Halunken, Horror, Halloween - Gisela Garnschröder - E-Book

Halunken, Horror, Halloween E-Book

Gisela Garnschröder

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Beschreibung

Süßes! Sonst gibts Mord. Eine Halloweenparty in einem ruhigen Ort wie Oberherzholz? Isabella Steif hält gar nichts davon. Auch die Polizisten Meier und Frisch sind nicht begeistert von der Fete, weil sie Unruhe befürchten. Was schneller eintritt als gedacht. Am Morgen nach der Party liegt ein als Zombie verkleideter Mann bewegungslos in einem Graben, erschossen mit einem Jagdgewehr. Der Tote ist der Bauunternehmer Harry Guttmeier, der für seine Härte gegen Beschäftigte und Kunden bekannt ist und viele Feinde hatte. Doch wer nutzte die Nacht der Toten und brachte den Unsympath kaltblütig um? Steif und Kantig stoßen auf ein verräterisches Indiz ... Entdecken Sie auch die weiteren Fälle von Steif und Kantig: - Band 1: Steif und Kantig - Band 2: Kühe, Konten und Komplotte - Band 3: Landluft und Leichenduft - Band 4: Hengste, Henker, Herbstlaub - Band 5: Felder, Feuer, Frühlingsluft - Band 6: Schnäpse, Schüsse, Scherereien - Band 7: Mondschein, Morde und Moneten - Band 8: Gärtner, Gauner, Gänseblümchen  - Band 9: Dünen, Diebe, Dorfgeplänkel - Band 10: Printen, Plätzchen und Probleme - Band 11: Komplizen, Kappen, Karneval - Band 12: Halunken, Horror, Halloween - Band 13: Blüten, Birken, Bösewichter

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Halunken, Horror, Halloween

Die Autorin

Gisela Garnschröder ist 1949 in Herzebrock/Ostwestfalen geboren und aufgewachsen auf einem westfälischen Bauernhof. Sie erlangte die Hochschulreife und studierte Betriebswirtschaft. Nach dem Vordiplom entschied sie sich für eine Tätigkeit in einer Justizvollzugsanstalt. Immer war das Schreiben ihre Lieblingsbeschäftigung. Die berufliche Tätigkeit in der Justizvollzugsanstalt brachte den Anstoß zum Kriminalroman. Gisela Garnschröder wohnt in Ostwestfalen, ist verheiratet und hat Kinder und Enkelkinder. Sie ist Mitglied bei der Krimivereinigung Mörderische Schwestern, beim Syndikat und bei DeLiA.

Das Buch

Süßes! Sonst gibts Mord.

Eine Halloweenparty in einem ruhigen Ort wie Oberherzholz? Isabella Steif hält gar nichts davon. Auch die Polizisten Meier und Frisch sind nicht begeistert von der Fete, weil sie Unruhe befürchten. Was schneller eintritt als gedacht. Am Morgen nach der Party liegt ein als Zombie verkleideter Mann bewegungslos in einem Graben, erschossen mit einem Jagdgewehr. Der Tote ist der Bauunternehmer Harry Guttmeier, der für seine Härte gegen Beschäftigte und Kunden bekannt ist und viele Feinde hatte. Doch wer nutzte die Nacht der Toten und brachte den Unsympath kaltblütig um? Steif und Kantig stoßen auf ein verräterisches Indiz ...

Gisela Garnschröder

Halunken, Horror, Halloween

Ullstein

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Originalausgabe bei UllsteinUllstein ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH,Berlin Oktober 2023© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und DataMining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Umschlaggestaltung:zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus

ISBN: 978-3-8437-2995-6

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

Leseprobe: Goldtransport und Stauseemord

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Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

1. Kapitel

1. Kapitel

Isabella Steif stand vor ihrer Haustür und blickte in den Regen hinaus, der so stetig fiel, als würde man Tausende grauer Bindfäden vom Himmel herunterlassen. Ihr Labradorrüde Balu schmiegte sich eng an ihr Bein. Sie spürte dessen angenehme Wärme und seufzte. „Balu, wir können nicht raus, es ist viel zu nass“, sagte sie, bückte sich zu ihm hinunter und kraulte dem Tier sanft den Kopf.

Nebenan öffnete sich die Tür des Doppelhauses, und Isabellas Schwester Charlotte Kantig trat heraus. Die Kapuze ihres Mantels hatte sie über ihr graues Haar gestülpt. „Isabella, willst du etwa bei diesem Wetter mit dem Hund raus?“, fragte sie und schüttelte ungläubig den Kopf.

„Momentan ist es sogar mir zu nass“, entgegnete Isabella lachend. „Ich wollte nur sehen, ob es im Westen schon heller wird.“

„Heller?“ Charlotte wies mit der Hand auf eine dunkle Wolkenwand, die sich im Westen auftürmte. „Gleich geht es erst richtig los!“

Isabella seufzte. „Willst du zum Einkaufen fahren?“

„Im Hofladen gibt es heute die ersten Kürbisse. Annabell und Marvin kommen am Wochenende, und wir wollen für Halloween welche aushöhlen.“

„Das hatte ich ganz vergessen“, meinte Isabella lächelnd. „Soll ich euch helfen, oder reicht es, wenn ich die Kürbissuppe koche?“

„Wir können deine Hilfe gut brauchen, Schwesterchen“, sagte Charlotte und lief zur Garage hinüber.

Isabella sah zu, wie ihre Schwester das Auto aus der Garage fuhr, und ging dann ins Haus zurück.

Isabella und Charlotte bewohnten je eine Hälfte des gemeinsamen Doppelhauses und hatten als Lehrerinnen gearbeitet, bevor sie vor einigen Jahren in den Ruhestand gegangen waren. Charlottes Sohn Thomas wohnte mit seiner Frau Marita und den fünfjährigen Zwillingen Annabell und Marvin in Münster. Isabella war wie ihre Schwester verwitwet, hatte aber keine Kinder. Sie war jedoch immer zur Stelle, wenn Charlottes Enkelkinder kamen.

Isabella schloss die Tür, gab ihrem Hund ein Leckerli und ging in die Küche. Das alte Kochbuch, das sie in ihrer Jugend von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte, war zerfleddert, enthielt aber noch immer die leckersten Rezepte. Schnell fand sie das Rezept für die Kürbissuppe und überprüfte, welche Zutaten sie im Haus hatte. Es fehlte noch einiges. Isabella beschloss, zusätzlich Nudeln für die Kinder zu besorgen, falls sie die Suppe nicht mochten. Und Plätzchen waren sicher auch nicht schlecht. Isabella musste also unbedingt in den Supermarkt. Wenn sie zurückkam, war der Regen hoffentlich vorbei.

Balu hatte es sich inzwischen auf seiner weichen Hundedecke unter der Treppe im Hausflur bequem gemacht. Er hob den Kopf und bellte leise, als Isabella mit dem Korb in der Hand zur Garderobe eilte. „Ich bin gleich wieder da, Balu“, sagte sie, zog den Mantel über und lief hinaus.

Im Supermarkt war viel Betrieb. Isabella suchte gerade eine der Zutaten in den Regalen, als ihre Nachbarin Hilde Juli ihr entgegenkam.

„Bist du auch vor dem Regen geflüchtet, Isabella?“, fragte Hilde schmunzelnd.

„Ich brauche noch Zutaten für meine Kürbissuppe“, erklärte Isabella. „Und für Charlottes Enkelkinder möchte ich Plätzchen backen. Sie kommen am Wochenende.“

„Schade, dann könnt ihr am Sonntagabend nicht zur Halloweenparty kommen“, stellte Hilde bedauernd fest.

„Ach, was denn für eine Halloweenparty?“, erkundigte sich Isabella erstaunt.

„Bei Kottenbaak in der Scheune“, erklärte Hilde und fügte verwundert hinzu: „Du bist doch sonst so gut informiert.“

„Man muss nicht jede Mode mitmachen“, sagte Isabella. „Diese Totenmasken finde ich abscheulich.“

Hilde lachte. „Udo hat von seinem Arbeitgeber Freikarten mitgebracht, die wollen wir nicht verfallen lassen. Es ist doch nur Spaß.“

Isabella zog eine Grimasse. „Komischer Spaß und absolut nichts für mich.“

„Udo und ich haben uns schon richtig gruselige Outfits zugelegt“, berichtete Hilde. „Der Nachmittag ist allerdings nur für die Kinder gedacht. Es gibt ein gutes Programm für die Kleinen.“

„Wieso ist das alles am Sonntag, da ist doch erst der dreißigste Oktober?“, fragte Isabella. „Halloween ist doch am Montag.“

„Frau Kottenbaak hat mir gesagt, dass sie sich für sonntags mehr Gäste erhoffen“, sagte Hilde. „Außerdem fängt der einunddreißigste um Mitternacht schon an.“

„Ja, ja, es geht immer ums Geschäft“, antwortete Isabella.

„Es ist doch klar, dass Kottenbaak auch was verdienen will, wenn er so eine Party veranstaltet“, sagte Hilde und blickte auf ihre Uhr. „Ich muss weiter, Isabella.“ Sie schnappte sich ihren Wagen und eilte zur Kasse.

Als Isabella den Laden verließ, hatte der Regen aufgehört. Zu Hause angekommen, verstaute sie ihre Einkäufe, zog Gummistiefel und ihren Regenmantel an und machte sich mit Balu auf in die Natur.

Natürlich plante sie ihre Gassirunde so, dass sie am Hofladen der Kottenbaaks vorbeikam. Sofort fiel ihr das große Plakat mit der Ankündigung der Halloweenparty an der Scheunentür ins Auge. Komisch, dass sie es dort bei ihrem Einkauf vor einigen Tagen nicht gesehen hatte. Isabella studierte das Plakat intensiv. Für Kinder wurde einiges geboten, an der Hüpfburg und dem Kinderschminken hätten bestimmt auch die beiden Fünfjährigen Spaß.

In Gedanken versunken ging Isabella auf dem Radweg entlang der Münsterlandstraße zurück, Balu immer an der langen Leine voraus. Ein Radfahrer kam ihr in hohem Tempo auf der Straße entgegen. Er trug einen neongrünen Helm und ein ebenso leuchtendes Oberteil. Er lag mit dem Oberkörper fast auf dem Lenker, weshalb Isabella ihn nicht erkennen konnte. An der Aufschrift auf seinem Rücken sah sie jedoch, dass er zum Radlerverein Oberherzholz gehörte.

Einzelne Regentropfen malten dunkle Flecken auf ihren Weg. Isabella sah zum Himmel hinauf, wo sich erneut eine dunkle Wolke gebildet hatte.

„Balu, wir müssen uns beeilen“, sagte sie und schritt kräftig aus, aber der Rüde schien den Regen schon vor ihr bemerkt zu haben, denn er lief bereits weit voraus.

Isabella hatte Balu gerade mit Futter und Wasser versorgt, als sie durch das Küchenfester Charlottes Auto auf den Hof fahren sah. Sie ging hinaus, als der Wagen in der Garage verschwand, und wartete wegen des erneut strömenden Regens vor der überdachten Haustür. „Hast du Kürbisse mitgebracht, Charlotte?“, rief sie.

Charlotte winkte. „Komm, du kannst mir beim Ausladen helfen.“

Isabella sah skeptisch dabei zu, wie ihre Schwester einen dicken roten Kürbis aus dem Auto wuchtete. Sie lief ins Haus, schnappte sich ihren Friesennerz, stülpte die Kapuze über und lief zur Garage.

„Puh, du hast ja den ganzen Kofferraum vollgepackt“, staunte sie.

„Deshalb sollst du ja helfen“, sagte Charlotte kopfschüttelnd.

Charlotte hatte vier runde, fast gleich große orangerote Riesenkürbisse, für die Suppe zwei Hokkaidokürbisse und mehrere Kalebassen in unterschiedlichen Farben mitgebracht.

„Was willst du mit vier großen roten Kürbissen anstellen?“, fragte Isabella. „Für die Kinder brauchst du doch nur zwei.“

„Zwei wollen die beiden mit nach Hause nehmen, und zwei kommen bei uns vors Haus.“

„Das ist eine gute Idee“, sagte Isabella. „Dann steuere ich die Kerzen bei.“

Wie jeden Dienstagabend fuhr Charlotte ins Fitnessstudio, wo sie gemeinsam mit ihrer Freundin Laura Sundermeier ihren Körper stählte. Die beiden Frauen waren schon seit Jahren befreundet und begannen mit dem Aufwärmtraining am Trimmrad.

„Gehst du auch zur Halloweenparty in Kottenbaaks Scheune?“, erkundigte sich Laura.

Charlotte verneinte. „Meine Enkelkinder kommen am Samstag, und Isabella und ich gehen am Sonntagnachmittag mit ihnen zum Kinderfest.“

„Schade“, seufzte Laura. „Allein macht es mir keinen Spaß. Es wird bestimmt eine großartige Feier. Kottenbaaks wollen die Scheune in ein richtiges Horrorkabinett verwandeln. Und abends wird geböllert.“

„Geböllert? Passt das denn zu einer Halloweenparty?“, fragte Charlotte. „Ich kenne Böllern nur von Hochzeiten und Schützenfesten.“

„Stimmt, aber Herr Kottenbaak hat mir erzählt, dass ein Feuerwerk ihn wesentlich teurer kommt. Beim Böllern nutzt er einfach die Kanone des Schützenvereins, die ohnehin in seiner Scheune steht, da muss er nur das Schwarzpulver bezahlen und den Mann, der die Kanone bedient.“

„Na dann hoffen wir, dass der Krach schnell vorbei ist“, sagte Charlotte.

„Keine Sorge, Böllern nach zehn Uhr abends ist verboten, außerdem dauert das nur ein paar Minuten“, sagte Laura und fügte hinzu: „Wenn du nicht mitkommst, bleibe ich auch zu Hause.“

„Komm doch auch am Nachmittag hin“, meinte Charlotte. „Sicher kannst du dir die Scheune schon dann ansehen.“

„Abends wirkt alles durch die Beleuchtung sicher noch viel gruseliger“, war Laura überzeugt. „Außerdem habe ich mir schon eine Vogelscheuchenmaske gekauft. Die kann ich sonst nie wieder verwenden.“

„Stell sie doch im Sommer auf dein Gemüsebeet“, sagte Charlotte lachend.

Laura gluckste und sprang vom Trimmrad. „Komm, der Stepper ist frei.“

Der Samstag bescherte den Münsterländern einen traumhaften Herbsttag mit wolkenlosem Himmel und Temperaturen, die eher an Sommer als an Herbst denken ließen. Charlottes Sohn hatte kurz nach dem Mittagessen seine beiden Kinder vorbeigebracht. Die Zwillinge tobten begeistert mit Balu im Garten, während Isabella und Charlotte die Kürbisse holten.

„Boa, sind die dick!“ Marvin griff nach einer der orangeroten Früchte und wollte ihn anheben. „Der ist aber schwer, Oma“, sagte er und rollte den Kürbis ein paar Zentimeter vor sich her. Annabell musste ebenfalls ihre Kräfte ausprobieren, aber die großen Früchte waren auch für das Mädchen zu schwer.

„Na, na“, machte Isabella tadelnd, obwohl sie angesichts der vergeblichen Bemühungen der Kinder lächeln musste. „Ihr sollt die Kürbisse nicht umhertragen, ihr sollt sie aushöhlen.“

Charlotte zeigte den beiden ein Foto auf ihrem Handy. „So sollen unsere Kürbisse am Ende aussehen“, sagte sie. „Und abends könnt ihr sehen, wie schön sie in der Dunkelheit leuchten.“

„Hast du für uns auch Kerzen, Oma?“, fragte Annabell.

„Ja. Aber erst höhlen wir die Kürbisse aus und schneiden Löcher für ein Gesicht hinein. Heute Abend, wenn es dunkel wird, stecken wir die Kerzen an.“

Der Nachmittag verging rasend schnell. Am Abend wurde gegrillt, und die Kürbisse gaben bei einbrechender Dunkelheit ein gespenstisch schönes Licht ab. Isabella hatte aus runden Plätzchen und Salzstangen Spinnentiere geformt, die mit Begeisterung von den Zwillingen gegessen wurden. Als Marvin und Annabell endlich im Bett lagen, las Charlotte ihnen eine lustige Geistergeschichte vor. Es war neun Uhr, als Charlotte mit einem zufriedenen Blick auf die schlafenden Kinder das Zimmer verließ. Gähnend ging sie langsam die Treppe hinunter und setzte sich auf die Terrasse. Es war kühl geworden. Warm eingepackt in eine Decke, genoss Charlotte den Anblick der ausgehölten, nun sanft leuchtenden Gruselgesichter bei einem Glas Rotwein, während Isabella mit Balu eine Gassirunde durch die Siedlung machte.

2. Kapitel

In der Polizeistation von Oberherzholz herrschte am späten Freitagnachmittag absolute Ruhe. Hauptkommissar Burghard Meier hatte sich und seinem Kollegen Kommissar Dietmar Frisch eine Durchsicht alter Akten verordnet. Beide Beamten hatten einen Stapel vor sich liegen, um sie auf die ordentliche chronologische Abheftung zu kontrollieren und danach als erledigt dem Archiv in Münster zuzuleiten. Eine Arbeit, die beide verabscheuten, die aber leider immer wieder erforderlich war. Trotzdem waren sie guter Dinge, denn das Wochenende stand vor der Tür.

„Ich bin fast durch“, sagte Frisch zufrieden, als er kurz vor fünf auf seine Uhr sah. „Wir können pünktlich Feierabend machen.“

Meier nickte zustimmend. „Ich bringe die Akten weg, und du kannst hier um achtzehn Uhr abschließen.“

Frisch nickte und fragte: „Kann ich am Montag Urlaub haben? Den Brückentag vor Allerheiligen schaffst du locker allein. Dann hätte ich ein schönes langes Wochenende und könnte die Tage mit meiner Frau in Bad Rothenfelde verbringen.“

Meiers Kopf schnellte hoch. „An Halloween willst du blaumachen? Von wegen! Da brauch ich dich hier.“

„Aber ich durfte hier den Tag nach dem dritten Oktober allein den Laden schmeißen“, entgegnete Frisch verärgert.

„Da war doch nichts los und du konntest abends pünktlich nach Hause gehen“, entgegnete Meier. „An Halloween kann das ganz anders sein. Wer weiß, was diese verkleideten Typen in der Nacht alles anstellen.“

„Und wann soll ich dann meine Überstunden abbauen?“, regte sich Frisch auf und knallte wütend mit der Faust auf den Tisch.

Meier grinste plötzlich hinterlistig. „Schon gut, nimm dir am Montag frei, dann nehme ich mir die letzten drei Wochentage frei. Ich muss auch Überstunden abbauen.“

Dietmar Frisch starrte seinen Kollegen an. „Das ist ja wohl die Höhe, Burghard“, sagte er verärgert. „Du nimmst dir drei Tage und bei mir stellst du dich wegen eines einzigen an.“

„Willst du nun am Brückentag freimachen oder nicht?“

„Ja“, grummelte Frisch.

„Dann ist doch alles klar“, sagte Meier und schnappte sich die Akten. „Ich fahre zum Archiv.“

Hauptkommissar Meier hatte am Samstag gleich nach dem Frühstück mit seiner Frau eine ausgedehnte Radtour gemacht. Es war kurz nach sechzehn Uhr, als sie zurückkamen und Meier im Garten den Grill aufstellte.

„Noch nie habe ich so kurz vor Allerheiligen im Garten gegrillt“, sagte er zu seiner Frau. „Dieses Wetter muss man einfach ausnutzen.“

Während seine Frau den Salat zubereitete, legte Meier die Würstchen auf den Grill. Das Summen seines Smartphones schreckte ihn auf.

„Meier“, raunzte er in den Hörer. Es dauerte Sekunden, bis er die aufgeregte weibliche Stimme am anderen Ende verstand. „Im Gartencenter? Ich komme sofort.“

Der Hauptkommissar stürmte in die Küche. „Gerda, sieh bitte nach den Würstchen. Ich muss los, Überfall im Gartencenter.“

Die Grillschürze fiel zu Boden, Meier schnappte sich seinen Dienstausweis und die Autoschlüssel und raste im vor der Haustür geparkten Streifenwagen los. Unterwegs rief er seinen Kollegen an.

„Burghard, was gibt es?“, kam die verschlafene Stimme von Dietmar Frisch bei ihm an.

„Einbruch im Gartencenter. Du musst sofort kommen.“

„Ich bin in Bad Rothenfelde.“

„Du bist … wo?“

„Ich mache ein paar Tage Urlaub, Burghard. Montag habe ich frei und Dienstag ist Feiertag. Schon vergessen?“

„Egal, pack deine Sachen zusammen. Dein Urlaub ist gestrichen, ich brauche dich hier.“

„Aber …“

„Nix aber, ich will das du Montagmorgen pünktlich zum Dienst erscheinst.“

„Burghard, das geht doch nicht“, protestierte Frisch.

Meier antwortete nicht, drückte das Gespräch weg und fuhr auf den Parkplatz des Gartencenters.

Eine Mitarbeiterin in grünem Overall mit der gelben Aufschrift Der grüne Daumenvon Oberherzholz kam ihm winkend entgegen.

„Kommen Sie, Herr Meier“, rief sie aufgeregt. „Die Kollegen können die beiden Burschen nicht mehr lange halten.“

Im Eingang des Gartencenters bot sich ihm ein Bild, das Meier fast zum Lachen brachte.

Zwei riesige Blumenkübel lagen zerbrochen auf dem Boden umgeben von Erde und zertretenen Pflanzen, und mittendrin befanden sich vier Personen. Zwei Jugendliche, die Meier auf nicht älter als sechzehn oder siebzehn schätzte, lagen auf dem Bauch und strampelten wild mit den Beinen. Neben ihnen waren zwei Latexmasken, die man ihnen wohl vom Kopf gerissen hatte, denn ihre Haare standen wild durcheinander. Jeder der beiden wurde von einem Mitarbeiter an den Schultern fest auf den Steinboden gedrückt. Ihnen allen war anzusehen, dass sie bei dieser Aktion ordentlich ins Schwitzen kamen, denn ihre Gesichter waren krebsrot angelaufen.

Meier zücke sein Smartphone, machte ein Foto, aktivierte die Sprachaufzeichnung und legte es neben die Kasse.

Er hatte Handschellen mitgebracht, und im Nu standen alle vier Beteiligten wieder auf den Füßen. Die beiden Jugendlichen allerdings mit gefesselten Händen.

„Wir haben nichts gemacht, wir wollten nur die Verkäuferin erschrecken“, beschwerte sich der blonde Bursche, der sich als Kevin Schottermann vorstellte, und zog heftig an den Handschellen, die seine Hände auf dem Rücken hielten, während sein Mitstreiter konsequent schwieg.

„Ach, und was ist das hier?“, protestierte einer der Mitarbeiter und hielt eine schwarze Pistole in die Höhe. Der Hauptkommissar nahm sie ihm ab, betrachtete sie kurz und grinste dann: „Sieht echt aus, ist aber eine Spielzeugpistole.“

„Das konnte ich doch nicht wissen“, empörte sich nun die Kassiererin des Gartencenters. „Ich habe schreckliche Panik gekriegt, als die beiden mit ihren Masken hier aufgetaucht sind. Es war reines Glück, dass Tim und Herr Grünwald die beiden überwältigt haben.“

„Ich bin auch von einer echten Pistole ausgegangen und habe mit dem Besen zugeschlagen“, erklärte Johann Grünwald, der Chef des Gartencenters, der den zweiten Jugendlichen festgehalten hatte. „Als die Pistole auf den Boden fiel, haben wir die beiden überwältigt.“

„Sie hätten mir fast den Arm gebrochen“, beschwerte sich der zweite Jugendliche. „Das ist Körperverletzung.“

„Das war Notwehr“, ereiferte sich der Geschäftsführer lautstark.

„Ruhe!“, fuhr der Hauptkommissar dazwischen und wandte sich an den Jugendlichen. „Das klären wir später. Erst gibst du mir deinen Namen und deine Adresse.“

Schweigen und ein trotziger Blick.

„Wie du willst“, sagte Meier und durchsuchte den jungen Mann. In der Innentasche seines Parkas fand er ein Portemonnaie mit Bankkarte und Ausweis, beides ausgestellt auf Felix Brand. „Ich werde jetzt deine Eltern verständigen.“

„Herr Meier, wir wollen schließen“, unterbrach ihn Herr Grünwald. „Am Samstag sperren wir um halb fünf ab, und gleich ist es sechs Uhr.“

Meier nickte: „Ich bin sofort fertig, Herr Grünwald.“ Er griff nach seinem Handy, das noch immer auf dem Kassenband lag, und fügte hinzu: „Am Montag komme ich noch mal vorbei.“

Meier hatte die Pistole und die Masken in Plastiktüten verstaut und wandte sich nun an Mitarbeiter Tim. „Würden Sie mir bitte helfen, die beiden jungen Männer ins Auto zu bringen?“

Tim Kohlmann grinste. „Nichts lieber als das.“

„He, was soll das?“, regte sich Kevin Schlottermann auf. „Ich will nach Hause.“

„Erst fahren wir zur Wache“, erklärte Meier bestimmt, und die Delinquenten wurden auf den Rücksitz verfrachtet. Unterwegs rief Meier bei der Zentrale in Münster an und bat um Unterstützung, da sein Kollege nach der Fahrt von Bad Rothenfelde frühestens am späten Abend wieder da sein würde.

In der Polizeistation angekommen, informierte Meier die Eltern der jungen Leute. Als sie eintrafen, wurden die Jugendlichen getrennt voneinander und im Beisein zweier Kollegen aus Münster und des jeweiligen Elternpaares vernommen.

Es war fast neunzehn Uhr, als Meier die Polizeistation verließ. Die Kollegen waren zurück nach Münster gefahren, und die Eltern hatten ihre Söhne nach Hause kutschiert. Zufrieden mit dem Verlauf der Aktion kam Meier zu Hause an. Erst jetzt merkte er, wie ausgehungert er war, denn seit dem Frühstück hatte er nichts mehr gegessen.

Seine Frau kam ihm schon an der Haustür entgegen. „Da bist du ja endlich. Nun sind die Würstchen kalt“, sagte sie. „Was war denn los?“

Meier winkte ab. „Zwei Jugendliche wollten sich in Szene setzen“, sagte er und fügte hinzu: „Wir machen es uns jetzt auf der Terrasse gemütlich.“

„Ich weiß nicht“, reagierte Gerda verhalten. „Es ist inzwischen ganz schön kühl geworden.“

„Wir haben fünfzehn Grad, Gerda“, antwortete Meier. „Wenn du mir die Würstchen in der Mikrowelle aufwärmst, hole ich die Decken und mache eine Flasche Rotwein auf.“

„Das ist doch ein Wort, Burghard“, sagte Gerda lächelnd. „Und dann erzählst du mir, was im Gartencenter los war.“

Während Hauptkommissar Meier mit seiner Gerda auf der Terrasse den Tag ausklingen ließ, hatte Dietmar Frisch mit seiner Frau Vera einen handfesten Streit.

Das Ehepaar hatte am Morgen dem Kurkonzert gelauscht und war anschließend einträchtig an den Salinen entlanggewandert. Den Nachmittag hatten sie im beheizten Soleschwimmbad des Hotel verbracht und es sich auf den Liegen der Hotelterrasse gemütlich gemacht. Als Dietmars Smartphone klingelte, war es mit der Harmonie vorbei.

„Bloß weil Burghard nicht einmal einen Tag allein mit der Arbeit fertigwird, willst du nach Hause fahren“, regte sich Vera auf. „Du spinnst doch!“

„Wenn ich Überstunden abbaue, muss ich antreten, wenn Not am Mann ist“, entgegnete Dietmar.

„Warum gehst du in deiner Freizeit überhaupt an dein Handy?“, fragte Vera verärgert.

„Hör auf so herumzumeckern. Wir fahren morgen Abend zurück. Punkt.“

„Dann bleibe ich allein hier.“

„Meinetwegen“, sagte Dietmar gefrustet und stand auf. „Dann fahre ich jetzt sofort.“

Dietmar hatte seinen Koffer bereits gepackt, als Vera hereinkam.

„Dietmar, ich fahre mit dir“, sagte sie. „So allein macht es mir hier keinen Spaß.“

Dietmar hielt mit dem Packen inne, drehte sich zu ihr um, nahm sie in den Arm und küsste sie sanft auf den Mund. „Danke. Und beim nächsten Mal lasse ich mein Diensthandy zu Hause.“

Drei Stunden später, es war kurz nach Mitternacht, bog ihr Wagen in die Einfahrt zu ihrem Haus ein. Dietmar bremste abrupt. Mindestens ein Dutzend Fahrräder standen oder lagen kreuz und quer vor ihrer Garage. Haus und Garten waren hell erleuchtet, und laute Musik dröhnte ihnen entgegen.

„Was ist denn hier los?“, rief Vera aufgeregt, sprang aus dem Wagen und lief zur Haustür. Dietmar parkte das Auto schnell an der Einfahrt, dann folgte er ihr. Noch bevor sie die Tür aufschließen konnten, flog sie auf und wäre ihnen fast an den Kopf gedonnert. Ein grässlich verunstalteter junger Mann in blutverschmierter Kleidung torkelte heraus, ein anderer mit Zombiemaske stürzte sich grölend auf seinen Vordermann und stieß ein Geräusch aus, das an einen brünstigen Hirsch erinnerte.

Vera trat erschrocken einen Schritt zur Seite, fasste nach der Jacke des Zombies und schimpfte: „Zum Donnerwetter, was soll das?“

Urplötzlich blieb der Mann stehen und riss seine Maske vom Kopf. „Frau Frisch? Ich … äh … wir machen Party.“

„Das sehe ich“, sagte Vera energisch, die in dem jungen Mann einen Klassenkameraden ihrer Tochter erkannt hatte. „Wo ist Emma?“ Ohne seine Antwort abzuwarten, lief sie ins Haus. Die beiden verkleideten Jungen schnappten sich ihre Räder und fuhren davon.

Dietmar war dazugekommen und wollte gerade etwas sagen, als hinter ihm die Stimme seines Nachbarn Holger Bertholz erklang: „Verdammt, Dietmar, was soll dieser Lärm die ganze Nacht? Ich habe doch gesagt, dass um elf Uhr Schluss sein muss, jetzt ist es halb eins.“ Im Jogginganzug, breitbeinig und vor Ärger rot im Gesicht stand er im Licht des Bewegungsmelders vor Dietmar.

„Ich regle das, Holger“, erklärte Frisch. „In zehn Minuten ist hier Ruhe.“

„Hoffentlich“, sagte der Nachbar und trottete davon.

Inzwischen waren etliche schaurig verkleidete Personen aus dem Haus gelaufen und in der Dunkelheit davongeradelt.

Noch während Dietmar in den hinterm Haus gelegenen Garten ging, um nach dem Rechten zu sehen, verstummte die überlaute Musik und machte einer gespenstischen Stille Platz. Der Garten war in ein Gruselkabinett verwandelt worden: In den Sträuchern beleuchteten rote und blaue Lampen erschreckend echt aussehende Totenschädel, Vogelscheuchen und Vampirmasken. Ein riesiges blau schimmerndes Skelett hing im Apfelbaum in der Mitte des Gartens. Die Terrassentür stand weit offen, und von drinnen wurde die gespenstische Stille jetzt vom lauten Schimpfen von Vera durchbrochen, die sich ihre Tochter Emma vorgeknöpft hatte.

„Ich werde bald achtzehn“, protestierte Emma, den Tränen nahe. „Ich hätte alles aufgeräumt. Ihr seid unmöglich! Wie stehe ich denn jetzt vor meinen Freunden da?“

Hastig betrat Dietmar das Wohnzimmer und schnitt seiner Frau das Wort ab.

„Ruhe!“, brüllte er und fügte gemäßigter hinzu: „Emma, du räumst hier auf. Morgen Mittag ist alles picobello sauber. Verstanden?“

„Ja, Papa.“ Emma nickte.

„Und die Küche …“, warf Vera verärgert ein.

„Die räumt Emma sofort auf“, antwortete Dietmar bestimmt und zwinkerte seiner Tochter zu.

„Mach ich.“ Emma lächelte.

Dietmar nahm seine Frau am Arm und zog sie mit sich.

„Du bist viel zu nachsichtig mit Emma“, ärgerte sich Vera, während sie gemeinsam die Treppe zum Schlafzimmer hinaufgingen. Sie schüttelte empört den Kopf und fügte hinzu: „Jetzt bin ich Burghard dankbar, dass er dich herbeordert hat. Wer weiß, was diese Horde angestellt hätte, wenn wir nicht zurückgekommen wären.“

„So schlimm ist es doch gar nicht, Vera“, beschwichtigte Dietmar sie. „Die jungen Leute haben nichts kaputt gemacht.“

„Trotzdem“, antwortete Vera. „Hier eine Party, ohne unsere Erlaubnis zu veranstalten, das geht zu weit.“

„Emma ist alt genug. Außerdem kann ich mich erinnern, dass wir uns auf genauso einer wilden Party kennengelernt haben …“ Er schmunzelte und gab Vera einen Kuss auf die Wange.

„Das weißt du noch?“ Vera kicherte.

„Wie könnte ich das je vergessen“, sagte er und zog sie mit sich ins Schlafzimmer.

Am Sonntagmorgen holte Dietmar Frisch um neun Uhr frische Brötchen, während Vera Kaffee kochte. Die Küche blitzte wieder vor Sauberkeit, von Emma war allerdings noch nichts zu sehen. Wahrscheinlich schlief sie tief und fest. Dietmar grinste wohlgefällig, als er sich mit Vera an den Küchentisch setzte. „Emma hat alles aufgeräumt, wie ich es ihr gesagt habe.“

Vera lächelte. „Stimmt, aber der Garten und das Wohnzimmer sehen noch immer aus wie das reinste Gruselkabinett“, sagte sie. „Ich werde mich gleich an die Arbeit machen.“

„Nix da!“, widersprach Dietmar heftig. „Du lässt das hübsch bleiben. Emma muss lernen, dass sie sich an Absprachen zu halten hat.“

„Soll ich etwa den ganzen Sonntagmorgen in diesem Tohuwabohu verbringen, ohne einen Finger zu rühren?“

Dietmar lachte. „Wir fahren heute Morgen ins Museum und gehen anschließend essen.“

„Eine wunderbare Idee“, sagte Vera, und kaum eine halbe Stunde später waren sie unterwegs.

Kurz vor zwölf kamen sie zurück und fanden Haus und Garten sauber aufgeräumt vor.

„Siehst du, Emma ist alt genug“, sagte Dietmar.

„Herrlich, nach dem guten Essen bin ich richtig schläfrig“, antworte Vera zufrieden. „Ich lege mich hin. Die Nacht war einfach zu kurz.“

„Mach das“, sagte Dietmar. „Ich fahre zur Wache. Mal sehen, was da so anliegt.“

„Es ist Sonntag, Dietmar“, erinnerte ihn seine Frau.

„Na und, ich kann doch bloß mal nachsehen.“

Hauptkommissar Meier hatte am Sonntagmorgen nach einem gemütlichen Frühstück mit seiner Frau in der Polizeistation die Berichte zum Überfall auf das Gartencenter geschrieben. Als er gegen Mittag gerade abschließen wollte, hielt plötzlich das Auto seines Kollegen vor der Wache.

„Dietmar, wo kommst du denn her?“, wunderte er sich.

„Du hast mich doch für Montag herbeordert“, antwortete Kommissar Frisch.

„Verärgert siehst du aber nicht aus“, stellte Meier fest. „Ich dachte, du wärst sauer auf mich.“

„War ich auch, aber dann war es doch gut, dass ich gestern noch am Abend zurückgefahren bin“, erklärte Frisch und berichtete seinem Kollegen von der heimlichen Feier seiner Tochter.

„Und dein Nachbar? Hat er sich wieder beruhigt?“, erkundigte sich Meier.

„Ich hoffe es. Bei Holger Bertholz kann man sich nie sicher sein.“

„Dann hol einen guten Sekt und geh zu ihm, bevor er sich in Münster beim Polizeirat über dich beschwert.“

„Das habe ich heute Morgen schon erledigt.“

„Dann kann ja nix mehr schiefgehen“, sagte Meier und berichtete nun über die beiden Jugendlichen, die das Gartencenter überfallen hatten. „Diese Halloweenmasken sollte man verbieten. Sie animieren einige Leute zu Straftaten.“

„Nun übertreibst du aber“, widersprach Frisch. „Bei uns im Haus waren auch alle maskiert, aber die jungen Leute haben friedlich gefeiert.“

„Friedlich?“ Meier grinste spöttisch. „Hast du nicht gerade gesagt, dass der Nachbar sich beschwert hätte?“

„Wegen des Lärms“, regte sich Frisch auf. „Das ist doch ganz was anderes.“

„Ruhestörung ist auch verboten“, antwortete Meier lakonisch und fügte zusammenhanglos hinzu: „Jetzt ist Schluss hier. Wir treffen uns heute Abend gegen neun Uhr.“

„Heute Abend? Spinnst du?“, reagierte Frisch heftig. „Ich brauch endlich mal eine Mütze Schlaf. Letzte Nacht habe ich kein Auge zugetan.“

„Dann leg dich jetzt gleich noch mal hin“, gab Meier ungerührt zurück. „Ich nehm den Streifenwagen mit nach Hause, und ab neun Uhr machen wir Kontrollen. Heute starten überall diese Halloweenpartys. Da müssen wir Augen und Ohren offen halten.“

Frisch seufzte. „Wenn du meinst.“

3. Kapitel

Wie jeder Tag begann auch der Sonntag für Isabella Steif früh um sechs Uhr. Natürlich hatte die Bäckerei zu dieser Stunde am Sonntag noch nicht geöffnet, trotzdem ließ sich Isabella ihre Gassirunde mit Balu nicht nehmen. Außerdem hatte sie vorgesorgt und sich am Tag zuvor Brötchen zum Aufbacken von der Bäckerei mitgebracht. Um acht Uhr war sie gut gelaunt zurück und schaltete den Backofen ein. Kurz darauf klingelte es an der Haustür, und ein quirliges Zwillingspaar stürmte in die Küche.

„Tante Isa, hast du Schokocroissants für uns?“, fragte Annabell aufgeregt. Marvin fuhr dazwischen: „Ich will Milchbrötchen mit Marmelade!“

Balu hatte sein Futter stehen lassen und war mit den Kindern in die Küche gekommen. Isabella sah es nicht gern, wenn der Hund hier war und scheuchte ihn in den Flur zurück.

„Es dauert noch fünf Minuten, dann ist alles fertig“, erklärte sie den Kindern. „Ihr könnt so lange mit Balu in den Garten gehen. Ich decke gleich den Tisch, und wenn eure Oma kommt, wird gefrühstückt.“

„Ich helfe dir, Tante Isa“, sagte Marvin, während Annabell bereits mit Balu in den Garten lief.

Als Charlotte hereinkam, hatte sich Marvin schon ein Brötchen ausgesucht. Annabell wurde von Isabella noch einmal ins Bad geschickt, weil sie sich mit Balu auf dem Rasen gewälzt hatte. Nach dem gemütlichen Frühstück fuhr Charlotte mit den Kindern ins Spaßbad, und Isabella machte sich erneut mit Balu zu einer weiten Tour durch den Ort auf.

Schnell hatte sie den Hofladen erreicht und beobachtete dort die letzten Vorbereitungen für das Geisterfest am Nachmittag, an dem Charlotte mit den beiden Kinder teilnehmen wollte. Eine große Hüpfburg wurde gerade mit Luft gefüllt. Balu tat durch lautes Bellen kund, dass er das Zischen des Gebläses überhaupt nicht mochte, und Isabella ging zügig weiter zur Scheune, wo das große Tor weit offen stand. Mehrere Personen auf Leitern befestigten gruselige Gestalten an den Wänden und der Decke. Die Wände waren mit Sackleinen und blutrot besprenkelten Gardinen ausgekleidet und sollten später wohl mit verschiedenfarbigem Licht beleuchtet werden. Ein Techniker war gerade dabei, erste Illuminationen auszuprobieren.

Kaum hatte Isabella einen Blick in die Scheune geworfen, bellte Balu auf, und eine Frau, die gerade eine grässlich verunstaltete Figur an der Wand befestigte, schimpfte laut: „Raus hier! Die Scheune wird erst heute Abend geöffnet.“

Schnell macht sich Isabella mit Balu aus dem Staub. Der Rüde verabschiedete sich mit einem bösen Knurren, und gleich danach hörte Isabella dieselbe Frau rufen: „Kai, mach das Tor zu, sonst haben wir hier gleich noch mehr Leute drin.“

Als sie ein Stück entfernt war, sah sich Isabella noch einmal um. Das Tor war jetzt geschlossen, und auf dem Hof ging das Aufbauen für das Kinderfest am Nachmittag weiter.

Isabella passierte den Hof Baumstroh, löste Balu von der Leine und umrundete den Baggersee, was der Rüde gleich für ein ausgiebiges Bad nutzte.

Der Weg führte am Hof Gerstland und am neuen Vereinshaus des Schießklubs vorbei, das vor einigen Jahren von den Bauern der Umgebung und der Jagdgemeinschaft in der Nähe der Windräder gebaut worden war. Es verfügte über einen schalldichten Keller, in dem regelmäßig geübt wurde. Die Tür war weit geöffnet, mehrere junge Leute standen draußen an einem Stehtisch und unterhielten sich angeregt. Isabella kannte nur Ben Gerstland, der im Gartencenter arbeitete, und erblickte neben ihm eine blonde junge Frau, die gerade von einer anderen Frau mit „Zoe“ angesprochen wurde. Balu bellte laut, und die Gruppe drehte sich aufgeschreckt zu ihnen um.

„Moin, Frau Steif“, rief Ben Gerstland, und die anderen jungen Leute winkten ihr zu. Isabella grüßte zurück, und Balu bellte fröhlich dazwischen. Im Vorbeigehen sah Isabella, dass auf dem Stehtisch einige Masken lagen, die wohl für die abendliche Scheunenfeier bei Kottenbaak gedacht waren. Es sah so aus, als würde der ganze Ort zu der Veranstaltung kommen.

Während Balu fröhlich an der Leine vorauslief, dachte Isabella an die Party. Sie gönnte den jungen Leuten den Spaß, obwohl sie diesen gruseligen Verkleidungen selbst nichts abgewinnen konnte. Energisch wischte sie die Gedanken weg, überquerte die Münsterlandstraße und schlug den Weg nach Hause ein. Balu zerrte schon an der Leine, denn er wusste genau, wo es langging.

Sie waren schon fast an der Wiesenstraße angekommen, als ein Polizeiauto langsam an ihr vorbeifuhr. Hauptkommissar Meier an einem Sonntag gegen halb eins? Sofort stieg Ungemach in Isabella auf, während sie dem Auto nachsah. Balu bellte leicht und zog an der Leine, erst da merkte Isabella, dass sie vor Überraschung stehen geblieben war.

„Ich komme, Balu“, murmelte sie und schritt schnell aus.

Zu Hause sah sie gleich im Internet auf der Seite der Polizei nach. Nichts drauf, was die ungewöhnliche Sonntagsfahrt des Polizeihauptkommissars erklärt hätte. Das musste sie unbedingt mit Charlotte besprechen.

Es war nach ein Uhr, als Charlotte mit den beiden Kindern vom Schwimmen zurückkam. Isabella hatte für die Kinder Nudeln gemacht und für sich und Charlotte eine leckere Kürbissuppe. Während Marvin und Annabell nach dem Essen im Garten spielten und die beiden Frauen die Küche aufräumten, berichtete Isabella von dem Streifenwagen. „Herr Meier saß allein drin. Ob irgendwo etwas passiert ist?“

„Hast du im Internet nachgesehen?“

„Da habe ich keine Eintragungen gefunden“, sagte Isabella.

„Vielleicht hat der Hauptkommissar den Wagen nur mit nach Hause genommen, damit er ihm für einen Einsatz gleich zur Verfügung steht“, vermutete Charlotte und fragte: „Warst du beim Hofladen?“

„Ja, da war richtig was los“, sagte Isabella. Sofort hatte sie die Polizisten vergessen und berichtete begeistert von den Aufbauarbeiten für die Festlichkeiten.

„Da ist so viel zu sehen, das macht den Kindern bestimmt Spaß. Die Scheune soll allerdings bis zum Abend geschlossen bleiben.“

„So ein Gruselkabinett ist auch nichts für Kinder. Die Hüpfburg und das Kinderschminken reichen völlig aus“, sagte Charlotte.