E-Book 141 - 150 - William Mark - E-Book

E-Book 141 - 150 E-Book

William Mark

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Beschreibung

"Vor seinem Colt hatte selbst der Teufel Respekt!" (Mark Twain) Der Lieblingssatz des berühmten US Marshals: "Abenteuer? Ich habe sie nie gesucht. Weiß der Teufel wie es kam, dass sie immer dort waren, wohin ich ritt." Diese Romane müssen Sie als Western-Fan einfach lesen! E-Book 1: Der letzte Tag von Tombstone E-Book 2: So long, Doc! E-Book 3: Im Sand von Texas E-Book 4: Allein im Llano E-Book 5: Gegen die Allysons E-Book 6: Ein Mann namens Nugent E-Book 7: Kampf um Öl E-Book 8: Teak Jimmy E-Book 9: Duell am Cimarron E-Book 10: Die Rache des Mestizen

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Inhalt

Der letzte Tag von Tombstone

So long, Doc!

Im Sand von Texas

Allein im Llano

Gegen die Allysons

Ein Mann namens Nugent

Kampf um Öl

Teak Jimmy

Duell am Cimarron

Die Rache des Mestizen

Wyatt Earp – Staffel 15 –

E-Book 141 - 150

William Mark

Der letzte Tag von Tombstone

Roman von Mark, William; William, Mark

Die Hitze flimmerte in den gelbbraunen Straßen Tombstones. Wabernd stand sie zwischen den graubraunen Kistenholzhäusern, und die Farbe auf den Vorbaubalken zog große Blasen.

Es war kurz vor Mittag.

Die Allen Street war menschenleer.

Tombstone schien zu schlafen.

Da kam von Westen her ein Reiter in die Stadt. Fast schattenlos bewegte er sich vorwärts. Es war ein Mann in den dreißiger Jahren, breitschultrig, untersetzt, mit kantigem Gesicht, gelbbraunen Augen, angegrautem Haar, breiter Nase, schmallippigem Mund und weitvorspringendem Kinn. Er trug ein leuchtendgelbes Hemd und ein schreiendrotes Halstuch. Seine Hose war aus hellblauem verwaschenem Leinen, und unter dem Gürtel trug er schräg zur linken Hüfte einen abgewetzten Waffengurt, der einen schweren fünfundvierziger Revolver hielt.

Auffällig war eigentlich nichts an dem Fremden, es sei denn die Tatsache, daß er weißgelbe Wapitilederhandschuhe trug, die man zu dieser Jahreszeit nicht einmal oben im Norden des Landes zu tragen pflegte. Vielleicht wäre einem scharfen Beobachter auch aufgefallen, daß er sein kurzläufiges Rambleygewehr steil im Lederschuh und nahe der linken Hand stecken hatte.

Die Zügelleinen hielt er locker in der Hand, und sein Blick war auf die falbfarbene Mähne seines Wallachs gerichtet. Er schien müde zu sein und einen weiten Ritt hinter sich zu haben.

Erst etwa auf der Höhe des O.K.-Corral-Mietstalles, dessen Office zur Allen Street hinaus lag, hob er einmal den Kopf und musterte den Mann, der da, von der Sonne in ganzer Länge getroffen, am Rand des Vorbaues stand.

Es war ein hochgewachsener Mensch mit tiefbraunem markantgeschnittenem Gesicht und dunkelblauen Augen. Er trug ein offenes weißes Hemd hielt in der Rechten seinen flachkronigen Hut. Gerade strich er sich mit der Linken sein volles blauschwarzes Haar zurück und warf einen forschenden Blick über die Straße. Seine langen Beine steckten in enganliegenden schwarzen Levishosen, und unterm Gürtel trug er einen breiten büffelledernen Waffengurt, der an beiden Hüftseiten je einen schweren fünfundvierziger Revolver hielt.

Der Fremde hatte den Mann auf dem Vorbau nur für den Bruchteil eines Augenblicks gemustert – und wußte doch sofort, wer da stand: Marshal Wyatt Earp!

Und Jake Coogan sah noch mehr. Er sah auch den Mann, der hinter dem Marshal im Halbdunkel des Türganges lehnte.

Es war ein elegant gekleideter Gent, dessen Gesichtsschnitt etwas Aristokratisches an sich hatte, das nicht so recht in dieses Land passen wollte. Es war ein scharfgeschnittenes Gesicht, das von einer verblaßten Bräune bedeckt war und von einem eisblauen Augenpaar beherrscht wurde. Der Mann trug einen schwarzen Anzug und ein blütenweißes Hemd, das trotz der sengenden Hitze von einer sauber gebundenen Samtschleife zusammengehalten wurde.

Jake Coogan kannte auch diesen Mann genau – ohne ihn überhaupt richtig gesehen zu haben. Es konnte ja nur Doc Holliday sein, jener gespenstische ehemalige Bostoner Arzt, der sich seit einem Jahrzehnt im Westen aufhielt und als Gambler im ganzen Land einen Namen errungen hatte, der wohl nur noch von seinem Ruf als Gunman übertroffen wurde.

Coogan blickte längst wieder auf die Mähne seines Wallachs. Er hatte den Mietstall jetzt passiert und spürte den Blick des Marshals im Genick.

Wyatt Earp setzte seinen Hut auf und sagte, ohne sich nach dem Spieler umzudrehen:

»Ein Linkshänder.«

Und sofort bewies der Spieler, daß er eine ungeheuer scharfe Beobachtungsgabe besaß.

»Nur Linkshänder – weil seine Rechte lahm ist.«

Da wandte der Missourier den Kopf.

»Sind Sie sicher?«

»Yeah«, entgegnete der Georgier. »Die Rechte ist tot. Sehen Sie, wie steif er den Daumen in den Gurt gehakt hält. Das ist typisch für Halbgelähmte. Und außerdem…«

»Die Handschuhe!« unterbrach ihn der Marshal.

»Richtig. Er muß sie beide tragen, um die höchstwahrscheinlich verunstaltete Rechte zu verbergen.«

»Verdammt geschickt macht er das. Aber wie man sieht, eben doch noch nicht geschickt genug.«

Holliday trat jetzt neben den Marshal auf den Vorbau.

»Ich bin überzeugt, daß es so leicht niemand merkt.«

Er nahm sein goldenes Etui aus der Tasche und zog eine seiner langen russischen Zigaretten daraus hervor. Während er das Zündholz am Daumennagel der gleichen Hand, in der er es hielt, anriß, sagte er: »Er hat Sie erkannt.«

»Ja«, antwortete der Marshal, und sein Blick folgte dem Fremden, »mich – und Sie auch.«

Holliday nickte, wischte mit der Linken die blaue Tabakswolke auseinander, die vor seinem Gesicht stand, und sah nun dem Mann mit dem gelben Hemd nach.

»Er steigt beim Crystal Palace ab.«

Der Spieler hatte recht, Jake Coogan glitt beim Zügelholm vor der großen Bar aus dem Sattel, und selbst jetzt konnte nur ein außerordentlich waches Auge feststellen, daß er tatsächlich die rechte Hand nicht benutzte.

Während Coogan die Zügelleinen um das durchhängende ausgetrocknete Querholz schlang, glitt der Blick seiner opalfarbenen Augen unter den buschigen Brauen hinüber zu den beiden Männern.

Wyatt kniff das linke Auge ein und fixierte die gegenüberliegende Gassenmündung so, als habe er den Blick des Fremden nicht bemerkt.

»Gefällt mir nicht, der Junge.«

Der Spieler sog die Luft geräuschvoll durch die Nase, schob die Zigarette von einem Mundwinkel in den anderen und erwiderte müde:

»Wer gefällt einem hier schon! Ich gefalle mir ja selbst nicht…«

Sie verließen den Vorbau und schlenderten auf die Mündung der Schlangengasse zu.

Kaum hatten sie die hinter sich, als sie stehenblieben.

Seit dem Inferno, das sich vor sieben Tagen in der Stadt abgespielt hatte, war es ruhig in Tombstone geblieben.

Für Wyatt Earp stand fest, daß nur der Chief der Galgenmännerbande den Feuerzauber losgelassen haben konnte. Dieser gefährliche Bandit hatte zum letzten und schwersten Schlag gegen seinen Erzgegner, den Marshal Earp, ausgeholt.

Nachdem er in einer ganzen Reihe von Zusammenstößen den Kürzeren gezogen hatte, war nun ein gewichtiger Punkt zu seinen Gunsten in die Waagschale gefallen: sein bester Mann, der gefürchtete Italo-Amerikanern Laz Capucine war aus dem Straflager der Lebenslänglichen entkommen und mußte zu ihm gestoßen sein. Die beiden zusammen waren gefährlicher denn je; vor allem, da sie genau wußten, daß es jetzt um Leben und Tod ging. Die Galgenmänner-Bande hatte nur noch diese letzte Chance.

Wyatt Earp hatte die ›Geheimorganisation vom goldenen Dreieck‹, wie sich die Maskenmänner selbst nannten, an mehreren Orten der Südweststaaten so empfindlich getroffen, daß sie am Boden zu liegen schien.

Schien! Aber noch lebte der Big Boß! noch wußte niemand, wer er wirklich war. Und von der schweren Verletzung, die ihm unten bei Sasabe eine Kugel Doc Hollidays zugefügt hatte, schien er sich erholt zu haben.

Es stand sogar zu befürchten, daß die beiden Desperados es tatsächlich noch einmal geschafft hatten, Reiter für sich in die Sättel zu bringen. Männer, die aus Furcht vor den beiden Verbrechern gefügig waren und ihr Leben für die Gang in die Schanze schlugen. Der Angriff auf Tombstone vor sieben Tagen bewies es, denn die zahlreichen Brände konnten zwei einzelne Männer allein nicht gelegt haben.

Es war dem Marshal mit Hilfe seines Freundes Holliday und unter dem Beistand des riesigen Texaners Luke Short, der hier in Tombstone den Sheriffstern trug, gelungen, die Angriffe niederzuwerfen; die Brände hatten gelöscht und mehrere Banditen festgenommen werden können.

Seitdem war es still geblieben.

Zu still.

Sieben Tage lang.

Mit jedem Tag wurde diese Stille drückender.

»Wenn sich jetzt nicht bald was tut, lasse ich Blasmusik aufmarschieren«, hatte der Tex gemeint, »damit diese verdammte Stille aufhört!«

Aber nichts rührte sich.

Die Bürger schlichen mit eingezogenen Köpfen und vorwurfsvollen Gesichtern schweigend über die Vorbauten. Vorwurfsvoll, weil sie die Schuld an diesem Zustand dem Gesetzesmann Earp zuschrieben, der ihrer Meinung nach die Graugesichter doch ungeschoren hätte lassen sollen. Diese gewissenlose Einstellung entsprang der Furcht, die die Galgenmänner-Bande der Bevölkerung seit neun Monaten eingeimpft hatte.

Wie der Marshal und seine beiden Gefährten, so spürten natürlich auch die anderen Menschen in der Stadt, daß die Stille trügerisch war.

Es war die Stille vor dem Sturm.

Sie alle kannten ja die Geschichte der grauen Gang genau. Sie wußten von den mörderischen Gefechten, die die Verbrecher dem Marshal geliefert hatten.

Und sie wußten auch, daß der Big Boß ein Unbekannter war, und daß er nach wie vor auf freiem Fuß lebte!

»Er wird kommen und die ganze Stadt in Schutt und Asche legen, Marshal, nur weil Sie ihn jagen«, hatte ein Mitglied des Stadtrates dem Missourier gesagt. Es war der Ire McDowell, der bisher immer auf Seiten des Marshals gestanden hatte, in den aufreibenden Kämpfen gegen die Clantons und auch noch, als Wyatt Earp gegen die Galgenmänner focht. Nun aber hatte auch der grauhaarige McDowell Front gegen den Marshal gemacht. Auch er war von der Angst ergriffen worden, die die Stadt in ihren Krallen hielt, die hinter den graubraunen Wänden und unter den flachen Dächern Tombstones nistete wie ein Gespenst.

Es gab außer dem alten Mayor Clum und Luke niemanden mehr in der Stadt, der dem Marshal beigestanden hätte.

Wie mit Polypenarmen hatte die große Furcht Tombstone umschlungen.

Die Menschen waren überzeugt, daß der Big Boß sich nicht niederwerfen lassen würde, sondern ganz im Gegenteil jetzt zum erbittertsten Schlag gegen Wyatt Earp ausholen würde. Es war so wie damals, als der große Ike Clanton mit seiner Gang die Stadt in Atem hielt; auch da hatte niemand gewagt, die Partei des einzelnen Wyatt Earp zu ergreifen.

Noch nie seit dem Tag, an dem die Schüsse im O.K.-Corral gefallen waren, hatte über Tombstone eine so bleischwere Luft gelegen.

Wo würde der Big Boß angreifen? Wo würde er zuschlagen? Und vor allem: wie würde er angreifen und zuschlagen? Die Menschen der alten Silberstadt sahen mit dem rigorosen Desperado und seinem schweren Kampf gegen Earp den Untergang Tombstones auf sich zukommen.

Für Wyatt Earp selbst war am schlimmsten die Ungewissheit über die Person des Bandenführers. Nach wie vor herrschte noch absolute Dunkelheit um diesen gefährlichen Mann. Nicht der geringste Hinweis, der Aufschluß über ihn hätte geben können, war bisher ermittelt worden. Dennoch nistete im Hirn des Missouriers seit langem die Idee, daß der Chief der Bande niemand anders als Ike Clanton selbst sein könnte.

Der gefürchtete ›große‹ Ike Clanton! Der Mann, der vor einem Dreivierteljahrhundert von sich behauptet hatte: »Ich bin der König von Arizona!« Der gleiche Mann, der ein halbes Hundert Reiter in die Sättel gebracht hatte, um im Cochise County zu herrschen wie ein Despot.

Mehrmals war der Marshal draußen auf der Clanton-Ranch gewesen, und auch nach dem großen Brand hatte er sich dort noch einmal eingefunden und Ike gesehen. Da war ihm zu seiner Verblüffung aufgefallen, daß der Rancher hinkte. Wyatt hatte daran denken müssen, daß der Big Boß von Doc Holliday mit einer Kugel an der Ferse verletzt worden war.

War das ein Hinweis?

Und da war noch ein Mann, der sich vage aus dem verschwommenen Hintergrund abhob: die düstere Gestalt des Kirk McLowery, Jenes Mannes, dessen Brüder Tom und Frank beim Kampf im O.K.-Corral gegen die Earps gefallen waren. Mehrfach war der Marshal dem zwielichtigen Manne an Orten begegnet, an denen er Galgenmänner-Ringe ausgehoben hatte. Aber bisher hatte er dem ehemaligen Cowboy aus dem San Pedro Valley keine Mittäterschaft bei den Verbrechen der Gang nachweisen können.

Seit einigen Tagen war ein neuer Verdacht aufgetaucht. Die beiden Dodger hatten sich an einen Mann erinnert, dessen Gestalt der Ike Clantons und auch Kirk McLowerys aufs Haar glich: Es war Firpo Behan. Es hieß, er sei ein Vetter jenes lappigen Hilfssheriffs, der jahrelang hier in Tombstone seine Amtszeit verschlafen und sich dann zur Zeit der Clanton-Kämpfe gegen die Earps gestellt hatte. Jonny Behan hatte die Stadt verlassen, nachdem der Marshal ihn dazu aufgefordert hatte.

Firpo Behan allerdings hatte außer dem Namen nichts mit diesem Jonny Behan gemein. Er war ein großer, breitschultriger, grobschlächtiger Bursche, von dem es hieß, daß er früher Holzfäller und dann Gefängnisaufseher irgendwo im südlichen Texas gewesen sei. Er war seit einiger Zeit hier in der Gegend aufgetaucht und hatte durch Schlägereien in der Umgebung der Stadt von sich reden gemacht. In Tombstone selbst war er noch nicht aufgetaucht.

Um diese drei Männer hatte sich ein wahres Spinnennetz von Gerüchten gebildet, am dichtesten aber um die Gestalt Ike Clantons.

Tag und Nacht hatten Wyatt Earp und Doc Holliday die Stadt im Auge behalten. Luke Short hatte mit den beiden Deputies Jeff und Ric Hunter um Tombstone wieder und wieder Kreise gezogen, aber all diese Patrouillenritte waren ergebnislos geblieben.

Niemand hätte ahnen können, daß der Mann mit dem gelben Hemd und dem schreiendroten Halstuch der erste Vorbote des großen Sturmes sein sollte. Sah er doch wirklich harmlos aus, dieser Jake Coogan!

Der Chief, der ihn geschickt hatte, hatte es raffiniert angelegt, denn Coogan war nicht allein gekommen. Zur gleichen Zeit mit ihm war von Nord-Osten ein zweiter Mann in die Stadt eingeritten, der weniger harmlos wirkte als Coogan.

Es war ein langaufgeschossener Bursche mit strohblondem Haar und wasserhellen Augen. Er hatte ein unangenehmes, mit Pockennarben übersätes Gesicht und weitausladende Schultern. Seine großen Ohren waren dunkelrot und blickten nur mit ihren unteren Hälften unter dem überlangen Schopf hervor. Er trug eine alte blaue Uniformjacke und eine dunkle Hose. Oben in der Kordel seines breiten Sombrerohutes steckte eine lange Indianerfeder, und um die Hüften hatte er einen Poncho geschlungen. Der auffällige Eindruck wurde noch durch das schwarzweiß gescheckte Pferd und die schreiende bunte Jacariladecke unterm Sattel verstärkt.

Charlie Lenz war, wie sich später herausstellen sollte, von dem Großen Chief zu einem Preis von fünfundsiebzig Dollar für diesen Ritt in die Stadt angeheuert worden. Der Schießer Lenz, der aus der Pest-Stadt El Paso stammte und sich jahrelang vor Steckbriefen nicht retten konnte, hatte für diesen Lohn den Job auf sich genommen, in Tombstone die Aufmerksamkeit von dem anderen Mann zu lenken, den der Chief dorthin beordert hatte, während sich Charlie Lenz vor Jonny Millers Bar ›aufspielen‹ sollte.

Holliday strich sich übers Kinn und blickte in die Allen Street zurück, als er sagte: »Ich werde einen Drink nehmen – im Crystal Palace.«

Der Marshal nickte. »Ja. Es ist gut. Ich werde hinunter zum Russian House gehen.«

Seit die Stadt vor einer Woche an fünf Stellen gebrannt hatte, galt die Sorge des Marshals vor allem dem Russian House Hotel. Es war seit Jahren sein persönliches Quartier. Bei der schönen Nellie Cashman war alles sauber und adrett, und man fühlte sich wohl als Gast in ihrem Hause.

Die beiden Freunde trennten sich. Während der Marshal die Schlangengasse hinunter zur Toughnut Street schritt, ging Doc Holliday in die Allen Street zurück, betrat den Vorbau und blieb im Schatten der Dächer, bis er den Crystal Palace erreicht hatte.

Er betrat ihn nicht vorn durch den Eingang, sondern ging neben Dave Cohens Cicgar Store & Card Room in den Hof des Crystal Palaces und kam von dort lautlos in den Korridor der Schenke.

Als er die Tür zum Spielraum öffnete, sah er in einem der Spiegel, die die großen Säulen verkleideten, den Mann mit dem gelben Hemd an der langen Theke lehnen. Da Holliday wußte, daß der Fremde ihn selbst nicht sehen konnte, blieb er beobachtend stehen.

Coogan, der den Auftrag hatte, so unauffällig wie möglich vorzugehen, hatte die Linke auf die Theke gestützt, nahm jetzt das Whiskyglas und trank einen Schluck. Dabei glitten seine gelben Augen über den Rand des Glases hinweg zu den reichhaltigen Flaschenborden und blieben schließlich auf dem Gesicht des Keepers haften.

»Ziemlich müde Stadt, dieses Tombstone«, meinte er näselnd.

Der Keeper zog die Schultern hoch. »Wie man’s nimmt.«

Coogan setzte das Glas ab und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.

»Habe ich mir anders vorgestellt! Hier ist ja nichts los!«

»Auch das kommt darauf an«, entgegnete Keeper Gordon vorsichtig.

Coogan nahm ein Geldstück aus der Gurttasche und ließ es klimpernd aufs Thekenblech fallen.

»Gibts überhaupt Girls in diesem Nest?«

»Doch, Mister, die gibts hier.«

»Hab nicht einen Zopf gesehen«, schnarrte der Bandit.

Über das Gesicht des Keepers kroch ein verdrießliches Lächeln.

»Schon möglich. Die Girls schlafen um diese Zeit, damit sie abends fit sind.«

Bill Gordon riss ein Zündholz an, hielt es über die Theke, und Cogan sog die Flamme in die Tabakfäden seiner Zigarette. Er rauchte eine Weile schweigend vor sich hin. Dann sagte er:

»Colorado Bill ist Sheriff hier, nicht wahr?«

Der Keeper schüttelte den Kopf.

»Nein, der Sheriff heißt Luke Short.«

»Ach ja, richtig! Aber ich glaube auch gehört zu haben, daß Bill Hickock sich zuweilen hier herumtreibt?«

Wieder schüttelte der Keeper den Kopf.

»Nein, den haben wir hier noch nicht gesehen.«

»Nanu? Mir war doch so, als hätte ich gehört…, ach nein«, unterbrach sich Coogan dann selbst. »Das war ja Wyatt Earp, nicht wahr?«

Der Keeper nickte nur.

Aber Jake Coogan wollte mehr wissen. Er mußte herausbringen, ob der Marshal noch in der Stadt war.

»Er war doch hier, nicht wahr?«

Gordon nickte wieder.

»Kann nicht verstehen, was einen solchen Mann an diese erbärmliche Stadt fesselt.«

Der Keeper zog nur die Schultern hoch.

Coogan, leicht gereizt, stützte sich auf den linken Ellbogen, und er stieß die Rauchwolken durch die Nasenlöcher, als er erklärte:

»Habe extra einen Umweg gemacht, um dieses Nest zu passieren, weil ich gehört hatte, den Marshal wenigstens einmal sehen zu können.«

Dem Keeper traten Schweißperlen auf die Stirn. Er wußte schließlich so gut wie jeder andere, was hier los war. Er wußte, daß Wyatt Earp auf seinen Gegner wartete. Seit sieben Tagen und sieben Nächten konnte deshalb niemand in Tombstone ruhig schlafen. Und nun kam dieser Fremde daher und sprach mit der leutseligsten Miene davon, daß er den berühmten Wyatt Earp sehen wollte!

Coogan griff wieder in die Tasche und warf zwei weitere Geldstücke auf die Theke.

»Einen Drink auch für Sie, Keeper.«

Bill Gordon goss ein, hob sein Glas an und prostete dem Banditen zu.

Der lachte und zog auf eine merkwürdige Weise die linke Schulter hoch.

»Wenn man so anderthalb Jahrzehnte durch die Savanne reitet, mal hier ist und mal dort, ist es klar, daß man sich die paar Rosinen, die es in diesem staubigen Kuchen gibt, herauspickt. In Topeka war es ein hübsches Girl, und in Virginia City war es das Spielcasino. In Colorado war es wieder ein Girl, das mich anzog, und jetzt hätte ich gern den großen Wyatt Earp gesehen.«

Der Keeper trank schweigend sein Glas aus und setzte es wieder ab.

Coogan nippte an seinem Whisky und meinte nach einer Weile:

»War nicht auch Doc Holliday schon in Tombstone?«

»Doch«, entgegnete der Keeper einsilbig.

»Dann war er bestimmt schon hier in der Schenke?«

»Ja.«

»Wie sieht er aus?«

Unbehaglich zog der Mann hinter der Theke die Schultern hoch.

»Wie soll er aussehen? Er ist ziemlich groß und schlank, und – tja, was soll ich sagen, er trägt einen schwarzen Anzug und…«

»Sein Gesicht?« forschte der Tramp ungeduldig.

»Das ist schwer zu beschreiben. Er sieht gut aus, ich sagte es schon. Er sieht anders aus als die Leute hier. Vornehmer, gebildeter oder – ich weiß nicht, wie ich sagen soll – wie die Leute aussehen, die drüben an den Küsten wohnen und mehr lernen als wir, mehr Geld haben und klüger sind.«

»Daraus soll man sich jetzt ein Bild zurechtzimmern«, entgegnete der Out­­law. »Ich kann mir nichts unter einem solchen Manne vorstellen.«

Bill spülte sein Glas aus, als er sagte:

»Es gibt bestimmt interessantere Städte als Tombstone, Mister –«

Jake Coogan warf den Kopf hoch. In seinen gelben Augen glimmte es plötzlich auf. »Wie meinen Sie das?« fragte er, und in dieser Frage war deutlich eine gewisse Schärfe zu hören.

»Well, ich meine nur«, versetzte der Keeper, »es sind so viele Leute nach Tombstone gekommen, die sich nach Doc Holliday erkundigt haben…«

Es war ein großer Fehler Gordons, das zu sagen.

Und Coogans Reaktion war entsprechend. Sein Gesicht verzog sich auf eine häßliche Weise zu einer wütenden Fratze.

»Soll das etwa heißen, daß Sie glauben, ich hätte Angst vor eurem Holliday?« Der einstige Vaquero aus Cloverdalle hatte die Maske fallenlassen. Die Verbitterung, die ihn eigentlich hätte hart machen sollen, hatte ihn nur unbeherrscht werden lassen und jähzornig. Er war nicht der beste Mann, den der Big Boß für eine so wichtige Aufgabe ausgesandt hatte!

»Sie sollten sich nicht aufregen, Mister«, suchte der Keeper ihn zu besänftigen. »Ich habe nicht behauptet, daß Sie Angst hätten. Ich finde nur, man sollte sich aus allen Schwierigkeiten heraushalten.«

Coogan stieß den Kopf vor, und seine Augen waren hart wie Bergkiesel, als er sagte:

»Ihr bildet euch zuviel ein, hier in diesem elenden Kaff! Wer ist er denn schon, der Marshal Earp? Ein kleiner Sternschlepper, nichts weiter! Und der andere ist ein Kartenhai, der ein paar Schenken mit dem Revolver erschreckt hat.«

Der Keeper zog die Schultern hoch, ohne etwas zu sagen.

Das gefiel Coogan ganz und gar nicht. »Sind Sie etwa anderer Meinung?«

Die Schweißtropfen rannen dem Mann hinter der Theke über die Stirn in die Augenbrauen.

»Ich streite mich nicht gern, Mister –?«

»Mein Name ist Coogan«, schnarrte der Bandit, »Jake Coogan! Sie sollten sich diesen Namen merken. Und was Ihren Holliday betrifft, so können Sie ihm bestellen…« Er unterbrach sich jäh, fuhr sich mit der Linken übers Gesicht und stieß eine heisere Lache aus: »Ich weiß nicht, mich geht das natürlich nichts an. Ich habe nur oben in Tucson ein paar Boys über ihn sprechen hören. Hols der Satan, so lausige Gestalten interessieren mich nicht. Mich interessiert nur, daß mich bisher noch niemand mit dem Revolver geschlagen hat. Und da kann mich eine solche Vogelscheuche wie dieser ehemalige Pillendreher bestimmt nicht…«

Wieder unterbrach sich Jake Coogan. Diesmal aber, weil sich hinten im Spielsaloon plötzlich die Gestalt eines hochgewachsenen Mannes vor den grünbezogenen Samtwänden abhob. Mit geweiteten Augen starrte der Outlaw dem Georgier entgegen.

Holliday kam langsam näher und blieb zwei Schritt neben ihm an der Theke stehen. Er stützte sich auf den linken Ellbogen und fixierte den Banditen aus eiskalten Augen.

Coogan spürte, wie ihm der Schweiß durch die Brauen salzig beißend in die Augen rann. Wie hatte er sich nur zu solchen Reden hinreißen lassen können!

Jetzt, da der Spieler neben ihm stand, war Coogan, wie jeder andere, der bisher mit Holliday zu tun gehabt hatte, von seiner Persönlichkeit zutiefst beeindruckt. Eine eisige Hand schien plötzlich nach seinem Herzen zu greifen.

Er tippte grüßend an den Hutrand, wandte sich ab und schlenderte der Pendeltür entgegen.

Als er die linke Hand ausstreckte, um einen der Schwingarme nach vorn zu stoßen, rief der Spieler ihm nach:

»Ich würde es weiterhin mit den Mädchen halten, Coogan! Und in der nächsten Stadt gibt’s schönere als hier. Vergessen Sie es nicht!«

Jake Coogan stand wie angenagelt anderthalb Schritt vor der Tür. Er wagte nicht, sich umzudrehen.

Drei Sekunden krochen wie eine Ewigkeit durch die Schenke.

Der einstige Vaquero, der nach einer Messerstecherei unten in Süd-New Mexico so schwer an der rechten Armsehne verletzt worden war, daß er weder die Hand noch den Arm bewegen konnte, kämpfte mit aufsteigender Wut und dem bangenden Gefühl, das der Gambler in ihm ausgelöst hatte. Er lauschte den Worten Hollidays nach und ging dann weiter, stieß die Tür auf und verschwand.

»Ziemlich merkwürdige Type«, meinte der Keeper.

Holliday schnipste mit den Fingern.

Bill Gordon kannte den Wink und zog eine Brandyflasche unter der Theke hervor, die er eigens für den Georgier da stehen hatte.

Es war ein ausgezeichnetes Getränk. Holliday nahm gleich ein paar Schlucke.

»Eine alltägliche Erscheinung war das nicht«, meinte er.

Als Coogan die Schenke verlassen hatte, hätte er sich ohrfeigen können vor Ärger. Wie hatte er sich nur soweit vergessen können! Er hatte den Auftrag bekommen, sich unauffällig in der Stadt zu bewegen. Was hatte er statt dessen getan? Sich um ein Haar ausgerechnet mit Doc Holliday angelegt!

Er stand auf dem Vorbau und blickte zu seinem Pferd hinüber, wo er in den Satteltaschen die Plakate wußte, die er hier hätte lassen sollen: eines im Crystal Palace, ein zweites unten vorm Bird Cage Theatre, ein drittes am Court House.

Während er dastand, den Blick von seinem Pferd wegnahm und auf den flimmernden Sand der Straße senkte, dachte er an die gespenstische Mitternachtsstunde der vergangenen Nacht, wo sie fern von hier mitten in der Savanne zwischen hohen Kaktusstauden in einer Mulde gestanden hatten. Einer der Männer hatte ein Zündholz angerissen, damit Coogan sehen konnte, was der Große Chief mit einem Stock in den Sand gezeichnet hatte, nämlich die Straßen Tombstones mit den Punkten, die Coogan aufzusuchen hatte.

Der Chief hatte nicht selbst mit ihm gesprochen, sondern Capucine. Und das Gesicht des Chiefs hatte Coogan auch nicht gesehen, da er eine Zipfelmaske trug.

Der Vaquero war der Bande schon vor einem Vierteljahr bei Roswell ins Garn gegangen und hatte dann noch den Fehler gemacht, nach Arizona zu reiten, wo er sich den Befehlen des Chiefs nicht mehr entziehen konnte.

Sein Auftrag war klar: er hatte die Plakate an den bezeichneten Stellen zurückzulassen. Er nahm die alte Uhr, die er von Capucine mitbekommen hatte, aus der Tasche und warf einen Blick darauf. Es war genau zwölf.

Jetzt mußte Charlie Lenz oben vor Millers Bar sein, um da seine Show abzuziehen.

Und genau in diesem Moment krachte der Schuß…

Ganz Tombstone schien zusammenzuzucken!

Und dann folgten zwei weitere Schüsse.

Die Menschen in ihren Behausungen hielten den Atem an und lauschten bebend auf die Straße hinaus.

Es war so still in der Stadt, daß der Schuss bis hinunter in die Miner-Camps zu hören war.

Coogan wischte sich durchs Gesicht und ging dann langsam zu seinem Pferd.

Seine Rechnung war richtig gewesen. Als er nach einer Weile wieder in die Schenke blickte, war die Theke leer.

Doc Holliday hatte den Schankraum verlassen, war diesmal aber auf der anderen Hofseite hinausgegangen und zwar in die Fifth Street, von wo aus er rasch in die Fremont Street hinaufkam. Der erfahrene Gunman hatte sofort die Richtung des Schusses erkannt.

Vor der berüchtigten Jonny Miller Bar war Charlie Lenz vom Pferd gestiegen und hatte einem Mann, den er durch ein offenes Hoftor nebenan beobachtet hatte, zugerufen, er solle herauskommen.

Als der nur bis ans Tor kam, hatte der Coltman auf sein Pferd gedeutet. »He, Mister, das muß gestriegelt werden. Und zwar soll es in einer Stunde fertig sein, klar?«

Der Unglückliche, an den sich Lenz da gewandt hatte, war der alte Richter J. H. Lucas. Lucas war neunundsechzig Jahre alt und übte sein Amt wegen einer schweren Krankheit seit fast neun Jahren nicht mehr aus. Er war nach Tombstone gekommen, weil eine seiner beiden Töchter hierhergeheiratet hatte. Die junge Ann Wallace hatte ihren Vater bei sich aufgenommen. Um den jungen Leuten nicht nur zur Last zu sein, hielt sich der alte Mann tagsüber im Hof auf.

Es ist niemals herausgefunden worden, ob der Bandenführer dies nun alles genauso geplant hatte. Ebensogut hätte Lenz ja auch einen anderen Mann ansprechen können. Aber ausgeschlossen ist es nicht, daß der Bandenführer den Richter in seinen Plan vorgesehen hatte.

Der alte Mann stand jetzt im Torspalt und blickte verstört auf den Banditen.

»Es tut mir leid, Mister, aber ich kann Ihr Pferd nicht striegeln. Sie müssten es schon hinüber in einen der Mietställe bringen. Wir haben ja genug davon in der Stadt.«

Der blonde Tramp stand mit gespreizten Beinen da und stemmte seine haarigen Fäuste in die Hüften, wobei er den Kopf hochwarf, und er brüllte: »Was fällt dir ein, elender Dreckskerl! Ich habe gesagt, du sollst meinen Gaul striegeln, klar! Wenn dir das nicht paßt, erlebst du was.«

Ehe der Richter zu einer Antwort kam, flog in die Hand des Schießers einer seiner Revolver, und der Schuß brüllte auf.

Die Kugel riß dicht neben dem rechten Ellbogen des Richters ein daumengroßes Stück aus dem Holz des Tores. Als der Richter sich umwenden wollte, um in den Hof zu flüchten, jagte der Bandit ihm noch zwei Schüsse nach, die aber ebenfalls keinen größeren Schaden anrichteten.

Was Lenz erreichen wollte, war erreicht: die Tombstoner waren nun aus ihrer ängstlichen Erwartung aufgeschreckt worden.

Wyatt Earp, der um das Russian House Hotel an der Ecke der Toughnut Street und der Fünften Straße herumgegangen war, blickte zur Allen Street hinauf. Er verließ seinen Posten aber nicht, da er Doc Holliday im oberen Teil der Stadt wußte und sich darauf verlassen konnte, daß der Spieler dort alles im Auge behielt.

Luke Short hatte gegen neun Uhr etwa das Office verlassen müssen, da auf der Humphery-Ranch wieder einmal seine Gegenwart erforderlich war. Der Marshal hatte eine ganze Weile überlegt, ob er ihn überhaupt weglassen sollte. Aber da es bis jetzt still geblieben war, konnte er den Tex nicht zurückbehalten, denn gerade jetzt durfte das Ansehen des Sheriffs unter keinen Umständen gefährdet werden.

Wyatt Earp konnte von seinem Standort aus den Mann nicht sehen, der in diesem Augenblick an einem der Dachpfeiler des Crystal Palaces das große Plakat anheftete.

Jake Coogan schob eine Stahlnadel durch das starke Papier in das weiche Holz, stieg dann auf sein Pferd und ritt zum Bird Cage Theatre hinüber, genau im gleichen Augenblick, in dem Wyatt Earp die Toughnut Street zurückging. Es war ein vertrackter Zufall, der den Marshal in die Third Street führte, als Coogan durch die Fünfte Straße hinunter auf die Miner-Camps zuritt, um auf einem Umweg zum Court House zu kommen, das hinter einem Vorgarten an der Ecke Dritte Straße und Toughnut Street stand.

Hier heftete der Bandit das nächste Plakat mit zwei Stahlklammern an den vorspringenden Schnitzereien der Tür fest. Ohne Hast zog er sich in den Sattel und ritt zur Zweiten Straße hinüber, um durch einen Trampelpfad in den Hof der Familie Flanagan zu kommen.

Der alte Flanagan, der gerade auf einem Holzklotz sitzend den Mittagsschlaf hielt, schreckte zusammen und blickte dem Fremden zwinkernd entgegen.

»He, was ist denn das?«

Coogan glitt aus dem Sattel, ging auf den Alten zu und hielt ihm die offene linke Hand entgegen, in deren Innenfläche ein silberner Ring schimmerte, auf dessen Siegelplatte ein großes Dreieck eingraviert war.

Der alte Flangan zuckte unwillkürlich zurück, erhob sich dann aber rasch und nickte.

»In Ordnung, Mister. Bin im Bilde. Sie wollen ins Haus, nicht wahr?«

Coogan schüttelte den Kopf. »Nein, ich will hinüber zu Rozy Ginger.«

Der alte Flanagan, der dem Burschen gern die Warnung mit auf den Weg gegeben hätte, daß es gar nicht so ratsam war, jetzt die Schenke drüben aufzusuchen, schluckte seinen gutgemeinten Rat nach einem weiteren Blick in das Gesicht des Galgenmannes hinunter.

Der erste Teil der Aufgabe, die Jake Coogan zu erfüllen hatte, war erledigt. Aber Coogan wußte nicht, daß es einem puren Zufall zu verdanken war, daß er die Plakate ungesehen an ihre Plätze hatte bringen können.

Und das machte ihn so leichtsinnig genug, daß er jetzt Flanagans Hof verließ, um drüben bei Rozy Ginger einzukehren.

Wyatt Earp sah, als er durch die Allen Street ging und in die Fourth Street einbiegen wollte, das Plakat vor dem Crystal Palace, hielt inne und ging dann langsam auf der Straßenmitte weiter.

Und dann konnte er die großen Lettern lesen, die da auf dem weißgelben Plakat standen.

Die Augen des Marshals glitten über die Buchstabenreihen, und immer wieder mußte er vorn beginnen, da ihm die Lettern vor den Augen herumzutanzen schienen, als ob sie das Plakat verlassen wollten, um herunter in den flimmernden Sand zu purzeln.

Da stand doch tatsächlich schwarz auf weiß und völlig unverwechselbar:

An Wyatt Earp!

Du hast nur einen einzige Chance: verlasse die Stadt!

Ich komme am 7. Juli um die Mittagsstunde, um die Stadt zu besetzen. Wenn ich Dich noch vorfinden sollte, wirst Du in der Mainstreet an einem Dachpfeiler aufgeknüpft.

Und dann wird Tombstone angezündet!

Wenn Tombstone brennt und dann in Schutt und Asche liegt, ist es Deine Schuld!

Du weißt, daß ich nicht spaße!

Der Große Chief!

Darunter leuchtete weithin sichtbar das schwarze Dreieck der Galgenmännerbande.

Sekundenlang stand der Marshal wie gebannt auf dem Fleck und rührte sich nicht.

Dann kam Leben in seine Gestalt. Er ging auf den Vorbau zu, riß das Papier herunter und knüllte es zusammen.

Als er aufs Sheriffs Office zuging, kam ihm Jeff Hunter entgegen.

»Rasch, Jeff, mein Pferd!«

»All right, Marshal.« Der Deputy lief in den Stall und sattelte den Falben des Missouriers.

Wenige Minuten später ritt Wyatt zum Stiefelhügel, der einzigen Erhöhung in der Nähe, und zog sein Nelsonglas aus der Tasche.

Sorgfältig suchte er die Savanne ab.

Aber vergebens. Der Mann mit dem gelben Hemd war nirgends zu sehen.

Er mußte also entweder die Stadt nach Osten verlassen haben – oder aber noch in Tombstone sein.

Wyatt ritt zurück.

Als er die Second Street passierte, sah er unten in der Toughnut Street mehrere Leute stehen, die bei seinem Anblick in den Höfen verschwanden.

Wyatt ritt sofort die Gasse hinunter. Dort sah er es schon von der Straßenecke aus: das Plakat am Portal des Cochise Court Houses.

Da geisterten die grauen Gespenster also schon durch die Stadt! Rattengleich waren sie bereits am Werk.

Und die Tombstoner, die bisher nichts aus ihren Behausungen hatte locken können, hatten den Aufruf des Big Boß gelesen! Das war das Schlimmste.

Wyatt entfernte auch diesen Wisch und ritt hinauf in die Fremont Street, wo er Doc Holliday bei dem aufgeputzten Sombrero-Cowboy Charlie Lenz stehen sah.

Der Missourier ritt wieder zurück, und als er in die Allen Street kam, sah er unten vorm Bird Cage Theatre einen Menschenauflauf. Der Marshal konnte vom Sattel aus über die Köpfe der Leute hinweg das Plakat auf der Tür des Theaters sehen.

Er sprang vom Pferd und zwängte sich durch die Menge, riß das Plakat herunter und knüllte es zusammen.

Als er sich umwandte, blickte er in eine Runde tückischer, bösartiger Gesichter.

Einer der Männer, ein dickleibiger Kerl mit schwammigem Gesicht und zahnlosem Mund, kläffte:

»Was soll jetzt werden, Marshal?«

»Was wohl!« herrschte ihn der Marshal an. »Gibts da vielleicht noch eine Frage?«

»Nein, da gibts keine Frage!« geiferte der andere. »Sie müssen die Stadt verlassen!«

Wyatt, der sich schon abgewandt hatte, war stehengeblieben und maß den Mann mit flammendem Blick.

»Die Stadt verlassen? Hören Sie, Gilmore, wenn ich die Stadt verlasse, so nur als toter Mann, der zum Stiefelhügel hinaufgeschleppt wird!«

Die Leute waren zurückgewichen und bahnten ihm eine Gasse zu seinem Pferd.

Wyatt, der vorm Tor des Sheriffhofes Jeff Hunter stehen sah, winkte dem Burschen, gab ihm das Pferd und die beiden Plakate.

Die Menschenmenge vorm Theater verzog sich allmählich. Einige aber blieben hartnäckig stehen und fixierten den Marshal mit finsteren Blicken.

Einer von ihnen war Gilmore. Er stieß einen muskulösen Rowdy-Typ an und zischelte ihm zu: »Was sagst du, Ted, es ist doch unser gutes Recht, daß wir darauf bestehen!«

»Na klar«, entgegnete Ted.

»Ihr müßt doch zugeben, Männer«, hetzte Gilmore, »daß wir wegen eines einzigen Mannes nicht unsere Stadt hochgehen lassen können!«

»Eben!« brüllte ein vierschrötiger Mann, der ein rußiges Gesicht hatte und eine Schmiedeschürze trug. »Alles war recht ist, Marshal!«, röhrte er dem Missourier zu, »jetzt ist es Zeit, daß Sie weiterreiten!«

Wyatt blickte aus harten Augen in das Gesicht des Schmiedes. Völlig ruhig fragte er: »Und das sagen Sie mir, John Cardwyk?«

Eine flüchtige Röte zog über das Gesicht des Schmiedes. Für den Bruchteil einer Sekunde tauchte jene Vormittagsstunde vor ihm auf, als sechs Männer der Clanton-Gang in seinem Hof aufgetaucht waren, um seine beiden Pferde herauszuholen. Als dann seine Tochter in der Hoftür mit Wäsche erschien, die sie von den Leinen geholt hatte, zerrte der Rustler Jonny Calhoun das Mädchen mit sich, stopfte ihm einen Knebel in den Mund und zerrte es auf sein Pferd. Sechs Banditen – und der alte Cardwyk war allein.

Da hatte der Schmied seinen Hammer geholt und war in den Hof gestürzt. Sechs Revolver blinkten ihm entgegen. In diesem mörderischen Augenblick war der Marshal aufgetaucht.

Es gab ein höllisches Gefecht; Wyatt Earp streckte zwei der Tramps nieder, und der dritte wurde von einem Faustschlag niedergerissen. Die drei anderen gaben auf.

John Cardwyk hatte noch einen weiteren Grund, dem Marshal dankbar zu sein. Als vor vier Jahren der fettleibige Besitzer des Occidental-Saloons von ihm verlangte, das gepachtete Grundstück zu räumen, auf dem die Schmiede stand, war es wiederum Wyatt Earp, der sich bei dem Salooner für den Schmied einsetzte.

Aber diese Bilder waren nur allzuschnell verflogen. Mit trotzigem Gesicht knurrte der Schmied:

»Es hilft nichts, Earp, Sie müssen reiten!«

Da kam Wyatt langsam auf ihn zu und blieb dicht vor ihm stehen. Er überragte den Schmied um Haupteslänge und senkte den Blick in seine Augen.

»Nein, Cardwyk, ich werde nicht reiten.«

Da sank der Kopf des Schmiedes auf die Brust.

Gilmore belferte: »Wir lassen uns nicht mehr einschüchtern, Earp! Die Tage der Clantons sind vorbei. Wir brauchen Ihre Hilfe nicht mehr. Schließlich haben wir nichts mit den Galgenmännern zu tun. Der Big Boß hat uns eine letzte Mahnung zukommen lassen; und wir werden sie nicht unbeachtet lassen!«

Wyatt wandte den Kopf und blickte in das schwammige Gesicht des Kaschemmenwirtes, der unten an der Gassenbiegung der Flee Street in einer Baracke eine Spielhölle für Minderbemittelte errichtet hatte. Damals, als er beim Bürgerrat um die Genehmigung der Schenke eingekommen war, hatte man ihn abgewiesen. Es war Wyatt Earp gewesen, der ein gutes Wort für den treuherzig dreinblickenden Mann eingelegt hatte. Also auch er hätte allen Grund gehabt, auf Seiten des Marshals zu stehen. Aber die Furcht saß ihm wie allen anderen im Genick und hatte ihn alles vergessen lassen.

»Sie werden reiten müssen, Earp!«

Wyatt blickte von einem zum anderen.

Auch James Vincents, der schräg gegenüber einen Laden hatte, in dem Musikinstrumente, Körbe und Geschirr verkauft wurden, stand unter den Männern. Auch er hatte eine Dankesschuld bei dem Marshal, und auch er hatte sie jetzt völlig vergessen.

»Sie müssen reiten, Marshal«, brach es heiser über seine Lippen.

Da wandte der Missourier sich um und ging langsam aufs Office zu, stieg die Vorbaustufen hinauf, öffnete die Tür und Schloß sie langsam hinter sich.

Mitten im Raum stand er und blickte dumpf vor sich hin. Ein bohrender Schmerz war in seinem Schädel, und auf seiner Zunge verspürte er einen faden Geschmack.

Das also war der Dank und die Treue einer Stadt, für die er sein Leben so oft aufs Spiel gesetzt hatte.

Sie wollten ihn aus ihrer Stadt jagen – und schaufelten sich damit ihre eigene Grube.

*

Als Doc Holliday die Fremont Street erreicht hatte, sah er Charlie Lenz vor Jonny Millers Bar stehen.

Der Spieler kam mit seinem federnden, elastischen Schritt näher und blieb wenige Yards hinter dem Schießer stehen. Der hatte ihn noch gar nicht bemerkt, und brüllte gerade in den Hof der Wallaces:

»Komm raus, Alter, und tu’, was ich dir gesagt habe. Ich zähle bis drei, und wenn du dann keinen Striegel zur Hand hast und machst dich an meinen Gaul, passiert dir was. Ich bin es nicht gewohnt, daß man meine Befehle mißachtet!«

»Dann bist du ein ziemlich verwöhnter Bursche!« drang da eine klirrende Stimme an sein Ohr.

Lenz wirbelte herum. Er wollte den Revolver ziehen, hielt aber in der Bewegung inne, da er selbst in eine Revolvermündung blickte.

In der rechten Faust des Georgiers blinkte ein großer vernickelter Frontier-Colt.

Als der Schießer den Blick hob und in die eisigen Augen des Georgiers sah, spürte er einen Schauer über seinen Rücken rinnen.

Da lächelte der Spieler, und der schwere Revolver flog mit einem brillanten Handsalto ins Halfter zurück.

Auch von dem Coltman fiel die Spannung ab. Er stieß eine künstliche Lache aus und meinte:

»Sonderbare Angewohnheiten habt ihr hier!«

Der Bandit ahnte noch nicht, daß er ausgerechnet an Doc Holliday geraten war.

»Wirklich, ziemlich lustige Gewohnheiten.«

Eine kalte Lache stand im Gesicht des Spielers. »Findest du?«

»Ja.« Lenz kratzte sich mit dem Zeigefinger hinterm Ohr und verzog das Gesicht zu einem faunischen Grinsen. »Wer sind Sie denn?«

»Ich dachte, du wärest selbst darauf gekommen«, entgegnete der Gambler.

»Nun, wenn ich ehrlich sein soll, dann hätte ich Sie bestimmt für einen Pfaffen gehalten, wenn ich Ihnen wo anders begegnet wäre. So aber glaube ich, daß Sie ein Richter sein könnten oder auch ein Lawyer.«

»Irrtum«, entgegnete der Spieler.

»Wer sind Sie denn?«

»Mein Name ist Holliday, John Henry Holliday.«

Beinerne Blässe überzog das Gesicht des Banditen.

»Holliday!« entfuhr es ihm. »Doc Holliday?«

»Mein Name scheint dir nicht zu gefallen, Amigo?«

»Hols der Teufel!« fluchte Lenz.

»Nicht doch, Brother. Den Teufel wollen wir vorerst aus dem Spiel lassen.«

Holliday nahm eine Zigarette aus seinem Etui, zündete sie an und schob die Hände in die Taschen seines Jacketts. Mit schräggelegtem Kopf beobachtete er den Schießer.

»Wir haben uns doch schon irgendwo gesehen, Boy?«

Es paßte dem Schießer absolut nicht, daß der Gambler ihn mit ›Boy‹ anredete, denn er war immerhin dreiundzwanzig Jahre alt. Aber Doc Holliday, der über ein Jahrzehnt älter war, scherte sich nicht darum, was dem Tramp angenehm war oder nicht.

»Doch«, sagte er jetzt, »wir haben uns sogar bestimmt schon gesehen.«

Der Bandit konnte sich allerdings nicht daran erinnern.

Um so besser war das Gedächtnis des Spielers.

»Es ist knapp fünf Jahre her. Du mußt damals eben achtzehn gewesen sein. Es war drüben in Texas in einem kleinen Nest, wo die Leute gerade damit beschäftigt waren, Tierfelle zu gerben. Du hattest zusammen mit zwei anderen Burschen den lausigen Einfall, sie um einige dieser Felle zu erleichtern, ohne Geld dafür zurückzulassen.«

Jetzt erinnerte sich der Bandit. Ja, damals hatte er drüben in dem kleinen Wüstennest San Domingo zusammen mit Fred Harper und Jerry White nach einer Kette kleinerer Diebstähle versucht, einen größeren Coup zu landen. Da war ein Mann dazwischengekommen, den Harper erwischt hatte. Dadurch wurden auch er und White gestellt. Daß es Doc Holliday gewesen war, hatte Charlie Lenz nie erfahren.

Als er seinen Schrecken überwunden hatte, kroch wieder das faunische Grinsen über sein verschlagenes Gesicht.

»All right, Doc, war eine dumme Sache, ist aber doch lange her.«

»Nicht lange genug, Charlie«, entgegnete der Spieler.

Der Bandit war geradezu entsetzt darüber, daß der Georgier sogar seinen Namen zu kennen schien.

»Was wollen Sie damit sagen, Doc?«

»Ich will damit sagen, daß es besser für dich wäre, Charlie, wenn du auf deinen Gaul klettern würdest, um die Stadt so schnell wie möglich zu verlassen.«

Der Coltman griff sich mit der Rechten ins Genick und bog den Kopf zurück, ohne den Spieler jedoch aus den Augen zu lassen. »Meinen Sie?«

»Unbedingt.«

»Ich weiß nicht recht«, krächzte Lenz, während er den Kopf im Nacken stützte, hin und her bewegte, als müsse er da hinten einen Krampf wegmassieren. »Ich finde, es ist eine schöne Stadt, und es lohnt sich, eine Weile zu bleiben.«

»Lohnt sich bestimmt nicht, Charlie Lenz.«

Er kennt meinen Namen also wirklich! hämmerte es im Hirn des Tramps.

Tatsächlich hätte er sich nun am liebsten auf seinen Gaul geschwungen, um die Stadt zu verlassen. Aber da war der Auftrag, den ihm Capucine gegeben hatte.

Noch jetzt richteten sich ihm die Haare unterm Hut auf, wenn er an die Stunde dachte, in der der geflüchtete Sträfling aus Camp Masadona plötzlich in seiner Behausung unten am Fleetbush-Creek aufgetaucht war. Capucine hatte ihm ohne Umschweife erklärt, was er zu tun hatte. Lenz war nicht mutig genug gewesen, sich gegen diesen Befehl des Verbrechers zu wehren, obgleich er wenig Lust verspürt hatte, ausgerechnet nach Tombstone zu reiten.

Holliday und der Bandit standen noch da und sprachen miteinander, als Wyatt Earp an der Ecke auftauchte, den Georgier sah und wieder verschwand.

»Wie gesagt, Charlie, ich gebe dir den gleichen Tip, den ich vor wenigen Minuten einem anderen Burschen gegeben habe, der sich auch in der Stadt geirrt hatte: Weiterreiten – in der nächsten Stadt sind die Girls hübscher!«

Eine krampfhafte Lache zuckte um den schiefen Mund des Coltman.

»Geht leider nicht, Doc, habe eine Verabredung hier.«

Blitzartig schoß ihm der Spieler die Frage entgegen:

»Mit einem Mann, der ein gelbes Hemd trägt und eine lahme rechte Flosse hat?«

Der Bandit war so überrumpelt, daß er seine Überraschung nicht zu verbergen vermochte. Und die Reaktion, die darauf erfolgte, war typisch für diese Gattung Mensch: seine Rechte fiel auf den Revolverkolben.

Zu spät, das Schießphantom aus Georgia war um eine Zehntelsekunde schneller.

Die Mittagssonne spiegelte sich grell in dem vernickelten Revolverknauf Doc Hollidays.

»Nimm die Hände hoch, Lenz. Wer nicht reisen will, muß sitzen.«

Blitzschnell entwaffnete der Spieler den Tramp und führte ihn in die Allen Street.

Als Wyatt Earp die Schritte auf dem Vorbau hörte, wandte er sich um.

Die Tür wurde geöffnet, und Doc Holliday schob den Schießer herein.

»Tut mir leid, Marshal, aber der Junge wollte mit Gewalt ins Jail.«

Entgeistert starrte Charlie Lenz den Missourier an.

Das also war der große Wyatt Earp! Hölle und Teufel!

Lenz hatte den Auftrag bekommen, eine halbe Stunde lang in der Fremont Street die Leute durch allerlei Unfug auf sich aufmerksam zu machen, damit Coogan Gelegenheit hatte, seine Plakate unterzubringen. Dann hatte er die Stadt wieder zu verlassen. Und nun war er ausgerechnet Doc Holliday ins Garn gegangen und stand jetzt sogar vor Wyatt Earp!

Der Marshal musterte ihn kurz und schob ihn dann in den Zellengang.

Als die schwere Gittertür ins Schloß fiel, schlug die Angst in dem Tramp brandhohe Wellen. Und dieser Angst folgte sofort der Zorn. Wütend brüllte er:

»Das werden Sie bereuen, Marshal, verlassen Sie sich darauf! Sie werden es bitter bereuen!«

Wyatt kümmerte sich nicht um ihn und ging ins Office zurück.

Holliday hatte inzwischen an seinem Stammplatz zwischen Tür und Fenster Aufstellung genommen, die Füße übereinander geschlagen und die Hände in die Taschen geschoben.

»In ein paar Tagen kriegen wir Besuch«, sagte der Marshal, als er das Bureau betrat.

Holliday blickte nur auf.

Wyatt nahm das zerknüllte Plakat aus der Tasche, strich es glatt und hielt es hoch.

Mit einem eingekniffenen Auge blickte der Spieler darauf und stieß dann einen leisen Pfiff durch die Zähne.

»Sieh an, unser Freund hat sich angekündigt. – Bin gespannt, ob die Suppe in den richtigen Topf fällt.«

»Ist sie schon«, entgegnete der Marshal düster.

»Wieso? Haben die Leute schon etwas gemerkt?«

»Leider. Eines der Plakate habe ich frühzeitig genug erwischt, zwei andere aber haben die tapferen Tombstoner entdeckt. Eines klebte unten vorm Crystal Palace, das zweite vorm Court House und das dritte ist drüben am Bird Cage angeheftet worden.«

Holliday lachte leise in sich hinein.

»Dann kann der Tanz ja losgehen.«

Der Tag verging.

Und als sich der Abend über die Stadt senkte, war der Texaner noch nicht von seinem Ritt zur Humphery-Ranch zurückgekehrt.

Wyatt, der von einem Rundgang durch die Stadt zurückgekommen war, warf einen Blick zur Uhr, und in diesem Augenblick hörte er Schritte auf dem Vorbau.

Doc Holliday trat ein. »Es war der Bursche mit dem gelben Hemd«, sagte er nur.

Wyatt stand am Gewehrschrank und wandte den Kopf über die linke Schulter. »Der Mann mit dem gelähmten Arm?«

Der Gambler nickte.

»Wie kommen Sie darauf?«

»Weil nur er es gewesen sein kann. Der andere ist sein Partner.«

»Ja, ich weiß.«

Der Spieler zog die linke Braue fragend in die Stirn.

Da deutete Wyatt auf die Tür zum Zellengang. Sie stand noch offen.

Holliday ging darauf zu, machte ein paar Schritte ins Jail und sah in einer der ersten Zellen den Mann mit dem gelben Hemd.

Langsam kam der Spieler ins Bureau zurück.

»Wie sind Sie darauf gekommen?«

»War doch ganz klar«, meinte der Missourier gelassen, während er seine Winchester auflud, »deshalb habe ich ihn gesucht.«

Nur etwa eine Dreiviertelstunde, nachdem Lenz ins Jail gebracht worden war, hatte Wyatt in Rozy Gingers Bar Jake Coogan aufgegriffen. Der Marshal war in seiner einmaligen Manier, die ihn von Anfang seiner Karriere an ausgezeichnet hatte, schnurgerade auf den Outlaw zugegangen und hatte ihm auf den Kopf zugesagt: »Sie sind mit Charlie Lenz in die Stadt gekommen und haben die Plakate angeheftet.«

Coogan war so überrascht gewesen, daß er keines Wortes fähig war.

Wyatt hatte ihm den Colt aus dem Halfter genommen, und auf die Tür gedeutet. »Kommen Sie, denn ich nehme nicht an, daß Sie auf eine Prügelei eingestellt sind.«

Die Überrumpelung war vollkommen gewesen. Jake Coogan hatte nicht mehr die Kraft zu irgendwelchem Widerstand gefunden.

Die beiden Sendlinge des Bandenchiefs saßen hinter Schloß und Riegel. Aber das bedeutete leider nicht allzuviel, denn es waren nur drittklassige Leute gewesen.

Der Big Boß hatte nichts mehr zu verschenken. Die gerisseneren Leute benötigte er für den großen Fight selbst. Der Chief hatte einkalkuliert, daß Coogan und Lenz ergriffen werden könnten, wenn sie ihre Aufgabe erledigt hatten. Es spielte keine Rolle mehr. Die Plakate hätten ihren Zweck dann bereits erfüllt.

An diesem Abend wurde in John Dunbars Stable eine Versammlung abgehalten, bei der sich vor allem Sandy Bob und sein Freund Ben Summerfield durch Hetzreden gegen den Marshal hervortaten.

»Wir werden unsere Stadt nicht wegen dieses Sternschleppers opfern, Leute!« brüllte Sandy mit Stentorstimme.

Mike Dunbar stieß ihn an. »He, Sandy, machs halb so laut. Wir sind nicht taub.«

»Was denn!« herrschte ihn Sandy Bob an. »Stehst du etwa hinter ihm?«

Dunbar zog die Schultern hoch. »Ich komme mir jedenfalls nicht glücklich in der Rolle eines Wyatt Earp-Gegners vor. Der Marshal hat verdammt viel für die Stadt getan. Das sollten wir nicht vergessen!«

Der kleine Harry Springs nickte beifällig. »Ja, stimmt genau. Ohne ihn hätten die Clantons damals die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Das steht fest. Und auch die Farman-Brothers hätten uns wie Hennen gerupft.«

»Hat alles nichts damit zu tun! Jetzt sieht die Sache anders aus. Der Karren steckt mitten im Dreck, und der Marshal kann ihn nicht mehr herauszerren!« rief Summerfield, ein untersetzter, unangenehmer Bursche mit langgezogenem Pferdeschädel und breitem Mund. Während er sprach, zuckte sein Adamsapfel unentwegt auf und nieder. »Die Zeiten haben sich geändert. Wyatt Earp ist am Ende! Er hat sich in einer Sackgasse verrannt. Er hätte sich doch denken können, daß er gegen eine solche Organisation nicht aufkommt. Der Große Chief stampft ihn in die Erde. Und mit ihm die ganze Stadt. Ich habe keine Lust, alles zu opfern, was ich in anderthalb Jahrzehnten aufgebaut habe. Wenn ihr Lust dazu verspürt, dann ist das eure Sache. Wir jedenfalls sind gegen den Marshal. Oder genauer gesagt: dafür, daß er verschwindet!«

»Jawohl, und mit ihm Holliday und Luke Short!« brüllte Sandy Bob.

War die Stimmung anfangs noch sehr geteilt gewesen, so schlugen sich nun mehr und mehr Leute auf die Seite des grauen Clans. Gegen elf Uhr hatte sich die Runde dazu entschlossen, das Office aufzusuchen, um dem Marshal mitzuteilen, daß er Tombstone verlassen solle.

In diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet, und in ihrem Rahmen stand zur namenlosen Verblüffung der Männer Wyatt. Der Marshal warf einen Blick über die Runde und sagte mit ruhiger Stimme:

»Evening, Gents. Sind wir schon soweit gekommen, daß wir zu feige sind, die Stadtversammlungen in der Stadthalle abzuhalten? Müssen wir uns dazu in diese muffige Bude verkriechen?«

Es dauerte eine Weile, ehe jemand wagte zu antworten. Es war der pferdeköpfige Summerfield, der brabbelte: »Es geht jetzt nicht darum, Marshal. Es geht jetzt nur um die Stadt! Es geht darum, daß Tombstone gerettet werden muß.«

»Ganz meine Ansicht, Mr. Summerfield.«

»Die Stadt muß gerettet werden«, brüllte Sandy Bob, »und sie kann nur gerettet werden, wenn Sie das tun, was die Gegenseite verlangt: Sie müssen Tombstone verlassen!«

Der Marshal maß ihn mit einem verächtlichen Blick.

»Die Gegenseite, Sandy? Sie wollten wohl sagen: die Banditen!«

Wyatt wandte sich um. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloß.

*

Ben Summerfield, Sandy Bob und Mat Flegger hatten gegen Mitternacht drei weitere Männer aufgetrieben, die mit ihnen unterwegs hinunter in die Allen Street waren, um den Marshal abzufangen.

Sandy Bob wußte, daß Wyatt Earp um diese Zeit meist ins Russian House Hotel ging, wo sein Quartier war.

Aber sie warteten vergeblich.

Um zwanzig nach zwölf gingen sie in die Allen Street zurück und sahen, daß immer noch Licht im Office brannte.

Da entschlossen sie sich, das Bureau aufzusuchen.

Summerfield und Sandy Bob gingen voran. Die anderen folgten.

Aber im Office saß nur der alte Hunter.

»Wo ist der Marshal?« herrschte ihn Sandy Bob an.

»Ich weiß es nicht, Mr. Bob.«

Da wurde die Hoftür geöffnet, und der Gesuchte trat ein.

Obwohl die Männer erst verblüfft waren, fing sich Summerfield doch schnell und geiferte den Marshal an:

»Mr. Earp, wir sind gekommen, um Sie nochmals dringend aufzufordern, die Stadt zu verlassen.«

»Ach – ?«

»Ja, Sie brauchen das gar nicht so spöttisch zu fragen. Es ist bitter ernst gemeint. Das Wohl der Stadt liegt uns am Herzen –«

»Wie es Ihnen immer am Herzen gelegen hatte«, unterbrach ihn der Missourier brüsk.

»Mr. Earp, wir sind nicht hier um uns mit Ihnen zu unterhalten, sondern um mit Nachdruck Ihre Abreise zu fördern.«

»Was du nicht sagst, Summerfield.«

Der Pferdekopf wich zwei Schritte zurück und trat einem der hinter ihm stehenden Männer auf den Fuß.

»Sie können mich nicht bedrohen, Marshal, ich spreche im Namen der ganzen Stadt!«

Und plötzlich hatte einer der Männer einen Revolver in der Hand. Es war der linkische Theodore Heinson; ein Trinker, der überhaupt nur zu irgend etwas zu gebrauchen war, wenn er wenigstens eine halbe Flasche Whisky intus hatte.

Wyatt blickte auf den Revolver und schüttelte den Kopf.

»Du mußt lebensmüde sein, Ted.«

Heinson lallte mit schwerer Zunge:

»Es hat keinen Zweck, Marshal! Ich kann nicht dulden, daß Sie sich den Boys widersetzen.«

In diesem Augenblick klang draußen Hufschlag auf, der vor dem Office hart abgebremst wurde. Dann war ein schweres Poltern auf den Vorbaudielen, und gleich darauf tauchte hinter den Männern im Türrahmen die riesige Gestalt des Texaners auf.

Als Luke den Revolver in der Hand des Trinkers sah, schaltete er sofort, riß das linke Bein hoch, und die Waffe flog an die Decke. Ein fürchterlicher Faustschlag warf Heinson bis an die schwere Bohlentür, die zum Zellengang führte.

»Hallo, Marshal!« Der Riese wandte sich nach dem Missourier um und tat dann ganz erstaunt, als er die anderen Männer im Office anblickte. »Sie haben Besuch? Wünschen Sie, daß ich noch ein paar Bonbons austeile?«

Summerfield ballte die Fäuste, als er sah, daß die anderen sich bereits dem Ausgang näherten.

»Wartet, Männer! Wir haben dem Marshal etwas zu sagen. Weshalb soll der Sheriff es nicht auch hören?«

»Ja, da bin ich gespannt«, entgegnete der Texaner dröhnend.

»Es ist so, Mr. Short: Die Galgenmänner haben heute Plakate in die Stadt gebracht, auf denen sie den Abzug des Marshals fordern. Und wenn Wyatt Earp nicht geht, wollen sie in einigen Tagen die Stadt in Schutt und Asche legen.«

»Kein schlechter Gedanke«, meinte der Tex, zog eine seiner langen Virginiazigarren aus der Hemdtasche und schob sie zwischen seine großen, ebenmäßig gewachsenen weißen Zähne. Als er das Zündholz an der Decke anriss, sagte er an der Zigarre vorbei: »Wirklich kein schlechter Gedanke, dieses elende Drecksnest niederzubrennen. Man hätte dem Teufel viel Arbeit erspart.«

»Aber Sheriff!« ärgerte sich Summerfield. »Denken Sie doch an die Frauen und Kinder, die Gebrechlichen und die Greise…«

Der Tex winkte ab und schnauzte Summerfield an:

»Halt deinen Rand, Angsthase! Glaubst du, ich wüßte nicht, um was es hier geht? Ihr seid Feiglinge alle miteinander, elende Feiglinge! Raus jetzt, ehe ich mich an euch vergreife!«

Die Männer beeilten sich hinauszukommen.

Der Riese ging ihnen auf den Vorbau nach und ballte die Fäuste:

»Verdammtes Gesindel! Hat sich dieser Mann fast ein Jahrzehnt um die Ohren geschlagen, um dieses Kaff am Leben zu erhalten, und jetzt werden diese Wanzen noch frech! Wenn ich einen von euch noch einmal hier sehe, gibts Knochensalat!«

Schnaubend vor Ärger kam er ins Office zurück und sah zu seiner Verblüffung in das lächelnde Gesicht des Missouriers.

»Ihre Ruhe möchte ich haben, Marshal. Sie haben Nerven wie Stacheldraht. Weshalb haben Sie die Bande nicht verprügelt und hinausgeworfen?«

Der Missourier zog seine breiten Schultern hoch und ließ sie langsam wieder fallen. »Wozu, Luke? Ich brauche meine Nerven jetzt mehr denn je. Wir werden sie alle brauchen…«

*

Am 7. Juli also! Das waren noch drei Tage. Heute war Freitag. Der 7. war ein Montag.

Ganz Tombstone bebte diesem Tag entgegen.

Es war spät am Abend, und im Kontor des Mayors, das gleichzeitig das Office seines Zeitungshauses war, wo der Tombstoner Epitaph herausgegeben wurde, saß John Clum tief über den Tisch gebeugt und schrieb.

Sieben Briefe hatte er verfasst, schob sie in die Umschläge und Schloß das Tintenfass. Dann zog er sein Jackett an, setzte seinen Hut auf und verließ das Haus.

Es war still auf der Freemont Street. Schräg gegenüber gähnte der ewig offenstehende O.K.-Corral. Drüben schoben sich die Konturen der City Hall düster in den hellen Nachthimmel.

John Clum überquerte die Straße und ging am O.K.-Corral vorbei. Wie immer blieb er einen Augenblick stehen und blickte in den düsteren Wagenabstellplatz, in dem sich vor zweieinhalb Jahren Wyatt Earp mit den Clantons geschossen hatte.

Langsam ging er weiter, bog um die Ecke des Harwood-Houses, in dem der siebzehnjährige Billy Clanton nach dem furchtbaren Gunfight gestorben war. Obgleich der grauhaarige Mayor sich schon oft vorgenommen hatte, diese düsteren Dinge zu vergessen, sprangen sie ihn doch immer wieder an, wenn er nachts hier vorüber kam.

Er ging die Dritte Straße hinunter bis zur Allen Street, bog rechts bei Billy Kings Shop ab, passierte noch das kleine Atlantic Restaurant und blieb vor dem großen Steinbau der US-Bank stehen.

Abe Solomons hatte eines der schönsten Häuser der Stadt. Es stand noch nicht sehr lange und bildete neben dem Crystal Palace und einigen anderen Häusern den Stolz der Allen Street.

Der Mayor blickte auf das dunkle Gebäude, sah sich dann nach allen Seiten um und ging schließlich auf den Eingang zu.

Als er die Hand um den Messinggriff des Klingelzuges spannte, hielt er einen Augenblick inne und überlegte. Dann zog er den Griff zurück. Hart und metallen fiel das Geräusch der Türglocke in den Hausgang.

Es dauerte eine Weile, bis im Obergeschoß eines der Fenster geöffnet wurde.

»Wer ist da unten?« hörte der Mayor die Stimme des Bankiers.

»Ich bin’s, Solomons.«

»Der Mayor?«

»Ja –«

»Warten Sie, ich komme.«

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Solomons die Tür öffnete, um den Bürgermeister einzulassen.

»Was führt Sie denn so spät noch zu mir, Mr. Clum!«

»Können wir einen Augenblick in Ihr Office gehen, Mr. Solomons?«

»Selbstverständlich.«

Der weißhaarige Bankier führte den Mayor in sein Bureau. Als er ihm einen Sessel anbieten wollte, lehnte Clum ab und kam gleich zur Sache.

»Sie waren doch an meinem Haus interessiert, Mr. Solomons –!«

Der Bankier blickte ihn verblüfft an. »Wieso, wollen Sie es plötzlich doch verkaufen?«

»Verkaufen nicht, Mr. Solomons. Ich habe Ihnen damals schon gesagt, daß ich das Haus für meine Zeitung brauche und die Zeitung noch einige Jahre herausgeben will. Aber ich möchte Geld auf das Haus aufnehmen.«

»Auf das Haus?« Solomons fuhr sich durch sein weißes Haar. Lauernd beobachtete er den Bürgermeister, da er sich dessen plötzlichen Entschluß nicht erklären konnte. »Wieviel wollen Sie aufnehmen?«

»Siebentausend Dollar.«

Der Bankier fuhr sich wieder durchs Haar, nahm dann seine Brille auf und schob sie sich auf die Nase.

»Das ist ein schönes Stück Geld, Clum.«

Prompt ließ er schon den ›Mister‹ weg. Der Mayor überhörte diese Unhöflichkeit und versetzte:

»Ja, aber Sie wissen selbst, daß das Haus gut und gern dieses Geld wert ist.«

Sie verhandelten noch eine Weile, und dann war der Bankier einverstanden, das Geld zu einem beträchtlichen Zinssatz auszuleihen.

Schweren Herzens trat John Clum den Heimweg an, auf dem er im Post Office die sieben Briefe einwarf.

*

Der Samstag verlief in bedrückender Ruhe. Alles blieb still in Tombstone.

Wyatt Earp machte unablässig die Runde durch die Stadt, und zwar nicht ohne sein Pferd, um gegebenenfalls schneller vorwärts zu kommen.

Doc Holliday hatte gegenüber vom Crystal Palace im Obergeschoß des Grand Hotels ein Zimmer bezogen, von wo aus er die Mainstreet gut im Auge hatte.

Luke Short ritt durch den südlichen Teil der Stadt, während der Marshal den nördlichen abgraste. Und die Deputies Jeff und Ric Hunter patrouillierten jeweils am Ost- und Westrand Tombstones. Der alte Hunter saß meist allein im Office, um Wache zu halten.

Der Samstag war ereignislos vergangen, und auch die Nacht zum Sonntag war still.

Gedrückt kamen die Menschen in die beiden Gotteshäuser und lauschten während des Gebets ängstlich nach draußen.

Im Schneckentempo krochen die Stunden vorüber. Es wurde Nachmittag und schließlich Abend.

Blauschwarze Nacht lag über Tombstone. Nur noch wenige Stunden trennten die Stadt vom Montag.

Wyatt Earp war im Sheriffs Office und hatte gerade mit dem alten Hunter die neuen Wachrunden der beiden Deputies besprochen, als draußen auf dem Vorbau Schritte zu hören waren.

Der Missourier löschte sofort das Licht, forderte den Alten auf, in den Hof zu gehen, und trat selbst in die Tür zur Straße.

Mehrere Männer kamen vom Oriental Saloon her und blieben vor dem Marshal stehen.