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Dr. Daniel ist eine echte Erfolgsserie. Sie vereint medizinisch hochaktuelle Fälle und menschliche Schicksale, die uns zutiefst bewegen – und einen Arzt, den man sich in seiner Güte und Herzlichkeit zum Freund wünscht. »Solange du die Füße unter meinen Tisch steckst, tust du, was ich sage!« herrschte Vitus Sägmüller seine Tochter Trixi an. »In einem halben Jahr wirst du den Penzkofer Michel heiraten, damit hat sich's!« »Ich mag ihn aber nicht!« begehrte Trixi auf, und ihre hübschen dunk-len Augen sprühten dabei wahre Zornesblitze. »Der Michel ist grob und ungelenk. Mit dem kann ich bei der Hochzeit nicht mal den Brautwalzer tanzen!« Vitus Sägmüller lachte spöttisch auf. »Als ob es darauf ankäme. Der Michel ist reich! Wenn sein Vater erst mal übergibt, dann gehört ihm der größte Hof in der ganzen Gegend.« Er reckte sich hoch. »Und uns der zweitgrößte! Geld muß zu Geld, Trixi, merk dir das!« »Ich will aber nur einen Mann heiraten, den ich liebe«, entgegnete Trixi und warf mit einer heftigen Handbewegung ihr langes, dichtes Haar zurück. »Außerdem werde ich nächste Woche erst achtzehn! Ich will in den nächsten Jahren überhaupt noch nicht heiraten!« Wütend donnerte Vitus Sägmüller eine Faust auf den Tisch, daß Gläser und Geschirr gefährlich klirrten. »Du heiratest den Michel, und damit basta!« brüllte er seine Tochter an. »Mit dem alten Penzkofer bin ich schon darüber einig.« Daß es da nicht viel zu einigen gegeben hatte, weil der Penzkofer ihm wegen seiner vielen Schulden mehr oder weniger das Messer auf die Brust gesetzt hatte, verschwieg er dabei lieber. Schließlich mußte die Trixi ja nicht alles wissen. Deshalb fügte er nur noch hinzu: »In einem halben Jahr ist Hochzeit, und das ist mein letztes Wort.« Deines vielleicht, aber meines noch lange nicht, dachte Trixi
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2016
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»Solange du die Füße unter meinen Tisch steckst, tust du, was ich sage!« herrschte Vitus Sägmüller seine Tochter Trixi an. »In einem halben Jahr wirst du den Penzkofer Michel heiraten, damit hat sich’s!«
»Ich mag ihn aber nicht!« begehrte Trixi auf, und ihre hübschen dunk-len Augen sprühten dabei wahre Zornesblitze. »Der Michel ist grob und ungelenk. Mit dem kann ich bei der Hochzeit nicht mal den Brautwalzer tanzen!«
Vitus Sägmüller lachte spöttisch auf. »Als ob es darauf ankäme. Der Michel ist reich! Wenn sein Vater erst mal übergibt, dann gehört ihm der größte Hof in der ganzen Gegend.« Er reckte sich hoch. »Und uns der zweitgrößte! Geld muß zu Geld, Trixi, merk dir das!«
»Ich will aber nur einen Mann heiraten, den ich liebe«, entgegnete Trixi und warf mit einer heftigen Handbewegung ihr langes, dichtes Haar zurück. »Außerdem werde ich nächste Woche erst achtzehn! Ich will in den nächsten Jahren überhaupt noch nicht heiraten!«
Wütend donnerte Vitus Sägmüller eine Faust auf den Tisch, daß Gläser und Geschirr gefährlich klirrten.
»Du heiratest den Michel, und damit basta!« brüllte er seine Tochter an. »Mit dem alten Penzkofer bin ich schon darüber einig.« Daß es da nicht viel zu einigen gegeben hatte, weil der Penzkofer ihm wegen seiner vielen Schulden mehr oder weniger das Messer auf die Brust gesetzt hatte, verschwieg er dabei lieber. Schließlich mußte die Trixi ja nicht alles wissen. Deshalb fügte er nur noch hinzu: »In einem halben Jahr ist Hochzeit, und das ist mein letztes Wort.«
Deines vielleicht, aber meines noch lange nicht, dachte Trixi zornig, hütete sich aber, ihrem Vater noch einmal laut zu widersprechen. Abgesehen davon, daß ein Widerspruch sowieso keinen Sinn hatte. Sie mußte ihren Vater einfach vor vollendete Tatsachen stellen.
Wenn ich keine Jungfrau mehr wäre, überlegte sie.
Der Brauch, jungfräulich in die Ehe zu gehen, war zwar hoffnungslos veraltet, aber zumindest der Michel sah so aus, als würde er auf derlei Dinge noch immer großen Wert legen.
Trixi kam nicht dazu, ihren Gedankengang fortzusetzen, denn in diesem Moment sah sie durch das Fenster Michel Penzkofer auf den Hof kommen. Er hatte einen Strauß roter Rosen dabei, den er sich wie ein Stück Holz unter den Arm geklemmt hatte. Jetzt trat er ohne anzuklopfen in die Stube – ganz so, als gehöre ihm bereits der Hof.
»Grüß Gott, Bauer!« Seine Stimme dröhnte wie Donnergrollen durch den Raum. »Servus, Trixi.« Er reichte ihr die Blumen. »Da, für dich.«
»Danke, Michel«, zwang sich Trixi zu sagen.
Inzwischen war Vitus Sägmüller aufgestanden und schlug Michel seine mächtige Pranke auf die Schulter.
»Schön, daß du vorbeikommst«, meinte er. »Du willst dir sicher deine Braut anschauen, was? Ist schon ein bildhübsches Mädel, meine Tochter.«
»Ja, ja«, entgegnete Michel und betrachtete Trixi dabei wie ein Stück Vieh, das er zu kaufen gedachte.
Wenn er mir jetzt auch noch auf die Schenkel haut, um zu sehen, wie ich im Fleisch stehe, dann kriegt er ein paar solche Ohrfeigen verabreicht, daß er nicht mehr weiß, wo vorne und hinten ist, dachte Trixi wütend.
Doch so taktlos war Michel nun auch wieder nicht. Er wußte sehr wohl, wie man sich einem jungen Mädchen gegenüber benahm, und im Grunde fand Trixi ihn ja nicht einmal unsympathisch. Nur zum Heiraten reichte es für sie eben noch lange nicht. Sicher, die Penzkofers waren die reichsten Bauern in der ganzen Umgebung, Michel fuhr sogar einen sündhaft teuren amerikanischen Sportwagen, und beinahe jedes Mädchen aus dem Ort bekam glänzende Augen, wenn es ihn sah – wobei Trixi nicht ganz sicher war, ob die Schwärmerei dem silberglänzenden Auto oder eher Michel selbst galt. Dabei mußte Trixi zugeben, daß er ja nicht einmal schlecht aussah. Groß, breitschultrig, mit dichtem, dunkelblondem Haar und den blauesten Augen, die Trixi jemals gesehen hatte. Aber das viele Geld und sein gutes Aussehen konnten eben nicht darüber hinwegtäuschen, daß er sehr von sich eingenommen war.
Michel war nämlich der festen Überzeugung, daß es für jede Frau eine Ehre war, wenn er sich herab-ließ, überhaupt mit ihr zu sprechen. Und Trixi wollte er sogar heiraten! Dafür hätte sie seiner Meinung nach vor lauter Dankbarkeit eigentlich vor ihm auf die Knie fallen müssen. Schließlich nahm der junge Penzkofer nicht jede!
»Trixi, du kannst uns eine zünftige Brotzeit herrichten«, erklärte jetzt Vitus Sägmüller. »Der Michel und ich haben noch einiges zu besprechen, bevor ihr heiraten könnt.«
Michel nickte. »Ja, ich will schon vorher wissen, was ich mir da einhandle. Könnte ja sein, daß der Sägmüller-Hof tief in der Kreide steckt, dann würde ich mir mit der Heirat nur Schulden aufhalsen.« Dabei zwinkerte er Vitus Sägmüller fast ein wenig boshaft zu, was diesem eine verräterische Röte ins Gesicht trieb, doch Trixi war über Michels Worte bereits so aufgebracht, daß sie es gar nicht bemerkte.
»Um mich geht es bei eurem Kuhhandel wohl gar nicht!« brauste sie auf. »Schließlich willst du nicht den Hof heiraten, sondern mich! Abgesehen davon, daß ich auf diese zweifelhafte Ehre gar keinen Wert lege!«
Michel grinste breit. »Ganz schön kratzbürstig, deine Trixi. Sag mal, Bauer, hast du da bei der Erziehung nicht was übersehen? Die hätte ab und zu mal den Rohrstock zu spüren bekommen müssen.«
»Scheint mir auch so«, knurrte Vitus Sägmüller und wußte dabei nicht, ob er nun auf seine Tochter oder auf die schon fast unverschämte Art von Michel wütend sein sollte.
»Keine Sorge, Bauer, die erziehe ich mir schon noch«, versicherte Michel. »Warte nur, wenn sie erst mal mit mir verheiratet ist und jedes Jahr ein Kind austragen muß. Da wird ihr die Kratzbürstigkeit schnell vergehen.«
Trixi kochte vor Wut, und sie fragte sich, wie sie für diesen ungehobelten Klotz jemals auch nur einen Anflug von Sympathie hatte empfinden können.
»Dir werde ich nie ein Kind austragen, das schwöre ich dir!« erklärte Trixi heftig, dann rannte sie aus der Stube und schlug die Tür hinter zu zu.
*
Auf dem Bergbauernhof der Gröbers tagte der Familienrat. Gemeinsam saßen sie in der geräumigen Stube – der alte Sepp Gröber, seine drei Söhne Martin, Franz und Thomas, Martins Ehefrau Claudia und die Wirtschafterin Genoveva Huber, die allgemein nur liebevoll Vevi genannt wurde und die schon so lange auf dem Gröber-Hof arbeitete, daß sie sozusagen zur Familie dazugehörte.
»Es gefällt mir zwar überhaupt nicht«, meinte der alte Gröber jetzt mit mißmutigem Gesicht, »aber ich fürchte, wir müssen uns dem sogenannten Lauf der Welt leider auch anschließen und Feriengäste aufnehmen.«
Martin runzelte die Stirn. »Aber, Vater, so schlecht steht es um den Hof doch gar nicht. Ich kenne die Zahlen ebensogut wie du…«
»Ich weiß schon, Martin, im Augenblick könnten wir uns noch ganz gut über Wasser halten, aber ich will nicht warten, bis wir wirklich in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten geraten, und das wäre meines Erachtens nur noch eine Frage der Zeit.«
Martin senkte den Kopf. Er wußte genau, daß sein Vater recht hatte, aber auch ihm gefiel der Gedanke nicht, hier oben Fremde zu haben. Schließlich war er Bauer und kein Gastwirt.
»Die Bauern im Tal haben es da leichter«, fuhr Sepp Gröber fort. »Viele Leute kaufen Obst, Gemüse, Eier und Milch lieber auf dem Bauernhof als im Supermarkt, aber wer nimmt den weiten Weg zu uns herauf schon auf sich, nur um ein paar Eier oder einen Liter Milch zu kaufen?« Er seufzte tief auf, dann schob er ein Blatt Papier über den Tisch zu seinem ältesten Sohn. »Diese Anzeige habe ich gestern abend noch aufgesetzt.«
Martin las den Text, dann gab er das Papier an seinen jüngeren Bruder Franz weiter.
»Nicht schlecht«, urteilte er dabei, und auch die anderen Familienmitglieder schlossen sich seiner Meinung an.
»Also schön«, erklärte der alte Gröber, als er das Blatt wieder in den Händen hielt. »Dann gebe ich die Anzeige gleich noch auf.«
»Das kann ich auch machen«, bot sich Martin an, doch sein Vater winkte ab.
»Der Maxl muß neu beschlagen werden«, meinte er. »Den nehme ich bei der Gelegenheit auch gleich mit hinunter.«
»Weiß der Schmied Bescheid?« fragte Martin, weil er wußte, daß sein Vater es mit rechtzeitigem Anmelden nicht so genau nahm. Irgendwie lebte er eben doch noch in einem anderen Zeitalter, in dem auf feste Termine kein allzu großer Wert gelegt worden war.
»Nein, aber für mich nimmt sich der Bernhuber immer Zeit«, entgegnete der alte Gröber, dann stand er auf und verließ die Stube. Mit kraftvollen Schritten ging er in den Pferdestall hinüber, und dabei hätte ihm niemand seine fünfundsiebzig Jahre angemerkt. Jetzt führte er den stämmigen Haflinger-Wallach Maxl heraus und wandte sich talwärts, denn obwohl mittlerweile eine breite Privatstraße von Steinhausen zum Gröberhof hinaufführte, zog der Bauer den steilen Abstieg vom Kreuzberg immer noch vor. Es war anstrengend, vor allem, weil er das Pferd aus dem schmalen, abschüssigen Weg kurz halten mußte, aber schließlich hatte er es dann doch geschafft.
Er passierte den Parkplatz, der zur Villa des Gynäklologen Dr. Robert Daniel gehörte, dann wollte er den Weg zur Schmiede einschlagen.
»Ja, Gröber-Bauer, finden Sie auch mal wieder nach Steinhausen herunter?« fragte Dr. Daniel, der gerade aus dem Haus trat.
Der alte Gröber blieb stehen und zog am Zügel.
»Brrr, Maxl!« befahl er, dann wandte er sich Dr. Daniel zu und lächelte. »So schön es auf meinem Hof auch ist – gelegentlich muß ich mich eben doch immer mal unter die Leute mischen.«
»Das meine ich aber auch«, bekräftigte Dr. Daniel, dann sah er den Bauern prüfend an. »Glücklich schauen Sie ja nicht gerade aus. Es gibt doch hoffentlich keine Probleme auf dem Hof.«
Der alte Gröber seufzte. »Wie man’s nimmt, Herr Doktor. Wissen Sie, so ein Bergbauernhof will schon bewirtschaftet werden, und gerade in letzter Zeit sind die finanziellen Erträge doch merklich zurückgegangen.«
»Ja, das habe ich schon von verschiedenen Seiten gehört«, stimmte Dr. Daniel zu. »Aber die Familie wird der Gröber-Hof doch sicher ernähren können.«
»Natürlich! Im Moment sind wir auch noch weit von den roten Zahlen entfernt, aber ich will nicht erst bis zum letzten Augenblick warten.« Er seufzte wieder. »Wir haben uns halt jetzt entschlossen, Feriengäste aufzunehmen. Das machen ja schon sehr viele, und ein Urlaub auf dem Bauernhof kommt vor allem bei Familien mit Kindern sehr gut an.«
»Nicht nur das, Gröber-Bauer«, entgegnete Dr. Daniel. »Die Menschen haben den Wert der Natur inzwischen wieder schätzen gelernt. Und gerade unser Steinhausen ist schon eine Reise wert. Wenn Sie nur an die schönen Wanderwege denken und den idyllischen Waldsee.«
Der alte Gröber nickte ohne große Begeisterung. »Das ist ja alles richtig, Herr Doktor, aber zumindest für mich ist es eine arge Umstellung. Wenn ich mir vorstelle, daß Fremde in meinem Hof aus und ein gehen werden. Immerhin gehört mir der Hof schon in der vierten Generation, und unsere Familie war immer allein dort oben.«
Dr. Daniel konnte den Mann gut verstehen. Mit fünfundsiebzig Jahren stellte man sich nicht so einfach auf eine neue Situation ein. Und obwohl Dr. Daniel selbst eigentlich nicht davon betroffen war, ertappte er sich bei dem fast wehmütigen Gedanken, daß es auf dem Gröber-Hof ab jetzt sicher weniger gemütlich sein würde.
*
»So ein Mist«, murmelte Trixi Sägmüller und starrte beinahe verzweifelt auf das Testblättchen, das sich rosa verfärbt hatte. Das bedeutete, daß sie schwanger war – schwanger von einem Mann, mit dem sie sich nur auf ein Abenteuer eingelassen hatte und der sicher nicht im Traum daran dachte, sie zu heiraten, nur weil sie jetzt ein Kind erwartete. Abgesehen davon, daß auch Trixi ihn gar nicht heiraten wollte. Sie hatte das ja nur aus Trotz getan – um sich ihrem plötzlich so herrschsüchtigen Vater zu widersetzen und auch um Michel Penzkofer zu vergraulen.
Letzteres würde ihr nun ja mit ziemlicher Sicherheit gelingen. Michel war ganz gewiß nicht der Mann, der eine Frau heiratete, die das Kind eines anderen unter dem Herzen trug. Mit ihrem Vater war die ganze Sache weniger einfach. Er würde sie gewissermaßen durch den Fleischwolf drehen, wenn er von der ganzen Geschichte erfuhr. Immerhin hatte er erst gestern gesagt, daß Trixi und Michel das Aufgebot bestellen sollten. Dabei begriff das junge Mädchen noch immer nicht ganz, weshalb ihr Vater es mit dem Heiraten plötzlich so eilig hatte. Noch vor ein paar Monaten war das überhaupt kein Thema gewesen, und jetzt…
»Was mache ich denn nur?« fragte sie sich verzweifelt.
»Trixi!« Die Stimme ihres Vaters klang scharf. »Komm sofort herunter!«
»Meine Güte, was ist denn jetzt schon wieder?« murmelte Trixi. Sie fühlte sich ganz entsetzlich, und das hing nicht nur mit der Angst vor ihrem Vater zusammen, sondern auch mit der Schwangerschaft. Fast den ganzen Tag wurde sie von heftiger Übelkeit gequält, und seit heute früh kamen nun auch noch so eigenartige Bauchschmerzen dazu.
»Windelweich sollte man dich prügeln!« erklärte Vitus Sägmüller wütend, kaum daß Trixi die Stube betreten hatte.
Woher kann er jetzt schon wissen, daß ich ein Kind erwarte? dachte Trixi erschrocken. Ich weiß es ja selbst erst seit einer Stunden.
»Was willst du damit erreichen, Trixi?«
Erst bei diesen Worten bemerkte sie, daß auch Michel Penzkofer hier war.
»Was meinst du, Michel?« fragte sie, obwohl sie genau wußte, wovon er sprach.
»Stell dich nicht so dumm!«
herrschte Vitus seine Tochter nun wieder an. »Michel hat gesehen, wie du mit dem Habenichts aus der Post herumgezogen bist.«
»Oliver ist kein Habenichts!« brauste Trixi auf. »Er ist ein netter Kerl, und ich habe doch wohl das Recht, mich mit anderen Männern zu unterhalten, auch wenn ich den da…«, mit einer abfälligen Handbewegung wies sie auf Michel, »… heiraten muß.« Provozierend sah sie Michel an. »Aber vielleicht will er mich jetzt ja gar nicht mehr.«
Michels Augen wurden kalt. »Wenn du dich nur mit ihm unterhalten hast – warum soll ich dich dann nicht mehr haben wollen! Oder hat es zwischen euch noch mehr als nur eine Unterhaltung gegeben?«
»Rate doch mal!« verlangte Trixi schnippisch, was normalerweise gar nicht ihre Art war.
»Was fällt dir ein, in einem solchen Ton mit deinem Verlobten zu reden!« fuhr Vitus seine Tochter an und gab ihr einen derben Stoß, der Trixi taumeln ließ. Im nächsten Augenblick stand Michel vor ihr und sah sie mit seinen kalten, blauen Augen durchdringend an.
»Hör zu, du Kratzbürste«, erklärte er mit leiser, drohender Stimme. »Ich weiß ganz genau, was du vorhast, aber ich versichere dir, daß es dir nicht gelingen wird. Unsere beiden Väter und ich sind uns einig, daß der Penzkopfer-Hof und der Sägmüller-Hof zusammenkommen müssen. Also, Trixi, du kannst dich vor der Hochzeit einlassen, mit wem du willst – das wird nichts daran ändern, daß du am 3. Mai mit mir vor dem Traualtar erscheinen wirst.«
Trixis Unterlippe zitterte ein wenig, und einen Augenblick lang war sie versucht, von ihrer Schwangerschaft zu erzählen, aber im entscheidenden Moment fehlte ihr dann doch der Mut dazu.
»Wie Michel dazu steht, ist mir egal«, erklärte Vitus Sägmüller zornig. »Ich jedenfalls werde dafür sorgen, daß du bis zu deiner Hochzeit keinen anderen Mann mehr anschauen wirst.«
Mit eisernem Griff nahm er Trixi am Arm, führte sie ins erste Stockwerk hinauf und schloß sie in ihrem Zimmer ein.
»Papa!« rief sie entsetzt. »Du kannst mich doch nicht drei Monate lang einsperren!«
»Ich könnte dich noch viel länger einsperren, wenn es sein müßte«, entgegnete Vitus kalt. »Allein gehst du mir jedenfalls nicht mehr auf die Straße.«
Dann kehrte er in die Stube zurück, wo Michel noch immer wartete.
»Da fehlt halt die Mutter hinten und vorne«, seufzte Vitus. »Die hätte der Trixi schon gezeigt, wo’s langgeht…, wie man sich dem Bräutigam gegenüber verhält.« Er atmete tief durch, dann reckte er sich. »Aber so wird’s auch gehen. Trixi bleibt bis zur Hochzeit in ihrem Zimmer – es sei denn, du holtst sie ab.«
Michel nickte befriedigt. »Eine gute Idee, Bauer.« Er grinste böse. »Aber mir war ja von vornherein klar, daß dir etwas einfallen würde. Immerhin steht für dich ja eine Menge auf dem Spiel, nicht wahr? Außerdem wird dieser kleinen Kratzbürste der Stubenarrest sicher nicht schaden. Ganz im Gegenteil, er wird sie vielleicht ein bißchen zähmen, und wenn sie erst mit mir verheiratet ist, werde ich sie schon hart an die Kandare nehmen. Der werde ich die Flausen gehörig austreiben.«
*
In der Fünfundzwanzig-Zimmer-Villa von Elisa Bogumil traf sich heute wieder einmal eine illustre Gesellschaft.
»Elisa, mein Liebe, Sie sehen ganz bezaubernd aus!« rief Gerlinde Ströhme und betrachtete dabei vol-ler Neid das schwarze Seidenkleid, das sich an Elisas schlanken Körper schmiegte. Im Gegensatz zu Gerlinde, die ständig mit den Pfunden kämpfte, konnte Elisa es sich erlauben, jeden Modetrend mitzumachen.