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Der bekannte Mystery-Autor und -Forscher Lars A. Fischinger meldet sich mit neuen Spuren des Unglaublichen zurück. Gekonnt spannend wie auch sachlich und kontrovers zugleich begibt er sich auf zwielichtige Pfade rund um den Globus. Stets auf den Fährten der großen und kleinen Rätsel, Mysterien, Funde und Phänomene der Menschheit, die so nicht in unseren Geschichtsbüchern zu finden sind.
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Seitenzahl: 313
Veröffentlichungsjahr: 2025
Lars A. Fischinger
Die verborgenen Mysterien und Geheimnisse der Menschheit
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ISBN 9783641332464
© 2025 by Bassermann Verlag, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Projektleitung dieser Ausgabe: Martha Sprenger
Umschlaggestaltung: Atelier Versen, Bad Aibling
Satz- und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck
Herstellung: Franziska Polenz
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Für meine Familie
Was sind »Dunkle Chroniken«?
Es sind die verborgenen Geheimnisse der Geschichte und Menschheit, die der sogenannte Mainstream allzu leicht übersieht. Es sind jene Mysterien der Welt, die trotz der unzähligen Fernsehdokumentationen über »Phänomene« einfach nicht in die heimischen Wohnzimmer flimmern.
Und das ist schade.
Genau deshalb bleiben sie im Dunkeln. Im Verborgenen. Ja, fast schon im Geheimen. Obwohl sie offen daliegen. Man muss nur nach ihnen suchen und immer mindestens zweimal hinsehen. Sehr schnell wird man fündig und kann dabei nur staunen, wo es in der Vergangenheit und Gegenwart überall solche fantastischen Geheimnisse, Funde und Berichte gibt. Sie reichen von den Anfängen der Zivilisationen und ihren Mythologien bis in den Weltraum. Vielleicht sogar jenseits von Raum und Zeit.
Abseits des vielleicht öden Alltags gibt es sie auch noch im 21. Jahrhundert: die Welt des Mythischen und Fantastischen, in der noch viele Fragen offen sind. Eine Anderswelt jenseits des Vorstellbaren, deren angebliche Wahrheiten nicht selten in den Dunklen Chroniken der Geschichte verschwimmen.
Lars A. Fischinger
Wenningstedt, Sylt, 5. Februar 2025
Seit der Mensch in den Himmel schaut, erblickt er dort die sonderbarsten Dinge. Nicht nur Naturphänomene, die unsere Vorfahren einst vor ungelöste Rätsel stellten. Meist wurden diese von der Vorzeit über das Mittelalter bis in die frühe Neuzeit mit göttlichen oder auch dämonischen Erscheinungen in Zusammenhang gebracht. Dank zahlreicher historischer Aufzeichnungen, teilweise bebilderter Chroniken und aufmerksamer Geschichtsschreiber sind viele dieser »Zeichen am Himmel« oder »Wunderzeichen« heute bekannt. Nicht selten lassen sie sich rückblickend auch naturwissenschaftlich erklären.
Bei anderen Himmelszeichen sind rationale Deutungen als Laune der Natur problematischer – einer der Gründe, warum moderne Mysteryforscher manche dieser Erscheinungen mit dem heutigen UFO-Phänomen in Zusammenhang bringen. In der Tat belegen antike Schriften und Dokumente, dass es durchaus schon vor Jahrhunderten ein UFO-Phänomen gab. Längst nicht alle Sichtungen oder Objekte am Himmel der Vergangenheit sind aus heutiger Sicht als ein natürliches Schauspiel zu erklären.[1] Das eröffnet dem aufgeschlossenen Phänomeneforscher ein weites Betätigungsfeld.
Wieder andere überlieferten Wunder, Erscheinungen oder Himmelsphänomene entziehen sich vollends einer logischen Deutung. Dabei ist es gleichgültig, ob man die Natur dahinter vermutet – oder eben »fremde Mächte«. Allerdings bedarf es beispielsweise bei einer Erscheinung von kämpfenden »Rittern in Rüstungen« am Firmament eine gehörige Portion Fantasie, aus ihnen moderne UFOs zu machen. Eher könnte man religiöse Propaganda hinter solchen Berichten vermuten – und damit das, was man heute Fake News nennt.
In anderen Fällen ist das nicht unbedingt notwendig. Etwa bei einem Ereignis, das sich Ostern 1661 bei der Stadt Danzig und der Marienburg im heutigen Polen ereignet haben soll. Eine mittelalterliche Burg des Deutschen Ordens aus dem 13. Jahrhundert, die in Polen heute nach dem Ort Malborg (Zamek w Malborku) heißt. Die gewaltige Burg ist der größte Backsteinbau Europas, um den sich nicht wenige Legenden und Geschichten ranken.
Abraham Hartwich hielt 1722 in seinem Werk Geographisch-Historische Landes-Beschreibung derer dreyen im Pohlnischen Preußen liegenden Werdern (…) diverse seltsame Ereignisse an der Marienburg fest.[2] Nicht nur aus dem Jahr 1661.
Hartwich listet eine Reihe ungewöhnlicher Phänomene auf, die sich rund um die Burg ereignet haben sollen. Längst nicht alle dieser dokumentierten Berichte lassen sich heute erklären. Sie reichen von »Feuer Gottes vom Himmel«, das zahlreiche Gebäude niederbrannte (1651), über »Wasser im Stadtgraben« und später an anderen Plätzen in dem Gebiet, das sich insgesamt dreimal »in Blut verwandelte« (1668 und 1684) bis feurige Kometen (1654 und 1680 – 81). Sogar Rauch und schwarzer Dampf seien am 14. Juni 1643 mehrfach hintereinander mit »sanftem Donnern« aus der Erde in den Himmel bis zu den Wolken geschossen: erst wie ein scharf umrissener Regenbogen, dann gewunden wie eine Schlange. Drei Tage später sei nach einem Platzregen überall gelber Schwefel gefunden worden, »welcher noch ganz heiß war«. Überaus seltsam.
Als reichten alle diese mutmaßlichen »Wunder« noch nicht, habe sogar im Jahr 1629 die Glocke der Marienburg »von sich selbst geläutet«. Und am 17. Dezember 1680 raste eine »feurige Kugel« so groß wie der Vollmond bei Danzig vom Himmel, so Hartwich in seiner Dokumentation.[3]
Im Kontext dieser wundersamen Ereignisse muss man eine Erscheinung sehen, die Hartwich für Ostern 1661 überliefert. Geschehen bei Vollmond. Auf den ersten Blick klingt sie nach einem seltenen, aber natürlichen Mondhalo. Dazu schreibt er, was damals neben dem Vollmond beobachtet wurde:
»(…) und neben demselben auf der rechten und linken Seite schnurrgerade zwei feurige, doch mit allerhand schönen Farben untermischte Kugeln, wie der Mond groß, deren jeder auswärts einen langen Strahl von sich gab. Und waren oberwärts die beiden Kugeln mit einem hellen Zirkel vereinigt, unterwärts aber war ein feuriger Regenbogen, der die Spitze nach dem Zirkel und den Bauch unterwärts hatte. Um 4 Uhr in der Nacht hat die Wacht zu Danzig gesehen, dass die beiden Kugeln zusammenschlugen, und es einen solchen Knall gegeben, als wenn eine Bombe los gebrennet würde.«[4]
Eine Halo-Erscheinung in der Atmosphäre, die drei Monde erscheinen ließ und halbrunde Lichtbrechungen projizierte? Möglich. Warum aber beschreibt der Bericht diese dann als Kugeln, und warum schlagen sie mit einem lauten Knall zusammen, bevor sie verschwinden? Lichtreflexionen bzw. Lichtbrechungen wie Halos sind absolut still. Sie knallen nicht am Himmel.
Autoren und Forscher, die nach historischen UFOs fahnden oder sich der Präastronautik widmen, verweisen immer wieder darauf, dass man bei solchen antiken Begegnungen nicht alles wortwörtlich nehmen darf. Vor allem da unseren Ahnen der richtige Wortschatz fehlte, um das, was sie sahen oder erlebten, exakt zu beschreiben.
Gemeint ist damit ein moderner Wortschatz, den wir heutzutage verstehen und nutzen. In Ermangelung dessen bediente man sich in der Vergangenheit realer und greifbarer Beschreibungen und Vergleiche mit Alltagsgegenständen. Eine klassische »fliegende Untertasse« wird so schnell zu einem »fliegenden Schild«. Ein kugelförmiges UFO eben zu einer »fliegenden Kugel« und ein zylindrisches Objekt zu einem »Speer«, einer »Lanze« oder einer »Standarte«. Von solchen Erscheinungen berichten die überlieferten Aufzeichnungen der Vergangenheit.
Unsere Vorfahren nutzen demnach das »Sieht-aus-wie-Prinzip«, was bis zu einem gewissen Grad sicher auch so war und zutraf. Für heutige UFO-Sichtungen gilt das noch immer. Auch hier verwenden die Zeugen Begriffe wie »Ball«, »Kugel«, »Football«, »Scheibe«, »leuchtende Kugel«, »Ball aus Licht«, »Diamant«, »Bumerang«, »Zigarre« oder »eine in der Mitte abgeflachte Kugel mit zwei hervorstehenden Stücken auf jeder Seite«.[5] Ohne eine Bewertung über die wahre Natur dieser individuell gesehenen Objekte vornehmen zu wollen.
So wundert es wenig, dass in den alten Überlieferungen, Aufzeichnungen sowie Märchen und Sagen nahezu alles irgendwo schon einmal herumgeflogen sein soll. Erst Details oder »Verhaltensweisen« dieser Objekte machen sie zu etwas Rätselhaftem und damit für die UFO-Forschung interessant.
Dazu ein überaus interessantes Beispiel aus dem alten Rom, über das schon der Autor W. R. Drake 1963 erstmalig berichtete:
»In Hadria war ein Altar am Himmel und darüber die Gestalt eines Menschen in weißen Kleidern zu sehen.«[6]
Geschehen sei diese Sichtung eines fliegenden Altars mit einem weiß gekleideten Mann im Jahr 214 vor Christus. Dabei beruft sich Drake auf den Geschichtsschreiber Titus Livius (Buch XXI, Kapitel LXII).
Der bekannte französische UFO-Forscher Dr. Jaques Vallée übernahm diese Aussage 1965 von Drake in seinem Standardwerk Anatomy of a Phenomenon, datiert es allerdings auf 213 vor Christus:
»In Hadria wurde ein ›Altar‹ am Himmel gesehen, begleitet von der Gestalt eines Mannes in weißer Kleidung.«[7]
Diese Sichtung ging durch die Erwähnung bei Vallée sogar in den UFO-Forschungsbericht der US-Air-Force ein, der in UFO-Kreisen unter dem Namen »Condon-Report« zu einer Legende wurde.[8]
Heutzutage sind der fliegende Altar und der weiße Mann von Hadria in der UFO-Literatur praktisch vergessen. Womit der zugegeben sehr knappen Überlieferung meiner Meinung nach unrecht getan wird.
Genauer hinterfragt hat sie Jörg Dendl 1997 in seiner Studie über Fliegende Schilde und Schlachten am Himmel, die, da sie in sehr geringer Auflage in einem kleinen Privatverlag erschien, wohl nur wirklichen Insidern der Thematik bekannt ist. Das von Livius überlieferte Ereignis gibt er wie folgt wieder:
»(…)bei Hadria wurde ein Altar im Himmel und Menschengestalten ringsumher mit weißglänzenden Gewändern gesehen.«[9]
Ganz richtig betont der Historiker Dendl, dass der hier genutzte Vergleich mit einem Altar darauf hindeutet, dass die Erscheinung rechteckig gewesen sein muss. Ein Komet oder Meteor ist hier von vorneherein ausgeschlossen. Bezeichnend sei auch Livius’ Wortwahl für die »Besatzung« des fliegenden Rechteckes als species hominum. Damit seien nicht »Menschen« gemeint, sondern »Menschengestalten«. Heute spräche man wohl von »menschenähnlich« oder schlicht »humanoiden Wesen«.
Demnach vergleicht Livius lediglich ihr Aussehen mit dem gewohnten menschlichen. Diese Wesenheiten sahen uns ähnlich, wichen aber in ihrer Anatomie von der unseren ab. In welchen Details, können wir daraus nicht entnehmen. Wohl aber die »weißglänzenden Gewänder«, die sie getragen haben sollen. In einigen Fälle wurde das hier verwandte Wort vestis/veste nicht nur für Kleidung, sondern auch für Rüstung verwendet. Die dabei nicht schlicht nur »weiß« war, sondern »weiß glänzend« oder sogar »glühend«.[10] Ein deutlicher Unterschied zur normalen weißen Farbe, die fast schon an Engel der christlichen Tradition oder Feen aus der Anderswelt erinnert.
Wo genau diese menschenähnlichen Wesen sich um diesen fliegenden »Altar« befanden, ist unklar. Irgendwo ringsumher, was darauf oder auch daneben meinen könnte. Wie viele Gestalten es waren, ist leider auch nicht überliefert. Genauso wenig wie die Dauer und die Tageszeit der Sichtung.
Doch zurück zur Marienburg. Was hinter dem Ereignis von 1661 stecken mag, bleibt wohl auch in Zukunft offen.
Genauso seltsam sind die Behauptungen, dass sich das Wasser im Stadtgraben und an anderen Plätzen mehrfach in Blut verwandelt habe. Handelte es sich um eine Art Algenblüte, die die Brunnen und möglicherweise die Burg betraf? Schon die Geschichte der zehn Plagen in Ägypten aus dem 2. Buch Mose, als sich der Nil und die Wasser Ägyptens »in Blut verwandelten«, wurde mit einer Algenblüte zu erklären versucht.
Überaus kurios erscheint auch das Ereignis vom 14. Juni 1643, als schwarzer Dampf donnernd aus der Erde kam und in den Himmel stieg. Hängt der heiße Schwefel, der drei Tage später vom Himmel fiel, damit zusammen? Wenn ja: Was war die Ursache?
Andere Sagen über die Marienburg sind tief vom Christentum geprägt – was schon bei der Grundsteinlegung anfing, wie es der bekannte deutsche Märchen- und Sagensammler Ludwig Bechstein 1853 berichtet. Nach dieser Sage haben die Kreuzritter in Jerusalem exakt aus dem Gebäude, in dem Jesus mit seinen Jüngern das letzte Abendmahl beging, einen Stein als Grundstein für die Marienburg mitgenommen. Es heißt:
»Da nun die Ritter nach Deutschland heimkehrten, nahmen sie von diesem Hause einen behauenen Stein mit sich über Meer und weiheten ihn zum Grundstein des Ordenshaupthauses Marienburg. Darum segnete der Herr diesen Bau, daß er so groß und fest und herrlich wurde und in all seiner alten Pracht und Schönheit noch steht bis auf den heutigen Tag, während tausend und abertausend Schlösser in Trümmer sanken.«[11]
Eine andere Erzählung nimmt für zwei Liebende auf der Burg ein tragisches Ende. Da »das Haus des Ordens ein Haus der Entsagung von irdischer Lust sein sollte, so duldete es nicht der gleichen Gefühle«, so die Sage. So wurde das Pärchen als Strafe in zwei Steine verwandelt, die man lange Zeit auf der Marienburg als Warnung zeigte. Dabei habe man bei den beiden Steinen »wahrgenommen, dass sie aus Schmerz noch salzige Tränen weinten«, schließt sie Sage.[12]
Unglückselig ging es auch bei einer Schlacht um die Burg und gegen die Deutschritter zu. Die berühmte Marienfigur, die mit acht Metern Größe die Fassade der dortigen Marienkirche schmückte, »ärgerte einen Polenfürsten« ungeheuerlich, da sie »wie das Symbol des ewigen Sieges des Christentums gegen das Heidentum« hoch über der Festung thronte. Also befahl der Fürst einem seiner Söhne, dass er der Statue mit seiner Armbrust die Augen ausschießen solle. Doch in dem Augenblick, als der Sohn seine Waffe abfeuern wollte, erblindete er auf wundersame Weise.
Für seinen Vater ging es ebenfalls nicht gut aus, so die Sage weiter:
»Der junge Polenprinz war plötzlich erblindet. Darüber ergrimmt der Fürst, er nimmt selbst die Armbrust, zielt gut und trifft – beinahe – denn vor dem Bilde wendet sich rückprallend der Pfeil und fährt dem Fürsten pfeilgeschwind mitten durch das Herz.«[13]
In solchen Sagen um die Marienburg und deren Umgebung erkennt man vielfach den Kampf des Christentums gegen das sogenannte Heidentum. Eine Legende um die Heilige Dorothea von Montau, die Patronin des Deutschen Ordens aus dem nahen Marienwerder (heute Kwidzyn), ist besonders unheimlich.
Dorothea von Montau verbrachte ihr Lebensende in der 1343 bis 1384 erbauten Domkirche zu Marienwerder, in der auch mindestens drei Hochmeister des Deutschen Ordens bestattet wurden. Kämpfer des Glaubens, von dem einer 1410 die Belagerung der Marienburg abwenden konnte. In dieser Kirche ließ sich die 1976 heiliggesprochene Dorothea in einer Zelle einmauern, wo sie 1394 starb. Zuvor erlebte sie Visionen und Zeichen Gottes oder des Himmels, weshalb sie 1391 in Danzig sogar fast als Hexe auf dem Scheiterhaufen gelandet wäre. Als sie starb, geschah angeblich Folgendes:
»Als die Mitternachtsstunde kam, umwogte eine himmlische Helle das enge Gemach der frommen Büßerin, und Engelstimmen erklangen in harmonischen Chören zwei Stunden lang um ihre Zelle. Währenddessen ward Dorotheas Seele zu Gott enttragen, und es fingen des Domes Glocken von selbst zu läuten an, und das dauerte so lange, bis jener himmlische Gesang zu Ende ging.«[14]
»Noch an ihrem Grabe geschahen große Wunder, und Scharen frommer Pilger wallten zu demselben«, schreibt Ludwig Bechstein dazu weiter. Wohl auch einer der Gründe, warum Dorothea von Montau zu einer Heiligen erklärt wurde.
Unsere Vergangenheit weiß nicht nur von Erscheinungen von fremden Wesen, die reale Menschen gesehen haben wollen, sondern auch von »unbekannten Flugobjekten« am Himmel. Die Chroniken der Vergangenheit sind voll von derartigen Berichten. Sie stammen nicht nur aus dem finsteren Mittelalter, sondern auch aus der frühen Neuzeit. Es scheint fast so, als habe es kein Jahr gegeben, in dem nicht irgendwo irgendwas am Himmel von Menschen beobachtet wurde. Einige dieser Himmelserscheinungen lassen sich heute nicht oder nicht mehr rational und naturwissenschaftlich erklären. Entweder weil die Aufzeichnungen in den alten Chroniken und Flugblättern zu vage sind oder aber weil ihr Aussehen in der Tat äußerst ungewöhnlich war.[1]
Für derartige Wunderzeichen am Himmel gibt es so gut wie nie namentlich bekannte Augenzeugen, deren Hintergründe sich heute noch ermitteln ließen. Gerne sprechen die Aufzeichnungen des Mittelalters von irgendwelchen ehrbaren Leuten, die dieses oder jenes fliegende Objekt gesehen hätten. Namen von Personen in Sagen und Berichten über Begegnungen mit Besuchern aus der Anderswelt sind eher schmückendes Beiwerk und unterscheiden sich zudem gerne in den einzelnen Versionen der jeweiligen Erzählungen.
Deshalb soll an dieser Stelle die Sichtung eines fliegenden Objektes über Italien aus dem 17. Jahrhundert gesondert betrachtet werden. Denn in diesem von einigen wenigen Autoren zitierten Bericht haben wir es mit einem realen Augenzeugen zu tun. Und sogar mit einer angeblichen Verschwörung der heutigen NASA.
Dr. Roberto Pinotti, der »italienische Erich von Däniken«, ist einer dieser Autoren. Auch Pinotti ist überzeugt, »dass Außerirdische seit Jahrtausenden die Erde besuchen und beobachten«, wie er es mir bei einem Treffen in Italien und San Marino erklärte. Seiner Meinung nach hätten sie auch nie die Menschheit oder die Erde verlassen, sondern seien hier mehr oder weniger dauerhaft präsent. So der UFO-Forscher und Gründer des Centro UFOlogico Nazionale.
Pinotti ist in Venedig geboren und studierte an der Universität von Florenz. Und genau dort wurde im 17. Jahrhundert ein Bericht über eine sonderbare Himmelserscheinung veröffentlicht, die 1676 an vielen italienischen Orten gesehen worden sein soll. Autor war ein Florentiner Schirmmacher namens Francesco Barzini, »der offensichtlich schon seit vielen Jahren in Venedig lebte«, so Pinotti 1990 in seinem Buch UFO – Visitatore da Altrove.[2]
Dieser Barzini – ein einfacher Schirmmacher und damit Handwerker – war von der damals mehr und mehr aufkommenden Astronomie begeistert. Zu seinen eigenen astronomischen Beobachtungen in Florenz und später in Venedig schrieb er sogar einige Abhandlungen. Er »soll der Astronom und Philosoph der friedlichen Stadt Florenz gewesen sein«, schrieb schon Francesco Inghirami 1843 in Storia della Toscana. – einem umfangreichen Geschichtswerk in 16 Bänden mit dem »Who’s who« aus Italien –, was die Prominenz und den Einfluss des Zeugen Barzini unterstreicht.[3]
Eine seiner Veröffentlichungen trägt den Titel Ein prägnanter Bericht über ein ungewöhnliches Licht, das am Abend des 31. März 1676 in der gesamten Toskana und an vielen anderen Orten in Italien auftrat, wie ihn Pinotti wiedergibt. So heißt es in einer Werkpassage über diesen denkwürdigen Abend in Italien:
»Am Abend des 31. März 1676 erschien im Himmel über der Toskana ein stark leuchtender Körper in der Form einer Scheibe oder eines Kornsacks oder einer Garbe, aber etwas runder, den man in weniger Zeit, als man für ein Miserere braucht, mit einer oder mehrerer Explosionen von adriatischen Meer zum Mittelmeer fliegen sah(…)«[4]
Was war das für ein Objekt? Nur ein Meteor, wie dieser Fall heute meistens interpretiert wird?
Nach der Beschreibung war es zumindest länglich und flog von Norden nach Süden. Begleitet von »einer oder mehreren Explosionen«, was die Sichtung durchaus ungewöhnlich macht. Denn Meteore explodieren nicht mehrfach und fliegen dann weiter, wie es nach dieser Beschreibung den Anschein hat. Außer man interpretiert die Explosion als Überschallknall oder ein durch die Reibung verursachtes Zerbersten des Körpers in der Atmosphäre.
Die Form einer fliegenden Scheibe wiederum ist UFO-Forschern bestens vertraut. Auch antike Chronisten sprechen von solchen Objekten, die sie als »fliegende Schilde« beschreiben. Etwa bei den alten Römern. Ein Geschoss aus dem Weltraum hat aber eher die Form einer »Feuerkugel« oder eines brennenden Balls mit Schweif, der sich aus dem dahinter entstehenden Rauch oder Qualm bildet. Wie eine »Scheibe« sehen diese sicher nicht aus.
Eine Reihe UFO-Forscher und -Autoren haben diesen Fall von 1676 bereits diskutiert. Zum Beispiel 1979 Marcello Coppetti in seinem Buch UFO: Arma Segreta.[5] Eine einheitliche Erklärung oder Vermutung zu diesem disco volante haben die wenigsten. Das war schon im 17. Jahrhundert der Fall, als sich Astronomen über diese Erscheinung stritten. Etwa Geminiano Montanari umfangreich in La fiamma volante, gran meteora veduta sopra l’Italia la sera del 31 marzo MDCLXXVI, 1676 herausgegeben von Frederico Gonzaga. »Physikalische und astronomische Spekulationen« wurden damals diskutiert, die von Meteoren bis sogar zu Erdbeben als Auslöser reichten.[6]
Leider sei der vollständige Originalbericht von Francesco Barzini heute verloren, so Roberto Pinotti. Er habe sich in der Nationalbibliothek in Florenz befunden und sei bei der großen Überschwemmung im November 1966 für immer zerstört worden.
Trotzdem habe sich eine Spur dieser alten Veröffentlichung im Katalog des Antiquariats L. Gonnelli und Söhne in Florenz gefunden. Datiert auf den Mai 1966, so Pinotti weiter. Eine Eintragung, die kurios erscheint.
So sei in diesem Katalog zu erfahren gewesen, dass »eine amerikanische Behörde, die auch für die NASA arbeitete«, unter anderem dieses Buch von 1676 erworben habe. Dazu vermerkte der Antiquariatkatalog:
»An den Pater Astronom der ehrwürdigen Schulen von Florenz, Francesco Valiani, über die seltsamen Beobachtungen eines Himmelskörpers, der, was immer er ist, auf keinen Fall zum Sternensystem gehört.«[7]
Merkwürdig. Irgendwie wird hier eine Verschwörung suggeriert. Eine Verschwörung der NASA, wie es herausklingt. Marcello Coppetti führte dieses Zitat vor rund vierzig Jahren in seinem Buch genauso an. Allerdings heißt der »Pater Astronom« bei ihm »Francesco Valsini«, nicht »Valiani« wie bei Pinotti 1990. Es gibt noch weitere kleine Unterschiede. Coppetti:
»Aber die Nachrichten enden nicht dort. Die Broschüre wurde zusammen mit einer anderen an ein amerikanisches Institut in Florida verkauft, das darum bat, nicht erwähnt zu werden, und das Studien für die NASA, die amerikanische Weltraumbehörde, durchführt. Aus dem Katalog 105 vom Mai 1965 kaufte dieses Institut zwei gedruckte Blätter, die wie folgt beschrieben wurden: ›Für den Astronomen Pater der Florentiner frommen Schulen Francesco Valsini, über eine seltsame Beobachtung eines Himmelskörpers, der, was auch immer er sein mag, nicht wirklich zum Himmelssystem gehört.‹«[8]
Folglich kaufte dieses geheimnisvolle Institut auf eigenen Wunsch anonym. Scheinbar auch bereits im Mai 1965, bzw. der Katalog des Antiquariats (von dem hier sogar die Nummer erwähnt wird) war entsprechend datiert. Offensichtlich also ein Jahr früher, wobei die Angabe »Mai« in beiden Aussagen identisch ist.
Was aber »Studien für die NASA« sein sollen, mit denen das Institut in Florida befasst gewesen sei, bleibt rätselhaft. In Florida liegt bekanntlich der Weltraumbahnhof John F. Kennedy Space Center der NASA, den man meistens schlicht nach dem angrenzenden Raketengelände der US-Air-Force »Cape Canaveral« nennt. Ein Zusammenhang wäre sicher allzu konstruiert, da zahllose Institute in den USA und weltweit mit der NASA zusammenarbeiten und auch Studien für sie durchführen.
Doch was soll die NASA mit einem derartigen, alten Bericht anfangen? Was könnte 1676 am Himmel über Italien geflogen sein, das die »Form einer Scheibe oder eines Kornsacks oder einer Gabe, aber etwas runder« hatte und in der Moderne noch Interesse weckt? Tatsächlich etwas Künstliches, also ein UFO im klassischen Sinn? Interessierte sich tatsächlich die NASA als Weltraumbehörde, der bis heute unzählige Verschwörungen und dunkle Machenschaften nachgesagt werden, durch das mit ihr zusammenarbeitende und anonyme Institut für diesen Bericht aus dem 17. Jahrhundert?
Hier könnte man an geheime UFO-Forschungen denken, die es nachweislich auch in den USA gab (gibt). Auch von der Luftwaffe. Als die NASA angeblich den Bericht des »Toskana-UFO« über eine anonyme Firma kaufen ließ, war es das berühmte »Project Blue Book«. Offiziell eingestellt wurde dieses UFO-Forschungsprojekt 1969 und kann heute online eingesehen werden. Darin findet sich keine Spur von dem Vorfall aus Italien oder überhaupt ähnlicher mutmaßlicher UFO-Sichtungen vergangener Jahrhunderte.
Das gilt auch für den UFO-Bericht Scientific Study Of Unidentified Flying Objects von Dr. Edward U. Condon und Walter Sullivan aus dem Jahr 1968 – eine Untersuchung der US-Luftwaffe in Zusammenarbeit mit der Universität Colorado, die heute nach dem Herausgeber als »Condon Report« bekannt und berühmt ist. In diesem sehr umfangreichen UFO-Report wurde damals allerdings sehr wohl auch das Thema »UFOs in der Geschichte« behandelt.[9] Und zwar in einem ganzen Kapitel von Samuel Rosenberg, der biblische UFOs genauso darlegte wie entsprechende antike Berichte, die (indirekt) Aufzeichnungen aus dem alten Indien oder alten Ägypten entnommen wurden. In seiner Auflistung antiker UFO-Berichte von 213 vor Christus bis 1879 gibt es kein Beispiel aus dem Jahr 1676 aus Italien.[10]
Die Mutmaßung, die NASA oder vielleicht die US-Air-Force sammele alte UFO-Berichte, bleibt für diesen Fall also Spekulation. Zumal man, wie eingangs geschildert, bedenken muss, dass es unzählige solcher Berichte in den alten Aufzeichnungen gibt. Wären diese im Geheimen gesammelt und sogar aufgekauft worden, wie es die Geschichte mit dem Antiquariatkatalog anzudeuten scheint, wüsste man davon. Wären massenhaft jahrhundertealte Chroniken und Berichte mit solchen Inhalten aus dem Verkehr gezogen worden, wäre das nicht unbemerkt geblieben.
Eine weitere Ausarbeitung der US-Luftwaffe von 1969 zeigt, dass man in Sachen UFO-Phänomene durchaus großes Interesse daran hatte, was, wo und von wem publiziert wurde. So vergab das Air Force Office of Scientific Research eine Projektorder, eine umfangreiche Biografie rund um UFOs und Außerirdische zu erstellen. Diese erschien, unter anderem mit Verweis auf den »Condon-Report«, kommentiert mit über 400 Seiten Umfang im Juli 1969.[11] Katalogisiert als »wissenschaftlicher Spezial«-Report zum Thema »Technik und Anderes« der Air Force (Nr. 68 – 1556).
Hierfür wurden die umfangreichen Materialen zum Thema benutzt, die sich damals in der Kongressbibliothek der USA befanden, so Lynn E. Catoe, die Herausgeberin des Werkes. Zwar ist das Dokument vor allem wegen der Kommentare zu den einzelnen Veröffentlichungen und ihren Inhalten für den Forscher interessant, aber keine geheime Akte oder Ähnliches zu UFOs. Denn dort wird explizit vermerkt, dass »dieses Dokument zur Veröffentlichung und zum Verkauf freigegeben« wurde.[12]
Der verschollene Bericht aus Italien findet sich dort bedauerlicherweise nicht. Wohl aber zahlreiche Publikationen und Vermerke zu UFO-Sichtungen der Antike und der frühen Vergangenheit.
Neben der vordringlichen Frage, was 1676 wirklich über den Himmel der Toskana raste und von dem angesehenen Francesco Barzini dokumentiert wurde, bleibt die Frage nach dem Verbleib des Originals ein Rätsel.
Als Präastronautiker durchforstet man viele religiöse und mythologische Texte, Bücher, Schriften und Überlieferungen. Stets auf der Suche nach Aussagen über die Götter oder andere Himmelswesen, die mit der modernen Brille als Astronauten der Antike gedeutet werden könnten.
Das Bild dieser mutmaßlichen und hypothetischen Astronautengötter ist dabei in der Präastronautik sehr vielschichtig. Eine Art klassische Darstellung der Götter aus dem All existiert nicht. Ein klarer Unterschied zur modernen UFO-Forschung. Obwohl auch hier die unterschiedlichsten Außerirdischen gesehen worden sein sollen, ist das Bild der »UFO-Aliens« doch eher begrenzt.
Nicht so in der Präastronautik: Durch die Jahrtausende haben unsere Vorfahren in allen Teilen der Erde die unterschiedlichsten »Himmelswesen« beschrieben oder bildlich dargestellt. Deren Aussehen reicht dabei von praktisch menschlich bis zu bizarren Kreaturen mit »Antennen auf den Kopf«, wie man sie auf Höhlenbildern findet.
Was jedoch immer wieder als Parallele zwischen UFO-Forschung und Aliens der Antike angesehen wird, sind die Wesen aus der Anderswelt. Jene Geschöpfe, die in der Welt der Sagen und Märchen zu finden sind. Mythologien, die teilweise als eine Urerinnerung der Menschheit verstanden werden und in vielen Varianten existieren. Vielfach sind diese Erzählungen in ihren heutigen Versionen mit deutlichen Einflüssen aus dem Christentum vermengt.
Aber haben diese folkloristischen Berichte nicht doch einen wahren Kern?
Etwa jene Geschichte aus Blankenese in Hamburg, in der am Ende des Dreißigjährigen Krieges eine Gruppe Männer Zeugen eines ungewöhnlichen Besuches von Zwergen oder Unterirdischen wurden? Angeblich war es kein Einzelfall. Denn das vermeintliche Märchen weiß ebenfalls, dass in der Gegend von Blankenese seit geraumer Zeit »in den Bergen viele Unterirdische und Zwerge spukten, sich den Vorübergehenden, auch Schäfern und Jägern zeigten und sie sehr erschreckten«.[1]
»Ihr heimliches Wesen trieben« die »Unnereersche« dabei gerne »auch bei den dortigen heidnischen Opferstätten und Grabhügeln der Hünen«, wie es die 1854 von Otto Beneke aufgezeichnete Geschichte erzählt. Laut »alter Kunden« schienen die Zwerge an diesen Orten die »Hüter verborgener Schätze und anderer Dinge« gewesen zu sein. Eine Eigenschaft, die Zwergen, Gnomen und anderen vergleichbaren Kreaturen der Märchenwelt vielfach angedichtet wurde.
Während des Krieges, so heißt es weiter, sahen die Bewohner der Gegend kaum oder gar keine dieser fremdartigen Wesen. Erst gegen Ende des Krieges verbreiteten sich wieder Gerüchte, dass die Zwerge und Unterirdischen zurückgekehrt seien und ihr Unwesen trieben. Ähnlich wie vor dem großen Krieg, als die Fremden »oftmals bei Tage wie bei Nacht von Bauern und anderen schlichten Leuten gesehen« wurden.
Eine Gretchen Dütsch aus Blankenese habe dabei eine ganz besondere Begegnung mit diesen nicht irdischen Wesen gehabt. Sie berichtete, sie sei »bei Nacht und Nebel von den Unterirdischen (…) auf Irrwege geführt und geneckt worden« und habe so die Orientierung verloren. Durchaus eine immer wiederkehrenden Aussage in Sagen und Märchen bei Begegnungen mit Wesen aus der Anderswelt. In diesem Fall aber zweifelte Dütsch ihre Aussage schon in der Erzählung selber an, da sie angeblich »mehr als billig dem leidigen Branntwein zusprach«.[2]
Der Pastor Johann Rist und Chrysostomus Köhler, Vizekanzler des Herzogs zu Wolfenbüttel, hörten von diesen Gerüchten und zogen aus, »um solch zwergischem Treiben auf die Spur zu kommen«. Sie sollten bald fündig werden, denn um Mitternacht herum tauchten »wie aus einem Fuchsloch« diese Zwerge auf. In der Erzählung heißt es dazu weiter:
»(…)ein Haufe solch unterirdischen Völkleins ist hervorgedrungen, kaum, mit großen Köpfen und Gesichtern wie die alter Männer, mit großen Nasen und kugelnden Augen, braun gekleidet, mit Glöcklein an der Mütze, dass es anmutig klingelte wie sie sind auf- und abgesprungen; die haben da ihr Wesen getrieben und getanzt im Ringelreihen und rundem Kreise beim Glockenspiel.«[3]
Eine mehr als sonderbare und überaus interessante Begegnung. Interessant sind in diesem Kontext auch die beiden namentlich genannten Zeugen der Ereignisse in Hamburg. Es sind reale Personen, die tatsächlich gelebt haben. Diese Tatsache hebt das vermeintliche Märchen von anderen Geschichten über solche Wesen und ihren nicht greifbaren Zeugen ab.
So ging der erwähnte Vizekanzler Chrysostomus Köhler (auch Cöler) in Hamburg aufs Gymnasium und wurde im Oktober 1661 Vizekanzler von August dem Jüngeren (August II.). Der war Herzog zu Braunschweig-Lüneburg und Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, wo Köhler bereits seit 1644 als Dr. jur. Hofrat war. Er starb 1664.
Zeitlich fällt das tatsächlich nach den Dreißigjährigen Krieg, wie es die Erzählung aus Blankenese behauptet. Und Köhler nahm 1648 an den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück teil, die den Krieg beendeten und heute als Westfälischer Friede bekannt sind.[4]
Auch Pastor Johann Rist (auch Ristius) lebte, ging zur gleichen Zeit wie Köhler in Hamburg aufs Gymnasium und teilte mit ihm seinen weiteren Lebensweg. Beide gingen beispielsweise ab 1629 für weitere Studien an die Universität Rinteln. 1667 starb Rist in Wedel, wo bis heute verschiedene Orte seinen Namen tragen. Inklusive dem dortigen Johannes Rist Gymnasium.[5]
Für ein Märchen ist es mehr als ungewöhnlich, dass sich reale Personen historisch als Zeugen der Ereignisse nachweisen lassen. Gleiches gilt für die Zeit der Ereignisse mit den Zwergenwesen, die sich anhand der Lebensdaten auf Oktober 1661 bis zu Köhlers Tod im Mai 1664 eingrenzen lässt.
August der Jüngere als Dienstherr von Köhler rundet das Bild dabei weiter ab. Er starb 1666 und galt als einer der gelehrtesten Herrscher seiner Epoche, der in Wolfenbüttel die damals größte Bibliothek Europas schuf – eine von ihm leidenschaftlich zusammengetragene Sammlung von Büchern und Handschriften, die Wolfenbüttel zum Zentrum der deutschen Sprachwissenschaften machte. Sie war damals ein Anziehungspunkt für Wissenschaftler und Sprachforscher und ein Treffpunkt der intellektuellen Elite. Bis heute existiert die bedeutende Herzog August Bibliothek.
Somit ist es nicht auszuschließen, dass der wissbegierige August der Jüngere höchstpersönlich den Auftrag erteilte, dem »zwergischen Treiben auf die Spur zu kommen«. Untermauert wird das dadurch, dass sich August II. für Alchemie und Geheimlehren interessierte und viele Jahre mit dem deutschen Theologen und Mathematiker Johann Valentin Andreae in schriftlicher Verbindung stand. Andreae wiederum war der Tradition nach der Gründer der spirituellen »Geheimgesellschaft« der legendären Rosenkreuzer.[6]
Das Interesse des Fürsten an den Vorkommnissen in Hamburg ließe sich somit nicht von der Hand weisen.
Die in dem Bericht beschriebenen Zwerge sind aufgrund verschiedener Merkmale durchaus mit heutigen UFO-Wesen zu vergleichen. Allerdings ist die beschriebene Nase ein atypisches Merkmal von angeblichen Außerirdischen. Diese werden vielfach ohne oder mit kaum hervorstehender Nase beschrieben. Man denke hier an den Typ der »Kleinen Grauen« der UFO-Forschung.
Und doch finden sich in der einschlägigen UFO-Literatur Vergleichsfälle. Zum Beispiel ein Fall in Kalifornien, über den schon der bekannte UFO-Forscher Dr. Jacques Vallée in seinem Buch Konfrontationen berichtete. Vallée untersuchte den Fall gemeinsam mit seinem Forscherkollegen Mark Uriate, nachdem dieser vom Sheriff des nordkalifornischen Ortes Colusa davon erfahren hatte. »Die Beamten betonten, der Ruf und die Glaubwürdigkeit der Zeugen stünden außer Zweifel«, so Vallée.[7]
Die Zeugen waren Nachfahren des Indianerstammes der Cortina und verdingten sich als einfache Farmer. Eines Tages im Jahr 1977 habe der Augenzeuge Amos seinen Nachbarn erzählt, dass im Sommer immer wieder »ein seltsames ›Flugzeug‹ auf der Ranch landen« würde. Aus diesem sei ein »kleiner, menschlich aussehender Insasse« gestiegen, der sicherlich wiederkommen werde. In der Tat habe der Nachbar daraufhin ein UFO beobachten können, so Vallée. Weiter schreibt er:
»Der ›kleine Fremde‹ kommt immer allein. Er ist 1,10 bis 1,20 Meter groß und trägt einen einteiligen braunen Anzug. Er riecht unangenehm. Amos’ Zeichnung zeigt einen Humanoiden mit langem Haar und großer Nase, der keine Maske und kein Atemgerät trägt.
Auffällig an ihm ist vor allem seine Fähigkeit, durch die Wände des Hauses zu gehen und über den Boden zu schweben, ohne ihn zu berühren. Wenn man ihm draußen begegnet, kann er plötzlich davonschießen, ohne wie ein Mensch zu laufen.«[8]
Ein mehr als nur ungewöhnlicher Alien, der zweifellos an Zwerge und andere Bewohner der Anderswelt erinnert!
Der im Verhältnis immer noch große »Außerirdische« aus Kalifornien ist jedoch ein Riese im Vergleich zu denen, die sechs Schuljungen in Malaysia im Jahr 1970 gesehen haben wollen. Sie behaupteten, dass sie ein sehr kleines UFO haben landen sehen, dem zehn Zentimeter kleine Wesen entstiegen. Die Winzlinge hatten großen »Ohren« oder »Hörner« und trugen seltsame »Stiefel«, so die Zeitung The Straits Times im August 1970.[9]
Auch wenn solche winzigen Aliens in der UFO-Forschung sehr selten sind, ist bzw. war das in Malaysia anders. Zahlreiche Berichte aus den Jahren 1969 bis 1985 von dort sprechen von Zwergen, die aus UFOs stiegen. Einige waren dabei nicht einmal daumengroß.
Mutmaßliche Begegnungen mit Außerirdischen nach irgendwelchen anatomischen Kriterien als wahr oder unwahr einzuordnen, ist sicher vorschnell. Das sieht auch Dr. Jacques Vallée so:
»Die Lektion, die wir aus solchen Fällen lernen können, ist völlig klar: Die UFO-Wesen verhalten sich nicht immer gleich, wie uns manche Ufologen glauben machen wollen. Es sind nicht immer graue Wesen mit Kahlköpfen und großen Augen oder roboterähnliche Ungeheuer.
Stattdessen stehen wir einem komplexen Phänomen gegenüber, dessen Beziehung zu den Zeugen und zur menschlichen Gesellschaft insgesamt wir nicht begreifen. Wir wissen nicht, welche Anteile der Ereignisse durch ein äußeres Phänomen entstehen und wie viel das menschliche Bewusstsein hinzufügt. Wir sollten uns dieser Komplikation bewusst sein.«[10]
Doch was erlebten und sahen Johann Rist und Chrysostomus Köhler zwischen 1661 und 1664 in Hamburg-Blankenese? Zumindest müssen sie die dortigen Berichte insoweit ernst genommen haben, dass die hochgebildeten Männer dem Treiben der Wesen höchstpersönlich nachgingen. Wie die Geschichte erzählt, wurden die beiden Mystery-Jäger dabei ja auch fündig …
Einen der Unterirdischen einzufangen oder seiner anderweitig habhaft zu werden, gelang Rist und Köhler damals nicht, wie der Bericht unterstreicht. Es gelang ihnen nicht einmal, mit den Zwergen zu sprechen, obwohl Rist extra »eine schöne Anrede ausgesonnen« hatte. Eigentlich wollte er damit so einiges »bei des Allmächtigen heiligem Namen« erreichen. Sie sollten ihm »Rede und Antwort geben, wer sie wären, und was sie trieben, und wo die großen Schätze lägen, und ob man sie nicht heben könnte«.[11]
Neben dem Forscherdrang spielte hier also auch die Gier nach den Zwergenschätzen eine Rolle. Immerhin hatten zuvor »alte Kunden« berichtet, diese Wesen aus anderen Welten versteckten und beschützten solche Kostbarkeiten.
Doch es kam anders: Als Rist gerade die Zwergenwesen ansprechen wollte, fielen er und Köhler von ihrem Stein in ihrem Versteck herunter:
»(…)mitten in den Ringelreihen der Unterirdischen, die davor billig erschrecken, auseinanderfahren und blitzschnell allesammt durch das Fuchsloch wiederum verschwunden sind, zu beider Herren großem Leidwesen.«[12]
Trotz oder gerade wegen dieses unglücklichen Fehlschlages gab Johann Rist nicht auf. Deshalb sei er »noch etliche Male wieder hinausgegangen«, um der Unterirdischen habhaft zu werden. Vergeblich, »er hat ihnen so nahe nicht wieder beikommen können«. Angeblich hätten »die Zwerge wohl bemerkt«, dass Rist ein kluger Mann sei, »der sie auszufangen gedächte«. Aus diesem Grund hätten sie sich »vor ihm mehr denn vor Hirtenbuben und geringem Volke in Obacht genommen«. Sie gingen ihm quasi aus dem Weg.
Das fremde Zwergvolk wusste aber noch mehr über Pastor Johann Rist. Er schien in seiner Freizeit an Archäologie (die es in der heutigen Form damals noch nicht gab) interessiert gewesen zu sein. Oder ein Schatzjäger:
»Sie kannten wohl auch Herrn Risten schon, dass er Hünengräber aufdecke, und uralte Urnen, Leichgeschirre und Aschenkrüge daraus nehme, und also fürchteten sie ihn zwiefach vor allen Menschen.«[13]
Eine erstaunliche Spekulation, die in dieser Hamburger Sage angestellt wird. Die fremden Wesen wussten also aus irgendeinem Grund bereits im Vorfeld, wer Johann Rist eigentlich war.
Seit Jahrzehnten tauchen in aller Welt Funde auf, die angeblich unsere Geschichte umschreiben. Diese Objekte scheinen nicht in die Zeit oder an den Ort zu gehören, an dem man sie entdeckte. Von solchen »Out of Place Artifacts« gibt es inzwischen erstaunlich viele. Einige sind in der Grenzwissenschaft oder in Kreisen alternativer Autoren weithin bekannt.
Als eines der bekanntesten Relikte dieser Art gilt das »Aluminiumobjekt von Aiud«. Es ist ein keilförmiges, künstliches Objekt, das in den 1970er-Jahren tief in der Erde nahe dem rumänischen Ort Aiud entdeckt wurde. Wie kam es dahin? Wie alt ist das Metallobjekt, das durch Knochenbeifunde auf ein Alter von bis zu einer Million Jahren datiert wurde?
Nachdem der Aluminiumkeil rund fünfzehn Jahre als verschollen galt, konnte ich ihn 2010 nach Recherchen direkt vor Ort in Rumänien wiederfinden, dokumentieren, mit Experten darüber sprechen und entsprechende Unterlagen und Analysen kopieren. Bereits 2012 ließ ich in einem anerkannten deutschen Labor eine Probe des Fundes wissenschaftlich analysieren, um seine exakte Zusammensetzung zu bestimmen, und publizierte die Ergebnisse später.[1]
Trotz dieser Bemühungen bleibt das Ding bis heute ein Rätsel. Eine eindeutige Identifizierung konnte bisher niemand vorlegen. Hier reichen die Spekulationen von modernem Schrott bis hin zum Fragment eines außerirdischen Raumfahrzeugs.