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Alexander Seggelke hat in seiner Masterarbeit die Schmale Aue und den Seppenser Bach, zwei Nebenbäche der Seeve im Norddeutschen Tiefland Niedersachsens, fischereibiologisch untersucht. Sie gehören zur Forellenregion. Beide wurden nach Beschreibung des jeweiligen Fischereipächters in ähnlicher Art mit Kies und Geröll restauriert. Sauerstoffmessungen im Porenlückenraum von Meerforellenlaichbetten und Bestandsaufnahmen der Fischpopulationen belegen, dass ein Bach selbstreproduzierende Forellen in mehrjährigem Populationsaufbau und begleitende, standorttypische Kleinfische aufweist – der andere dagegen nicht. Ob lokale Ursachen für diese gravierenden Unterschiede maßgeblich sind und / oder in einem Bach die Restaurierung suboptimal erfolgte, bleibt weiteren Untersuchungen vorbehalten. Restaurierungen über die untersuchten Strecken hinaus sind erforderlich.
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Seitenzahl: 74
Veröffentlichungsjahr: 2017
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Die Edmund Siemers-Stiftung veröffentlichte bisher im Bereich Fließgewässerschutz
2014, Björn Tent: Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstrukturgüte der Este zwischen Langeloh und Emmen. BoD. – ISBN 978-3-7357-4966-6.
2012, Willem Salge: Landschaftsökologische Charakterisierung und Bewertung des Einzugsgebietes der Fuhlau (LK Harburg) als Grundlage für ein Entwicklungskonzept zur Verbesserung der Nährstoffretention. BoD. – ISBN 978-3-8482-3335-9.
2008, Thomas Janssen & Wilhelm Ripl: Grundlagen für eine nachhaltige und klimastabilisierende Landbewirtschaftung in den Einzugsgebieten von Este, Seeve, Oste und Wümme. BoD. – ISBN 978-3-8334-8122-2.
2007, Gerd Janssen: Forelle, Schwarzstorch, Flatterulme – Indikatoren lebendiger Bäche und Flüsse. Kleine Schriften aus drei Jahrzehnten Fließgewässerschutz. BoD. – ISBN 978-3-8334-8791-0.
2007, Kerstin Grabowsky: Die Heidenauer Aue – Gewässerstruktur und Einzugsgebiet eines Fließgewässers. BoD. – ISBN 978-3-8334-6631-1.
2007, Hilke Prange: Ochre Pollution as an Ecological Problem in the Aquatic Environment – Solution Attempts from Denmark. BoD. – ISBN 10: 3-8334-6632-4, 13: 978-3-8334-6632-8.
2006, Inga Krämer: Verrohrte Fließgewässer bei der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie – mögliche Lösungen und deren ökonomische Auswirkungen. BoD. – ISBN 10: 3-8334-6518-2, 13: 978-3-8334-6518-5.
2006, Ludwig Tent: Ocker – ein Gewässerproblem, gegen das wir einiges tun können. – Ad fontes Verlag, Hamburg, 21 S., ISBN 3-932681-46-0
2002, Ludwig Tent: Bessere Bäche – Praxistipps – Bereits geringer Aufwand bringt große Erfolge für den Lebensraum. – (gemeinsam herausgegeben mit: Hanseatische Natur- und Umweltinitiative Hamburg) – Ad fontes Verlag, Hamburg, 68 S., ISBN 3-932681-3.
2001, Ludwig Tent: Pflanzen und ihre Bedeutung für Fließgewässer – Praxistipps. – (gemeinsam herausgegeben mit: Hanseatische Natur- und Umweltinitiative Hamburg) – Ad fontes Verlag, Hamburg, 52 S., ISBN 3-932 681-29-0.
2000, Madsen, B. L. & L. Tent: Lebendige Bäche und Flüsse - Praxistipps zur Gewässerunterhaltung und Revitalisierung von Tieflandgewässern. BoD (Books on Demand), 156 S., ISBN 3-89811-546-1.
1998, Ludwig Tent: Unsere Heidebäche brauchen Hilfe. Überarbeitete Neuauflage. Hamburg, 16 S. – ISBN 3-932681-30-4
Edmund Siemers-Stiftung, Schlankreye 67, 20144 Hamburg
Vorwort des Herausgebers
Zusammenfassung
Einleitung
1.1 Veranlassung
1.2 Situation und Fragestellungen
Untersuchungsgebiet
2.1 Naturraum und Lage
2.2 Schmale Aue
2.3 Seppenser Bach
Material und Methoden
3.1 „Space for time” Untersuchung
3.2 Strukturvermessung
3.3 Sauerstoffmessung im Interstitial
3.4. Bestandsaufnahme der Fischfauna
3.5 Ökologische Bewertung der Fischfauna
3.6 Statistische Auswertung
Ergebnisse
4.1 Strukturvermessung
4.1.1 Schmale Aue
4.1.2 Seppenser Bach
4.2 Sauerstoffmessung im Interstitial
4.2.1 Schmale Aue
4.2.2 Seppenser Bach
4.3 Fischfauna
4.3.1 Schmale Aue
4.3.2 Seppenser Bach
4.3.3 Erstellung einer Referenzfischfauna am Beispiel der Schmalen Aue
4.3.4 Bewertung der Fischfauna (fiBs) - Schmale Aue
4.3.5 Bewertung der Fischfauna (fiBs) – Seppenser Bach
Diskussion
Fazit
Literaturverzeichnis
Effizienz von Kiesbettrenaturierungen und deren Auswirkung auf die Fischfauna in zwei Tieflandbächen in Niedersachsen
Inzwischen sind 40 Jahre nach der ersten Ökologisierung des deutschen Wasserrechts im Jahr 1977 verstrichen. Angesichts damals sogar optisch sichtbarer, erheblicher Gewässerbelastungen wurde hervorgehoben, dass jedermann darauf zu achten habe, die biologischen, chemischen und physikalischen Eigenschaften der Gewässer nicht weiter zu verschlechtern. Der amtliche Gewässerschutz hat in den Folgejahren mit konsequent eingesetzten Umwelttechnikverfahren gute Erfolge in der Abwasserreinigung erzielt. Im Gegensatz zu diesem Umgang mit gewässerbelastenden Punktquellen steht bis heute die Vernachlässigung der Lebensraumstruktur und insbesondere die Betrachtung des gesamten Einzugsgebiets im Hinblick auf abzustellende, zerstörerische Ursachen. Die im deutschen Wasserrecht verankerten, im Jahr 2000 in Kraft getretenen Ziele, für alle Gewässer einen guten Zustand / ein gutes Potential zu erreichen, sind – im Gegensatz zur Abwasserreinigung – nicht adäquat angestrebt worden.
Die Edmund Siemers-Stiftung engagiert sich seit ihrer Gründung im Naturschutzjahr 1995, das im Zeichen von „Naturschutz außerhalb von Schutzgebieten“ stand, unter anderem konsequent für Verbesserungen an Bächen und kleinen Flüssen (vgl. z.B. Tent 20151). Seit 2006 ergänzt eine Schriftenreihe dieses Vorgehen. Hierin werden in lockerer Folge aktuelle Themen dargestellt, die andernorts (noch) nicht hinreichend berücksichtigt werden.
Auch dieser Band mit fischereibiologischem Schwerpunkt versteht sich als Anstoß für die lebensraumorientierte Gewässerverbesserung. Bislang sind vergleichbare Untersuchungen an restaurierten (Forellen-)Bächen in Deutschland eher selten. Mögen die hierin dargestellten Erkenntnisse im Hinblick auf eine „schlanke“ Hilfe für standorttypische Organismen vielfältige Anwendung in der Praxis finden.
Alexander Seggelke hat seine Masterarbeit an der Schmalen Aue und dem Seppenser Bach, zwei Nebenbächen der Seeve, durchgeführt. Beide Bäche wurden nach Beschreibung des jeweiligen Fischereipächters, zwei Anglervereinen, ähnlich mit Kies und Geröll restauriert. Sauerstoffmessungen im Porenlückenraum von Meerforellenlaichbetten und Bestandsaufnahmen der Fischpopulationen bilden wesentlichen Inhalt seiner Arbeit. Es zeigt sich, dass der eine Bach selbstreproduzierende Forellen in mehrjährigem Populationsaufbau und begleitende, standorttypische Kleinfische aufweist – der andere dagegen nicht. Ob lokale Ursachen für diese gravierenden Unterschiede eine Rolle spielen und / oder in einem Bach die Restaurierung suboptimal erfolgte, bleibt weiteren Untersuchungen und weiter notwendigen Restaurierungen über die untersuchten Strecken hinaus vorbehalten. Wesentliche Grundlage ist dabei, dass beschriebene, erfolgreiche Vorgehensweisen angewendet werden (vgl. z.B. Madsen und Tent 2000, Tent 2014, Altmüller und Kubitzki 2017). Vom fachlichen Grundsatz her und insbesondere angesichts der notwendigen Anpassung an den Klimawandel benötigt der sommerkühle Bach dabei beidseitige Randstreifen mit mindestens einreihigem Erlensaum.
Die Schmale Aue, vorbildliche Strecke mit Erlensaum. – Wo auch die Sohlstruktur durch richtiges Restaurieren wieder hergestellt wurde, lebt der Forellenbach.
Der Autor und die Edmund Siemers-Stiftung danken der Hochschule Bremen, Fakultät 5 „Natur und Technik“, für die Zustimmung zu dieser Veröffentlichung.
Dr. Ludwig Tent
Dr. Andreas Wass von Czege
Hamburg, im Februar 2017
1 Im Vorwort des Herausgebers zitierte Literatur
Altmüller, R. & J. Kubitzki (2017): Wiederherstellung naturnaher Gewässerbettstrukturen von Heidebächen durch Kieseinbringung und Erfolgskontrollen anhand der Fischfauna. – Korrespondenz Wasserwirtschaft 2017 (10) Nr. 2: 93-99.
Madsen, B. L. & L. Tent (2000): Lebendige Bäche und Flüsse - Praxistipps zur Gewässerunterhaltung und Revitalisierung von Tieflandgewässern. – BoD (Books on Demand, Norderstedt), 156 S., ISBN 3-89811-546-1.
Tent, B. (2014): Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerstrukturgüte der Este zwischen Langeloh und Emmen. – BoD, 95 S., ISBN 978-3-7357-4966-6.
Tent, L. (2015): Instream Restaurieren – jüngere Beispiele aus Hamburg-nahen Fließgewässern. – in: Gulyas, H. & R. Otterpohl (Hrsg.): Hamburger Berichte zur Siedlungswasserwirtschaft 91: 79-99. ISBN 978-3-942768-16-0.
Massive Sandeinträge und andere anthropogene Eingriffe belasten heutzutage die Lebensräume kiesgeprägter Flüsse und Bäche in Norddeutschland.
Im Jahr 2014 wurden an den beiden Bächen Schmale Aue und am Seppenser Bach in mitten der Lüneburger Heide großflächige Kieseinbringungen vorgenommen. Die zuständigen Pachtvereine der Gewässerabschnitte wollten mit den Renaturierungsmaßnahmen die Strukturvielfalt erhöhen, die Ansiedlung regionstypischer Arten fördern und die Reproduktion von lithophilen Fischen und Rundmäulern im Gewässer verbessern. Ein Jahr nach Fertigstellung wurde der Erfolg der Maßnahmen untersucht. Die Fischfauna als Qualitätskomponente der Wasserrahmenrichtlinie wurde sowohl im Herbst 2015 als auch im Frühjahr 2016 mit Hilfe von Elektrobefischungen aufgenommen. Die Funktionsfähigkeit von Kiesbetten als Laichhabitat wurde mit Hilfe von Sauerstoffproben überprüft und morphologischen Strukturen der Gewässer vermessen.
Beide Renaturierungsabschnitte zeigten ein deutlich höheres Individuenaufkommen als ihre jeweiligen Referenzabschnitte. Besonders an der Schmalen Aue wurden mehr als doppelt so viele Fische gefangen wie in der Referenz. Die regionstypische Forelle wurde bei den Befischungen sogar bis zu sechsmal häufiger aufgenommen als in den Vergleichsabschnitten. Die Längen-Häufigkeitsverteilung von Forellen und Koppen lässt bereits im Jahr der Maßnahme auf eine erfolgreiche Reproduktion schließen. Über die Hälfte der aufgenommen Laichgruben in der Schmalen Aue wiesen nach 75 Tagen erfolgversprechende Sauerstoffwerte im Interstitial auf. Eine erneut erfolgreiche Entwicklung der Eier wurde mit dem Fund von jungen Forellen im Frühjahr 2016 bestätigt.
Am Seppenser Bach wurden im Herbst 2015 ebenfalls mehr Forellen im renaturierten Abschnitt gefangen als in der Referenz. Viele junge Forellen und bereits smoltifizierte Fische zwischen 25-32 cm aus Aufzuchtmaßnahmen wurden jedoch im Frühjahr 2016 nicht mehr nachgewiesen. Die wenigen von Forellen angelegten Laichgruben am Seppenser Bach zeigten bereits nach kurzer Zeit starke Anzeichen von Übersandung und schnell abfallende Sauerstoffwerte. Nur drei Jungfische konnten im Frühjahr 2016 in der Renaturierungsstrecke gefangen werden. Zwischen den beiden Befischungszeiträumen hatte sich die Populationsgröße der Forellen etwa halbiert. Dagegen war ein Zuwachs von Individuen indifferenter Arten wie Flussbarsch und Rotauge festzustellen.
An beiden Bächen scheinen generelle Sandeinträge ein Problem zu sein, das es gilt in Zukunft zu dezimieren, um die Effizienz von Kieseinbringungen zu verbessern.
Wasserverschmutzung, Übernutzung, Gewässerausbau und Landwirtschaft führten im vorigen Jahrhundert zu einer massiven Degradation unserer Fließgewässer (z.B. GUNKEL 1996 DUDGEON et al. 2006, KEMP et al. 2011, GEIST 2011). Quer- und Längsverbauungen, Abstürze, Verrohrungen und Einleitungen sind nur einige Eingriffe, die eine grundlegende Beeinträchtigung der Gewässer zur Folge hatten. Oft dienten Bäche und Flüsse als Entwässerungsrinnen der Kulturlandschaft und als Transportwege für Abwässer und Abfälle. Harte Gewässerunterhaltung zerstörte die wichtigen Lebensraumstrukturen (MADSEN & TENT 2000). Erst Ende der 1970er Jahre erkannte man die Bedeutung der Fließgewässer als Lebens- und Erlebnisräume und es wurden erste zaghafte Versuche der Aufwertung unternommen. Der Begriff „Renaturierung“ wurde geboren und prägte die erste enthusiastische Phase mit dem Wunsch, die ökologisch gestörten Gewässer wieder in einen idealtypischen natürlichen Zustand zurückzuführen. Pioniermaßnahmen mit häufig diffusen Vorstellungen ohne ökologisch-biologisches und morphologisches Know-how waren jedoch selten zielführend. Nach GUNKEL