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Ein Einsatz, zwei Firmen, drei Abteilungen, vier Schichten und Chaos hoch zehn. Eine Erzählung aus der Arbeitswelt, mit genügend Humor und Bissigkeit sodass das Lesen zu einem Genuss werden dürfte ...
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Seitenzahl: 256
Veröffentlichungsjahr: 2014
Faiyra Zann
Ein Chaot unter Chaoten
Erzählung
Faiyra Zann
Ein Chaot unter
© 2012 Faiyra Zann
Umschlag: tredition / Faiyra Zann
Illustration: Kai Gurski, Bad Salzdetfurth
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN
Paperback: 978-3-8495-9859-4
Hardcover: 978-3-8495-9860-0
e-Book: 978-3-8495-9861-7
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Inhalt
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Vorwort
Diejenigen Leser, die schon mal einen Blick in „Magic For Us“ geworfen haben, wissen, dass meine Einstellungen zum Leben nicht immer mit der allgemeinen Norm konform gehen. Gerade deshalb fand ich es spannend, mich mal wieder in eben diese zu begeben.
Auf die Idee, über meinen Einsatz als Zeitarbeiter, ein Buch zu schreiben, kam ich, da war ich noch eben jener. So viele unterschiedliche Strömungen unter einem bzw. mehrerer Dächer, innerhalb eines Jahres, da war mein Notizbuch ratzfatz voll!
Mag schon sein, dass die Irrungen und Wirrungen, die mein Büchlein beinhaltet, sehr Zielgruppen orientiert scheinen. Bei genauerem Hinsehen erzählt es jedoch direkt aus dem Leben. Über Einstellungen, Herangehensweisen, Kameradschaft, Kampf und ein klein wenig Liebe. Vom Mit- und Gegeneinander unterschiedlichster Charaktere beim Verrichten ihres Jobs!
Bei dieser Erzählung handelt es sich weitestgehend um einen Tatsachenbericht. Die Namen von Personen, Orten und Marken habe ich geändert. Sollte es doch jemanden, eine Marke oder einen Ort mit einem der nun folgenden Namen geben, bitte ich um Entschuldigung. Jene/r ist dann garantiert nicht gemeint!
Sollte sich dennoch jemand wiedererkennen, und in seinen Tagebüchern andere Aufzeichnungen haben, gerade, was die wörtliche Rede angeht, so möge er mir verzeihen. An den Tatsachen ändert sich trotz anderer Wortwahl nichts!
Auch auf den Schlips getreten - wegen meiner Gedanken, die ich hier kundgetan habe, sollte sich niemand fühlen, es gibt immer mehrere Wahrheiten … Dies ist meine!
Und nun viel Spaß!
Kapitel 1 - Der Anfang
Als ich, seit vier Monaten arbeitslos, im März umzog, musste für meinen Seelenfrieden auch ein neuer Job her. Die Bewerbung zur Pfarramtssekretärin war schon vor ungefähr drei Wochen abgeschickt, und ich hatte keine Reaktion bekommen. Führerscheinlos, auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, ist das so eine Sache mit der Jobsuche. Sie wissen schon: Keine Anbindung, der Anfahrtsweg zu lang oder zu teuer. Oder die Arbeitgeber sind von vornherein nicht angetan. Selbst die renommierteste Zeitarbeitsfirma in unserer Gegend hatte mich ein halbes Jahr zuvor abgelehnt, weil ich keinen Führerschein besitze. Nun, gut, wer mich nicht will …
Also setzte ich mich an den Computer und durchforstete das Internet nach Stellenangeboten. Zur rechten Zeit am rechten Ort - ich folge da meinem Gespür - fand sich auch schnell das Angebot, ‚das ich nicht ablehnen konnte‘. Da saß ich dann vor diesem Stellenangebot, das besagte, dass, direkt in meinem Ort - dazu sollte man wissen, dass dies eine recht kleine Stadt ist, die gerade mal sechs oder sieben Firmen, mit mehr als fünfzig Mitarbeitern, beherbergt - ein Produktionshelfer (das hier eigentlich immer die männliche Form gewählt wird, soll nicht diskriminieren, sondern dient der Einfachheit!) gesucht wurde, der leichte Montagetätigkeiten ausführt, bestücken, und - wenn möglich - löten kann, für Schichtbetrieb.
Jubel!
Genau das, was ich gesucht hatte: Eine geregelte Arbeit, gleich um die Ecke, und als geborener Nachtmensch müsste ich mich nicht jeden Tag um fünf Uhr morgens aus dem Bett quälen! Außerdem mag ich diese Maloche in der Fabrik. Ob nun Bandarbeit oder Einzelplatz, mir hat es schon immer Vergnügen bereitet, mich selbst auf Akkordniveau zu treiben. So etwas befriedigt meinen sportlichen Ehrgeiz. Ich bin nämlich nicht der Mensch, der zur Arbeit geht, um Kaffee zu trinken. Ich hab‘s mal zwei Jahre lang im öffentlichen Dienst versucht und muss sagen, die anhaltende Langeweile stresst mich mehr, als wenn ich so richtig ackern muss.
Inzwischen ist mir auch aufgefallen, dass diese Vorliebe für die Produktion wohl ein Familienerbstück ist. Mein Opa war Werkzeugmacher - gelernt bei Senkung - mein Onkel und meine Tante Chemieirgendwas bei einem Pillenhersteller, noch ein Onkel arbeitet in einer großen Ziegelei, mein Bruder hat CNC Dreher gelernt, macht jetzt einen auf Maschinenbediener in einer großen Molkerei, ach, ja, selbst die Schwester meines Vaters, samt Ehemann, arbeitete bei einem Gummihersteller. Selbst die, die einen kaufmännischen Beruf gewählt haben, arbeiteten dann in den Personalabteilungen von großen Automobilzuliefererfirmen. Aber das nur am Rande …
Hallo, das war, als wäre dieses Stellenangebot nur für mich eingestellt worden. Dass es sich beim Anbieter um einen Personaldienstleister handeln musste, war klar. Und, dass ich den Namen noch nie gehört hatte, schreckte mich nicht im Geringsten ab. Im Gegenteil. Bei dem, was ich für Erfahrungen mit den hiesigen Zeitarbeitsfirmen gemacht hatte oder aus Erzählungen wusste, konnte es ein völlig neuer Trupp - es handelte sich schließlich nicht um die x-te Niederlassung einer seit Jahren im Bundesgebiet herumgeisternden Firma (dachte ich damals, aber dazu später mehr) - es ja nur besser machen (dachte ich …).
Da der Verdienst bei diesen Firmen, bekanntermaßen, nicht so immens ist, rechnete ich kurz nach, wie viel Stundenlohn ich denn erhalten müsste, um sämtliche Kosten gedeckt zu haben, und noch ein paar Taler für irgendeinen Schnickschnack zu haben. Überlegte kurz, was ich 1994 erhalten hatte, als ich das erste Mal bei einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet hatte, das waren damals 12,50 DM - richtig viel, ich weiß - und kam dann mit mir überein, dass dadurch, dass keine Fahrtkosten entstehen würden 6,50 Euro genügen würden. Dementsprechend schrieb ich dem angegebenen Ansprechpartner, Herrn Dings, folgende flapsige E-Mail:
Schönen guten Tag, Herr Dings!
Im Internet habe ich das Stellenangebot von Ihnen in meinem Ort gefunden. Den Job hätte ich gern! Über ein baldiges Vorstellungsgespräch wäre ich hocherfreut!
Mit freundlichem Gruß
Sabine Hättstewohlgern
Schließlich handelte es sich um eine Zeitarbeitsfirma. Entweder, die nehmen mich so, wie ich halt bin oder die lassen es! Zumindest konnte mir keiner nachsagen, ich hätte mich nicht bemüht. Wo doch das JobCenter so gerne eigene Anstrengungen sieht!! Zu meiner Überraschung hatte ich am nächsten Tag eine Antwort in meinem Postfach. Ähnlich locker gehalten: (Zitat)
Ebenfalls einen guten Tag!
Ihr Interesse an einer Arbeit in unserer Firma freut uns! Senden Sie uns doch Ihre vollständigen Bewerbungsunterlagen zu, danach können wir ein Vorstellungsgespräch vereinbaren. …
Wat, Bewerbungsunterlagen? Oh, Arbeitswelt, wo bist du hingeraten, wenn selbst diese Blutsauger schon Bewerbungen haben wollen!
Okay, Sie werden inzwischen festgestellt haben, dass ich es mit Personaldienstleistern nicht so habe. Außerdem, gibt es zwei Dinge, die ich hasse: Formulare ausfüllen und Bewerbungen schreiben. Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich auch für ein zwanzigjähriges Berufsleben sehr, sehr, wenige geschrieben. So … acht … vielleicht? Und das, wo ich es nie lange irgendwo ausgehalten habe. Zwei Jahre waren Maximum - Wassermann halt, was soll ich machen? Das einzige Mal, bis dato, als ich dann bleiben wollte, wurde mein Vertrag nicht verlängert. Das war wohl die Rache vom Universum für meine Art zu leben und es lag nicht an mir. Es wurden damals schlagartig, gleichzeitig, dreihundertfünfzig Männer und Frauen auf die Straße gesetzt. Gelehrt hat mich das, dass man in der Geschäftswelt halt nur eine Nummer ist, und auf Einzelschicksale keine Rücksicht genommen wird. Das ist doch auch was wert …
Wie dem auch sei, ich änderte die Bewerbung für das Pfarramt, legte mein Arbeitszeugnis zu den Unterlagen, nahm das Bild von mir raus - ich bin so unfotogen! - und machte mich zu angegebener Adresse auf. Somit konnte ich mir einen persönlichen Eindruck von meinem - eventuell - neuen Arbeitgeber machen und der sich von mir.
Allerdings traf ich nur die Sekretärin (?) an. Ich weiß bis heute nicht, ob die Frau Dingens vielleicht einen höheren Posten bekleidete. Ich erklärte kurz, dass ich Kontakt mit dem Herrn Dings gehabt hätte, und jenner die Bewerbungsunterlagen haben wolle, welche ich hiermit einreichen wolle. Leicht überrascht, wahrscheinlich von meiner offenen Art, fragte sie mich, ob ich die Originale gleich wieder mitnehmen wolle, sie könne die ja kopieren. Dann hätte ich die gleich für weitere Bewerbungen wieder parat.
Hallo? Originale? Ich bin doch nicht blöd!
Gut, der Herr Dings wird wohl von meiner, zugegeben nicht gerade fachmännischer, Mail erzählt haben. Da mag ein solcher Verdacht schon aufkommen … Aber, hey, es reden doch alle von Initiativbewerbungen! Hauptsache, es fällt auf oder nicht?
Egal, ich konnte die gute Frau gleich noch mal verblüffen, als ich mitteilte, dass da keine Originale bei seien, ich die Kopien schon selbst gemacht hatte. Wie lange es denn wohl dauern würde, bis die sich melden würden?
„Oh“, bekam ich zur Antwort, „das kann ruckzuck gehen, je nachdem, wie der Kunde anfordert.“
„Ja, aber die Suchen doch akut?“, fragte ich zurück.
Na, ja, die würden halt immer mal wieder suchen, und wenn es jetzt nicht klappen würde, dann vielleicht später … bla …
Tja, und dann tat sich geschlagene vierzehn Tage lang nix. Ich hatte schon wieder aufgehört, mich zu ärgern, als ich ein Schreiben von denen in meinem Briefkasten fand. Die würden gerne ein Vorstellungsgespräch abhalten, ob ich 23.03.06 um 11.00 Uhr vorbeikommen möge.
Hm, warum haben die nicht einfach angerufen?
Schnurz! Auf zum Jobcenter, Fahrtkosten beantragt, und nix wie hin. Angekommen erwartete mich das gleiche Prozedere, wie bei jeder anderen Zeitarbeitsfirma auch: Personalbogen ausfüllen. Es folgte eine kurze Erklärung über den Kunden, über die Schichterei und - auf Nachfrage von mir - über die Bezahlung. 6,80 Euro.
Na, die nehmen wir doch!
Ach, irgendwas stimme mit meiner Telefonnummer nicht. Da käme immer: „Kein Anschluss unter dieser Nummer“. Leicht irritiert warf ich einen Blick auf meinen Briefkopf … Wie peinlich! Da hatte ich doch glatt vergessen, meine neue Telefonnummer in den Briefkopf einzusetzen! Der namhafte Telefonanbieter war nämlich auf die Idee gekommen, mir grundlos eine Neue zu verpassen, tja und an die hatte ich mich immer noch nicht gewöhnt. Wenn die mich erreicht hätten, hätte ich ja schon eine Woche früher anfangen können zu arbeiten …
So was Blödes …
Ich sah meinen neuen Job schon über den Jordan gehen, als ich dann auch noch gestehen musste, dass sich mein Telefonanschluss aufgrund des Umzuges in der Ummeldung befand, und ich telefonisch nur über meine Mutter erreichbar war.
Oh, je, die halten dich doch für völlig durch!!
Telefonische Erreichbarkeit müsse aber gegeben sein, sonst ginge das alles nicht, bekam ich darauf hin leicht pikiert zur Antwort. Gleich darauf sollte ich allerdings feststellen, dass mein - eventuell - neuer Arbeitgeber nicht viel besser war als ich. Beim Durchgehen des Personalbogens stolperte die Frau Dingens nämlich über meine Tätigkeit bei Firma. Da deren Kunde ein ausgelagerter Betriebsteil dieser Firma ist, und die Mitarbeiter entweder übernommen worden waren oder abgefunden, gab es eine Liste derjenigen, die eine Abfindung erhalten hatten und die wurden nicht mehr genommen.
Hä, das steht doch in meinen Unterlagen! Lebenslauf … Arbeitszeugnis …?!!? Wozu gebe ich die ab, wenn du eh nicht reinguckst?
Darauf machte ich sie dann auch aufmerksam. Leicht hektisch geworden wühlte sie in meinen Unterlagen: „Oh, ja … das hab ich wohl übersehen …“
Bravo, Punkt für mich!
Ich glaube, den Dings amüsierte das alles. Ein wenig hilflos trabte die Frau Dingens durch die offenstehende Tür zu ihrem Chef. Soviel wusste ich inzwischen: Der Herr Dings war Geschäftsführer.
„Ja, also, da müssen wir erst mal nachfragen. Allerdings ist der Herr Bummen, der bei uns dafür zuständig ist, noch krankgeschrieben, und der Herr Dingsbums von Firma ist noch bis nächste Woche im Urlaub!“
Na, das kann ja heiter werden!
Breit grinsend, da ich das Büro so in Aufruhr versetzt hatte, machte ich denen nun ein Angebot, das die nicht ablehnen konnten:
„Wie wäre es denn, wenn ich nächste Woche einfach noch mal durchrufe, und nachfrage?“
Die Frau Dingens wirkte doch ziemlich erleichtert, ob dieser Option, und wir verabredeten den Dienstag.
Mag sein, dass sie nicht damit gerechnet hatte, aber ich meldete mich am darauf folgenden Dienstag zuverlässig, termingerecht. Allerdings bekam ich nur die Aussage, dass noch nichts geklärt sei, ich solle es doch in der nächsten Woche noch mal versuchen. Da kam doch sofort der Verdacht auf, dass die mich eigentlich gar nicht wollten, mich einfach auf die lange Bank schoben. Die Rechnung hatten sie dann aber ohne mich gemacht. Wenn ich etwas will, kann ich verdammt hartnäckig werden. Diese Erfahrung sollten die noch öfter mit mir machen …
Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass ich die Atmosphäre, die dieses Büro verbreitete, mir sehr zusagte. Sonst hätte ich mich da nicht so hinter geklemmt. Obwohl mir die Frau Dingens ein wenig unsympathisch wurde, als ich feststellte, dass sie auf Kritik mit Arroganz reagierte - es war für sie wohl neu, dass sich jemand bei einer Zeitarbeitsfirma bewarb, ohne dass sein Selbstbewusstsein in irgendeiner Form gelitten hatte, der einen solchen Job wirklich wollte und mit denen umging wie mit ihresgleichen -, gefiel mir die lockere Art, die der Dings an den Tag legte schon viel mehr. Schließlich würde er mein Chef sein, wenn … ja, wenn sich da endlich mal was tun würde!
Naja, irgendwie passte halt doch alles zusammen. Die Renovierungsarbeiten in der alten Wohnung zogen sich zwei Wochen länger hin, als geplant und ich hätte nicht gewusst, wie ich in der Zeit ‚nebenbei‘ noch hätte arbeiten sollen. So saß ich also, Mitte April, in meiner, halbwegs eingerichteten, neuen, Wohnung und nutzte den inzwischen wieder funktionierenden Telefonanschluss, um mich zweimal wöchentlich bei Hopplla zu melden. Da ich mir so langsam ein wenig albern vorkam bei der Aktion, artete das dritte Telefonat dann auch ein wenig aus:
„Hättstewohlgern schon wieder, hallo! Ich wollte mal nach nem Job fragen!“
Der Dings daraufhin auf der anderen Seite:
„Tut mir leid, keiner da!“
„Och, das ist aber blöd. Warum denn nicht?“
Soll er‘s doch sagen, wenn er mich nicht will *grummel*
„Weil der Kunde im Moment keinen anfordert.“
„Warum nicht?“
„Hm, keine Ahnung! Sind Sie denn mit Ihrem Umzug inzwischen durch? Ab wann würden Sie denn arbeiten wollen?“
„Naja, … wenn das nicht von hier auf jetzt geht, eigentlich sofort! So einen Tag dazwischen hätte ich schon gern.“
„Na, gut, ich melde mich dann bei Ihnen. Das Telefon funktioniert?“
„Ja, ich telefoniere gerade damit“
Der Dings wirkte schon sehr belustigt.
Das war am Donnerstag, ca. 14.00 Uhr. Um ca. 15.00 Uhr klingelte das Telefon:
„Hättstewohlgern“
„Hopplla, Dings, hallo!“ *grins*
„Huch, was nu?“
„Wollen Sie vielleicht arbeiten?“
„Nein, wie käme ich denn dazu? *schmunzel*
„Wäre Ihnen der nächste Montag denn recht?“
„Na, klar, besser geht es ja schon fast nicht mehr!“
„Könnten Sie denn heute noch in unser Büro kommen, um den Vertrag zu unterschreiben?“
„Öhm … muss das dringend heute noch sein?“
Man, ihr habt es echt nicht leicht mit mir!
„Warum? Wo ist das Problem?“
„Ähm … nun, ja, … meine Klamotten sind allesamt in der Wäsche … Ich hab nix Sauberes mehr …“
Gelächter am anderen Ende.
„O.k., wie steht es mit morgen?“
„Jo, morgen, wann immer Sie wollen!“
„Dann um 10.00 Uhr. Und bringen Sie die erforderlichen Unterlagen mit!“
„Die da wären?“
„Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsausweis und Personalausweis.“
„Ach, so, okay!“
Aha, aller guten Dinge sind halt doch drei… scheinbar.
Ausnahmsweise wusste ich sogar, wo sich jenne erforderliche Unterlagen befanden. Das ist bei mir nicht immer der Fall!
Ach, du Scheibenkleister!
Beim Blick auf die Lohnsteuerkarte fiel mir ein, dass ich mich noch gar nicht umgemeldet hatte! Also, vor der Vertragsunterzeichnung noch schnell zur Stadt. Das sollte sich doch einrichten lassen!
Ja, ich weiß. Das mutet alles recht chaotisch an. Aber Sie wissen doch: Ein Genie überblickt das Chaos …
Dieses Genie sollte mir auch am nächsten Morgen zur Hilfe eilen, als ich dann beim Dings im Büro saß. Er erklärte noch einmal kurz, worum es ging. Dass mein Einsatz nur bei diesem einen Kunden vorgesehen war, denn diese Firma war eigens von der Holding ins Leben gerufen worden, um den eigenen Werken unkompliziert Mitarbeiter zu stellen.
Die Idee an und für sich fand und finde ich in Ordnung. Der eigentlichen Firma erspart das viel Mühe und Kosten. Außerdem sind die gegen Auftragsspitzen gerüstet. Weniger prickelnd ist das allerdings, wenn die Arbeiter, von dem Lohn, nicht mehr leben können, und diese Holding, von dem eigenen Personaldienstleister, dann auch noch erwartet, dass er Gewinne fährt, die dann, natürlich, an eben jene zurückfließen. Dann muss der Personaldienstleister andere Aufträge an Land ziehen, womit er nicht mehr gewährleisten kann, dass ihm immer genug Personal für den ‚Eigentümer‘ zur Verfügung steht …
Der Vertrag wäre vorerst auf sechs Wochen befristet, die aber danach problemlos verlängert würden. Die Verträge würden per Quartal abgeschlossen und da es schon recht spät im Monat war … Auf meine Frage, was denn mit uns passieren würde, wenn Firma uns nicht mehr benötigte, ob wir dann entlassen würden, wenn das doch der einzige Kunde sei, bekam ich erst mal ein verblüfftes Gesicht.
„Na, wir wollen doch nicht hoffen, dass uns das in nächster Zeit passiert!“
Ich erzählte ihm, dass mir genau das bei Firma passiert war. Da hatte damals auch keiner mit gerechnet.
„Ach, ja, Sie haben ja dieses bombige Arbeitszeugnis erhalten! Da können Sie sich was drauf einbilden. Das bekommt nicht jeder!“
Da ich in der Leiterplattenfertigung gewesen war und das vor sechs Jahren, hatte auch der Herr Dingsbums nichts dagegen, dass ich bei Firma arbeitete. Die hätten die Spritzerei, die Veredlung und die Kappe übernommen, den Herrn Dingsbums gleich mit. Damit hatte ich zu meiner Zeit nix zu tun.
Das stimmte auffallend. Von der Spritzerei hatte ich noch nie was gehört, und die Veredlung konnte ich erst einordnen, nachdem der Herr Dings sie mir erklärt hatte. Die Kappe aber, mit der konnte ich was anfangen. Die war damals direkt neben der Leiterplattenfertigung. Welchen Meister ich denn damals gehabt hätte?
„Also, angefangen hatte ich unter dem Herrn Genaudem. Das war so ein netter, Älterer. Der wurde dann - aus welchem Grund auch immer - von … wie hieß denn der … so nem großen breiten blonden Typen abgelöst. Sorry, mir fällt der Name nicht mehr ein!“
Mir entrang ein Schulterzucken.
„Der war mir unsympathisch. Vielleicht deshalb.“
Herr Dings hatte sehr aufmerksam zugehört, und mich genauso aufmerksam betrachtet, was mich ein wenig irritierte. Dann lächelte er.
„Ja, den Herrn Genaudem kenne ich persönlich!“
„Oh, auch ein alter Firmaer?“
„Vom Golf spielen“
In diesen Abteilungen spielt man also schon Golf. Erstaunlich!
Zurück zum Vertrag. Der Herr Dings legte mir den Vertrag vor, und sagte, ich solle mir den in Ruhe durchsehen, und wenn ich Fragen hätte fragen. Er ging zum Kopieren meiner Unterlagen in das angrenzende Büro.
Die erste Frage tauchte dann auch prompt beim Lesen des § 2 (2) auf. Da stand nämlich, dass sich der Mitarbeiter verpflichtet im ganzen Bundesgebiet für die Firma tätig zu sein.
„Im Personalbogen habe ich doch aber angekreuzt, dass ich nicht auf Montage gehen will!“
„Ja, das werden wir auch immer berücksichtigen. Das steht eben in diesem Vertrag so drin. Für Sie ist das ohne Bedeutung.“
Hätte ich diesen Punkt man streichen lassen, damals, aber dazu später. Schon lauerte die nächste Frage.
„Laut Vertrag bekomme ich ja nur 6,15 Euro. Die Frau Dingens sagte doch aber was von 6,80?“
Schwupps zauberte der Herr Dings eine Arbeitsanweisung hervor, auf der stand, dass ich zusätzlich zu den 6,15 Euro noch einen Mehrverpflegungsaufwand von 4,55 pro Tag erhalten würde. Begrenzt auf sechs Monate. Danach waren es auch laut Vertrag 6,80 Euro.
Auch dazu bekam ich eine Erklärung: Hopplla hat seinen Sitz in N… Somit in den neuen Bundesländern. Dementsprechend gäbe es einen anderen Tariflohn.
Ja-a, Hopplla gehörte schon damals einem Arbeitgeberverband an, dem AMPV und es gab einen Tarifvertrag. Den der christlichen Gewerkschaft. Ich weiß, über die wird viel geflucht. So schlimm fand ich die im Vergleich mit den anderen aber gar nicht. Um an den Westlohn heranzukommen, zahlten die, bei uns, diesen Mehrverpflegungsaufwand. Denn auch der Herr Dings, samt seiner Büromitarbeiter, war der Meinung, dass man mit so einem Ostlohn im Westen nicht weit kommt. Das hörte sich doch fair an.
Er händigte mir dann noch das Merkblatt zur Arbeitnehmerüberlassung, die Unterrichtung über Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz - ja, ich wurde auch unterrichtet - und den Tarifvertrag aus. Dann überreichte er mir noch einen Schichtplan.
„Hm, also, entweder bin ich zu schusselig diesen Plan zu lesen, oder mit meinem Einsatz am Montag stimmt was nicht!“
„Wieso?“
„Nun, Sie sagten doch, ich solle in die B-Schicht, um sechs Uhr morgens.“
„Na und?“
„Die B-Schicht hat am Montag frei! Frühschicht hätte die C-Schicht.“
Stirnrunzelnd warf der Dings einen Blick auf den Plan. „Stimmt. Da ruf ich doch gleich mal den Bummen an und frag, was es damit auf sich hat!“
Sprach es, und holte das Telefon an meinen Tisch.
„Ja, hallo, die Frau Hättstewohlgern sitzt gerade bei mir. Die sollte doch eigentlich in die B-Schicht am Montag … eben. Und genau das haut, laut Plan, nicht hin. Entweder B und Mittwoch oder C und Montag … Ja, schau mal nach … Und was machen wir nun? Moment, ich frag se mal … “
Er drehte sich mir zu.
„Zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie fangen erst am Mittwoch an oder Sie gehen in die Nachtschicht.“
„Wann?“
„Heute“ *aufdenBodenschiel*
Ich holte tief Luft und machte große Augen.
Dings grinsend ins Telefon:
„Sie überlegt noch … okay, sie macht‘s … Denne“ und legte auf.
Ich hatte in Sekundenbruchteilen beschlossen, lieber an dem Tag in die Nachtschicht zu gehen, als mit meiner Mutter Restrenovierungen anzugehen. Das sagte ich auch genauso, nachdem ich das Telefonat mit einem Kopfnicken beendet hatte. Der Herr Dings lachte schon wieder, änderte die Einsatzanweisung, übergab mir auch die, und die Telefonnummern des Herrn Bummen. „Das ist Ihr Ansprechpartner. Den können Sie, wenn etwas sein sollte, Tag und Nacht anrufen. Sie melden sich dann heute Abend beim Pförtner, und der bringt Sie dann ins Werk. Wo der Pförtner ist, wissen Sie?“
Er war schon aufgestanden, und hielt mir die Hand hin, als ihm noch etwas einfiel.
„Ach, so, sollten Sie irgendwann zu hören bekommen, wir wären insolvent, oder Firma wäre pleite, machen Sie sich nichts daraus, das sind wir und Firma ständig. Und wir haben von Konkurrenz ein paar Mitarbeiter zu Konkurrenz-Bedingungen übernommen. Die bekommen noch ein wenig mehr Geld als Sie!“
Dass die erste Aussage ein Scherz war, sah man an seinem Gesicht.
„Schad nix, mit Insolvenzen kenn ich mich aus. Ich wart noch auf das Insolvenzgeld der letzten!“
„Darf ich noch fragen, wie lange Sie arbeitslos sind?“
„Offiziell vier Monate, inoffiziell sechs.“
„Na, da sind Sie ja noch nicht lange raus, dann sollte es da eigentlich keine Probleme geben.“
Damit hielt er mir dann seine Hand zum zweiten Mal entgegen, ich verabschiedete mich und ging.
Manch anderem wäre das alles zu wirr gewesen, ich hingegen war richtig angetan. Da ich zuvor selbst zwei Jahre im Personalmanagement verbracht hatte, halb ehrenamtlich, wusste ich ja, wie schnell ein Chaos ausbricht, wenn einer nicht hundertprozentig mitzieht. Da genügt schon eine falsch verstandene Aussage, um gleich mehrere Pläne über den Haufen zu werfen. Noch dazu waren die ja erst seit zwei Monaten am Start. Da läuft noch nicht alles reibungslos.
Ich würde auch noch heute darauf wetten, dass, wenn die Konstellation so geblieben wäre, und die Grundidee beibehalten worden wäre, ein Haufen gut gelaunter, motivierter, Hoppllaer bei Firma arbeiten würde. Aber, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Ich glaube auch, dass die Drei, als es darum ging, die Firma ins Leben zu rufen, nicht so ehrlich über die Ziele der Unternehmung aufgeklärt wurden, wie ich bei meiner Einstellung.
Aber, über solche Dinge machte ich mir zu der Zeit keine Gedanken. Meine Gedanken kreisten darum, was ich an Verpflegung mitnehmen sollte, ob ich es schaffen würde, vor der Schicht noch ein paar Stunden zuschlafen, warum mich eine leichte Nervosität beschlich. Ich hatte mit einem Mal Fragen im Kopf wie:
Bist du nicht inzwischen zu alt für so eine Schichterei? Was, wenn du die Stückzahl nicht mehr schaffst, nach so langer Zeit
? Sechs Jahre raus aus der Produktion! Bist du überhaupt noch in der Lage, Anweisungen zu befolgen, nachdem du selbst Chef warst?
Ich beruhigte mich damit, dass mein Vertrag ja nur sechs Wochen lief und ich jederzeit - Probezeit! - wieder gehen könne, wenn ich gar nicht klar käme. Außerdem war ich prädestiniert für die Fälle, bei denen man von null auf hundert gehen muss. Das war 1999 bei Firma nicht anders, und in der Diskothek kam es auch oft genug vor, dass sich der Laden schlagartig füllte. Mein Talent lag ja gerade darin, im größten Chaos den Überblick zu behalten!
Haben Sie schon mal innerhalb von dreieinhalb Stunden 900 Getränke an ca. 350 Gäste verkauft, die nicht an Tischen sitzen, sondern die Theke belagern, nebenbei noch Gläser gespült und Zitronen geschnitten, zu zweit?
Bei dem Gedanken daran wurde ich ganz ruhig und schaffte es tatsächlich zu schlafen. Pah, was sollte mir schon passieren! So ging ich fröhlich lächelnd um 21.30 Uhr zum ersten Mal meinen neuen Arbeitsweg.
Kapitel 2 -Der Kampf beginnt
Da stand ich dann also, freudestrahlend, gut gelaunt. Das muss dem Pförtner aufgefallen sein. Der fragte nämlich gespielt überheblich:
„Firma?“
Und auf mein Kopfnicken:
„Hopplla?“
Erneutes Kopfnicken.
„Die bleiben doch eh höchstens drei Tage!“
Ehrlich verdattert war es nun an mir zu fragen.
„Oh, ha, ist es so schlimm da oben?“
Inzwischen milde gestimmt erwiderte er:
„Na, eigentlich nicht. Ein bisschen warm und stickig, aber sonst … Wissen Sie denn, wo Sie hin müssen?“
„Nö, mir wurde gesagt, Sie bringen mich dahin“
„Was? Wo steckt eigentlich der Bummen (zu seinem Kollegen gewandt), macht denn der gar nichts mehr? Wer hat Sie denn eingestellt?“
„Der Herr Dings!“
Warum nur, fühle ich mich leicht verkaspert?
„Okay, Sie gehen den Weg rauf, und da hinter der Biegung steht ein Zelt, sehen Sie das?“
Warum nur??…
Ich sah kein Zelt und schaute ihn nur verständnislos an. „Na, da drüben … Warten Sie mal, da kommt gerade eine, die bei Firma arbeitet!“
Er klopfte an die Scheibe und bremste damit den buntesten Vogel aus, der in diesem Werk rumlief. Lila Haare, braunen, breit aufgetragenen Lidschatten, Lippenstift.
„Hey, Youthere, hier is ne Neue. Kannste die gleich mal mitnehmen?“
Ich steckte meinen Besucherschein ein und machte mich mit Youthere auf den Weg. Das Mädel textete mich in einer Tour zu: was ich hier täte, wo ich denn hin müsse, sie hätte damals auch in der Nachtschicht angefangen …, eigentlich wäre der Eingang um die Ecke, und noch eigentlicher dürften wir nicht durch das Zelt - welches es wirklich gibt! - gehen, ich solle mir das merken, aber wir machen das jetzt einfach Mal (und schon waren wir durch) …, dies wäre der Wareneingang, jenes die Spritzerei - rechts um! - das Lager, durch welches wir auch nicht dürften - Tür auf, Gang runter -, dort die Kappe, “Alles Idioten hier!” - nächste Tür auf -, die Getränkeautomaten und die Konkurrenz-Stempeluhr, um die bräuchte ich mich aber nicht zu kümmern, von denen käme ich ja nicht - um die nächste Ecke -, die andere Stempeluhr, da müsse ich dann stempeln, ne Karte bekäme ich noch, die Pausenräume - links schwenk -, Toiletten und Umkleide hier -, durch die nächste Tür - nochmal die Kappe, noch ne Linksbiegung, hier sei die Druckerei - klopf ans Fenster, wink -, der wirke immer so mürrisch wäre aber ganz in Ordnung, als Nächstes käme dann die Veredlung, hier würde sie als Prüferin arbeiten, aber ich wäre ja bei Eben- ihm, müsse also in die Spritzerei, womit sie mich bei Difrauda ablieferte …
So. Das alles in zehn Minuten, wovon allein der Weg, vom Pförtner zum Werk, mindestens drei Minuten in Anspruch nimmt.
Amüsiert und verwirrt zugleich stand ich also vor Difrauda. Die war mindestens ebenso verwirrt und fragte Youthere:
„Wie, die kommt zu uns? Wir kriegen tatsächlich mal Verstärkung?“
„Scheint so, wenn se zum Ebenihm soll“, erwiderte Youthere schulterzuckend. „Ich geh noch eine rauchen!“
Und weg war sie.
Wie, beim Zeus, soll ich je den Ausgang finden, oder die Toilette…
Difrauda: so breit, wie klein, hübsches, aber ständig wehleidiges Gesicht, schätzungsweise 27 Jahre alt.
„Ja, hallo, ich bin Difrauda, die Werkstattführungshilfe.“
Entschuldigung… Die was?
„Ich brauche dann erst mal Deinen Namen … Ach, so wir duzen uns in dieser Abteilung alle, ich hoffe das stört Dich nicht … und den Namen der Firma, die Dich geschickt hat!“
Als die Formalitäten abgeschlossen waren, es störte mich natürlich nicht, geduzt zu werden, stellte sie mich an eine Maschine, die einen Tastensatz produzierte. Diesen Tastensatz (4 Einzeltasten) sollte ich auf schwarze Punkte, Kratzer, Deformationen, Einfälle und Verfärbungen hin kontrollieren und - die, die i.O. waren - in die dafür vorgesehenen Tüten packen. Nachdem ich bestimmt zehn Mal nachgefragt hatte, ob dieser Einfall relevant wäre, der Kratzer Kratzer genug, jenne Taste verfärbt, war Difrauda sichtlich genervt,
Toll Schnepfe, woher soll ich das wissen? Sei doch froh, dass ich nicht einfach jeden Mist einpacke!
begann ich schon bald mich zu langweilen.
Toller Job. Wenn das alles ist, sind selbst die 6,80 Euro noch zu viel!
Das bemerkte auch Difrauda nach einiger Zeit und fragte mich, ob sie mir noch eine Nacharbeit geben solle. Das Angebot nahm ich dankend an. Ich glaube, sonst wäre ich eingeschlafen. So selektierte ich nebenher noch andere Tasten nach Nummern.
Im Laufe der Nacht drückte mir Difrauda dann noch einen Zettel in die Hand, der besagte, dass sie mich in den Unfallverhütungsmaßnahmen unterwiesen hatte - was natürlich nicht der Fall war -, den ich doch unterschreiben sollte. Anfangs weigerte ich mich, da ich eben nicht unterwiesen worden war. Nachdem sie mir dann einen Ordner vorgelegt hatte, der das Übliche enthielt - Erste Hilfe, Alkohol am Arbeitsplatz, Tragen von Schutzkleidung etc. - und Difrauda mich angemault hatte, wo denn das Problem sei und ohne die Unterschrift dürfe ich da nicht arbeiten, ließ ich mich doch breitschlagen. Schließlich wollte ich nicht gleich in der ersten Nacht Stress haben. Aber ich wusste eben nicht, wo der Erste Hilfe Koffer aufbewahrt wurde, oder wo der Feuerlöscher hing. Auch nicht, wo sich die Sanitätsstation befand.
Als ich das in der nächsten Nacht anmerkte, bekam ich nur zu hören:
„Dann frag doch die Kollegen!“
Das tat ich glatt, um verdattert festzustellen, dass die das auch nicht wussten, und sie dies auch nicht zu interessieren schien.
Youthere, die Prüferin aus der Veredlung kam in der ersten Nacht einmal vorbei, und fragte mich, ob ich klarkäme.
„Ja, eigentlich schon. Bis auf die Tatsache, dass ich ständig Fehler finde, die keine sind!“
„Wie … die keine sind?“
Ich führte ihr vor, wovon ich sprach, und Youthere kam ins überlegen.
„Hm, vielleicht bist du bei uns in der Veredlung besser aufgehoben, wenn du so akribisch guckst …“
Sie war dann auch diejenige, die mir endlich mal erklärte, dass schwarze Punkte nur dann relevant waren, wenn sie im Laserfeld lagen, und dass man diverse Kratzer und Schlieren nach dem Lackieren nicht mehr sieht.
„Na, das erklärt natürlich Einiges“, sagte ich und schnitt eine Grimasse.
„Warum hat Difrauda dir das denn nicht gesagt?“