Ein gefährlicher Ausflug - Carmen von Lindenau - E-Book

Ein gefährlicher Ausflug E-Book

Carmen von Lindenau

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Beschreibung

Die neue Praxis Dr. Norden - So war es nicht geplant, doch Dr. Danny Norden betrachtet es als Chance. Äußere Umstände zwingen ihn zu einem Neustart. Und diesen nimmt Danny tatkräftig in Angriff, auch, wenn er mit Abschied, Trennung, Wehmut verbunden ist. Dr. Danny Norden praktiziert jetzt in seiner neuen, modernen, bestens ausgestatteten Praxis. Mit Kompetenz, Feingefühl und Empathie geht er auf seine Patienten zu und schafft ein Klima, das die Genesung fördert: eben Dr. Danny Norden, wie er leibt und lebt, und er wird immer besser! »Hallo, Herr Doktor, alles in Ordnung zu Hause?«, fragte Gusti Meier, die an diesem Freitagvormittag die letzte Patientin bei Daniel Norden war. »Ja, alles in Ordnung«, sagte Daniel und sah die rundliche Mittsechzigerin in dem dunkelgrünen Dirndl schmunzelnd an, die auf einem der beiden Stühle vor seinem Schreibtisch Platz nahm. Er spürte, dass sie mit dieser Frage auf etwas Bestimmtes hinauswollte, und er war gespannt, wann sie es aussprechen würde. »Geht es Ihrer Schwiegermutter auch gut? Ich meine, wenn der Ex nach so langer Zeit wieder auftaucht, dann macht das doch etwas mit dem Gemüt«, erklärte sie nachdenklich. »Sie müssen sich keine Sorgen um meine Schwiegermutter machen, ihr geht es gut«, versicherte er Gusti. Tim, Ottilies Ex-Mann, war für ein paar Tage nach München gekommen, um Freunde aus seiner Jugend zu treffen. Er hatte über 30 Jahre lang als vermisst gegolten, nachdem er nach einem Unfall in den Anden sein Gedächtnis verlor, von einer jungen Ärztin gefunden wurde und mit ihr ein neues Leben begann. »Es ist ja schon ein rechtes Wunder, was da passiert ist. Da hat der Mann wieder einen Unfall in den Bergen, der zur Folge hat, dass sein Gedächtnis zurückkehrt. Und das Ganze geschieht im Allgäu. Und dann ist es ausgerechnet seine Enkelin, die ihn findet. Das ist doch ein Wunder, ein großes Wunder«, sagte Gusti. »Ja, das ist es ohne Zweifel«, stimmte Daniel ihr zu.

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Seitenzahl: 108

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Die neue Praxis Dr. Norden – 52 –

Ein gefährlicher Ausflug

Unveröffentlichter Roman

Carmen von Lindenau

»Hallo, Herr Doktor, alles in Ordnung zu Hause?«, fragte Gusti Meier, die an diesem Freitagvormittag die letzte Patientin bei Daniel Norden war.

»Ja, alles in Ordnung«, sagte Daniel und sah die rundliche Mittsechzigerin in dem dunkelgrünen Dirndl schmunzelnd an, die auf einem der beiden Stühle vor seinem Schreibtisch Platz nahm. Er spürte, dass sie mit dieser Frage auf etwas Bestimmtes hinauswollte, und er war gespannt, wann sie es aussprechen würde.

»Geht es Ihrer Schwiegermutter auch gut? Ich meine, wenn der Ex nach so langer Zeit wieder auftaucht, dann macht das doch etwas mit dem Gemüt«, erklärte sie nachdenklich.

»Sie müssen sich keine Sorgen um meine Schwiegermutter machen, ihr geht es gut«, versicherte er Gusti.

Tim, Ottilies Ex-Mann, war für ein paar Tage nach München gekommen, um Freunde aus seiner Jugend zu treffen. Er hatte über 30 Jahre lang als vermisst gegolten, nachdem er nach einem Unfall in den Anden sein Gedächtnis verlor, von einer jungen Ärztin gefunden wurde und mit ihr ein neues Leben begann.

»Es ist ja schon ein rechtes Wunder, was da passiert ist. Da hat der Mann wieder einen Unfall in den Bergen, der zur Folge hat, dass sein Gedächtnis zurückkehrt. Und das Ganze geschieht im Allgäu. Und dann ist es ausgerechnet seine Enkelin, die ihn findet. Das ist doch ein Wunder, ein großes Wunder«, sagte Gusti.

»Ja, das ist es ohne Zweifel«, stimmte Daniel ihr zu.

Ottilie, die dreißig Jahre lang davon ausgegangen war, dass Olivias Vater nicht mehr lebte, hatte kurz vor ihrer Hochzeit mit Hannes erfahren, dass sie sich geirrt hatte. Tim, der inzwischen in Argentinien lebte, hatte vor einiger Zeit einen Kongress für Anthropologen in Salzburg besucht und von dort aus einen Abstecher ins Allgäu unternommen. Durch eine Unachtsamkeit war er einen Abhang hinuntergestürzt, und es war ausgerechnet seine Enkelin Ophelia, von deren Existenz er bis dahin nicht einmal wusste, die ihn fand und für seine Rettung sorgte. Inzwischen waren sie alle über das erste Kennenlernen hinaus und Ophelias Familie und die neue Familie ihres Großvaters hatten sich miteinander angefreundet.

»Dann muss der Hannes also nicht um sein Glück fürchten? Verzeihen Sie, dass ich das so offen ausspreche, aber wir kennen uns ja inzwischen ein bissel«, sagte Gusti.

»Schon in Ordnung, ich weiß die Offenheit der Nachbarschaft zu schätzen. Und ich kann Sie beruhigen, die Ehe meiner Schwiegermutter ist nicht gefährdet«, entgegnete Daniel schmunzelnd. Offensichtlich machte sich die Nachbarschaft Sorgen um Ottilies Ehe, da Tim während seines Aufenthaltes in München bei ihr und Hannes im Gästezimmer wohnte.

Aber die Sorge war unnötig. Ottilie liebte Hannes, den sie vor Kurzem geheiratet hatte, und Tim war glücklich mit seiner Frau Catalina, die er vor vielen Jahren geheiratet hatte. »Was kann ich denn heute für Sie tun, Frau Meier?«, fragte Daniel, um das Thema Ottilies Ehe zu beenden.

»Es ist ein bissel delikat«, entgegnete Gusti mit einem verschämten Lächeln. »Wissen Sie, eine meiner Cousinen, die auf Sylt lebt und reich geheiratet hat, feiert in ein paar Wochen ihren 70. Geburtstag. Sie hat ein richtig großes Fest geplant. Ich hab sie schon seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen, wissen Sie, und ich möcht einen guten Eindruck machen.«

»Warum sollten Sie keinen guten Eindruck machen?«, wunderte sich Daniel, der Gusti Meier bisher immer für eine selbstbewusste Frau gehalten hatte.

»Ich bin in den letzten Jahren ein bissel in die Breite gegangen, ich möcht gern ein paar Kilo abnehmen, so 10 bis 15 kg«, sagte sie.

»Von welchem Zeitraum sprechen wir?«, fragte Daniel.

»Sechs Wochen«, antwortete Gusti.

»Mit viel Glück und großer Disziplin könnten Sie fünf Kilo in dieser Zeit schaffen, wirklich realistisch wären zwei oder drei Kilo.«

»Drei Kilo sieht man aber gar nicht. Fünf Kilo könnten allerdings schon eine Kleidergröße ausmachen, die würde ich gern loswerden. Wie kann ich das schaffen?«, wollte Gusti von Daniel wissen.

»Versuchen Sie es mit Gemüse und Salat als Hauptanteil Ihrer Ernährung, dazu ein bisschen Käse, bevorzugt Schafs- und Ziegenkäse, Vollkornbrot und Kartoffeln, das ganze in kleinen Portionen und dazu nur ungesüßte Getränke.«

»Klingt recht gesund.«

»Wenn Sie Ihr Ziel erreichen wollen, müssen Sie ein wenig Verzicht üben.«

»Ja, ich weiß«, seufzte Gusti. »Muss ich denn eine Mangelernährung befürchten?«

»Nein, nicht in dieser kurzen Zeit, und wie Sie schon selbst sagten, ist diese Art der Ernährung recht gesund.«

»Was ist denn mit diesen Tropfen oder Pillen, die ein bissel dabei helfen, die Diät durchzuhalten?«, fragte Gusti und sah Daniel an.

»Sie sprechen von Appetitzüglern.«

»Ja, schon, die sollen es doch leichter machen.«

»Diese Medikamente haben starke Nebenwirkungen.«

»Ich würde sie ja nur kurze Zeit nehmen.«

»Sie schaffen das auch so, Frau Meier. Ich bin sicher, wenn Sie etwas wirklich wollen, dann haben Sie auch Erfolg«, machte Daniel Gusti Mut. Er würde ihr sicher keines dieser Medikamente verschreiben, nicht wegen fünf Kilo, die sie aus medizinischen Gründen gar nicht abnehmen musste.«

»Sie denken wirklich, dass ich das schaffe?«, fragte Gusti.

»Ich bin davon überzeugt«, versicherte er ihr.

»Dann versuche ich es, Herr Doktor.«

»Stellen Sie sich einfach vor, dass Sie Ihrem Körper mit dieser Diät etwas Gutes tun.«

»Was ich ja auch tue.«

»Richtig, was Sie auch tun«, entgegnete Daniel lächelnd und brachte Gusti zur Tür.

»Einen schönen Gruß an die Familie«, verabschiedete sie sich.

»Und Sie grüßen Ihre Familie von mir«, sagte Daniel.

Als er wenig später sein Sprechzimmer verließ und sich von Sophia und Lydia in die Mittagspause verabschiedete, erzählte er den beiden von Gustis Sorge um Ottilie.

»Wir könnten das jetzt Tratsch der Nachbarn nennen oder wir könnten sagen, dass sich die Nachbarschaft einfach nur Sorgen um das Glück von Ottilie und Hannes macht«, sagte Sophia.

»Wir sollten uns für die zweite Möglichkeit entscheiden«, entgegnete Lydia.

»Weil es die positive Variante ist«, stellte Daniel fest.

»Richtig, was wieder einmal zeigt, dass die meisten Geschichten so oder so erzählt werden können, je nach der Sichtweise auf die Dinge«, sagte Lydia.

»Genauso ist es«, stimmten Daniel und Sophia ihr lächelnd zu.

*

»Das ist sicher Hannes«, sagte Ophelia, als sie den Tisch für das Mittagessen deckte und es an der Haustür läutete.

»Ja, Hannes komme!«, riefen Oda und Vincent, die bereits in ihren Hochstühlen am Esstisch saßen. Sie wackelten vor Freude mit den Beinchen, als sie Ophelia nachsahen, die in die Diele ging, um Hannes die Tür zu öffnen.

»Oma auch komme?«, fragte Oda und sah Olivia an.

»Nein, Spatz, Oma und Opa Tim machen heute einen Ausflug«, erklärte Olivia ihrer Tochter.

Ottilie und Tim waren am Vormittag nach Garmisch gefahren, um gemeinsame Freunde von früher zu besuchen. Hannes war in München geblieben. Er hatte für einige Monate eine Gastprofessur an der Universität angenommen, um sein Wissen über Meeresbiologie mit den Studenten zu teilen.

»Hallo, Hannes, schön, dass du da bist«, begrüßte Olivia ihn mit einem freundlichen Lächeln, als er gleich darauf in die helle gemütliche Wohnküche kam.

»Wie war es in der Uni?«, fragte Daniel, der den Nudelauflauf mit Tomaten und Käse aus dem Backofen nahm, den Valentina für die Familie zubereitet hatte.

»Es hat Spaß gemacht, die jungen Leute haben mir zugehört und Fragen gestellt. Sie meinten, dass meine Vorträge so unterhaltsam sind, dass sie vergessen, dass ich sie eigentlich nur halte, damit sie etwas über Meeresbiologie lernen.«

»Super Kompliment«, sagte Ophelia.

»Ja, allerdings«, stimmte Daniel ihr zu.

»Es ist schön, wenn Lernen Spaß macht«, schloss sich Olivia ihnen an.

»Ja, Spaß mache ist schön«, stellte Vincent fest.

»Lachen ist schön«, sagte Ophelia und kitzelte die Ärmchen ihres kleinen Bruders.

»Oda auch kitzele«, bat Oda, als Vincent kicherte.

»Kein Problem«, sagte Ophelia und kitzelte auch ihre Schwester, die in das Kichern ihres Bruders einstimmte.

»Setzt euch, wir können essen«, bat Olivia ihre Familie, als sie die Glasschüssel mit dem grünen Salat auf den Tisch stellte, den es zum Nudelauflauf gab.

»Ist gut, Mama«, sagte Vincent, nachdem er von dem Auflauf probiert hatte, den Olivia ihm und Oda in ihren Kindertellern auf die Tischchen ihrer Hochstühle gestellt hatte.

»Ja, Valentina gut macht«, stimmte Oda ihm zu und nickte.

»Mama und Papa auch gut koche«, erklärte Vincent.

»Ja, schon«, sagte Oda und brachte mit dieser Zustimmung alle zum Lachen.

»Habt ihr heute Abend wieder etwas vor?«, fragte Olivia Hannes.

»Wir haben einen Tisch bei Adriano reserviert. Ottilie und Tim wollen am frühen Abend zurück sein.«

»Ich finde es wirklich schön, dass du und mein Vater sich so gut verstehen«, sagte Olivia.

»Deine Mutter hatte ihn geheiratet, er muss ein sympathischer Mann sein«, entgegnete Hannes lächelnd.

»Die Nachbarschaft macht sich Sorgen um euch«, sagte Daniel und erzählte Hannes von Gustis Bedenken in Bezug auf Tims Besuch.

»Ich kann Sie verstehen, diese ganze Geschichte klingt schon recht abenteuerlich. Es wäre ein Wunder, wenn sich unsere Nachbarn keine Gedanken darüber machen würden«, sagte Hannes.

»Einer Nachbarschaft, der nichts entgeht, kann belastend sein, sorgt aber gleichzeitig auch dafür, dass sich die Menschen umeinander kümmern und niemand allein bleibt, sollte er oder sie Hilfe brauchen«, stellte Ophelia fest.

»Dieselbe Sache von zwei verschiedenen Seiten betrachtet, das war heute bereits schon einmal ein Thema«, sagte Daniel und erzählte der Familie von seinem Gespräch mit Lydia und Sophia über die an allem interessierte Nachbarschaft.

»Vielleicht sollten wir ein Gartenfest veranstalten und Tim den Nachbarn vorstellen«, schlug Hannes schmunzelnd vor.

»Falls Opa damit einverstanden wäre, warum nicht. Wir könnten einen Tisch in der Einfahrt aufstellen und Opa verteilt Kaffee und Kuchen an die Besucher«, sagte Ophelia.

»Ein Nachbarschaftsfest könnte den Zusammenhalt der Menschen hier bei uns noch stärken. Wir sollten darüber nachdenken«, schloss sich Olivia Hannes und Ophelia an.

»Ja, Fest feiern!«, rief Vincent und klatschte in die Händchen.

»Ja, große Fest feiern«, erklärte Oda.

»Wir sollten diesen Vorschlag mit Ottilie und Tim besprechen«, sagte Daniel lächelnd.

»Ja, unbedingt«, stimmte Ophelia ihm zu.

»Ich werde es gleich heute Abend beim Essen ansprechen«, sagte Hannes.

»Hoffentlich schaffen es Oma und Opa rechtzeitig zurück.«

»Rechtzeitig in Bezug auf was?«, fragte Olivia und sah ihre Tochter an.

»Rechtzeitig vor dem Unwetter, das heute Abend über das Allgäu hinweg ziehen wird.«

»Ich wusste gar nicht, dass du die Wetterentwicklung verfolgst«, wunderte sich Olivia.

»Tue ich auch nicht, aber ich habe vorhin mit Emilia telefoniert. Sie wollte heute am Nachmittag mit ihrem Großvater zum Wasserfall hinaufgehen. Sie haben den Spaziergang verschoben, weil ein Unwetter von Süden heraufzieht.«

»Ich hoffe, deine Großmutter verfolgt den Wetterbericht«, sagte Olivia.

»Bevor sie und Tim in Garmisch losfahren, werden sie sich sicher darüber informieren, ob es irgendwo einen Stau gibt. Falls das Unwetter sich dann bereits nähert, gibt es sicher eine Warnung, die sie nicht übersehen werden«, sagte Hannes.

»Gut, dann müssen wir uns um die beiden keine Gedanken machen.«

»Nein, ganz sicher nicht«, stimmte Hannes Olivia zu.

*

Tim und Ottilie hatten bei ihren Freunden in Garmisch zu Mittag gegessen und waren auch noch zum Kaffee geblieben. Roman und Linda, beide Biologielehrer im Ruhestand, hatten wie Ottilie und Tim in Heidelberg studiert und gehörten zu ihrem engsten Freundeskreis. Ottilie hatte den Kontakt über all die Jahre gehalten.

Sie saßen im Wintergarten der beiden, einem Raum mit bodentiefen Fenstern und einer Glastür zum Garten. Es war ein gemütlicher Raum mit einem rustikalen Esstisch aus dunklem Holz, sechs Stühlen mit hohen Lehnen und rosa gepolsterten Sitzen, Grünpflanzen in weißen Keramiktöpfen und einem weiten Blick auf die Berge.

Der Kaffee in den blau-weißen Porzellanbechern duftete nach Kakao, der Aprikosenkuchen war noch warm und schmeckte köstlich. Ottilie fühlte sich in ihre Vergangenheit zurückversetzt. Roman und Linda, beide Anfang sechzig, inzwischen ein bisschen füllig geworden, trugen Jeans und helle weite Pullover, genau wie früher. Linda hatte ihr inzwischen von grauen Strähnen durchzogenes dunkles Haar mit einer Spange am Hinterkopf befestigt und die Brille mit den großen Gläsern in ihr Haar geschoben. Auch Roman trug eine Brille, eine schmale mit einem hellen Metallrahmen.

»Es erscheint mir immer noch wie ein Wunder, wie viel Glück du letztendlich hattest«, sagte Linda, während sie Tim anschaute.

»Ein Wunder, das mir eine zweite Familie geschenkt hat«, antwortete Tim.

»Diese beiden Familien sind inzwischen wie eine Familie, was das Wunder perfekt macht«, sagte Ottilie.

»Ja, das stimmt, das ist das zweite Wunder. Ich meine, dass sich beide Familien von Anfang an so gut verstanden, war nicht zu erwarten. Es war ein großes Glück für mich. Aber natürlich bedaure ich, dass ich von Olivias Kindheit nichts mitbekommen habe und auch von meinen Enkelkindern erst vor Kurzem erfahren habe.«

»Du wirst noch viel Zeit mit ihnen verbringen können«, sagte Ottilie und streichelte Tim über die Schulter.

»Ihr wart damals ein Traumpaar«, stellte Linda fest und sah Ottilie und Tim an. Ottilie mit ihrem schulterlangen roten Haar und den hellen blauen Augen war noch immer eine attraktive Frau. Tims Haar war schon ein wenig dünn geworden, durch seine sportliche Figur und sein fröhliches Lächeln war aber auch er noch ein attraktiver Mann.

»Ich habe lange gebraucht, mich damit abzufinden, dass er nicht wiederkommt«, gab Ottilie zu. Sie hielt ihre Kaffeetasse mit beiden Händen umfasst und schaute auf den schneebedeckten Gipfel der Zugspitze, der sich gegen den blauen Himmel streckte.