einen langen Spaziergang mit Balu«, sagte Isabella. »Und morgen geht es los.«

»Ich komme mit, wenn du gleich gehst, Isabella«, sagte Charlotte. »Ich freu mich schon wahnsinnig auf die Küste. Ich liebe es, am Strand entlangzugehen.«

Charlotte hatte schnell aufgeräumt und ihren Koffer gepackt, als ihr einfiel, dass sie unbedingt noch Sonnenmilch brauchte. Sie hätte natürlich Isabella fragen können, aber Charlotte bevorzugte ein Produkt, das es nur im Drogeriemarkt in der Innenstadt gab, der zum Glück bis zwanzig Uhr geöffnet hatte. Kurzerhand setzte sie sich ins Auto und fuhr los. Auf der Münsterlandstraße nahe der Siedlung war in einem Teilstück Tempo siebzig vorgeschrieben. Charlotte hatte es eilig und schon achtzig Sachen drauf, als sie weit hinten an einem Gebüsch ein Polizeiauto bemerkte. Hastig drosselte sie die Geschwindigkeit und erkannte gleich darauf Hauptkommissar Meier in dem Streifenwagen.

Na, das war noch mal gut gegangen. Kurz bevor sie abbiegen wollte, ertönte hinter ihr Motorgeheul, und ein Cabrio raste mit mindestens hundertzwanzig an ihr vorbei. Das wird aber teuer, dachte Charlotte und bog ab. Sie kaufte ein und fuhr wieder zurück. Der Streifenwagen stand noch immer versteckt hinter den Büschen. Wahrscheinlich hatte Meier Nachtdienst und nutzte ihn, um die nächtlichen Raser zu erwischen. Am Abend sicher ein lukratives Geschäft, denn gerade während der Dunkelheit wurde die Münsterlandstraße gern als Rennstrecke genutzt.

Kaum wieder zu Hause, startete Charlotte mit Isabella zum Spaziergang rund um Oberherzholz. Obwohl bereits zwanzig Uhr durch war, war es noch angenehm warm, und beide zogen nur eine leichte Jacke über. Balu tänzelte schon unruhig herum, denn am Nachmittag war der Spaziergang wegen des Besuchs ausgefallen und Isabella hatte ihn nur für einige Zeit im Garten laufen lassen. Nun konnte der Rüde es kaum abwarten und zog bereits heftig an der Leine, als es endlich losging.

»Balu ist schon richtig kribbelig«, sagte Charlotte lachend.

»Er muss morgen auch ziemlich lange durchhalten«, sagte Isabella.

»Knapp drei Stunden, das ist doch nicht viel«, meinte Charlotte. »Wenn er es nicht aushält, legen wir einfach zwischendurch eine Pause ein und machen einen Spaziergang.«

»Das plane ich sowieso ein«, sagte Isabella. »Für uns ist das auch viel gesünder.«

»Lass uns heute doch mal durch den Stadtpark zur anderen Seite von Oberherzholz gehen«, schlug Charlotte vor. »Dort sind einige alte Häuser verkauft und renoviert worden. Ich möchte sie mir gerne mal ansehen.«

»Keine schlechte Idee«, fand Isabella. »Dann sind wir aber vor zehn Uhr nicht zu Hause.«

»Na und, ich kann heute eh nicht schlafen, weil wir morgen losfahren«, sagte Charlotte. »Da kann es ruhig dunkel sein, wenn wir wieder da sind.«

Schweigend wanderten sie nebeneinanderher, jede für sich tief in Gedanken. Balu war nicht angeleint und lief begeistert voraus.

Als sie den Park verließen, kamen sie in die alte Siedlung am anderen Ende der Stadt. Ein Fußweg führte an großen Gärten und alten Häusern vorbei, die zwar sehr gepflegt waren, denen man aber ansah, dass die Siedlung seit über fünfzig Jahren bestand. Isabella leinte Balu wieder an, als sie den Bürgersteig betraten, dessen viele gebrochene Steinplatten davon zeugten, dass er schon lange nicht mehr repariert worden war. Ein altes blaues Straßenschild in verschnörkelter Schrift erregte Isabellas Aufmerksamkeit.

»Anemonenstraße, was für ein hübscher Name«, sagte sie.

»Wir sollten wirklich öfter hier durchgehen«, erwiderte Charlotte. »Die Gärten sind noch größer als unsere beiden zusammen. Da könnte man locker noch ein weiteres Haus hinstellen.«

»Damals, als die Siedlung erbaut wurde, hatten die Leute alle noch einen großen Gemüsegarten«, sagte Isabella. »Viele besaßen sogar noch eine Ziege, ein Schwein oder ein paar Schafe.«

»Es sind richtige kleine Parks, die die Leute hier haben«, sagte Charlotte. »Inzwischen werden sie nach und nach verkauft, weil die Bewohner alt oder verstorben sind.«

»Wohnt hier nicht irgendwo auch Hauptkommissar Meier?«, fragte Isabella.

»Ganz am Ende der Siedlung, dort, wo jetzt mehrere neue Häuser entstehen«, antwortete Charlotte. »Er hat das Haus von seinen Eltern geerbt. Ich glaube, das war der Grund warum er sich hierher versetzen ließ.«

»Dann ist das sicher da drüben, wo der riesige Kran steht«, sagte Isabella und zeigte nach oben, wo über den Häusern der Schwenkarm eines Krans leicht hin- und herschwang. Schnell hatten Sie die Baustelle erreicht. Direkt daneben stand ein weiteres altes Haus, das ganz verlassen aussah, und etwas weiter waren mehrere neue Häuser entstanden.

»Hier wird gebaut war das Zeug hält«, sagte Isabella. »Bestimmt ist das leer stehende Haus auch schon verkauft.« Sie zeigte auf das verlassene Haus und den großen, ziemlich verwilderten Garten, der allerdings nur zum Teil einsehbar war.

Charlotte nickte zustimmend. »Die Grundstücke scheinen alle weg zu sein«, vermutete sie. »Es ist ja auch eine schöne Gegend, und die alten Bäume bleiben sicher stehen.«

»Weißt du, wo genau unser Herr Meier wohnt?«, fragte Isabella und gab Balu ein Leckerli, denn er war wenig begeistert, dass er nun wieder artig an der Leine laufen musste.

»Nein, aber das ist doch egal. Ich wollte mir nur mal ansehen, was hier so gebaut wird«, sagte Charlotte. »Mich interessiert, was sich so an den Bauten geändert hat in den letzten Jahren.«

Noch während sie dahinschlenderten, fuhr langsam ein Auto an ihnen vorbei, das von einem älteren Herrn gesteuert wurde und kurz darauf in ein Grundstück einbog.

»Das war ein Lamborghini!« Charlotte starrte dem Wagen hinterher. »Wer fährt denn hier so einen teuren Wagen?«

»Guck dir doch die neuen Häuser an, die sind alle ziemlich pompös gebaut, da wirken die wenigen alten dazwischen richtig ärmlich«, sagte Isabella. »Hier kann nur kaufen, wer viel Geld hat. Die Grundstücke sind alle in Privatbesitz und entsprechend teuer.«

Sie waren inzwischen an dem Grundstück angekommen, in das das Auto eingebogen war, und standen plötzlich vor einem automatischen Tor, das nur wenig Einblick ließ. Aber schon das Obergeschoss des Hauses dahinter verriet, dass es sich hier um ein regelrechtes Luxusobjekt handelte.

»Wow, nobel geht die Welt zugrunde«, sagte Charlotte. »Die Hütte kostet mindestens eine halbe Million, wenn nicht mehr.«

»Allein die Alarmanlage, die hier installiert ist, verschlingt schon ein kleines Vermögen«, sagte Isabella und zeigte auf die Kameras, die hoch oben angebracht waren.

»Ich wusste gar nicht, dass wir in Oberherzholz eine High Society haben«, erklärte Charlotte spöttisch.

Ein hellgraues Cabrio kam angefahren, und plötzlich glitt das Tor vor den Augen der Schwestern fast geräuschlos zur Seite, das Auto fuhr hinein, und schon schloss sich das Tor wieder.

»Das war aber eine hübsche junge Frau«, sagte Charlotte.

»Vielleicht die Tochter von dem Typen, der vorhin hier hereingefahren ist.«

»Kann schon sein«, meinte Charlotte. »An Geld scheint es den Leuten nicht zu mangeln.«

»Und wo wohnt nun unser Hauptkommissar?«, fragte Isabella erneut und sah sich suchend um.

»Keine Ahnung«, entgegnete Charlotte. »Sicher in einem der älteren Häuser auf der anderen Seite, er wohnt doch schon fast zwanzig Jahre hier. Lass uns gehen, Balu wird schon ganz ungeduldig.«

»Gleich hinter der Siedlung ist der Wanderweg, der am Sprokenbach entlangführt«, sagte Isabella. »Da kann ich Balu wieder ohne Leine laufen lassen.«

Sie schritten nun zügig aus und waren schnell auf dem Wanderweg, der in weitem Bogen am Industriegelände entlang wieder zu ihrem Haus zurückführte.

Charlotte hatte kaum richtig geschlafen, als schon ihr Wecker ging und es sechs Uhr in der Frühe war. Hastig stand sie auf und verschwand im Bad. Sie gönnte sich nur ein kleines Frühstück und war pünktlich um sieben reisefertig. Gerade als sie noch einmal alle Fenster und Türen überprüfte, klingelte es an der Haustür.

»Du bist schon auf«, staunte Isabella. »Toll, dann können wir gleich los.«

Isabella fuhr, weil in ihrem Auto ein Sicherheitsnetz für Balu angebracht war. Schnell hatten die beiden Schwestern alles eingeladen, und nachdem auch Isabella noch einmal alles überprüft hatte, starteten sie in den Urlaub.

Isabella fuhr zügig durch bis Papenburg. Dort machten sie über eine ganze Stunde Pause. Sie aßen zu Mittag und wanderten mit Balu an der Ems entlang. Dann ging es wieder auf die Autobahn.

Schon nach kurzer Zeit hatten Sie die Ferienwohnung in Bensersiel erreicht, die Isabella schon im Jahr zuvor, gleich nach ihrem letzten Urlaub gebucht hatte, weil sie sehr nah am Strand lag.

Sie fuhr direkt vor und stoppte das Auto ab, als Charlotte ausrief: »Da wird ja gebaut! Bist du hier richtig?«

»Ja natürlich«, antwortete Isabella empört. »Genau hier. Ich hatte die untere Wohnung.« Balu bellte und steckte unruhig seinen Kopf in das Netz, das ihn von den Vordersitzen trennte.

»Siehst du, Balu gibt mir recht«, schnaubte Isabella. »Wenn du nicht diese dicke Erkältung gehabt hättest, wüsstest du es auch. Wahrscheinlich wird die Fassade renoviert.«

Isabella stieg hastig aus und holte Balu aus dem Auto. Charlotte kam ebenfalls aus dem Auto, ging direkt auf die Bauarbeiter zu und fragte nach der Ferienwohnung.

Der Bauarbeiter, ein großer, kräftiger Mann mit Shirt und Latzhose, schob seine Mütze vom Kopf und lachte. »Hier können Sie nicht rein, hier ist Baustelle!«

Er erklärte ihr, dass es einen Wasserschaden gegeben habe, gab ihr die Anschrift der Vermietungszentrale und ging davon.

Isabella stand schon vor dem offenen Kofferraum, als Charlotte herankam und den Deckel wieder zuklappte.

»Hier ist Baustelle, Isabella«, sagte sie energisch. »Wir müssen zur Vermittlung, dort hat man bestimmt eine andere Wohnung für uns reserviert.«

»Wieso hat man uns denn nicht informiert? Das ist eine Unverschämtheit«, moserte Isabella.

»Wir fahren da jetzt hin und dann ist es gut«, entschied Charlotte.

»Na hoffentlich.«

Die Wohnungsvermittlung war nur eine Straße weiter.

Isabella lief ziemlich geladen hinein, legte die Buchungsbestätigung auf den Tisch und schimpfte drauflos: »Wieso haben Sie uns nicht darüber informiert, dass die gebuchte Wohnung nicht bezugsfertig ist?«

Die Frau im Büro, auf deren Schildchen der Name Vadders stand, war so verdattert, dass sie im ersten Moment gar nicht wusste, was Sache war. »Wer sind Sie denn?«, fragte sie irritiert, bevor sie die Buchungsbestätigung überhaupt gelesen hatte.

Charlotte war inzwischen ebenfalls hereingekommen und wurde konkreter: »Wir haben eine Ferienwohnung gebucht, aber dort ist Baustelle. Davon wussten wir nichts.«

Jetzt klärte sich der Gesichtsausdruck der Frau auf, und sie lächelte. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie. »Sie sind die beiden Damen aus Oberherzholz, nicht wahr?«

»Ja«, bestätigte Isabella, die sich mittlerweile wieder etwas beruhigt hatte. »Warum haben Sie uns nicht informiert? Dann hätten wir den Urlaub verschoben.«

»Vor vier Tagen gab es in dem Haus einen Wasserrohrbruch in der oberen Etage, und nun muss alles saniert werden«, erklärte Frau Vadders, ohne auf Isabellas Frage einzugehen. »Wir haben Ihnen eine Wohnung auf Langeoog besorgt, weil wir hier im Moment keine freie Wohnung haben. Selbstverständlich übernehmen wir Ihre Parkgebühren.«

Isabella schüttelte den Kopf. »Ich steige nicht auf ein Boot. Niemals!« Verärgert fügte sie hinzu: »Stornieren Sie das Ganze, ich fahre nach Hause!«

»Die Wohnung, die wir Ihnen anbieten, ist wesentlich komfortabler«, schwärmte Frau Vadders. »Sie haben ein Häuschen ganz in der Nähe des Meerwasserschwimmbades. Außerdem haben Sie das ganze Häuschen für sich allein für die zwei Woche, und für ihren Hund gibt es einen Extraraum, in dem sie ihn unterbringen und auch mal allein lassen können.«

»Das ist ja alles schön und gut. Trotzdem muss ich absagen, ich werde seekrank«, schnaubte Isabella. »Ich setze keinen Fuß auf eine Fähre.«

»Ich war noch nie auf Langeoog, Isabella«, schaltete sich Charlotte ein, der die Idee gefiel. »Die Überfahrt dauert doch sicher nicht lange, oder?« Charlotte sah Frau Vadders fragend an.

»Nur fünfundfünfzig Minuten«, sagte Frau Vadders. »Der Preis für die Wohnung bleibt selbstverständlich der gleiche, und wir übernehmen auch die Überfahrt und den Transport zu ihrer Unterkunft.«

»Das ist doch wunderbar«, frohlockte Charlotte. »Komm, Isabella. Die paar Minuten Überfahrt wirst du schon überstehen.«

»Wir haben heute ausgesprochen ruhige See«, erklärte Frau Vadders und holte die Karten für die Fähre und das Parkticket hervor. »Ich habe schon alles für Sie vorbereitet.«

Isabella seufzte. »Beim nächsten Mal informieren Sie uns bitte rechtzeitig.«

Charlotte lächelte. »Das wird bestimmt ein toller Urlaub, Isabella.«

»Wenn ich die Überfahrt überlebe, vielleicht«, sagte Isabella verärgert und steuerte auf das Auto zu, in dem Balu schon ungeduldig wartete.

»Stell dich mal nicht so an«, mahnte Charlotte. »Ich nehme Balu an die Leine und passe auf die Koffer auf, dann kannst du deine Übelkeit kultivieren.«

»Du tust gerade so, als wäre meine Seekrankheit eine Marotte, die ich einfach ablegen kann«, brauste Isabella wütend auf, während sie sich anschnallte.

»Quatsch nicht so viel, fahr!«, fauchte Charlotte, und Isabella ließ den Wagen langsam anrollen. Sie hatten den Parkplatz schnell gefunden und holten zuerst Balu heraus, der nun unruhig um sie herumtänzelte. Sie nahmen die Rollkoffer, und in wenigen Minuten hatten sie den Anleger erreicht, wo die Fähre gerade eintraf.

Charlotte genoss die Überfahrt, während sie an der Reling stand und sich den Wind um die Ohren blasen ließ. Sie liebte das leichte Stampfen des Schiffes unter ihren Füßen und genoss den Blick übers Meer. Sie hatte Balu an der Leine, der total aufgeregt hin und her sprang.

»Ruhig, Balu, wir sind gleich da«, sagte Charlotte, hockte sich neben den Rüden und verwöhnte ihn mit einem Leckerli.

Die Fähre war nicht sonderlich voll an diesem Nachmittag. Isabella hatte sich nicht hingesetzt, sondern stand einige Meter von Charlotte und Balu entfernt ebenfalls an der Reling.

Die Fahrt war schon fast um, als Charlotte mit Balu auf Isabella zuging. »Wie fühlst du dich?«, fragte Charlotte.

»Besser, als ich dachte«, gab Isabella zu. »Der Fahrtwind bläst meine Übelkeit weg.« Ein leichtes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Ich werde es auf jeden Fall überstehen.«

»In einer Viertelstunde sind wir da«, tröstete Charlotte sie. »Die Insel grüßt schon rüber.«

Isabell fixierte ihren Blick auf die Insel, die nun immer näher kam, und sagte: »Wenn ich Land sehe, ist meine Übelkeit schon fast verschwunden.«

Charlotte antwortete nicht darauf, sondern machte noch einen kleinen Spaziergang mit Balu an Deck. Gleich darauf legte die Fähre an, und am Anleger wartete schon ein Wagen auf sie.

»Eine Pferdekutsche, wie schön!« Isabella strahlte förmlich, und ihre Abneigung gegen die Insel schlug im Nu ins Positive um. Balu war so beeindruckt, dass er nur mit kurzem Gebell die Pferde begrüßte und dann artig auf den Wagen sprang, wo er sich von Isabella sanft streicheln ließ.

Mit zwei Pferdestärken ging es nun gemütlich bis zu ihrem Ferienhäuschen. Der Kutscher, ein älterer Herr, der sich als Hinnerk Boldt vorstellte, half ihnen noch beim Abladen der Koffer und verabschiedete sich mit dem Hinweis, dass er auch Fahrten über die Insel anbiete.

»Was für ein tolles Häuschen, Charlotte«, rief Isabella beim Eintreten. »Es ist viel schöner als die Wohnung in Bensersiel.«

»Siehste«, sagte Charlotte triumphierend. »Dann hat sich die Überfahrt doch gelohnt.«

»War auch gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe«, gab Isabella zu. »Komm lass uns erst zum Meer gehen, auspacken können wir später. Balu braucht seinen Auslauf.«

Charlotte hatte die Karte in der Hand, die ihr Frau Vadders gegeben hatte. »Gleich hier in der Nähe ist der Hundestrand. Da kannst du Balu einfach laufen lassen.«

Sie gingen durch die Dünen und erreichten den Strand in wenigen Minuten.

»Es sind allerhand Leute unterwegs«, stellte Charlotte fest. »Es ist schon erstaunlich, dass im Mai hier so viel los ist.«

»Die Sonne scheint, das lockt alle raus«, entgegnete Isabella lachend. »Als ich im letzten Jahr an der Küste war, regnete es ständig. Da war der Strand ganz leer.«

Charlotte blickt zu einer Gruppe von mehreren Personen hinüber, deren lautstarke Unterhaltung bis zu ihnen drang während Isabella auf ein Schild zeigte. »Oje, hier ist Leinenzwang«, sagte sie überrascht. »Wieso nennt sich das dann Hundestrand?«

Charlotte zuckte die Schultern und wies Isabella auf eine Gruppe hin. »Die Herren da drüben unterhalten sich so laut, als wollten sie mit dem Gekreisch der Möwen wetteifern«, sagte sie lachend.

»Welche Männer? Wo?« Isabella blickte auf, sah aber nichts, denn die Sonne blendete sie. Sie blinzelte und beschattete ihre Augen mit der Hand.

»Setz endlich deine Sonnenbrille auf, das helle Licht an der See ist nicht gut für die Augen«, schimpfte Charlotte. »Die Herren sind jetzt in den Dünen verschwunden.«

»Mich hat das Gemurmel der Männer nicht gestört«, sagte Isabella. »Aber meine Sonnenbrille hab ich in der Wohnung auf dem Tisch liegen lassen.«

»Na toll!« Charlotte schüttelte den Kopf. »Auf jeden Fall waren die Männer bester Laune. So schien es wenigstens.«

»Na und, sie haben Urlaub, da ist das doch normal«, sagte Isabella und sah nach Balu, der direkt vor ihr ein Loch grub. »Sieh mal, Balu baut eine Burg.« Der Rüde hatte ein tiefes Loch gebuddelt, sah gerade begeistert daraus hervor und lief dann an der langen Leine eifrig weiter.

Die Schwestern folgten ihm gut gelaunt und kehrten erst nach einer Stunde in ihr Häuschen zurück.

2. Kapitel

In der Polizeistation in Oberherzholz packte Hauptkommissar Burghard Meier seine Tasche und verabschiedete sich von seinem Kollegen Dietmar Frisch.

»Das du ausgerechnet jetzt in Urlaub fährst, wo es hier an allen Ecken und Enden brennt, ist nun wirklich der Hammer«, schimpfte Kommissar Frisch. »Zwei Fälle von Betrug, und ich weiß nicht, wo ich mit den Ermittlungen anfangen soll.«

»Nun mach mal halblang mit deinem Gejammer«, brummte Meier. »Ich war letztes Jahr auch vier Wochen alleine hier, und du lagst auf den Kanaren am Strand. Die zwei Wochen auf Langeoog wirst du mir doch wohl gönnen.«

»Die gönn ich dir doch, Burghard«, wandte Frisch ein. »Aber muss das denn jetzt sein, wo hier so viel zu tun ist?«

»Hier ist immer viel zu tun«, sagte Meier. »Wenn du gar nicht klarkommst, ruf die Kollegen in Münster zur Unterstützung hinzu.«

»Und was mach ich, wenn diese falschen Polizisten wieder auftauchen?«

»Festnehmen, Dietmar! Einfach festnehmen!« Meier lachte, schnappte sich seine Sachen und war schon draußen.

Von ein paar Pappnasen, die alte Leute um ihr Geld brachten, würde er sich nicht seinen lang ersehnten Urlaub kaputt machen lassen. Seine Frau Gerda hatte schon gepackt, und sobald er die Koffer im Auto verstaut hatte, ging es los. Schließlich mussten sie pünktlich die Fähre nach Langeoog erreichen.

Während er das Auto langsam heimsteuerte, waren seine Gedanken bei den Betrugsfällen. Zweimal war es in den letzten Wochen vorgekommen, dass Fremde bei betagten Mitbürgern angerufen und sie gebeten hatten, alles Geld von der Bank zu holen und zwei Polizisten zu übergeben, weil angeblich die Bank überfallen werden sollte. Leider waren die Angehörigen erst in der Polizeistation gewesen, als das Geld schon weg war. Achttausend Euro hatten so den Besitzer gewechselt. Nicht gerade viel, aber für die betroffenen Personen eine Katastrophe. Die falschen Polizisten waren schon über alle Berge. Ähnliche Fälle waren aus den benachbarten Ortschaften gemeldet worden. Insgesamt hatte die so agierende Bande innerhalb von zwei Wochen im gesamten Münsterland über fünfhunderttausend Euro erbeutet, wahrscheinlich sogar noch mehr. Von der Zentrale in Münster aus war eine großen Kampagne in den Zeitungen gestartet worden, um die Leute zu warnen. Trotzdem konnten die Täter noch vor zwei Tagen in Warendorf Beute machen. Es war ärgerlich, aber kein Grund für Meier, seinen Urlaub fallen zu lassen. Er wischte energisch alle Gedanken an Gesetzesbrecher beiseite und fuhr vor seine Garage.

Zwei Stunden später waren die Meiers auf dem Weg zur Küste. Nach der halben Strecke machten sie eine kurze Pause, und dann überließ Meier seiner Frau für den Rest der Fahrt das Steuer.

»Hast du gesehen, dass die Leute von gegenüber schon wieder ein neues Auto haben?«, sagte Gerda, während der Wagen auf der Autobahn dahinfuhr.

»Meinst du den Herrn Bergmüller, der die Doppelgarage hat?«

»Ja, klar, wer hat denn sonst so einen Schlitten bei uns in der Straße«, entgegnete Gerda. »Der neue ist ein BMW Cabrio, den fährt die Frau. Bergmüller scheint Geld im Überfluss zu haben.«

»Na und, ich bin mit unserem Auto zufrieden«, brummte Meier. »Ich muss nicht damit angeben.«

»Du nicht, aber Bergmüllers Frau, dieses aufgedonnerte Püppchen, das da dauernd rein- und rausstolziert und nicht einmal einen Gruß für die Nachbarn hat«, schnaubte seine Frau. »Außerdem ist sie so jung, dass sie locker seine Tochter sein könnte.«

»Nur kein Neid, Gerda«, sagte Meier. »Lass den Leuten doch die Freude.«

»Das sagst du so leicht, du bist ja auch den ganzen Tag nicht da«, antwortete sie. »Dieses Pärchen passt einfach nicht in unsere Straße.«

»Gerda, wir sind im Urlaub«, sagte Meier, dem das Lamentieren seiner Frau langsam auf die Nerven ging. »Denk an die See und an die frische Luft, das ist besser, als sich über Leute zu ärgern, die man kaum kennt.«

Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Sag mir, wenn wir da sind. Ich schlaf noch eine Runde.« Das hatte Wirkung. Meier hörte, wie die Geschwindigkeit erhöht wurde, und konnte sich ein leichtes Blinzeln nicht verkneifen. Seine Frau hatte beide Hände am Steuer und blickte stur auf die Straße. Zufrieden schloss er die Augen wieder. Endlich hatte er seine Ruhe.

Pünktlich bestiegen sie am späten Nachmittag die Fähre. Meier blickte über das Wasser und spürte das Vibrieren des Schiffes unter seinen Füßen.

»Ist das nicht schön«, sagte er und legte seiner Frau den Arm um die Schultern. »Die Sonne scheint, und für zwei Wochen können wir tun und lassen, was wir wollen.«

Gerda lächelte. »Du hast recht, wenn man zu Hause ist, macht man sich viel zu viele Gedanken. Hier ist alles ganz leicht.«

Nach zwei Stunden hatten sie ihre Ferienwohnung bezogen und machten gleich nach dem Abendessen einen Spaziergang am Strand. Langsam gingen sie am Wasser entlang und sahen der untergehenden Sonne zu, die das Meer in goldenes Licht tauchte.

Etwas entfernt stand eine Gruppe von mehreren Männern zusammen. Gerda blickte hinüber, und Meier spürte, wie sie ihn plötzlich anstieß. »Sieh mal, die Männer da drüben. Ob das ein Kegelclub ist?«

»Kann sein.« Meier zuckte gleichmütig die Schultern. Ihn interessierte das nicht, er hatte gerade sein Smartphone gezückt, um den Sonnenuntergang einzufangen.

»Einen davon hab ich schon mal gesehen«, sagte seine Frau. »Sie scheinen Streit zu haben.«

»Streit? Nee, nee, sie diskutieren miteinander.« Meier lachte. »Wahrscheinlich sind sie sich noch nicht einig, welche Kneipe sie heute Abend ansteuern sollen.«

»Das kann’s auch sein.« Gerda lachte nun auch, hockte sich hin und zog ihre Schuhe aus. Gleich darauf watete sie durch das flache Strandwasser und strahlte. »Es ist wunderbar, aber ziemlich kalt.« Nach wenigen Minuten lief Gerda zu den Dünen setzte sich in den Sand und ließ ihre Füße trocknen.

Meier steckte sein Smartphone in die Innentasche seiner Jacke und folgte ihr gemächlich.

»Hast du die beiden Frauen gesehen, die mit ihrem Hund drüben in den Dünen verschwunden sind?«, fragte Gerda, als er bei ihr ankam.

»Flüchtig. Wieso?«

»Waren das nicht die beiden Lehrerinnen, die in der Wiesenstraße wohnen?«, fragte Gerda, während sie mit einem Papiertaschentuch ihre Füße abrieb.

»Meinst du Steif und Kantig?«

»Ja, genau die!« Gerda nickte.

»Keine Ahnung.« Meier zuckte die Schultern und sagte: »Bist du fertig? Es wird gleich dunkel, wir müssen zurück.«

Gerda schlüpfte in ihre Schuhe und stand auf. »Hoffentlich habe ich mich geirrt, die beiden Lehrerinnen müssen nicht im ganzen Ort erzählen, dass wir hier Urlaub gemacht haben.«

»Lass sie doch«, sagte Meier gemütlich. »Es kann ruhig jeder wissen, dass wir hier waren. Mich stört das nicht.«

»Aber mich«, sagte Gerda. »Ich habe dieser aufgedonnerten Ziege von nebenan erzählt, dass wir nach Sylt fahren!«

Meier schüttelte den Kopf. »Warum das denn?«

»Weil Sylt irgendwie schicker klingt«, sagte sie.

»Warum hast du der Frau Bergmüller überhaupt erzählt, dass wir wegfahren?«, regte sich jetzt Meier auf. »Jetzt weiß jeder, dass unser Haus zwei Wochen leer steht.«

»Bei uns ist doch nichts zu holen; wenn jemand einbricht, dann höchstens bei den Bergmüllers«, sagte Gerda. »Die protzen ja so mit ihrem Vermögen, dass man es schon von außen sieht.«

»Diebe gehen immer dahin, wo die Bewohner nicht da sind, und das ist bei uns«, antwortete Meier besorgt. »Ich ruf morgen sofort Dietmar an, dass er bei uns in der Straße mal hin und wieder durchfahren soll.«

Schweigend betraten sie nun ihre Wohnung. Gerda war müde von der Anreise und ging gleich ins Bett, während Meier es sich vor dem Fernseher bequem machte.

Er zappte sich durchs Programm und stellte nach einer halben Stunde die Flimmerkiste aus. Der Gedanke, dass sein Haus von Dieben heimgesucht wurde, geisterte in seinem Kopf herum.

Ganz so mittellos, wie seine Frau gesagt hatte, waren sie nicht, wenn er da an seine hochwertige Münzsammlung dachte, die im Tresor lag. Auch die nagelneue Stereoanlage und sein Laptop, auf dem sich zudem dienstliche Notizen befanden, konnten durchaus einen Dieb anlocken.

Meier warf einen Blick ins Schlafzimmer, wo seine Frau fest schlief, schnappte sich seinen Friesennerz und verschwand leise aus der Wohnung. Ein frischer Wind blies ihm entgegen, und er wanderte die Straße entlang bis zu der Gaststätte, die er schon bei der Ankunft gesehen hatte, weil er dort ganz in der Nähe einen Strandkorb gemietet hatte.

Drinnen war noch richtig viel los, schließlich war es erst kurz nach Mitternacht. Das Lokal war wesentlich größer, als es von außen schien. Die Theke erstreckte sich über mehrere Meter, und im hinteren Bereich gab es eine Bühne, auf der ein Discjockey eingängige Partyhits auflegte. Auf der Tanzfläche davor drängelten sich die Paare wie am Ballermann, und überall waren die Tische dicht besetzt mit gut gelaunten, gestikulierenden Menschen. Direkt neben dem Eingang lärmte eine Gruppe von mehreren Männern lautstark in einer Ecke. Alle hatten wohl schon das eine oder andere Bier konsumiert und waren fünfzig oder älter. Wahrscheinlich die gleiche Gruppe, die er zuvor am Strand gesehen hatte.

Am Tresen ganz vorn war noch Platz neben einem jungen Mann, vor dem ein Schnaps und ein halb geleertes Bierglas standen. Meier zog sich einen Barhocker heran und bemerkte bei einem weiteren Gast direkt dahinter eine auffällige Tätowierung am Unterarm. Er bestellte ein Pils, als plötzlich einer aus der lärmenden Horde auf ihn zukam.

»Mensch, Meier! Das ist aber ’ne Überraschung«, sagte eine laute Stimme zu ihm. »Machste Urlaub hier?«

Meier schrak zusammen und sah in Bergmüllers lachendes Gesicht und hätte fast sein Bier verschüttet. »Komm rüber, Mensch.« Ungefragt zog Bergmüller ihn am Arm, und Meier blieb nichts anderes übrig, als mitzukommen und sich zu den Herren an den Tisch zu setzen.

»Das ist unser neuer Nachbar, der Bulle, von dem ich euch erzählt habe«, verkündete Bergmüller lautstark.

Meier merkte, dass Bergmüller schon ziemlich angetrunken war. Am liebsten wäre er sofort wieder verschwunden, weil diese kumpelhafte Begrüßung ihm total gegen den Strich ging, und den Ausdruck Bulle hasste er geradezu.

»Polizist höre ich lieber«, murmelte er, was ihm ein grölendes Lachen der ganzen Gruppe einbrachte.

»Ich gebe eine Runde aus und für unseren Polizisten noch extra einen Schnaps«, rief Bergmüller so laut, dass es durch die ganze Kneipe hallte und die Bedienung gleich mit einem gefüllten Tablett ankam.

Meier schluckte und erhob sich. »Ich muss gehen, meine Frau wartet.« Dieser Bergmüller mit seinen dichten grauen Locken und dem stark gebräunten Gesicht, machte jetzt keinen guten Eindruck mehr. Bei Meier schrillten sämtliche Alarmglocken.

Bergmüller jedoch drückte ihn mit fester Hand wieder in den Sitz und sagte lachend: »Erst trinken wir auf unsere Freundschaft, dann kannst du gehen. Ich bin der Franz!«

»Burghard!« Meier kippte den Schnaps hinunter und stand wieder auf. »Ich muss jetzt aber wirklich …«

»Eine Runde kannst du doch auch noch spendieren, oder werden die Beamten im Münsterland so schlecht bezahlt?« Grölendes Gelächter der Truppe.

Meier nickte. »Okay, ich bestell an der Theke.« Er erhob sich, und plötzlich drehte sich die ganze Gaststätte vor seinen Augen. Meier fühlte sich unwohl und wankte zur Theke. Komisch. Er hatte doch nur zwei Schnäpse getrunken, na ja und ein Bier. Aber dass ihm so schlecht war, hatte er noch nie erlebt. Wahrscheinlich lag es an der anstrengenden Anreise.

Er hielt sich an der Theke fest und fummelte an seiner Tasche herum. Statt des Portemonnaies hatte er plötzlich sein Fahrtenmesser in der Hand, das er sich vor dem Urlaub in die Tasche seiner Wetterjacke gesteckt hatte. Er verstaute es hastig wieder und durchsuchte die anderen Taschen.

»He, Bulle, wo bleibt das Bier? Oder hast du dein Geld vergessen?«, rief ihm nun einer der sechs Männer zu, und endlich fand Meier seine Börse in der Hosentasche. Er zahlte und verließ unter dem Gegröle der Sechsertruppe die Gaststätte, denen die Bedienung jetzt die Runde brachte.

Erleichtert atmete Meier die frische Luft ein. So schlecht war ihm noch nie gewesen. Langsam wankte er auf den Strand zu. Irgendwo dort musste sein gemieteter Strandkorb stehen. Er wusste plötzlich nicht mehr, wo er war, und mit einem Mal musste er sich übergeben. Sein Mageninhalt landete in einem Büschel Strandhafer. Meier wankte weiter bis zu seinem Strandkorb und ließ sich dort in den Sitz fallen.

Lautes Hundegebell ertönte, und Meier schrak heftig zusammen. Die Sonne stand über dem Meer und war wohl erst vor Kurzem aufgegangen. Er richtete sich verschlafen auf, als plötzlich ein Schatten auf ihn fiel.

»Herr Meier? Haben Sie im Strandkorb geschlafen?«

Meier blinzelte und sah Frau Steif direkt vor sich, deren Hund gerade zum Wasser gelaufen war. Er antwortete nicht sofort, sondern rückte seine Jacke zurecht und stand umständlich auf. »Ich war schon früh auf und hab mich ein wenig ausgeruht«, sagte er und ging hastig davon.

Als er an den Dünen angekommen war, drehte er sich noch einmal um. Frau Steif stand neben dem Strandkorb und starrte ihm nach.

Er seufzte. Es ging ihm gar nicht gut, und er war noch völlig durcheinander. Gedankenverloren schob er den Ärmel des Friesennerzes hoch und sah zur Uhr. Verdammt! Was war das? Die Uhr war weg! Seine teure Uhr, die er sich erst im letzten Jahr geleistet hatte. Nur ein etwas hellerer Streifen an seinem Arm zeugte davon, dass er sie ständig umhatte.

Meier ließ sich in den Sand sinken. Hektisch griff er in seine Innentasche. Verflixt, das Smartphone war auch weg. Oder hatte er es in der Wohnung liegen lassen? Meier wusste es nicht mehr. Sein Kopf war regelrecht leer gefegt.

Nun untersuchte er die anderen Jackentaschen. Das Fahrtenmesser war auch nicht mehr da. Es musste ihm aus der Tasche gefallen sein. Na ja, war schließlich kein großer Verlust. Im Sand der Dünen würde er es bestimmt niemals wiederfinden. Oder hatte ihm jemand die Sachen geklaut?

Meier war so durcheinander, dass ihm erst jetzt diese Idee kam, die ihm eigentlich schon früher hätte kommen müssen.

Die Erkenntnis traf Meier wie der Blitz. Der Gaststättenbesuch fiel ihm ein, und es wurde ihm abwechselnd heiß und kalt.

Oh Gott! War sein Geld überhaupt noch da? Er fasste in seine Gesäßtasche. Leer.

Meier wurde schwindlig. Wie sollte er das bloß seiner Frau beibringen? Sie hatte ihm erst zu Weihnachten die Börse geschenkt.

Langsam stand er wieder auf und wankte zu seiner Ferienwohnung. Zitternd fasste er an den Gartenzaun, der außen angebracht war, und blieb schwer atmend stehen. Geld und Portemonnaie waren nicht das Schlimmste, sein Ausweis war weg, sein Polizeiausweis.