Early Life Care als Willkommensmanagement für Neugeborene. Unterstützung für werdende Eltern und Familien mit Kleinkindern - Katharina Theißig - E-Book

Early Life Care als Willkommensmanagement für Neugeborene. Unterstützung für werdende Eltern und Familien mit Kleinkindern E-Book

Katharina Theissig

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Beschreibung

Seit Jahren sinkt in Deutschland die Zahl der Neugeborenen. Das liegt in vielen Familien zum einen an der beruflichen Tätigkeit beider Elternteile, zum anderen jedoch auch an der schwierigen Versorgungslage von werdenden Eltern. Wie sieht die aktuelle Lebenssituation von Neugeborenen und ihren Familien konkret aus? Welche Hilfs-, Unterstützungs- und Entlastungsangebote gibt es gegenwärtig für Schwangere, Familien mit Säuglingen und Kleinkindern? Welche Lücken in der Versorgungslandschaft lassen sich identifizieren? Und wie sieht eine optimale Versorgung für Schwangere und junge Familien überhaupt aus? In ihrem Buch stellt Katharina Theißig das Early Life Care-Programm vor. Dieses soll ein verbessertes Willkommensmanagement für Neugeborene und deren Familien etablieren. Den Eltern wird damit eine bestmögliche Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder geboten. Theißigs Handlungskonzept ist praxisnah und gibt konkrete Empfehlungen für die städtische Ebene. Aus dem Inhalt: - frühkindliche Betreuung; - Schwangerschaftshilfen; - Unterstützung alleinerziehender Elternteile; - frühkindliche Erziehung; - work life child balance

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Inhaltsverzeichnis

Abstract

1Einleitung

2Ausgangssituation

3Die Notwendigkeit einer Willkommenskultur für Neugeborene und deren Familien

3.1 Schutz- und Belastungsfaktoren in der frühen Kindheit und daraus ableitbare Bedarfe von Neugeborenen und Kleinkindern

3.2 Entwicklungsaufgaben und ausgewählte Bedarfe der Eltern mit der Geburt eines Kindes

3.3 Erste Zusammenfassung

4Neugeborene und deren Familien – ein Handlungsfeld für Kommunen

4.1 Rechtliche Rahmenbedingungen, Aufgaben, Ziele von Kommunen

4.2 Volkswirtschaftlicher Nutzen durch frühe Förderung

4.2.1 Perry Preschool Study

4.2.2 Abecedarian Project

4.2.3 Chicago Child-Parent Center and Expansion Program

4.2.4 Kosten-Nutzen-Analyse der deutschen Frühen Hilfen

4.2.5 Kosten-Nutzen-Analyse der österreichischen Frühen Hilfen:

4.3 Bestehende Konzepte von Städten, Gemeinden und Landkreisen

4.4 Zweite Zusammenfassung

5Das kommunale Handlungskonzept Early Life Care am Beispiel der Stadt Laufen

5.1 Vision und Zielsetzung

5.2 Nutzen

5.3 Prinzipien

5.4 Themenfelder

5.5 Bausteine, Konzeptphasen, Meilensteine und Zeitplan

5.6 Pilotierung

5.7 Qualitätssicherung

6Diskussion

7Zusammenfassung und Forschungsausblick

8Glossar

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Anhang

Anhang I

Anhang II

Anhang III

Anhang IV

Anhang V

Anhang VI

Anhang VII

Danksagung

Abstract

Die Lebensphase der frühen Kindheit und die Unterstützung und Förderung von Neugeborenen und ihren Familien erfahren heute sowohl in der Forschung als auch in der Praxis ein allgemein gestiegenes Interesse. Zielsetzung dieser Arbeit ist es, ein verbessertes Willkommensmanagement für Neugeborene und deren Familien in Städten und Gemeinden zu etablieren. Dies soll mithilfe eines neu entwickelten Handlungskonzeptes, hier konkretisiert am Beispiel der Stadt Laufen aus dem Landkreis Berchtesgadener Land, erreicht werden. Das kommunale Handlungskonzept Early Life Care geht von der Analyse bereits verfügbarer Datenquellen aus (z.B. Sozialraumanalyse, Familienbericht der Stadt Laufen) und berücksichtigt die zentralen Befunde ausgewählter Forschungen. Besonders in den Blick genommen wurden dabei die Belastungs- und Schutzfaktoren der frühen Kindheit, die Entwicklungsaufgaben von Eltern mit der Geburt eines Kindes sowie die Funktion der Städte und Gemeinden bei der Förderung und Unterstützung von Neugeborenen und deren Familien. Auch eigene theoretische Überlegungen finden Einzug im kommunalen Handlungskonzept Early Life Care. Das Ergebnis ist ein vollständig theoretisch entwickeltes Handlungskonzept mit dreizehn aufeinander aufbauenden Bausteinen und vier Themenfeldern, die die Grundlage und Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Implementierung definieren. Die Schlussfolgerung ist, dass das kommunale Handlungskonzept Early Life Care aktuell auf theoretischer Ebene entwickelt vorliegt und als nächsten Schritt mit Praxiserfahrung erprobt und abgeglichen werden kann.

Schlagwörter:

1 Einleitung

Die Stadt Laufen hat im Sommer 2018 entschieden, sich familienfreundlich und generationengerecht weiterzuentwickeln. Dafür wurde in Zusammenarbeit mit der Verfasserin vorliegender Masterarbeit beschlossen, ein familienpolitisches und generationengerechtes Gesamtkonzept auszuarbeiten. Für die Umsetzung der erarbeiteten Ziele und Maßnahmen wurde Anfang des Jahres 2020 die offizielle Arbeitsstelle der Familienbeauftragten in der Stadtverwaltung geschaffen und mit der Verfasserin vorliegender Masterarbeit besetzt.

Im Rahmen meiner Zusammenarbeit mit der Stadt Laufen zur Erarbeitung des familienpolitischen und generationengerechten Gesamtkonzeptes hat sich herauskristallisiert, dass Schwangere und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern noch stärker als bisher in den Fokus der Betrachtung gerückt werden sollen, damit sich diese in der Stadt noch stärker als bisher willkommen fühlen. Damit knüpft die Stadt Laufen an das allgemein gestiegene Interesse sowohl in der Forschung als auch in der Praxis im Hinblick auf die Lebensphase der frühen Kindheit und der Unterstützung und Förderung von Schwangeren und jungen Familien an.

Ziel der Masterarbeit ist es, ein verbessertes Willkommensmanagement für Neugeborene und deren Familien in der Stadt Laufen zu etablieren. Dies soll mithilfe des neu entwickelten kommunalen Handlungskonzeptes Early Life Care erreicht werden.

Die Zielsetzung dieser Arbeit lässt sich dementsprechend anhand von fünf Fragestellungen präzisieren:

· Wie schaut die aktuelle Lebenssituation von Neugeborenen und ihren Familien in der Stadt Laufen konkret aus?

· Welche Hilfs-, Unterstützungs- und Entlastungsangebote gibt es gegenwärtig für Schwangere, Familien mit Säuglingen und Kleinkindern in der Stadt Laufen und welche Lücken in der Versorgungslandschaft lassen sich identifizieren?

·Welche Forschungsergebnisse zu kindlichen Schutz- und Belastungsfaktoren liegen vor, die die Notwendigkeit einer Förderung in der frühen Kindheit rechtfertigen?

·Welche Bewältigungsaufgaben sind für die (werdenden) Eltern mit der Geburt eines Kindes verbunden und welche Bedarfslagen können daraus abgeleitet werden?

·Wie kann eine angemessene, optimale Versorgung für Schwangere und junge Familien in der Stadt Laufen ausschauen?

Bei der vorliegenden Masterarbeit handelt es sich um eine Konzeptarbeit. Zur Beantwortung der Fragestellungen findet zunächst eine Situationsanalyse statt, für welche die Sozialraumanalyse und der Familienbericht der Stadt Laufen herangezogen werden. Zudem erfolgt eine Literaturanalyse anhand ausgewählter wissenschaftlicher Studien, um nähere Informationen über die Belastungs- und Schutzfaktoren von Kleinkindern, Entwicklungsaufgaben der Eltern sowie daraus ableitbaren Bedarfslagen zu gewinnen. Auch die Funktion der Städte und Gemeinden bei der Förderung und Unterstützung von Neugeborenen und deren Familien wird näher beleuchtet, indem der rechtliche Rahmen, die Kostenwirksamkeit und bereits bestehende Konzepte beschrieben werden. Anschließend wird auf Grundlage der theoretischen Ausführungen ein kommunales Handlungskonzept Early Life Care für die Stadt Laufen erarbeitet. Für die Konzepterarbeitung wird auf Methoden der Visionsbildung, Leitbildentwicklung und Entscheidungsfindung sowie auf Methoden des Projektmanagements zurückgegriffen.

2 Ausgangssituation

Kinder sind die Zukunft und das Lebenselixier für eine funktionierende Gesellschaft. Kinder bringen Freude ins Leben und sind Wegbereiter für die Gestaltung der Zukunft. Nüchtern betrachtet erfüllen Kinder in ihrem späteren Leben als Erwachsene wichtige Funktionen für die Weiterentwicklung einer Gesellschaft. Sie nehmen die Rolle der zukünftigen Arbeitskräfte ein, um die Funktion der Wirtschaft sicherzustellen und sind auch zukünftige Renten- und Sozialbeitragszahler und Sozialbeitragszahlerinnen. Gerade in Zeiten des demographischen Wandels ist es wichtig, mehrere gezielte Ansätze zu verfolgen, eine Gesellschaft zukunftsfähig zu gestalten, wie zum Beispiel über gesteuerte Zuwanderungspolitik oder eben die gezielte Förderung von Familien mit Kindern. Mein Handlungskonzept Early Life Care zielt deshalb darauf ab, auf kommunaler Ebene eine möglichst ideale Willkommenskultur für (werdende) Familien zu schaffen.

Der demographische Wandel lässt sich auch in der Stadt Laufen erkennen. Die verfügbaren statistischen Zahlen der Stadt Laufen lassen seit vielen Jahren einen kontinuierlichen Bevölkerungsanstieg erkennen (vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik, 2018, S.6). Im April 2019 waren 7.207 Einwohner und Einwohnerinnen mit einem Erstwohnsitz in der Stadt Laufen registriert. Davon waren 16,2% zum 31.12.2018 unter 18 Jahre, 20,7% über 65 Jahre und 11% über 75 Jahre (vgl. Tekles, 2019, S.7-12). Parallel dazu ist in der Stadt Laufen seit den 1960er Jahren ein deutlicher Geburtenrückgang zu beobachten (vgl. Tekles, 2017, S.23). Im Jahr 2018 wurden 68 Kinder in der Stadt Laufen geboren (vgl. Tekles, 2019, S.15-19). Die Tendenz geht dahin, dass die meisten Eltern mit ihren Kindern in der Stadt Laufen gemeinsam und verheiratet zusammenleben. Dennoch gibt es auch Alleinerziehende vor Ort, auf ca. 25% aller Frauen in der Stadt Laufen trifft dies aktuell zu (Tekles, 2017, S.31f). Theißig fasst die zentralen Ergebnisse der Sozialraumanalyse der Stadt Laufen von Tekles wie folgt zusammen:

„Im Regionalvergleich ergibt sich […] folgendes Ranking für die Stadt Laufen:

•Geburtenquote ist unterdurchschnittlich i. V. zu Bayern und Deutschland

•Arbeitsplatzdichte für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte niedriger als jene von Oberbayern, Bayern und Deutschland

•Arbeitsplatzdichte für geringfügig Beschäftigte vergleichsweise hoch

•Beschäftigungsquote der in der Stadt wohnenden Erwerbstätigen ist hoch

•Arbeitslosenquote  i. V. zu Oberbayern und Bayern hoch (auf 3. Platz landkreisweit); inkludierte Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 25 Jahre vergleichsweise niedrig

•Straftatenquote liegt mit 4,37% im überregionalen Vergleich auf niedrigem Niveau (davon zumeist Diebstähle und Sachbeschädigungen)

•Der Besuch der unter 3-Jährigen in den Kindertagesstätten ist im überregionalen Vergleich gering; auch bei den 3- und 4-Jährigen sind Besuchsquoten steigerungsfähig, was verwunderlich ist in Anbetracht der relativ hohen Alleinerziehendenquote (Tekles zit. nach Theißig, 2018, S. 9).

Die beschriebenen Befunde können noch ergänzt werden durch die Ergebnisse der Sozialraumanalyse von 2019. Wesentliche Ergebnisse im Hinblick auf Neugeborene und deren Familien sind

· der deutliche Anstieg der Zuzüge, v.a. von 30-50-Jährigen und unter 18-Jährigen sowohl im Zeitverlauf bis 2017 als auch im Vergleich mit den Fortzügen (vgl. Tekles, 2019, S. 18-23),

· die Tendenz hin zur Überalterung aufgrund anhaltender niedriger Geburtenzahlen und infolge der starken Jahrgänge rund um das Geburtsjahr 1964 (ebd., S. 24-30),

· der wachsende Bedarf an Wohnraum, da kaum neue Wohnungen in den letzten Jahren genehmigt und gebaut wurden (ebd., S. 58f),

· der aktuelle Auslastungsgrad der Kindertagesstätten in der Stadt Laufen liegt bei 87%, sodass noch ungenutzte Platzkapazitäten zur Verfügung stehen. Diese werden in den nächsten Jahren vollends ausgeschöpft und weitere Betreuungsplätze erforderlich, da eine deutliche Bedarfssteigerung bei den 0-3 Jährigen (aufgrund der neuen Zuschussregelungen und der demographischen Entwicklungen) und auch bei den 3-7-Jährigen (aufgrund des neuen Einschulungskorridors) zu erwarten ist (ebd., S. 67-71).

Neben den demographischen Herausforderungen steht die Stadt Laufen laut den Schilderungen von Theißig im Familienbericht aktuell vor folgenden weiteren Aufgaben:

· Schaffen von generationsübergreifenden Infrastrukturen und barrierefreien und bezahlbaren Wohnformen (vgl. Theißig, 2018, S. 11),

· Weiterentwickeln der generationsübergreifenden Freizeit- und Erholungsangebote (ebd., S. 12),

· Sicherstellung der Nahversorgung vor Ort (ebd., S. 13),

· Erarbeitung einer stadtverträglichen Verkehrslösung (ebd., S. 13),

· Eröffnung von chancengerechten Zugängen zu Betreuung und Bildung für alle Generationen (ebd., S. 14),

· Attraktivitätssteigerung der Stadt Laufen als Wirtschaftsstandort im Grenzraum zu Salzburg (ebd., S. 15).

Die Unterstützung von Kindern, Eltern und Familien ist schon seit geraumer Zeit ein wichtiges Handlungsfeld der Kommunalpolitik in der Stadt Laufen (vgl. Theißig, 2019, S. 7). Folgende Maßnahmen speziell für Familien mit einem Neugeborenen und/ oder Kleinkind konnten bereits erfolgreich umgesetzt werden: Windelsäcke, Begrüßungsgeld, Patengeschenk in Höhe von 75€ bei Geburt des Kindes, Spargutschein von Laufener Bankinstituten bei Geburt des Kindes, Eltern-Kind-Gruppen und die Städt. Kinderkrippe (vgl. Theißig, 2018, S. 16). Zudem stehen den Laufener Schwangeren und Familien mit Neugeborenen und Kleinkindern folgende weitere Angebote zur Verfügung, die von kreisangehörigen Nachbargemeinden, vom Landkreis Berchtesgadener Land und/ oder von sonstigen Anbietern initiiert wurden: Familienwegweiser für den Landkreis, Hebammen-Nachsorge, (kinder)ärztliche Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung, Schwangerenberatung, Familiencafe und Elternfrühstücks in Nachbargemeinden, freiberufliche Angebote (z.B. Babyschwimmen, Musikgarten); Elternwerkstatt; die Erziehungs- und Familienberatung durch die Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche; Ehe-, Familien- und Lebensberatung durch die Ehe-, Lebens- und Familienberatungsstelle und Beratung bei Trennung und Scheidung, zur Unterhaltsthematik, zur Kinderbetreuung sowie erzieherische Hilfen nach SGB VIII durch das Amt für Kinder, Jugend und Familie (vgl. Theißig, 2018, S. 16).

Obwohl, wie dargestellt, eine ganze Reihe an Angeboten für Neugeborene und deren Familien vorhanden sind, wird im Vergleich mit anderen bayerischen Kommunen und Landkreisen ersichtlich, dass es aktuell diverse Lücken in der Stadt Laufen und auch im Landkreis Berchtesgadener Land gibt. Es fehlen beispielsweise ein landkreisweites Frühe Hilfen-Netzwerk und auch eine Koordinierende Kinderschutzstelle (KoKi) im Kreisjugendamt, es mangelt an Tagesmüttern und an einem/r Kinderarzt/-ärztin in der Stadt Laufen, an einem/r zentralen Ansprechpartner/-in für Familien im Laufener Rathaus, einer regelmäßigen Bedarfserhebung bei den Laufener Familien und eine systematische Aufbereitung der Ergebnisse in Form kontinuierlicher Familienberichte. Auch mehr familienfreundliche Maßnahmen in den regionalen Unternehmen, leistbarer Wohnraum sowie familienbezogene Bildungs- und Freizeitangebote sind, wie die erste systematische Bürgerbefragung und auch die Experten und Expertinnen-Interviews von Theißig im Jahr 2018 in der Stadt Laufen ergab, erstrebenswert (vgl. Theißig, 2018, S.41ff, S. 69-74). Ergänzend dazu ist nach Theißig in naher Zukunft eine weitere Lücke in der Stadt Laufen zu befürchten, da die freipraktizierende Hebamme, welche bislang Geburtsvorbereitung, Hausgeburten, Hebammen-Nachsorge und zahlreiche weitere Angebote für junge Eltern angeboten hat, in den Ruhestand geht und sich bislang kein Nachfolger/ keine Nachfolgerin für die Hebammenpraxis finden ließ (ebd., 2018, S.16).

Diese bereits vorhandenen bzw. zu erwartenden Lücken müssen zur weiteren Optimierung der Situation geschlossen werden. Dies wurde auch von der Stadt Laufen erkannt. Deshalb hat sich die Stadt Laufen 2018 dazu entschieden, ein familienpolitisches und generationengerechtes Gesamtkonzept zu erarbeiten (Theißig, 2018a und 2019). Damit nimmt sie im Landkreis Berchtesgadener Land eine Vorreiterposition ein und ist die erste Kommune, die sich systematisch der Familienförderung und somit auch dem Kinderschutz zuwendet. Für die Begleitung dieses Gesamtprozesses wurde die Verfasserin vorliegender Masterarbeit freiberuflich als Projektleitung beauftragt und besetzt auch seit 1.1.2020 die neu geschaffene Stelle, die der/s Familienbeauftragten, in der Stadtverwaltung, die für die Förderung eines familienfreundlichen und generationengerechten Bewusstseins in der Stadt Laufen verantwortlich ist.

Was bislang fehlt, ist eine systematische Untersuchung,

· wie willkommen sich Schwangere und Familien mit Säuglingen und Kleinkindern in der Stadt Laufen fühlen,

· vor welchen Herausforderungen und Problemen Schwangere und junge Familien aktuell in der Stadt Laufen stehen und

· welche Unterstützungsangebote Schwangere und junge Familien aus der Stadt Laufen brauchen, um mit ihrer Lebenssituation leichter zurechtzukommen.

3 Die Notwendigkeit einer Willkommenskultur für Neugeborene und deren Familien

Der Begriff der Willkommenskultur ist in den letzten Jahren ein bekanntes Schlagwort in der Gesellschaft geworden, vor allem über den Kontext der Migration. In diesem Zusammenhang gibt es auch einige Begriffsdefinitionen. Heckmann beispielsweise beschreibt mit dem Begriff der Willkommenskultur zum einen eine Grundhaltung der Offenheit und Akzeptanz gegenüber anderen Menschen. Zum anderen bündelt dieser auch die Vielzahl an Initiativen in Organisationen und Institutionen, durch die Barrieren der Integration abgebaut und Wege der Inklusion gefunden werden sollen (vgl. Heckmann, 2014, S. 13)[1].

Ich verwende diesen Begriff im Rahmen vorliegender Masterarbeit als Schlagwort, um die Kernaussage meines kommunalen Handlungskonzeptes mit einem Wort klar herauszuheben, denn es gibt meines Erachtens keinen besseren Zeitpunkt, einen Menschen willkommen zu heißen, als wenn dieser als neue(r) Bürger/ Bürgerin auf die Welt kommt und Teil unserer Gesellschaft wird.

Das Kapitel drei widmet sich nun der Frage, welche Risiko- und Schutzfaktoren sowie Bewältigungsaufgaben Kinder und Eltern in den ersten Lebensjahren als Familie haben und welche Bedarfslagen sich daraus ergeben.

3.1 Schutz- und Belastungsfaktoren in der frühen Kindheit und daraus ableitbare Bedarfe von Neugeborenen und Kleinkindern

Zahlreiche empirische Studien aus unterschiedlichen Forschungsdisziplinen belegen, dass es in der Zeit der Zeugung und bis etwa zum Schuleintritt verschiedene Schutz- und Belastungsfaktoren gibt, die Einfluss auf die bio-psycho-soziale Entwicklung eines Kindes haben. Beispielhaft genannt werden können die Kauai-Studie mit einer Laufzeit von 40 Jahren (Werner, 1977, 1982, 2001) und die Mannheimer Belastungsfaktoren-Studie mit einer Laufzeit von 25 Jahren (Lösel & Bender, 1994). Diese Studien sind besonders aussagekräftig, weil die Probanden mehrfach untersucht worden und dadurch Ergebnisse zu den zeitlichen Entwicklungen und Veränderungen getroffen werden können. Nachfolgende Belastungsfaktoren werden in den beiden Studien beschrieben:

Tabelle 1: Zusammenfassende Übersicht der Belastungsfaktoren

Quelle: In Anlehnung an Lösel & Bender, 1994; Werner, 1977, 1982, 2001

Die Mannheimer Risikostudie und die Kauai-Studie zeigten ferner, dass

· zahlreiche Risikofaktoren zu langfristig ungünstigen Entwicklungsverläufen bei den Kindern geführt haben. Am prägnantesten fielen diese aus bei den Risikofaktoren „broken Home“ der Mutter, unerwünschte Schwangerschaft, niedriges Bildungsniveau der Eltern, beengte Wohnverhältnisse, allein erziehende Mutter, frühe Elternschaft.

· bei einer Kumulation der Risikofaktoren in den Familien auch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer psychischen Erkrankung der Kinder deutlich anstieg.

· es eine hohe interindividuelle Variabilität bezüglich der Reaktion auf die Belastungen bei den Kindern gab. Das bedeutet, dass sich nicht alle Kinder trotz belasteter Lebenslagen ungünstig entwickelten. In der Fachliteratur wurde dafür der Begriff der „Resilienz“[2] eingeführt.

· es Schutzfaktoren gibt, durch die die Risikofaktoren abgemildert werden können. Als solche kristallisierten sich heraus: eine positive Eltern-Kind-Beziehung; hohe kindliche Kompetenzen; Kindeigenschaften, die bei Erwachsenen positive Reaktionen auslösen; religiöse Überzeugungen; ressourcenstärkende Kontakte zu Gleichaltrigen, Nachbarn, Lehrern (Lösel & Bender, 1994; Werner, 1977, 1982, 2001).