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Auf dem Friedhof lernt Bernhard, 78 Jahre alt, die junge Valérie kennen. Aus dieser Begegnung entwickelt sich im Laufe eines Jahres eine herzliche und zugleich konfliktreiche Freundschaft. Der alte Mann und das junge Mädchen unterstützen sich gegenseitig in allen Lebenslagen. In einer ruhigen, bildhaften Sprache erzählt Martin Geiser die Geschichte von zwei völlig unterschiedlichen Einzelgängern – ein kluger Roman über Lebensentwürfe, Familiengeheimnisse und verpasste Liebe, der zuletzt eine unerwartete und tragische Wendung nimmt.
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Seitenzahl: 367
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Martin Geiser
Roman
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Impressum
Alle Angaben in diesem Buch wurden vom Autor nach bestem Wissen und Gewissen erstellt und von ihm und dem Verlag mit Sorgfalt geprüft. Inhaltliche Fehler sind dennoch nicht auszuschliessen. Daher erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Autor noch Verlag übernehmen Verantwortung für etwaige Unstimmigkeiten.
Alle Rechte vorbehalten, einschliesslich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks und der elektronischen Wiedergabe.
© 2020, Werd & Weber Verlag AG,Gwattstrasse 144, CH-3645 Thun / Gwatt
Autor: Martin Geiser
Werd & Weber Verlag AG
Gestaltung Cover: Sonja Berger
Gestaltung Inhalt und Satz: Seraina Borer
Lektorat: Madeleine Hadorn
Korrektorat: Heinz Zürcher
ISBN 978-3-03818-286-3
eISBN 978-3-03818-402-7
www.weberverlag.ch
www.werdverlag.ch
Der Verlag Werd & Weber wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2016–2020 unterstützt.
Für meinen Vater.
In den Kindern erlebt man sein eigenes Leben noch einmal, und erst jetzt versteht man es ganz.
Søren Kierkegaard
Kapitel I
Kapitel II
Kapitel III
Kapitel IV
Kapitel V
Kapitel VI
Der Autor
Als Bernhard Winter an einem sonnigen Morgen im September vor sein Haus trat, um die Zeitung aus dem Briefkasten zu holen, spürte er intuitiv, dass irgendetwas anders war als sonst. Er sah sich aufmerksam um.
Der anthrazitfarbene Porsche Cayenne stand im Carport auf der anderen Seite der Strasse. Sein Nachbar hatte sich den Wagen vor ein paar Wochen gekauft und dessen Vorzüge und Zusatzfunktionen enthusiastisch angepriesen. Ein grässliches Statussymbol, fand Bernhard.
Die roten Fensterläden im Haus links von ihm waren allesamt geschlossen, wie immer am frühen Morgen, und die Fahne mit dem Logo eines grossen Fussballvereins hing am Fenster im ersten Stock.
Bernhard kratzte sich am Kopf. Die wenigen Haare wurden von einem leichten Wind erfasst, und er verspürte ein angenehmes Kräuseln auf seiner Kopfhaut. Er atmete die frische Luft des neuen Tages tief ein und schloss einen Moment lang die Augen.
Ein weiterer geschenkter Tag, dachte er, dankbar, mit einem Blick hinauf zum wolkenlosen Himmel. Er lauschte dem Gesang der Vögel. Er konnte sie zwar nicht voneinander unterscheiden, nahm aber deren Gezwitscher liebend gerne in sich auf. Es kam vor, dass sich eine Melodie in seinem Kopf festsetzte und ihn den ganzen Tag in Beschlag nahm, wie eine Endlosschleife.
Ein leichter Schauer durchfuhr nun unvermittelt seinen Körper. Wieder spürte er dieses vage Gefühl von vorhin. Da war doch etwas. Er konnte die Veränderung förmlich fühlen.
Erneut sah er sich um. Das Haus zu seiner Rechten war immer noch in einem katastrophalen Zustand. Der Verputz hätte dringend einen neuen Anstrich benötigt, die verschobenen Ziegel auf dem Dach müssten wieder einmal an ihre richtige Stelle gelegt werden. Vom Garten ganz zu schweigen.
Bernhard seufzte und setzte sich langsam wieder in Bewegung. Schritt für Schritt, wie in Zeitlupe, lief er zum Briefkasten.
Er liess die Umgebung auf sich wirken und wartete auf die entscheidende Eingebung, die erlösende Bestätigung seiner Unruhe. Vergeblich.
An seinem Sehvermögen, dachte er, konnte es nicht liegen. Seit er sich die Augen wegen des Grauen Stars hatte lasern lassen, war die Weitsicht trotz seiner stattlichen achtundsiebzig Jahre wieder gestochen scharf. Bewusst sog er die frische Morgenluft tief ein und atmete sie durch den Mund wieder aus. Doch er konnte auch keinen ungewohnten Geruch feststellen.
Was soll’s! Bernhard beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken. Schliesslich war der Tag noch jung und er wollte bei einer Tasse mit dem vorhin frisch aufgebrühten Kaffee die Neuigkeiten des Tages studieren.
Als er die Zeitung aus dem Briefkasten nahm, öffnete sich gegenüber, neben dem anthrazitfarbenen Porsche, die Tür, und der Sohn seiner Nachbarn trat auf die Veranda, den Rucksack geschultert. Die roten Haare standen in alle Himmelsrichtungen, das T-Shirt war halb in die knielange Hose gesteckt, die er trotz der frischen Temperatur trug. Sein erster Schultag lag ein paar Wochen zurück, und Bernhard hatte nicht den Eindruck gewonnen, dass es ihm in der Schule wirklich gefalle. Durch das Küchenfenster hatte er mehrmals beobachtet, wie der Kleine mit mürrischem Gesicht nach Hause zurückkehrte, ohne ein Anzeichen von Freude und Vergnügen, wie es doch sonst bei Erstklässlern festzustellen war.
Bernhard erinnerte sich an seinen ersten Schultag. Lange war es her, doch dieser erste Schritt, der seine bisher unbeschwerte Kindheit beendet hatte, hatte sich tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Die Mutter hatte ihm für dieses wichtige Ereignis ein weisses Hemd gekauft, das bereits am Mittag völlig verdreckt war, sodass er sich fast nicht nach Hause traute. Die Zweitklässler hatten ihm nach Unterrichtsschluss auf dem Heimweg hinter der Bäckerei aufgelauert und ihn verprügelt, einfach so. Dies markierte den Beginn einer leidvollen Zeit. Bernhard war jedes Mal erleichtert, wenn er den Heimweg unbeschadet überstand. Seine Eltern waren ihm keine grosse Hilfe. Sie hatten keine Zeit für ihre beiden Kinder. Und seinen Lehrer, Herrn Reinhard, traute er sich nicht um Hilfe zu bitten. Zu gross war seine Angst vor diesem autoritären und lieblosen Schulmeister, der Probleme mit Ohrfeigen und Stockschlägen zu bewältigen pflegte. Herr Reinhard, gross gewachsen, hager und im Klassenzimmer stets tadellos gekleidet mit Anzug und Krawatte, unterrichtete seine fünfunddreissig Schülerinnen und Schüler nach dem Prinzip der drei D: Disziplin, Disziplin und nochmals Disziplin.
Bernhard winkte nun dem Knaben auf der anderen Strassenseite zu und versuchte erfolglos, sich an dessen Namen zu erinnern. Dieser erwiderte den Gruss nicht, sondern blieb neben dem Porsche stehen und starrte den alten Mann mit grossen Augen an. Kurz blitzte die Zahnlücke zwischen seinen Lippen auf; dann schlug er sich die Hand vor den Mund, das laute Lachen war trotzdem deutlich zu hören, und rannte die Strasse hinunter.
Kopfschüttelnd blickte ihm Bernhard nach und brummte vor sich hin: «Keine Manieren hat das gute Kind. Na ja, der Apfel fällt bekanntlich nicht weit vom Stamm.»
Er warf kurz einen Blick auf die Schlagzeilen, die er auch ohne Lesebrille noch entziffern konnte, und klemmte die Zeitung unter die Achsel. Als er sich umdrehte und zum Haus zurückschlurfte, fröstelte er erneut und wollte den Gürtel seines Morgenmantels etwas enger ziehen. Da erstarrte er und blieb fassungslos stehen.
Wo war sein Morgenmantel geblieben? Vor Schreck fiel ihm die Zeitung zu Boden, doch er machte keine Anstalten, sie wieder aufzuheben. Er stand tatsächlich in seinem alten, ausgeleierten Baumwollpyjama im Garten, den Morgenmantel hatte er vergessen anzuziehen. Er hing wahrscheinlich noch am Kleiderbügel in seinem Schlafzimmer. Das war ihm noch nie passiert. Deshalb hatte der Junge zuvor so laut gelacht.
Bevor er Zeit hatte, über diese peinliche Situation nachzudenken, vernahm er das Öffnen des Türschlosses im linken Nachbarhaus. Mit hochrotem Kopf bückte er sich, griff nach der Zeitung und rannte, so rasch wie er konnte, ins Haus zurück.
«Herr Winter, wie schön! Ich habe heute ganz frische Rosen bekommen.»
Bernhard tippte sich an den Hut, sein obligater Gruss, und sah sich im Blumenladen um. Schön hatte sie den Raum wieder dekoriert, die Frau Berger, mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail. Und wie das duftete.
«Wie gefällt Ihnen diese hier?», fragte Frau Berger und hielt eine wundervolle weisse Rose hoch. Auf den Blättern glitzerten ein paar Wassertropfen im Licht der Deckenleuchten, sodass Bernhard für einen kurzen Moment die Augen schliessen musste. Der Duft war umwerfend.
Frau Berger war eine kleine, quirlige Frau mit ein paar Pfunden zu viel auf den Hüften. Die leicht ergrauten Haare hatte sie behelfsmässig zu einem Dutt gesteckt, trotzdem fielen ihr einige Locken ins Gesicht. Ihre Wangen waren gerötet, die Augen strahlten.
Bernhard nickte anerkennend, griff nach der Blume und nahm den intensiven Duft in sich auf.
«Sie ist nahezu perfekt, Frau Berger. Eine gute Wahl. Packen Sie sie mir bitte ein, so wie immer. Sie gestatten, dass ich mich noch ein bisschen umschaue?»
«Aber natürlich, Herr Winter. Lassen Sie sich Zeit. Vielleicht entdecken Sie ja noch etwas Schönes. Dort, die Sträusse, die hat Linda soeben frisch zusammengestellt. Sind sie nicht wunderbar?»
Bernhard schlenderte durch den kleinen Laden, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Was es hier alles zu sehen gab! Kürbisse in allen Grössen und Formen, Hortensien mit ihrer verschwenderischen Blütenfülle von dunklem Violett bis zu strahlendem Himmelblau, Chrysanthemen, Astern, Zinnien, goldgelb leuchtende Sonnenblumen – überwältigt ob der üppigen Farbenpracht, konnte sich Bernhard fast nicht sattsehen.
Hinten in der Ecke war Linda, die einzige Angestellte, daran, Blumen zu schneiden und mit verschiedenartigen Gräsern zu kunstvollen Bouquets zu arrangieren. Er schaute ihr eine Weile zu, wie sie hoch konzentriert, die Zunge zwischen den Lippen, die Gebinde ständig wieder hochhielt, kritisch musterte und mit ein paar wenigen Handgriffen in eine neue Form brachte, bis sie schliesslich mit ihrem Werk zufrieden war. Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln und vertiefte sich wieder in die Arbeit.
«Gefällt es Ihnen bei uns, Herr Winter?»
Frau Berger war jetzt lautlos nähergekommen, die dekorierte Rose in der Hand, und stellte sich neben Bernhard.
«Es ist wunderschön zu sehen, mit wieviel Liebe und Herzblut Sie Ihren Laden betreiben.»
Sie errötete leicht und lächelte zugleich, unverhohlen stolz.
Bernhard war es ein wenig peinlich, dass er die Floristin in Verlegenheit gebracht hatte, und drängte zur Kasse. Er gab ihr ein ordentliches Trinkgeld, tippte sich an den Hut und verliess das Blumengeschäft, begleitet vom hellen Klingeln der Glocke über der Tür.
Vor dem Laden wartete sein Cocker-Spaniel auf ihn, erhob sich mit heraushängender Zunge und wedelte freudig mit dem Schwanz.
«Brav, Herbert. Papa ist wieder da.» Bernhard holte aus seiner Hosentasche einen Hundekuchen hervor und hielt ihn hoch. Der Spaniel setzte sich augenblicklich hin und fixierte das Leckerli mit gierigem Blick. Mit einem Biss war die Belohnung verschlungen, und der Spaniel leckte sich noch lange danach mit der Zunge über das Maul.
«Lass uns gehen, Herbert. Wir haben noch einen kleinen Spaziergang vor uns.»
Aufgeregt hüpfte der Hund hin und her, die langen, wuscheligen Schlappohren flatterten um seinen Kopf, und die dunklen Augen strahlten erwartungsfroh. Das lebensfrohe Wesen des Tieres vermochte Bernhards Herz immer wieder zu erwärmen.
«Ist ja gut, Herbert. Wir gehen gleich. Aber nicht zu fest ziehen. Schön Fuss laufen!»
Bernhard hatte sich vor einer guten Weile eingestehen müssen, dass er doch nicht mehr den Körper eines Zwanzigjährigen hatte und dass ihm das Laufen zuweilen schwerfiel. So war es gut, dass der Hund ihn auf Trab hielt und ihn zwang, zweimal täglich nach draussen zu gehen und sich zu bewegen.
Er beugte sich nach unten, löste die Leine und richtete sich ächzend wieder auf. Die Gebrechen des Alters! Wie er sie doch hasste! Ständig ein Zwicken hier, ein Schmerz dort. Schon lange fiel ihm das Aufstehen am Morgen schwer, und er benötigte etwas Zeit, bis die Funktionen seines Körpers hochgefahren waren.
Ohne Herbert, dachte er, wäre ich schon lange verrostet.
Der Friedhof, von einer dichten Thujahecke umgeben, konnte von verschiedenen Eingängen her betreten werden. Massive Sandsteinsäulen mit gusseisernen Gitterpforten führten elegant in die äusserst gepflegte Anlage. Auf schmalen Kieswegen bewegte man sich vorwärts, und Bernhard war es schon das eine oder andere Mal widerfahren, dass er wie ein Tourist über das Gelände spaziert war und über die üppige Blumenpracht gestaunt hatte.
Er besuchte das Grab regelmässig, zwei- bis dreimal pro Woche, und jeden Monat legte er eine neue Rose nieder. Rosen waren ihre Lieblingsblumen gewesen.
Herbert musste auf dem Friedhof an die kurze Leine, was ihm nicht passte, doch als gehorsamer Hund fügte er sich in sein Schicksal und trottete brav neben seinem Herrchen daher.
So sehr Bernhard auch normalerweise mit seinem treuen Gefährten plauderte – hier, an diesem Ort des Innehaltens, der Ruhe und der Erinnerungen, verfiel er immer in ein gleichsam eisernes Schweigen, zog den Kopf leicht ein und lief noch etwas gebückter, als er es ohnehin schon tat. Es lag eine feierliche Stille über dieser Stätte der Andacht; Bernhard mochte es, wenn er ganz alleine auf den Kieswegen wandelte und weit und breit niemand zu sehen war. Dann entstand eine noch tiefere Verbundenheit zwischen ihm und ihr, heilig und rein, in einem vakuumartigen Raum, zu dem all die übrigen Seelen, die über das Gelände wachten, keinen Zutritt hatten. Hier trafen sie beide sich, berührten sich zärtlich, verschmolzen miteinander und wurden eins, bis die Realität der Gegenwart wieder in sein Bewusstsein drang, sie grausam von ihm wegriss und er sich wieder zurück im Hier und Jetzt befand. Verzweifelt nach Luft schnappend, wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Irgendwo hier wird einmal mein Platz sein, dachte er. Es wird nicht mehr lange dauern, verschwindend wenige Körner waren noch in der Sanduhr seines Lebens. Vielleicht waren es gerade die letzten, die sich zu den Spuren der Vergangenheit gesellten, vielleicht blieben doch noch einige übrig, die sich langsam durch die enge Verbindung nach unten drängten. Wer wollte das schon wissen?
Vor einem neuen Grab, das mit Kränzen und reichlich Blumen geschmückt war, standen eine Frau und ein kleines Mädchen, wahrscheinlich Mutter und Tochter. Das Mädchen weinte heftig. Die Frau kniete sich zu ihm hinunter und sprach leise auf das Mädchen ein, während sie ihm durch das goldblonde Haar strich.
Bernhard liess seinen Blick für einen kurzen Moment auf den beiden ruhen. Das Mädchen hatte wohl das erste Mal mit Gevatter Tod Bekanntschaft gemacht und verstand noch nicht, dass das Leben für jeden ein Ende vorsieht.
Der erste Tote, den er in seinem Leben gesehen hatte, war die Leiche seines Grossvaters gewesen. Aufgebahrt im Schlafzimmer, die Hände gefaltet, die Augen geschlossen, mit einem feinen, aber deutlich zu erkennenden Lächeln auf den Lippen. Fünf Jahre alt war Bernhard damals gewesen. Er erinnerte sich, wie er die Hand des geliebten Grossvaters berührt hatte und augenblicklich erschrocken zusammengezuckt war. Die kalte Haut, die steifen Finger, die sich wie Wachs anfühlten – niemand hatte ihn darauf vorbereitet. Weinend war er aus dem Zimmer gestürmt, an seinem Bruder und den Eltern vorbei, nach draussen, an die Sonne, die sein Gesicht wärmte und die Kälte, die an seinen Händen haftete, langsam verschwinden liess.
Niemals hatte er dieses Erlebnis vergessen können. Jedes Mal, wenn er vor einer aufgebahrten Leiche stand, erinnerte er sich wieder daran, und der Schrecken von damals kam wieder in ihm hoch.
Tief in Gedanken versunken schlenderte Bernhard über den Friedhof. Als ob er in einen Zeitlupenmodus verfallen wäre, waren seine Bewegungen langsamer und bedachter als gewöhnlich. Er nahm sehr kleine Schritte; es waren genau hundertdreiundzwanzig bis zum Grab – er hatte sie mehr als einmal gezählt.
Bei Nummer zweiundachtzig hielt er kurz inne und liess seinen Blick über das Gelände schweifen. Der Friedhof wirkte verlassen, auf den Gräbern sah er die ersten Wintergestecke. Die Stille war wohltuend, nur das rasche Hecheln von Herbert durchbrach die Ruhe.
Es war ein wunderbarer Spätsommertag, der Herbst schien weit weg zu sein; die Natur strahlte immer noch in ihren sattesten Farben und liess das Grün der Bäume leuchten. Keine Spur von farbigen Blättern, die langsam aber bestimmt das Ende eines Zyklus ankündeten. Das Erschlaffen, das Niederliegen, den Tod.
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.
Weshalb kamen ihm gerade jetzt diese Worte von Rilke in den Sinn? War es nicht wunderbar, dass der Sommer beschlossen hatte, seinen Aufenthalt noch etwas zu verlängern?
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben.
Ich bin nicht allein!, dachte Bernhard trotzig und bedachte Herbert mit einem liebevollen und zärtlichen Blick.
Er fächelte sich mit seinem Hut etwas Luft zu. Das Gilet hätte er zu Hause lassen können, befand er, nahm Rose und Kopfbedeckung in eine Hand, zog aus seiner Hosentasche ein Stofftaschentuch und wischte sich damit kurz über die Stirn.
Tatsächlich empfand er die Hitze als sehr unangenehm. Er fragte sich, wann es wohl das letzte Mal geregnet hatte, und vermochte sich nicht daran zu erinnern. Obwohl er sich am schönen Wetter immer zu erfreuen wusste, kam er inzwischen doch zum Schluss, dass der Sommer nun lang genug im Land verweilt hatte, und sehnte sich nach herbstlichen Temperaturen. Ein paar Niederschläge würden auch nicht schaden, dachte er, wobei es eine heftige Menge brauchen würde, um die klagenden Bauern wieder zufriedenzustellen.
Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.
Bernhard steckte sein Taschentuch wieder ein und wollte die letzten Schritte in Angriff nehmen, als er stockte und mit in Falten gelegter Stirn nach links blickte.
Dort, auf einer Sitzbank, die schon lange einen neuen Anstrich vertragen könnte, unter einem mächtigen Kastanienbaum, sass ein junges Mädchen, die Beine angezogen und mit den Armen umklammert, und rauchte eine Zigarette.
Er schärfte seinen Blick. Was wollte die Kleine dort? Das war doch kein Aufenthaltsort für Jugendliche! Da gab es doch weiss Gott passendere Treffpunkte im Städtchen. Und wie jung sie noch war – viel zu jung, um bereits der Nikotinsucht verfallen zu sein.
Das Mädchen drehte den Kopf, winkte demonstrativ in seine Richtung, sodass Bernhard peinlich berührt zusammenzuckte und sich daranmachte, möglichst rasch von hier wegzukommen. Was war er doch nur für ein alter Trottel! Es war ihm wohl gar nicht bewusst gewesen, wie sehr er das Mädchen angestarrt hatte. Es hatte ihn mit seiner Grussbewegung deutlich darauf hingewiesen, und wenn Bernhard etwas nicht ausstehen konnte, so war das, in der Öffentlichkeit aufzufallen.
Mit gesenktem Blick, rascherem Tempo und weit ausholenden Schritten setzte er sich in Bewegung – dieses Mal würden es deutlich weniger als die obligaten hundertdreiundzwanzig Schritte werden bis zu seinem Ziel.
Er spürte die Blicke des Mädchens in seinem Rücken, widerstand aber der Versuchung, sich umzudrehen, und fokussierte die Grabstätte, die bereits in sein Sichtfeld gerückt war.
Bernhard stellte sich vor, wie das Mädchen seinen Freundinnen von einem alten Lüstling berichten würde, der sie ungeniert angestarrt hatte, und lautes Kichern würde der Erzählung folgen. Alleine die Vorstellung daran liess die Schamröte in sein Gesicht treten. Er überlegte sich bereits, auf welchem Pfad er den Friedhof verlassen könnte, damit er nicht noch einmal an der Sitzbank vorbeilaufen musste. Das wäre ihm so was von unangenehm, ja, es wäre gar demütigend gewesen.
Inzwischen war er am Grab angekommen. Der Schweiss lief ihm über die Stirn, dem ungewohnt raschen Tempo geschuldet. Er kam nicht umhin, nochmals nach dem Taschentuch zu greifen und nach Luft zu schnappen, während Herbert sich bereits niedergelegt hatte, die Schnauze auf den Pfoten. Mühevoll und laut ächzend ging Bernhard in die Hocke und legte die Rose nieder.
«Hier bin ich wieder, meine liebe Theresa.»
Nach einer langen Andacht küsste Bernhard seinen Zeige- und Mittelfinger und strich damit zärtlich über den Grabstein.
«Ich komme bald wieder, Theresa», versprach er, wollte sich schon umdrehen und den Weg zurücklaufen, als ihm das Mädchen wieder in den Sinn kam. Während er in seinen Erinnerungen versunken gewesen war, hatte er es komplett vergessen und sah sich nun nach dem Fluchtweg um, den er beim Hinlaufen ins Auge gefasst hatte.
Er wollte sich gerade auf den Weg machen, als er mit Schrecken feststellte, dass sein Rückzug mit weiteren Komplikationen verbunden war.
Frau von Allmen, die grösste Tratschtante im Umkreis von gefühlten hundert Kilometern, befand sich im Anmarsch. Er würde ihr nicht ausweichen können, und das bedeutete im Minimum eine Konversation von mindestens einer halben Stunde. Was hiess schon Konversation. Ein Monolog, ein Feuerwerk an Geplapper, der gesamte Ortsklatsch minutiös ausgebreitet, Gerüchte hier, Verdächtigungen dort, nur durch einige wenige neugierige, seine Person betreffende Fragen unterbrochen, die auf ihn einstürzen würden.
Bernhard spürte einen Druck auf seiner Brust, der ihn für einen Moment in Schwindel versetzte, sodass er sich auf dem Grabstein abstützen musste. Herbert hatte sich inzwischen wieder erhoben und musterte sein Herrchen mit fragendem Blick.
Frau von Allmen oder das Mädchen – was war das kleinere Übel?
Die Entscheidung fiel ihm schliesslich erstaunlich leicht.
Er drehte sich entschlossen um und lief, so rasch es ging, auf dem gleichen Weg zurück, auf dem er gekommen war. Er war dabei so auf seine Flucht konzentriert, dass er Herbert deutlich mehr Auslauf als vorher liess, hielt die Leine diesmal länger, und der Hund nahm die Freiheit mit Vergnügen an.
Hochkonzentriert starrte Bernhard auf den Kiesweg. Im Augenwinkel stellte er fest, dass das Mädchen immer noch auf der Bank sass, nun im Schneidersitz und erneut mit einer Zigarette zwischen den Fingern. Der bläuliche Rauch schwebte über ihrem Kopf. Fast wie ein Heiligenschein, dachte Bernhard.
Bloss nicht hinschauen, sagte er vor sich hin, wie ein Mantra, und als er die Abzweigung zur Sitzbank passiert hatte, atmete er erleichtert auf und schalt sich gleichzeitig einen alten Narren. Der Druck in seiner Brust liess augenblicklich nach.
Doch er hatte sich zu früh gefreut.
Plötzlich drehte der Cocker-Spaniel um und zog sein Herrchen über den Rasen in die Richtung des Mädchens. Bernhard war vom abrupten Richtungswechsel seines Hundes so überrascht, dass er zu spät reagierte und einen Moment brauchte, um zu realisieren, was überhaupt geschah.
Und als er Herbert endlich wieder im Griff hatte, stand er knapp zwei Meter von der Bank entfernt.
«Fuck, der scheint Ihnen nicht zu gehorchen, oder?»
Bernhard schluckte leer, und bevor er überhaupt zu einer Antwort fähig war, fuhr sie fort:
«Echt jetzt, sind Hunde auf dem Friedhof überhaupt erlaubt?»
Erst jetzt hob er den Kopf und sah sich das Mädchen genauer an. Das Erste, was ihm dabei ins Auge stach, waren die Sommersprossen, mit denen Nasenrücken und Wangen gesprenkelt waren. Auch die Stirn war von ihnen bedeckt. Das leicht gewellte, lange Haar war rot-braun getönt und glänzte in den wenigen Sonnenstrahlen, die sich durch den dichten Kastanienbaum hindurch ihren Weg gebahnt hatten. Die hellblauen Augen, so klar wie ein Bergsee, stachen aus dem hellen Teint hervor und blickten ihm spöttisch entgegen. Das Mädchen trug weisse Converse Chucks und zerrissene Jeans, welche die Knie freigaben. Auf dem schwarzen Kapuzenpullover prangte ein roter Balken mit der Aufschrift Obey.
Gehorche?, dachte Bernhard erstaunt. Was soll denn das? Genau das sollten die Jungen heute doch mehr tun und nicht dauernd widersprechen. Weshalb drucken sie sich das denn auf ihre Oberteile?
Das Mädchen steckte sich die Zigarette zwischen ihre vollen Lippen, formte diese anschliessend zu einem O und blies, ohne inhaliert zu haben, den Rauch in die Luft, wohl in der Hoffnung, Rauchkringel erzeugen zu können. Es blieb beim Versuch, die Technik war ziemlich verbesserungsbedürftig.
Die Natürlichkeit der jungen Frau – denn Bernhard beschloss, dass er sie nicht mehr als Mädchen bezeichnen konnte – war beeindruckend, sie hatte kein Make-up aufgelegt. Sie war jetzt schon eine Schönheit und würde in naher Zukunft wohl vielen Männern den Kopf verdrehen.
«Sind Sie sprachlos, Mann? Habe ich einen Pickel auf der Nase, dass Sie mich so anstarren?»
«Ich … äh … nein. Ich wollte bloss …»
Gott, war das peinlich. Jetzt begann er auch noch zu stottern.
Herbert hatte sich vor das Mädchen hingesetzt, hechelte mit heraushängender Zunge und schien sich in dessen Gesellschaft ganz wohl zu fühlen. Als es allerdings seine Schneidersitzpose aufgab, die Füsse auf den Boden stellte und ihn streicheln wollte, wich er ängstlich zurück.
«Findest du es nicht ein wenig pietätlos, hier auf dem Friedhof zu rauchen?»
Das war das Erste, was Bernhard spontan in den Sinn gekommen war.
Das Mädchen warf den Kopf nach hinten und lachte laut.
«Sie drücken sich aber merkwürdig aus.» Es musterte ihn mit wachen Augen. «Und wie steht es mit Ihrem Hund?»
Bernhard spürte, wie der Ärger in ihm hochstieg.
«Draussen beim Eingang hat es ein Schild …»
«… auf dem steht, dass Hunde an der Leine zu führen sind. Hey, lesen kann ich selber.»
Das Mädchen liess Bernhard nicht ausreden und drückte die Zigarette auf der Bank aus. Auch dagegen wollte er gerade Einspruch erheben, doch wieder kam es ihm zuvor:
«Echt cool, Ihr Hund. Wie heisst er denn?»
Bernhard war nicht nach Konversation zumute, zumal er mit einem kurzen Blick zur Seite feststellte, dass Frau von Allmen, das Klatschmaul, sich ihnen beiden gefährlich näherte.
«Komm Herbert, gehen wir.» Er schnalzte mit der Zunge, und der Spaniel trottete zu ihm zurück.
«Herbert?» Das Mädchen kicherte zunächst nur, doch schliesslich hielt es sich den Bauch vor Lachen.
Bernhard zog beleidigt die Nase hoch, drehte sich zackig um und eilte dem Ausgang entgegen. Das Mädchen und Frau von Allmen gleichzeitig, das wäre definitiv zu viel an einem einzigen Nachmittag.
Das Lachen des Mädchens hallte noch in seinen Ohren, als er den Friedhof schon längst verlassen hatte.
Am nächsten Tag vergass Bernhard den Bademantel beim Zeitungholen nicht. Er hatte ihn gut sichtbar an den Garderobenständer neben der Haustür gehängt, damit ihm eine solche Peinlichkeit wie gestern auf keinen Fall nochmals widerfahren würde.
Herbert begrüsste ihn schwanzwedelnd, stand an ihm hoch und konnte seine Mahlzeit fast nicht erwarten. Bernhard wog sorgfältig die richtige Menge des Trockenfutters ab, füllte das Wasser nach und beobachtete andächtig den Spaniel, der sich gierig auf sein Fressen stürzte. Innerhalb kürzester Zeit war der Napf leer, Herbert trottete zum Hundekorb, wo er sich niederliess, ausschweifend sein Maul schleckte, um danach ein kurzes Verdauungsschläfchen abzuhalten.
Seine Tabletten gegen hohen Blutdruck, Cholesterin und Hämophilie hatte Bernhard schon am Abend auf der Arbeitsfläche neben der Spüle zurechtgelegt. Nach dem Gang zum Briefkasten warf er sie ein und putzte anschliessend sorgfältig Spüle und Armaturen.
Er legte die Zeitung auf den Küchentisch, goss sich eine Tasse frischen Kaffee ein und röstete zwei Toastscheiben, die er mit Butter und Erdbeerkonfitüre bestrich. Das Vertiefen in die Tagesneuigkeiten gehörte zu seinem morgendlichen Ritual. Er studierte die Artikel ausführlich, wobei er die Sportseiten stets übersprang. Herbert lag zufrieden im Korb und liess einen innigen Seufzer ertönen.
Meistens genehmigte sich Bernhard beim Zeitunglesen eine zweite Tasse Kaffee. Und wenn er beim Einkaufen daran gedacht hätte, würde er noch einen Beutel Orangensaft in seinem Kühlschrank finden und sich ein Glas eingiessen können. Heute suchte er allerdings vergebens danach. Er zog seine Einkaufsliste aus der Schublade und ergänzte sie mit dem fehlenden Getränk.
Dann begann seine Morgentoilette, ebenfalls ein Ritual, für das er sich viel Zeit liess. Er duschte ausgiebig, und nachdem er sich abgetrocknet und die Unterwäsche angezogen hatte, stellte er sich vor sein riesiges CD-Regal und suchte nach der passenden Musik. Die Alben waren fein säuberlich und penibel nach Komponisten geordnet, danach nach der Gattung der Werke. Zunächst die symphonischen Werke, danach die Instrumentalkonzerte und die Kompositionen für ein Soloinstrument, anschliessend Chorwerke, Lieder und Opern. Zuletzt kam die Kammermusik, von der er am wenigsten Einspielungen besass.
Heute war ihm nach etwas Leichtem, und so fiel die Entscheidung auf ein Klavierkonzert von Mozart.
Zu den beschwingten Klängen rasierte er sich nass und wählte aus den drei Flakons mit Eau de Toilette denjenigen Duft aus, der ihm heute am meisten zusagte. Etwas Frisches sollte es sein, passend zu Mozart.
Er betrachtete sich im Spiegel. Die Haare hatte er fein säuberlich über seine Glatze gelegt, um die Kahlheit etwas zu verbergen. Er zupfte sie noch etwas zurecht, bis er vollständig zufrieden war. Am Ende der Koteletten entdeckte er einige Bartstoppeln, die er sogleich entfernte.
Die blauen Augen lagen etwas tief in den Höhlen, umrahmt von dunklen Tränensäcken. Das Alter zollte seinen Tribut. Er presste die schmalen Lippen zusammen, neigte den Kopf nach hinten und fuhr mit der Hand über den Hals, immer sein Spiegelbild betrachtend. Doch, er konnte zufrieden sein. Er hatte sich für seine achtundsiebzig Jahre gut gehalten. Auch sein Körper war in gutem Zustand – erstaunlich, da er Sport verabscheute. Aber die vielen Spaziergänge und Wanderungen, die er unternahm, trugen das Ihre zu seiner Gesundheit bei. Leicht gebückt ging er zwar inzwischen, aber bei seinen stattlichen Einsachtundachtzig fiel das nicht gross ins Gewicht. Er nickte zufrieden seinem Spiegelbild zu und verliess das Bad.
Im Schlafzimmer stellte er sich ans Fenster, das er seit dem Aufstehen geöffnet hatte, und studierte das Wetter. Blauer Himmel, ein paar vereinzelte Wolken, strahlender Sonnenschein. Erneut ein prächtiger Spätsommertag, wie ihn die Vorhersage gestern prognostiziert hatte. Also würde er heute nur ein Hemd anziehen und aufs Gilet verzichten.
Fertig angekleidet, setzte er sich in den Chesterfieldsessel aus braunem Rindsleder – sein Lieblingsmöbelstück, auf das er besonders stolz war –, um die letzten Takte des Klavierkonzerts zu geniessen. Nach dem Schlussakkord blieb er noch eine Weile sitzen und überlegte, wie er den heutigen Tag gestalten sollte.
Die Wohnung könnte wieder einmal eine tüchtige Reinigung vertragen, dachte er. Doch heute hatte er, entgegen seinen strengen Prinzipien, einfach keine Lust aufs Putzen. Solch einen strahlenden Herbsttag verbrachte man nicht drinnen!
Also nach draussen! Er setzte sich an den Küchentisch, studierte aufmerksam seine Einkaufsliste und ergänzte sie um ein paar Positionen. Dann griff er zu Hut und Sakko, das sichere Zeichen für Herbert, dass seine Siesta beendet war. Aufgeregt hüpfte er vor der Tür auf und ab und liess sich widerstandslos das Brustgeschirr anziehen. Bernhard klickte die Leine an, packte sich den Einkaufskorb und auf ging’s.
Nachdem er seine Liste abgearbeitet und beim Betrag, der ihm an der Kasse verlangt wurde, tief durchgeatmet hatte, beschloss er, der Buchhandlung noch einen Besuch abzustatten. Er stöberte in den Neuerscheinungen, fand aber nichts Ansprechendes. Da er das Geschäft aber selten ohne Lektüre verliess, entschied er sich für einen historischen Roman von Ken Follet. Als er den Wälzer in seinen Korb legte, stellte er fest, dass dieser ordentlich an Gewicht zugelegt hatte. Es war daher unumgänglich, dass er noch einen Zwischenhalt in seinem Stammlokal einschob – was er wohl ohnehin gemacht hätte.
In der Gartenwirtschaft, unter den Kastanien, hatten sich bereits ein paar Senioren zum täglichen Stamm eingefunden. Er setzte sich zu ihnen, auch Herbert fand Gesellschaft, in Gestalt einer alten und eitlen Dackeldame.
Mit lautem Hallo wurde Bernhard begrüsst, er schüttelte Hände und bestellte einen Zweier Pinot Noir. Er genoss den Schwatz am Stammtisch. Mit zwei der Anwesenden, Erwin und Peter, hatte er einst die Schulbank gedrückt. Sie waren, ebenso wie er, nie aus ihrer Heimat weggegangen und wussten, im Gegensatz zu ihm, über sämtlichen Klatsch des kleinen Städtchens Bescheid. Der Schreinermeister, der seine Pause in der Beiz verbrachte, jammerte über die mangelnde Zahlungsmoral seiner Kunden, der Chronist, der an einer Publikation über das Städtchen arbeitete, erzählte von den Fortschritten seines Textes. Als sich der Wirt auch noch für ein Bier dazusetzte, wurde er neugierig befragt, wann denn endlich die Wildsaison beginne. Bernhard hörte aufmerksam zu, lachte mit und beteiligte sich zurückhaltend an den Gesprächen. Als über das aktuelle Tagesgeschehen und Politik diskutiert wurde, blühte er auf und konnte mit stichhaltigen Argumenten beweisen, dass er über die Weltlage auf dem Laufenden war.
Seine Leidenschaft, Musik und Literatur, konnte er hier jedoch leider mit niemandem teilen.
Am späteren Nachmittag empfing Bernhard seinen einzigen Klavierschüler, den er noch unterrichtete. Fabio liess allerdings sämtliches musikalisches Talent vermissen. Die Stunden waren ein Freundschaftsdienst, den Bernhard einer Familie, die drei Häuser weiter an der gleichen Strasse wohnte, erwies. Frau Keller hatte ihn beinahe auf Knien gebeten, ihrem Jüngsten Unterricht zu erteilen, da dieser unbedingt Klavierspielen lernen möchte.
Fabio hatte in den drei Jahren, in denen er Bernhard einmal die Woche besuchte, durchaus Fortschritte erzielt, was die Technik anbelangte, wenn sie auch sehr bescheiden ausfielen. Doch das Gefühl für die Musik, der Ausdruck, die Tiefe fehlten ihm völlig, und mit seinen zwölf Jahren hatte er mittlerweile andere Interessen. Er vernachlässigte das tägliche Üben, erschien schlecht vorbereitet zu den Lektionen und kümmerte sich auch nicht um Bernhards Verbesserungsvorschläge. So war dessen Eifer, mit dem er normalerweise unterrichtete, langsam erloschen, die Stunden waren zur Qual geworden. Er hatte aber nicht den Mut, Frau Keller vor Tatsachen zu stellen und ihr zu raten, den Unterricht abzubrechen. So hörte er sich jede Woche Fabios Versuche an, die Etüden abzuarbeiten, und hoffte jedes Mal, dass der Bub selber zur Einsicht gelangen und seiner Mutter vorschlagen würde, den Klavierunterricht zu beenden.
Bernhard hatte nach seinem Studium eine Stelle als Musiklehrer am Gymnasium angetreten und sie bis zu seiner Pensionierung behalten. Mit dem Chor der Schule hatte er manch beglückende Auftritte gehabt, zahlreiche Messen und Requiems aufgeführt und sich bei Schülern und Lehrern grosser Beliebtheit erfreut. Die Arbeit mit den Jugendlichen hatte ihm grösstenteils viel Freude bereitet. Je näher aber seine Pension gerückt war, desto mehr hatte er festgestellt, dass ihm die jungen Menschen zunehmend fremder wurden und ihm der Zugang zu ihnen entglitten war. Die letzten Jahre seiner Anstellung waren teils qualvoll gewesen, er hatte manchmal das Tagesende herbeigesehnt, wenn er sich nicht mehr mit desinteressierten Lernenden herumschlagen musste, die keinen Sinn für die Schönheiten der klassischen Musik hatten.
Als er pensioniert war, hatte er noch vereinzelt Klavierstunden gegeben, nicht mehr als zwei Schülern pro Woche. Vor fünf Jahren hatte er auch dies aufgegeben, bis Frau Keller an ihn herangetreten war und ihn weichgeklopft hatte. Im Nachhinein bereute er, dass er nicht standhaft geblieben war und die Bitte abgeschlagen hatte.
Bernhard sass neben Fabio, der sich an einer Sonatine von Beethoven abmühte, hörte ihm nur mit einem Ohr zu, lobte eine gelungene Passage und verkniff sich die zahlreichen Korrekturen, die anzubringen gewesen wären. Er blickte aus dem Fenster, sah den anthrazitfarbenen Porsche Cayenne in die Hauseinfahrt abbiegen. Die Dame des Hauses stieg aus, mehrere Taschen mit der Aufschrift von Modeboutiquen am Arm, und suchte in ihrer Handtasche nach dem Hausschlüssel. Bernhard konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, während Fabio furchtbar danebenhaute.
«Cis, Fabio. Und spiel die Melodie doch etwas mehr legato, bitte. Machen wir gleich nochmals ab Takt 54 mit Auftakt.»
Der Bub nickte, suchte die vorgeschlagene Stelle im Notentext. Die roten Locken quollen unter seinem Cap hervor. Bernhard fragte sich immer wieder von neuem, ob es nicht angebracht wäre, für eine Klavierstunde den Hut abzunehmen, verzichtete aber auf eine Bemerkung. Während die Sonate erneut erklang, schweiften seine Gedanken ab.
Er sah sich selbst in seiner Jugendzeit, am Klavier sitzend, sich mit Mozart auseinandersetzend. Die Zeit, um sich dem Instrument zu widmen, war wie immer knapp. Es gab ständig etwas zu tun, Gartenarbeiten oder Reparaturen am Haus. Der Vater erwartete, dass seine beiden Söhne fleissig dabei mithalfen. Für Paul, seinen Bruder, war das einfach. Er hatte eine grosse handwerkliche Begabung, die Arbeiten gingen ihm leicht von der Hand. Bernhard war anders. So waren die Momente, in denen er für sich allein war und sich der Musik hingeben konnte, besonders wertvoll. Die Mutter bereitete nebenan das Abendessen zu, und er wusste, dass es nicht mehr lange dauerte, bis sie die Familie zu Tisch bitten würde. Es wurde keine Verspätung akzeptiert. Daher spielte er das Stück etwas schneller, als Mozart es sich wohl vorgestellt hatte. Er wollte unbedingt bis zum Ende kommen und sich dabei versichern, dass sein intensives Training gefruchtet hatte. Der Fingersatz war nämlich echt vertrackt.
Ein erneuter Schnitzer von Fabio holte ihn in die Gegenwart zurück. Seufzend blickte Bernhard auf die Uhr.
«Lassen wir’s für heute gut sein.»
Für die nächste Woche reichte er Fabio eine neue Aufgabe und entliess ihn dann erleichtert. Er blickte ihm nach, wie der Bub beschwingt das Gartentor öffnete und die Strasse hinunterhüpfte. Auch er wirkte nach der Klavierstunde befreit und freute sich wohl auf diejenigen Freizeitbeschäftigungen, die ihn wirklich interessierten. Fussball, Computerspiele oder was auch immer.
Bernhard überlegte, ob er für nächste Woche einen Vorwand finden sollte, um die Stunde abzusagen. Für übernächste Woche vielleicht auch noch. Vielleicht wäre es so möglich, langsam, Schritt für Schritt der ungeliebten Belastung zu entfliehen.
Doch zunächst musste die Bewältigung der Klavierstunde gefeiert werden. Bernhard schenkte sich ein Glas Rotwein ein, setzte sich auf die Terrasse und genoss die herbstlichen Sonnenstrahlen, die sein Gesicht erwärmten.
Er hob das bauchige Weinglas gegen die Sonne, schwenkte es leicht und liess das Licht durch die rubinrote Flüssigkeit wandern. Ein edler Bordeaux, Château Lafite Laujac. Nach seiner Pensionierung hatte er zwei oder drei Weinseminare besucht und gelernt, worauf es bei der Degustation ankommt. Schon bald hatte ihn die Fachsimpelei allerdings gelangweilt und die Veranstaltungen empfand er als allzu elitär. Doch seine Geschmacksknospen hatten von der Schulung trotzdem profitiert und waren immer noch intakt, sodass er die rauchige Note von Holunder, Cassis und Efeu des Tropfens, den er jetzt in seinem Glas schwenkte, herausschmecken konnte.
Er würde zum Nachtessen eine Suppe aus der Dose erwärmen, ein Paar Würstchen dazu kochen und sich noch ein zweites Glas Wein genehmigen. Danach eine Runde mit Herbert durchs Quartier, und dann konnte der heutige Tag ad acta gelegt werden.
Was gab es morgen zu tun?
Er verscheuchte den Gedanken und beschloss, dass es morgen früh genug wäre, um sich mit dieser Frage zu befassen.
Als Bernhard am nächsten Tag das Haus verliess, fühlte er sich wie ein Krüppel. Sein ganzer Körper schmerzte und schrie nach Erholung und weiterem Schlaf.
Er hatte sich gestern ein drittes Glas Wein gegönnt und sich im Fernsehen nach der Tagesschau eine Dokumentation über künstliche Intelligenz angeschaut. Dabei waren ihm die Augen zugefallen, die Müdigkeit hatte ihn übermannt, wohl auch dem vielen Alkohol geschuldet. Als er wieder aufwachte, lag Herbert neben ihm auf dem Sofa, den Kopf in Bernhards Schoss und schnarchte, was das Zeug hielt.
Der Blick zur Uhr verriet ihm, dass es bereits zwei Uhr morgens war. Vor dem Fernseher einschlafen, das war schon lange nicht mehr vorgekommen. Nachdem er es geschafft hatte, den Spaniel von seinen Oberschenkeln zu entfernen, war es ihm fast nicht gelungen, sich wieder aus dem Polster zu erheben. Einen Moment lang überlegte er, ob er in voller Kleidung aufs Bett liegen sollte, doch seine Prinzipien liessen dies nicht zu, und gegen sie zu verstossen, kam gar nicht in Frage.
Er hatte den Wecker trotz allem auf sieben Uhr eingestellt – auch dies eine eiserne Richtlinie – und war dementsprechend missgelaunt aufgestanden. Auch Herberts treuherziger Blick hatte seine Laune nicht heben können.
Während des Frühstücks sorgte er sich um seinen Alkoholkonsum. Ein Glas Wein pro Tag, das war früher sein eisernes Credo gewesen, früher, als er noch gearbeitet hatte. Lange war das her! Nach seiner Pensionierung hatte sich dieser Grundsatz immer mehr aufgeweicht, und die jeweiligen Kopfschmerzen am Morgen danach hatten ihn stets an seine früheren Prinzipien gemahnt. Er ärgerte sich darüber, weniger über den Konsum als über die Erkenntnis, dass seine Disziplin im Alter nachgelassen hatte – zumindest, was diesen Bereich betraf.
Nach seinem Morgenzeremoniell trat er nach draussen und führte den Hund zum obligaten Vormittagsspaziergang aus.
Seine Laune konnte sich dabei nicht heben. Über alles regte er sich auf. Über die Schlaglöcher im Asphalt, die schon lange hätten gefüllt werden sollen, das Chaos im Garten seiner Nachbarn, den frisch gewachsten und glänzenden Porsche Cayenne – dieses protzige Statussymbol. Er erwiderte den freundlichen Gruss von Frau Keller mit einem unverständlichen Grummeln, verzichtete sogar darauf, an den Hut zu tippen. Am liebsten wäre er stehen geblieben und hätte sie davon in Kenntnis gesetzt, dass er auf Fabios Klavierstunden in Zukunft verzichten werde.
Und dann blieb Herbert auch noch dauernd stehen, schnupperte hier und da, hob das Bein, um die entsprechenden Stellen zu markieren.
Es war nicht Bernhards Tag.
Auf seiner Runde erreichte er den Friedhof, wollte bereits daran vorbeigehen und beschloss dann doch spontan, das Grab zu besuchen.
«Auch das noch», murmelte er, als er auf der Sitzbank unter dem Kastanienbaum das Mädchen mit den Sommersprossen entdeckte. «Was macht die denn schon wieder hier!»
Er wollte grusslos an ihm vorbeigehen, doch als es ihn erblickte, sprang es auf und trat ihm in den Weg. Verdutzt blickte er auf. Es trug die gleichen Kleider wie vor zwei Tagen, hatte lediglich das Haar zusammengebunden, was ihr Gesicht schmaler machte. Die Sommersprossen leuchteten ihm entgegen und schienen gleichsam auf den Wangen zu tanzen. Ausserdem trug das Mädchen ein ähnliches Cap wie Fabio gestern während der Klavierstunde, was Bernhards ohnehin gereizte Stimmung noch mehr trübte. Er hasste diese Kappen mit dem steifen Schirm.
«He, Sie», sagte das Mädchen, warf die Zigarette weg und zerdrückte sie mit der Fussspitze.
Bernhard schnaubte verächtlich und deutete auf die Kippe.
«Du rauchst zu viel, und die da gehört in den Aschenbecher.»
«Oh mein Gott.» Das Mädchen blickte ihn mit grossen Augen an, ein kurzes Zucken in den Mundwinkeln. «Sind wir schlecht aufgestanden und haben miese Laune?»
«Geht dich gar nichts an!», fauchte er, zog an der Hundeleine und wollte sich an dem Mädchen vorbeidrängen.
«Ich bin Valérie», sagte das Mädchen und streckte ihm die Hand entgegen. Bernhards Höflichkeitsprinzipien verboten ihm, den Gruss nicht zu erwidern. Missmutig schüttelte er Valéries Hand.
«Bernhard Winter», zischte er. «Was machst du schon wieder hier? Hast du keine Schule?»
Wieder zuckte es leicht um ihre Mundwinkel.
«Es sind Herbstferien, Mann. Seit heute!»
«Schön für dich. Und nenn mich nicht Mann. Diese Ausdrucksweise kannst du unter deinesgleichen pflegen. Lässt du mich jetzt durch?»
«Sie sind wirklich echt schräg drauf, Herr Winter.» Sie betonte jede Silbe seines Namens, verschränkte demonstrativ die Arme und dachte nicht daran, ihm Platz zu machen. «Und wenn Sie die Rose suchen, die Sie vorgestern hingelegt haben – keine Chance. Die ist nämlich weg.»
«Ich weiss. Hast du ein Problem damit? Und überhaupt, was geht dich das an?»
Verblüfft starrte ihn Valérie an und liess die Arme sinken. Mit dieser Antwort schien sie gar nicht gerechnet zu haben. Einen kurzen Moment rang sie mit der Fassung.
«Also, ich muss schon sagen. Gekämpft habe ich gestern für Sie, Herr Winter. Gekämpft, verstehen Sie? Als der Typ die Rose vom Grab entfernt und in den nächsten Abfallkübel geworfen hat, bin ich aufgesprungen und habe ihn angequatscht.»
Nun wurde Bernhard hellhörig.
«Was hast du getan?»
«Mich für Sie eingesetzt», fuhr Valérie fort und zog eine Schnute. «Ich meine, das geht doch nicht, dass man so etwas tut. Ich habe ihm gesagt, dass der Mann der Toten gerade gestern die Blume niedergelegt hat und was ihm eigentlich einfalle, die Rose einfach so wegzuschmeissen.»
«Und was hat er darauf gesagt?» Bernhards Tonfall war milder geworden, deutliches Interesse lag in seiner Stimme.
Valérie musterte ihn aufmerksam.
«Er hat gesagt, dass dies das Grab seiner Frau sei und ob ich den Typen gesehen habe, der ihr ständig Rosen hinlegt.»
Bernhard Winter war wütend. Richtig wütend. Sein Gesicht war rot angelaufen, die Nerven bis zum Zerreissen angespannt, der Puls auf hundertzwanzig. Mit energischen Schritten liess er den Friedhof hinter sich. Und was ihn noch rasender machte, war die Tatsache, dass es eigentlich gar keinen Grund für seine Wut gab.
Valérie hatte nichts Falsches getan, im Gegenteil, sie hatte mit den besten Absichten gehandelt, in festem Glauben, eine Freveltat entdeckt zu haben. Na ja, im weitesten Sinne war es das ja eigentlich auch, aber Bernhard gestand sich ein, dass er wohl gleich gehandelt hätte, wie es Theresas Ehemann getan hatte.
Ein regelmässiger Rosengruss auf dem Grab der Liebsten, das warf Fragen auf und schürte Zweifel und einen unschönen Verdacht.
Es war Valéries Neugier gewesen, die ihn so wütend gemacht hatte, die Fragen, die sie ihm gestellt hatte und die er ihr nicht beantworten wollte.
«Weshalb legen Sie ihr Rosen hin?»
«Warum weiss der Mann nichts davon?»
«Hatten Sie eine Affäre mit ihr?»
Die letzte Frage hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Bernhard hatte sich wutschäumend von Valérie abgewandt und das Mädchen ohne einen Abschiedsgruss stehen lassen. Er hatte mit seinem abrupten Abgang gar Herbert überrascht und den Hund einfach mitgezogen.
Erst vor dem Friedhof wurde ihm der rabiate Umgang mit Herbert bewusst. Er kniete sich vor ihn hin, bat ihn inniglich um Verzeihung und reichte ihm zwei Hundekuchen, um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.
Doch kam er nun zur Einsicht, dass es durchaus einen Grund gab, wütend zu sein. Und zwar auf sich selber. Seine Reaktion war unangemessen gewesen. Sein Abgang zeugte von ganz schlechten Manieren. Und auch wenn Valérie sich besser um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollte, so lag es doch auf der Hand, dass sie wissen wollte, was Sache ist. Es zeugte zumindest von Interesse. Und dies, dachte er, sucht man bei der heutigen Jugend ja häufig vergebens.
Bernhard hielt an und blickte sich um.
Der Friedhof lag noch nicht weit entfernt von ihm. Es war noch nicht zu spät, umzukehren und sich bei dem Mädchen für sein Verhalten zu entschuldigen.
Bernhard war ein harmoniebedürftiger Mensch; Spannungen und Streit konnte er schlecht aushalten. Im Kollegium hatte er seine gegenteiligen Meinungen lieber für sich behalten, anstatt sie auszusprechen – dem Frieden zuliebe hatte er sich stets gefügt. Auch wenn er eine Schülerin oder einen Schüler zurechtgewiesen oder getadelt hatte, so blieb im Nachhinein immer der Hauch eines schlechten Gewissens zurück. Hatte er sich korrekt verhalten, war die Ermahnung angebracht gewesen? Hatte er bloss seine Nerven nicht im Griff gehabt? Sollte er die Person nochmals darauf ansprechen und sich allenfalls entschuldigen?